Wunderweltenbaum - Zurück im Zauberwald - Jacqueline Wilson - E-Book

Wunderweltenbaum - Zurück im Zauberwald E-Book

Jacqueline Wilson

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Entdecke die Magie!

Milo, Mia und Birdy verbringen zusammen mit ihren Eltern die Sommerferien in einem kleinen, einsam gelegenen Häuschen auf dem Land. Schon in der ersten Nacht macht Birdy Bekanntschaft mit der Fee Seidenhaar, die sie in ihr Zuhause im Wunderweltenbaum einlädt. Am nächsten Tag machen sich die Kinder mit Hilfe eines sprechenden Kaninchens auf die Suche nach dem magischen Baum. Dort treffen sie nicht nur auf Seidenhaar, sondern lernen auch den netten Herrn Mondgesicht, den Pfannenmann, Frau Wasch und all die anderen Gestalten des Zauberwaldes kennen. Zusammen erkunden sie die außergewöhnlichen Orte, die sie über den Wipfeln entdecken. Aber nicht alles ist nur Spiel und Spaß. Wird Mondgesichts Magie rechtzeitig wirken, um die Kinder im gefährlichen Land der Drachen zu retten?

In Jacqueline Wilsons neuen Abenteuern im Zauberwald treffen wir die Wesen aus den Kinderbuchklassikern von Enid Blyton wieder. Spannende Erlebnisse sind garantiert!

Der vierte von vier Bänden mit Sammelmotiv

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 225

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Autorin

Jacqueline Wilson zählt zu den renommiertesten Jugendbuchautorinnen Großbritanniens. Für ihre Bücher wurde sie mehrfach mit namhaften Preisen ausgezeichnet, in Deutschland wurde sie vor allem mit der »Tracy-Baker«-Reihe bekannt. »Die fabelhaften Barker-Girls« wurden 2003 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.

Illustratorin

Alica Räth, geboren 1999 in Norddeutschland, ist mit Leib und Seele Illustratorin. Nach ihrem Studium an der Designakademie in Rostock zog sie in eine kleine Stadt in Bayern. Wenn sie dort, in ihrem Atelier direkt unterm Dach, nicht an ihren liebevollen, dunkelbunten Illustrationen arbeitet, spaziert sie mit ihrem Hund Dexter durch die bergige Landschaft Süddeutschlands.

Jacqueline Wilson inspiriert von Enid Blyton

Aus dem Englischen von Ute Mihr

Mit Illustrationen von Alica Räth

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Dataminings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen. 

Die Wunderweltenbaum-Reihe:

Band 1: Komm mit in den Zauberwald

Band 2: Aufregende Ferien im Zauberwald

Band 3: Das Geheimnis des Zauberwaldes

Band 4: Jacqueline Wilson, Zurück im Zauberwald

© 2024 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Lena Ellermann

Umschlagillustration: Alica Räth

IF • Herstellung: AW

Satz: satz-bau Leingärtner, Nabburg

ISBN 978-3-641-30357-0V001

www.cbj-verlag.de

Inhalt

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

Nachbemerkung der Autorin

Lerne unsere Freunde vom Wunderweltenbaum kennen

Für Alexandra Antscher! In Liebe

1. Kapitel

Die Eltern stiegen vorn ein. Die drei Kinder kletterten auf den Rücksitz. Sie mussten sich eng zusammenquetschen, weil Birdy unbedingt ihren Hund Gilbert mitnehmen wollte. Er war natürlich kein echter Hund, ihre Mum hatte ihn auf einem Jahrmarkt gewonnen. Sein Fell war knalltürkisfarben, und er schielte, sodass alle ihn hässlich fanden, aber Birdy liebte ihn heiß und innig. Er war fast so groß wie sie, deshalb konnte sie ihn nicht einfach auf den Schoß nehmen, und auf den Boden passte er auch nicht. Also mussten Milo und Mia ihm auf dem Rücksitz ein bisschen Platz machen und sie beklagten sich lautstark darüber.

»Ruhe dahinten! Wir haben Ferien. Schluss mit den Streitereien!«, schimpfte ihr Dad.

Milo und Mia sahen sich an. Birdy war Dads Lieblingskind, nur weil sie die Jüngste war und sich oft absichtlich wie ein niedliches kleines Baby verhielt. Eigentlich hieß sie Bethany, aber alle nannten sie Birdy, also Vögelchen. Als Baby hatte sie nämlich immer so komisch gepiepst, bevor sie aufdrehte und aus vollem Hals schrie.

