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"XCultures – Aufgepasst! Wenn mir das jemand gesagt hätte, wäre vieles einfacher gewesen" ist ein facettenreicher Praxis-Ratgeber für interkulturelle Begegnungen. Das Buch basiert auf den langjährigen Erfahrungen der Autorin und verbindet theoretisches Wissen mit entsprechendem Praxisbezug. Es enthält zahlreiche Tipps und Praxisbeispiele, die den Leser für Themen im interkulturellen Umfeld sensibilisieren. Mit ihrer Hilfe wird der Leser zukünftige Situationen und Erlebnisse besser einordnen, mit ihnen einfacher umgehen und entsprechende Handlungsstrategien ableiten können. Es ist angenehm und leicht zu lesen, deckt verschiedenste Situationen und Bereiche ab und regt den Leser zum Nachdenken an. Es leistet einen wunderbaren Beitrag zu einem besseren Umgang miteinander und Verständnis füreinander. Es beleuchtet dabei die Komplexität, die interkulturelle Begegnungen mit sich bringen, berichtet von länderspezifischen Erfahrungen (Frankreich, England, Amerika, Irland und Indien), ergründet mögliche Stolpersteine im Rahmen der interkulturellen Zusammenarbeit unter anderem am Beispiel von virtuell arbeitenden, globalen Teams und vieles mehr.
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Seitenzahl: 187
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Prolog
Dieses Buch richtet sich an jeden, der neu im internationalen beziehungsweise interkulturellen Umfeld unterwegs ist oder es zukünftig sein wird:
■ Jugendliche, die einen längeren Auslandsaufenthalt planen
■ Projekt-, Prozess-, Produktmanager beziehungsweise Führungskräfte, die ein interkulturelles Team leiten
■ Mitarbeiter mit interkulturellem Kundenkontakt oder Kollegen
■ Mitarbeiter, die als Expatriate ins Ausland gehen möchten
■ Menschen, die aus privaten Gründen Interkulturalität erleben
Mit Hilfe meiner eigenen Erfahrungen, die ich in diesem Buch in Form von vielzähligen Praxisbeispielen schildere, möchte ich Dich sensibilisieren, zum Nachdenken bringen und ich würde mich freuen, wenn in Deinen nächsten interkulturellen Begegnungen einige meiner Handlungsempfehlungen Anwendung finden würden.
Interkulturelle Erfahrungen
© 2022 Linda Hagen
Umschlag, Illustration: Tredition
Buchinhalt, Illustration: Linda Hagen
Verlagslabel: XculturalWorking
ISBN Softcover: 978-3-347-74843-9
ISBN Hardcover: 978-3-347-74931-3
ISBN E-Book: 978-3-347-74853-8
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Linda Hagen
XCultures
Aufgepasst! Wenn mir das jemand gesagt hätte, wäre vieles einfacher gewesen.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einführung
Was ist Kultur
Makro- versus Mikrokulturen
Unternehmenskultur als Mikrokultur
Kultur und Persönlichkeit
Leben zwischen zwei Welten
Verantwortungsvoller Umgang
Eigenverantwortung
Gruppenverantwortung
Individualismus
Kollektivismus
Globale Verantwortung
Verantwortung & Interkulturalität im Team am Beispiel des Sports
Sprache
Unterschiedliche Bedeutungen
Unterschiedliche Kommunikationstypen
Die Kraft der Worte
Der Intermediär
Stereotypen und Microagressionen
Länderspezifische Erfahrungen
Frankreich
England
Amerika
Indien
Irland
Heimat fern der Heimat
Bedeutung von interkulturellem Verständnis im Job
Arbeiten in interkulturellen Teams und virtuelle Teamarbeit
Faktor Sprache
Faktor (Organisations-) Strukturen
Faktor Zeit
Faktor Risikobereitschaft und aktives Handeln
Erfolgsfaktoren in der virtuellen Zusammenarbeit
Konfliktmanagement
Arbeiten als Expat im Ausland
Dos and Don‘ts
Fazit
Quellenverzeichnis
Vorwort
Die Zusammenarbeit mit anderen Menschen hat mich schon immer fasziniert. Jeder Mensch ist so einzigartig mit seinen besonderen Charaktereigenschaften, Fähigkeiten, gemachten Erfahrungen und kulturellem Hintergrund.
