Wenn die Cowboys kommen! Western Sammelband 4 Romane - Charles Alden Seltzer - E-Book

Wenn die Cowboys kommen! Western Sammelband 4 Romane E-Book

Charles Alden Seltzer

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Western: McQuade und die Rustler von Arivaca (Pete Hackett) Gunsmoke Kelly (Pete Hackett) Die Horde der Cowboys (Charles Alden Seltzer) Die Tode-Ranch (Ernest Haycox) Hondo Jordan, der Bandit, auf dessen Fährte McQuade seit Wochen ritt, und den der Kopfgeldjäger in Safford gestellt hatte, rief heiser: "Du bringst mich nicht nach Tucson, Menschenjäger. Mein Wort drauf. Ich werde dich hier in diesem Drecknest zum Satan schicken." Der Outlaw war auf das Dach des Saloons geflohen. Die falsche Fassade deckte ihn wie eine Brustwehr. McQuade antwortete nicht. Er stand an der Ecke eines Gebäudes, der Bandit konnte ihn vom Saloondach aus nicht sehen. Der Texaner hielt das Gewehr mit beiden Händen schräg vor der Brust. Eine Patrone befand sich in der Kammer. Vor dem Blick des Kopfgeldjägers lag die breite, staubige Main Street im gleißenden Sonnenlicht. Die Hitze ballte sich auf ihr. Gray Wolf, der Wolfshund, pirschte irgendwo zwischen den Gebäuden von Safford herum.

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Charles Alden Seltzer, Pete Hackett, Ernest Haycox

Charles Alden Seltzer, Pete Hackett, Ernest Haycox

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Inhaltsverzeichnis

Wenn die Cowboys kommen! Western Sammelband 4 Romane

Copyright

McQuade und die Rustler von Arivaca

Gunsmoke Kelly

Die Horde der Cowboys

KAPITEL I

KAPITEL II

KAPITEL III

KAPITEL IV

KAPITEL V

KAPITEL VI

KAPITEL VII

KAPITEL VIII

KAPITEL IX

KAPITEL X

KAPITEL XI

KAPITEL XII

KAPITEL XIII

KAPITEL XIV

KAPITEL XV

KAPITEL XVI

KAPITEL XVII

KAPITEL XVIII

KAPITEL XIX

KAPITEL XX

KAPITEL XXI

KAPITEL XXII

KAPITEL XXIII

KAPITEL XXIV

KAPITEL XXV

KAPITEL XXVI

KAPITEL XXVII

KAPITEL XXVIII

KAPITEL XXIX

KAPITEL XXX

KAPITEL XXXI

KAPITEL XXXII

KAPITEL XXXIII

KAPITEL XXXIV

KAPITEL XXXV

KAPITEL XXXVI

KAPITEL XXXVII

KAPITEL XXXVIII

KAPITEL XXXIX

KAPITEL XL

KAPITEL XLI

KAPITEL XLII

KAPITEL XLIII

Die Todes-Ranch: Wichita Western Roman 35

Wenn die Cowboys kommen! Western Sammelband 4 Romane

Charles Alden Seltzer, Pete Hackett, Ernest Haycox

Dieser Band enthält folgende Western:

McQuade und die Rustler von Arivaca (Pete Hackett)

Gunsmoke Kelly (Pete Hackett)

Die Horde der Cowboys (Charles Alden Seltzer)

Die Tode-Ranch (Ernest Haycox)

Hondo Jordan, der Bandit, auf dessen Fährte McQuade seit Wochen ritt, und den der Kopfgeldjäger in Safford gestellt hatte, rief heiser: „Du bringst mich nicht nach Tucson, Menschenjäger. Mein Wort drauf. Ich werde dich hier in diesem Drecknest zum Satan schicken.“

Der Outlaw war auf das Dach des Saloons geflohen. Die falsche Fassade deckte ihn wie eine Brustwehr.

McQuade antwortete nicht. Er stand an der Ecke eines Gebäudes, der Bandit konnte ihn vom Saloondach aus nicht sehen. Der Texaner hielt das Gewehr mit beiden Händen schräg vor der Brust. Eine Patrone befand sich in der Kammer. Vor dem Blick des Kopfgeldjägers lag die breite, staubige Main Street im gleißenden Sonnenlicht. Die Hitze ballte sich auf ihr. Gray Wolf, der Wolfshund, pirschte irgendwo zwischen den Gebäuden von Safford herum.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

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COVER FIRUZ ASKIN

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

McQuade und die Rustler von Arivaca

Der Kopfgeldjäger Band 56:

Western von Pete Hackett

Pete Hackett Western - Deutschlands größte E-Book-Western-Reihe mit Pete Hackett's Stand-Alone-Western sowie den Pete Hackett Serien "Der Kopfgeldjäger", "Weg des Unheils", "Chiricahua" und "U.S. Marshal Bill Logan".

Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author www.Haberl-Peter.de

© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

Hondo Jordan, der Bandit, auf dessen Fährte McQuade seit Wochen ritt, und den der Kopfgeldjäger in Safford gestellt hatte, rief heiser: „Du bringst mich nicht nach Tucson, Menschenjäger. Mein Wort drauf. Ich werde dich hier in diesem Drecknest zum Satan schicken.“

Der Outlaw war auf das Dach des Saloons geflohen. Die falsche Fassade deckte ihn wie eine Brustwehr.

McQuade antwortete nicht. Er stand an der Ecke eines Gebäudes, der Bandit konnte ihn vom Saloondach aus nicht sehen. Der Texaner hielt das Gewehr mit beiden Händen schräg vor der Brust. Eine Patrone befand sich in der Kammer. Vor dem Blick des Kopfgeldjägers lag die breite, staubige Main Street im gleißenden Sonnenlicht. Die Hitze ballte sich auf ihr. Gray Wolf, der Wolfshund, pirschte irgendwo zwischen den Gebäuden von Safford herum.

Die Straße war wie leergefegt. Nach den ersten Schüssen hatten die Menschen hastig Schutz in den Häusern zu beiden Seiten gesucht. Die Stille, die nach den Worten des Banditen eingetreten war, mutete lastend, geradezu bedrückend an. Es war wie die Ruhe vor dem Sturm. Der Tod schlich auf leisen Sohlen durch Safford.

„Wo bist du, dreckiger Mannjäger?“, brüllte der Bandit. „Zur Hölle mit dir! Zeig dich!“

McQuade erwies ihm den Gefallen nicht. Sein Ziel war es, den Banditen zu zermürben, ihn dazu zu verleiten, das Dach des Saloons zu verlassen, Fehler zu machen.

Eine ganze Zeit verrann. Die bleischwere Stille zerrte an den Nerven des Banditen. Er war dem County Sheriff von Tucson achthundert Dollar wert – tot oder lebendig. Und nun sah er sich dem unerbittlichsten und kompromisslosesten Jäger gegenüber, der jemals die Banditen im Arizona-Territorium in Angst und Schrecken versetzte. Sein Ruf war wie Donnerhall – diejenigen, die ihn fürchten mussten, nannten ihn einen gnadenlosen Bluthund.

Tatsache war, dass McQuade dort einsprang, wo das Gesetz auf schwachen Beinen stand oder ganz versagte. Er vertrat es auf seine Weise. Die Steckbriefe waren seine Legitimation. Auf der Fährte eines der Banditen, die nach dem Krieg seine Familie in der Nähe von San Antonio ermordet hatten, war er nach Arizona gekommen. Und er war geblieben …

„Verdammt, du elender Hurensohn, was soll dieses Versteckspielen?“, schrie Hondo Jordan mit schriller, sich überschlagender Stimme. Sein Kopf tauchte für einen Moment über dem Rand der Saloonfassade auf. „Bist du zu feige, dich zu zeigen? Ist es vielleicht gar nicht so weit her mit dir, Menschenjäger?“

Seine gehässigen Worte verhallten.

McQuade hüllte sich in Geduld. Die Tonlage des Banditen sagte ihm, dass Jordan kurz davor war, die Nerven zu verlieren.

Die Sekunden reihten sich aneinander. Zwei – drei Minuten verrannen, plötzlich erschallte das weithin hallende Bellen eines Hundes. Der Aufschrei eines Mannes mischte sich hinein, das Bellen brach schlagartig ab. Die Stadt schien wieder den Atem anzuhalten.

Ein Ausdruck von Genugtuung kerbte die Mundwinkel des Kopfgeldjägers nach unten. Er setzte sich in Bewegung und schritt schräg über die breite Straße in Richtung Saloon. Unter den Stiefelsohlen des Texaners mahlte der feine Sand, melodisch klirrten seine Sporen, das brüchige Leder der verstaubten Stiefel knarrte leise.

McQuade schritt am Saloon vorbei. Ein mannshoher Bretterzaun begrenzte den Hof des Etablissements. Ein Tor, das nur angelehnt war, führte in den Hof. Der Texaner stieß es auf, knarrend und quietschend schwang der Flügel nach innen.

Mitten im Hof lag Hondo Jordan auf dem Rücken. Gray Wolf stand über ihm, sein Kamm war geschwollen, er fletschte die Zähne und knurrte drohend. Das Gewehr des Banditen lag zwei Schritte weiter im Staub.

McQuades Schatten fiel über Hondo Jordan. Ein dessen Augen wühlte das Entsetzen, er wagte kaum noch zu atmen. Der Kopfgeldjäger zog dem Banditen den Colt aus dem Holster, dann gebot er Gray Wolf, von ihm abzulassen. Der graue Wolfshund wich zurück und ließ sich auf die Hinterläufe nieder, starrte aber unverwandt den Outlaw an.

„Steh auf, Jordan!“, befahl McQuade, und seine Stimme wies die Härte von brechendem Stahl auf. Für Männer, die raubten, töteten und vergewaltigten, die das Gesetz gewissermaßen mit Füßen traten, hatte der Texaner nichts übrig. Dieser Sorte gegenüber konnte er kein Verständnis aufbringen, es gab für ihn kein Entgegenkommen. Und wenn es hart auf hart ging kannte der Kopfgeldjäger weder Gnade noch Erbarmen.

Der Bandit kämpfte sich auf die Beine. Er atmete stoßweise, der Schock schien tief in ihm zu sitzen. Jordan hatte entnervt seine Position auf dem Dach des Saloons aufgegeben, um sich McQuade vor die Mündung zu holen. Als er sich im Hof befand, war plötzlich der muskulöse, graue Hund da. Und ehe er sich versah, hatte der Bandit am Boden gelegen, den Ehrfurcht gebietende Fang des Hundes dicht vor seinem Gesicht, der schalen Atem des Tieres streifte ihn wie ein höllischer Hauch.

