Walter Benjamin: Protokolle zu Drogenversuchen - Walter Benjamin - E-Book

Walter Benjamin: Protokolle zu Drogenversuchen E-Book

Walter Benjamin

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Beschreibung

Walter Benjamins 'Protokolle zu Drogenversuchen' ist ein faszinierendes Werk, das sich mit den Experimenten des Autors mit verschiedenen Drogen auseinandersetzt. Benjamin, ein bedeutender Denker des 20. Jahrhunderts, eröffnet in diesem Buch einen neuen Blick auf die Beziehung zwischen Rausch, Kreativität und Wahrnehmung. Sein literarischer Stil ist präzise und reflektiert, wobei er philosophische Ideen und persönliche Erfahrungen auf einzigartige Weise verwebt. Das Werk steht im Kontext von Benjamins Gesamtwerk und zeigt seine vielschichtige Herangehensweise an gesellschaftliche Fragen und individuelle Erfahrungen. Der Leser taucht ein in eine Welt des Rausches und der Selbstreflexion, die zum Nachdenken über die Grenzen des eigenen Bewusstseins anregt. Walter Benjamin, als prominenter Intellektueller seiner Zeit, war nicht nur ein Forscher und Schriftsteller, sondern auch ein experimentierfreudiger Geist, der sich intensiv mit den Auswirkungen von Drogen auf den menschlichen Geist beschäftigte. Seine Schriften über dieses Thema bieten einen einzigartigen Einblick in seine persönlichen Überlegungen und Forschungen. 'Protokolle zu Drogenversuchen' ist ein Buch für Leser, die an philosophischen Diskursen, psychologischen Studien und der Erforschung der menschlichen Existenz interessiert sind. Es bietet einen mutigen und ehrlichen Einblick in einen facettenreichen Denker und seine unkonventionellen Experimente, die weiterhin relevante Fragen über Bewusstsein und Wirklichkeit aufwerfen.

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Walter Benjamin

Walter Benjamin: Protokolle zu Drogenversuchen

Hauptzüge Der Ersten & Zweiten Haschisch-Impressionen + Protokoll Des Haschischversuchs + Haschisch + Crocknotizen + Protokoll Des Meskalinversuchs (Mit 3 Illustrationen)

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1692-5

Inhaltsverzeichnis

HAUPTZÜGE DER ERSTEN HASCHISCH-IMPRESSION
HAUPTZÜGE DER ZWEITEN HASCHISCH-IMPRESSION
PROTOKOLL DES HASCHISCHVERSUCHS VOM 11. MAI 1928
HASCHISCH
CROCKNOTIZEN
FRITZ FRÄNKEL: PROTOKOLL DES MESKALINVERSUCHS VOM 22. MAI 1934

Protokolle zu Drogenversuchen

HAUPTZÜGE DER ERSTEN HASCHISCH-IMPRESSION

Inhaltsverzeichnis

Geschrieben 18 Dezember 1927. 3½ Uhr früh

1) Geister schweben (vignettenhaft) hinter der rechten Schulter. Kühle in dieser Schulter. In diesem Zusammenhang: »Ich habe das Gefühl, daß außer mir 4 im Zimmer sind.« (Umgehung der Notwendigkeit sich mitzuzählen.)

2) Erläuterung der Potemkinanekdote durch die Erklärung: Suggestion sei: einem die Maske (des eignen Gesichts id est des Vorzeigenden) vorzuzeigen.

3) Verschrobene Äußerung über Äthermaske, die (selbstverständlich) auch Mund, Nase etc. habe.

4) Die beiden Koordinaten durch die Wohnung: Keller – Boden/ Horizontale. Große horizontale Dehnung der Wohnung. Zimmerflucht, aus der die Musik kommt. Aber vielleicht auch Schrecken des Korridors.

5) Unbegrenztes Wohlwollen. Versagen der zwangsneurotischen Angstkomplexe. Die Sphäre »Charakter« tut sich auf. Alle Anwesenden irisieren ins Komische. Zugleich durchdringt man sich mit ihrer Aura.

