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In 'Verlorene Liebesmüh' präsentiert William Shakespeare eine faszinierende Liebesgeschichte voller Intrigen, Missverständnisse und humorvoller Verwicklungen. Das Stück, das in einer zweisprachigen Ausgabe Deutsch und Englisch vorliegt, zeigt Shakespeares Meisterschaft in der Darstellung menschlicher Emotionen und Beziehungen. Der Leser wird in eine Welt entführt, in der Liebe auf die Probe gestellt wird und die Suche nach Glück vergeblich scheint. Shakespeares sprachliche Brillanz und sein Gespür für Psychologie machen 'Verlorene Liebesmüh' zu einem literarischen Meisterwerk, das sowohl unterhaltend als auch tiefgründig ist. William Shakespeare, einer der bedeutendsten Dramatiker der Weltliteratur, hat mit 'Verlorene Liebesmüh' ein Werk geschaffen, das sein facettenreiches Können und seine Vielseitigkeit eindrucksvoll unter Beweis stellt. Sein Gespür für die menschliche Natur und sein Talent für komplexe Charaktere machen ihn zu einem zeitlosen Autor, dessen Werke auch heute noch faszinieren und inspirieren. Shakespeare's Einfluss auf die Literaturgeschichte ist unbestreitbar und 'Verlorene Liebesmüh' ist ein weiterer Beweis für sein Genie. Für Liebhaber klassischer Literatur und anspruchsvoller Unterhaltung ist 'Verlorene Liebesmüh' ein absolutes Muss. Die vielschichtigen Charaktere, die tiefgründigen Themen und die poetische Sprache machen dieses Werk zu einem wahren Schatz, der es verdient, immer wieder gelesen und genossen zu werden. Tauchen Sie ein in die Welt von William Shakespeare und lassen Sie sich von 'Verlorene Liebesmüh' verzaubern.
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Seitenzahl: 228
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Books
(german)
Inhalt
PERSONEN
ERSTER AUFZUG
ERSTE SCENE
ZWEITE SCENE
ZWEITER AUFZUG
ERSTE SCENE
ZWEITE SCENE
DRITTER AUFZUG
ERSTE SCENE
ZWEITE SCENE
VIERTER AUFZUG
ERSTE SCENE
ZWEITE SCENE
FÜNFTER AUFZUG
ERSTE SCENE
Der König von Navarra.
Biron, Herren im Gefolge des Königs
Longaville, Herren im Gefolge des Königs
Dumain, Herren im Gefolge des Königs
Boyet.
Mercade.
Don Adriano de Armado, ein Spanier.
Nathanael, ein Dorfpfarrer.
Dumm, der Konstabel.
Holofernes, ein Schulmeister.
Schädel, ein Bauer.
Motte, Page des Don Adriano de Armado.
Ein Förster.
Die Prinzessin von Frankreich.
Rosaline, Hoffräulein der Prinzessin
Maria, Hoffräulein der Prinzessin
Katharine, Hoffräulein der Prinzessin
Jacquenette, ein Milchmädchen.
Gefolge des Königs und der Prinzessin. Scene: in Navarra.
Navarra. Park vor dem königlichen Schloß.
(Es treten auf der König, Biron, Longaville und Dumain.)
König. Mag Ruhm, den jeder sucht, so lang er lebt, Leben in Schrift auf unserm erznen Grabe, Und dann uns zieren in des Todes Unzier; Wenn, trotz der räuberisch gefräß'gen Zeit, Das Streben dieser Gegenwart uns kauft Die Ehre, die der Sichel Schärf' ihr stumpft, Und uns zu Erben macht der ganzen Zukunft. – Deshalb, ihr tapfern Sieger! denn das seid ihr, Die ihr die eigne Neigung kühn bekämpft, Zusamt der ird'schen Lüste mächt'gem Heer, – Bleib' unser letzt' Gebot in voller Kraft: Navarra soll das Wunder sein der Welt; Sein Hof sei eine klein' Akademie, Der Kunst stiller Beschaulichkeit ergeben. Ihr drei, Biron, Dumain und Longaville, Beschwurt, drei Jahre hier mit mir zu leben Als Schulgenossen, den Gesetzen treu, Die auf der Tafel hier verzeichnet stehn. Ihr schwurt den Eid: nun unterschreibt die Namen, Damit die eigne Hand dess' Ehre fälle, Der hievon nur den kleinsten Punkt verletzt: Seid ihr zum Handeln wie zum Schwur bereit, So unterschreibt und haltet streng den Eid.