„Gütiger Gott“, entrang es sich ihm, und seine Stimme zitterte. „Das – das ist ja eine Bestie.“

„Nein, Jordan. Nicht Gray Wolf ist eine Bestie. Die Bestie bist du. Du hast einsame Farmen überfallen, die Farmer erschossen und ausgeraubt und die eine oder andere Farmerfrau vergewaltigt. – Dreh dich um!“

Der Bandit schien den Aufruhr seiner Gefühle, während McQuade gesprochen hatte, unter Kontrolle gebracht zu haben. Auf ihn fiel der Schatten des Galgens und der tödliche Ernst seiner Situation war ihm schlagartig bewusst geworden. Ein lauernder Ausdruck schlich sich in seinen Blick, die Augen begannen heimtückisch zu schillern. Er duckte sich ein wenig und vermittelte einen sprungbereiten Eindruck.

„Lass es“, warnte McQuade. „Selbst wenn du mich überrumpeln würdest – du kämst keine drei Schritte weit. Gray Wolf wartet nur darauf.“

Im Gesicht Jordans arbeitete es krampfhaft. Seine Hände öffneten und schlossen sich. Die Unschlüssigkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Plötzlich aber entspannte er sich. Er schien begriffen zu haben, dass er verloren hatte. Marionettenhaft linkisch drehte er sich um.

„Hände auf den Rücken!“

Jordan gehorchte. McQuade nahm Handschellen aus der Tasche seines zerschlissenen, braunen Staubmantels und fesselte den Outlaw. „Ich bringe dich nach Tucson und übergebe dich dort dem County Sheriff. Wir brechen noch in dieser Stunde auf.“

„Die Hölle verschlinge dich, dreckiger Bluthund!“

„Spar dir deinen Atem fürs Hängen, Bandit!“

McQuade versetzte Jordan einen derben Stoß in den Rücken. Der Outlaws setzte sich in Bewegung. Der harte, kompromisslose Texaner, der sein Leben dem Kampf gegen das Verbrechen verschrieben hatte, folgte ihm. Gray Wolf glitt lautlos wie ein Schatten neben ihm her.

*

Drei Tage später, es war um die Mittagszeit, kam McQuade mit seinem Gefangenen in Tucson an. Er ritt zum Sheriff’s Office, bugsierte Hondo Jordan in das Büro, Troy Howell, der County Sheriff, der hinter dem Schreibtisch saß, maß den gefesselten Banditen von oben bis unten, dann wandte er sich an den Texaner. „Hallo, McQuade. Sie waren also erfolgreich.“

Der Kopfgeldjäger nickte. „Ich musste bis Safford reiten. Hundert Meilen durch die Wildnis. Aber der Ritt war nicht umsonst.“

Troy Howell stemmte sich am Schreibtisch in die Höhe. „Sie sind für Arizona so wertvoll wie das Salz, McQuade. Es ist schade, dass es so wenige Männer von Ihrem Format gibt. - Sobald ich Jordan hinter Schloss und Riegel habe, stelle ich Ihnen den Scheck über die achthundert Dollar aus. Ich denke, Sie haben sich die Prämie redlich verdient.“

Hondo Jordan knirschte mit den Zähnen. „Ich habe Freunde“, giftete er.

„Die dürfen dich vom Galgen abschneiden, Bandit“, versetzte McQuade gelassen.

Der Sheriff brachte den Banditen in den Zellentrakt und kehrte ins Office zurück, nachdem er ihn in eine der Zellen gesperrt hatte. McQuade, der am Fenster stand und hinausschaute, wollte sich umdrehen, als drei Reiter in sein Blickfeld zogen. Sie waren gekleidet wie Weidereiter.

Die drei lenkten ihre Pferde auf das Sheriff’s Office zu.

Der Kopfgeldjäger wandte sich dem Gesetzeshüter zu. „Schätzungsweise erhalten Sie Besuch, Sheriff.“

Howell setzte sich hinter seinen Schreibtisch und zog den Schub auf. „Ich stelle Ihnen den Scheck aus. Sie können ihn bei jeder Bank einlösen. Wenn Sie mich fragen, dann sollten Sie ein paar Tage in Tucson bleiben und sich ausruhen.“

Er fixierte den Texaner. McQuade war verstaubt und stoppelbärtig. Sogar in seinem hohlwangigen Gesicht klebte der Staub der Santa Catalina Mountains, durch die er den ganzen Vormittag geritten war. Seine Lippen waren trocken und rissig. Die Strapazen des Trails über insgesamt zweihundert Meilen hatten unübersehbare Spuren hinterlassen.

Es klopfte gegen die Tür, und ehe der Sheriff zum Eintreten auffordern konnte, wurde die Tür geöffnet und die drei wie Cowboys gekleideten Männer drängten in das Büro. Die Brauen des County Sheriffs zuckten in die Höhe. „Graham, Sie!“

„Ja, ich, Sheriff.“ Der Sprecher war ungefähr Mitte fünfzig und unter seinem Stetson lugten graue Haare hervor. „Die Viehdiebe, die in regelmäßigem Abstand unsere Gegend aufsuchen, haben in der vergangenen Nacht auf meiner Westweide zugeschlagen. Sie haben an die tausend Stück Vieh abgetrieben.“

„Heiliger Rauch!“ Der Ordnungshüter lehnte sich auf dem Stuhl zurück. „Das ist der sechste Überfall innerhalb der vergangenen sieben Monate. Haben Sie die Rustler verfolgt, Graham?“

„Sicher. Wir folgten der Spur der Herde bis in die nördlichen Ausläufer der Sierrita Mountains. Aber dort warteten diese dreckigen Banditen auf uns. Zwei Cowboys, Joe Mason und Hal Benbow, wurden getötet. Jim Custer bekam eine Kugel in die Schulter, Slim Dexter erwischte es an der Hüfte.“

Troy Howell zeigte sich zutiefst betroffen. Sekundenlang presste er die Lippen aufeinander, dass sie nur noch einen dünnen, blutleeren Strich in seinem Gesicht bildeten. Schließlich presste er hervor: „Also geht es von jetzt an nicht nur mehr nur um Viehdiebstahl, sondern um Mord – hinterhältigen Mord aus niedrigen Beweggründen.“

„So ist es, Sheriff“, pflichtete Graham nickend bei. „Sie sind gefordert, Howell“, fügte er dann hinzu. „Der Tod meiner beiden Cowboys schreit geradezu nach Vergeltung.“ Jetzt fiel der Blick des Ranchers auf McQuade. Sekundenlang taxierte er ihn prüfend, als versuchte er ihn zu erforschen, dann senkte er den Blick und musterte Gray Wolf, der zu Füßen des Texaners auf dem Fußboden lag. „Ich glaube, ich weiß, wer Sie sind, Mister“, grollte Graham schließlich. „Ihr Name ist McQuade, nicht wahr? Man spricht viel von Ihnen und dem grauen Wolfshund.“

Der County Sheriff übernahm es, zu antworten: „Es ist McQuade.“ Er heftete den Blick auf den Texaner. „Darf ich vorstellen? Rich Graham, Besitzer der Cat Mountain Ranch. Sie liegt fünf Meilen südwestlich von Tucson an einem Nebenfluss des Santa Cruz River.“

McQuade nickte dem Rancher zu.

Der Sheriff fuhr fort: „Das Rustlerunwesen hat sich im letzten halben Jahr zu einem richtigen Problem entwickelt. Immer wieder müssen die Rancher rund um Tucson feststellen, dass von ihren Weiden Rinder abgetrieben worden sind. Meistens sind bereits mehrere Tage vergangen, bis auf den Ranches der Verlust bemerkt wird. Die Spur der Herden verliert sich meistens in der Felswildnis und im Altar Valley.“

„Das heißt, dass die Herden immer nach Süden getrieben werden“, stellte McQuade fest.

„Ja. Wahrscheinlich bringt man sie nach Mexiko.“ Der Sheriff räusperte sich. „Und heute haben die Banditen bewiesen, dass sie vor nichts zurückschrecken.“ Mit einem Ruck erhob sich Troy Howell. „Ich gehe davon aus, dass die Herde etwa zwölf Stunden Vorsprung hat. In der Stunde schafft sie allenfalls drei Meilen. Wir können sieben oder acht Meilen in der Stunde schaffen, ohne dass wir die Pferde zuschanden reiten. Das heißt, wir können die Herde ungefähr auf der halben Strecke zwischen Tucson und der mexikanischen Grenze einholen. - Ich werde ein Aufgebot zusammenstellen und in die Sierrita Mountains reiten. Kommen Sie mit, McQuade?“

Der Kopfgeldjäger nickte. „Sicher ist jedes Gewehr, das Sie gegen diese Banditen ins Feld führen können, wichtig, Sheriff. Ja, ich reite mit dem Aufgebot.“

Fragend schaute der Sheriff den Rancher an. Rich Graham stieß hervor: „Meine beiden Reiter und ich kommen natürlich auch mit, Howell.“

„Wir treffen uns in einer Stunde vor dem Office. Packt etwas Proviant ein. Es kann ein längerer Trail werden.“

„Ich komme für sämtliche Unkosten auf“, gab der Boss der Cat Mountain Ranch zu verstehen. „Ich freue mich, dass Sie mit uns reiten, McQuade.“

*

Es war die Zeit des Sonnenuntergangs, als sie auf die Herde stießen. Sie stand in einer Senke, in der es Wasser gab und in der Gras wuchs. Das Muhen der Rinder erfüllte die Abendluft, Horn klapperte, hin und wieder war das Brüllen eines Stiers zu vernehmen. Zwei Reiter bewachten die Herde. Und ein weiterer Rustler war auf einer Anhöhe im Norden der Senke postiert, der das Aufgebot kommen sah. Er schwang sich auf sein Pferd, jagte mit seinem Revolver drei Schüsse in die Luft, dann sprengte er in wilder Karriere den Abhang hinunter, hinein in die Senke, und stob an der Herde vorbei nach Süden.

Die beiden Herdenwächter rissen die Pferde herum und setzten rücksichtslos die Sporen ein. Ihre einzige Chance bestand darin, dem Aufgebot zu entkommen. Auf einen Kampf konnten sie sich nicht einlassen.