Milo war der Älteste und der einzige Junge. Er spielte gern Computerspiele oder bastelte mit Holz. Aber am allerliebsten rannte er. In den meisten Sportarten war er gar nicht so gut, laufen konnte er jedoch hervorragend. Erst vor Kurzem hatte er beim Tag des Sports den Schulpokal gewonnen, obwohl einige seiner Konkurrenten sehr viel älter gewesen waren als er.

Seine Lehrerin hatte vorgeschlagen, dass er den Sommer über im Sportzentrum trainiert. Milo wollte das auch unbedingt, seine Familie würde währenddessen den ganzen Sommer in einem Häuschen auf dem Land verbringen. Milo hatte schon Lust auf den Familienurlaub, aber er hätte auch sehr gern an dem Trainingscamp teilgenommen. Selbst wenn es bedeutet hätte, dass er nicht mit in den Urlaub fahren kann. Er liebte seine Familie, musste aber nicht dauernd mit ihr zusammen sein.

Er sah aus dem Fenster und stellte sich vor, wie er neben dem Auto herrannte und dann in eine Wiese abbog und immer weiterlief, einen fernen Hügel hinauf, durch die Wolken hindurch in den weiten blauen Himmel hinein.

Milos Tagtraum war so echt, dass er tatsächlich leise schnaufte.

»Milo! Hör auf, mich anzupusten!«, rief Mia. Sie saß in der Mitte zwischen ihrem knochigen Bruder und dem haarigen Gilbert und bekam selbst kaum Luft. Obwohl sie ihre Ellbogen nicht bewegen konnte, versuchte sie, auf ihrem Skizzenblock zu zeichnen. Sie zeichnete echte Hunde, prachtvolle Deutsche Schäferhunde und wunderschöne Huskies, und obendrein all die Schweine und Kühe und Schafe, die sie hoffentlich auf dem Land sehen würde. Als sie bei exotischen wilden Tieren wie Tigern und Elefanten und Bären angelangt war, wurde ihr schlecht. Sehr schlecht.

Ihr Dad musste anhalten, weil es Mia wirklich sehr schlecht ging, und blöderweise war ihr immer noch schlecht, als sie an einer Raststätte Pause machten. Mum und Dad aßen Fisch und Pommes, Milo und Birdy ein McDonald’s-Menü und Mia zwei Löffel Tomatensuppe, nach denen sie zusammen mit Mum rausgehen musste. Sie fand es aber gar nicht so schlimm, weil ein Mann seinen Labrador draußen angebunden hatte, während er sich was zu essen holte, und Mia freundete sich gleich mit dem Hund an. Der Labrador war zuerst sehr angetan von den Pommes, die Mum mitgenommen hatte, aber dann verliebte er sich in Mia und schnüffelte voller Bewunderung an ihr.

»Ach, Mum, kann ich nicht auch einen Hund haben?«, fragte sie zum hunderttausendsten Mal.

»Aber Mia«, antwortete Mum, »wir haben doch Gilbert.«

Das sollte ein Witz sein. Mia sah sie nur an.

Wo die Familie wohnte, durften weder Hunde noch Katzen gehalten werden. Einen Hamster oder Wellensittich hätten Mum und Dad erlaubt, aber Mia fand es nicht fair, einen Vogel oder ein anderes Tier in einen Käfig zu sperren.

Der Mann kam zurück und nahm seinen Labrador mit. Mia seufzte. Sie fühlte sich immer noch ein bisschen wacklig und lehnte sich an ihre Mutter.

»Wenn ich groß bin, werde ich Tierärztin«, sagte sie. »Dann hab ich den ganzen Tag mit Tieren zu tun.«

»Das ist eine sehr gute Idee«, antwortete ihre Mum.

Neben ihnen wurde Eis verkauft.

»Weißt du was?«, sagte Mia. »Ich glaube, ein Eis würde mir guttun.«

Dad und Milo und Birdy kamen aus dem Café, als Mia ihre Eiswaffel gerade zur Hälfte aufgegessen hatte.

»Das ist ungerecht!«, protestierten ihre Geschwister.

Also bekamen auch sie ein Eis, dann gingen sie zurück zum Auto. Diesmal machten sie alle Fenster weit auf, und Mia durfte nicht mehr zeichnen, damit ihr nicht wieder schlecht wurde. Deshalb war ihr langweilig.