Longaville. Gebt her; es gilt ja nur dreijährig Fasten; Die Seele schmaust, ob auch der Körper darbt: Ein fetter Bauch hat magres Hirn; je feister Die Rippen, um so eh'r bankrott die Geister.
Dumain. Mein teurer Fürst, Dumain will Buße thun. Den gröbern Reiz der Welt und ihrer Freuden Läßt er dem stumpfen Knecht der groben Welt: Der Lust, dem Pomp, dem Reichtum will ich sterben, In der Philosophie all dies zu erben.
Biron. Ich kann nur ihr Beteuern wiederholen, Was ich, mein bester Fürst, bereits gelobt: Das heißt, drei Jahr studirend hier zu leben. Doch gibt's noch andre strenge Observanzen, Als: keine Frau zu sehn in all der Zeit, Was, hoff' ich sehr, nicht im Verzeichnis steht; Und einen Tag der Woche nichts zu essen, Und außerdem nur täglich ein Gericht, Was, hoff' ich, auch nicht im Verzeichnis steht; Und dann drei Stunden Schlaf nur in der Nacht, Und keinen Augenblick am Tage schlummern, (Da ich gewohnt, kein Arg zu haben nachts, Und Nacht zu machen aus dem halben Tage) Was, hoff' ich sehr, nicht im Verzeichnis steht. O trocknes Mühn! o allzuschwere Lasten! Studiren, keine Frau sehn, wachen, fasten!
König. Eu'r Eid gibt auf, dies alles aufzugeben.
Biron. Ich sage nein, mein Fürst, ihr müßt vergeben: Drei Jahr an euerm Hof zu leben nur, Und mit euch zu studiren, war mein Schwur.
Longaville. Der eine Schwur schließt auch die andern ein.
Biron. Dann schwur ich nur zum Spaß, bei Ja und Nein. – Was ist der Zweck des Studiums? laßt mich's wissen.
König. Nun, das zu lernen, was wir jetzt nicht wissen.
Biron. Was unerforschlich ist gemeinem Sinn? –
König. Das ist des Studiums göttlicher Gewinn.
Biron. Dann schwör' ich euch, studir ich andachtsvoll, Zu lernen das, was ich nicht wissen soll. Zum Beispiel, wo ein leckres Mahl zu spähn, Da uns zum Fasten unser Eid verpflichtet; Und wo ich kann ein hübsches Mädchen sehn, Seit auf der Schönen Anblick wir verzichtet: Oder, wie man zu harten Eid umgehe, Daß man ihn brech' und doch die Treu' bestehe. Wenn dies der Studien Ziel und edler Preis, Dann lehrt mich Studium, was ich noch nicht weiß, Dann schwör' ich gern, gelob' euch allen Fleiß.
König. Der unsern Geist zu eitler Lust verführt, Der Anstoß eben hemmt, wenn man studirt.
Biron. Eitel ist jede Lust, am meisten, die Mit Mühen kaufend nichts erwirbt als Müh'; So auch, mühvoll den Geist zum Buch zu wenden, Suchend der Wahrheit göttlich Angesicht, Indes die Strahlen schon das Auge blenden. Licht, das Licht sucht, betrügt das Licht um Licht! Und statt zu finden, wo's im Finstern funkelt, Erlischt dein Licht, und Nacht hält dich umdunkelt. Studirt vielmehr, was euer Aug' entzücke, Indem ihr's auf ein schön'res Auge wendet, Das blendend uns zugleich mit Trost erquicke, Und, raubt es Licht, uns neue Sehkraft spendet. Die Wissenschaft ist gleich dem Strahl der Sonnen, Kein frecher Blick darf ihren Glanz ergründen; Was hat solch armer Grübler sich gewonnen, Als Satzung, die im fremden Buch zu finden? – Die ird'schen Paten, die im Himmelsheer, Gevattern gleich, jedweden Stern benennen, Erfreun sich ihres nächt'gen Scheins nicht mehr, Als die umhergehn und nicht einen kennen. – Wer zu viel weiß, weiß nichts als leere Spreu, Und jeder Pate tauft die Dinge neu.
König. Ei, wie belesen er aufs Lesen wütet!
Dumain. Wie rasch fortschreitend er das Gehn verbietet!
Longaville. Er will das Korn getilgt, Unkraut behütet!