Die Verfolger trieben ihre Pferde an. Das Aufgebot teilte sich. Die eine Hälfte donnerte auf der Westseite der Senke nach Süden, die andere auf der Nordseite. Einige Schüsse krachten. In die Herde geriet Unruhe. Unruhiges Gewoge entstand, buschige Schwanzenden wirbelten über die knochigen Rücken der Rinder, scharrende Hufe rissen die Grasnarbe auf.

Als die Reiter aus Tucson den südlichen Rand der Senke erreichten, trafen sie dort nur noch auf ein verwaistes Zelt und ein flackerndes Feuer, über dem von einem Dreibein ein Kessel mit Kaffee hing.

Die Rustler waren fort. Die Spuren, die ihre Pferde hinterlassen hatten, führten weiter nach Süden.

„Wir müssen die Longhorns beruhigen!“, rief Rich Graham. Er und seine beiden Cowboys trennten sich vom Rest des Aufgebots. Der Sheriff, der der Fährte der Rustler etwa hundert Yards zwischen die Hügel gefolgt war, kehrte zurück. „Burton, McLean!“

Die beiden Gerufenen meldeten sich.

„Helft Graham und seinen Leuten bei der Herde. Wir anderen folgen den Banditen.“

Jetzt meldete sich McQuade zu Wort. „In einer Stunde ist es stockfinster, Sheriff“, gab er zu bedenken. „Es ist auch nicht auszuschließen, dass die Banditen irgendwo im Hinterhalt liegen und ein Zielschießen auf uns veranstalten, wenn wir ihnen vor die Mündungen reiten.“

„Was schlagen Sie vor, McQuade?“, fragte der County Sheriff.

„Ich folge den Viehdieben alleine“, antwortete der Kopfgeldjäger.

„Es sind mindestens fünf“, streute Troy Howell seine Zweifel aus. „Und wenn sie irgendwo im Hinterhalt darauf warten, dass wir kommen, dann verwandeln Sie die Kerle in ein Sieb, ehe Sie zum Denken kommen, McQuade.“

Der Texaner winkte ab. „Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen, Sheriff. Ich besitze genug Erfahrung, um den Schuften nicht vor die Flinten zu reiten. Außerdem habe ich Gray Wolf.“

Howell schaute skeptisch drein. „Ich weiß nicht …“

„Ich denke“, sagte McQuade, „dass die Banditen irgendwo zwischen Tucson und der Grenze zu Hause sind. Dorthin werden sie sich wenden. Mir geht es in erster Linie darum, herauszufinden, um wen es sich bei den Kerlen handelt. Sie dann festzunehmen werde ich Ihnen überlassen, Sheriff. Ist das ein Angebot, mit dem Sie leben können?“

Howell zog die Unterlippe zwischen die Zähne und kaute darauf herum. Einige der Männer aus Tucson bildeten einen Kreis um ihn und den Texaner. Pferde stampften und prusteten, hin und wieder mischte sich Gewieher in die Geräusche, die die Herde verursachte. Einer der Reiter rief: „Du solltest zustimmen, Troy. McQuades Vorschlag ist gut. Er ist kein Anfänger. Es ist wohl tatsächlich so, dass wir Gefahr laufen, in eine Falle zu reiten. Die Kerle haben nichts mehr zu verlieren und werden uns rücksichtslos unter Feuer nehmen. Ich denke, es ist besser, wenn du McQuades Vorschlag zustimmst.“

Zustimmendes Geraune erhob sich.

Und schließlich nickte der Sheriff. „Meinetwegen. Es ist in Ordnung. Es gefällt mir trotz allem nicht, dass Sie Ihre Haut zu Markte tragen wollen, McQuade, aber Ihr Vorschlag hat was für sich. Es ist wohl tatsächlich so, dass Sie alleine die besseren Chancen haben. – Absitzen, Männer. Wir verbringen die Nacht hier und reiten morgen Früh nach Tucson zurück. Wann gedenken Sie aufzubrechen, McQuade?“

„Sofort. Mit Gray Wolfs Hilfe kann ich der Fährte auch in der Dunkelheit folgen.“

„Ich bitte Sie, McQuade, geben Sie auf sich Acht. Diesen Bastarden ist nichts heilig. Ein Menschenleben hat für diese Kerle keinen Wert. Ich gehe davon aus, dass es sich um hart gesottene, abgebrühte Outlaws handelt. Finden Sie heraus, wer sie sind und wo sie leben, und verständigen Sie mich dann.“

McQuade sicherte zu, auf keinen Fall etwas herauszufordern, was ins Auge gehen konnte, dann ritt er, begleitet von Gray Wolf, auf der Fährte der Rustler nach Süden. Bald umgab ihn die erhabene, majestätische Welt der Berge. Die Dunkelheit nahm schnell zu. Leichter Wind kam auf, der sich wimmernd an Felsvorsprüngen brach. Über dem Kopfgeldjäger spannte sich ein sternenklarer Himmel, die Sichel des Mondes hing über den bizarren Berggipfeln im Osten.

McQuade ritt bis Mitternacht. Gray Wolf führte ihn zuverlässig. Obwohl sie am Nachmittag ziemlich hart geritten waren, zeigte der Falbe, den der Texaner ritt, keine Ermüdungserscheinungen. An einem Wasserloch, dessen Wasser nicht alkalihaltig und genießbar war, verbrachte der Kopfgeldjäger den Rest der Nacht. Als die Sonne aufging, setzte er seinen Weg fort.

Es wurde hell. McQuade befand sich in den südlichen Ausläufern der Sierrita Mountains. Buschbewachsene Hügel wechselten sich mit zerklüfteten Felsformationen ab. Gleißendes Sonnenlicht lag auf dem Land. Mit dem bloßen Auge war auf dem hart gebackenen Boden die Spur der Pferde nicht mehr wahrzunehmen. Aber Gray Wolfs Spürsinn war untrüglich. Die Nase dicht über dem Boden glitt er leichtfüßig vor dem Falben her.

McQuade ritt voller Anspannung. Er hatte sich darauf eingestellt, gegebenenfalls blitzartig zu reagieren. Seine Augen waren unablässig in Bewegung und sein Blick tastete ununterbrochen das Gelände ringsum ab. Die Gefahr konnte auf jedem Hügel lauern, der Tod war in diesem unerbittlichen Land allgegenwärtig.

Plötzlich blieb Gray Wolf stehen, hob die Nase in den lauen Wind, der aus südlicher Richtung wehte, und mit dem nächsten Atemzug bellte er warnend.

Der Kopfgeldjäger wusste dieses Warnsignal zu deuten. Hart setzte er die Sporen ein. Aus dem Schritttempo verfiel der Falbe sofort in Galopp. Ein Schuss peitschte, heiß strich die Kugel über den linken Oberarm McQuades. Die Tatsache, dass er ansatzlos reagierte, hatte ihm das Leben gerettet.

Die Detonation war verhallt. Die Hufe des Falben trommelten. Der Texaner hatte sich nach Osten gewandt und hielt auf einen V-förmigen Hügeleinschnitt zu. Gray Wolf jagte neben dem Pferd her, seine Sprünge waren kraftvoll und raumgreifend, er schien regelrecht über den Boden zu fliegen.

Der heimtückische Schütze vergeudete keine Kugel mehr.

Das Pferd trug McQuade im stiebenden Galopp zwischen die Anhöhen, auf deren Flanken Gras und Buschwerk wucherten. Hier und dort ragte ein Felsblock aus dem Boden, rund geschliffen von der Witterung, an die Leiber schlafender Nashörner erinnernd.

Der Kopfgeldjäger wandte sich sofort wieder nach Süden. Die Gegend schien an ihm vorbeizufliegen, die Muskeln und Sehnen des Falben arbeiteten, seine Hufe schienen kaum den Boden zu berühren.

Etwa zwei Meilen donnerte McQuade dahin, dann parierte er das schwitzende Pferd, sprang aus dem Sattel, nahm das Gewehr aus dem Scabbard und hastete einen Abhang hinauf. Vom Rücken des Hügels aus schaute er nach Norden. Irgendwann musste der Bursche, der ihn mit einer hinterhältigen Kugel abservieren wollte, auftauchen. Voraussetzung war natürlich, dass er die bisherige Fluchtrichtung beibehielt. McQuade unterstellte ganz einfach, dass es sich nur um einen Gegner handelte. Er schloss es daraus, dass nur ein einzelner Schuss und nicht eine ganze Salve auf ihn abgefeuert wurde.

*

Der Kopfgeldjäger stand geduckt im Schutz eines Strauches. Gray Wolf hatte sich niedergelassen. Es war heiß wie in der Hölle. Stechmücken, die vom Schweißgeruch angezogen wurden, setzten dem Texaner zu.

Nachdem etwa fünf Minuten verstrichen waren, tauchte ein Reiter auf. Er ritt aus einer Hügellücke. Das Gewehr hielt er in der Hand, den Kolben hatte er auf seinen Oberschenkel gestellt. Alle Augenblicke schaute er über die Schulter nach hinten, immer wieder sicherte er nach beiden Seiten. Er ritt auf die Ebene, die sich der Hügelkette anschloss und an deren südlichem Rand der Kopfgeldjäger wartete.

McQuade beobachtete den Reiter. Einzelheiten konnte er nicht erkennen. Der Bursche hatte sich den grauen Hut weit in die Stirn gezogen. Er war dunkel gekleidet, sogar das Halstuch war grau.

Als sich der Kopfgeldjäger sicher sein konnte, wo der Mann zwischen die Hügel reiten würde, lief er zu seinem Pferd, sprang in den Sattel und ritt zu einer Stelle, die der Rustler passieren musste. Im Schutz einer Anhöhe wartete er. Das schussbereite Gewehr hielt er am Kolbenhals fest, es lag quer über dem Widerrist des Falben.

Bald waren pochende Hufschläge zu hören. Und dann geriet der Reiter in das Blickfeld des Kopfgeldjägers. Aber der Rustler war wachsam und nahm seinen Gegner im selben Augenblick wahr. Fast gleichzeitig mit dem Texaner brachte er das Gewehr in Anschlag, die Waffen dröhnten, die Detonationen verschmolzen ineinander und stießen wie ein einziger, lauter Knall zwischen die Hügel, wo sie zerflatterten.

Der Rustler wankte im Sattel. Und unvermittelt kippte er vom Pferd. Ungebremst schlug er am Boden auf, das Gewehr war seinen Händen entglitten, er blieb auf der Seite liegen.

Es konnte eine Hinterlist sein.