So ist es manchmal eine Herausforderung, z.B. im Rahmen der Projektarbeit oder beim Abschluss eines Geschäftsvertrags, bestimmte, vordefinierte Ziele zu erreichen, wenn der ein oder andere Mitspieler eine ganz andere, eigene Agenda mitbringt und zusätzlich kulturelle Aspekte hier mit hereinspielen.
Werden allerdings bestimmte Faktoren berücksichtigt, können berufliche Ziele – auch im interkulturellen Umfeld - mit einer gewissen Leichtigkeit erreicht werden. Hierzu gehört insbesondere der respektvolle Umgang miteinander, das Erzielen eines gemeinsamen Verständnisses füreinander und letztendlich das Schaffen einer soliden Beziehung.
Das alles hört sich zwar ganz einfach an und viele von Euch werden jetzt möglicherweise sagen: „Also, wenn das alles ist, dann brauche ich das Buch ja nicht mehr zu lesen - das wusste ich auch schon vorher!“ Aber Achtung! Der Teufel steckt im Detail.
In diesem Buch gebe ich Dir auf Basis meiner eigenen Erfahrungen und anhand von Beispielen aus der Praxis hilfreiche Tipps, auf was Du achten solltest, welche Hintergründe manche Situationen haben könnten und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um Ziele leichter zu erreichen. Auch wenn Dir der ein oder andere Aspekt in diesem Buch möglicherweise bekannt erscheint, da Du selbst schon seit einigen Jahren global interagierst, so hilft es sicherlich bestimmte Aspekte wieder ins Bewusstsein zu bringen, möglicherweise den Fokus entsprechend zu adjustieren und neue Facetten im Buch zu entdecken.
In der heutigen Zeit, in der der Konkurrenz- und Zeitdruck in vielen Branchen unglaublich hoch ist, erscheint es uns oft beschwerlich, die gesteckten Ziele in der vorgegebenen Zeit zu erreichen. Immer wieder hört man von Kollegen, wie gestresst sie gerade sind, welches Arbeitspensum sie zu erledigen haben und leider landen viel zu viele von ihnen schließlich im Burnout.
Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Dir einen anderen Weg aufzuzeigen, weg von dem Konkurrenzdenken zurück zur Zusammenarbeit. Jeder einzelne bringt so viele Fähigkeiten, Stärken und Kreativität mit sich, die jedoch durch Stress und Konkurrenzdenken blockiert werden. Erst wenn wir zu einem gesunden Miteinander finden, können wir mit Leichtigkeit erfolgreich sein.
Da ich mit diesem Buch einen weiten Personenkreis anspreche, werde ich, wie Du sicherlich schon bemerkt hast, zugunsten der einfacheren Lesbarkeit auf den Folgeseiten auf die Höflichkeitsform verzichten und Dich direkt mit „Du“ ansprechen. Ebenfalls aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit werde ich auf Genderkonformität verzichten.
Einführung
Jeder, der schon mal ein global agierendes, internationales Team geleitet hat, sei es als Führungskraft, Prozess-, Projekt- oder Produktmanager, hat festgestellt, dass die Leitung eines solchen diversen, interkulturellen Teams nicht nur Vorteile mit sich bringt, sondern auch die eine oder andere Herausforderung in sich birgt.
In der heutigen Zeit der Globalisierung gibt es zum Thema der interkulturellen Zusammenarbeit eine Vielzahl an Artikeln in Fachzeitschriften, wissenschaftliche Bücher und interessante Blogs. Kernaussage der meisten dabei ist:
„Interkulturelles Bewusstsein und interkulturelle Kompetenz sind der Schlüssel zum Erfolg international agierender Unternehmen.“
Aber warum ist interkulturelles Bewusstsein und interkulturelle Kompetenz eigentlich von solcher Bedeutung?
So viele Jugendliche entscheiden sich für einen Auslandsaufenthalt und machen sich hierüber überhaupt keine Gedanken. Im Gegenteil allein die Neugier, Abenteuerlust und der Wunsch nach Selbständigkeit bestimmen den Drang, in die Ferne zu ziehen.