Biron. Der Lenz ist nah, wenn Gans und Ente brütet.
Dumain. Wie paßt sich das?
Biron. Es paßt für Zeit und Ort.
Dumain. Nicht für den Sinn! –
Biron. So reimte doch das Wort.
Longaville. Biron ist gleich den neid'schen, frost'gen Winden, Er knickt die ersten Blumen, die entspringen.
Biron. Und wär' ich's? Soll sich Sommer stolz verkünden, Eh' noch ein Vogel Ursach hat zu singen? – Soll ich unzeitiger Geburt mich freun? Ich mag um Neujahr Rosen nicht verlangen, Noch Schnee, wenn Lenz und Mai mit Blüten prangen: Jegliche Frucht muß Reif' und Zeit erlangen. So kommt für euch zu spät das Lernen nach; Ihr wollt zur Hausthür klettern übers Dach.
König. So scheidet aus, Biron, und geht sofort.
Biron. Nein, teurer Herr, ich bleib', ich gab mein Wort. Sprach ich gleich mehr zum Ruhm der Barbarei, Als für den Engel Weisheit ihr könnt sagen; Doch halt' ich meinen Eidschwur streng und treu, Und will drei Jahr die Buße täglich tragen. Zeigt mir das Blatt, und was es auch begehrt, Dem Härtsten sei die Unterschrift gewährt.
König. Solch' edle Rückkehr hat dich hoch geehrt.
Biron(liest).Item, daß kein Weib unserm Hof auf eine Meile nah kommen dürfe.« – Ist dies bekannt gemacht? –
Longaville. Schon seit vier Tagen.
Biron. Und welche Strafe steht darauf? (Liest.) »Bei Verlust ihrer Zunge.« Ei, wer gab den Bescheid.
Longaville. Ich selber schrieb ihn heut.
Biron. Und wozu so viel Leid?
Longaville. Zu schrecken durch der Strafe Furchtbarkeit.
Biron. Ein arg Gesetz doch für die Höflichkeit! –(Er liest.) »Item, sieht man einen Mann in dem Zeitraum von drei Jahren mit einem Weibe sprechen, so soll er so viel öffentliche Schmach erdulden, als der übrige Hof nur immer zu ersinnen vermag.« Den Punkt, mein Lehnsherr, müßt ihr selber brechen; Denn Frankreichs König schickt in unser Land Die eigne Tochter her, mit euch zu sprechen, Durch seltnen Reiz und Hoheit weltbekannt. Für ihren Vater, alt, gelähmt und kränklich, Fragt sie um Aquitaniens Räumung an; Drum scheint der Punkt umsonst mir und bedenklich, Dafern sie nicht den Weg umsonst gethan.
König. Wie nur der Umstand uns so ganz entfiel!
Biron. So schießt das Studium immer übers Ziel: Weil es studirt zu haschen, was es wollte, Vergaß es auszurichten, was es sollte; Und hat es nun, worauf es lang gesonnen, Ist's, wie im Sturm gewonnen, so zerronnen.
König. Dann freilich sind zur Aendrung wir gezwungen, Denn hier verweilen muß sie notgedrungen.
Biron. Und all die Eide wird die Not zerbrechen Dreitausendmal, noch eh' drei Jahre schwinden: Denn jeder Mensch hat angeborne Schwächen, Die Gnade nur, nicht Kraft kann überwinden. Drum sei mein Trost, verletz' ich das Gebot: Mich zwang zum Meineid unumgänglich Not. – So steh' mein Name deutlich hier gleich allen, Und wer das kleinste der Gesetze kränkt, Der sei der ew'gen Schmach anheimgefallen; Versuchung ist, wie andern, mir verhängt. Doch hoff' ich, schein' ich auch verdrossen jetzt, Von allen brech' ich wohl den Eid zuletzt. – Doch, wird kein Scherz zur Stärkung uns gewährt?
König. O ja! Ihr wißt, an unserm Hof verkehrt Ein Reisender aus Spanien; ein Exempel Der neusten Mod', in Feinheit wohl belehrt, Dess' Hirn Sentenzen ausprägt, wie ein Stempel: Einer, dem die Musik der eignen Stimme So süß dünkt als ein überirdisch Tönen; Das Muster eines Manns, den ihrem Grimme Unrecht und Recht gewählt, sie zu versöhnen. Dies Kind der Laune, Don Armado heißt er, Erzählt mit schwülst'gem Wort in Mußestunden Das Thun und Wirken hoher Waffenmeister Aus Spaniens Glut, im Strom der Zeit entschwunden. Ich weiß nicht, edle Herrn, wie ihr ihn schätzt, Doch wahr ist, daß sein Lügen mich ergötzt, Und daß er meine Sänger mir ersetzt.