»Wenn ich erwachsen bin, werde ich Tierärztin«, verkündete sie nun auch dem Rest der Familie. »Und ich werde dafür sorgen, dass es jedem einzelnen meiner Tierpatienten besser geht. Und weil ich so gut bin, komme ich vielleicht sogar ins Fernsehen.«

»Kommst du nicht«, warf Milo ein. »Um Tierärztin zu werden, musst du sehr intelligent sein, und in Mathe bist du eine totale Niete.«

Insgeheim fürchtete Milo, dass Mia vielleicht schlauer wäre als er, und war immer erleichtert, wenn sie Probleme mit ihren Rechenaufgaben hatte.

»Ich kann ja noch besser werden«, sagte Mia. »Und was willst du später mal werden?«

»Soso«, sagte Milo, »also, ich werde Sportler. Und qualifiziere mich als Läufer für die Olympischen Spiele!«

»Milo vor!«, rief der Vater lachend. »Und was ist mit dir, Birdy? Was möchtest du sein, Liebes, wenn du groß bist?«

Birdy streichelte nachdenklich Gilberts verfilztes Fell. Dann ging ein Leuchten über ihr Gesicht.

»Ich werde eine Elfe sein!«, rief sie.

»Bäh!«, machte Milo.

»Ach, Birdy! Du glaubst doch nicht immer noch an Elfen?«, fragte Mia.

»Doch, das mache ich«, sagte Birdy fest. Sie liebte Elfen und sie besaß ein Elfenkostüm mit einem rosafarbenen Oberteil aus Satin und einem Tutu aus Tüll. Wenn sie könnte, würde sie es immer tragen, auch zur Schule. Außerdem besaß sie einen Zauberstab, aber er weigerte sich, Milo und Mia in Kröten zu verwandeln. Ihr Regal zu Hause war voller Elfenbücher. Sie konnte zwar noch nicht gut lesen, doch sie hatte die Geschichten so oft gehört, dass sie einfach die hübschen Bilder betrachten und den Text vor sich hin murmeln konnte. Eigentlich wusste sie, dass sie höchstwahrscheinlich keine echte Elfe werden konnte, sie tat aber gerne als ob.

»Warum sollte Birdy keine Elfe werden«, warf Dad ein. »Es ist eine wunderschöne Idee. Vielleicht werde ich auch eine Elfe, wenn ich erwachsen bin!«

Das brachte alle zum Lachen. Dann sangen sie im Auto gemeinsam Lieder und spielten Ich sehe was, das du nicht siehst, aber Birdys Hinweise waren sehr unzuverlässig. Nach einer Weile wurde sie müde und quengelig.

»Wann sind wir endlich da?«, fragte sie dauernd.

»Bald«, antwortete ihre Mutter, aber »bald« kam irgendwie nie.

Das Navi in ihrem Auto schien nicht richtig zu funktionieren. Die Mutter kramte einen alten Atlas aus dem Handschuhfach hervor und starrte auf die, wie sie dachte, richtige Seite.

»Merkwürdig, eigentlich sollten wir hier sein!« Sie zeigte auf einen grünen Fleck auf der Karte. »Hey, was denkt ihr, wie dieses Waldgebiet heißt? – Der Zauberwald!«

»Echt jetzt?«, fragte Milo.

»Zaubert er wie in einem Märchen?«, wollte Mia wissen.

Birdy flüsterte nur »Der Zauberwald!« und bekam Gänsehaut vor Aufregung.

Alle hielten Ausschau nach dem Wald mit dem merkwürdigen Namen.

»Seht ihr irgendwas?«, fragte der Vater.

»Nicht den kleinsten Zweig«, antwortete die Mutter, den Blick nach links gerichtet.

Doch auf einmal riefen die drei Kinder im Chor: »Dort ist er!«

Er lag immer noch ziemlich weit entfernt zu ihrer Rechten: ein großer dunkelgrüner Wald mit hohen, dicken Bäumen, die dicht nebeneinanderstanden. Ein Baum schien höher zu sein als alle anderen, so hoch, dass Wolken seine Krone bedeckten, obwohl der Rest des Himmels strahlend blau war.

Der Vater fuhr weiter die Hauptstraße entlang, bis er zu einer Abzweigung mit einem sehr alten Schild kam, das nach rechts wies. Sie mussten die Augen zusammenkneifen, um die Buchstaben entziffern zu können: ZUMZAUBERWALD. Jemand hatte mit Kreide VORSICHT daruntergeschrieben und es unterstrichen.

