Vivaldi für den Marder - Jutta Over - E-Book

Vivaldi für den Marder E-Book

Jutta Over

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Beschreibung

Ist klassische Musik geeignet, um einen Marder vom Dachboden zu vertreiben? Wie halten Hühner es mit der Geschlechtsidentität? Und warum sirren Mücken? Die Biologin und Lyrikerin Jutta Over hat in diesem Band erstmals einige Kurzgeschichten zusammengestellt. Augenzwinkernd berichtet sie von ihren Erlebnissen mit Menschen, Tieren und Pflanzen. Eine Auswahl an sprachspielerisch interessanten Gedichten sorgt zusätzlich für Abwechslung. Dabei geht es auch um Tischsitten, um Weiberfastnacht und um einen Lyrikwettbewerb. Fantasie und Humor sind die gemeinsamen Nenner der Texte in diesem fünften Band der Autorin. Der Frankfurter Künstler Peter Hauff hat dazu zauberhafte Aquarelle angefertigt, die in ihrem Einfallsreichtum den Geschichten und Gedichten in keiner Weise nachstehen.

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Seitenzahl: 54

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Inhaltsverzeichnis

Mensch und Tier

Speisen mit Meisen

Der Naturgärtner

Diverses vom Hühnerhof

Vivaldi für den Marder

Unwiderstehlich

Ogge Nunu kecke

Jungfer Gudrun

Selber schuld

Tierisch geschüttelt

Rabenschwarz

Der Eyjafjallajökull streute

Immer frisch

Katzenmusik

Eitel

Der Reim heiligt die Mittel

Noch mehr Biologisches

Warum sirren Mücken?

Warum die Wespen Grillfleisch mögen

Ameisenlöwentrichtergedicht

Krabbengang

Wie alt ist mein Baumfreund?

Die Teufelsschlinge

Timelapse im Treibhaus

Tischsitten

Aus Tafelei wird Tortur

Tischsitten

ABC-Delikatessen

Das A&O vom Sofa

Die Sirenen

Die Sirenen

Weiberfastnacht

In den Raunächten

Hochschwarzwälder Moritat

Fremdsehen

Ich hasse Hallenbäder

Baustellen

Preiswürdig

Der Lyrikwettbewerb

Der Lyrikwettbewerb

Nichts

Reklamation für den Montag

Rückrufaktion

A sagen

Nachbemerkungen

Die Autorin

Die Illustratoren

Mensch und Tier

Speisen mit Meisen

Schwalben sind bereits verreist,

Pfützen manchmal schon vereist,

Meisenweisen sind vertagt,

Meisenspeisen angesagt –

beispielsweise Meisenringe.

Müllers kaufen solche Dinge.

Meisen schnabulieren munter,

was nicht mundet, fällt herunter

und ins Saatgestöber sinken

scharenweise bunte Finken.

Gleich entwickelt sich ein Streit

um die krosse Kornmahlzeit.

Durch die Büsche bahnt sich leise

Kater Nathan eine Schneise.

Schleichend soll es ihm gelingen,

einen Finken zu verschlingen.

Hinterm Fenster sieht man Müllers

Müsli in die Schüsseln füllen.

Sie bemerken die Bewegung

und geraten in Erregung.

Wild schwenkt Müller um die Wette

mit der Gattin die Serviette.

Kater Nathan, wahrlich weise,

denkt nur: "Müllers hab'n 'ne Meise!"

Vögel halten die Servietten

schlicht für Vogelsilhouetten.

Ach, wie können nun die beiden

noch den Finkenmord vermeiden?!

Nathansbraten! Nah und näher

kommt der Kater! Eichelhäher

Frühaufsteher, kluger Späher,

klar erkennt er die Gefahr,

krächzt sehr schräg und – wunderbar –

auf das Zeichen fliegen flink

alle Vögel hoch zum Ring.

Nur der Kater ist beleidigt

und entfernt sich sehr geschmeidig.

Oftmals gibt es noch Debakel

rund ums Meisenringspektakel.

Sperber, Krähen, Nachbars Hahn,

einmal gar ein Jagdfasen.

Vogelfutter ist nicht teuer,

Frühstück wird zum Abenteuer.

Der Naturgärtner

für Ernst Naschke

Ein Naturgärtner, das ist einer ...

…der im März schon die Schwalben vermisst

der die Zitterspinnen in der Zimmermitte vergisst

der hofft, dass sein Hopfen ein Weibchen ist

und der seinen Giersch

zwar ausreißt, aber auch isst.

...der für die Vogelmiere Schmiere steht,

wenn sie durchs Gemüse geht,

der den Löwenzahn nicht verflucht,

sondern für den Salat sucht,

der den Blattläusen vergibt

und dem Maulwurf keinen Riegel vorschiebt,

der die Goldaugen winters im Speicher verschont,

wo seine Fledermaus wohnt.

