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Ein Mord, am Tatort die mysteriöse Liliana Lorenz. Ein hochbrisanter Thriller, der Sie in die intrigante Welt der Reichen und Schönen der Münchener Schickeria entführt. Ungelöste Verstrickungen, die nach Antworten trachten. Geht es wirklich mit rechten Dingen zu, als der Kommissar von der Drogenfahndung eindeutige Beweise zugespielt bekommt? Noch undurchsichtiger wird der Fall, als die Zeugin Frieda Hackland, eine Domina, auftaucht und die Beweise des Kommissars zunichte macht. Ein hocherotischer Roman, der Sie in eine dunkle, gefährliche Welt der BDSM-Liebe und Exzesse entführt und Sie bis zur letzten Zeile nicht loslassen wird.
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Seitenzahl: 388
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Melanie Müller
Verstrickungen
Erotik Thriller
Schweitzerhaus Verlag
Schrift * Wort * Ton
Karin Schweitzer
Frangenberg 21 * 51789 Lindlar * Telefon 02266 47 98 211
eMail: [email protected]
Copyright: Schweitzerhaus Verlag, Lindlar
Satzlayout und Umschlaggestaltung: Karin Schweitzer, Lindlar
Foto: Adobe Stock
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Auflage 2020
E-PUB ISBN: 978-3-86332-185-7
Buch ISBN: 978-3-86332-066-9
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Microverfilmung und die Einspielung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Inhaltsverzeichnis
Prolog7
Amadeus Neumann 10
Enya 21
Diana 31
Antje, die Hutmacherin40
Hasso von Blucher45
Gnadenlos51
In U-Haft57
Ingo Klauke, Kriminalhauptkommissar68
Stillstand79
Seelenqual und Scala85
Quälende Gedanken104
Tillmann Ressel105
Justine Dambach108
Coque au Vin115
Bekennermail123
Paternoster127
Aiko131
Diskrete Ermittlungen136
Schon wieder Sushi145
Eine Dame, ihr Anwalt und allerlei Spekulationen157
Auen-Garten166
Was diese Frau so alles treibt 172
Ein Hauch von Hollywood 190
Liliana193
Frieda lässt die Peitsche tanzen197
Verwicklungen207
Verwirrungen213
Offenbarungen215
Überwachung242
Befehlsverweigerung 250
Vernissage259
Bergers Beobachtungen263
Sven Bertram265
Friedas Job271
Blah, blah, blah274
Undercover 278
Aikos Auftritt282
Überraschung286
Sommerfrische295
Eine Suchende307
Vita Novus310
Geheimnisse319
Im Wald323
Von Bluchers Gedanken328
Befreiung331
Wieder zu Hause336
Liaison dangereux 339
Hausdurchsuchung348
Enthüllung349
Roberto366
Corpus delicti368
Herr Staatsanwalt und seine Sicht der Dinge373
Candelight-Dinner384
Nur eine Illusion393
Der erste Prozess 396
Melancholie398
Ein kleiner Schönheitsfehler401
Undichte Stelle402
Berlin410
Zeugin der Anklage 412
Urteilsverkündung419
Am Ziel421
Unter Qualen geborener Sieg422
Epilog 426
Prolog
Aus geweiteten Augen starre ich auf den Bildschirm und kann kaum glauben, was ich da sehe.
Ein Saal, nur von Kerzen erhellt, an der Wand eine schwarze Sonne, auf dem Altar eine Person, vollkommen in weiße Kleider gehüllt. Rundherum stehen Menschen in weißen Kutten, Kapuzen über den Kopf gezogen und aus ihren Kehlen strömt ein eigentümlicher Gesang.
Davor steht ein Mann, die Kutte geöffnet, und ein anderer kniet vor ihm, ebenfalls mit geöffneter Kutte, und sie sind darunter nackt. Die beiden kommen mir merkwürdig bekannt vor und ich sehe genauer hin. Oh, mein Gott! Das sind Amadeus und Markus! Schwul? Nie im Leben hätte ich das geglaubt. Atemlos verfolge ich den Film.
Markus legt seine Hand auf Amadeus Kopf und drückt ihn sacht an seinen pulsierenden Pimmel. Amadeus leckt darüber und atmet den Geruch nach seinem Schwanz ein.
Sein Penis ist unglaublich dick. Amadeus hat Mühe, mit Daumen und Zeigefinger seinen Schaft zu umfassen.
»Jetzt blas ihn mir!» fordert Markus.
Amadeus nimmt seinen Schwanz in die Hand und zieht die Eichel unter der Vorhaut hervor. Sie glänzt vom tropfenden Sperma und Amadeus stülpt seinen Mund über diesen harten Lustschwengel.
Markus stöhnt auf, während er seinen fetten Kolben in Amadeus Mund versenkt, leicht zustößt und seinen Mund fickt.
Amadeus greift an Markus dicke, pralle Eier. Markus Stöhnen wird immer lauter.
Markus fickt den Mund von Amadeus, zieht plötzlich laut stöhnend seinen Schwanz aus Amadeus Mund und bekommt einen heftigen Orgasmus.
Sein Sperma schießt in wuchtigen Wellen aus der Eichel hervor. Immer wieder spritzt der heiße Saft auf Amadeus Bauch und Brust und läuft an ihm herunter. Amadeus Sperma spritzt dazu, denn auch er kommt mit einem erlösenden Schrei.
Das gemeinsame Sperma läuft über Amadeus Körper. Beide knien nun voreinander und streicheln sich und verteilen dabei das Sperma über ihre Körper. Die beiden stehen Hand in Hand auf, küssen sich leidenschaftlich, schließen sodann ihre Kutte und stellen sich in den Halbkreis der anderen Kuttenträger. Wieder stimmen sie diesen eigentümlilchen Gesang an.
Wie eine Messe, und dann sehe ich, wie einer nach dem anderen sich an der Person auf dem Alter zu schaffen macht. Ich sehe genauer hin und Erinnerungen werden wach.
Diese Frau, es ist ganz offensichtlich eine Frau, wird von jedem anwesenden Mann begattet. Die Frau schreit und ich erkenne plötzlich, dass ich es bin, die hier schreit, spüre fast körperlich jede Berührung, spüre den Ekel und jede Faser meines Körpers giert nach Rache!»
Amadeus Neumann
Als er jung war, hatte er sich geschworen, dass er sich nie auch nur in die Nähe des Skalpells, eines seiner nicht annähernd so genialen Kollegen, wie er selbst, begeben wird.
Doch konfrontiert mit den unleugbaren Spuren menschlichen Verfalls, gerät sein Vorsatz merklich ins Wanken und droht sich aufzulösen. Professor Dr. med. Amadeus Neumann, gefragte Kapazität und nach wie vor unumstrittene Nr. 1 der plastischen Chirurgie, steht schon mehr als eine Stunde vor dem riesigen Wandspiegel seines luxuriösen Badezimmers und hadert mit seinem Schicksal. Vielen Prominenten und unzähligen Namenlosen hat er mit seinen virtuosen Kunstgriffen zu mehr Selbstbewusstsein und im wahrsten Sinne des Wortes, gesteigertem öffentlichen Ansehen verholfen.
Sein Badezimmer, Marmor, nicht schwarz oder weiß, sondern rosa, vergoldete Armaturen, ein Whirlpool, nennt er sein Eigen. Ohne den Blick von der Gestalt im Spiegel abzuwenden, die ihm, allen Zweifeln zum Trotz, beeindruckend erscheint, greift er das hohe Longdrinkglas vom Rand des Villeroy & Boch Doppelwaschbeckens und leert es in einem Zug. Mit der linken Hand tastet er nach der Flasche Gin, die in dem schwarz lackierten Schrank neben dem Spiegel steht und gießt sich großzügig ein.