McQuade trieb den Falben an. Er hatte repetiert und die Mündung seiner Henry Rifle wies auf den reglos am Boden Liegenden. Der Zeigefinger des Kopfgeldjägers krümmte sich um den Abzug. Der Texaner ließ die gebotene Vorsicht nicht außer Acht. Der Umgang mit all den Banditen, die er gejagt und gestellt hatte, hatte ihn geprägt.

Gray Wolf lief zu dem Rustler hin und beschnüffelte ihn. McQuade zerrte den Falben in den Stand und saß ab. Gleich darauf beugte er sich über den Burschen am Boden. Hemd und Jacke hatten sich über der Brust mit Blut voll gesaugt. Der Mann atmete schwer und rasselnd. Behutsam drehte ihn McQuade auf den Rücken. Die Mundwinkel des Verwundeten zuckten unkontrolliert. Er war bei Besinnung, aus fiebrig glänzenden Augen schaute er hoch in McQuades Gesicht.

„Du gehörst zu dem Aufgebot“, murmelte der Bandit kaum verständlich. „Ich – ich habe dich neben dem Sheriff reiten sehen. Als du vorhin alleine aufgetaucht bist, wollte ich – dich – von – unserer Fährte – fegen.“

Die Stimme war immer schwächer geworden, zuletzt war es nur noch ein kraftloses Gestammel, das sich von den Lippen des Rustlers löste.

„Wie ist dein Name?“, fragte McQuade. Ihm war klar, dass der Bandit innerhalb der nächsten Minuten sterben würde. „Sag mir deinen Namen, Hombre, und sag mir auch, wo du zu Hause bist.“ Der Kopfgeldjäger sprach eindringlich, geradezu beschwörend.

„Mike – Williams. Ich …“

Die Augen des Banditen wurden glasig. Sein Gesicht wurde ausdruckslos – es war die Leere des Todes, die die erschlafften Züge prägte. McQuade murmelte eine Verwünschung. Mike Williams hatte ihm nicht mehr verraten können, wo er die anderen Banditen suchen musste. Der Tod hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht.

McQuade suchte in den Taschen des Toten nach einem Hinweis, fand aber nichts. Er durchwühlte auch die Satteltaschen, aber auch das war erfolglos. Der Texaner wuchtete die schlaffe Gestalt quer über den Pferderücken und band sie fest. Dann wandte er sich nach Westen, in der Hoffnung, irgendwo am Brawley Wash auf eine Ansiedlung zu stoßen.

Die Sonne stieg höher und höher, die Hitze wurde unerträglich. Sie sog Mensch und Tier regelrecht das Mark aus den Knochen. Das Land lag unter einem flirrenden Hitzeschleier. McQuade war etwa eine Stunde geritten, als er durch die wabernde Luft die Häuser einer Ansiedlung in einer Ebene sehen konnte, an der der Creek vorbei in Richtung Norden floss, wo er viele Meilen weiter in den Santa Cruz River mündete.

Der Kopfgeldjäger atmete auf.

Nach einer Weile passierte er ein verwittertes Holzschild, das an einen Pfahl genagelt war und auf dem in verwaschenen Buchstaben der Name des Orts stand: Arivaca.

Die kleine Stadt mutete wie ausgestorben an. Sie vermittelte einen ausgesprochen ärmlichen Eindruck. Die Menschen hatten sich in ihre Behausungen zurückgezogen und hielten Siesta. Es war die heißeste Zeit des Tages und jeder Handgriff war schweißtreibend.

McQuade ritt zwischen die Häuser. Sie waren ohne jede bauliche Ordnung um einen großen, staubigen Platz herum errichtet worden. Der Baustil der Wohngebäude wies in großer Zahl mexikanische Einflüsse auf. Nur wenige der Wohngebäude hatten falsche Fassaden und überdachte Vorbauten. Es war deutlich, dass die Grenze nicht mehr weit entfernt war. Sicher wohnten in Arivaca auch einige Mexikaner.

McQuade lenkte den Falben zum Mietstall. Vor dem großen Tor saß er ab. Der Stallbursche war mexikanischer Abstammung. Er war höchstens siebzehn Jahre alt. Wie gebannt starrte er auf die schlaffe Gestalt quer über dem Rücken des Pferdes, das McQuade an der Longe führte. Der Kopfgeldjäger schritt um das Tier herum, griff in die Haare des Toten und hob seinen Kopf so weit an, dass der Junge das Gesicht sehen konnte. „Hast du diesen Mann schon mal gesehen, Chico?“, fragte der Texaner.

Der Stallmann schluckte würgend und nickte. „Si, Señor, den kenne ich. Er heißt Mike Williams …“

Entsetzen wob in den Augen des Jungen. Noch nie war er so hautnah mit dem Tod konfrontiert worden. Seine Stimme hatte belegt geklungen. Es gelang ihm nicht, seinen Blick von dem Leichnam loszueisen.

„Warum ist Williams tot?“, entrang es sich ihm nach einer ganzen Weile. „Wo haben Sie ihn gefunden? Por Dios! Er war doch noch keine vierzig.“

„Er war ein Rustler und Mörder“, versetzte McQuade. „Ich habe ihn erschossen. Gibt es in diesem Ort einen Deputy?“

„Nein. Madre mio, Sie – Sie haben ihn erschossen? Sie – Sie nennen ihn einen Viehdieb und Mörder!“ Dem Jungen gelang es nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. „Ich – ich muss …“

Er rannte an McQuade vorbei auf die Straße.

Der Kopfgeldjäger führte die Pferde am Kopfgeschirr in den Stall. Der Geruch von Pferdeausdünstung, Heu und Stroh schlug ihm entgegen. In den Ecken woben verstaubte Spinnennetze voll toter Fliegen. Fliegen kreisten auch um den Kopf des Texaners. Pferde stampften und prusteten.

Das Pferd mit dem Toten ließ McQuade einfach stehen. Er machte sich daran, den Falben abzusatteln. Als das geschehen war, legte er den Sattel auf einen dafür vorgesehenen Balken, dann führte er das Tier in eine leere Box …

*

Draußen erklangen Stimmen. Schließlich zeigten sich drei Männer. Ihnen folgte der junge Peon. Sie überschritten die Lichtgrenze unter dem Stalltor und traten in die Düsternis des Stalles. Sie waren zwischen dreißig und vierzig Jahre alt und ganz nach der Art der Städter gekleidet, wahrscheinlich Mitglieder des Bürgerrates und angesehene, ehrbare sowie gottesfürchtige Bürger dieser Stadt. Der Stallmann drängte sich an ihnen vorbei und entfernte sich in den hinteren Teil des Stalles.

Die drei Stadtbewohner starrten sekundenlang auf den Leichnam, dann fixierten sie mit stechenden Blicken McQuade. Sie schienen ihn einzuschätzen, ihn zu erforschen und sich ein Bild von ihm zu machen. Von ihren Mienen war abzulesen, dass ihnen nicht gefiel, was sie sahen. Nun, McQuade sah mit seiner verstaubten Kleidung und dem stoppelbärtigen Gesicht auch nicht gerade Vertrauen erweckend aus.

Einer, ein dunkelhaariger Mann von ungefähr vierzig Jahren, ergriff das Wort, indem er sagte: „Miguel hat mich informiert, Mister. Ich bin der Town Mayor von Arivaca. Mein Name ist Gary Boulder. Diese beiden Gentlemen –„ er wies mit dem Kinn auf seine Begleiter, „- gehören dem Bürgerrat dieser Stadt an. Bei dem Toten handelt es sich um Mike Williams von der Cerro Colorado Ranch. Sie haben ihn als Viehdieb und Mörder bezeichnet. Und Sie haben kein Hehl daraus gemacht, dass Sie ihn erschossen haben.“

„Mein Name ist McQuade.“ Der Kopfgeldjäger verschränkte die Arme vor der Brust. „Williams und einige Kumpane haben in der Nähe von Tucson eine große Rinderherde gestohlen. Als ihnen der geschädigte Rancher mit seinen Reitern folgte, töteten die Rustler zwei der Cowboys und verwundeten zwei weitere. Ich bin ihnen zusammen mit dem County Sheriff und einem Aufgebot gefolgt. Wir konnten ihnen die Rinder wieder abjagen. Nach Absprache mit dem Sheriff ritt ich alleine weiter. Williams erwartete mich. Er ist zurückgeblieben, um etwaige Verfolger mit Pulverdampf und Blei von der Fährte der Bande zu fegen. Es kam zum Kampf …“

„Jetzt weiß ich es!“, stieß einer der Männer hervor. „Sie sind der bekannte Kopfgeldjäger. Ich habe schon einiges von Ihnen und ihrem Hund gehört. - Wenn es stimmt, dass Williams Mitglied einer Rustlerbande ist, dann kann es sich bei den anderen Banditen nur um Larkin, Garrett, Hatcher und Beaver handeln.“

„Und die vier werden es nicht schlucken, dass Sie einen ihrer Komplizen erschossen haben, McQuade“, gab der Town Mayor zu verstehen. „Mir waren diese Kerle auf der Cerro Colorado Ranch schon immer ziemlich suspekt. Jeder hier in der Stadt fragte sich, wovon sie tatsächlich lebten. Auf ihren Weiden stehen viel zu wenig Rinder herum, als dass man von Viehzucht sprechen könnte.“

„Innerhalb der vergangenen sieben Monate wurden in dem Raum um Tucson sechsmal Herden abgetrieben. Arivaca ist nicht weit von der Grenze entfernt. Wenn die Kerle von der Cerro Colorado Ranch hinter den Viehdiebstählen stecken, haben sie die Rinder wahrscheinlich unverzüglich nach Mexiko getrieben, dort verkauft und sind anschließend gemütlich nach Hause geritten.“

„Was jetzt, McQuade?“, fragte der Bürgermeister. Es klang irgendwie lauernd. Der Blick, mit dem er den Texaner musterte, war unergründlich.

„Mein Auftrag ist erfüllt“, erwiderte der Kopfgeldjäger. „Ich sollte herausfinden, wer hinter den Diebstählen steckt. Das ist mir gelungen. Ich reite nach Tucson und alles Weitere wird Troy Howell obliegen.“

„Larkin und seine Kumpane werden innerhalb der nächsten zwei Stunden erfahren, dass sie aufgeflogen sind“, murmelte der Town Mayor. „Ich glaube nicht, dass sie warten, bis der County Sheriff kommt, um sie zu verhaften.“

„Wenn es so ist, kann sie ja nur jemand aus Arivaca informieren“, knurrte der Kopfgeldjäger. „Haben die Kerle in der Stadt Freunde?“

„Natürlich gibt es Leute, die mit ihnen sympathisieren“, antwortete Boulder, „und man hat Sie sicher beobachtet, als Sie mit dem Toten zum Mietstall ritten. – Darum werden wir nicht warten, bis Sie den County Sheriff informiert haben und er hier eintrifft. Bis dahin können diese elenden Banditen längst über alle Berge sein.“

„Wie soll ich das verstehen?“, fragte McQuade.