Biron. Armado ist der Mod' erlauchter Hort, Und funkelneu von Phras' und seltnem Wort.
Longaville. Mit ihm soll Schädel uns die Stunden würzen, Und der drei Jahre strenge Zeit verkürzen.
(Dumm mit einem Brief und Schädel treten auf.)
Dumm. Welches ist des Herzogs eigne Person?
Biron. Dieser, Freund; was wolltst du? –
Dumm. Ich selber präsumire seine eigne Person, denn ich bin Seiner Hoheit Schersant; aber ich möchte gern seine Person in Fleisch und Blut sehn.
Biron. Dieser ist's.
Dumm. Signor Arme – Arme, – empfiehlt euch. Da ist 'ne Schelmerei im Werk, dieser Brief wird euch mehr sagen.
Schädel. Der ganze Unbegriff davon betrifft gleichsam mich.
König. Ein Brief von dem glorreichen Armado.
Biron. Wie niedrig auch der Inhalt, so hoffe ich doch, bei Gott! auf hohe Worte.
Longaville. Eine hohe Hoffnung aus ein niedriges Facit; Gott verleihe uns Geduld! –
Biron. Zu hören? oder das Lachen zu lassen?
Longaville. Lässig zu hören, und mäßig zu lachen; oder beides zu lassen.
Biron. Wohlan, sei es so, wie der Stil uns Anlaß geben wird, die Ernsthaftigkeit mit Stumpf und Stiel auszurotten.
Schädel. Der Inhalt bin ich, Herr, so weit es die Jacquenetta betrifft. Art, Weise und Grund von der Sache anlangend, so ward ich ertappt, daß es eine Art hatte.
Biron. Auf welche Weise?
Schädel. Paarweise.
Biron. Und auf welchen Grund?
Schädel. Auf dem Grunde des Parks sitzend, da habt ihr Art, Grund und Weise, und zwar folgender Weise: Was die Art betrifft, so ist's die Art eines Mannes, mit einem Mädel zu reden, – was den Grund, – so gründlich er kann; –
Biron. Und die folgende Weise?
Schädel. Nun, die wird sich wohl in meiner Zurechtweisung ausweisen, und Gott schütze das Recht! –
König. Wollt ihr den Brief mit Aufmerksamkeit anhören?
Biron. Wie wir delphische Ausrufungen vernehmen würden.
Schädel. Das glaub' ich, Schellfische hört man immer gern ausrufen.
König(liest). Großer Statthalter, des Firmaments Vizeregent und alleiniger Selbstherrscher Navarras, meiner Seele irdischer Gott, und meines Leibes Nahrung spendender Patron, –
Schädel. Noch kein Wort von Schädel! –
König. So ist es, . . .
Schädel. Es kann so sein; aber wenn er sagt, es ist so, so ist er, die Wahrheit zu sagen, nur so so.
König. Friede! –
Schädel. Mit mir und jedem, der nicht fechten mag! –
König. Kein Wort!
Schädel. – Von andrer Leute Geheimnissen, das bitt' ich mir aus.
König(liest). So ist es: Belagert von der düsterfarbigen Melancholei empfahl ich den schwarzdrückenden Humor der allerheilsamsten Arznei deiner Gesundheit atmenden Luft, und so wahr ich ein Edelmann bin, entschloß ich mich, zu lustwandeln. Die Zeit wann? um die sechste Stunde, wenn das Vieh am meisten graset, der Vogel am besten pickt, und der Mensch sich niedersetzt zu derjenigen Nahrung, welche genannt wird Abendessen. So viel in Betracht der Zeit wann. Nun von dem Grunde welchen; aus welchem, meine ich, ich wandelte; selbiger wird benamset dein Park. Sodann in Betracht des Ortes wo; wo, meine ich, ich stieß auf jene obscöne und höchst unzielsetzliche Begebenheit, welche meiner schneeweißen Feder die ebenholzschwarze Tinte entlockt, so du hier betrachtest, schauest, erblickest oder wahrnimmst. Anlangend jedoch den Ort wo: er liegt nordnordost gen Ost von dem westlichen Winkel deines seltsam geschürzten Gartens; alldaselbst sahe ich jenen staubsinnigen Schäfer, jenen verworfenen Gründling deiner Scherzhaftigkeit, –
Schädel. Mich! –
König(liest). Jene unpolirte, kenntnisarme Seele, –
Schädel. Mich!–
König(liest) Jenen armseligen Hintersassen, –
Schädel. Immer noch mich!
