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Liebe, Verwechslungen und Streiche: in dieser romantischen Komödie herrscht ganz schönes Durcheinander! Im Mittelpunkt steht Viola, die gerade ein Schiffsunglück überlebt hat. Mangels anderer Optionen verkleidet sie sich als Mann und stellt sich in den Dienst des Herzogs Orsino. Dieser will die Gunst der schönen Olivia gewinnen – doch dann entwickelt sich zwischen den beiden und der verkleideten Viola eine komplizierte Dreiecksbeziehung. Olivias Familie und Angestellte verfolgen unterdessen eigene Pläne, die zusätzliche Verwirrung stiften. Können alle Irrtümer am Ende aufgeklärt werden?-
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Seitenzahl: 108
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William Shakespeare
Übersezt von August Wilhelm von Schlegel
Saga
Was ihr wollt
Übersezt von August Wilhelm von Schlegel
Titel der Originalausgabe: Twelfth Night
Originalsprache: dem Englischen
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1766, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726885989
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
www.sagaegmont.com
Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com
Ein Zimmer im Palaste des Herzogs.
Der Herzog, Curio und Herren vom Hofe.
Musikanten im Hintergrunde.
HERZOG.
Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist,
Spielt weiter! Gebt mir volles Maß! daß so
Die übersatte Lust erkrank' und sterbe. –
Die Weise noch einmal! – Sie starb so hin;
Oh, sie beschlich mein Ohr, dem Weste gleich,
Der auf ein Veilchenbette lieblich haucht,
Und Düfte stiehlt und gibt. – Genug! nicht mehr!
Es ist mir nun so süß nicht, wie vorher.
O Geist der Lieb', wie bist du reg' und frisch!
Nimmt schon dein Umfang alles in sich auf,
Gleich wie die See, nichts kommt in ihn hinein,
Wie stark, wie überschwenglich es auch sei,
Das nicht herabgesetzt im Preise fiele
In einem Wink! So voll von Phantasien
Ist Liebe, daß nur sie phantastisch ist.
CURIO.
Wollt Ihr nicht jagen, gnäd'ger Herr?
HERZOG.
Was, Curio?
CURIO.
Den Hirsch.
HERZOG.
Das tu' ich ja, den edelsten, der mein.
Oh, da zuerst mein Aug' Olivien sah,
Schien mir die Luft durch ihren Hauch gereinigt;
Den Augenblick werd' ich zu einem Hirsch,
Und die Begierden, wie ergrimmte Hunde,
Verfolgen mich seitdem.
Valentin kommt.
Nun wohl, was sagt sie?
VALENTIN.
Verzeiht, mein Fürst, ich ward nicht vorgelassen,
Ihr Mädchen gab mir dies zur Antwort nur:
Der Himmel selbst, bis sieben Jahr verglüht,
Soll ihr Gesicht nicht ohne Hülle schaun;
Sie will wie eine Nonn' im Schleier gehn
Und einmal Tags ihr Zimmer rings benetzen
Mit augenschmerzendem gesalznem Naß:
All dies, um eines Bruders tote Liebe
Zu balsamieren, die sie frisch und dauernd
In traurigem Gedächtnis halten will.
HERZOG.
Oh, sie mit diesem zartgebauten Herzen,
Die schon dem Bruder so viel Liebe zahlt,
Wie wird sie lieben, wenn der goldne Pfeil
Die ganze Schar von Neigungen erlegt,
So in ihr lebt! wenn jene hohen Thronen,
Ihr Haupt und Herz, die holden Trefflichkeiten,
Erfüllt sind und bewohnt von einem Herrn!
Eilt mir voran auf zarte Blumenmatten!
Süß träumt die Liebe, wenn sie Laubenschatten.
Alle ab.
Eine Straße.
Viola, ein Schiffshauptmann und Matrosen treten auf.
VIOLA.
Welch Land ist dies, ihr Freunde?
SCHIFFSHAUPTMANN.
Illyrien, Fräulein.
VIOLA.
Und was soll ich nun in Illyrien machen?
Mein Bruder ist ja in Elysium.
Doch wär' es möglich, daß er nicht ertrank:
Was denkt Ihr, Schiffer?
SCHIFFSHAUPTMAMN.
Kaum war es möglich, daß Ihr selbst entkamt.
VIOLA.
Ach, armer Bruder! – Vielleicht entkam er doch.