Schweren Herzens trennt er sich von seinem Spiegelbild, wandert, immer noch nackt, durch den breiten Flur, über Marmor, nun jadegrün, ins Wohnzimmer.
Gegen die hohen, breiten Fensterscheiben prasseln schwere Regentropfen eines heftigen Sommergewitters. Er steuert zielstrebig das wuchtige Vertiko aus Wurzelholz an, ein Replikat im Stil der Dreißiger Jahre, und entnimmt der rechten Schublade eine kleine silberne Schatulle. Er setzt sich auf die mit Büffelleder bezogene Couch, stellt das feinziselierte Kästchen vor sich auf den makellos reinen Glastisch und öffnet es. Er ergreift mit Daumen und Zeigefinger ein kleines Plastiktütchen und hebt es auf Augenhöhe.
Er seufzt, keine zwei Stunden mehr, dann wird Natalie, diese Blaupause aller Society-Schnepfen über Fünfzig, ihn abholen. Und wie alle seine Geschöpfe ist sie nahezu vollkommen. Die Brüste mit wie erigiert stehenden Nippeln, der wohlgeformte Po, die kunstvoll verkleinerten Schamlippen und die absolut dauerhafte Haarentfernung, alles sein Werk. Er wird sie zum Empfang des Ministerpräsidenten begleiten. Das Ganze dürfte zwei Stunden dauern und im Anschluss wird sich die Horde immer gleicher Schmarotzer, Möchtegerns und Aufschneider in einer angesagten Bar selbst feiern und er wird sich Punkt 24 Uhr empfehlen und Natalie wird sich hüten, ihm in der Öffentlichkeit eine Szene zu machen.
Einem Ritual gleich formt er mit einem kleinen orientalischen Dolch, der schmale Griff kunstvoll mit Edelsteinen verziert, zwei feine weiße Linien. Erst bedient er das eine, danach das andere Nasenloch durch ein dünnes silbernes Röhrchen, das neben dem Kokstütchen seinem Einsatz entgegen wartete. Augenblicklich kribbeln abermillionen Ameisen über die Stirnhöhle unter seine Schädeldecke, ein sanfter Schauer durchläuft seinen Körper und verloren geglaubte Energien, Klarheit und die Gewissheit alles, aber auch alles im Griff zu haben, kehren zurück.
Er richtet sich auf. 175,5 Zentimeter, seine Schuhe lässt er in London fertigen, speziell, was immerhin drei Zentimeter bringt und ihn unter günstigen Bedingungen, kleine Frauen, rundliche Männer, wie einen Einmeterachtzigmann erscheinen lassen. Und er sieht schon ein wenig lächerlich aus, wie er da steht, dieser in die Jahre gekommene nackte Mann mit stolz geschwellter Brust.
Während er sich dem Dresscode entsprechend kleidet, spukt Liliana in seinem Kopf und die Vorstellung wäre weitaus prickelnder, mit dieser Frau den Abend zu verbringen. Deren unverhohlene, offensiv zur Schau getragene Sinnlichkeit, erinnert ihn immer wieder an Mae West, besonders, wenn sie wieder einmal einen dieser gewagten ausladenden Hüte trägt. Sie ist so ganz anders, als diese sogenannten Damen der feinen Gesellschaft, denen die Geilheit förmlich aus glitzernden Augen in den botoxgestählten Gesichtern trieft. Selbstredend treiben Liliana und er es nicht mehr miteinander, schon lange nicht mehr, das für ihn entscheidende Verfallsdatum der 45 Lenze ist längst weit überschritten und ihm schaudert bei dem Gedanken an ihren unverhüllten Körper.
Der Abend verläuft, wie erwartet. Neumann ist ganz Gentleman, brillant im Bildungsbürgertumsmalltalk und von diskretem Charme. Er schnupft zwischenzeitlich frische Energie auf der weißen Klobrille, in der grauen Zelle des schwarz gekachelten WCs und Natalie scheint vollends zufrieden. Später, im Broadway, zieht er sich zurück, lächelt vielsagend, schlürft viel zu schlappen Gin-Tonic und grübelt, wie er Natalie seinen frühen Abgang plausibel verkaufen soll.
Doch als er aus den Augenwinkeln beobachtet, dass sich diese angeregt mit einem jungen Kerl unterhält, weicht die Anspannung und er träumt sich in seine Verabredung: Frieda, 0 Uhr 45.
Er hatte sie vor vier Monaten in einer kleinen Sushi-Bar kennengelernt. Zuerst war sie ihm nicht aufgefallen. Aber als er ganz in Gedanken aufstand, um das Restaurant zu verlassen, war er mit ihr zusammengestoßen. Ihre Kühle und Distanz, der Blick aus stahlgrauen Augen, der ihn geradezu in die Knie zwang, hatten ihn vom ersten Moment an fasziniert. Wie nicht anders zu erwarten, verabredete sie sich mit ihm, doch schon beim ersten Treffen wurde ihm klar, dass diese Frau anders ist - bis heute kennt er lediglich ihren Vornamen und ihre Handynummer, wahrscheinlich Prepaid - ganz anders als diese notgeilen Zicken, mit denen er sich normalerweise herumtreibt und die ihn mittlerweile bis zum Erbrechen langweilen.
Frieda eröffnete ihm neue Horizonte, führte ihn zu ungeahnten Gipfeln seelischer und sinnlicher Wahrnehmung und das erste Mal im Leben fühlte er sich wirklich frei, erlöst von allen Zwängen seines Daseins.
Ode an die Freude intoniert das elektronische Glockenspiel im weißen Kasten der Videoüberwachung neben der Wohnungstür.
«Pünktlich, auf die Minute. Ich liebe sie», flüstert Neumann, springt auf, zerrt am Gürtel seines Bademantels, auf dessen Rücken sich ein prächtiger Drache von der Hüfte bis zu den Schultern schlängelt und hastet zur Tür. Die Überwachungskamera zeigt eine verschwommene Gestalt im schwarzen Kapuzenmantel, das Gesicht nicht zu erkennen. Er presst das Ohr an die Tür, wartet ungeduldig auf das Zischen der sich öffnenden Fahrstuhltür. Die letzte Koksdröhnung pocht in den Schläfen und seine Handflächen sind feucht. Dann steht sie vor ihm, streift langsam die Kapuze zurück - der Mantel tropft kleine Pfützen auf jadegrünen Marmor - und er verliert sich sekundenlang im Sog dieser grauen Augen. Jetzt ist er nicht mehr Neumann, Professor Dr. med., sondern Amadeus, der nichtsnutzige ungehorsame Amadeus, der die Führung und harte Hand einer strengen Zuchtmeisterin braucht.
Er senkt den Blick, krümmt den Rücken, schleicht um sie herum, streift behutsam den Mantel von ihren Schultern und wieselt zur Garderobe. Plötzlich spürt er einen harten Griff am Hals und ihre weiche melodische Stimme flüstert: «Scheußliches Regenwetter.»
«Sie haben Recht, Herrin, ganz abscheulich, wirklich ganz besonders abscheulich!»
Der Druck wird stärker, er sinkt auf die Knie.
«Das ist ja ganz nass. Scheußlich … wird hässliche Flecken geben, wenn wir nichts tun …»
Er nickt heftig, immer tiefer senkt er seinen Kopf, gesteuert von ihrer Hand, bis seine Nasenspitze über den Boden streift und eifrig trocknet er die Marmorplatten mit seiner Zunge.
«Das ist brav. Mach weiter, bis alles ganz sauber ist, wir wollen doch nicht, dass irgendjemand behaupten kann, hier herrsche weder Zucht noch Ordnung.»
