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Sprachkünstler und Querdenker „1. Kapitel – in dem Trubschacher das Aktionsbündnis Fahrlässiger Hypochonder (AFH) gründet und jeden Cent umdreht in der Hoffnung, darunter vielleicht doch noch einen Pfennig zu finden.“ Mit Trubschacher, einen Mann, der keinen Lebenslauf hat, sondern an ihm teilnimmt, stellt Heinz Rudolf Kunze sich ein Alter Ego an die Seite, um die Welt ganz anders, gebrochen, verquer zu erfahren. Bei Trubschacher/ Kunze ist – beinahe – alles möglich: Geld denkt, Bob Dylan und Miles Davis machen einen Ausflug, und Lady Di ist noch am Leben. Die Themen der beiden sind vielfältig: Musik, Philosophie, Eltern und Kindheit – und der Alltag in all seinen Tiefen und Untiefen. Ein Buch wie Kunze selbst: einzigartig, gewagt und immer originell.
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Seitenzahl: 326
Heinz Rudolf Kunze
Vor Gebrauch schütteln
Kein Roman
ISBN E-Pub 978-3-8412-0335-9
ISBN PDF 978-3-8412-2335-7
ISBN Printausgabe 978-3-351-03363-7
Aufbau Digital,
veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, September 2011
© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin
Die Originalausgabe erschien 2011 bei Aufbau, einer Marke der Aufbau
Verlag GmbH & Co. KG
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Inhaltsübersicht
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Impressum
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
Solange Rainald Goetz...
Die Älteren unter...
Fußnote
|5|»So ist das Leben«, sagte McDunn. »Immer wartet einer auf einen anderen, der nie wiederkommt. Immer liebt einer irgendetwas mehr, als dieses Etwas ihn liebt. Und nach einer Weile möchtest du es zerstören, ganz gleich, was es ist, damit es dich nicht länger quälen kann.«
Ray Bradbury
Da nun nicht der Umsturz eines Bestehenden mein Zweck ist, sondern meine Erhebung darüber, so ist meine Absicht und Tat keine politische oder soziale, sondern, als allein auf Mich und meine Eigenheit gerichtet, eine egoistische.
Max Stirner
All dies muß als etwas betrachtet werden, was von einer Romanperson gesagt wird.
Roland Barthes
Wie sonderbar, daß unsere Rationalität sich schon zufriedengibt, wenn wir für die erste beste Erklärung optieren, obwohl doch in Wirklichkeit das Wissenschaftliche wie das Übernatürliche, das Wunder des Muskels wie das Wunder des Geistes, BEIDE unerklärlich sind wie alle Wege Unseres Herrn.
Vladimir Nabokov
Freudenhaus und Schlachthaus und im Hintergrund die Kapelle, in der ein vereinsamter Papst die Hände ringt.
Karl Kraus
in dem Trubschacher das Aktionsbündnis Fahrlässiger Hypochonder (AFH) gründet und jeden Cent umdreht in der Hoffnung, darunter vielleicht doch noch einen Pfennig zu finden.
in dem es Trubschacher gelingt, sich zu entmaterialisieren, um in einem Spielfilm aus den 50er Jahren aufzutauchen und den jugendlichen Heinz Drache zu heiraten, und in dem er niemandem erzählt, daß er unter dem Decknamen Humus für einen Geheimdienst arbeiten wird, den es noch gar nicht gibt.
in dem Trubschacher gewahr wird, daß er einen Feind hat (und der im Gegensatz zu ihm auch einen Vornamen): Hartmut Eitl. Aber er löst das Problem, indem er sich mit Eitl darauf verständigt, gemeinsam Hans Henny Jahnns »Holzschiff« zu lesen und ein dem entsprechendes Liebesparadox zu bilden, woraufhin sie leben werden, bis sie dereinst mal gestorben sind.
|11|Solange Rainald Goetz immer noch zwei Jahre älter ist als ich, bleibt alles in Ordnung.
Schwierig wird es, wenn er vor mir stirbt.
Der Profikoch, der das Essen des Kandidaten in der Kochshow kosten muß, schneidet sich ein Stück Fleisch ab. Dabei wackelt der Teller. Der Kandidat ist durchgefallen.
Dabei sah zumindest der Kartoffelbrei mit seiner Garnierung aus gerösteten Zwiebeln köstlich aus. Finde ich. Aber ich habe ja nichts zu sagen.
Wenn der Koch beim Kauen nickt, schmeckt ihm das Essen. Wenn er beim Kauen den Kopf schüttelt, nicht. Der Kandidat verdreht gelangweilt die Augen nach oben. Angeödet geradezu. Angewidert!
Ab jetzt sendet das Zweite Deutsche Fernsehen jeden Abend nach den HEUTE-NACHRICHTEN ein ZDF SPEZIAL. Einfach so. Auf Verdacht. Auch wenn nichts passiert ist.