Natürlich müssen einige Dinge vorher organisiert werden, was je nach Charakter des Einzelnen sehr unterschiedlich gehandhabt wird.
Die einen versuchen bereits von zu Hause Unterkunft, Studiums- oder Praktikumsplatz zu organisieren, während die anderen mit ihrem Rucksack losziehen und in fernen Ländern per work und travel unterwegs sind. Neben dem Schlafen in Jugendherbergen oder dem Nächtigen unter freiem Himmel wird hier das Couch-Surfing zum Hobby. Kaum einer von ihnen macht sich vorher über interkulturelles Bewusstsein geschweige denn interkulturelle Kompetenz Gedanken.
Und doch wird für die Meisten von Ihnen der Auslandsaufenthalt zu einem Erfolg. Woran liegt das?
Sind die Begriffe interkulturelles Bewusstsein und interkulturelle Kompetenz lediglich neue Modebegriffe, die sich gut verkaufen lassen?
Bereits an dieser Stelle kann ich Dir versichern, dem ist nicht so und ich werde Dir in diesem Buch erklären, warum interkulturelles Bewusstsein und interkulturelle Kompetenz nicht nur im Geschäftsleben so wichtig sind und was sich hinter ihnen verbirgt.
Mit Hilfe dieses Wissens kannst Du dann in Deinem interkulturellen (beruflichen) Alltag eigene Lösungsstrategien entwickeln, um Deine (beruflichen) Ziele besser zu erreichen und es wird Dir, Deinen Weg, falls Du Dich für einen Auslandsaufenthalt entschieden hast, im Hinblick auf verschiedene Aspekte erleichtern.
Begleite mich also auf einer interessanten Reise zu interkulturellem Bewusstsein. Nutze das Wissen, von Menschen, die bereits im interkulturellen Umfeld verschiedene Erfahrungen gesammelt haben und setzte diese gewinnbringend für Deine eigene Zukunft und/oder in Deinem Job ein.
Bevor ich jedoch meine eigenen Erfahrungen mit Dir teile, ist es hilfreich, zu verstehen, was Kultur ausmacht und wie sich Kultur zeigt. Aus diesem Grund möchte ich Dir in den ersten Kapiteln eine Einführung in die verschiedenen Ebenen und Facetten von Kultur geben.
Im Anschluss behandle ich das Thema Sprache, da Kommunikation in der zwischenmenschlichen Beziehung ein wichtiges Basiselement darstellt. Oft wird vermutet, dass Reibungsverluste in interkulturellen Teams insbesondere dadurch entstehen, dass die Sprache als Fremdsprache nicht gut genug gesprochen wird und somit stecken Firmen häufig viel Geld in Sprachtrainings. Auch wenn es natürlich gut ist, eine Sprache möglichst fließend zu sprechen, so ist dies jedoch nicht unbedingt der wahre beziehungsweise einzige Grund für Missverständnisse. Wie hat einmal eine sehr erfahrene Kollegin, die seit mehr als 25 Jahren als Business English Teacher arbeitet, in einem interkulturellen Training gesagt: „It’s not about language, it’s about understanding.“ Was genau sie hiermit gemeint hat, wirst Du im Laufe des Buches unter anderem im Kapitel ‚Sprache‘ erfahren.
Anschließend berichte ich Dir von meinen eigenen Erfahrungen, die ich in verschiedenen Ländern gesammelt habe. Dies wird Dir für Deine eigenen interkulturellen Begegnungen helfen, mit einem anderen Blickwinkel auf Situation zu schauen, die Du mit Deinem Gegenüber erleben wirst und hoffentlich wirst Du, nachdem Du das Buch gelesen hast, auch offener und reflektierter mit solchen Begegnungen umgehen.
Der finale Teil des Buches befasst sich schließlich mit der Bedeutung interkultureller Kompetenz im beruflichen Alltag. Hier erfährst Du über die Herausforderungen in der virtuellen Zusammenarbeit von globalen, interkulturell zusammengesetzten Teams, die Bedeutung des Konfliktmanagements und was eine Entsendung ins Ausland als Expat mit sich zieht.
