Verliebt in Dr. Love - Susan Mallery - E-Book
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Verliebt in Dr. Love E-Book

Susan Mallery

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Beschreibung

Nicht umsonst hat der begnadete Chirurg Trevor MacAllister den Spitznamen "Dr. Love"! Seine Ankunft am Honeygrove Memorial Hospital versetzt alle Krankenschwestern in helle Aufregung. Jede will die Cinderella dieses Traumprinzen in Weiß werden - alle außer Dana. Denn sie glaubt nicht mehr an Märchen, seit Trevor sie verführt und dann verlassen hat. Sie ist überzeugt: Damals wie heute sind gebrochene Herzen sein Fachgebiet …

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Seitenzahl: 208

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IMPRESSUM

Verliebt in Dr. Love erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1998 by Susan W. Macias Originaltitel: „Prince Charming, M.D.“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1726 - 2012 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Andrea Greul

Umschlagsmotive: Vitalii Gubin / GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 11/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733735067

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Immerhin ist er ein guter Chirurg. Dann kann er die gebrochenen Herzen, die er auf dem Gewissen hat, wieder zusammenflicken.“

Dana Rowan nahm einen Schluck Kaffee und hätte am liebsten die Augen verdreht. An diesem Morgen war sie überpünktlich im Besprechungsraum erschienen, um einen guten Platz zu ergattern. Zielsicher steuerte sie die hinterste Sitzreihe an. Hauptsache, sie saß weit genug entfernt vom Rednerpult. Denn sie wollte weder den Krankenschwestern – die über Nacht scheinbar alle den Kopf verloren hatten – noch dem Chirurgen, um den es hier gleich gehen würde, Grund zu Spekulationen geben. Bis jetzt war Dr. Trevor MacAllister allerdings noch nicht aufgetaucht.

Das Gespräch der beiden Krankenschwestern in der Reihe vor ihr drehte sich um Dr. MacAllister junior, nicht um seinen Vater, MacAllister senior, der Personaldirektor der Honeygrove Memorial Klinik war.

„Hast du ihn gesehen?“, fragte Sally und plapperte munter weiter. „Er ist umwerfend. Ein echter Frauenschwarm.“ Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und seufzte sehnsüchtig.

„Ich weiß“, erwiderte Melba. „Schließlich bin ich hier aufgewachsen. Zwar bin ich ein paar Jahre jünger als er, aber ich erinnere mich noch gut an ihn, als wir auf der Highschool waren. Ich sag dir, der war schon damals eine Wucht.“ Sie reckte den Hals und blickte zur offenen Tür.

„Er ist doch bloß ein ganz normaler Mann“, murmelte Dana vor sich hin. „Er trägt Hosen, hat bestimmt ab und zu miese Laune oder schlechten Atem.“

Selbstverständlich hörten ihr die Krankenschwestern nicht zu. In der Welt der Klinikmythen war Trevor MacAllister so etwas wie ein Gott. Der gute Junge, der in den Schoß der Familie zurückgekehrt war, nachdem er sich in der Welt einen Namen gemacht hatte.

Dana nahm noch einen Schluck Kaffee und versuchte, sich von der Aufregung um sie herum zu distanzieren. Denn egal was sie persönlich über diesen Mann dachte, ab sofort war er ein weiterer Chirurg in diesem Haus. Und ihr Job war es, die OP-Teams einzuteilen und dafür zu sorgen, dass der Operationsbetrieb problemlos lief. Und das bedeutete, dass sie mit MacAllister junior zusammenarbeiten musste, ob sie wollte oder nicht. Also würde sie die erforderliche Professionalität an den Tag legen und den Kontakt mit ihm auf ein notwendiges Minimum reduzieren. Und einen großen Bogen um die unvermeidliche Gerüchteküche machen. Denn letztlich bedeutete das Gerede ihr nichts. So wie Melba war auch sie in Honeygrove aufgewachsen und hatte bereits früh Bekanntschaft mit Trevor MacAllisters ach so unwiderstehlichem Charme machen dürfen. Doch das gehörte längst der Vergangenheit an.