Dankbar des unverhofften Lobes, hebt er den Blick und klimmt empor an wunderbaren Beinen, in zarten schwarzen Strümpfen, die einen Hauch der darunter verborgenen Haut erahnen lassen.
«Haben wir da nicht etwas vergessen, du liederlicher Gesell!?», säuselt’s aus schwindelnden Höhen, just als seine Augen den Streifen schimmernd weißer Haut über dem blickdichten Rand erreichen und eine schwarze Schnürstiefelette streift sein Kinn. Die rechte Hand liegt stützend unter der Sohle, die Finger der linken umschließen das schmale Fußgelenk. Sein Mund reinigt schlammige Flecken, die Wangen trocknen das Leder, immer heftiger, sich höher tastend, bis er das Salz ihrer Haut durch die Poren des Nylon schmeckt, zurückgestoßen wird und von neuem beginnt.
«Das hast du brav gemacht! Komm her und knie dich vor mich!»
Amadeus beeilt sich, seine Knie vor ihr zu beugen und ergeben senkt er seinen Blick.
«Du darfst mir die Füße küssen!»
Hingebungsvoll küsst Amadeus Friedas Schuhspitzen.
«Den Kopf auf den Boden und den Po hoch!», herrscht sie ihn an. «Meine Schuhe sind noch nicht sauber!»
Frieda nimmt eine kleine Peitsche, stellt sich seitlich von ihm auf und lässt den Riemen über seinen Po streichen, der zweite Schlag sitzt schon fester.
«Zähl mit!»
«Jawohl, Herrin!»
Frieda schlägt.
«Drei!»
Frieda schlägt fester.
«Vier!»
Sein Gesäß verfärbt sich rot und Frieda schlägt und schlägt.
«Zwanzig!»
Frieda lässt die Peitsche sinken.
«Das hast du brav gemacht, dafür wirst du belohnt. Steh auf und stell dich auf den Tisch!»
Amadeus erhebt sich, sein Schwanz steht steif und prall von ihm ab, ist auf Gesichtshöhe von Frieda. Sie nimmt seinen Phallus in den Mund und saugt an der Spitze. Aber sie lässt ihn nicht kommen.
«Leck meine Pussy! Und wage es nicht aufzuhören, bevor ich einen Orgasmus hatte!»
Frieda sitzt nun auf dem Tisch und Amadeus kniet sich vor sie und lässt seine Zunge tanzen.
«Fester!», herrscht sie in an.
Amadeus drückt seine Zunge fest in ihr Honigtöpfchen, tanzt mit der Zungenspitze zwischen Anus und Klitoris hin und her, um sie dann wieder tief in ihre Spalte zu drücken.
Der Schlag trifft ihn völlig unvorbereitet, aber er bemüht sich, nicht aufzuschreien und leckt weiter.
«Schneller!», und wieder trifft ihn ein harter Schlag. Frieda schlägt weiter und immer schneller. Amadeus Po zeigt mittlerweile eine dunkelrote Farbe.
«So ist es brav. Jetzt will ich meinen Höhepunkt! Du bist verantwortlich, dass ich ihn bekomme! Wenn nicht, spürst du die Peitsche!» Und Amadeus leckt wie besessen.
Frieda ist mehr als zufrieden nach ihrem Orgasmus und zieht nun alle Register ihres Repertoires. Amadeus versinkt im berauschenden Strudel tiefster Erniedrigung und Missachtung, lässt sich treiben im Hochgefühl der Erregung, um in einen alles um ihn herum vergessenden Orgasmus abzuspritzen.
Nachdem Frieda gegangen ist, taumelt er im Nachhall des flüchtigen Moments, versucht ihn zu halten mit zwei weißen Linien und einem großen Glas Gin, doch unausweichlich kehrt er zurück, mit jeder Sekunde, jeder Minute etwas mehr, der Professor Dr. med. Amadeus Neumann.
Freude schöner Götterfunke, spielen die Türglocken. «Frieda, bestimmt hat sie wieder was vergessen …», brummt er unwirsch, «… dass sie ihren Kopf nicht zusammenhalten kann, sie weiß doch ganz genau, dass ich danach unbedingt meine Ruhe brauche!»
Verärgert stapft er zur Tür und presst den Daumen auf den Summer, öffnet einen Spalt und geht zurück ins Wohnzimmer, noch immer das Glas in der Hand.
Das Klacken der Wohnungstür lässt ihn aufhorchen. «Na, was hast du diesmal vergessen?», ruft er, trinkt einen Schluck. Keine Antwort und erst jetzt bemerkt er die Stille, lauscht dem Rauschen des Blutes in seinen Ohren,
«Hallo, bist du’s, Frieda?»
Keine Antwort, das Rauschen wird lauter.
«Sag doch was …!»
Jetzt ist die Stille bedrohlich, bereit ihn zu verschlingen. «Hör mal, sei nicht albern, der Spaß ist vorbei!»
Da, ein Geräusch, verhalten, wie unterdrücktes Atmen, er dreht sich um, fest entschlossen Frieda wegen diesem verdammten Possenspiel zurechtzuweisen, doch bevor er den Mund öffnen kann, einen Laut der Überraschung herausgurgeln, über das, was seine Augen sehen, trifft ihn ein harter Schlag an der Schläfe und er hört es nicht mehr, das Klirren splitternden Glases, spürt ihn nicht, den Aufprall seines Schädels auf Carrara Marmor.
Er erwacht, versucht sich zu erinnern, nur langsam dringen die letzten Minuten in seinen schmerzenden Schädel. Gedämpftes Licht, absolute Stille. Er will sich aufrichten ... etwas hält ihn ... seine Hände und Füße, fest umklammert von starken Seilen, lassen ihm keinen Bewegungsfreiraum.
Er hebt seinen Kopf ... und blickt in dunkle Augen, die ihn teilnahmslos anstarren.
Angst schnürt ihm die Kehle zu, panisch zerrt er an den Fesseln. Er hat keine Chance, unaufhaltsam nähert sich der Tod in Form eines edelsteinbestückten Dolches.
»Warum?», schreit er in wilder Panik. »Warum?»
»Du weißt, warum!»
Die vermummte Person schwingt den feinziselierten Dolch und trennt Amadeus mit einem schnellen Schnitt von seinem besten Stück. Amadeus Neumann schreit, wie er noch nie in seinem Leben geschrien hat, er brüllt, weint, bettelt, zetert und flucht, während sein Leben langsam zerrinnt.
Enya
Es ist ein wunderschöner Morgen, die Sonne strahlt von einem nahezu wolkenlosen Himmel und wie immer nach einem nächtlichen Regen scheint die Luft frischer, geradezu rein zu sein. Sie glaubt, den nahe gelegenen Starnberger See zu riechen, ein Gefühl, als könne sie die ganze Welt umarmen.
Die Größe des Gartens hält den zur Pflege erforderlichen Aufwand in Grenzen. Sicher, ohne Herrn Krüger, den Filialleiter der Raiffeisenbank, der damals schon ihr Klient war und sich mächtig für sie ins Zeug legte, nachdem sie eine sehr erotische Nacht mit ihm verbracht hatte, wäre das nicht möglich gewesen. Reine Magie, der richtige Mann zur richtigen Zeit an den wichtigsten Schalthebeln.
Nachlässig streift ihr Blick die Zeitung, die gefaltet und unbeachtet auf dem runden, weiß gestrichenen Metalltisch liegt und bleibt an der Schlagzeile hängen:
Blutbad im Penthouse!
Professor Dr. med. Amadeus Neumann ermordet!