Zum Schluss findest Du eine Zusammenfassung meiner Handlungsempfehlungen in Form von Do’s und Dont’s, die Dir als kleiner Wegweiser dienen sollen und schließlich mein Fazit.
Nun wünsche ich Dir viel Spaß beim Lesen auf Deiner interkulturellen Reise.
Was ist Kultur
Schon als Schülerin gehörte ich zu denjenigen, die das Ausland magisch angezogen und fremde Sprachen fasziniert hatten. Als ich dann im Rahmen eines Schüleraustauschs das Leben in England und Frankreich in einer Gastfamilie erleben durfte, war meine Liebe, das Ausland nicht nur in Form von Urlaubsreisen zu entdecken, endgültig entflammt. Seitdem verspürte ich die Sehnsucht nach einem längeren Aufenthalt in der Fremde und dem späteren Arbeiten im internationalen Umfeld.
Als Studentin setzte ich nach erfolgreichem Abschluss meiner Diplomarbeit meinen Traum schließlich in die Realität um. Ich war überrascht, wie einfach es letztendlich war, einen sinnvollen Auslandsaufenthalt zu organisieren. Wie ich im Nachhinein feststellte, hatte ich auch genau den richtigen Zeitpunkt gewählt, um nicht den Anschluss zu meinen Mitstudenten zu verlieren, denn viele von ihnen hatten sich nach der Diplomarbeit ein Semester Auszeit gegönnt, entweder um Kraft für das bevorstehende Examen zu tanken oder Praxiserfahrungen in Form eines Praktikums zu sammeln.
Mir war die Praxiserfahrung ebenfalls wichtiger und so hatte ich mich um einen Praktikumsplatz im Ausland bemüht anstatt ein Auslandssemester an einer französischen Universität oder die Zeit als AuPair im Ausland zu verbringen.
Mit Hilfe der Organisation ‚Die Brücke‘, ein Institut für internationale Kontakte und Integration, das sich u.a. verstärkt um die Verschwisterung möglichst vieler Städte kümmert, um die Entwicklung des europäischen Gedankens in der breiten Bevölkerung voranzutreiben, fand ich einen zu meinem Studium passenden Praktikumsplatz inkl. Unterkunft in der französischen Partnerstadt meines Heimatortes.
Mein Praktikum absolvierte ich bei einer französischen Industrie- und Handelskammer. Untergebracht war ich in einem Studentenwohnheim. Dies half mir, schnell Kontakt zu Gleichaltrigen knüpfen zu können und somit Freunde in meiner neuen Wahlheimat zu finden.
Ich erinnere mich noch gut, dass meine neuen französischen Freunde meinen Aufenthalt ziemlich spannend fanden. Sie waren neugierig, welche Eindrücke und Erkenntnisse ich, seitdem ich in Frankreich angekommen war, vom Land und den Franzosen selbst so gewonnen hatte. Bereits in den ersten Wochen wurde ich befragt, ob ich schon besondere Unterschiede zwischen den Deutschen und den Franzosen festgestellt hätte.
Damals fand ich es ziemlich schwer, diese Fragen zu beantworten. Ich war ja schließlich noch nicht lange in Frankreich und all das Neue hatte ich für mich selbst noch gar nicht richtig sortiert. Schließlich hatte ich alle Hände damit zu tun, mich sowohl am Arbeitsplatz als auch im Wohnheim ein wenig einzuleben und Kontakte zu knüpfen, so dass ich noch gar nicht auf die Idee gekommen war, mir über eine solche Frage Gedanken zu machen.
Nach kurzem Überlegen musste ich feststellen, dass ich anfangs auch so viele Unterschiede noch nicht bemerkt hatte. Selbst die Frage, was denn die deutsche Kultur so ausmacht, fand ich ehrlich gesagt, sehr schwer zu beantworten. Ich glaube nicht, dass sie in dem Moment etwas von Göthe, Schiller und Beethoven hören wollten, obwohl das ja auch Teil der deutschen Kultur ist. Also hatte ich die Frage damals mit ganz offensichtlichen Dingen beantwortet, die in Frankreich eindeutig anders gehandhabt wurden als bei uns, wie: „Wir begrüßen uns nicht mit Küsschen rechts, Küsschen links und schon gar nicht zwischen Jungs und Mädchen. Außerdem frühstücken viele Deutsche morgens nicht nur süß, sondern auch deftig. Ach ja, und wir essen von Tellern und benutzen keinen „bol“.“
Anscheinend hatten meine neuen Freunde mit tiefsinnigeren Antworten gerechnet, denn sehr zufrieden wirkten sie nach meinen Aussagen nicht.