„Wir heben dieses Rustlernest aus!“, versetzte der Town Mayor voller Entschlossenheit. „Miller, Welsh, trommelt alle Männer zusammen, die eine Waffe halten können und ein Pferd besitzen. Wir reiten in einer halben Stunde.“ Gary Boulder schaute McQuade fest an. „Wir dulden keine Viehdiebe und Mörder in unserer Nachbarschaft“, stieß er hervor. „Leider gibt es hier niemand, der das Gesetz vertritt. Also müssen wir es selbst in die Hand nehmen. – Kommen Sie mit, McQuade?“

Der Texaner überlegte nicht lange. „Ja.“

Die beiden Männer namens Miller und Welsh eilten davon. Boulder heftete den Blick auf Gray Wolf, der sich auf den Boden gelegt und den Kopf zwischen die Vorderpfoten gebettet hatte. „Der Hund ist ebenso berühmt wie Sie, McQuade.“

„Er ist mir ein treuer Partner geworden“, erklärte der Kopfgeldjäger. „Ich möchte ihn nicht mehr missen.“

„In einer halben Stunde vor dem Mietstall, McQuade. Wir werden den dreckigen Banditen ein Feuer und die Hintern schüren.“

Der Town Mayor schwang herum und schritt zum Tor.

*

Es waren acht Reiter, die sich einfanden. McQuade gesellte sich zu ihnen. Um den getöteten Banditen kümmerte sich in der Zwischenzeit der Totengräber.

Sie folgten dem Creek nach Norden. Gary Boulder führte das Aufgebot an. Die Gruppe vermittelte einen unübersehbaren Eindruck von Entschlossenheit. Der Town Mayor hatte, ehe sie losgeritten waren, eine kurze, aber flammende Rede gehalten. Unterm Strich brachte er zum Ausdruck, dass sie, die ehrbaren, redlichen und etablierten Bürger dem Banditenunwesen entgegentreten müssten und das Verbrechen in diesem Landstrich nicht dulden dürften.

McQuade bildete den Schluss. Gray Wolf lief neben dem Falben her. Im Ufergebüsch zwitscherten Vögel, Hummeln und Bienen summten. Da sie die Pferde schonten, benötigten sie für die sechs Meilen bis zur Ranch fast anderthalb Stunden. Schließlich aber lag sie vor ihnen im Sonnenglast. Rund um die Gebäude, die etwas heruntergekommen und abgewirtschaftet anmuteten, weideten kleine Rudel von Longhorns. In einem Corral standen zehn Pferde. Eines der Tiere begrüßte die Ankömmlinge mit einem hellen Wiehern.

Ein mittelgroßer, drahtiger Mann trat aus dem Ranchhaus und blieb einen Schritt vor der Haustür breitbeinig stehen. Lässig hielt er eine Henrygun an der Hüfte im Anschlag, die Mündung wies jedoch schräg zu Boden.

Die Reiter aus Arivaca zerrten die Pferde in den Stand. Die Tiere stampften und scharrten mit den Hufen, der Staub, den die Hufe in die Höhe gerissen hatten, senkte sich auf den Boden zurück. Hart nahmen die Männer des Aufgebots die Pferde in die Kandare.

„Was verschafft uns die Ehre, Boulder?“, rief der Mann vor der Tür. Er war Mitte dreißig, sein Gesicht war sonnengebräunt, die stahlblauen Augen blickten hart. Er schien nicht erbaut zu sein von dem Besuch. Vielleicht fühlte er den Strom von Unerbittlichkeit und Kompromisslosigkeit, der von der Reiterschar ausging.

Mindestens ein halbes Dutzend Gewehre richteten sich jetzt auf den Mann. Gary Boulder, der Town Mayor, antwortete mit klirrender Stimme: „Ihr seid verdammte Pferdediebe und Mörder, Larkin. Uns ist jetzt endlich klar, wie ihr Kerle hier draußen euren Lebensunterhalt bestreitet. Doch dieses Mal seid ihr zu weit gegangen.“

Die Brauen Dave Larkins schoben sich zusammen. Über seiner Nasenwurzel bildeten sich zwei senkrechte Falten. „Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst, Boulder.“ Larkin hob das Gewehr etwas an.

Boulder drückte ab. Larkin bäumte sich auf, taumelte zurück, stolperte und kippte über seine Absätze ins Haus. „In Deckung!“, brüllte der Town Mayor. Sie trieben ihre Pferde in alle Richtungen auseinander. Einige feuerte blindlings ihre Kugeln auf das Ranchhaus ab. Sekundenlang entstand frenetischer Lärm. Schließlich waren die Reiter aus Arivaca hinter Schuppen, der Scheune und dem Stall in Deckung gelangt, von den Pferden gesprungen und in Stellung gegangen. Auch McQuade befand sich im Schutz eines Schuppens. Gray Wolf drängte sich gegen ihn. Diese ganze Aktion gefiel dem Texaner nicht. Aus seiner Sicht hatte der Town Mayor Dave Larkin kaltblütig niedergeknallt.

Gary Boulders metallisch klingende Stimme erhob sich: „Wer immer sich im Haus befindet – er soll waffenlos und mit erhobenen Händen herauskommen.“

Sekundenlang blieb es still. Dann rief ein Mann: „Nur ich befinde mich im Haus, Boulder. Hatcher und Beaver sind auf der Weide. Zur Hölle mit euch! Warum hast du Dave niedergeschossen? Warum nennst du uns Viehdiebe und Mörder?“

„Ihr habt in der Nähe von Tucson eine Herde gestohlen. Es war nicht die erste, die ihr abgetrieben habt. Diesmal aber mussten zwei Cowboys ihr Leben lassen. Ich warte genau zehn Sekunden, Garrett. Wenn du dann nicht waffenlos und mit erhobenen Händen in den Hof kommst, stürmen wir die Bude.“

„Ich war schon mindestens ein Jahr nicht mehr in der Nähe von Tucson!“, rief der Mann im Haus. „Keiner von uns hat seit einer Woche die Ranch verlassen. Wer behauptet, dass wir dort oben Rinder gestohlen und zwei Cowboys getötet haben?“

„Die Zeit ist fast um, Garrett! Du hast noch zwei Sekunden.“

„Okay, okay, Boulder. Ich komme hinaus. Es wird sich alles aufklären.“

„Auf welcher Weide befinden sich Hatcher und Beaver?“, rief Boulder.

Lionell Garrett trat aus dem Haus. Geblendet vom grellen Sonnenlicht schloss er für einen Moment die Augen. Er hatte die Hände in Schulterhöhe erhoben. „Auf der Ostweide …“

Ein Schuss knallte. Garrett griff sich mit beiden Händen an die Brust und machte das Kreuz hohl. Sein Gesicht drückte Unglauben aus. Wie eine Marionette, deren Fäden man loslässt, brach er zusammen. Ein ersterbendes Röcheln, ein unkontrolliertes Zucken seiner Beine, dann lag er still.

Die Männer aus Arivaca traten, die Gewehre schussbereit im Seitenanschlag, aus ihren Deckungen. Vor dem Haupthaus rotteten sie sich zusammen. McQuades Gedanken wirbelten. Er war Zeuge zweier kaltblütiger Morde geworden. Und er hatte keine Chance, sie zu verhindern.

Der Kopfgeldjäger stand auf der Vorderseite des Schuppens, der ihm als Deckung gedient hatte. Fragen stürmten auf ihn ein, quälende Fragen, auf die er keine Antwort erhielt. Er konnte nur Vermutungen anstellen.

In die Rotte vor dem Ranchhaus kam Bewegung. Eine Gasse bildete sich und der Town Mayor näherte sich dem Kopfgeldjäger. Die Reiter des Aufgebots wandten sich ihm ebenfalls zu. Zwei Schritte vor McQuade hielt Boulder an, schürzte die Lippen und sagte: „Wir haben Larkin und Garrett zur Rechenschaft gezogen, McQuade. Und jetzt holen wir uns noch Hatcher und Beaver. Sie brauchen also Troy Howell nicht mehr zu bemühen. Bestellen Sie ihm, dass die Bürger von Arivaca selbst in der Lage sind, in ihrer Stadt und in deren Umfeld für Recht und Ordnung zu sorgen.“

„Es war Mord“, presste McQuade furchtlos und unerschrocken hervor. „Und ich denke, mir wird nun einiges klar. Nicht die Männer von der Cerro Colorado Ranch sind die Viehdiebe, sondern …“

McQuade brach ab und richtete die Henrygun auf den Town Mayor. Er kam damit Boulder zuvor. Die Mündung der Waffe des Town Mayors wies noch auf den Boden.

„Keine Bewegung!“, gebot der Kopfgeldjäger mit stählern klingender Stimme. „Go on, Partner!“ Rückwärtsgehend zog sich McQuade hinter den Schuppen zurück. Als er sich nicht mehr im Blickfeld der Männer aus Arivaca befand, wirbelte er herum, mit zwei Sätzen war er bei dem Falben, er riss sich regelrecht in den Sattel und setzte rücksichtslos die Sporen ein.

Im Hof trampelten schnelle Schritte. Jemand brüllte irgendetwas. McQuade feuerte den Falben mit dem langen Zügelende und schrillem Geschrei an. Wie ein Pfeil flog das Tier dahin. Gray Wolf hatte keine Mühe, mitzuhalten. Einige Schüsse krachten. Aber McQuade zerrte das Pferd mal nach links, mal nach rechts, und so bot er kein Ziel. Schließlich jagte er über eine Bodenwelle und entschwand den Blicken der Männer auf der Ranch. Er sah nicht, wie sie zu ihren Pferden eilten, sich in die Sättel warfen und die Tiere unbarmherzig antrieben.

*

McQuade wandte sich nach Osten. Er musste Scott Hatcher und Dan Beaver finden, bevor das Aufgebot aus Arivaca sie aufstöberte. Es hätte den Tod der beiden Männer bedeutet. Während der vergangenen Minuten, in denen das Gelände unter den trappelnden Hufen nach hinten wegzufliegen schien, waren dem Texaner einige Zusammenhänge klar geworden. Die Rustler waren in der Stadt zu suchen. Wahrscheinlich lebte der ganze Ort vom Viehdiebstahl. Es war ein Banditennest.

