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Der zweite Band voll wirklich wahrer Weihnachtsklassiker: Die beliebten Texte von Margret Rettich im neuen Gewand. Noch mehr wahre Weihnachtsgeschichten: Von der Telefonistin, die an Weihnachten den Kaiser am Telefon hatte, von der Familie, die samt Weihnachtsbaum an Heiligabend kurzerhand einen anderen Ort zum Feiern sucht, oder von zwei Frauen, die aus heiterem Himmel eine wahre Plätzchenbackschlacht veranstalten. Wunderbare Weihnachtsgeschichten, die auf wirklich wahren Begebenheiten beruhen - mal heiter, mal nostalgisch, mal berührend.
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Seitenzahl: 95
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Noch mehr wahre Weihnachtsgeschichten: Von der Telefonistin, die an Weihnachten den Kaiser am Telefon hatte, von der Familie, die samt Weihnachtsbaum an Heiligabend kurzerhand einen anderen Ort zum Feiern sucht, oder von zwei Frauen, die aus heiterem Himmel eine wahre Plätzchenbackschlacht veranstalten. Wunderbare Weihnachtsgeschichten, die auf wirklich wahren Begebenheiten beruhen - mal heiter, mal nostalgisch, mal berührend.
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Dass sie dieses Jahr Weihnachten im Auto verbringen mussten, hatte ihnen einzig und allein Papa eingebrockt. Er wird manchmal sehr wütend und macht dann die unmöglichsten Sachen. Später tut es ihm aber leid, denn eigentlich ist er gut und friedlich.
Dieses Mal war er wütend über Oma, das ist die Mutter von Mama. Papa und Mama sind zu ihr in das Haus gezogen, damit sie nicht allein wohnt. Es war damals nach dem Tod von Opa und ist nun schon lange her. Inzwischen sagen Papa und Mama: »Die Oma wohnt bei uns.«
Aber Oma sagt immer noch: »Ihr wohnt bei mir!« Papa kann es nicht leiden, wenn sie das sagt.
Mama lacht darüber und meint: »Lass sie reden und ärgere dich nicht.«
Warum musste Oma aber ausgerechnet am Weihnachtsvormittag wieder damit anfangen? Papa stand im Wohnzimmer auf der Leiter und schmückte den Baum. Er steckte gerade die Silberspitze auf, als Oma hereinkam und fragte: »Warum steht der Baum hinter der Tür?«
»Wo sollte er sonst stehen?«, entgegnete Papa.
»Bei mir pflegte er links vom Fenster zu stehen.«
»Und jetzt steht er hinter der Tür«, gab Papa von der Leiter herab zurück.
»Solange ihr bei mir wohnt, solltet ihr auf mich hören«, erwiderte Oma. Und dann gerieten sie in Streit. Sie sagten dies und das, und als Mama aus der Küche kam, um sich einzumischen, redeten alle durcheinander.
Papa war sehr wütend.
Er riss den Schmuck wieder vom Baum und warf ihn in die Kartons zurück.
»Was tust du?«, rief Mama.
»Pack die Geschenke, Süßigkeiten, Betten und Zahnbürsten ein. Wir feiern Weihnachten woanders. Irgendwo werden wir willkommen sein und unseren Baum da aufstellen dürfen, wo wir es wollen.«
Er nahm den Baum, rannte damit nach draußen und schnallte ihn auf das Autodach.
Auf dem Hof spielte Nickel mit seinem Freund.
»Was machst du?«, fragte er Papa.
»Wir verreisen. Und weil wir unterwegs Weihnachten feiern werden, brauchen wir unseren Baum!«, rief Papa und war schon wieder im Haus.
»Toll«, sagte Nickels Freund. Und Nickel war sehr stolz auf Papa, der manchmal so unmögliche Sachen machte.
Oma lief hinter Papa her und jammerte: »So war es doch nicht gemeint!« Aber er schob sie bloß beiseite. Mama rief: »Ist das wirklich dein Ernst?« Aber Papa hatte schon die Betten in eine Wolldecke geschnürt und verstaute sie im Kofferraum. Da kramte Mama alle Geschenke zusammen und packte etwas Wäsche und Kleidung ein. Sie holte aus der Küche die Kuchen und Oma brachte eine Thermosflasche mit heißem Tee.
Dann zog Mama den Maxel warm an und setzte ihn auf sein Stühlchen hinter sich ins Auto. Nickel gab Oma einen Kuss, winkte – und schon ging die Fahrt los.
Papa war immer noch wütend und fuhr sehr schnell. Er drehte das Lenkrad, dass ihre Köpfe hin und her flogen. Er bremste, dass alle nach vorn kippten. Er hupte, wenn ihm andere Autos keinen Platz machten.