»Was soll das heißen?«, fragte Birdy.

»Es bedeutet, dass man vorsichtig sein soll. Vielleicht kannst du dich im Wald leicht verirren«, erklärte Mum.

»Vielleicht gibt es dort Ghule und Kobolde«, witzelte Milo. Er schnitt eine Grimasse und verwandelte seine Hände in Klauen.

»Vielleicht leben dort Wölfe, die ihre Jungen aufziehen«, vermutete Mia halb im Scherz.

»Vielleicht gibt es da Elfen«, wisperte Birdy. Sie meinte das vollkommen ernst und hoffte sehr, dass sie recht hatte.

»Vielleicht kannst du in deinem rosa Kleidchen die Elfe sein«, schlug Dad vor, während das Auto über die immer schmalere Straße holperte. »Hey, ich frage mich langsam, ob das ›VORSICHT‹ nicht heißen soll, dass diese Straße für Autos nicht geeignet ist.«

Die Straße schlängelte und wand sich, bis sie jede Orientierung verloren hatten.

»Mir ist wieder schlecht!«, rief Mia.

»Ich glaube, das ist eine Sackgasse«, meinte Mum. »Sollen wir nicht lieber umdrehen?«

»Nein, wartet! Da vorne ist ein Haus!«, rief Dad.

»In der Anzeige war von einem Rosen-Häuschen die Rede.«

»Ja, schau, da sind die Rosen!« Der Vater parkte das Auto vor einem wunderschönen kleinen Häuschen, das aussah wie aus dem Bilderbuch: weiß getünchte Wände, ein Strohdach und eine rote Tür, über der in einem Bogen gelbes Geißblatt wucherte. An beiden Seiten stand ein Strauch mit roten Rosen, und im Garten wuchsen noch mehr Rosen wild durcheinander: rote und pinke und weiße und aprikosenfarbene und gelbe und sogar blassviolette.

Die Kinder purzelten aus dem Auto, und Birdy, die Gilbert hinter sich herzog, atmete den berauschenden Duft der Rosen ein.

»Wow!«, stieß Milo hervor.

»Mir gefällt es hier!«, sagte Mia.

»Es ist magisch!«, fügte Birdy hinzu.

Ihre Mum fand den Schlüsselkasten neben dem Haus und gab den Zahlencode ein, den sie per Brief erhalten hatte. Der Kasten ließ sich öffnen und sie nahm den Schlüssel heraus. Er glänzte hell in der Nachmittagssonne.

»Er ist aus Gold!«, rief Birdy. »Vielleicht ist es ein Zauberschlüssel und das Haus ist ein Zauberhaus.«

»Und drinnen wohnen kleine Wichtelmänner«, zog Milo sie auf.

»Häschen, die sprechen können, und Eichhörnchen mit Schürzen, die die ganze Hausarbeit erledigen«, fiel Mia mit ein.

Birdys Lippen fingen an zu zittern, als sie merkte, dass die beiden sie neckten.

»Seid nicht gemein zu meiner kleinen Birdy.« Der Vater nahm sie auf den Arm. »Ich glaube, das ist tatsächlich ein magisches Häuschen. Es ist den ganzen Sommer über unser magisches Häuschen und wir werden magische Ferien haben.«

Die Mutter schloss mit dem goldenen Schlüssel die rote Tür auf.

»Wir gehen als Erste hinein, gnädige Frau«, sagte Dad und trug Birdy ins Haus. Die Tür war niedrig und Dad war groß, deshalb stieß er sich den Kopf, aber er ging lachend darüber hinweg. Mum und Milo und Mia folgten.

Sie betraten direkt das Wohnzimmer. Dort standen ein hellgrünes Sofa und drei kleine, gemütliche Sessel – einer rot, einer blau und einer pink. Zufälligerweise war Milos Lieblingsfarbe Rot, Mias Blau und Birdys Pink. Es schien wirklich alles sehr magisch zu sein, obwohl sie nicht von Häschen begrüßt wurden und kein einziges Eichhörnchen die Zierfiguren abstaubte.

Es gab eine kleine Küche mit einem Herd und einem blank gescheuerten Tisch und einer Speisekammer. Eine Wendeltreppe führte zu zwei Schlafzimmern und einem Bad im nächsten Stock. Das erste Schlafzimmer war klein, aber es stand ein großes Bett darin mit einer Patchwork-Decke in Grün, Rot, Blau und Pink.

