Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
"Wie es euch gefällt" begleitet die Heldin Rosalind, die in Begleitung ihrer Cousine Celia vor der Verfolgung am Hof ihres Onkels flieht, um im Wald von Arden Sicherheit und schließlich auch Liebe zu finden. Im Wald treffen sie auf eine Vielzahl denkwürdiger Figuren, insbesondere auf den melancholischen Reisenden Jaques, der viele von Shakespeares berühmtesten Reden hält.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 112
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
William Shakespeare
Wie es euch gefällt
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Wie es euch gefällt
Erster Aufzug
Zweiter Aufzug
Dritter Aufzug
Vierter Aufzug
Fünfter Aufzug
Epilog
Impressum neobooks
Olivers Garten.
Orlando und Adam treten auf.
ORLANDO. So viel ich mich erinnre, Adam, war es folgendergestalt. Er vermachte mir im Testament nur ein armes Tausend Kronen, und, wie du sagst, schärfte meinem Bruder bei seinem Segen ein, mich gut zu erziehn, und da hebt mein Kummer an. Meinen Bruder Jakob unterhält er auf der Schule, und das Gerücht sagt goldne Dinge von ihm. Was mich betrifft, mich zieht er bäurisch zu Hause auf, oder eigentlicher zu sagen, behält mich unerzogen hier zu Hause. Denn nennt Ihr das Erziehung für einen Edelmann von meiner Geburt, was vor der Stallung eines Ochsen nichts voraus hat? Seine Pferde werden besser besorgt: denn außer dem guten Futter lernen sie auch ihre Schule, und zu dem Ende werden Bereiter teuer bezahlt; aber ich, sein Bruder, gewinne nichts bei ihm als Wachstum, wofür seine Tiere auf dem Mist ihm ebenso verpflichtet sind wie ich. Außer diesem Nichts, das er mir im Überfluß zugesteht, scheint sein Betragen das Etwas, welches die Natur mir gab, von mir zu nehmen: er läßt mich mit seinen Knechten essen, versperrt mir den brüderlichen Platz, und, so viel an ihm liegt, untergräbt er meinen angebornen Adel durch meine Erziehung. Das ist's, Adam, was mich betrübt, und der Geist meines Vaters, der, denke ich, auf mir ruht, fängt an, sich gegen diese Knechtschaft aufzulehnen. Ich will sie nicht länger ertragen, wiewohl ich noch kein kluges Mittel weiß, ihr zu entgehen.
ADAM. Dort kommt mein Herr, Euer Bruder.
Oliver tritt auf.
ORLANDO. Geh beiseit, Adam, und du sollst hören, wie er mich anfährt.
OLIVER. Nun, Junker, was macht Ihr hier?
ORLANDO. Nichts. Man hat mich nicht gelehrt, irgend etwas zu machen.
OLIVER. Was richtet Ihr denn zu Grunde?
ORLANDO. Ei, Herr, ich helfe Euch zu Grunde richten, was Gott gemacht hat, Euren armen unwerten Bruder, mit Nichtstun.
OLIVER. Beschäftigt Euch besser, und seid einmal nichtsnutzig!
ORLANDO. Soll ich Eure Schweine hüten und Trebern mit ihnen essen? Welches verlornen Sohns Erbteil habe ich durchgebracht, daß ich in solch Elend geraten müßte?
OLIVER. Wißt Ihr, wo Ihr seid, Herr?
ORLANDO. O Herr, sehr gut! hier in Eurem Baumgarten.
OLIVER. Wißt Ihr, vor wem Ihr steht?
ORLANDO. Ja, besser als der mich kennt, vor dem ich stehe. Ich kenne Euch als meinen ältesten Bruder, und nach den sanften Banden des Bluts solltet Ihr mich ebenso kennen. Die Begünstigung der Nationen gesteht Euch Vorrechte vor mir zu, weil Ihr der Erstgeborne seid; aber derselbe Gebrauch beraubt mich meines Blutes nicht, wären auch zwanzig Brüder zwischen uns. Ich habe so viel vom Vater in mir als Ihr, obwohl Ihr der Verehrung, die ihm gebührt, näher seid, weil Ihr früher kamt.
OLIVER. Was, Knabe?
ORLANDO. Gemach, gemach, ältester Bruder! Dazu seid Ihr zu jung.
OLIVER. Willst du Hand an mich legen, Schurke?