Das gefiel Nickel und der Maxel kreischte vor Vergnügen.
Aber Mama sagte: »Bitte fahr vorsichtig oder ich steige aus.«
Da wurde Papa ruhiger.
Später fragte Mama: »Wohin fahren wir eigentlich?«
Papa antwortete: »Zu meiner Tante Luise. Du wirst sehen, dass es uns dort besser geht als bei deiner Mutter.«
Es war Mama peinlich, einfach so zu Tante Luise zu fahren. Immerhin waren sie vier Personen, es war Weihnachten und Tante Luise hatte keine Ahnung, dass sie kamen. Jedoch mit Papa war nicht zu reden.
Nach einer Stunde erreichten sie die Stadt, in der Tante Luise wohnte. Sie fuhren vor das Haus und Papa stieg aus, um zu klingeln. Er klingelte noch mal und noch mal, aber es machte niemand auf.
Im Nebenhaus rief eine Frau aus dem Fenster: »Da ist niemand zu Hause«, und sie erzählte Papa, dass Tante Luise verreist sei, weil sie Weihnachten nicht allein sein wollte. Ja, wenn sie gewusst hätte, dass Besuch kommt, wäre sie sicher geblieben und hätte sich gefreut.
»Schon gut«, sagte Papa, »besten Dank und frohes Fest.« Er startete wieder.
»Wohin fahren wir jetzt?«, fragte Mama.
Papa entsann sich, dass er in dieser Stadt einen alten Schulfreund hatte. Papa meinte, der würde sich bestimmt freuen, wenn sie so unvermutet auftauchten, denn er sei früher ein lustiges Haus gewesen.
Mama war nicht so sicher, aber sie sagte nichts.
Nickel rief: »Fein, wir fahren in ein lustiges Haus!« Und der Maxel kreischte vor Wonne.
Papas Freund war zu Hause, doch besonders lustig war er nicht. Er erinnerte sich nicht einmal an Papa und musste eine Weile grübeln. Erst als er Nickel sah, wusste er es, denn Nickel sah genauso aus wie Papa früher.
Er bat sie in seine Wohnung, und weil es Mittag geworden war, brachte seine Frau für jeden einen Teller Kartoffelsuppe. Mama durfte im Nebenzimmer den Maxel trockenlegen und Nickel durfte mal aufs Klo. Dann sagte Papas Freund: »Sicher habt ihr noch eine weite Fahrt vor euch. Wir wollen euch nicht aufhalten. Heute hat jeder noch viel zu tun. Es war nett, dass ihr uns mal kurz besucht habt.«
Papa traute sich nicht etwas zu sagen. So kletterten alle wieder in das Auto und fuhren weiter. Der Freund und seine Frau standen vor ihrem Auto und winkten.
Nicht weit von hier hatte Papa einen Vetter. Der hatte eine Frau und drei Kinder und einen Bauernhof mit viel Platz. Dort waren sie früher oft gewesen, aber weil der Vetter so ähnlich wie Papa war und leicht wütend wurde, waren sie es einmal zur gleichen Zeit und hatten sich verkracht.
»Wir sollten zu deinem Vetter fahren«, sagte Mama jetzt.
Das war für Papa sehr unangenehm, aber er sah ein, dass Mama einen guten Vorschlag gemacht hatte. Vor dem Bauernhof blieb er im Auto sitzen und schickte Mama ins Haus. Nickel wollte gleich mit, aber Papa hielt ihn fest.
Als Mama wiederkam, setzte sie sich und sagte zu Papa: »Fahr nur gleich weiter.«
»Ist er mir noch böse?«, fragte Papa.
»Das nicht«, erwiderte Mama, »aber er und die drei Kinder liegen im Bett und haben Ziegenpeter. Den haben Nickel und Maxel noch nicht gehabt.«
Papa war sehr schweigsam.
Mama ließ ihn von jetzt an bei jedem Gasthaus halten und nach Zimmern fragen. Doch sie hatten kein Glück. Entweder war geschlossen oder alle Zimmer waren belegt. Nickel und Maxel hatten Hunger und Mama gab ihnen Lebkuchen. Einmal hielt Papa an und alle vertraten sich die Füße.
Als sie wieder fuhren, fragte Nickel, wann endlich Bescherung sei. Er wollte nun gerne seine Geschenke haben.
»Wenn wir da sind«, sagte Mama.
»Wann sind wir da?«, fragte Nickel.
Mama sagte zu Papa: »Bitte, lass uns umkehren.« Und wirklich, Papa drehte um.
Sie fuhren nun fast allein auf der Straße. Es war dunkel. Der Maxel schlief. Mama und Nickel sangen Weihnachtslieder. Dann schlief Nickel auch.