Sally strich sich eine Strähne ihres dunklen Haars hinters Ohr und beugte sich zu ihrer Freundin hinüber. „Er ist geschieden“, flüsterte sie, doch Dana verstand jedes ihrer Worte. „Seit zwei Jahren. Seitdem hat er keine ernsthafte Beziehung mehr gehabt. Vielleicht wurde ihm das Herz gebrochen?“

„Bist du verrückt?“, fragte Melba und winkte ab. „Du glaubst doch wohl nicht, dass seine Frau ihn verlassen hat? Ich denke, er hatte in den letzten beiden Jahren einfach zu viel gearbeitet. Amüsier dich ruhig mit ihm, wenn du kannst. Aber sei vorsichtig, wenn du nicht an Liebeskummer sterben willst.“

Amen! dachte Dana und hoffte, dass Sally auf ihre Freundin hörte. Die Brünette passte durchaus in Trevors Beuteschema. Nur Verantwortung war für ihn immer schon ein Fremdwort gewesen.

Sally grinste Melba an. „Du warnst mich doch nur, damit du ihn dir selbst unter den Nagel reißen kannst.“

Melba grinste zurück. „Die Vorstellung, mich auf eine kleine Liebelei mit dem Onkel Doktor einzulassen, finde ich gar nicht so übel. Doch auf mehr würde ich nicht hoffen. Er mag älter geworden sein, doch ich glaube nicht, dass er sich verändert hat.“

Die Krankenschwester beugte sich vor, um einen Kaffeebecher unter ihrem Sitz hervorzuholen. Als sie sich wieder aufrichtete, bemerkte sie Dana und lächelte unbeholfen. „Normalerweise sind wir nicht so aufgeregt, wenn uns ein neuer Arzt vorgestellt wird.“

„Ich weiß“, entgegnete Dana. „Aber unter diesen Umständen verstehe ich natürlich, dass Sie nervös sind. Schließlich reden wir hier ja über Trevor MacAllister.“

Während Melba der sarkastische Unterton nicht entging, setzte Sally eine unbekümmerte Miene auf und drehte sich so, dass sie ihre Chefin ansehen konnte.

„Genau“, sagte die fünfundzwanzig Jahre alte OP-Schwester. „Dann sind Sie also auf unserer Seite? Ich jedenfalls würde schrecklich gerne mit Dr. MacAllister arbeiten.“ Sie lächelte verträumt. „Ich sehe es förmlich vor mir, wie wir uns über den Körper des Patienten hinweg ansehen. Direkt in die Augen. Musik erklingt …“

„Du wirst ein Instrument fallen lassen, und der Körper des Patienten wird über und über mit Blut bespritzt“, warf Melba spitz ein.

Zum ersten Mal an diesem Morgen musste Dana lachen. „Kein wirklich schöner Gedanke, aber realistisch. Ich werde alles wie immer machen, Sally. Schließlich hat sich nichts geändert.“

Die junge Frau schmollte. „Natürlich hat sich das. Denn …“

An der Tür bildete sich eine Menschentraube. Sally blickte schnell nach vorn und stieß einen überraschten Laut aus. „Er ist es! Oh sieh nur, Melba, wie atemberaubend er aussieht. Ich bin jetzt schon ganz verrückt nach ihm.“

Dann wirst du ihn auch kriegen, zumindest für eine Nacht, dachte Dana. Während jeder im Raum verstummte und sich auf den Neuzugang konzentrierte, nahm Dana einen letzten Schluck Kaffee, zerknüllte ihre Serviette und stopfte sie in den leeren Plastikbecher, den sie in aller Seelenruhe unter den Stuhl stellte. Erst dann streckte sie sich und blickte zur Tür.

Da stand er nun im grellen Licht des Besprechungsraums. Jeder andere hätte blass und kränklich gewirkt. Doch er sah natürlich blendend aus. Groß, gebräunt, mit dem Körper eines männlichen Filmstars, den die Frauen verehrten. Obwohl sie viel zu weit weg saß, um seine Augenfarbe erkennen zu können, wusste sie, dass seine Augen von einem betörenden Haselnussbraun mit einem grünen Schimmer darin waren.

Einige der anwesenden Ärzte standen auf und begrüßten ihn. Der ältere Herr an seiner Seite – sein Vater und gleichzeitig der Personaldirektor – stellte ihn mit unverhohlenem Stolz seinen Kollegen vor. Trevor war mehr als nur eine makellose Erscheinung – er war ein begnadeter Chirurg, der mitfühlend auf seine Patienten einging. Seine Kollegen respektierten ihn, die Patienten vergötterten ihn, Frauen begehrten ihn. Was für ein toller Hecht, dachte Dana grimmig.