…einer,

der den Kröten einen Tunnel gräbt

und den Mauersegler auf die Himmelsleiter hebt

und der weiß,

dass die Kupferglucke keine Frühstückseier legt,

dass die Grasmücke nicht sticht

und der Steinbrech nicht sein Haus zerbricht.

Und wenn er seine Sträucher lichtet

schichtet er dem Zaunkönig ein Reisigschloss auf,

denn der Garten ist ihm kein Zweigvertreib.

Der Naturgärtner, das ist einer, der weiß,

zwischen Leberblümchen und Milzkraut

passt immer noch ‘n Pilz,

wenn der auch keinen Pfifferling wert ist.

Und während andere stöhnen:

"Was mach ich bloß gegen Moos",

denkt er, auch Moos kommt aus Mutter Erdes Schoß.

Der Naturgärtner ist einer,

der die Raupen in den Nesseln sitzen lässt

und in großen Kesseln

für seine Rosen einen Zaubertrank braut,

während das Rotkehlchen zuschaut

und ihm nichts Böses zutraut.

... der über seinen Teich keine Stolperschnüre spannt,

sondern das dem Altweibersommer überlässt

von Halm zu Halm,

zwischen Schwertlilie und Wasserpest

und wenn der Reiher mal am Ufer steht,

ihm aus dem Wege geht.

Der Naturgärtner, das ist einer,

bei dem sich keiner mehr wundert,

wenn er jeden Hundertfüßer mit Handschlag begrüßt,

wenn er Frösche küsst,

über Seerosenblätter schreitet,

ein Picknick für Ameisenlöwen bereitet,

dem Waldkauz das Du anbietet

und zu Weihnachten Honigtau eintütet.

Das Geißblatt nennt er Sugetittken und baut

Nachtkerzenhalter für den Falter und seine Braut

und von seinem alten Hollerbusch weiß er,

dass Altern Reifen heißt,

wenn im Garten die Materie kreist.

Garten heißt Warten, weiß er auch,

denn er ist einer,

der nicht nur

Maus und Laus

Schnecke und Schrecke

Specht und Weberknecht

Fink und Winterling,

Narzisse und Hornisse,

Espe und Wespe,

Fliege und Himmelsziege,

sondern auch dich und mich

in seinem Garten empfängt

mit offenen Armen!

Diverses vom Hühnerhof

In unserer kleinen Hühnerschar gab es einen stattlichen Hahn. Er war von der aggressiven Sorte, und zwar so, dass unsere Nachbarin sich nur mit einer Forke bewaffnet in den Auslauf traute, wenn sie in den Ferien die Fütterung übernahm. Nun hatten unsere Hennen einige Küken ausgebrütet, zwei davon entwickelten sich zu Junghähnen. Die fingen irgendwann an zu krähen – wenn man die schrägen Laute dieser Pubertiere denn als Krähen bezeichnen konnte - wohl in der Hoffnung, ihren Vater und Chef zu beeindrucken. Ein fataler Irrtum, denn statt Anerkennung setzte es nur Schnabelhiebe. Da diese Kämpfe immer blutiger wurden, entschieden wir uns irgendwann, den Haupthahn aus der Schar zu entfernen. Er war einfach zu dreist geworden. Die beiden Söhne sollten ruhig um die Nachfolge als König der Hennen streiten. Das taten die drei dann auch. Ja, Sie haben richtig gelesen, drei! Nach einigen Tagen stellten wir nämlich verblüfft fest, dass sich drei Junghähne im Auslauf befanden. Einer der Jünglinge hatte sich offenbar bisher als Huhn getarnt. Er hatte einfach keine sekundären Geschlechtsmerkmale wie Hahnenkamm und lange Schwanzfedern entwickelt. Sozusagen ein Transvestit aus Selbstschutz, um nicht vom Chef fertig gemacht zu werden. Nun, da der Tyrann nicht mehr lebte, konnte er sich endlich als Mann outen.

Die drei Jungs einigten sich mehr oder weniger unblutig auf einen neuen Chef und dieser war ein liebenswürdiges Tier. Er war handzahm gegenüber kleinen und großen Menschen und ließ den Hennen beim Picken stets den Vortritt, während er aufgeregt nickend auf das Futter wies. Sein einziger Nachteil war, dass er im Sommer um 4:30 Uhr mit dem Morgenruf begann – viertelstündlich, bis garantiert alle wach waren. Wir haben es dennoch nie übers Herz gebracht, ihn zu schlachten und so überlebte er alle anderen Hähne um etliche Jahre. Zum Schluss war er Pflegestufe 3. Wir mussten ihm dreimal täglich wieder auf die verschorften Beine helfen, wenn er das Gleichgewicht verloren hatte und seitlich in eine von den Hühnern etwas tiefer ausgescharrte Kuhle gefallen war. Nun ruht er unter dem Hollerbusch. Und ich schlafe endlich bis zu menschenüblichen Zeiten durch.