»Das ist Mums und Dads Zimmer. Wir können morgens immer zum Kuscheln in ihr Bett kommen«, meinte Birdy.

Der zweite Raum war noch etwas kleiner, aber es gab dort zwei einzelne Betten mit Decken in allen Farben des Regenbogens.

»Birdy und ich teilen uns ein Zimmer wie zu Hause!«, rief Mia.

»Und wo soll ich schlafen?«, fragte Milo.

»Im Bad!«, schlug Mia lachend vor.

»Ich glaube, es gibt noch ein kleines Zimmer unter dem Dach.« Die Mutter zeigte auf eine schmale Treppe, die eher eine Leiter war.

Sie kletterten alle hinauf, um nachzuschauen, auch wenn ihre Mum den Kopf einziehen und ihr Dad sich richtig zusammenkrümmen musste. Es war ein wunderschönes kleines Zimmer mit einem runden Fenster im Strohdach. Der Platz reichte gerade für ein schmales Bett, auch hier gab es einen regenbogenfarbenen Überwurf, zudem einen winzigen Schrank und einen runden Flickenteppich auf den Holzdielen. Alle drei Kinder wollten unbedingt hier wohnen.

»Wie wär’s, wenn ihr euch abwechselt?«, schlug ihre Mum vor. »Jeder wohnt eine Woche lang in diesem Zimmer. Bevor wir nach Hause fahren, seid ihr alle noch einmal an der Reihe, schließlich sind wir sechs ganze Wochen hier!«

»Und ich zuerst, weil ich der Älteste bin!«, rief Milo.

»Das ist ungerecht!« Mia zählte die Wochen insgeheim an ihren Fingern ab und rechnete nach.

»Komme ich trotzdem sechsmal dran?«, fragte Birdy, die noch gar nicht rechnen konnte.

Beim Abendessen entschied das Los, wer zuerst unterm Dach schlafen durfte. Es gab Ofenkartoffeln mit Käse und Tomatensalat und danach ein kleines Schälchen Erdbeerjoghurt mit einer Praline aus einer Dose als zusätzliche Nascherei.

»Wer die violette Praline zieht, darf zuerst unter dem Dach schlafen«, verkündete die Mutter. »Jetzt macht alle die Augen fest zu.«

Der Vater legte seine großen Hände über ihre Augen, damit sie auf keinen Fall schummeln konnten. Als Birdy an der Reihe war, um eine Praline auszuwählen, öffnete er seine Finger möglicherweise einen kleinen Spalt. Sie zog die violette Praline! Milo und Mia machte das allerdings nicht allzu viel aus, sie durften sich zum Trost jeweils eine zweite Praline nehmen.

Nach dem Abendessen gingen sie spazieren, um sich ein bisschen die Füße zu vertreten. Die drei Kinder wollten gerne in den Zauberwald, doch der Himmel hatte sich inzwischen zugezogen, und die Eltern entschieden, dass es zu dunkel sei, um den Wald richtig zu erkunden. Also liefen sie die Straße hinunter bis zum nächsten Dorf. Dort gab es ein Gasthaus mit bunten Lichtern im Garten, wo sie sich einen Platz suchten. Die Kinder bekamen Cola und Chips, obwohl sie gerade erst zu Abend gegessen hatten.

»Schließlich ist heute unser erster Ferientag«, sagte die Mutter und stieß mit dem Vater an.

Dann liefen sie den ganzen Weg nach Hause zurück. Der Vater musste Birdy huckepack nehmen. Zu Hause angekommen, baten die Kinder darum, noch aufbleiben zu dürfen, obwohl sie sich bereits alle die Augen rieben und gähnten. Also ging es ins Bett, und ihre Eltern kamen zusammen hoch und gaben Milo und Mia einen Gutenachtkuss. Dann kämpften sie sich die schmalen Stufen hinauf, um Birdy in ihr kleines Bett unterm Dach zu stecken.

»Bist du sicher, dass es für dich okay ist, so ganz allein hier oben, Schätzchen?«, fragte ihre Mum.

»Ja, es gefällt mir total!«, antwortete Birdy.

»Du bist hier oben wie ein echter kleiner Vogel in seinem Nest.« Ihr Vater gab ihr seine Taschenlampe, falls sie in der Nacht die Treppe hinuntergehen müsste, und die Mutter stopfte die Decke um sie herum fest und legte Gilbert neben sie.