Schon wieder ein Mord, sie sollte gedruckte Botschaften energetischen Wahnsinns zumindest für einen Tag ignorieren. Ihr Blick wandert durch den malerischen Garten. Sie liebt dieses chaotische halbverwilderte Wuchern und die kleine Rasenfläche, die aussieht wie eine Wildblumenwiese. Doch wie ferngesteuert, geradezu magisch angezogen, dreht sie sich ein wenig, greift jetzt doch nach dem Blatt und liest:
München. Gestern Nacht wurde der bekannte Schönheitschirurg und Society Löwe Professor Dr. med. Amadeus Neumann in seinem Penthouse auf bestialische Weise ermordet. Ein anonymer Anruf hatte die Polizei alarmiert. Das entmannte Opfer lag nackt und gefesselt auf dem Bett. Der Mörder hinterließ eine Botschaft, wahrscheinlich mit dem Blut des Opfers geschrieben. Am Tatort wurde Marika M. festgenommen. Als die Polizei eintraf, hatte sie einen Dolch in der Hand, bei dem es sich um die Tatwaffe handeln soll. Man geht davon aus, dass es sich um eine Beziehungstat handelt … weiter Seite 3
Dann sind da noch zwei Fotos: ein Mann, das Alter schwer einzuschätzen und daneben das Bild einer Frau mit einem wagenradgroßen Hut, der wunderbar in eine Hollywood Produktion der Dreißiger gepasst hätte, über den Augen ein breiter schwarzer Balken.
«Marika M. … Marika M. …», murmelt sie, hebt den Kopf, starrt einen Moment ungläubig ins bunt gesprenkelte Grün, wieder auf die Fotos, liest den Text noch einmal, Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort, ein kalter Schauer durchläuft ihren zarten Körper. Es scheint, als wären die Dämonen finsterer Nächte zu neuem Leben erwacht,
«… aber … ich kann es nicht glauben … das ist doch Liliana … Liliana Lorenz …»
Sie sitzt da, wie erstarrt, der Tee schmeckt bitter und einen Augenblick scheinen alle Farben getilgt, die Welt schwarzweiß, wie Lilianas Seele - so nannte sie immer Liliana, Liliana Lorenz. Dieser Name scheint ihr weitaus treffender, als Marika Mertens, in seiner Banalität total abwegig, für eine so schillernde Persönlichkeit. In ihrem ganzen Leben ist ihr noch nie ein Mensch begegnet, dessen Zwiespältigkeit so offen zu Tage tritt, bei dem Licht und Schatten so nahtlos, beinahe unmerklich ineinander fließen und der keinerlei, auch nicht die leisesten Anstalten unternimmt, dies zu verbergen.
Gedanken wirbeln durcheinander, richten sich, einem Puzzle gleich, auf jenen Sommertag vor fünf Jahren, eine Stimmung wie heute: wolkenloser blauer Himmel, lauer Wind, die Vögel zwitschern. Ihre Tochter war damals vier Jahre alt und sie lagen auf einer Wiese am Starnberger See.
Zu der Zeit lebten sie noch in einer kleinen Zweizimmerwohnung, in der Adolf-Kolping-Straße, unweit des Hauptbahnhofs und Enya nutzte jede Gelegenheit, hauptsächlich wegen Lotte, der stickigen Hitze der Stadt zu entkommen. Sie träumte, nein, es war mehr als ein Traum, eine Vision, ein Ziel und sie war absolut sicher, dass sie es eines Tages erreichen werde - ein Haus in dieser ländlichen Idylle.
Lotte versuchte sich an einer Sandburg.
Plötzlich brach eine zänkische Stimme in das gleichförmige Raunen dezent geführter Gespräche, hin und wieder übertönt vom Juchzen im Wasser planschender Kinder.
«Du hast keine Ahnung, was eine Frau braucht, glaubst tatsächlich, du brauchst nur deinen Luxus-Picknickkoffer und lauwarmen Champagner auspacken und alles ist wieder gut, aber so einfach ist das nicht. Du sollst nur zuhören, wenn ich etwas sage, meine Probleme löse ich schon alleine!»
«Bewahre Contenance, meine Liebe, die Leute schauen schon herüber», zischte der korpulente Mann im weißen Leinenanzug. Augenscheinlich hatte er Enyas neugierige Blicke bemerkt. Er setzte eine große Tasche auf den dünnen Rasen, durch den hellbraune Erdflecken schimmerten, zerrte ein weißes Taschentuch aus der Hosentasche, lüftete den Panama-Hut und wischte Schweißperlen von der Stirn und seiner Glatze. Die Frau, deren Figur dem fleischigen Ideal einer fünfziger Jahre Sexbombe entsprach, trug einen kurzen Rock, ein noch knapperes Oberteil und auf dem Kopf einen großen Hut mit riesiger Krempe und einem Tüllrand, der über ihre Augenbrauen reichte, alles in pinkrosa. Lange schwarze Haare umspielten ihre sanft gebräunten Schultern.
«Arno, komm her, hier ist es schön und trödele nicht so.»
Der Mann stopfte das Taschentuch in die Gesäßtasche seiner Hose, nachdem er das Schweißband gründlich trocken gerieben hatte. Er rückte den Hut auf seinem blanken Schädel zurecht, bückte sich, holte eine akkurat gefaltete Decke aus der Tasche, schüttelte sie umständlich, und breitete sie mit einer Geste aus, die sagen sollte: Gnädige Frau, es ist angerichtet. Die Frau mit dem Hut machte es sich bequem, klopfte mit der Hand auf den Boden, woraufhin der dicke Mann sich neben der schrillen Schönheit zu Boden plumpsen ließ.
«Reib mir den Rücken ein, mein kleiner Brummelbär!»
Sie fischte eine Sonnenölflasche aus der Handtasche, ebenfalls pink und reichte sie ihm.
Ohne eine Miene zu verziehen nahm der Mann die Flasche, öffnete umständlich den Deckel und träufelte eine ordentliche Menge auf seine Handfläche.
«Bitte, verteil das Öl sorgfältig, du weißt, meine Haut ist sehr empfindlich!»
«Was soll das, Liliana?», murrte der Mann und fing an ihren Rücken zu bearbeiten.
Mittlerweile hatte Lotte ihr Bauvorhaben unterbrochen und sich ungeachtet des gereizten Geplänkels dem seltsamen Paar genähert. Fasziniert starrte sie unverwandt diesen gewaltigen bonbonfarbenen Hut an. Die Frau schien die Blicke des Kindes zu spüren, sie drehte den Kopf und die knallrot geschminkten Lippen zauberten ein freundliches Lächeln in ihr Gesicht. Enya fühlte sich unbehaglich, die beiden da drüben sahen nicht aus, als wären sie ausgesprochene Kinderfreunde. Sie wollte gerade den Mund öffnen, ihre Tochter zu sich beordern, da kam ihr die Fremde zuvor und sagte, die Stimme nun warm und einfühlsam: «Gefällt dir mein Hut? Wie heißt du denn?»
«Ich bin Lotte und wer bist du?»
«Ich heiße Liliana. Willst du ihn mal aufsetzen?»
«Au ja … », rief Lotte und hüpfte begeistert auf und ab.
Arno beendete seine Bemühungen zarte Haut vor harter UV-Strahlung zu schützen. Die Frau, die sich Liliana nannte, Enya vermutete, dass es ein Künstlername oder so was war, nahm den Hut ab und schüttelte den Kopf, dass die Haare flogen. Liliana zog den Hut über das kastanienbraune Haar des Mädchens, lachte gekünstelt, als der Lottes Augen verdeckte und schob ihn schließlich in deren Nacken. Lotte kicherte und zupfte behutsam an rosa Tüll.
«Ist das deine Mama da drüben?», fragte Liliana und nickte in Enyas Richtung.