Die Rolle, die Mike Williams in der Inszenierung gespielt hatte, war McQuade nicht klar. Er ging nach wie vor davon aus, dass Williams zur Mannschaft der Cerro Colorado Ranch gehörte.

Als er, McQuade, in Arivaca aufkreuzte, musste ein Hammel gefunden werden, den man zur Schlachtbank führen konnte. In der Stadt hatte jeder eine Rolle inne, und Regisseur war der Town Mayor. Ja, es musste jemand gefunden werden, der sich anbot, auf diesem Altar von Niedertracht und Skrupellosigkeit geopfert zu werden. Und niemand eignete sich besser als die Männer von der Cerro Colorado Ranch, von deren Schuld McQuade noch bis vor wenigen Minuten hundertprozentig überzeugt war.

Und darum hatte man auf der Ranch kurzen Prozess gemacht. Larkin, Garrett, Hatcher und Beaver sollten kein Gelegenheit bekommen, ihre Unschuld zu beweisen, sondern für immer schweigen. Für den County Sheriff würde es keinen Grund geben, nach Arivaca zu kommen. Die wahren Viehdiebe und Mörder würden niemals zur Rechenschaft gezogen werden.

Es stank zum Himmel.

Der Kopfgeldjäger lenkte den Falben auf eine Anhöhe, zügelte ihn und schaute in die Richtung, aus der er gekommen war. Etwa dreihundert Yard entfernt jagten seine Verfolger über einen Hügelrücken.

McQuade setzte seine Flucht fort. Auf einen Kampf konnte er sich nicht einlassen. Das Verhältnis stand eins zu acht – ein absolut tödliches Verhältnis. Sein Tod hätte auch den Tod von Scott Hatcher und Dan Beaver bedeutet.

McQuade ritt in eine Senke. Sie war mit Gras bewachsen und auf ihr weideten wohl an die tausend Longhorns. Der Kopfgeldjäger ließ seinen Blick schweifen. Und er sah am westlichen Rand der Ebene vor der Kulisse eines Hügels eine kleine Hütte, die sich farblich kaum vom Hintergrund abhob. McQuade trieb den Falben wieder an. Die Hufe des Tieres wirbelten.

Aus der Hütte traten zwei Männer. Da die Sonne schon weit im Westen stand und der Kopfgeldjäger aus dieser Richtung kam, beschatteten sie mit der flachen Hand die Augen. McQuade riss wenige Pferdelängen vor der Hütte den Falben zurück. Das Tier brach auf den Hanken ein, die Hufe schlitterten über den Boden und hinterließen tiefe Spuren. Erdreich spritzte.

„Auf die Pferde!“, rief McQuade. „Gleich wird ein Aufgebot aus Arivaca auftauchen, um euch zu töten. Macht schon! Larkin und Garrett sind tot!“

Scott Hatcher und Dan Beaver starrten McQuade an, als hätte er den größten Unsinn aller Zeiten verzapft.

„Es ist Ernst!“, stieß McQuade hervor. „Schwingt euch auf die Gäule und reitet die Sättel heiß. Sonst seid ihr innerhalb der nächsten Minuten tot.“

„Verdammt, Mann, was redest du da?“, fragte einer der beiden. In diesem Augenblick stob auf der anderen Seite der Ebene die Reiterschar zwischen zwei Hügeln hervor.

Das Unheil näherte sich wie ein Sturm. Noch konnte man die Gesichter der Reiter nicht erkennen. Aber der Hauch von Grimm und Entschlossenheit, der von ihnen ausstrahlte, war unverkennbar. McQuade spürte den Strom des Vernichtungswillens, der von der näherbrandenden Schar ausging und zwang sich dazu, ihren Anblick zu ertragen.

Plötzlich schienen auch Hatcher und Beaver zu begreifen. Sie rannten zu dem kleinen Seilcorral, in dem ihre Pferde unter den Sätteln standen, zogen die Bauchriemen straff und saßen auf. Wie eine Brandungswelle schlug das Hufgetrappel heran. Es mutete an wie eine Botschaft von Untergang und Tod.

McQuade schoss zweimal in die Richtung des herantobenden Pulks. Das Rudel riss auseinander. Einige Schüsse krachten. Hatcher und Beaver trieben die Pferde an und flohen nach Osten zwischen zwei Hügel. McQuade zerrte den Falben herum und sprengte hinter ihnen her. Es gelang ihm, die beiden Cowboys einzuholen. Als er einmal über die Schulter nach hinten schaute, konnte er ihre Verfolger einen Abhang hinunterjagen sehen.

Der Kopfgeldjäger stellte sich auf eine erbarmungslose Hetzjagd ein. Gary Boulder und sein höllischer Anhang würden alles daransetzen, ihn für immer zum Schweigen zu bringen, denn ihnen war klar, dass sie verspielt hatten, wenn es ihm – McQuade - gelang, den County Sheriff bezüglich der Vorgänge in Arivaca zu informieren.

Es waren Wölfe im Schafspelz. McQuade hatte ihnen die Maske der Biedermänner von den Gesichtern gerissen. Sie würden nicht ruhen, bis sie ihn samt seinem Wissen ins Grab geschickt hatten.

Es war ein Wettlauf mit dem Tod. Die Pferdehufe wirbelten. Ringsum buckelten Hügel. McQuade und seine Begleiter peitschten die Pferde schonungslos über Stock und Stein. Vor den Nüstern der Tiere bildete sich weißer Schaum. Die Pferde rannten mit weit aufgerissenen Mäulern. Ihr Fell war dunkel vom Schweiß. Gray Wolfs Zunge hing weit aus dem Maul. Der Wolfshund hechelte.

Die Verfolger holten zwar nicht auf, aber sie ließen sich auch nicht abschütteln.

Die Pferde der drei Gejagten rannten, als wüssten sie, dass Leben oder Tod von ihrer Schnelligkeit und Ausdauer abhingen. Aber irgendwann würden sie nicht mehr können, würde der rasende Hufewirbel langsamer werden und schließlich würden die Tiere nur noch dahintaumeln.

So weit wollte es McQuade nicht kommen lassen. „Da hinauf!“, schrie er und der scharfe Reitwind riss ihm die Worte regelrecht von den Lippen. Er zerrte den Falben halb um die rechte Hand und jagte ihn einen Abhang hinauf, der mit Büschen bewachsen war und aus dem sich sporadisch Felsen in allen Größen und Formen erhoben.

Scott Hatcher und Dan Beaver folgten dem Kopfgeldjäger. Die Pferde röchelten und röhrten. Auf halber Höhe des Hanges sprang McQuade ab. Er führte den Falben in den Schutz eines übermannshohen, zerklüfteten Felsens und band ihn an den Stamm eines dornigen Strauches. Die Flanken des treuen Tieres zitterten, seine Lungen pumpten.

Auch die beiden Cowboys zerrten ihre Pferde in Deckung. „Hölle!“, keuchte Scott Hatcher, ein dunkelhaariger Bursche Mitte dreißig. „Du bist uns eine Erklärung schuldig, Mister.“

„Alles zu seiner Zeit!“, versetzte McQuade knapp und lief, das Gewehr in der Hand, zu einem hüfthohen Felsen, der ihm als Deckung dienen sollte. Gray Wolf wich nicht von seiner Seite. Als sich der Kopfgeldjäger duckte, legte sich der Wolfshund bäuchlings auf den Boden.

Die Kavalkade stob in halsbrecherischer Karriere über einen nicht sehr hohen Kamm. Der Reitwind stellte die Krempen der Hüte auf den Köpfen der Reiter vorne senkrecht auf, riss den weißen Schaum von den Nüstern der Pferde und trieb ihn gegen die Beine der Männer aus Arivaca.

Auch Hatcher und Beaver gingen mit ihren Gewehren in Deckung. „Was wollen die von uns?“, rief Beaver geradezu entsetzt und mit Rastlosigkeit im Gesicht. „Hat diese Meute Larkin und Garrett tatsächlich umgelegt?“

„Geduldet euch!“, presste McQuade hervor und begann zu feuern. Er nahm sich nicht die Mühe, genau zu zielen und jagte seine Schüsse einfach in die Masse der heranbrausenden Reiter und Pferde hinein. Pferde gingen nieder und überschlugen sich, die Reiter wurden abgeworfen. Im Handumdrehen wälzte sich ein Knäuel ineinander verkeilter Pferde und Menschenleiber am Boden. Wiehern und Geschrei erhob sich. Die Reiter, die den Kugeln entgangen waren, rissen die Pferde herum und flohen. Zwei – drei Pferde, die gestürzt waren, kamen voll Panik hoch, stiegen, vollführten Bocksprünge und flohen dann, als säße ihnen der Leibhaftige im Genick.

Zwei der Reiter krochen in die Deckung toter Pferde. Einer lag still.

Auch Hatcher und Beaver feuerten. Pulverdampf wölkte. Die Detonationen verschmolzen ineinander und wurden von den Echos vervielfältigt. Schließlich aber waren die Reiter aus Arivaca in Sicherheit. Die Gewehre verstummten. Das Hufgetrappel war abgebrochen. Wie ein Leichentuch senkte sich die Stille auf das hügelige Land.