ORLANDO. Ich bin kein Schurke: ich bin der jüngste Sohn des Freiherrn Roland de Boys. Er war mein Vater, und der ist dreifach ein Schurke, der da sagt, solch ein Vater konnte Schurken zeugen. Wärst du nicht mein Bruder, so ließe meine Hand deine Kehle nicht los, bis diese andre dir die Zunge für dies Wort ausgerissen hätte. Du hast dich selbst gelästert.
ADAM. Liebe Herren, seid ruhig! Um des Andenkens eures Vaters willen, seid einträchtig!
OLIVER. Laß mich gehn, sag' ich.
ORLANDO. Nicht eher, bis mir's gefällt: Ihr sollt mich anhören. Mein Vater legte Euch in seinem Testament auf, mir eine gute Erziehung zu geben. Ihr habt mich wie einen Bauern groß gezogen, habt alle Eigenschaften, die einem Edelmann zukommen, vor mir verborgen und verschlossen gehalten. Der Geist meines Vaters wird mächtig in mir, und ich will es nicht länger erdulden: darum gesteht mir solche Übungen zu, wie sie dem Edelmann geziemen, oder gebt mir das geringe Teil, das mir mein Vater im Testament hinterließ, so will ich mein Glück damit versuchen.
OLIVER. Und was willst du anfangen? Betteln, wenn das durchgebracht ist? Gut, geht nur hinein, ich will mich nicht lange mit Euch quälen, Ihr sollt zum Teil Euren Willen haben: ich bitt' Euch, laßt mich nur!
ORLANDO. Ich will Euch nicht weiter belästigen, als mir für mein Bestes notwendig ist.
OLIVER. Packt Euch mit ihm, alter Hund!
ADAM. Ist »alter Hund« mein Lohn? Doch es ist wahr, die Zähne sind mir in Eurem Dienst ausgefallen. – Gott segne meinen alten Herrn, er hätte solch ein Wort nicht gesprochen.
Orlando und Adam ab.
OLIVER. Steht es so? Fängst du an, mir über den Kopf zu wachsen? Ich will dir den Kitzel vertreiben, und die tausend Kronen doch nicht geben. He, Dennis!
Dennis kommt.
DENNIS. Rufen Euer Gnaden?
OLIVER. Wollte nicht Charles, des Herzogs Ringer, mit mir sprechen?
DENNIS. Wenn es Euch beliebt, er ist hier an der Tür und bittet sehr um Zutritt zu Euch.
OLIVER. Ruft ihn herein!
Dennis ab.
Das wird eine gute Auskunft sein, und morgen ist der Wettkampf schon.
Charles kommt.
CHARLES. Euer Gnaden guten Morgen!
OLIVER. Guter Monsieur Charles! – Was sind die neuesten Neuigkeiten am neuen Hof?
CHARLES. Keine Neuigkeiten am Hof als die alten, nämlich daß der alte Herzog von seinem jüngeren Bruder, dem neuen Herzog, vertrieben ist, und drei oder vier getreue Herren haben sich in freiwillige Verbannung mit ihm begeben; ihre Ländereien und Einkünfte bereichern den neuen Herzog, darum gibt er ihnen gern Erlaubnis, zu wandern.
OLIVER. Könnt Ihr mir sagen, ob Rosalinde, des Herzogs Tochter, mit ihrem Vater verbannt ist?
CHARLES. O nein, denn des Herzogs Tochter, ihre Muhme, liebt sie so, da sie von der Wiege an zusammen aufgewachsen sind: sie wäre ihr in die Verbannung gefolgt, oder gestorben, wenn sie hätte zurückbleiben müssen. Sie ist am Hofe, und der Oheim liebt sie nicht weniger als seine eigne Tochter. Niemals haben sich zwei Frauen mehr geliebt als sie.
OLIVER. Wo wird sich der alte Herzog aufhalten?
CHARLES. Sie sagen, er ist bereits im Ardenner Wald, und viel lustige Leute mit ihm, und da leben sie wie Zigeunervolk. Es heißt, viele junge Leute strömen ihm täglich zu, und versaufen sorglos die Zeit, wie im goldnen Alter.
OLIVER. Sagt, werdet Ihr morgen vor dem Herzoge ringen?