Ohne Lottes Antwort abzuwarten, rief sie, «Ein ganz bezauberndes Kind! Sie haben eine überaus liebreizende Tochter.»
Sie suchte Enyas Augen, ihre Blicke trafen sich, ruhten einen winzigen Moment ineinander, der Enya wie eine dieser magischen Zeitdehnungen vorkam. Zum ersten Mal spürte sie die seltsame Anziehungskraft dieser exaltierten Frau.
«Setzen Sie sich doch zu uns!»
Ohne darüber nachzudenken, beinahe wie ferngesteuert, erhob sich Enya, ging zu der Decke, und setzte sich, wie selbstverständlich, neben Liliana. Arno kramte eine Flasche Sekt aus seiner voluminösen Tasche - Enya fragte sich, was für Überraschungen diese wohl noch verbergen könnte - öffnete sie und entschuldigte sich wortreich wegen der weißen Plastikbecher. Liliana entpuppte sich als geistreiche Erzählerin, überschwemmte Enya förmlich mit amüsanten Anekdoten, derweil Arno mit Lotte herumalberte, was Enya diesem kleinen, feisten Mann gar nicht zugetraut hätte. Die Zeit verging wie im Fluge, nach der zweiten Flasche in der Abenddämmerung nannten sie sich beim Vornamen und meine Liebe, ohne das übliche Verbrüderungsritual, tauschten Visitenkarten und versicherten einander, dass man die nächsten Tage anrufen werde.
Sie verabschiedeten sich mit Bussi links, Bussi rechts.
Wochen später klingelte das Telefon. «Hier Liliana Lorenz, du erinnerst dich? Der roséfarbene Hut!»
«Oh ja», erwiderte Enya zögernd und plötzlich sah sie Lilianas Augen vor sich - die Farbe hätte sie nicht mehr nennen können - und diesen eigenartigen suggestiven Blick.
Liliana plapperte munter weiter, wie seinerzeit auf der orientalischen Decke. Dann stockte der Erzählfluss und sie bemerkte völlig aus dem Zusammenhang gerissen: «Ich habe auf deiner Karte gelesen, dass du Aurabehandlungen machst, hast du einen Termin für mich?»
«Ja, gerne, wann willst du kommen?»
Es blieb nicht bei dieser einen Sitzung. Liliana war wohl so zufrieden, dass sie sie weiter empfahl. An Leute, die «in» sind, die meisten ein wenig blasiert, aber auch, in gewisser Weise, Trendsetter, zumindest für die, die sich einbildeten, jemand in der Münchner Schickeria zu sein. Wenn sie es genau bedenkt, hatte damit ihr finanzieller Aufstieg begonnen.
«Unmöglich …», murmelt sie und erhebt sich, Sie schüttelt den Kopf, ihre gespreizten Finger fahren durch das schulterlange braune Haar.
Nein, unvorstellbar, so was passt einfach nicht zu Liliana! Nicht, dass sie ihr keinen Mord zutrauen würde, jeder ist in einer Ausnahmesituation fähig einen Mord zu begehen, davon ist Enya fest überzeugt! Doch die Art und Weise, das ganze Blut, einfach ekelhaft und unästhetisch, ja unästhetisch, sie müsste vollkommen besudelt gewesen sein und das bringt sie einfach nicht zusammen, mit der Liliana, die sie kennt.
Die hätte nach Gift gegriffen, möglichst exotisch und schwer nachzuweisen. Der Singsang des Telefons drängt sich in ihre Grübeleien, erst fern, dann immer näher. Gedankenverloren geht sie ins Haus und nimmt den Hörer ab.
«Enya Frank», meldet sie sich.
«Sabrina hier, Sabrina Jansen. Hallo Enya», erklingt die Stimme an ihrem Ohr.
«Hey, Sabrina, wie geht’s, hab lange nichts von dir gehört?»
Sabrina scheint zu überlegen, Enya hört ihren leichten Atem, schließlich sagt sie und es klingt fast wie eine Entschuldigung: «Hatte jede Menge um die Ohren, weiß immer noch nicht, wo mir der Kopf steht … aber weshalb ich eigentlich anrufe …» Wieder eine Pause, länger, eine gewichtige Auszeit und Enya fragt sich, was jetzt wohl kommen mag. «Du kennst doch Liliana Lorenz, hast sie mal erwähnt, ist schon länger her. Lange Rede, kurzer Sinn … die Frau ist gestern Nacht festgenommen worden, wegen Mordverdacht.»
«Ja, ja, ich weiß, hab es eben in der Zeitung gelesen.»
«Ihre Anwältin hat mich beauftragt ein psychologisches Gutachten zu erstellen, wahrscheinlich will sie auf verminderte Schuldfähigkeit plädieren ...»
«Mal im Ernst, Sabrina», unterbricht Enya. «Ich glaube nicht, dass Liliana den Mord begangen hat. Dazu ist sie nicht fähig. Intrigen spinnen, Lügen verbreiten, Betrug oder so was, in Ordnung … aber so bestialisch … unmöglich. Denk mal drüber nach und welcher Mörder lässt sich am Tatort festnehmen, mit der Waffe in der Hand?»
«Wie dem auch sei …» Sabrinas Stimme klingt ungeduldig, als wolle sie das Gespräch schnell hinter sich bringen. «Du kennst sie doch, kannst du mir nicht ein paar Dinge über sie erzählen?»
«Jetzt und hier am Telefon nicht. Sei mir nicht böse, Sabrina, aber ich muss das erst mal verdauen … ich rufe dich an, sobald ich wieder einen klaren Gedanken fassen kann.»
Enya drückt den Hörer in die Basisstation, presst die Fingerspitzen gegen die Schläfen – energetisch verheerend, diese unappetitliche Geschichte mit Marika Mertens alias Liliana Lorenz.
Diana
Natürlich wäre sie dazu in der Lage, denkt Diana, sinkt in die weichen Polster der Couch, streift die schwarzen Pumps von den Füßen – sie hasst enge Schuhe mit hohen Absätzen, die sie immer zu besonderen Anlässen tragen muss – und blickt gedankenverloren auf die knorrige Zeder, deren Zweige im silbernen Schein des Vollmondes bizarre Schatten auf den Rasen zeichnen. Den ganzen Abend während der Vernissage in der Galerie Blau-Weiß im Herzen Schwabings musste sie an Liliana denken. Gesine Schwakowsky, eine Berliner Künstlerin, stellt aus. Kaltes Zeug, findet Diana, handwerklich nicht schlecht gemacht, aber eben irgendwie kalt, ohne Emotion. So interessant die Ausstellung auch war, kehren ihre Gedanken merkwürdigerweise zu ihrer Vergangenheit zurück.
Es war ein Freitag im September - später wird sie sagen, dies war der wohl wichtigste Tag in meinem Leben, abgesehen von ihrer und der Geburt der Kinder. Wie gewöhnlich erwartete sie ein ereignisloses Wochenende. Jürgen würde sich in seinem Arbeitszimmer verkriechen und zum Grillen herauskommen, wenn das Wetter es zuließe, eine seiner wenigen Leidenschaften, wenn nicht sogar die einzige, so sah es Diana bis zu diesem Tag, sie würden ein paar Sätze wechseln, alltägliches Geplänkel, Partner, die sich über die Ereignisse des Tages austauschen, dann würde er die Kinder fragen, wie es in der Schule stehe und sich, bevor eine heimelige oder gar romantische Atmosphäre greife, verabschieden.