Wieso hatte ich die Frage meiner neuen Freunde nicht tiefgründiger beantworten können?
Warum war es mir so schwergefallen?
War ich nicht aufmerksam oder sensibel genug, die französische Kultur zu erkennen oder sind sie den Deutschen vielleicht doch sehr ähnlich?
An der letzten Frage ist sicherlich etwas Wahres dran. Natürlich sind die Franzosen kulturell den Deutschen ähnlicher als die Japaner, trotzdem reicht dies nicht aus, um die oben aufgeführten Fragen zu erklären.
Der Sachverhalt ist weitaus vielschichtiger. Darauf gehe ich auf den nächsten Seiten dieses Kapitels, auf denen wir uns mit der Frage beschäftigen „Was ist eigentlich Kultur?“ näher ein.
Hast Du Dich mit der Thematik „Was ist Kultur und was macht meine eigene Kultur eigentlich aus?“ schon mal intensiver beschäftigt?
Wenn ja, dann bist Du bereits auf dem richtigen Weg in Richtung kulturelles Bewusstsein. Möglicherweise bist Du bei Deinen Überlegungen auf ähnliche Aspekte gestoßen, wie die, die ich auf den nächsten Seiten näher erläutern werde. Vielleicht findest Du aber auch noch die eine oder andere neue Anregung hierzu.
Wenn diese Thematik eher Neuland für Dich ist, dann begib Dich gemeinsam mit mir auf den Weg, dieser Fragestellung auf den Grund zu gehen.
Die eigene Kultur ist für die meisten von uns etwas ganz Selbstverständliches, denn wir bekommen sie im Prinzip in die Wiege gelegt. Die verschiedenen Kulturelemente, die die eigene Kultur ausmachen, sind uns oft gar nicht richtig bewusst. Von klein an bekommen wir Werte und Normen durch Eltern, Großeltern, Lehrer und Freunde mitgegeben. Ganz automatisch erlernen wir Umgangsformen mit Mitmenschen unseres eigenen Kulturkreises. Aufgrund der empfundenen alltäglichen Normalität, hinterfragen wir unsere eigene Kultur eigentlich so gut wie nie und damit ist es dann auch sehr schwer, auf die Frage kultureller Besonderheiten oder Unterschiede zu anderen Kulturen eine schnelle Antwort zu finden.
Ein interkulturelles Training oder ein längerer Aufenthalt in einem anderen Land können durch dort wahrgenommene Unterschiede dabei helfen, sich über seine eigene Kultur klarer zu werden.
Manchmal ist es aber auch nur die unbewusste Wahrnehmung von Andersartigkeit, die man nicht so richtig einsortieren kann, da man sie ja nur unbewusst erlebt. In manchen Fällen kann sie dazu führen, dass man sich in einer Situation unwohl fühlt und nicht weiß, wieso man sich gerade so fühlt wie man sich fühlt und wie man sich in dieser Situation jetzt am besten verhalten soll. Jahrelang erlernte kulturelle Verhaltensregeln, die einem in Fleisch und Blut übergegangen sind, fühlen sich hier plötzlich nicht mehr richtig an.