Sie fand das anbiedernde Verhalten ihrer Kollegen grauenhaft. Das hier war doch nur ein ganz normales Personalmeeting. Na gut, ein neuer Arzt wurde im Team begrüßt. Das geschah immer wieder. Warum verhielten sich alle, als wäre er ein Guru?

Der Konferenzraum war sehr lang, und sie saß ganz hinten. Dana war der festen Überzeugung, dass niemand sie bemerken oder ansprechen würde. Deshalb machte sie sich auch nicht die Mühe, wegzuschauen, als Trevor in ihre Richtung sah.

„Er sieht mich an!“, rief Sally aufgeregt.

„Sei nicht albern“, erwiderte Melba.

Sonderbarerweise interessierte Dana das Gerede der beiden jungen Krankenschwestern nicht mehr. Trotz des großen Abstands, der Dana von Trevor trennte, trotz der vielen Jahre, die inzwischen vergangen waren, seit sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, und trotz all ihrer guten Vorsätze, sich nicht noch einmal vor diesem Mann zum Trottel zu machen – gelang es ihr nicht, wegzusehen.

Diese braungrünen Augen schienen sie zu verhexen. Ihr war, als fixiere Trevor sie. Seine Präsenz, seine gesamte Ausstrahlung und Energie schienen sie zu betäuben, waren spürbar wie eine Berührung … oder ein Kuss. Dana erschauerte.

Als sie bestürzt feststellte, dass sie die Luft angehalten hatte, zwang sie sich, langsam ein- und auszuatmen. Die Zeit schien stillzustehen, und ein Verlangen, so mächtig wie ein Wirbelsturm, erfasste sie.

Als Trevors Vater sich erhob, richteten alle die Aufmerksamkeit auf den Personaldirektor. Erleichtert stieß Dana den Atem aus. Ihr Herzschlag normalisierte sich, und sie nahm wieder wahr, was um sie herum geflüstert wurde.

Was war nur geschehen? Dana schüttelte den Kopf. Ach was – sie hatte sowieso keine Lust auf eine Antwort. Nicht noch einmal würde sie Trevor auf den Leim gehen. Das kam gar nicht infrage, hatte sie doch in der Vergangenheit am eigenen Leib erfahren müssen, was es bedeutete, sich mit diesem Mann einzulassen. Und wenn sie eins aus dieser Erfahrung gelernt hatte, dann dass man aus Schaden klug wurde. Er mochte die begnadeten Hände eines Michelangelos haben, doch seine Moral war nicht besser als die eines räudigen Straßenköters.

Walter trat hinter das Sprecherpult und nickte einigen Kollegen zu. Im Konferenzraum wurde es still. Aus den Augenwinkeln verfolgte Dana, wie Trevor sich auf einen freien Platz in der vordersten Reihe setzte. Dieses Mal blickte er nicht in ihre Richtung. Ihre kleine Schockreaktion schob sie auf einen zu niedrigen Blutzuckerspiegel. Vielleicht lag es auch an der aktuellen Mondphase oder etwas Ähnlichem. Wahrscheinlich hatte sie sich auch nur eingebildet, dass Trevor sie angesehen hatte.

Sobald Walter sich verabschiedet hatte, sprang Dana auf und hastete zur Tür. Sie redete sich ein, noch Unmengen an Arbeit erledigen zu müssen. Den Gedanken, dass Trevor der Grund für ihre überstürzte Flucht sein könnte, verdrängte sie. Außerdem musste sie keine Angst haben, ihm über den Weg zu laufen. Eine Traube von Personal hatte ihn bereits umringt. In erster Linie Kolleginnen, wie sie missbilligend feststellte.

Unbeirrt ging sie weiter. Der Flur – ihr Tor zur Freiheit – war schon in Sicht, als sie plötzlich jemand am Arm berührte.

Sie musste sich nicht umdrehen, um zu erkennen, wer es war. Sie wusste es trotz oder gerade wegen der vergangenen Jahre. Ihr Körper reagierte noch immer auf Trevor.

Sie blieb stehen. „Hallo, Trevor.“

„Dana!“

Die Freude in seiner Stimme ließ erneut Hitze in ihr aufsteigen. Wie flüssige Lava rauschte sie durch sie hindurch und schien ihren Willen zu versengen.

Da ihr nichts anderes übrig blieb, drehte sie sich um und sah ihn an.