Stattdessen hatte er vollkommen überraschend, ohne Vorwarnung vor ihr gestanden und eine schwarze Plastiktüte mit roten Henkeln auf den Küchentisch gelegt. Kein Wort hatte er gesagt, sie nur aus seinen bernsteinfarbenen Augen angesehen. Als sie die Tüte geöffnet hatte, hielt sie einen winzigen schwarzen Samtbody, der nur aus kleinen, durch Bänder notdürftig zusammengehaltenen Stoffteilen bestand, in der Hand. Dann waren da noch schwarze Netzstrümpfe und ein schwarzes Lederband, das wie ein Halsband aussah. In Ordnung, das mit dem Body und den Netzstrümpfen konnte sie nachvollziehen, er wollte ihrem Liebesleben, das nach 14 Jahren Ehe, vier Kindern und alltäglichem Existenzstress eher wie notwendige Triebabfuhr daherkam, neues Leben einhauchen. Doch das Halsband, dieses Lederhalsband, besetzt mit halbrunden, glänzenden Nieten, irritierte sie ungemein.
«Ist das für mich?», hatte sie gefragt und Jürgen hatte geantwortet, «Zieh an, will sehen, wie du darin aussiehst, wahrscheinlich sehr erotisch, morgen gehen wir in einen Swinger-Club.»
«Oh, lala. Da willst du also hin! Mit mir!»
«Oh, ja, und ich kann mir vorstellen, dass du in den Klamotten höllenscharf aussehen wirst!»
Diana hatte keine Ahnung, was in einem Swingerclub so passiert und wie es da aussieht und vor allen Dingen: «Fickt da nicht jeder mit jedem?»
Jürgen lachte: «Alles ist erlaubt und man tut nur, was man will und was gefällt. Du wirst zu nichts gezwungen!»
«Ich weiß nicht, wie ich da reagieren werde. Sex ist für mich immer ein Akt zu zweit. Sex mit dem Menschen, den man liebt. Das ist doch Ehebruch mit Erlaubnis! Das wirft doch eine Frage auf: Kann ich mit dem Ergebnis leben, wenn wir mit einem jeweils anderen Partner vögeln?»
«Weiß ich nicht. Ich denke, wenn wir uns gegenseitig vertrauen und das dann nicht mit in unsere Ehe nehmen, dann wird es funktionieren.» Jürgen war da sehr optimistisch.
Der Samstag kam und sie fuhren zum Swingerclub Cats in München-Pasing. Sie zahlten den Eintritt von 200 DM und der Weg führte durch eine Kammer, in der man seine Klamotten in einen Spind hängen konnte.
Befreit von Kleidung, Jürgen nur noch mit einem Slip und Diana mit dem schwarzen Body, den Netzstrümpfen und den hochhackigen Schuhen bekleidet, betraten sie die Bar. Neugierig sah sich Diana um. Der Tresen war in einem Halbrund gestaltet, an dem schon einige Paare saßen. Auch Diana und Jürgen nahmen Platz und bestellten sich was zu trinken. Diana nahm einen starken Cocktail und Jürgen eine Cola. Diana presste sich ganz nah an Jürgen, sie hatte Angst, aber zugleich wirkte die erotische Atmosphäre auf sie. Sie sah all die Frauen in geilen Dessous und die Männer in ihren kürzesten Slips. Sie versuchte sich die Schwänze vorzustellen, die sich in diesen knappen Kleidungsstücken verbergen und sie spürte eine aufkommende Erregung.
«Sollen wir mal schauen, wie das Buffet aussieht?»
«Gern, wollte ich auch gerade vorschlagen, habe Hunger!»
Diana und Jürgen verließen die Bar und schlenderten in Richtung Buffet. Erlesene Speisen, Salate und Süßspeisen lachten sie an. Beide griffen ordentlich zu.
Ein Ehepaar setzte sich zu ihnen. «Seid ihr das erste Mal hier?»
Diana und Jürgen nickten unisono.
«Wenn ihr wollt, so können wir euch alles zeigen.»
«Das wäre super», antwortete Diana.
«Ach, übrigens, ich bin Walther und das ist meine Frau Sarah.»
«Jürgen und Diana!»
Sie geben sich die Hand und durchkämmten dann einige Räume und betraten schlussendlich einen Raum mit einem riesigen runden Bett.
Das Ehepaar setzte sich, und er nahm sein Handtuch von den Hüften.
Jürgen durchzuckte es kurz, weil er es einerseits so ungeniert und andererseits auch so selbstverständlich tat. Er hatte bereits einen riesigen Ständer und Dianas Augen waren schon auf sein geiles Ding gerichtet.
Walther streckte seine Hand Diana entgegen und sie ging etwas zögerlich auf ihn zu. Jürgen hielt den Atem an. Jetzt würde er sehen, wie seine Frau endlich wieder vor Lust zerfließen würde.
Diana war bei ihm angelangt. Er nahm ihre Schultern zwischen seine beiden Hände und drückte sie sanft nach unten. Diana kniete sich nieder und stülpte sofort ihre Lippen über seine pralle Eichel. Obwohl Jürgen auch nicht schlecht bestückt war, hatte Walther einen größeren Schwanz. Vielleicht nur um eine Spur dicker, aber sicher um ein paar Zentimeter länger.
Gierig saugte Diana seinen Schwanz und bald drückte er ihren Kopf fester nach unten und sie versuchte ihn so weit wie möglich in ihren Rachen zu schieben. Nach einigen kurzen Zuckungen riss sie ihren Kopf nach hinten, schnappte nach Luft und ließ eine Menge Speichel aus ihrem Mund auf seinen Schwanz rinnen. Sie hatte kaum wieder etwas Luft geholt, schob er ihr seinen riesigen Prügel wieder in ihren Mund und begann sie zuerst langsam und dann immer fester zu ficken.
Sarah stand nur daneben und genoss das Schauspiel. Diana war richtig in Fahrt und wollte seinen Schwanz in ihrer Pussy haben. «Fick mich endlich!», hörte Jürgen sie sagen und ihm war klar, dass sie so was von geil war, wie er es bei seiner Frau nur selten erlebt hatte.
Sarah kümmerte sich um Jürgen und wichste seinen Schwanz. Aus den Augenwinkeln sah er zu, wie Diana sich rücklings auf Walthers Schwanz setzte. Sie begann ihn wild zu reiten und ihre Titten flogen dabei nur so auf und ab. Sie wurde immer lauter und plötzlich drehte er Diana um, rammte ihr von hinten seinen Schwanz in ihre Muschi, dass sie nach Luft japste.
Jürgens Schwanz war steif und prall und er wollte jetzt auch in eine Muschi stoßen. Er warf Sarah auf den Bauch, hob ihren Po und stieß seinen harten Prügel in sie hinein und vögelte sie, er war geil und es machte ihn immer geiler, dass Sarah laut stöhnte und schrie: «Ja, fick mich, fester, härter! Fick mich in den Arsch!»
Jürgen war überrascht. «Ja, ja! In einen geilen, engen Arsch, ja!» Er befeuchtete ihren Anus mit Spucke und stieß seinen Schwanz bis zum Anschlag in ihren Darm. Sie schrie auf. Es war ihm egal. Er stieß zu, immer wieder und wieder, mit aller Macht, bis er sich in einem geilen Orgasmus in sie entleerte. Er ließ sich auf sie fallen und begrub sie mit seinem Körpergewicht.
Sie atmeten beide sehr heftig. Jürgen rollte sich von Sarah, drehte sich um und suchte ihre Spalte. Er öffnete ihre Beine und senkte seinen Kopf, um sie zu lecken. Er ließ seine Zunge um ihren Kitzler kreisen, versenkte seine Zunge in ihrer Muschi und in ihrem Anus, er nahm noch seine Finger dazu und, steckte seinen Daumen in ihren Anus und seinen Mittelfinger in ihrer Muschi und saugte an ihrer Klitoris. Er spürte, dass ihr Orgasmus nahte und steigerte seine Bewegungen. Laut schrie sie ihren Orgasmus in die Welt.