6) Das Komische wird nicht nur aus Gesichtern, auch aus Vorgängen herausgeholt. Man sucht Anlaß zum Gelächter. Vielleicht stellt sich auch nur darum so vieles, was man sieht, als »arrangiert«, als »Versuch« dar: damit man darüber lachen kann.

7) Dichterische Evidenzen ins Lautliche: ich stelle an einer Stelle die Behauptung auf, eben hätte ich in der Antwort auf eine Frage das Wort lange Zeit nur durch (sozusagen) die Wahrnehmung einer langen Zeit in dem Lautbestand der beiden Worte gebraucht. Ich empfinde das als dichterische Evidenz.

8) Zusammenhang; Distinktion. Man fühlt im Lächeln sich kleine Flügel wachsen. Lächeln und flattern als verwandt. Man hat das Gefühl der Distingiertheit u. a. weil man sich so vorkommt, als lasse man im Grunde in nichts sich zu tief ein: bewege, wie tief man auch dringe, sich immer auf einer Schwelle. Art Spitzentanz der Vernunft.

9) Es fällt einem sehr auf, in wie langen Sätzen man spricht. Auch dies mit horizontaler Ausdehnung und (wohl) mit Gelächter zusammenhängend. Das Passagenphänomen ist auch die lange horizontale Erstreckung, vielleicht kombiniert mit Abflucht in die ferne flüchtigwerdende, winzige Perspektive. In solcher Winzigkeit läge ein Verbindendes von der Vorstellung der Passage mit dem Lachen. (Vgl. Trauerspielbuch: verkleinernde Macht der Reflexion.)

10) Ganz flüchtig taucht in einem Augenblick des Insichgekehrtseins so etwas wie eine Neigung auf, sich selber, seinen Körper zu stilisieren.

11) Unlust zu Auskunft. Rudimente von einem Zustande von Entrücktheit. Große Empfindlichkeit gegen offne Türen, lautes Reden, Musik.

12) Gefühl, Poe jetzt viel besser zu verstehen. Die Eingangstore zu einer Welt des Grotesken scheinen aufzugehen. Ich wollte nur nicht hereintreten.

13) Ofenröhre wird Katze. Beim Worte Ingwer ist anstelle des Schreibtisches plötzlich eine Fruchtbude da, in der ich sofort darauf den Schreibtisch wiedererkenne. Ich erinnerte an 1001 Nacht.

14) Unlustig und schwerfällig den Gedanken anderer zu folgen.

15) Man hat den Ort, den man im Zimmer einnimmt nicht ganz so fest inne wie sonst. So kann einem plötzlich – mir ging es ganz flüchtig so – das ganze Zimmer voll Menschen vorkommen.

16) Die Leute, mit denen man zu tun hat (insbesondere Joël und Fränkel) sind sehr geneigt, sich etwas zu verwandeln, nicht fremd möchte ich sagen zu werden, nicht vertraut zu bleiben sondern so etwas wie Fremden ähnlich zu sehen.

17) Mir schien: ausgesprochene Unlust, mich über Dinge des praktischen Lebens, Zukunft, Daten, Politik zu unterhalten. Man ist an die intellektuale Sphäre gebannt wie manchmal Besessene auf die sexuelle, ist von ihr angesaugt.

18) Nachher mit Hessel im Cafe kleiner Abschied von der Geisterwelt. Winken.

19) Das Mißtrauen gegen Essen. Ein besonderer und sehr akzentuierter Fall des Gefühls, was man bei vielem hat: »Das ist doch nicht dein Ernst, daß du so aussiehst!«

20) F's Schreibtisch verwandelt sich als er von »Ingwer« spricht für eine Sekunde in eine Bude mit Früchten.

21) Mit dem Gelächter bringe ich in Zusammenhang das außerordentliche Meinungsschwanken. Es hängt, genauer gesagt, unter anderm mit der großen Detachiertheit zusammen. Ferner ist diese Unsicherheit, die möglicherweise bis zur Affektation geht, gewissermaßen eine Projektion des inneren Kitzelgefühls nach außen.