Sie war außerstande, sich zu bewegen oder zu atmen, konnte ihn nur anschauen und darauf warten, dass er sie umwarf. Und das tat er. Er lächelte. Sein sinnlicher Mund verdeckte seine perfekten Zähne und brachte ein perfektes Grübchen zum Vorschein. Der Mann hätte ein Warnschild tragen sollen – mit der Aufschrift: Achtung, Lebensgefahr!

„Ich hatte gehofft, dich zu sehen“, erklärte er und legte ihr eine Hand auf den Oberarm.

Diese höfliche Geste nutzte er, um sie an der Menge vorbei in den Flur zu führen. Sie wollte protestieren, war jedoch so verdattert, dass sie kein Wort über die Lippen brachte. Ihr blieb also nichts weiter übrig, als ihn anzustarren und sich zu wundern, warum er sich so über ihr Wiedersehen freute.

Dana spürte, wie sich ihre Kollegen an ihnen vorbeischoben. Als sie glaubte, sich wieder einigermaßen unter Kontrolle zu haben, waren sie bereits im Aufzug auf dem Weg nach unten. Angestrengt versuchte sie, sich an die viele Jahre zurückliegenden Ereignisse zu erinnern. Daran, wie Trevor sie vor der gesamten Schule gedemütigt hatte. Ihre Wut war schon lange verraucht, doch das Gefühl der Scham war noch allgegenwärtig. Genau darauf versuchte sie sich zu besinnen. Damit der Schmerz der Vergangenheit das Verlangen nach ihm im Keim erstickte. Was immer auch passieren würde, auf gar keinen Fall würde sie diesen Mann wieder in ihr Leben lassen. Niemals.

„Was machst du da?“, fragte sie, als sie bemerkte, dass sie allein im Aufzug waren und Trevor sie charmant anlächelte.

„Dich auf einen Kaffee entführen.“

Verkrampft blickte sie auf die Uhr. „Ich hab noch viel zu tun.“

Er zuckte die Schultern. „Ich auch, aber es ist wichtig. Keine Sorge, wird nicht lange dauern. Ich möchte nur ein paar Dinge klären.“

Sie mochte diesen Ton nicht. Doch bevor sie protestieren konnte, öffnete sich die Tür, und zwei Schwestern betraten den Aufzug. Sie warfen Trevor einen langen Blick zu und alberten verlegen herum.

„Guten Morgen, Dr. MacAllister“, sagten sie wie aus einem Mund. Dana dachte kurz daran, die Finger an den Hals zu legen und so zu tun, als müsste sie würgen, bezweifelte aber, ob jemand den Humor verstehen würde. Bei dieser allgemeinen Schwärmerei wurde ihr schlecht. Wie hielt dieser Mann das bloß aus?

Dumme Frage, dachte sie und betrachtete sein attraktives Äußeres. Er nahm die Anbetung mit der Gelassenheit eines Popstars auf.

„Wird das nicht langweilig?“, fragte sie, nachdem sie den Aufzug verlassen und sich mit zwei Bechern Kaffee auf die Suche nach einer ruhigen Sitzecke gemacht hatten. Sie setzte sich so, dass sie den Raum überblicken konnte, um die Reaktionen der anderen Frauen zu beobachten. Die meisten von ihnen hatten ihn natürlich längst erspäht und blickten ihm geradezu lüstern hinterher.

Trevor achtete erstaunlicherweise gar nicht auf seine Verehrerinnen. „Was soll mich langweilen?“

„All die Frauen. Oder hast du dich im Laufe deines Lebens so daran gewöhnt, angebetet zu werden, dass es für dich normal geworden ist?“

Anstatt zu kontern, nahm er einen Schluck Kaffee und stellte die Tasse auf den Tisch zwischen ihnen ab. „Wie ich sehe, ist mir mein Ruf vorausgeeilt.“

War da etwa Bedauern aus seinen Worten herauszuhören? Oder handelte es sich um reines Wunschdenken? Dana schüttelte den Kopf. Trevor war viel zu gut aussehend, als dass er ein normal ausgeprägtes Selbstbewusstsein haben konnte.