Birdy wartete, bis ihre Eltern unten waren, dann deckte sie sich auf und trat ans Fenster. Sie wollte unbedingt hinaus auf den Zauberwald schauen, leider war es zu dunkel, um ihn noch sehen zu können. Sie versuchte, mit der Taschenlampe durch das Fenster zu leuchten, aber das Licht kam zurück zu ihr ins Zimmer und zeigte ihr nichts. Nachdem sie die Taschenlampe ausgeschaltet hatte, sah sie jedoch in der Dunkelheit etwas glimmen. Es kam näher. Näher und näher. Direkt ans Fenster!

Birdy rieb sich die Augen, dann erkannte sie wunderschöne goldene Haare, ein glitzerndes Kleid und ein Paar silbern glänzende Flügel.

»Eine Elfe!«, flüsterte sie ehrfürchtig.

2. Kapitel

Birdy legte ihre Hand an die Fensterscheibe und auch die Elfe streckte ihre Hand aus und legte sie mit genau gleich gespreizten Fingern an das Glas. Birdys ganzer Arm prickelte. Es war fast, als würde sie eine Elfe an der Hand halten! Die sah zwar nicht so aus wie die Elfen in ihren Büchern oder in den Walt-Disney-Filmen, aber Birdy wusste, dass das goldene Wesen auf der anderen Seite der Fensterscheibe ganz bestimmt eine Elfe mit echten Flügeln war, und sie war nicht klein wie ein Schmetterling, sondern so groß wie Birdy, was die ganze Sache noch aufregender machte.

Birdy formte »Hallo« mit den Lippen, und die Elfe antwortete ihr lächelnd. Dann überlegte sie, ob sie den Fensterriegel öffnen könnte, um die Elfe hereinzulassen, doch er saß zu fest und ließ sich nicht bewegen. Die Elfe zuckte mit den Achseln und formte noch ein Wort mit den Lippen. Birdy verstand es nicht. Geduldig versuchte die Elfe es noch einmal: »Komm morgen zu mir!«

»Wohin?«, fragte Birdy laut.

Die Elfe sagte wieder etwas, und Birdy bemühte sich sehr, sie zu verstehen: Am Wunderweltensaum?

»Kannst du das bitte noch einmal wiederholen?«, bat sie.

»Birdy?« Mum stand unten an der Treppe!

»Mum … Mum, komm schnell!«

Die Elfe schüttelte rasch den Kopf, warf Birdy eine Kusshand zu und flog davon.

»Oh bitte, komm zurück!«, rief Birdy, aber die Elfe war schon weg und in der Dunkelheit war nur noch ein schwaches Glimmen zu erkennen.

»Ich bin da, Liebes.« Mum eilte in das Zimmer. »Was machst du da am Fenster?«

»Ich habe mit einer Elfe gesprochen. Ich wollte, dass du sie auch siehst«, erklärte Birdy.

»Ach, Birdy!« Ihre Mum nahm sie in den Arm. »Du hast geträumt, Liebes. Komm, geh zurück ins Bett.«

»Nein, ich will nicht!« Birdy versuchte, sich aus der Umarmung ihrer Mutter zu befreien, um noch einmal nach der Elfe Ausschau zu halten.

»Schätzchen, ist es nicht doch ein bisschen zu einsam hier oben? Du kannst zu Dad und mir kommen, wenn du magst.«

»Nein, ich finde es wunderbar hier oben. Und ich möchte die Elfe wiedersehen.«

»Ach, Birdy, du und deine Elfen«, sagte die Mutter. »Jetzt aber ab ins Bett. Ich bleibe noch ein bisschen bei dir, bis du dich beruhigt hast.«

»Darf ich am Fenster warten?«, fragte Birdy.

»Nein, ganz sicher nicht! Als Nächstes versuchst du rauszuklettern«, sagte die Mutter besorgt. Sie rüttelte kräftig am Fensterriegel, konnte ihn aber auch nicht öffnen. »Gott sei Dank!«, sagte sie. »Du bist zwar unser kleines Vögelchen, aber du darfst niemals wegfliegen!«

Birdy wollte ihr unbedingt alles erklären, aber als sie wieder bei Gilbert in ihrem gemütlichen Bett lag und Mum sacht ihre Schulter streichelte, war sie auf einmal so schläfrig, dass sie kaum sprechen konnte.

»Wunder…welten…«, murmelte sie, und dann war sie fest eingeschlafen.