Später hielten sie noch einmal an und Mama schenkte Papa den heißen Tee ein.
»Gut, dass du daran gedacht hast«, sagte er.
»Daran hat Oma gedacht«, sagte Mama.
Als sie zu Hause ankamen, brannte nirgends mehr Licht. Mama trug den Maxel ins Bett und Papa schleppte Nickel. Die merkten nichts.
Als am anderen Morgen noch alle schliefen, holte Papa den Baum vom Autodach, stellte ihn ins Wohnzimmer hinter die Tür und fing an, ihn zu schmücken. Als er halb fertig war, nahm er ihn und stellte ihn links vom Fenster auf. Mama kam und brachte die Geschenke. Sie trug Maxel ins Zimmer und Nickel sprang hinter ihr her. Papa zündete die Kerzen an.
»Jetzt feiern wir endlich Weihnachten!«, rief Nickel. Aber Papa sagte: »Warte einen Augenblick.« Er holte Oma, die noch nicht zum Vorschein gekommen war. Er drückte sie an sich, gab ihr einen Kuss und rief: »Frohe Weihnachten!«
Papa ist meist der friedlichste und beste Mensch.
»Was bin ich froh, dass ihr wieder da seid!«, sagte Oma. »Ich wohne so gern bei euch. Aber«, setzte sie hinzu, »ist es nicht wirklich besser, wenn der Baum links vom Fenster steht statt hinter der Tür?«
»Oma!«, rief Mama. Aber Papa lachte.
Der Vater von Anne ist Vertreter, er ist mit dem Auto unterwegs und kommt erst zum Wochenende nach Hause. Wenn er dann da ist, nimmt er sich Zeit für Anne und spielt und tollt mit ihr. Beide sind traurig, dass er am Montag früh wieder wegmuss. Anne hat einen Kalender und Papa hat ein Notizbuch. Beide machen sie Kreuze und zählen die Tage bis Weihnachten. Dann wollen sie die Feiertage und eine ganze Woche Ferien dazu richtig genießen.
Aber einige Zeit vorher sagt Papa, dass daraus nichts wird; er hat so viel zu tun, dass alle seine Abrechnungen liegen bleiben. Die wird er nun zu Weihnachten aufarbeiten müssen und gleich danach muss er wieder wegfahren. Anne hört zu, wie er das mit Mama bespricht.
»So fällt wieder mal alles ins Wasser«, sagt er.
»Mach es einfach nicht und bleib bei uns«, ruft Anne.
Aber Mama hat einen besseren Vorschlag. Sie will mit Papa fortfahren; gemeinsam werden sie es schon schaffen, dass Papa zu Weihnachten einige Tage frei hat.
»Aber wer bleibt bei Anne?«, fragt Papa. »Wir können sie hier nicht ganz allein im Haus lassen.«
Mama meint: »Ich werde Tante Erni darum bitten.« Anne zieht ein Gesicht, aber sie sieht ein, dass Mama recht hat.
Mama ruft gleich Tante Erni an. Ja, sagt sie, es sei natürlich eine Ausnahme und Tante Erni habe vollkommen recht, dass eine Frau ins Haus und nicht ins Auto gehöre, wenn ein Kind schon einen Vater habe, der nie da sei, sicherlich, das sehe sie ein, was Tante Erni sage, ein Kind brauche seine Mutter, aber es habe eben Glück, wenn es wenigstens eine Tante habe, ganz recht und: »Vielen Dank, dass du kommen willst«, sagt Mama, dann legt sie den Hörer auf. Tante Erni ist ein wenig altmodisch, aber Papa und Mama sind froh, dass man sie anrufen und um etwas bitten kann. Sie sagen, Anne soll lieb und brav und folgsam sein.
Am anderen Morgen kommt Tante Erni, dann fahren Papa und Mama weg.
Anne und Tante Erni vertragen sich gut, wenn die Tante auch findet, dass Annes Haare ins Essen hängen, und sie ihr deshalb Zöpfe flicht. Anne darf Tante Erni bei Kreuzworträtseln helfen und Tante Erni sieht mit Anne zusammen das Kinderfernsehen an. Es wird früh dunkel um die Weihnachtszeit. Tante Erni lässt alle Rollläden herunter, schließt die Haustür ab und legt die Kette vor. Sie stellt unter die Klinke der Balkontür einen Stuhl. Sie schiebt im Keller vor die Außentür eine Kartoffelkiste.
»Bei Dunkelheit wollen wir keinen Besuch mehr haben«, sagt sie, »um diese Zeit kommt niemand mehr, ohne sich vorher anzumelden. Höchstens Einbrecher.«
»Oder Räuber«, sagt Anne.
»Das ist fast das Gleiche«, sagt Tante Erni.
»Mörder auch?«, fragt Anne.