„Was hast du erwartet?“, fragte sie. „Honeygrove ist zwar kein Dorf, aber die Leute hier kennen sich. Sie erinnern sich, wie du als Jugendlicher warst. Kombiniert mit dem Kliniktratsch und einer erfolgreichen Chirurgenlaufbahn …“, sie deutete in den Raum hinein, „… ist das ganz großes Kino.“

„Stimmt.“

Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. Der klassische weiße Arztkittel schmeichelte seinem gebräunten Teint und betonte die breiten Schultern. Sie redete sich ein, ihre körperliche Reaktion auf ihn sei nichts weiter als der Reflex einer Frau, die seit Monaten mit keinem Mann mehr ausgegangen war. In den letzten Jahren hatte sie sich ausschließlich auf ihre Karriere konzentriert und war schnell aufgestiegen. Bloß dass ihr Privatleben dabei auf der Strecke geblieben war.

Einen Moment lang schwiegen beide. Dana nutzte die Zeit, um sich zu beruhigen, das leichte Zittern ihrer Arme und Beine und ihren viel zu schnellen Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen. Sie ließ den Blick auf seinem Gesicht ruhen, betrachtete die wohlgeformten Augenbrauen und die markante Nase und unterdrückte einen Seufzer. Okay, er war ein Bild von einem Mann. Selbst ein Supermodel hätte bei diesem Anblick weiche Knie bekommen. Sie tat gut daran, das nicht zu vergessen.

Dana lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. „Also, Trevor, was gibt’s zu besprechen?“

„Seit fast einer Woche gehst du mir aus dem Weg. Ich möchte einfach nur wissen, warum.“

Unwillkürlich zuckte sie zusammen. „Ich gehe dir nicht aus dem Weg. Ich war beschäftigt.“ Normalerweise log sie nicht und hoffte, er würde die Ausrede nicht durchschauen.

„Ich habe dir mehrmals auf den Anrufbeantworter gesprochen, damit wir uns treffen und miteinander reden können. Ich kann jederzeit mit der Arbeit loslegen und Patienten aufnehmen. Aber vorher müssen wir noch einiges klären.“

Dana nickte. Er hatte recht. Schließlich war es ihr Job, zu gewährleisten, dass die chirurgische Abteilung reibungslos lief. Es gab eine Menge abzustimmen – Personalpläne, Ausstattung, Neuanschaffungen. Fing ein Chirurg im Krankenhaus an, erforderte das Absprachen zwischen seinem und ihrem Team.

„Ich bin dir nicht aus dem Weg gegangen“, wiederholte sie und hoffte, überzeugend zu wirken. „Wie auch immer. Ich würde mich freuen, wenn wir uns heute Nachmittag oder morgen treffen könnten. Passt dir das?“

Unverwandt hielt er den Blick auf sie gerichtet. Sie sah ihm in die braungrünen Augen und ertappte sich bei dem Gedanken, ihm alles zu geben, was er verlangte.

„Gerne“, antwortete er.

Selbst seine Stimme ist anziehend, dachte sie verärgert. Dunkel und sexy, mit einem Timbre, das vermutlich jede Frau in die Knie zwingt. Nein, meine Körperreaktion hat nichts mit Trevor zu tun, hämmerte sie sich ein. Vielleicht brütete sie irgendetwas aus. Vermutlich war es das. Eine leichte Magenverstimmung oder Ähnliches. Hauptsache, er war nicht der Grund für ihr Unwohlsein.

„Wenn das alles ist …“, begann sie und stand auf.

„Ist es nicht.“ Er legte die Hand auf ihren Unterarm, um sie zurückzuhalten.

Lieber Gott, er berührte sie. Ein prickelnder Schauer überlief sie. Niemals würde sie Trevors Nähe überleben. Niemals! In den ganzen letzten Jahren hatte sich offenbar rein gar nichts zwischen ihnen geändert, zumindest was ihre Reaktionen auf seine Berührungen betraf.

Mit weichen Knien sank sie zurück auf den Stuhl. Sie wunderte sich, dass ihr Körper die Fähigkeit besaß, sie so zu überlisten. War die Lektion, die sie damals gelernt hatte, nicht schmerzhaft genug gewesen? Die seelischen Wunden, die er ihr zugefügt hatte? Sie schüttelte den Kopf. Offenbar scherten sich Hormone nicht um gebrochene Herzen oder zerbrochene Träume.