Eine Teilnehmerin meiner interkulturellen Arbeitsgruppe hat mal gesagt:
„Erst als ich als Expat nach Italien gegangen bin, habe ich durch die Firma im Rahmen eines interkulturellen Trainings einiges über meine eigene Kultur und deren Wahrnehmung im Ausland erfahren, das ich vorher nicht gewusst hatte.“
Die Schwierigkeit, die eigene und insbesondere eine fremde Kultur zu durchschauen, liegt nicht nur in der zuvor beschriebenen Tatsache, dass die eigene Kultur Teil des eigenen natürlichen Verhaltens darstellt und man diese eher selten bewusst wahrnimmt, sondern auch in der Vielschichtigkeit aus der sich Kultur zusammensetzt. Nicht umsonst wird in der Literatur zu diesem Thema gerne das aus der Kommunikationstheorie stammende Eisbergmodell als unterstützendes Bild zur Erklärung des Kulturbegriffs verwendet. Kultur ist nämlich nicht nur das, was wir direkt wahrnehmen können, sondern auch das Zusammenspiel vieler weiterer verborgener Elemente, die das eigentliche Fundament der jeweiligen Kultur bilden. Manche nutzen, um die Bedeutung des Begriffs Kultur zu veranschaulichen, auch gerne als Metapher zu diesem Thema das Bild der Zwiebel, um die Vielschichtigkeit von Kultur sehr deutlich zum Ausdruck zu bringen.
Ich persönlich habe mich jedoch dafür entschieden, als Allegorie zur Erklärung des Begriffs Kultur den Baum zu verwenden.
Die kräftigen und starken Wurzeln des Baums stellen das Fundament der Kultur dar. So wie die Wurzeln den Baum nähren, so nähren die nichtsichtbaren Kulturelemente die sichtbaren Ausprägungen der jeweiligen Kultur.
Schon Marcus Garvey (1887-1940) sagte:
“A people without the knowledge of their past history, origin and culture is like a tree without roots.”
Wusstest Du, dass Bäume miteinander kommunizieren? Laut Terra X „sprechen“ Bäume im Wald mit anderen Bäumen, über ein Netzwerk aus Pilzgeflechten, Wurzeln und durch das Aussenden bestimmter Duftstoffe.
Ein weiterer Aspekt, den man mit dem Symbol des Baumes gut darstellen kann, ist der Einfluss der Zeit auf die Kultur. Kultur ist nämlich zu keinem Zeitpunkt eine statische Masse. Im Gegenteil, analog zum Baum, der beim Durchlaufen der Jahreszeiten bzw. durch sein Wachstum sein Aussehen verändert, unterliegt auch die Kultur im Laufe der Zeit Veränderungen. Bestimmte bisher gültige Normen und Werte evolvieren aufgrund endogener oder exogener Einflüsse. Diese können z.B. ein Generationenwechsel sein oder politische Unruhen, die zu einem Umdenken der Gesellschaft führen.
Auch der Faktor Umwelt, der Kultur bedeutend beeinflussen kann, lässt sich mit Hilfe des Baumes bildlich gut darstellen.
Laut Harry Triandis wird Kultur folgendermaßen definiert:
„The human made part of the environment.“
Wörtlich übersetzt besagt dies „Der Mensch als Teil der Umwelt“. Mir persönlich gefällt diese Definition, denn wenn man sich Kulturen aus verschiedenen Teilen der Erdkontinente anschaut, stellt man fest, dass die Umwelt mit ihren unterschiedlichen geographischen Faktoren wie z.B. Klima, Vegetation, Wasservorkommen oder die Beschaffenheit des Bodens zu bestimmten kulturellen Ausprägungen geführt hat.
Nehmen wir z.B. Spanien. Jeder, der hier schon mal seinen Sommerurlaub verbracht hat, hat festgestellt, dass die Uhren in den hitzegeprägten, südlichen Ländern Europas anders ticken als bei uns und mittags ausgiebig Siesta gehalten wird. Zu dieser Zeit sind Verwaltung, Geschäfte, Banken, Werkstätten und vieles mehr geschlossen. Mit der Siesta reagieren die Spanier und andere südeuropäische Länder wie z.B. auch Italien auf die extrem heiße Mittagszeit, in der das Arbeiten (insbesondere draußen) mehr als unangenehm ist. Vor allem in den Sommermonaten stehen die Spanier lieber früher auf, um ihre Arbeiten in den verhältnismäßig kühleren Morgenstunden zu erledigen bzw. arbeiten nach einer ausgiebigen Siesta abends eher länger. So ist es in Spanien keine Seltenheit, dass erst ab 22:00 Uhr zu Abend gegessen wird und dies in der Regel auch die warme Mahlzeit des Tages ist.