SCHIFFSHAUPTMANN.
Ja, Fräulein; und Euch mit »vielleicht« zu trösten.
Versichr' ich Euch: als unser Schiff gescheitert,
Indessen Ihr und dieser arme Haufen,
Mit Euch gerettet, auf dem Boote trieb,
Sah ich, daß Euer Bruder, wohl bedacht
In der Gefahr, an einen starken Mast,
Der auf den Fluten lebte, fest sich band:
Ihm lehrte Mut und Hoffnung dieses Mittel;
Dann, wie Arion auf des Delphins Rücken,
Sah ich ihn Freundschaft mit den Wellen halten,
Solang' ich sehen konnte.
VIOLA.
Hier ist Gold
Für diese Nachricht. Meine eigne Rettung
Zeigt meiner Hoffnung auch für ihn das Gleiche,
Und Eure Red' ist des Bestätigung.
Kennst du dies Land?
SCHIFFSHAUPTMANN.
Ja, Fräulein, sehr genau.
Drei Stunden ist es kaum von diesem Ort,
Wo ich geboren und erzogen bin.
VIOLA.
Und wer regiert hier?
SCHIFFSHAUPTMANN.
Ein edler Herzog von Gemüt und Namen.
VIOLA.
Was ist sein Name?
SCHIFFSHAUPTMANN.
Orsino.
VIOLA.
Orsino! den hört' ich meinen Vater
Wohl nennen; damals war er unvermählt.
SCHIFFSHAUPTMANN.
Das ist er, oder war's vor kurzem noch.
Denn nur vor einem Monat reist' ich ab,
Als eben ein Gerücht lief (wie Ihr wißt,
Was Große tun, beschwatzen gern die Kleinen),
Er werbe um die reizende Olivia.
VIOLA.
Wer ist sie?
SCHIFFSHAUPTMANN.
Ein sittsam Mädchen, eines Grafen Tochter;
Der starb vor einem Jahr, und ließ sie damals
In seines Sohnes, ihres Bruders, Schutz.
Der starb vor kurzem auch; ihn zärtlich liebend
Schwor sie, so sagt man, Anblick und Gesellschaft
Der Männer ab.
VIOLA.
O dient' ich doch dem Fräulein,
Und würde nicht nach meinem Stand der Welt
Verraten, bis ich die Gelegenheit
Selbst hätte reifen lassen!
SCHIFFSHAUPTMANN.
Das wird schwer
Zu machen sein: sie will von keiner Art
Gesuche hören, selbst des Herzogs nicht.
VIOLA.
Du hast ein fein Betragen an dir, Hauptmann,
Und wenn gleich die Natur mit schöner Decke
Oft Gräber übertüncht, bin ich dir doch
Zutraun geneigt, du habest ein Gemüt,
Das wohl zu diesem feinen Anschein paßt.
Ich bitte dich, und will dir's reichlich lohnen,
Verhehle, wer ich bin, und steh mir bei,
Mich zu verkleiden, wie es etwa taugt
Zu meinem Plan. Ich will dem Herzog dienen:
Du sollst als einen Hämling mich empfehlen.
Es lohnt dir wohl die Müh', denn ich kann singen
Und ihn mit allerlei Musik ergötzen,
Bin also sehr geschickt zu seinem Dienst.
Was sonst geschehn mag, wird die Zeit schon zeigen:
Nur richte sich nach meinem Witz dein Schweigen.
SCHIFFSHAUPTMANN.
Seid Ihr sein Hämling, Euer Stummer ich,
Und plaudr' ich aus, so schlage Blindheit mich!
VIOLA.
Nun gut, so führ' mich weiter!
Ab.
Ein Zimmer in Olivias Hause.
Junker Tobias und Maria.
JUNKER TOBIAS. Was zum Henker fällt meiner Nichte ein, daß sie sich den Tod ihres Bruders so anzieht? Es ist ausgemacht, der Gram zehrt am Leben.
MARIA. Auf mein Wort, Junker Tobias, Ihr müßt abends früher zu Hause kommen. Eure Nichte, das gnädige Fräulein, hat viel Einrede gegen Eure unschicklichen Zeiten.
JUNKER TOBIAS. So mag sie beizeiten Einrede tun, hernachmals aber schweigen.
MARIA. Ja, es würde Euch aber besser kleiden, einen ordentlichen Lebenswandel zu führen.