CHARLES. Ganz gewiß, Herr, und ich komme, Euch etwas zu eröffnen. Man hat mich unter der Hand benachrichtigt, daß Euer jüngster Bruder Orlando gewillt ist, gegen mich verkleidet einen Gang zu wagen. Morgen, Herr, ringe ich für meinen Ruhm, und wer ohne zerbrochne Gliedmaßen davon kommt, wird von Glück zu sagen haben. Euer Bruder ist jung und zart, und um Euretwillen sollte es mir leid tun, ihn so zuzurichten, wie ich doch meiner eignen Ehre wegen müßte, wenn er sich stellt. Darum kam ich aus Liebe zu Euch her, Euch Nachricht davon zu geben, damit Ihr ihn entweder von seinem Vorhaben zurückhaltet, oder nicht übel nehmt, was über ihn ergeht, weil er sich's doch selber zugezogen hat, und es ganz gegen meinen Willen geschieht.
OLIVER. Charles, ich danke dir für deine Liebe zu mir, die ich freundlichst vergelten will, wie du sehn sollst. Ich habe selbst einen Wink von meines Bruders Absicht hierauf bekommen, und unter der Hand gearbeitet, ihn davon abzubringen, aber er ist entschlossen. Ich muß dir sagen, Charles, – er ist der hartnäckigste junge Bursch in Frankreich, voll Ehrgeiz, ein neidischer Nebenbuhler von jedermanns Gaben, ein heimlicher und niederträchtiger Ränkemacher gegen mich, seinen leiblichen Bruder. Darum tu' nach Gefallen: mir wär's so lieb, du brächest ihm den Hals als die Finger; und du magst dich nur vorsehn, denn wenn du ihm nur eine geringe Schmach zufügst, oder wenn er keine große Ehre an dir einlegen kann, so wird er dir mit Gift nachstellen, dich durch irgend eine Verräterei fangen, und nicht von dir lassen, bis er dich auf diese oder jene Weise ums Leben gebracht hat; denn ich versichre dir, und fast mit Tränen sage ich es, es lebt kein Mensch auf Erden, der so jung und so verrucht wäre. Ich spreche noch brüderlich von ihm; sollte ich ihn dir zergliedern, so wie er ist, so müßte ich erröten und weinen, und du müßtest blaß werden und erstaunen.
CHARLES. Ich bin herzlich erfreut, daß ich zu Euch kam. Stellt er sich morgen ein, so will ich ihm seinen Lohn geben. Wenn er je wieder auf die Beine kommt, so will ich mein Lebtag nicht wieder um den Preis ringen. Gott behüte Euer Gnaden! Ab.
OLIVER. Lebt wohl, guter Charles! – Nun will ich den Abenteurer anspornen. Ich hoffe, sein Ende zu erleben, denn meine Seele, ich weiß nicht warum, hasset nichts so sehr als ihn. Doch ist er von sanftem Gemüt, nicht belehrt und dennoch unterrichtet, voll edlen Trachtens, von jedermann bis zur Verblendung geliebt; und in der Tat so fest im Herzen der Leute, besonders meiner eignen, die ihn am besten kennen, daß ich darüber ganz gering geschätzt werde. Aber so soll es nicht lange sein, – dieser Ringer soll alles ins reine bringen. Es bleibt nichts zu tun übrig, als daß ich den Knaben dorthin hetze, was ich gleich ins Werk richten will. Ab.
Eine Esplanade vor des Herzogs Palast. Rosalinde und Celia treten auf.
CELIA. Ich bitte dich, Rosalinde, liebes Mühmchen, sei lustig!
ROSALINDE. Liebe Celia, ich zeige mehr Fröhlichkeit, als ich in meiner Gewalt habe, und du wolltest dennoch, daß ich noch lustiger wäre? Kannst du mich nicht lehren, einen verbannten Vater zu vergessen, so mußt du nicht verlangen, daß mir eine ungewöhnliche Lust in den Sinn kommen soll.
CELIA. Daran sehe ich, daß du mich nicht in so vollem Maße liebst, wie ich dich liebe. Wenn mein Oheim, dein verbannter Vater, deinen Oheim, den Herzog, meinen Vater, verbannt hätte, und du wärst immer bei mir geblieben, so hätte ich meine Liebe gewöhnen können, deinen Vater als den meinigen anzusehn. Das würdest du auch tun, wenn deine Liebe zu mir von so echter Beschaffenheit wäre, als die meinige zu dir.