König(liest) Welcher, so viel ich mich erinnere, geheißen ist Schädel, –
Schädel. Hoho! mich selbst!–
König(liest). Gesellt und vergesellschaftet, entgegen deinem manifestirten, proklamirten Edikt und oktroyirten Statut, mit, – mit, – o mit, – aber es erschüttert mich, zu sagen, womit. –
Schädel. Mit einem Weibsbilde.
König(liest). Mit einem Kinde unserer Ahnfrau Eva, einem weiblichen Gebilde; oder, geeigneter deinem lieblichen Verständnis, einem Mägdlein. Diesen (wie meine stets bewährte Pflicht mich spornt) sende ich dir, den Lohn, seine Bestrafung, zu empfahen durch deiner süßen Hoheit Gerichtsdiener, Antonius Dumm, einen Mann von gutem Ruf, Betragen, Verhalten und Ansehn.
Dumm. Mich, mit Euer Gnaden Vergunst; ich bin Anton Dumm.
König(liest). Jacquenetta betreffend – (so ist das schwächere Gefäß geheißen, welche ich überraschte mit vorbemeldetem Bauersmann –), so bewahre ich selbige als ein Gefäß für deines Gesetzes Furie, und soll sie auf den geringsten Wink deines holden Wohlmeinens zum Gerichte geführt werden. Der Deine, in allen Erfüllungen dahingegebener und herzbrennender Glut des Diensteifers,
Don Adriano de Armado.
Biron. Dies ist nicht so gut, als ich erwartete, aber das Beste, das ich je gehört.
König. Ja wohl, das Beste im Schlechtesten. Aber ihr da, mein Freund, was sagt ihr dazu? –
Schädel. Herr, ich bekenne das Mädel.
König. Hörtet ihr nicht die Kundmachung?
Schädel. Ich bekenne, daß ich viel davon gehört, aber wenig darauf acht gegeben habe.
König. Es ward kund gemacht: ein Jahr Gefängnis, wenn einer mit einem Weibe ertappt wird.
Schädel. Ich ward auch mit keinem ertappt, Herr, ich ward ertappt mit einer Demoiselle.
König. Gut, es ward kund gemacht, Demoiselle.
Schädel. Es war auch keine Demoiselle, gnädiger Herr; sie war eine Jungfrau.
König. Auch das war in dem Gesetz enthalten, es ward kund gemacht, Jungfrau,
Schädel. Wenn das ist, so leugne ich ihre Jungfrauschaft, ich ward ertappt mit einem Mädel.
König. Dies Mädel wird euch zu nichts helfen, Freund!
Schädel. Dies Mädel wird mir doch zu etwas helfen, Herr!
König. Ich will dein Urteil sprechen, Bursch: du sollst eine Woche bei Wasser und Brot fasten.
Schädel. Lieber hätte ich einen Monat bei Schöpsenfleisch und Suppe gebetet.
König. Und Don Armado soll dein Wächter sein. Mylord Biron, laßt ihn ihm überliefern;
Ebendaselbst.
(Es treten auf Armado und Motte.)
Armado. Was bedeutet es, Kind, wenn ein Mann von hohem Geist schwermütig wird? –
Motte. Eine große Vorbedeutung, Herr, daß er melancholisch aussehen wird.
Armado. Nein, Melancholie ist ja damit eins und dasselbe, teures Pfropfreis!
Motte. Nein, nein, o bei Leibe, nein! –
Armado. Wie unterscheidest du wohl Schwermut und Melancholie, mein zarter Juvenil? –
Motte. Durch eine faßliche Demonstration ihrer Wirkungen, mein zäher Sennor.
Armado. Warum zäher Sennor? Warum zäher Sennor? –
Motte. Warum zarter Juvenil? Warum zarter Juvenil? –
Armado. Ich wähle dieses »zarter Juvenil« als ein kongruentes Epitheton, anfügsam deinen jungen Tagen, welche wir treffend nennen: zart.
Motte. Und ich »zäher Sennor,« als einen passenden Titel für eure alten Jahre, welche wir mit Recht nennen: zäh.