JUNKER TOBIAS. Besser kleiden? Ich brauche mich nicht besser zu kleiden, als ich hier bin. Dieser Rock ist gut genug, um darin zu trinken, diese Stiefeln auch, sonst können sie sich in ihren eignen Riemen aufhängen lassen.
MARIA. Das Bechern und Trinken wird Euch zu Grunde richten. Mein Fräulein sprach noch gestern davon, auch von einem albernen Junker, den Ihr einmal abends als einen Freier für sie mitgebracht habt.
JUNKER TOBIAS. Wen meint Ihr? Junker Christoph von Bleichenwang?
MARIA. Ja, eben den.
JUNKER TOBIAS. Das ist so ein starker Kerl wie einer in ganz Illyrien.
MARIA. Was tut das zur Sache?
JUNKER TOBIAS. Nun, er bringt es im Jahr auf dreitausend Dukaten.
MARIA. Er wird es aber wohl nur auf ein Jahr mit allen seinen Dukaten bringen: er ist ein großer Narr und ein Verschwender.
JUNKER TOBIAS. Pfui, daß Ihr so reden könnt! Er spielt auf der Baßgeige, und spricht drei bis vier Sprachen Wort für Wort aus dem Kopfe, und ist mit vielfältigen guten Naturgaben versehn.
MARIA. Ja wahrhaftig, auch mit einfältigen. Denn bei seiner Narrheit ist er obendrein noch ein großer Zänker, und hätte er nicht die Gabe der Zaghaftigkeit, um seine Zanklust zu dämpfen, so meinen die Vernünftigen, ihm würde bald das Grab zur Gabe werden.
JUNKER TOBIAS. Bei meiner Faust! Schufte und Lügner sind's, die so von ihm reden. Wer sind sie?
MARIA. Dieselbigen, die auch behaupten, daß er sich alle Abend mit Euch betrinkt.
JUNKER TOBIAS. Freilich, auf meiner Nichte Gesundheit. Ich will so lange darauf trinken, als es mir durch die Kehle läuft und Getränk in Illyrien ist. Ein Hase und ein Lumpenhund, wer nicht meiner Nichte zu Ehren trinkt, bis sich sein Gehirn auf einem Beine herumdreht wie ein Kräusel. Still, Mädel! Castiliano volto! denn hier kommt Junker Christoph von Bleichenwang.
Junker Christoph tritt auf.
JUNKER CHRISTOPH. Junker Tobias von Rülp! Wie steht's, Junker Tobias von Rülp?
JUNKER TOBIAS. Herzensjunker Christoph!
JUNKER CHRISTOPH. Gott grüß' Euch, schöne Dirne!
MARIA. Euch ebenfalls, Herr!
JUNKER TOBIAS. Hak' ein, Junker Christoph, hak' ein!
JUNKER CHRISTOPH. Wer ist das?
JUNKER TOBIAS. Meiner Nichte Kammermädchen.
JUNKER CHRISTOPH. Gute Jungfer Hakein, ich wünsche näher mit Euch bekannt zu werden.
MARIA. Mein Name ist Maria, Herr.
JUNKER CHRISTOPH. Gute Jungfer Maria Hakein –
JUNKER TOBIAS. Ihr versteht mich falsch; »hak' ein« heißt: unterhalte sie, wirb um sie, bestürme sie!
JUNKER CHRISTOPH. Auf meine Ehre, ich möchte sie nicht in dieser Gesellschaft vornehmen. Das bedeutet also »hak' ein«?
MARIA. Ich empfehle mich, meine Herren.
JUNKER TOBIAS. Wo du sie so davon gehn läßt, Junker Christoph, so wollt' ich, du dürftest nie wieder den Degen ziehn.
JUNKER CHRISTOPH. Wo Ihr so davon geht, so wollt' ich, ich dürfte nie wieder den Degen ziehn. Schönes Frauenzimmer, denkt Ihr, Ihr hättet Narren am Seile?
MARIA. Nein, ich habe Euch nicht am Seile.
JUNKER CHRISTOPH. Ihr sollt mich aber am Seile haben: hier ist meine Hand.
MARIA. Nun, Herr, Gedanken sind zollfrei: aber mich deucht, Ihr könntet sie immer ein bißchen in den Keller tragen.
JUNKER CHRISTOPH. Wozu, mein Engelchen? Was soll die verblümte Redensart?