Langsam zog sie den Arm zurück und legte die Hände in den Schoß. „Was noch, Trevor? Meine Zeit ist knapp, und auf meinem Schreibtisch häuft sich die Arbeit.“

„Dauert nicht lange.“ Er starrte sie an. „Wahrscheinlich wirst du es abstreiten, aber ich glaube, du bist immer noch böse auf mich. Es ist Jahre her, Dana. Du musst die Vergangenheit endlich ruhen lassen. Wir werden eng zusammenarbeiten und sollten die Geschichte vergessen.“

Seine Stimme war ganz ruhig. Trotzdem konnte Dana nicht anders und schrie auf. Was erlaubte er sich, dieses Thema anzuschneiden? „Vergessen? Du hast leicht reden. Über dich hat man sich ja auch nicht wochenlang das Maul zerrissen. Du hast mit deinem Leben einfach weitergemacht, während mein Ruf ruiniert war.“

Ganz zu schweigen von meinem gebrochenen Herzen, dachte sie. Dana spürte, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht stieg, dachte aber nicht daran, Schwäche zu zeigen.

„Ich bin nicht mehr die naive junge Frau von damals“, fuhr sie fort. „Dein Privatleben ist mir egal. Aber in der Klinik erwarte ich, dass wir professionell miteinander umgehen. Mehr nicht.“

Ich bin das Ganze vollkommen falsch angegangen, verfluchte sich Trevor insgeheim. Es ist dumm von mir gewesen, zu glauben, Dana könnte die Vergangenheit ruhen lassen. Mittlerweile mögen Jahre vergangen sein, doch für Dana ist das Ganze offenbar noch sehr frisch.

„Könnte ich die Vergangenheit ändern, würde ich es tun“, erklärte er ihr.

„Dann verrat mir doch, was du anders machen würdest. Würdest du immer noch behaupten, etwas für mich zu empfinden, um mich ins Bett zu kriegen? Nur dass du es dann nicht mehr der ganzen Schule verrätst? Oder würdest du es von vornherein gar nicht erst versuchen?“

Ihre Augen funkelten. Sie war schon immer zäh gewesen, mit einem starken Überlebensinstinkt … für den er sie bewundert hatte. Auch wenn das Leben es oft nicht gut mit ihr gemeint hatte, Dana hatte sich durchgebissen. Wenn er ihr sagen würde, dass er sie dafür immer noch bewunderte, würde sie ihm sein Kompliment vermutlich um die Ohren hauen.

„Zwei Dinge würde ich anders machen“, sagte er. „Dieses Mal würde ich dafür sorgen, dass du dir die Wahrheit anhörst. Vielleicht würdest du mir heute glauben.“

„Wie du bereits sagtest, es ist schon eine ganze Weile her. Warum sollte es heute noch Sinn machen?“

Weil du immer noch verletzt bist, dachte er. Stattdessen aber erwiderte er: „Hör mir einfach nur zu. Bitte.“

Regungslos starrte sie ihn an, was er als Zustimmung nahm.

Dann holte er tief Luft. Nach all den Jahren konnte er ihr endlich sagen, was wirklich an jenem Wochenende geschehen war. Auch wenn sie ihm bestimmt nicht glauben würde.

„Ich habe wirklich etwas für dich empfunden, Dana“, begann er. Empfunden. Was für ein dämliches Wort. Es beschrieb nicht annähernd die Gefühle, die er für sie gehegt hatte. Sie hatte die Welt für ihn bedeutet – nur hatte sie das nie gewusst. Denn genau wie alle anderen hatte sie nur eines gesehen: seine sympathische Erscheinung, das sonnige Gemüt. Aber nicht den jungen Mann, der er gewesen war, oder seine gefühlvolle Seite, die er auf Teufel komm raus vor allen versteckt hatte.

„Jenes Wochenende hat mir alles bedeutet.“

Sie stieß einen verächtlichen Laut aus, doch er fuhr unbeirrt fort.

„Ich habe nicht der ganzen Schule erzählt, dass wir was miteinander hatten.“

„Und warum wusste es dann jeder?“, fragte sie. „Eine ganze Woche lang gab es kein anderes Gesprächsthema. Dana hat es mit Trevor getrieben.“ Sie presste die Hände an die Wangen. „Es war so demütigend.“

„Ich weiß.“ Er beugte sich zu ihr hinüber. „Und es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen.“

„Ja, genau.“

„Dana, ich gebe dir mein Wort. Ich habe es nur einer einzigen Person erzählt. Joel Haddock. Er hat es weitererzählt, nicht ich.“

Sie kniff die Augen zusammen. „Das ist so erbärmlich. Joel war dein bester Freund.“