Armado. Artig und geschickt.
Motte. Wie meint ihr, Herr; ich artig und meine Rede geschickt, oder ich geschickt und meine Rede artig?
Armado. Du artig, weil klein.
Motte. Kleinartig, weil klein. Und warum geschickt?
Armado. Und deshalb geschickt, weil schnell.
Motte. Sprecht ihr dies zu meinem Lobe, Herr?
Armado. Zu deinem verdienten Lobe.
Motte. Ich will einen Aal mit demselben Lobe loben.
Armado. Wie? daß ein Aal sinnreich ist?
Motte. Daß ein Aal schnell ist.
Armado. Ich sage, du bist schnell im Antworten, du erhitzest mein Blut, –
Motte. Nun habe ich meine Antwort, Herr.
Armado. Ich liebe nicht gekreuzt zu sein.
Motte(beiseite). Umgekehrt, ihn lieben die Kreuzer nicht.
Armado. Ich habe versprochen, drei Jahre mit dem Herzoge zu studiren.
Motte. Das könnt ihr in einer Stunde thun.
Armado. Unmöglich! –
Motte. Wie viel ist eins dreimal genommen?
Armado. Ich bin schwach im Rechnen; es ziemt dem Geiste eines Bierzapfers.
Motte. Ihr seid ein Edelmann und ein Spieler, Herr.
Armado. Ich gestehe beides; beides ist der Firnis eines vollendeten Mannes.
Motte. So wißt ihr denn auch sicherlich, auf wie viel sich die hohe Summe von Daus und As beläuft.
Armado. Sie beläuft sich auf eins mehr denn zwei.
Motte. Und das nennt der gemeine Pöbel drei.
Armado. Recht.
Motte. Nun, ist denn das so mühsames Studium? Drei waren hier ausstudirt, ehe ihr dreimal mit den Augen blinzt: und wie leicht man das Wort Jahre zu dem Wort drei fügen, und drei Jahre in zwei Worten studiren kann, das zählt euch das Kunstpferd vor.
Armado. Eine hübsche Figur! –
Motte(beiseite). Hübscher als eure kann sie leicht sein!
Armado. Ich will überdem gestehn, daß ich in Liebe bin; und welcherleigestalt es niedrig ist für einen Soldaten, zu lieben, also auch bin ich in Liebe eines niedrigen Mägdleins. Wenn mein Schwert zu ziehen gegen den Kummer der Leidenschaft mich befreien könnte von dieser gottvergess'nen Gesinnung, so würde ich das Verlangen gefangen nehmen, und es einem französischen Hofmann gegen ein neu ersonnenes Kompliment auswechseln. Ich halte es für schimpflich zu seufzen; mich dünkt, ich sollte dem Cupido abschwören. Sprich mir Trost ein, Kind: welche große Männer sind in Liebe gewesen? –
Motte. Herkules, Herr.
Armado. Holdseliger Herkules! Mehr Auktoritäten, teurer Knabe, nenne ihrer mehr; und, mein holdseliges Kind, lasse sie Männer von gutem Ruf und stattlichem Betragen sein.
Motte. Simson, Herr; der war ein Mann von gutem Betragen, großem Betragen, denn er trug die Stadtthore auf seinem Rücken wie ein Lastträger; und der war in Liebe.
Armado. O wohlgefügter Simson! Stämmig gegliederter Simson! Ich übertreffe dich mit meinem Rapier so sehr, als du mich im Thortragen übertrafest. Auch ich bin in Liebe. Wer war Simsons Geliebte, mein teurer Motte?
Motte. Ein Weib, Herr.
Armado. Von welcher Komplexion?
Motte. Von allen vieren, oder dreien, oder zweien; oder von einer unter den vieren.
Armado. Sage mir ausdrücklich, von welcher Komplexion? –
Motte. Von der meergrünen, Herr.
Armado. Ist das eine der vier Komplexionen? –
Motte. So wie ich gelesen habe, Herr, und noch dazu die beste.
Armado. Grün, in der That, ist die Farbe der Liebenden; aber eine Geliebte von der Farbe zu haben, dazu, dünkt mich, hatte Simson nur wenig Ursache. Ohne Zweifel hatte er wegen ihres Witzes Zärtlichkeit für sie?
Motte. So ist es, Herr, denn sie hatte einen grünen Witz.
Armado. Meine Geliebte ist höchst makellos rot und weiß.