Diana küsste nun Sarah und streichelte ihren Körper. Und Sarah streichelte Diana. Jürgen und Walther schauten zu.
«War mir irgendwie klar, dass die Frauen auch ein wenig lesbisch sind», meinte Walther.
Erst jetzt bemerkten sie, dass der Raum ein Fenster hatte, durch das bereits mehrere Männer das Schauspiel betrachteten. Auch Jürgen und Walther wurden wieder geil und nahmen sich ihre Frauen von hinten, während sich die beiden Frauen leckten.
Die Vier besuchten nun die Sauna und anschließend den Wirl-Pool.
Am Ende des Abends saßen sie noch eine Weile an der Bar, nahmen auch noch ein paar Happen vom Buffet. Jürgen und Diana verabschiedeten sich und machten sich auf den Heimweg.
Die Nacht blieb nicht ohne Folgen. Eifersuchtsdramen und Beschuldigungen, es kam nicht mehr zu weiteren Swingerclubbesuchen. Beide hatten ein schlechtes Gewissen und konnten es nicht ertragen, den anderen anzufassen. Zu tief war das Gesehene in ihre Gehirne eingefräst.
Eine Frage haben sie sich damit beantwortet: Nichts ist mehr so, wie es vorher war.
Jürgen und Diana haben es nicht mehr geschafft, die Ehe weiterzuführen.
Die nächsten zwei Jahre waren eine Achterbahnfahrt tiefster, seelenfressender Erniedrigung und schamroter Selbstvorwürfe und eines Tages fasste sie sich ein Herz, überwand das drohende Gespenst der Einsamkeit, und zog allein mit den Kindern in dieses Haus mit der magischen Zeder im Garten.
Es folgte eine Phase phantastischer Pläne und beinahe rauschhaft gelebter Kreativität. Sie beendete ihr Kunststudium, etablierte sich als Malerin und gründete ein Büro für Webdesign, einen Roman hatte sie auch geschrieben, aber das ist eine andere Geschichte. Manchmal grübelt sie zu vorgerückter Stunde darüber, dass es ausgerechnet Jürgen war, der diese geradezu revolutionäre Befreiung ihrer Talente ausgelöst hatte. Und nun hat sich Liliana wieder in ihr Leben geschoben, schon längst hatte sie die kurze Episode mit ihr und dem unrühmlichen Ende aus ihrem Gedächtnis verdrängt.
Lilli, die grau getigerte Katze, gesellt sich zu ihr und reibt wohlig schnurrend den Kopf an ihrem linken Arm. Anton, der rote Kater, scheint noch auf Streifzug in Nachbars Garten.
Allmählich kommt Diana an, in ihrer Welt, Liliana und deren drängendes Problem rücken in weite Ferne und sie denkt an Dennis, ihren Sohn, der in 14 Tagen seinen Ersatzdienst beginnen wird und daran, dass Louise, die Tochter, im nächsten Semester ihren Bachelor in Germanistik erwerben wird und daran, dass sie die Katzen noch füttern muss.
Antje, die Hutmacherin
Schnipsel in der Tageszeitung: Amadeus Neumann im Smoking, Wiener Opernball, auf dem Tennisplatz, grinsend, einen Maßkrug in der Hand, im Bierzelt, neben ihm ein überquellendes Dirndl, blitzend weiße Zähne, Liliana, das Gesicht im Schatten einer gewaltigen Hutkrempe, Liliana beim Pferderennen, könnte Baden-Baden sein, bei einer Lesung wieder eine gewagte Kreation der Modistin, mit Lesebrille auf der Nase, auf dem Kopf eine Leopardenfell bezogene Pillbox, daran eine Feder, die einer Robin Hoods Kappe alle Ehre gemacht hätte.
Dazu, die weiche Frauenstimme aus dem Off: «Noch immer ist die Münchner Gesellschaft erschüttert von der schrecklichen Tat, die sich niemand erklären kann.»
«Dummes Geseier, ich kann den Müll nicht mehr hören. Fehlt nur noch, dass die in meinem Geschäft auftauchen und mich interviewen wollen.»
Antje schnappt sich ihr Glas Rosé mitsamt Flasche und schlendert hinaus auf den Balkon, der Horizont erglüht in phantastischem Abendrot, das sich im tiefen himmelsblau verliert.
Die Straßenbeleuchtung, Nachbildungen alter Gaslaternen, flackert. Ein mintgrüner Mini klemmt sich in die letzte verbliebene Parklücke, ein unsichtbares Pärchen lacht, die Stimmen klingen jung. Volker wird sauer sein, wenn er nicht vorm Haus parken kann, schießt es ihr durch den Kopf, sie setzt sich auf den weißen, aufklappbaren Gartenstuhl und stellt Glas und Flasche auf den kleinen runden Tisch, neben den silbernen Aschenbecher und das rote Windlicht. Wenn sie ehrlich ist, kommt ihr Lilianas Leid gar nicht so ungelegen. Offenbar wissen mehr Leute als vermutet, dass die ihre verrückten Hüte bei Antje gekauft hat.
Wie dem auch sei, jedenfalls war, seit Volker sie in dem Bericht über kreative Modemacher in München, der später sogar von Arte ausgestrahlt wurde, vorgestellt hatte, nicht mehr solch ein Andrang in ihrem Geschäft gewesen.
Nun gut, die meisten kamen nur zum Glotzen, drehten ihre Kunstwerke in den Händen und stülpten sie wieder auf Ständer und Plastikköpfe.
Für Antje sind ihre Schöpfungen, alles Einzelstücke, zweifelsohne Kunstobjekte der speziellen Art. Auch wenn manche Menschen das nicht akzeptieren wollen. Eigentlich gar keine schlechte Idee, so ein Interview, überlegt sie, auch nicht schlecht, wenn Liliana bei der Verhandlung einen meiner Hüte tragen würde - in ihren Gedanken spukt Marlene Dietrich in Zeugin der Anklage.
Sie trinkt einen Schluck Wein, könnte auch einfließen lassen, dass sie von einer Psychologin zu Lilianas Geisteszustand befragt worden war.
Es war die in Gedichten gepriesene, in Liedern besungene und in Schlagern verkitschte Liebe auf den ersten Blick gewesen und sie, Antje, die vermeintlich Harte, kantig in Erscheinung und Gemüt, hatte ein wohliges inneres Feuer gespürt. Nach der Reportage war Volker zurückgekommen, überraschend, ohne sich anzumelden und geblieben und sie hatte sich geschämt, dass hinter dem Laden nur die zwei Zimmer waren, eins die Werkstatt, das andere ihr Schwabinger Appartement. Aber die Geschäfte gingen so schlecht, dass sie sich keine Wohnung leisten konnte. Hier betrat Liliana die Szene und man mag es kosmische Fügung nennen, Schicksal oder Zufall, jedenfalls florierte plötzlich das Geschäft, sie konnte sich vor Aufträgen kaum retten. Jede Frau der besseren Gesellschaft und auch die, die sich lediglich dafür hielten, mussten einen Hut aus Antjes Boutique tragen. Nach einem halben Jahr, stellte sie eine Praktikantin ein, die mittlerweile ihre unermüdliche Assistentin wurde, auf die sie heute nicht mehr verzichten kann.
Volker und sie fanden eine Dreizimmerwohnung unweit ihres Werkstattladens, gerade noch bezahlbar, für Doppelverdiener ohne Kinder. Der Wein beflügelt ihre Phantasie, sie träumt sich nach Mailand, wo ihre Kreationen auf den prächtigen Frisuren wunderschöner Models über den Laufsteg schweben.