22) Auffallend ist, daß man Hemmungsgründe, die im Aberglauben etc. liegen und die man sonst nicht leicht benennt ziemlich impulsiv ohne starken Widerstand frei heraussagt.

In einer schillerschen Elegie heißt es »Des Schmetterlings zweifelnder Flügel.« Dieses zum Zusammenhange des Beschwingtseins mit dem Gefühl des Zweifels.

23) Man geht die gleichen Wege des Denkens wie vorher. Nur sie scheinen mit Rosen bestreut.

HAUPTZÜGE DER ZWEITEN HASCHISCH-IMPRESSION

Inhaltsverzeichnis

Geschrieben 15 Januar 1928 nachmittags ½ 4

Die Erinnerung ist weniger reich, trotzdem die Versunkenheit eine geringere als beim vorigen Mal war. Ich war, genau gesagt, weniger versunken, aber tiefer drinnen.

Auch haften in der Erinnerung mehr die trüben, fremdartigen, exotischen Partien des Rausches als die lichten. Ich erinnere mich an eine satanische Phase. Das rot der Wände wurde bestimmend für mich. Mein Lächeln nahm satanische Züge: wenn auch mehr den Ausdruck satanischen Wissens, satanischen Genügens, satanischen Ruhens an als den satanischen, zerstörenden Wirkens. Das Eingelassensein der Anwesenden in den Raum steigerte sich; der Raum wurde samtner, flammender, dunkler. Ich nannte den Namen Delacroix.

Die zweite ganz starke Wahrnehmung war das Spiel mit dem Nebenzimmer. Man beginnt überhaupt mit Räumen zu spielen. Es entstehen Verführungen des Orientierungssinnes. Was man im wachen Zustande aber nur an der sehr unangenehmen Verschiebung kennt, die man willkürlich hervorruft indem man nachts in einem Zuge auf dem Rücksitz fahrend sich einbildet man fahre auf dem Vordersitz oder umgekehrt, das läßt sich aus der Bewegung ins Statische übersetzt hier als Verführung erfahren.

Der Raum verkleidet sich vor uns nimmt wie ein lockendes Wesen die Kostüme der Stimmungen um. Ich erfahre das Gefühl, nebenan im Zimmer könnte sowohl die Kaiserkrönung Karls des Großen wie die Ermordung Heinrichs des IV, die Unterzeichnung des Vertrages von Verdun und die Ermordung Egmonts sich abgespielt haben. Die Dinge sind nur Mannequins und selbst die großen welthistorischen Momente sind nur Kostüme unter denen sie die Blicke des Einverständnisses mit dem Nichts, dem Niedrigen und Banalen tauschen. Sie erwidern dem zweideutigen Zwinkern von Nirwana herüber.

In dieses Einverständnis garnicht hineinbezogen zu sein, das macht dann das »satanische Genügen« aus, von dem die Rede war. Hier ist auch die Wurzel der Sucht, die Mitwisserschaft mit dem Nichtsein grenzenlos zu vertiefen durch Steigerung der Dosis.

Vielleicht ist es keine Selbsttäuschung zu sagen, daß man in diesem Zustand eine Abneigung gegen den freien sozusagen uranischen Luftraum bekommt, der den Gedanken des »Draußen« beinah zur Qual werden läßt. Es ist nicht mehr, wie voriges Mal, das freundliche gesellige Verweilen im Raum aus Freude an der Situation wie sie ist sondern ein dichtes sich eingewebt sich eingesponnen haben, ein Spinnennetz in dem das Weltgeschehen verstreut wie ausgesogene Insektenleiber herumhängt. Von dieser Höhle will man sich nicht trennen. Hier bilden sich auch Rudimente eines unfreundlichen Verhaltens gegen die Anwesenden, Angst, daß sie einen stören, herauszerren könnten.