Die nachfolgenden Sendungen verschieben sich um zwanzig Minuten.
Freundliche Gesichter haben immer etwas Dummes an sich. Warum? Oder ist das nur bei mir so?
Froh zu sein bedarf es wenig.
Aber finde das erst mal.
|12|Deine Rede sei: So so, la la.
Wahnsinnig werden ist schön. Muß schön sein.
Als Kind habe ich mich immer davor geekelt, an der Schultafel bunte Kreide in die Hand nehmen zu müssen. Die Farbe ging kaum wieder ab von den Fingern.
Einmal stand ich betrunken auf einem Bahnsteig. Plötzlich bemerkte ich, daß neben mir ein Dichter stand, dessen Arbeit ich sehr schätzte, ja ich beneidete ihn um seine Kunst. Lallend gab ich ihm zu verstehen, daß ich aber erfolgreicher war als er. Dafür schäme ich mich heute noch.
Man kann alles auch einfacher sagen.
Nein. Nichts kann man einfacher sagen.
Wenn mir nichts mehr einfällt, was ich meinem Hund auf unseren Runden erzählen könnte, geht es mit einem von uns beiden zu Ende.
Jahrzehntelang habe ich nicht gewußt, daß ich Zimt mag. All die Zeit mochte ich etwas und wußte nicht, daß es Zimt ist.
Seit drei Wochen liegt Schnee. Draußen war es still, totenstill. Heute kann man plötzlich wieder die Autobahn hören. Dabei ist der Schnee nicht weniger geworden!
Ich weiß nicht, was ich will. Ich will nur, was mir zusteht. Aber was mir zusteht, weiß ich nicht.
Manchmal bin ich so traurig, daß ich den Wasserhahn aufdrehe und gleich wieder zu.
|13|Die Älteren unter Ihnen werden sich erinnern, sagt der Mann mit einem Grinsen, das Kumpanei erzeugen soll. Wir schauen ihn verständnislos an. Er muß wohl die Toten in der Erde meinen.
Der Kommissar fragt den Verdächtigen bei der Vernehmung: Wo werden Sie übermorgen abend zwischen einundzwanzig Uhr dreißig und dreiundzwanzig Uhr sein? Und: werden Sie dafür Zeugen haben?
Wenn man nichts zu atmen hat, möchte man nicht wissen, wie lang eine Minute ist.
Eigentlich ein schönes Wort: Luftgewehr. Man will gar nicht wissen, wie das Ding funktioniert.
So richtig es ist, verdiente Kameraden für das in der Kampfzeit Geleistete zu belohnen, so wichtig ist es aber auch, sie nicht auf Positionen zu setzen, die ihren Fähigkeiten nicht entsprechen. Im Taumel des Triumphes über das Erreichte wird leicht vergessen, wie stark der Widerstand oder zumindest die Vorbehalte gegen unsere Ideen in breiten Teilen der Bevölkerung nach wie vor ist beziehungsweise sind.
Der Ausdruck »eine gute Freundin« ist blödsinnig. Was soll er anderes besagen als: eine Freundin? Eine schlechte Freundin kann es ja wohl nicht geben. Jedenfalls, eine Freundin von mir wird diese Woche an einem Donnerstag begraben. Plötzliche |14|Empfindung: Der Wochentag für Begräbnisse ist der Donnerstag.
(Und wenn man von einer »schlechten Freundin« spricht, will man bestimmt irgendwas verquollen Witziges sagen. Die paradoxe Dichterfalle.)
Menschen, die mir vorschreiben und vorsagen wollen, wie ich zu schreiben und zu sprechen habe, könnte ich töten. Negerkuß! Negerkuß! Negerkuß!
Wenn ich jetzt, älter geworden, einen Zugang zur Mathematik fände: Wäre das ein Verrat an meiner Jugend? Ja. Nein.
Ja.
Das Rollo, das beim Nachbarn auch heute morgen wie schon seit Tagen nicht hochgeht, ist nur die nicht vom Baum aufflatternde Taube.
SINN UND FORM. Die wunderbarste deutsche Überschrift. Und das Gegenteil dessen, was die Journalistenproleten heute schon auf der ersten Seite jeder Tageszeitung verunstalten.
Es interessiert mich nicht, ob es Dich interessiert.
Ein Musiker, der in seinem Leben 20, 30, vielleicht 40 oder mehr Alben aufnimmt, darf wohl nicht erwarten, daß »seine« Hörer jedes davon kaufen oder hören. Aber darüber traurig sein darf er schon.
Ein dicker Mann auf dem Beifahrersitz eines TOYOTA COROLLA reibt seinen Wanst, als könne er dadurch einen Flaschengeist zum Erscheinen bringen. Ein alter Mann ist bei laufendem Motor hinter dem Steuer eines OPEL ASTRA eingeschlafen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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