Als sie wieder erwachte, erhellte goldener Sonnenschein das kleine Dachzimmer. Birdy sprang auf und stürmte nach unten zu Milo und Mia. Die beiden schliefen noch. Milo lag auf dem Rücken und streckte wie ein Seestern alle viere von sich. Der Schwanz von seinem alten Spielzeugdrachen ragte unter der Decke hervor, obwohl er ihn normalerweise gerne versteckte. Mia hatte sich zu einem kleinen Ball zusammengerollt und umklammerte immer noch das Buch, das sie vor dem Einschlafen gelesen hatte: Pferde verstehen. Sie wünschte sich sehnsüchtig Reitstunden, doch ihr Vater sagte, die könnten sie sich nicht leisten, deshalb hoffte Mia, sie würde hier einen netten Bauern finden, der sie auf seinem Pferd reiten ließ. Auch wenn sie wusste, dass das sehr unwahrscheinlich war.

»Wacht auf! Wir haben Ferien! Und ratet mal, was ich gesehen habe! Eine Elfe!«, verkündete Birdy.

Milo hob grunzend den Kopf, während Mia ihren Kopf brummelnd unter die Decke steckte.

Birdy sah beide Geschwister finster an. »Habt ihr nicht gehört, was ich gesagt habe? Ich habE eine Elfe gesehen!«, schrie sie laut.

»Ach, Birdy, es ist viel zu früh für deine Fantastereien«, sagte Milo, und Mia bewarf ihre Schwester mit einem Kissen.

»Das sind keine Fantastereien. Ehrenwort. Eine Elfe flog direkt zu meinem Fenster. Ich habe ihre Flügel gesehen! Sie möchte mich am Weltensaum treffen. Meint ihr, Dad bringt uns hin?«, fragte Birdy und balancierte Mias Kissen wie einen großen Schlapphut auf dem Kopf.

»Weltensaum? Meinst du die Küste? Geh und frag ihn.« Mia wollte einfach nur weiterschlafen.

»Lieber nicht«, meinte Milo mit stolzem Blick auf seine Uhr, eine richtige Herrenuhr mit großem Zifferblatt und silberfarbenem Armband. Die Uhr passte trotzdem an sein Handgelenk, war aber nicht aus echtem Silber, was Milo nicht störte. Sie zeigte die Zeit genau an, und er sah, dass es erst zehn vor sechs war. Viel zu früh, um aufzustehen, vor allem in den Ferien!

Birdy eilte weiter ins Elternschlafzimmer. Diesmal stellte sie einen Fuß auf das Kissen und stieß sich mit dem anderen ab, sodass sie wie mit einem Schlittschuh über den Fußboden glitt. Ihre Eltern lagen aneinandergeschmiegt im Bett und schliefen fest.

»Darf ich mitkuscheln?«, fragte Birdy. »Mum, erinnerst du dich, dass ich gestern Abend eine Elfe gesehen habe? Dad, können wir heute zu ihr fahren? Zum Weltensaum! Ich muss sie wiedersehen!«

Die Eltern stöhnten beide, was nicht besonders vielversprechend klang, und ihre Mutter schimpfte sogar, weil sie das Kissen über den Boden gezogen hatte. Aber sie durfte zwischen ihre Eltern ins Bett klettern. Ihr Dad erklärte schläfrig, dass er am Tag zuvor schon viele Stunden Auto gefahren sei, um hierherzugelangen, deshalb habe er keine Lust, zum Weltensaum zu fahren, wo immer der auch sein mochte. Und Mum erklärte, dass sie keine richtige Elfe gesehen, sondern einfach nur geträumt hätte.

Birdy seufzte. »Ich bin mir absolut sicher, dass es kein Traum war. Warum glaubt mir keiner?«

Sie zappelte ziemlich viel herum, regte sich wegen der Elfe auf und wollte sie unbedingt wiedersehen. Schließlich seufzte ihr Vater und stand widerstrebend auf.

»Komm, du kleine Zappeline. Wir gehen nach unten und lassen deine Mum noch ein bisschen schlafen«, sagte er müde.

Er machte sich eine Tasse Tee, goss Birdy ein Glas Milch ein und holte für sie beide einen Keks. Dann nahm er Birdy auf den Schoß und erzählte ihr eine Elfen-Geschichte. Normalerweise wäre Birdy begeistert gewesen, diesmal ärgerte sie sich. Die Elfe ihres Dads war winzig klein und spielte den Menschen Streiche. Sie trug ein Kleid aus Gänseblümchen und eine Butterblume als Hut. Sie sah überhaupt nicht aus wie die richtige Elfe.