Motte. Höchst makelvolle Gedanken, Herr, sind unter dieser Farbe maskirt.
Armado. Erkläre, erkläre dich, wohlgezogenes Kindlein.
Motte. Meines Vaters Witz und meiner Mutter Zunge, steht mir bei! –
Armado. Anmutige Anrufung für ein Kind; sehr artig und pathetisch.
Motte. Wenn rot und weiß die Mädchen blühn, Hat Sünde nie ein Zeichen; Sonst macht ein Fehltritt sie erglühn, Die Furcht wie Schnee erbleichen.
Was Schuld sei oder Schrecken nur, Wer möcht' es unterscheiden, Wenn ihre Wange von Natur Die Farbe trägt der beiden?
Ein gefährlicher Reim, Herr, gegen Weiß und Rot! –
Armado. Gibt's nicht eine Ballade, Kind, vom König und der Bettlerin?
Motte. Vor einigen Menschenaltern hatte sich die Welt mit einer solchen Ballade versündigt; aber ich glaube, man findet sie jetzt nicht mehr, oder wenn sie noch da wäre, sind weder Text noch Melodie zu gebrauchen.
Armado. Ich will diesen Gegenstand von neuem bearbeiten lassen, damit ich ein Beispiel habe für meine Abirrung an einem erhabenen Vorgänger. Knabe, ich liebe das Landmädchen, welches ich im Park mit dem vernunftbegabten Tiere Schädel ergriff; sie kann Ansprüche machen . . .
Motte(beiseite). Aufs Zuchthaus; und mit alle dem auf einen bessern Liebhaber, als meinen Herrn.
Armado. Singe, Knabe, mein Gemüt wird schwermütig vor Liebe.
Motte(beiseite). Und das ist ein großes Wunder, da ihr ein leichtfertiges Mädchen liebt.
Armado. Singe, sage ich.
Motte. Geduld, bis die Gesellschaft fort ist.
(Dumm, Schädel und Jacquenette treten auf.)
Dumm. Herr, des Herzogs Wille ist, daß ihr Schädel in Sicherheit bringt; ihr sollt ihm keine Freude, aber auch kein Leid verursachen; aber fasten soll er, drei Tage in der Woche lang. Diese Jungfer muß ich in den Park bringen unter die Milchmädchen. Lebt wohl!
Armado. Ich verrate mich selbst durch Erröten. – Mädchen! –
Jacquenette. Männel!
Armado. Ich will dich in deinem Milchkeller besuchen.
Jacquenette. Krumm um die Ecke! –
Armado. Ich weiß, wo er gelegen ist.
Jacquenette. Herrje, wie klug er ist! –
Armado. Ich will dir Wunder sagen.
Jacquenette. Ja, Plunder! –
Armado. Ich liebe dich!–
Jacquenette. Das sind alte Kalender.
Armado. Und so gehab dich wohl!
Jacquenette. Pros't die Mahlzeit.
Dumm. Komm, Jacquenetta, fort! –
(Dumm und Jacquenette gehen ab.)
Armado. Bösewicht, du sollst fasten für deine Vergehungen, bevor dir verziehen wird.
Schädel. Gut, Herr; ich hoffe, wenn ich's thue, werde ich's mit vollem Magen thun.
Armado. Du sollst schwer bestraft werden.
Schädel. So bin ich euch mehr verbunden, als eure Leute, denn die werden nur leicht belohnt.
Armado. Hinweg mit diesem Bösewicht. sperrt ihn ein! –
Motte. Komm, du übertretender Sklav, komm! –
Schädel. Faßt mich nur nicht an. Ich will gefaßt sein zu fasten, wenn ihr mich los laßt.
Motte. Los und gefaßt zugleich? Mein Freund, du mußt ins Gefängnis.
Schädel. Gut! Wenn ich je die fröhlichen Tage der Verzweiflung wiedersehe, die ich gesehn habe, so sollen gewisse Leute sehn, –
Motte. Was sollen gewisse Leute sehn? –
Schädel. Nichts, gar nichts, Junker Motte, als was sie erblicken werden. Es schickt sich für Gefangene nicht, in ihren Reden still zu schweigen, und deswegen will ich nichts sagen. Gott sei's gedankt, ich habe nicht mehr Geduld als andre Leute; und darum kann ich ruhig sein.
(Motte und Schädel ab.)