Als Volker den Schlüssel in die Wohnungstür steckt, schreckt sie auf, schüttelt den Kopf und ihre langen, blonden Haare fallen wie ein feiner Vorhang über ihr Gesicht. «Ich sollte mir eine Garage mieten. Wie war dein Tag?»
Ein Kuss streift zuerst ihre Wange, seine Hände umschließen ihr Gesicht, sein Mund nimmt ihren Mund in Beschlag, seine Zunge bahnt sich einen Weg zwischen ihre Zähne und sie versinken in aufkommenden Gefühlen. Ihr Atem wird lauter. Volker nimmt Antje auf den Arm und trägt sie ins Schlafzimmer. Dort fesselt er ihre Hände und hakt die Manschetten in die vorgesehenen Ringe ein. Er entkleidet ihren Unterleib und fesselt dann auch ihre Füße mit Manschetten, die er an Ketten ans Fußende einhakt.
So liegt sie völlig in einem Gefühl des Ausgeliefertseins auf dem großen Bett und beobachtet, wie sich Volker seinen Unterleib entkleidet. Ein prickelndes Gefühl durchströmt Antje und sie windet sich in heißem Verlangen.
Volker kniet sich über sie und steckt ihr seinen Steifen in den Mund. Bewegt sich ganz langsam. Antje hat Mühe, ihn in ihrem Mund zu behalten und saugt heftig.
«Das ist so geil, wenn du ihn in deinem Mund hast! Saug fester.»
Volkers Atem wird lauter, aber bevor er zum Höhepunkt kommt, entzieht er sich dem schönen Mund und malt mit seiner Zunge eine heiße Spur auf ihren Körper, über die Brüste, den Bauch bis zu ihrer Liebesgrotte. Er versenkt seine Zunge in das heiße Honigtöpfchen und bringt sie zum Orgasmus. Gierig schlürft er ihren Liebessaft auf, um sie danach wie ein Wilder zu küssen. Sein Speichel und ihr Liebessaft vermischen sich in ihrem Mund mit ihrem Speichel. Wild kreisen ihre Zungen miteinander. Volker kann und will nicht mehr warten und dringt mit seinem harten Degen in sie ein und vögelt sie schnell und heftig. Beide zelebrieren ihren gemeinsamen Organsmus. Später liegen sie erschöpft nebeneinander und flüstern sich liebevolle Worte ins Ohr.
Hasso von Blucher
Vor zwei Wochen nahm das Unheil seinen Lauf. Es war ein ganz normaler Donnerstag, er hatte eine Verurteilung erwirkt und sie saßen in gepflegter Langeweile auf der Natursteinterrasse ihres Reihenhauses in Giesing, er genoss einen leichten Chablis, Marianna trank Jasmin Tee, der Abend war lau und die Flammen der Kerzen auf dem Tisch flackerten in der milden Brise.
Es begann ganz harmlos, wie eines dieser netten, im besten Fall belanglos geistreichen Gespräche über Gott und die Welt, in anderen Worten, eine Konversation, die man führt, wenn einen gerade mal keine Probleme plagen. Wie gesagt, es hätte ein netter Abend werden können, doch plötzlich sah ihn Marianna durchdringend an und fragte: «Sag mal, bist du mit unseren gemeinsamen Leben zufrieden?»
Er hob erstaunt die Augenbrauen und im ersten, spontanen Impuls, mag sein, dass der Alkohol sein Gehirn schon ein wenig umnebelt hatte, dachte er unwillkürlich an seine stagnierende Karriere, das Haus, das ihm inzwischen beinahe zuwider ist, was er Marianna gegenüber allerdings nie zugeben würde, Bogenhausen ist sein Ziel und er antwortet: «Du weißt doch, dass gut Ding Weile braucht», und es klang wie eine Entschuldigung. Marianna schüttelte den Kopf: «Ich meine nicht deine Karriere und ich meine auch nicht unseren Besitz, ich meine, ob du glücklich bist? Und ob du bei dir selbst ... du in dir selbst ruhst?»
Er argwöhnte, seine Frau habe irgendwelche Drogen genommen, wahrscheinlich war es Haschtee, den sie da trank und nahm sich vor, ihren Coach hinsichtlich Rauschgift durchleuchten zu lassen.
«Nein, darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Solche Fragen stellen eigentlich nur Leute, die dafür bezahlt werden, Philosophen, Schriftsteller oder aber Verlierer, die eh nichts anderes zu tun haben, nicht zu vergessen dubiose Heilsbringer und Scharlatane, die andere Menschen mit solchen Ideen infizieren, um sie bei nächster Gelegenheit bis aufs Hemd auszuziehen, bildlich gesehen natürlich.»
Hasso von Blucher nahm nun kein Blatt mehr vor den Mund, der Abend war sowieso gelaufen und an Sex, auf den er nach Wochen bitterer Enthaltsamkeit gehofft hatte, war nicht mehr zu denken.
«Wie du meinst.» Marianna erhob sich demonstrativ und verließ ihn, über die Schulter rief sie noch: «Du wirst schon sehen, was du davon hast, ich will mich auf jeden Fall weiterentwickeln, bleib, was du bist und lass mich in Ruhe. »
«Du vergisst wohl, von welchem Geld du lebst!»
«Ach, schieb dir dein doofes Geld in den Arsch, das macht mich nicht glücklich, ich habe ein anderes Leben kennengelernt!» Die Tür flog mit einem lauten Knall ins Schloss.
Exakt eine Woche später, den fatalen Abend hatte er bereits unter der Rubrik Rückfall in alte Gewohnheiten abgelegt und mit dem Gedanken gespielt seiner Frau ein weiteres Coaching zu spendieren, erfolgte der nächste Angriff auf die Sicherheit seiner Existenz.
Wieder sah sie ihn an, ernst, beinahe feierlich, dieses unwirkliche Lächeln in den Augenwinkeln und öffnete den Mund: «Ich muss mich selbst finden, mich erfahren, ich will meine wahre Bestimmung erkennen und mache meinen ersten Schritt zur universellen Selbsterkenntnis. Ich werde einige Zeit bei den Aborigines verbringen.»
Das kam überraschend, wie aus heiterem Himmel, ein Schlag in die Magengrube, aber es wäre gerade noch zu verkraften gewesen, als exzentrische Marotte einer frustrierten Hausfrau, inspiriert vom Vorbild amerikanischer Serienheldinnen, doch was dann kam, glich einem brutalen Tritt ins Gemächt.
Sie erklärte ihm ohne Umschweife, noch immer ein Lächeln im Gesicht, das ihm nun wie eine zynische Fratze schien: «Ich werde die Reise zur Erkenntnis ohne dich antreten und komme auch nicht zu dir zurück, weil du ein eiskalter, gefühlloser Mensch bist, ohne Herz und Emotionen und die Jahre an deiner Seite sind nur zu einem gut gewesen, nämlich zu erkennen, dass dies nicht das Leben ist, welches ich wirklich führen wollte.»
Er saß da. Wie von Donner gerührt. In seinem Schädel rasten Gedanken, bis im schwindelig wurde: «Und wovon willst du das alles bezahlen? Von meinem Geld? Ich müsste ein Idiot sein! Und dann kommt irgend so ein Gurutyp, der sein ganzes verdammtes, nutzloses Leben vom Geld anderer Leute finanziert hat und legt dich flach.»
Er schäumte vor Wut und hat er diese Typen nicht schon immer gehasst, in der Schule, später, während des Studiums, diese Kerle, die durchs Leben schweben, den Eindruck erwecken, als wäre alles nur ein großes Spiel, gelenkt von kosmischen Mächten, immer einen klugen Spruch auf den Lippen, um die Frauen ins Bett zu kriegen?