Weihnachtspunsch und Lichterglanz - Rita Roth - E-Book
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Rita Roth

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Beschreibung

Oh, du fröhliche Weihnachtszeit! 

Mit Keksen, Punsch und Lichterglanz wird es kuschelig in der Weihnachtszeit. Wenn da nur nicht immer dieser Stress mit den Geschenken, dem Festessen, der lieben Verwandtschaft und Weihnachtsfeiern wäre!

 

 

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Rita Roth

Weihnachtspunsch und Lichterglanz

Kurzgeschichten zur Weihnachtszeit

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Widmung

Für 

Engelchen und Schutzengel, 

Weihnachtsmänner und Weihnachtsfrauen,

Christkindchen und Nikoläuse.

Und für die kleinen Teufelchen,

die uns immer wieder in Versuchung führen,

denn ohne sie wären die Engel bald arbeitslos.

Engel wider Willen

Christine warf einen Blick in den Spiegel und streckte dem mürrischen Weihnachtsengel, der ihr entgegenblickte die Zunge raus, bis sie lachen musste. Der Weihnachtsengel war ja sie selbst! Mit den plüschigen Flügelchen auf ihrem Rücken, dem mattgoldenen Heiligenschein und dem langen weißen Gewand sah sie aus, als wäre sie direkt vom Himmel auf die Erde gefallen. Das blonde Haar fiel in weichen Wellen bis über ihre Schultern, obenauf wippte ein Heiligenschein, den sie gut festgeklammert hatte, damit er die Fahrt auf dem Schlitten in dieser Nacht unbeschadet überstand. Noch einmal sprach sie sich Mut zu. Es ging nicht anders, da musste sie jetzt wohl durch. Aus tiefstem Herzen verabscheute sie die dienstlich angeordnete Weihnachtsfeier. Christine war ein Engel wider Willen.

 

Zusammen mit der offiziellen Einladung zu dem geselligen Beisammensein hatte der Chef ihr ein Päckchen überreicht. Wie ein Honigkuchenpferd fing er an zu wiehern, als sie ihn mit fragendem Blick ansah. Viel zu oft betonte er, welche Mühe es ihn gekostet hatte, das perfekte Himmlische Outfit für seinen Engel zu finden.

Der Glanz in seinen Augen war zutiefst beunruhigend. In ihrer Magengegend zog sich alles zusammen, als sie mit zitternden Fingern zunächst die Schleife löste und danach umständlich die Schachtel öffnete. Darin lag in Seidenpapier eingeschlagen die Weihnachtsverkleidung mitsamt Flügelchen und Heiligenschein. Eine gelungene Überraschung war das! Sprachlos hatte sie auf den Inhalt gestarrt. Sie wollte etwas sagen, wollte protestieren, aber ihr Boss ließ sie nicht zu Wort kommen. Er komplimentierte sie hinaus, angeblich musste er zu einem wichtigen Termin. Als sie bereits in der Tür stand, gab er ihr noch die Anweisung, die Einladung sehr aufmerksam zu lesen. Nochmals wollte sie etwas erwidern, doch auch diesmal kam sie nicht zu Wort. Es würden sich noch etliche Gelegenheiten finden, in denen sie sich für das Geschenk bedanken könnte, rief er ihr mit einem ekelhaften Grinsen hinterher. 

So eine Frechheit! Auf dem Weg zurück in ihr Büro überflog sie die Zeilen. Das, was sie da las, war nichts anderes als ein mit Sternchen und Tannenbäumchen aufgehübschter Drohbrief. Wollte der Chef sie einschüchtern? Damit sie bloß nicht auf die Idee kam, zu kneifen und sich womöglich für den geselligen Abend krank zu melden?

Wortwörtlich hatte er geschrieben: Sollten Sie an der Weihnachtsfeier nicht als mein persönlicher Engel teilnehmen wollen, wird sich das in der nächsten Beurteilungsrunde gar nicht gut machen.

Sollte sie mit dem Wisch zum Betriebsrat gehen? Chrissi hatte sich dagegen entschieden. Aus zuverlässiger Quelle war ihr bekannt, wie überlastet die Kollegen zum Jahresende immer waren. Es grenzte schon an ein Wunder, wenn man überhaupt jemanden von ihnen ans Telefon bekam. Außerdem stand der Termin für die Weihnachtsfeier vor der Tür. In zwei Tagen war es soweit.

 

»Ein letztes Mal«, seufzte Chrissi. Sie eilte zur Haustür. Von der Straße her hörte sie Bremsen quietschen, die sicherlich zu seinem Schlitten gehörten. Das konnte nur ihr Boss sein! Sie blickte auf den Karton mit Süßigkeiten, den sie keinesfalls vergessen durfte, und kickte ihn mit dem Stiefelchen zur Seite. Auch das war eine seiner wahnwitzigen Anweisungen! Der Chef hatte sie verdonnert etwas zum Knabbern und Knuspern für den Weg zum Veranstaltungsort mitzunehmen.

Mit einem Auge blinzelte sie durch den Spion in der Tür, bevor sie sich ins Unvermeidliche fügen musste. Unwillkürlich begann sie zu kichern, auch wenn ihr nicht danach zumute war. Anstelle eines Schlittens parkte im Wendehammer der Einbahnstraße ein illuminierter Mähdrescher, der aussah wie ein weihnachtlich dekorierter Karnevalswagen. Obenauf thronte ihr Chef in einem roten Nikolauskostüm, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, sodass darunter nur noch ein langer Rauschebart hervorschaute. Die eine Hand hatte er auf einem prall gefüllten Sack liegen, mit der anderen schwang er eine Rute furchteinflößend durch die Luft. Sein Fahrer war als Knecht Ruprecht verkleidet. Chrissi hatte den Eindruck, er fühlte sich in seiner Aufmachung auch nicht besonders wohl.

Das Hohoho, das der Nikolaus in Dauerschleife vom Wagen herunter schmetterte, hatte bereits die halbe Nachbarschaft und sämtliche Kinder vor die Tür gelockt. Mit leuchtenden Augen sahen sie zu ihm auf.

Christine wünschte sich ein Loch in den Boden, um darin zu verschwinden, oder einen Zaubertrank, der sie unsichtbar machte. Ihr war sternenklar, dass sie den Platz neben dem Weihnachtsmann nicht ohne aufzufallen einnehmen konnte. Leise fluchend raffte sie ihr Gewand zusammen, schnappte sich die Süßigkeiten und schwebte engelsgleich an der klatschenden Nachbarschaft vorbei, hinauf auf diesen seltsamen Schlitten.

 

***

 

»Hohoho mein Engelchen«, begrüßte der Weihnachtsmann seine himmlische Begleiterin nach guter alter Tradition. »Wie wunderschön du bist, mein Weihnachtsengel! Diese Rolle ist dir wie auf den Leib geschneidert. Ich habe es doch gleich gewusst«, raunte er nah an ihrem Ohr.

Christine winkte und lächelte, so wie die Kinder das von einem Weihnachtsengel erwarten durften.

»Und nun pass gut auf, mein Engel.« Er drückte ihr ein Glöckchen in die Hand. »Während der Fahrt wirst du jedes Mal das Glöckchen läuten, wenn ich Hohoho rufe!«

Schon ertönte sein albernes Hohoho.