ROSALINDE. Gut, ich will meinen Glücksstand vergessen, um mich an deinem zu erfreun.
CELIA. Du weißt, mein Vater hat kein Kind außer mir, und auch keine Aussicht, eins zu bekommen; und wahrlich, wenn er stirbt, sollst du seine Erbin sein: denn was er deinem Vater mit Gewalt genommen, will ich dir in Liebe wieder geben. Bei meiner Ehre, das will ich, und wenn ich meinen Eid breche, mag ich zum Ungeheuer werden! Darum, meine süße Rose, meine liebe Rose, sei lustig!
ROSALINDE. Das will ich von nun an, Mühmchen, und auf Späße denken. Laß sehen, was hältst du vom Verlieben?
CELIA. Ei ja, tu's, um Spaß damit zu treiben! Aber liebe keinen Mann in wahrem Ernst, auch zum Spaß nicht weiter, als daß du mit einem unschuldigen Erröten in Ehren wieder davon kommen kannst.
ROSALINDE. Was wollen wir denn für Spaß haben?
CELIA. Laß uns sitzen und die ehrliche Hausmutter Fortuna von ihrem Rade weglästern, damit ihre Gaben künftig gleicher ausgeteilt werden mögen.
ROSALINDE. Ich wollte, wir könnten das: denn ihre Wohltaten sind oft gewaltig übel angebracht, und am meisten versieht sich die freigebige blinde Frau mit ihren Geschenken an Frauen.
CELIA. Das ist wahr; denn die, welche sie schön macht, macht sie selten ehrbar, und die, welche sie ehrbar macht, macht sie sehr häßlich.
ROSALINDE. Nein, da gehst du über von Fortunens Amt zu dem der Natur: Fortuna herrscht in den weltlichen Gaben, nicht in den Zügen der Natur.
Probstein kommt.
CELIA. Nicht? wenn die Natur ein schönes Geschöpf gemacht hat, kann es Fortuna nicht ins Feuer fallen lassen? – Wiewohl uns die Natur Witz genug verliehen hat, um des Glückes zu spotten, schickt es nicht diesen Narren herein, dem Gespräch ein Ende zu machen?
ROSALINDE. In der Tat, da ist das Glück der Natur zu mächtig, wenn es durch einen natürlichen Einfaltspinsel dem natürlichen Witz ein Ende macht.
CELIA. Wer weiß, auch dies ist nicht das Werk des Glückes, sondern der Natur, die unsern natürlichen Witz zu albern findet, um über solche Göttinnen zu klügeln, und uns diesen Einfältigen zum Schleifstein geschickt hat: denn immer ist die Albernheit des Narren der Schleifstein der Witzigen. – Nun, Witziger? wohin wanderst du?
PROBSTEIN. Fräulein, Ihr müßt zu Eurem Vater kommen.
CELIA. Seid Ihr als Bote abgeschickt?
PROBSTEIN. Nein, auf meine Ehre, man hieß mich nur nach Euch gehn.
ROSALINDE. Wo hast du den Schwur gelernt, Narr?
PROBSTEIN. Von einem gewissen Ritter, der bei seiner Ehre schwur, die Pfannkuchen wären gut, und bei seiner Ehre schwur, der Senf wäre nichts nutz. Nun behaupte ich, die Pfannkuchen waren nichts nutz und der Senf gut, und doch hatte der Ritter nicht falsch geschworen.
CELIA. Wie beweiset Ihr das in der Hülle und Fülle Eurer Gelahrtheit?
ROSALINDE. Ei ja, nun nehmt Eurer Weisheit den Maulkorb ab!
PROBSTEIN. Tretet beide vor, streicht Euer Kinn, und schwört bei euren Bärten, daß ich ein Schelm bin.
CELIA. Bei unsern Bärten, wenn wir welche hätten, du bist einer.
PROBSTEIN. Bei meiner Schelmerei, wenn ich sie hätte, dann wär' ich einer. Aber wenn ihr bei dem schwört, was nicht ist, so habt ihr nicht falsch geschworen; ebenso wenig der Ritter, der auf seine Ehre schwur, denn er hatte niemals welche, oder wenn auch, so hatte er sie längst weggeschworen, ehe ihm diese Pfannkuchen und der Senf zu Gesicht kamen.
CELIA. Ich bitte dich, wen meinst du?
PROBSTEIN. Einen, den der alte Friedrich, Euer Vater, liebt.