*

„Wer bist du, Mister, und was ist der Grund dafür, dass uns die Kerle aus Arivaca jagen wie ein paar Wölfe, die in ihren Schafpferch eingebrochen sind?“

„Arivaca ist eine Banditenstadt“, antwortete McQuade. „Die Einwohner leben vom Viehdiebstahl. Ich bin den Viehdieben gefolgt. Einer erwartete mich, es kam zum Kampf, er starb und der Zufall führte mich nach Arivaca. Bei dem Toten handelte es sich um einen Mann namens Mike Williams.“

McQuade beobachtete die Reaktion, die die Nennung des Namens bei Hatcher und Beaver auslöste. Sie schauten ihn betroffen an. Dann grollte Scott Hatcher: „Mike ritt bis vor drei Wochen für die Cerro Colorado Ranch. Er ist ein Halbbruder von Gary Boulder. Vor drei Wochen schmiss er hin, um nach Arivaca zu ziehen. Uns erzählte er, dass er die Nase voll habe vom Kühe hüten und dass er sich in der Stadt eine Existenz aufbauen wolle.“ Hatcher kratzte sich am stoppelbärtigen Kinn. „Was hat das alles mit uns zu tun? Aus welchem Grund wollen uns die Leute aus der Stadt ans Leder?“

„Man berichtete mir, dass Williams zur Mannschaft der Cerro Colorado Ranch gehört, und so ging ich davon aus, dass die Cerro Colorado-Mannschaft die Viehdiebstähle oben in der Gegend von Tucson begangen hat. Der Town Mayor stellte kurzerhand ein Aufgebot zusammen und wir ritten zur Ranch. Ich war nach wie vor der Überzeugung, dass die Banditen auf der Ranch zu suchen sind. Erst, nachdem Larkin und Garrett kaltblütig erschossen worden waren, fiel es mir wie Schuppen von den Augen und mir wurde klar, dass ihr Burschen von der Ranch als Viehdiebe präsentiert werden solltet, und zwar so, dass ihr keine Möglichkeit mehr gehabt hättet, euch zu verteidigen - nämlich tot und für alle Zeiten zum Schweigen verurteilt.“

„Großer Gott, das - das übersteigt mein Begriffsvermögen“, stöhnte Scott Hatcher. „Wer heckt sich eine derartige Teufelei aus?“

„Gary Boulder. Wobei davon auszugehen ist, dass der gesamte Ort unter einer Decke steckt. Indem sie euch als Viehdiebe präsentiert hätten, hätte der County Sheriff keine Veranlassung mehr gehabt, nach Arivaca zu kommen und Ermittlungen anzustellen. Es ist eine ganz einfache Rechnung.“

„Aber sie geht nicht auf!“, stieß Dan Beaver grimmig hervor.

„Ich schlage vor, dass wir verschwinden“, knurrte Scott Hatcher. „Wahrscheinlich schleichen diese Aasgeier schon um uns herum wie die Füchse um den Hühnerstall.“

McQuade sagte nichts. Sichernd schaute er um sich. Es gab ringsum Anhöhen, von denen aus sie ihre Gegner unter Feuer nehmen konnten, und zwar von mehreren Seiten gleichzeitig. Hier konnten sie in der Tat nicht bleiben. Aber die Pferde waren am Ende und mussten sich erholen.

Es war, als hätten sich die Reiter der Posse in Luft aufgelöst. Die Atmosphäre war angespannt, die Luft schien vor Elektrizität zu knistern wie vor einem schweren Gewitter.

„Warum sagst du nichts, McQuade?“, stieß Hatcher hervor. „Sie werden uns in die Zange nehmen, und unsere Chancen sind die eines Schneeballs in der Hölle.“

„Wir müssen die Pferde noch ein wenig verschnaufen lassen“, antwortete der Kopfgeldjäger. „Auf ihre Kraft und Ausdauer sind wir vielleicht angewiesen.“ McQuade riss das Gewehr an die Schulter und jagte einen Schuss hangabwärts, wo einer der Kerle, die im Schutz der toten Pferde lagen, den Kopf gehoben hatte, um über den Kadaver äugen zu können.

Der Bursche zog den Kopf ein, sein Gefährte jagte einige Schüsse nach oben. Blei klatschte gegen Felsgestein, wurde platt gedrückt und quarrte als Querschläger davon. Der Krach war Ohren betäubend, brach im nächsten Moment aber ab und nervenzerrende Stille schloss sich an.

„Zum Henker damit!“, knirschte Scott Hatcher nach einer Weile, in der nichts geschah. „Ich halte das nicht mehr aus.“ Er sprang auf, rannte geduckt zu seinem Pferd, löste mit einem Griff die Leine von dem Strauch und warf sich in den Sattel.

„Narr!“, brüllte McQuade. „Du kommst nicht weit!“

Hatcher hämmerte dem Tier die Sporen in die Seiten. Das Pferd streckte sich. An verschiedenen Stellen begannen Gewehre zu peitschen. Die Geschosse rissen Scott Hatcher vom Pferd, als hätte ihn die Faust des Satans getroffen. Er überrollte sich einige Male am Boden, dann blieb er seltsam verrenkt liegen. Das Pferd, von den Schüssen in Panik versetzt, stob weiter.

Aus Dan Beavers Gesicht schien der letzte Blutstropfen gewichen zu sein. Seine Lippen zuckten, sein Blick drückte Fassungslosigkeit aus. „Du lieber Himmel“, keuchte er und seine Stimmbänder wollten ihm kaum gehorchen. „Das – das ist ja …“ Er griff sich an die Stirn. Wie hypnotisiert starrte er auf die reglose Gestalt seines Kameraden. Plötzlich brüllte er: „Mörder! Dreckige Mörder! Dafür wird man euch am Hals aufhängen. Boulder, he, Boulder, hörst du mich?“

„Ehe die Sonne untergeht wirst auch du in der Hölle schmoren, Beaver!“, erklang es. „Und du, McQuade, wirst den Narren von der Cerro Colorado Ranch dort unten beim Satan Gesellschaft leisten. Ich werde einen Boten nach Tucson zu Troy Howell schicken, und der wird dem dämlichen Sternschlepper erzählen, dass du von den Viehdieben auf der Cerro Colorado Ranch umgelegt worden bist und dass wir die Kerle zur Rechenschaft gezogen haben.“

„Noch lebe ich, Boulder!“, rief McQuade.

„Wie lange noch, McQuade? An deiner Stelle würde ich anfangen zu beten. Du kennst doch sicher ein Gebet. Sprich es jetzt. Viel Zeit hast du nicht mehr.“

McQuade spähte den Abhang hinauf. Ihm war klar, dass er und Dan Beaver verloren waren, wenn es einem der Banditen gelang, oben bei den Felsen Stellung zu beziehen. Sie würden sich dem Schützen wie auf einem Präsentierteller darbieten. Der Kopfgeldjäger entschloss sich von einem Augenblick zum anderen. „Halt du hier die Stellung, Beaver“, gebot er. „Ich versuche, oben Position zu beziehen. Schieß auf alles, was sich bewegt. Du brauchst auf keinen dieser Kerle Rücksicht zu nehmen. Keiner von ihnen verdient Schonung.“

Dan Beaver atmete tief durch und nickte. „Das habe ich längst begriffen“, knurrte er. „Es sind skrupellose Mörder.“

McQuade peilte einen Felsen etwa zehn Schritte weiter oben auf dem Abhang an. Es galt, ein Stück Terrain ohne den geringsten Schutz zu überwinden. Der Kopfgeldjäger zögerte. Zehn Schritte, auf denen er den Gewehren der Schufte ausgeliefert war. Schließlich gab er sich einen Ruck und hetzte geduckt los. Gray Wolf folgte ihm augenblicklich.

Gewehrschüsse peitschten. Kugeln schlugen neben McQuade ein. Ein Geschoss zupfte an seinem Mantelärmel. Er glaubte den Gluthauch eines Projektils auf der Wange zu spüren. Weiter unten feuerte Dan Beaver und versuchte mit seinem Blei die Banditen in Deckung zwingen und dem Kopfgeldjäger Feuerschutz zu geben. Keuchend warf sich der Texaner schließlich hinter den Felsen zu Boden und riss das Gewehr hoch. Über einem Felsen auf der Kuppe eines Hügels etwa fünfzig Yards entfernt zerflatterte Pulverdampf.

McQuade feuerte dreimal. Das Feuer wurde sofort mit wilder Verbissenheit erwidert. Schüsse peitschten und verdichteten sich zu einem einzigen, lauten Knall. Das durchdringende Heulen der Querschläger sickerte zwischen die Hügel, brüllendes Echo hallte von den Hängen wider.

Die Detonationen vermischten sich zu einer Art Höllensymphonie.

Dann trat Stille ein.

McQuade lugte über seine Deckung hinweg. Der Wolfshund lag hechelnd neben ihm.

Die nächste Deckung war gut fünfzehn Schritte entfernt. Es war ein dichtes Gebüsch, zwischen dem einige Felsbrocken lagen. Keine 100-prozentig sichere Deckung. Aber er musste das Risiko eingehen. Er durfte sich nicht hier am Hang festnageln lassen.

Also setzte er zum Spurt an. Geduckt lief er in Zickzacklinie auf die dürren Büsche zu, die ihm als einzige Schutz versprachen. Mit einem Hechtsprung warf er sich dahinter. Wieder wurde er unter Feuer genommen. Die Kugeln peitschten durchs Gebüsch, konnten ihm aber nichts anhaben, denn er lag hinter einem der Gesteinsbrocken, an dem die eine oder andere Kugel abprallte oder sirrend abgefälscht wurde. Zweige und Blätter regneten auf den Kopfgeldjäger hernieder.

Bis zur Kuppe des Hügels lagen noch mindestens fünfzig Yards vor McQuade. Siedendheiß durchfuhr ihn der Gedanke, dass einer der Banditen vor ihm dort oben ankommen könnte.

Dem Fegefeuer seiner quälenden Gedanken ausgesetzt hielt der Texaner nach der nächsten Deckung Ausschau …

*

McQuade und Gray Wolf kamen oben an. Sie rannten um die Felsen herum, die ihnen den Weg versperrten – und standen plötzlich zwei Gegnern gegenüber, die von der anderen Seite den Hügel erklommen hatten. McQuade überwand seine Überraschung augenblicklich, zog das Gewehr an die Hüfte und feuerte. Gray Wolf griff im selben Moment an an. Und während der Mann, den McQuade Kugel traf, zusammenbrach, riss der schwere Wolfshund den anderen von den Beinen. Er schrie entsetzt auf, und dann war Gray Wolf über ihm und der gefährliche Fang schlug dicht vor seinem Gesicht zusammen.

„Zurück, Partner!“, ordnete der Kopfgeldjäger an. Der Wolfshund wich zurück, McQuade schlug mit dem Gewehr zu. Mit einem Seufzer auf den Lippen fiel der Getroffene in Ohnmacht. Der Texaner fesselte ihn mit den Handschellen, die er in der Manteltasche mit sich trug, dann beugte er sich über den anderen. Der hatte seine Kugel zwischen die Augen bekommen. Ihm konnte keine Macht der Welt mehr helfen.

„Gut gemacht, Partner“, lobte McQuade den Wolfshund und strich ihm über den Kopf. Gray Wolf schmiegte sich gegen das Bein seines Herrn und fiepte leise.