Nach einer Weile sprach ihr Dad immer langsamer und schlief mitten im Satz ein. Birdy wand sich aus seinen Armen und kehrte zurück in ihr Dachzimmer. Dort spähte sie aus dem Fenster, falls die Elfe zurückkommen würde. Sie sah hinaus, bis ihre Augen tränten, dann ging sie wieder nach unten. Ihr Vater hatte sich erneut ins Bett verkrochen, und Birdy hörte ihn leise schnarchen.

In der Küche nahm sie sich noch einen Keks und hatte auf einmal die Idee, für alle Frühstück zu machen. Sie würden sich so darüber freuen und wären so stolz auf sie, weil sie alles alleine hinbekommen hätte. Sie werkelte in der Küche herum, deckte den Tisch mit Tassen und Tellern und Messern und Löffeln. Sie wusste, dass ihre Eltern am Morgen gerne Tee tranken, aber sie wusste auch, dass sie auf keinen Fall das Wasser im Teekessel heiß machen dürfte, damit sie sich nicht verbrannte, falls sie etwas verschüttete. Sie müssten heute eben auch Milch trinken. Außerdem aßen sie normalerweise Toast, doch Birdy konnte den Toaster nirgends finden, deshalb legte sie einfach eine Scheibe Brot auf jeden Teller. Zum Glück war es schon geschnitten, denn auch der Gebrauch eines großen, scharfen Messers war ihr streng verboten. Ein normales Speisemesser durfte sie benutzen, also beschloss sie, allen schon mal eine Scheibe Brot zu schmieren. Das konnte sie gut, und sie war sowieso der Ansicht, dass ihre Eltern es nicht richtig machten. Sie sorgte dafür, dass jeder eine dicke gelbe Schicht Butter und dann eine noch dickere Schicht Himbeermarmelade auf seinem Brot hatte. Sie konnte auch ihren Zeigefinger nicht davon abhalten, immer wieder in das Glas einzutauchen und ihrer Zunge eine dicke Schicht Marmelade zu verpassen.

Dann waren die Cornflakes an der Reihe. Vorsichtig stellte Birdy die Milchflasche auf den Tisch und goss die Milch vorsorglich lieber nicht in den Krug. Dann streckte sie sich nach der Großpackung Cornflakes. Obwohl sie auf Zehenspitzen stand, erreichte sie das obere Regalbrett nicht. In der Ecke stand ein alter Holzschemel. Sie zog ihn vor das Regal und kletterte hinauf. Doch gerade als sie die Cornflakes-Packung berührte, kippte der Schemel zur Seite, weil eines der Beine brach. Birdy verlor den Halt. Sie landete mit dem Po auf dem Boden, während die Cornflakes-Packung wackelte und umfiel. Wie in einem goldenen Sturzbach ergossen sich Cornflakes vom Regal herab und verteilten sich über den Boden.

Birdy schrie vor Schreck auf und sah sich hilflos um. Sogar in ihren Hausschuhen knirschten Cornflakes. Sie hielt ihre Tränen zurück, sammelte die Cornflakes auf und legte sie einzeln zurück in die Packung.

»Ach, Birdy!« Das war ihre Mum. Wahrscheinlich hatte sie Birdys leisen Schrei gehört, obwohl sie fest geschlafen hatte.

»Ich wollte euch mit dem Frühstück überraschen, aber alles ist schiefgegangen, obwohl ich sooo vorsichtig war«, schluchzte Birdy.

»Na ja. Die Überraschung ist dir trotzdem geglückt! Aber leg die Cornflakes nicht wieder zurück in die Packung, nachdem sie schon auf dem Boden waren«, bat ihre Mum und holte eine Kehrschaufel und einen kleinen Besen. Dann fegte sie die Cornflakes auf und warf sie in den Mülleimer.

»Wir müssen uns heute Morgen eben mit Brot und Marmelade zum Frühstück begnügen.« In diesem Augenblick entdeckte sie die Brote, die Birdy bereits vorbereitet hatte.

»Ach, Birdy!«, rief die Mutter noch einmal. »Du hast ja die halbe Butter und fast die ganze Marmelade verbraucht! Was soll ich nur mit dir machen?«

»Mich aufkehren und in den Müll werfen?«, schlug Birdy vor.

»Führe mich nicht in Versuchung«, antwortete ihre Mum, nahm sie aber tröstend in den Arm und versicherte sich, dass Birdy sich nicht verletzt hatte.