MARIA. Sie ist warm, Herr.
JUNKER CHRISTOPH. Nun, ein Mädchen wie Ihr kann einen wohl warm machen.
MARIA. Nein, Ihr habt ein kaltes Herz, das kann ich an den Fingern abzählen.
JUNKER CHRISTOPH. Das tut doch einmal!
MARIA. Ich habe es schon an Euern Fingern abgezählt, daß Ihr keine drei zählen könnt. Nun lasse ich Euch gehn. Ab.
JUNKER TOBIAS. O Junker, du hast ein Fläschchen Sekt nötig! Hab' ich dich jemals so heruntergesehn?
JUNKER CHRISTOPH. In Euerm Leben nicht, glaub' ich, außer wenn mich der Sekt heruntergebracht hat. Mir ist, als hätt' ich manchmal nicht mehr Witz, als ein Christensohn oder ein gewöhnlicher Mensch hat. Aber ich bin ein großer Rindfleischesser, und ich glaube, das tut meinem Witz Schaden.
JUNKER TOBIAS. Keine Frage.
JUNKER CHRISTOPH. Wo ich das dächte, so wollte ich's verschwören. Ich will morgen nach Haus reiten, Junker Tobias.
JUNKER TOBIAS. Pourquoi, Herzensjunker?
JUNKER CHRISTOPH. Was ist pourquoi? Tu's, oder tu's nicht? Ich wollte, ich hätte die Zeit auf die Sprachen gewandt, die mir das Fechten, Tanzen und Fuchsprellen gekostet hat. Ach, hätte ich mich doch auf die Künste gelegt!
JUNKER TOBIAS. Ja, dann hättest du einen stattlichen Kopf mit Haaren gekriegt.
JUNKER CHRISTOPH. Wieso? Wäre mein Haar davon besser geworden?
JUNKER TOBIAS. Ohne Zweifel. Du siehst ja, es will sich von Natur nicht kräuseln.
JUNKER CHRISTOPH. Es steht mir aber doch recht gut? Nicht wahr?
JUNKER TOBIAS. Prächtig! Es hängt wie Flachs auf einem Spinnrocken, und ich hoffe noch zu erleben, daß eine Hausfrau dich zwischen ihre Kniee nimmt und es abspinnt.
JUNKER CHRISTOPH. Wahrhaftig, ich will morgen nach Haus, Junker Tobias. Eure Nichte will sich ja nicht sehn lassen; und wenn auch, es ist zehn gegen eins, daß sie mich nicht will. [Der Graf selbst, hier dicht bei an, freit um sie.]
JUNKER TOBIAS. Sie will den Grafen nicht; sie will keine größere Partie tun, als sie selbst ist, weder an Rang, Jahren, noch Verstand. Das habe ich sie eidlich beteuern hören. Lustig! Es ist noch nicht aus damit, Freund.
JUNKER CHRISTOPH. So will ich einen Monat länger bleiben. Ich bin ein Kerl von der wunderlichsten Gemütsart in der Welt; manchmal weiß ich mir gar keinen bessern Spaß als Maskeraden und Fastnachtsspiele.
JUNKER TOBIAS. Taugst du zu dergleichen Fratzen, Junker?
JUNKER CHRISTOPH. So gut wie irgendeiner in Illyrien, er mag sein was er will, wenn er nicht vornehmer ist als ich.
JUNKER TOBIAS. Wie weit hast du es in der Gaillarde gebracht?
JUNKER CHRISTOPH. Mein' Seel', ich kann eine Kapriole schneiden, und den Katzensprung tu' ich aufs Haar so hoch, als irgendeiner in Illyrien.
JUNKER TOBIAS. Weswegen verbergen sich diese Künste? Weswegen hängt ein Vorhang vor diesen Gaben? Bist du bange, sie möchten staubig werden? Warum gehst du nicht in einer Gaillarde zur Kirche, und kommst in einer Courante nach Hause? Mein beständiger Gang sollte ein Pas à rigaudon sein; ich wollte mein Wasser nicht abschlagen, ohne einen Entrechat zu machen. Was kommt dir ein? Ist dies eine Welt darnach, Tugenden unter den Scheffel zu stellen? Ich dachte wohl, nach dem vortrefflichen Baue deines Beines, es müßte unter dem Gestirn der Gaillarde gebildet sein.