Armado. Ja, ich verehre selbst den Boden (welcher niedrig), wo ihr Schuh (welcher niedriger) – geführt von ihrem Fuß (welcher am niedrigsten) – einhertritt. Ich werde meineidig (welches doch ein großer Beweis von Treulosigkeit), wenn ich liebe: und wie kann das echtes Lieben sein, welches mit Untreue begonnen wird? Liebe ist ein Kobold; Liebe ist ein Teufel; es gibt keinen bösen Engel, als die Liebe. Dennoch ward Simson so versucht, und er besaß eine ausnehmende Stärke; dennoch ward Salomo so verführt, und er besaß einen ziemlichen Verstand. Cupidos Pfeil ist zu stark für Herkules Keule; wie sollte er dann nicht meiner spanischen Klinge überlegen sein? Der erste und zweite Ausforderungsgrund können mir nicht helfen: den passado achtet er nicht, das duello erkennt er nicht an. Sein Schimpf ist Knabe genannt zu werden; sein Triumph dagegen Männer zu unterjochen. Fahr hin, Tapferkeit! – Roste, meine Klinge! – Schweige, Trommel! Denn euer Gebieter ist in Liebe; ja, er liebet. Hilf mir irgend ein improvisirender Gott des Reims; denn zweifelsohne wird aus mir ein Sonettendichter. Erfinde, Witz; schreibe, Feder; denn ich bin gestimmt für ganze Bände in Folio. (Er geht ab.)
Im Park.
(Es treten auf die Prinzessin von Frankreich, Rosaline, Maria, Katharine, Boyet, Lords und Gefolge.)
Boyet. Nun regt, o Fürstin, auf die klarsten Geister: Denkt, wen der König, euer Vater, schickt; Zu wem er schickt und was sein Auftrag sei: Ihr, kostbar in den Augen aller Welt, Sollt unterhandeln mit dem einz'gen Erben Jeglichen Vorzugs, dess' ein Mann sich rühmt, Navarras Stolz: und das Gesuch nichts minder Als Aquitanien, einer Kön'gin Mitgift. – Verschwende nun so allen Zauberreiz, Wie einst Natur den Reiz verschwendete, Als sie der ganzen Welt ihn vorenthielt, Um überreich nur dich damit zu schmücken.
Prinzessin. Wie arm, Lord Boyet, meine Schönheit sei, Braucht sie doch nicht der Schminke eures Lobes. Schönheit wird nur vom Kennerblick gekauft, Nicht angebracht durch des Verkäufers Prahlen. Mein Stolz ist kleiner, hör ich euch mich loben, Als euer Eifer, weise zu erscheinen, Und euern Witz, mich rühmend, auszuspenden. Doch nun dem Mahner zur Ermahnung: Ihr, Freund Boyet, wißt, wie der geschwätz'ge Ruf Verbreitet, daß Navarra sich verpflichtet, Eh' mühvoll Studium nicht drei Jahr verzehrt, Soll keine Frau dem stillen Hofe nahn. Deshalb scheint uns notwend'ge Vorbereitung, Eh' wir betreten sein verbotnes Thor, Zu hören seinen Willen; und deshalb Erlasen wir, wohlkundig eures Werts, Euch als beredten Anwalt unsrer Bitte. Sagt ihm, die königliche Tochter Frankreichs, In ernstem, Eile fordernden Geschäft, Müss' ein Gespräch mit Seiner Hoheit heischen. Eilt, ihm dies mitzuteilen; wir erwarten, Klienten gleich, in Demut seinen Ausspruch.
Boyet. Stolz eures Auftrags geh' ich willig hin. (Er geht ab.)
Prinzessin. Nur will'ger Stolz ist Stolz, und so der eure! Wer sind, ihr lieben Herrn, die Schwurgenossen, Die mit dem frommen Herzog dies gelobt? –
Lord. Der ein' ist Longaville.
Prinzessin. Kennt ihr den Mann?
Maria. Ich kenn ihn wohl. Auf einem Hochzeitsfest, Wo dem Lord Perigord die schöne Erbin Des Jakob Faulconbridge ward anvermählt, In Normandie, sah ich den Longaville. Man rühmt ihn einen Mann von edlen Gaben, Geschickt in Kunst, in Waffen hoch gepriesen; Nichts steht ihm schlecht, was er mit Ernst versucht. Der einz'ge Fleck in seiner Tugend Glanz (Kann je ein Fleck den Glanz der Tugend trüben)