Trevor nickte. „Ja, genau. War. Unsere Freundschaft endete an jenem Montag, als ich herausgefunden habe, was er getan hatte.“ Er beobachtete ihren Gesichtsausdruck. „Du glaubst mir nicht.“

„Natürlich nicht. Joel war nett zu mir. Nachdem jeder wusste, was wir getan hatten, kamen alle Jungs zu mir, weil sie dachten, ich wäre leicht zu haben. Sie haben mich gequält, mich auf dem Flur umzingelt und versucht, mich anzugrapschen.“ Die Erinnerung ließ sie erschauern. „Joel war da. Er hat mir zugehört und mich beschützt.“

Trevor spürte, wie die vertraute Wut wieder in ihm hochstieg. Nur zu gut wusste er, was Dana hatte durchmachen müssen und wie hilflos er gewesen war. „Joel war da, weil er immer schon ein Auge auf dich geworfen hatte. Er hat es mit Absicht gemacht, um einen Keil zwischen uns zu treiben.“ Freudlos lachte er auf. „Sein Plan ist aufgegangen. Seitdem hast du kein einziges Wort mehr mit mir gesprochen. Bis heute nicht.“

„Du sagst, zwei Dinge würdest du ändern“, entgegnete sie. „Erstens, dass ich mir die Wahrheit anhöre. Und zweitens?“

Sie glaubte ihm nicht. Ihre Augen und ihre Körpersprache verrieten es ihm. Egal, versuchte er sich einzureden. Er und Dana mussten miteinander arbeiten, keine Freundschaft schließen. Doch insgeheim hatte er sich mehr erhofft. Wenn nicht Vergebung, dann zumindest Verständnis.

„Noch einmal würde ich mich Joel nicht anvertrauen“, sagte er. „Das war mein zweiter großer Fehler. Hätte er nicht gewusst, wie verliebt ich in dich war, dann hätte er niemals versucht, uns auseinanderzubringen.“ Er wurde knallrot. „Ich weiß, wie schwierig dieses Schuljahr für dich war. Es tut mir leid, dass ich mich wie ein Idiot verhalten habe. Doch um die Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben, tut es mir nicht leid. Ich habe weder sie noch dich jemals vergessen.“ Kurz lächelte er sie an. „Ich erwarte nicht, dass du mir glaubst.“

„Gut, denn das tue ich auch nicht.“

Dann stand sie auf. Sie trug ein orangefarbenes Mantelkleid, und ihre kinnlangen blonden Haare hatte sie aus dem Gesicht gestrichen. Seit der Highschool hatte sie sich wirklich verändert. Ihr Gesicht war schmaler geworden, sie wirkte nicht mehr so unsicher. Nur ihr wohlproportionierter Körper und ihre anmutigen Bewegungen erinnerten ihn noch an sinnliche Nachmittage und zerwühlte Laken.

„Mir war gar nicht klar, dass wir reinen Tisch gemacht haben“, sagte Dana. „Aber immerhin haben wir jetzt unsere Aussprache gehabt. Ich beherrsche meinen Job sehr gut, Trevor, so, wie du deinen. Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als zusammenzuarbeiten. Wie gesagt, dein Privatleben ist mir egal – so lange du es nicht auf meine Kosten auslebst. Ich kann dir nicht verbieten, dich mit meinen Krankenschwestern zu treffen, aber ich möchte dich bitten, deine Charme-Offensiven auf ein Minimum zu reduzieren. Sollte ich herausfinden, dass die Schwestern deinetwegen ihre Arbeit in der Klinik vernachlässigen, werde ich nicht zögern und Meldung machen.“

Diese Beleidigung war ungerechtfertigt, aber er hatte nichts anderes erwartet. Er versuchte sich damit zu trösten, dass Dana so reagierte, weil sie ihre eigene Wahrheit hatte. Trotzdem war es hart.

„Alles klar“, sagte er und verließ den Raum, bevor er vor Wut explodierte. Auf dem Weg zum Aufzug nickte er den Frauen, die ihn grüßten, freundlich zu. Sobald er im Aufzug war und die Türen sich geschlossen hatten, ließ er seinem Zorn freien Lauf.

Laut fluchend donnerte er die Faust gegen die Wand. Für Dana war er also auch nicht viel mehr als ein billiger Gigolo. So wie für die meisten. Diese Leute glaubten, dass Trevor MacAllister in jedem Hafen eine Braut hatte – oder besser auf jeder Krankenhausetage eine Schwester.