McQuade lief zu den Felsen, postierte sich zwischen ihnen und spähte nach unten. Er konnte Dan Beaver sehen, der hinter einem Felsblock kauerte, und er sah aus dieser Perspektive die beiden Kerle, die noch immer in der Deckung der getöteten Pferde lagen. Der Texaner zielte und drückte ab. Die Kugel fuhr einem der Banditen in den Oberschenkel. Ohne von einem bewussten Willen geleitet zu werden warf er sich mit einem schrillen Aufschrei – vom jähen Schmerz überwältigt - herum, sein Oberkörper kam hoch, er ließ das Gewehr fallen und griff mit beiden Händen nach seinem Bein.

Dan Beaver jagte ihm eine Kugel ins Herz. Der Bandit kippte um. Den anderen riss es regelrecht in die Höhe. Breitbeinig stand er da, jagte Schuss um Schuss aus dem Lauf, wirbelte plötzlich herum und floh, Haken schlagend wie ein Hase auf einen Hügeleinschnitt zu.

McQuade und Dan Beaver schossen gleichzeitig. Der Bandit wurde herumgerissen und brach sterbend zusammen.

„Noch drei“, murmelte McQuade. Seine Stimme hob sich. „Vorwärts, Partner, mischen wir den Halunken auf.“ Gefolgt von Gray Wolf lief er den Abhang hinunter. Unten, im Schutz einer Gruppe von Felsen, standen zwei Pferde. McQuade vermutete, dass sie den beiden Männern gehörten, von denen einer tot und der andere gefesselt auf dem Hügelrücken lagen.

Auf der anderen Seite des Hügels dröhnten Schüsse. Der Kopfgeldjäger beeilte sich, lief halb um die Anhöhe herum und sah einen ihrer Gegner bei einem Felsen kauern. Der Bursche wandte ihm den Rücken zu. McQuade hielt an. „He, Hombre!“

Der Bursche warf sich herum. Ehe er anlegen konnte, schoss ihn der Texaner von den Beinen. McQuade repetierte und hastete weiter. Die beiden letzten Banditen, die noch kämpfen konnten, heizten Dan Beaver mit ihren Schüssen ein. McQuade kniete bei einem Felsen ab. Beaver erwiderte nicht das Feuer der beiden. Entweder war ihm die Munition ausgegangen, oder sie hatten ihn außer Gefecht gesetzt. Plötzlich stellten auch die beiden Banditen das Feuer ein.

McQuade konnte keinen von ihnen sehen, wusste aber, wo sie steckten. Er wartete. Auf dem Hang, wo sich Dan Beaver hinter einem Felsen verschanzt hatte, rührte sich nichts.

Und plötzlich sah der Texaner einen der Kerle.

Er glitt um einen Felsen herum und bewegte sich leicht nach vorne gekrümmt. Das Gewehr hielt er an der Seite im Anschlag, den Kolben hatte er sich unter die Achsel geklemmt.

Eine Stimme erklang: „Keine Sorge, Amos, ich gebe dir notfalls Feuerschutz. Wahrscheinlich haben die anderen oben McQuade erwischt. Geh nur …“

Ein Schuss knallte. Wie ein gefällter Baum kippte der Bursche namens Amos über seine Absätze nach hinten, schlug lang hin und gab kein Lebenszeichen mehr von sich.

Der Bandit, der eben gesprochen hatte, schoss dreimal in rasender Folge. Seine Kugeln klatschten gegen den Felsen, der Beaver deckte, durchdringend heulten die Querschläger, dann stellte er das Feuer ein. Einige Sekunden verrannen, dann kamen trommelnde Hufschläge auf.

Der letzte der Banditen ergriff die Flucht.

McQuade wartete minutenlang ab. Die Hufschläge waren verklungen. Die Ruhe mutete unwirklich und erdrückend an, irgendwie trügerisch und falsch. Der Kopfgeldjäger richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Es war eine Herausforderung an das Schicksal. Die Anspannung brachte McQuades Nerven zum vibrieren. Langsam drehte er sich auf der Stelle, mit dem Gewehr seiner Blickrichtung folgend.

Nichts geschah.

Jetzt wuchs auch Dan Beavers Gestalt auf halber Höhe des Abhanges hinter dem Felsen in die Höhe. Beaver hielt das Gewehr schussbereit. McQuade schritt zu dem Burschen hin, den der andere Bandit Amos genannt hatte. Ein Blick in die gebrochenen Augen des Mannes sagte dem Texaner, dass die Kugel unter sein Leben einen blutigen Schlussstrich gezogen hatte.

McQuade stieg den Abhang empor. Bei Beaver angelangt sagte er: „Oben liegt einer, in dem noch Leben ist. Ich habe ihn gefesselt. Bleib du hier und halt die Augen offen. Ich hole den Hombre.“

„Ich habe dir mein Leben zu verdanken, McQuade“, murmelte Dan Beaver. „Wenn du nicht gewesen wärst, dann hätten sie mich eiskalt abserviert.“

„Wenn ich nicht gewesen wäre, dann würden Larkin, Garrett und Hatcher noch leben“, verbesserte der Kopfgeldjäger und ein hohes Maß an Verbitterung lag im Tonfall seiner Stimme.

Begleitet von Gray Wolf stieg er den Hügel empor.

*

Der Bandit, den McQuade mit einem Schlag außer Gefecht gesetzt und gefesselt hatte, war bei Besinnung. Der Kopfgeldjäger zerrte ihn auf die Beine und trieb ihn den Abhang hinunter. Als sie bei Dan Beaver ankamen, stieß dieser hervor:

„Das ist John Crawford. In der Stadt spielte er die Rolle des Hoteliers. O verdammt, Crawford! Welcher Teufel hat euch geritten, als ihr losgezogen seid, um irgendwo Rinder zu stehlen?“

Crawford setzte sich auf einen Felsblock. Seine Augen flackerten, seine Backenknochen mahlten. „Es war Boulders Idee“, murmelte er. „Die Menschen in der Stadt waren mehr und mehr verarmt. Wir waren darauf angewiesen, uns selbst zu versorgen. Es gab nur eine Alternative, nämlich alles liegen und stehen zu lassen und aus Arivaca wegzuziehen. Wir hätten irgendwo wieder ganz von vorne anfangen müssen. Das wollten die meisten von uns nicht.“

„Was für ein Irrsinn“, knurrte McQuade. „Weil ihr euch scheutet, einen Neuanfang in irgendeinem anderen Teil des Landes zu machen, habt ihr euch zu Dieben und Mördern degradiert. Mir fehlen die Worte.“

Zusammen mit Dan Beaver trug McQuade die Toten zusammen. Gary Boulder war nicht unter ihnen. Ihm war als einzigem die Flucht gelungen. Sie fingen auch die Pferde ein, soweit sie sie in der Nähe aufspürten. Nachdem sie die Toten aufgeladen hatten, machten sie sich auf den Weg nach Tubac, einer Stadt am Santa Cruz River, etwa zwanzig Meilen von Arivaca entfernt. Nach Arivaca konnten sie sich nicht wagen, denn dort gab es noch eine Reihe von Männern, die mit Boulder und jenen, die sich dem Aufgebot angeschlossen hatten, gemeinsame Sache machten.

Den Gefangenen wollte McQuade nach Tucson schaffen, damit er dem County Sheriff gegenüber eine Aussage machen konnte.

Es war finster, als sie Tubac erreichten. In dem Ort gab es einen Deputy. Er war allerdings nicht dem Sheriff des Pima County unterstellt, denn Tubac lag im Santa Cruz County und der County Sheriff saß in Nogales. John Crawford verbrachte die Nacht im Jail. Am Morgen brach McQuade mit seinem Gefangenen auf. Dan Beaver ritt zur Cerro Colorado Ranch, um seine toten Gefährten Larkin und Garrett zu beerdigen. Dann wollte er dem Kopfgeldjäger nach Tucson folgen, um sich dort dem Ankläger als Zeuge zur Verfügung zu stellen.“

McQuade hatte nicht vor, Gary Boulder zu jagen und zu stellen. Nach ihm sollte der County Sheriff offiziell die Fahndung einleiten. Außerdem war davon auszugehen, dass John Crawford die Namen von Männern nennen würde, die in Arivaca lebten und an den Viehdiebstählen beteiligt waren. Denn die Diebstähle wurden nicht immer von denselben Leuten ausgeübt. Die männlichen Einwohner von Arivaca hatten sich abgewechselt. Die gestohlenen Rinder waren nach Mexiko verkauft worden. Die Erlöse teilten die Bürger unter sich auf.

McQuade folgte dem Santa Cruz River nach Norden. Er benutzte den Reit- und Fahrweg, der parallel zum Fluss verlief. Es war kühl, auf den Blättern der Sträucher und im Gras glitzerte der Tau. Die Sonnenscheibe schien auf den Hügeln im Osten zu stehen. Lang fielen die Schatten der Bäume und Sträucher am Ufer auf den Fluss.

John Crawford ritt eine Pferdelänge vor dem Kopfgeldjäger. Dumpf pochten die Hufe auf dem ausgefahrenen Weg. Gray Wolf trottete neben dem Falben des Kopfgeldjägers her.

Längst hatten sie die Stadt hinter sich gelassen. Rechterhand und auf der anderen Seite des Flusses buckelten Hügel.

Hinter McQuade erklang eine brechende Stimme: „Hast du wirklich geglaubt, Menschenjäger, dass ich blindlings geflohen bin?“

McQuade zügelte den Falben, zerrte ihn herum und sah Gary Boulder, den verbrecherischen Town Mayor, am Rand des Ufergebüsches stehen. Die Mündung einer Henry Rifle starrte den Kopfgeldjäger an wie das hohle Auge eines Totenschädels. Der Mund des Banditen war höhnisch verzogen.

„Ich habe euch beobachtet, McQuade“, fuhr Boulder fort. „Und ich bin euch nach Tubac gefolgt. Heute Morgen sah ich dich dann mit meinem Freund John die Stadt verlassen. Du hast etwas gut bei mir, Menschenjäger. Das ist nun mal so bei mir. Ich bin noch keinem etwas schuldig geblieben.“

Er war sich seiner Sache ausgesprochen sicher. In seinen Augen glitzerte wilder Triumph.

„Ich hätte dich mit einer schnellen Kugel aus sicherer Deckung zum Satan schicken können, McQuade“, fuhr Boulder siegessicher fort. „Aber das wäre zu gnädig gewesen. Du hättest nicht mal erfahren, wer dich auf die Reise ohne Wiederkehr geschickt hat. Ich will dir aber in die Augen schauen, wenn ich dir meine Rechnung präsentiere, ich will die Angst in deinem Gesicht wühlen sehen. Farewell, McQuade. Grüß Larkin und die anderen Dummköpfe von mir.“