Lenken wir im Gegensatz dazu nun unseren Blick in Richtung Norden. Hier entdecken wir ein ganz anderes Phänomen. Finnland ist bekannt für seine Saunakultur. Laut ZEIT ONLINE gibt es in Finnland für 5,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner schätzungsweise drei Millionen Saunen. Die Unesco hat die finnische Sauna sogar zum immateriellen Weltkulturerbe ernannt.1 Für diese kulturelle Ausprägung spielt die Umwelt eine große Rolle. Finnland ist eines der nordischen Länder, in denen die Wintermonate lang, kalt und dunkel sind. Besonders in dieser Zeit bietet die Sauna einen guten Ersatz für die fehlende Sonneneinstrahlung und der damit verbundenen Wärme und führt zu einem angenehmen Wohlbefinden und gestärkten Immunsystem, um gut über die Wintermonate zu kommen.
Wandern wir den Globus nun weiter in nördliche Richtung und schauen uns Grönland an, dann stellen wir fest, dass aufgrund der dortigen geographischen Bedingungen wie Eis und felsige Landschaften anstelle der Landwirtschaft der Fisch-, Robben- und Walfang für die Grönländer von großer Bedeutung war und einen entsprechenden Einfluss auf die grönländische Kultur hatte. Viele der Mythen und Sagen gehen zurück auf die Erfahrungen, die die ursprüngliche Bevölkerung, die Inuit, mit Eis, Tieren, Meer und dem Wechsel der Jahreszeiten gemacht hatten. So findet man im Zentrum von Grönlands Hauptstadt Nuuk eine im Meer stehende Skulptur (siehe Bild links) mit dem Namen „Mutter des Meeres“, dessen Vorlage eine der bekanntesten, grönländischen Sagen war.2
Kommen wir nun zurück zur Metapher des Baumes. Übertragen wir die zuvor dargestellten Einflüsse der Umwelt auf die Kultur nun auf das Bild des Baumes, so bedeutet dies, dass es je nach geographischer Lage unterschiedliche Vegetationsarten gibt. Verschiedene Kulturregionen könnte man also stellvertretend durch unterschiedliche Baum- beziehungsweise Pflanzentypen verkörpern:
Nicht nur die Umwelt hat jedoch einen großen Einfluss auf die Kultur, sondern auch die Geschichte eines Landes. Hierzu greife ich noch einmal Spanien als Beispiel auf.
Als ich zum ersten Mal als Kind mit meinen Eltern eine dreieinhalb wöchige Spanienrundreise gemacht habe, habe ich an manchen Orten wie z.B. der Alhambra oder Cordoba geglaubt, ich wäre im Orient gelandet, denn dort gab es eine Vielzahl an Gebäuden, die im orientalischen Stil gebaut und mit entsprechenden Kachel-Ornament- mustern verziert waren. Ich hatte mich damals gefühlt als wäre ich Teil des Märchens „Tausendundeine Nacht“. Mein Vater erklärte mir seinerzeit, dass diese wunderschöne, besondere Architektur darauf zurück zu führen ist, dass sich im 7. Jahrhundert der Islam vom Orient bis hin nach Spanien ausgebreitet hatte und so dort bis heute seine Spuren hinterlassen hat.
Ein anderes Beispiel für die Einflüsse der Geschichte auf die Kultur ist die Eroberung des wilden Westens von Amerika, die sich in der heutigen amerikanischen Gesellschaft in der Handlungsorientierung, dem Optimismus und der Zukunftsorientierung widerspiegelt. Nur wer wirklich daran geglaubt hat, in Amerika ein besseres Leben zu führen und sich nicht zu schade war, hart anzupacken, der hatte eine Chance im Wilden Westen zu überleben, sich dort ein Zuhause aufzubauen und mit etwas Glück, denkt man an die vielen Goldsucher, vielleicht sogar reich zu werden. Diese besondere Einstellung wird bis heute in Amerika in Form der Redensart „The American Dream“ verkörpert. Egal aus welcher sozialen Schicht man kommt, wer hart arbeitet und an sich glaubt, der hat in Amerika eine Chance, etwas aus sich zu machen. Oder anders ausgedrückt:
„Vom Tellerwäscher zum Millionär.“
(allgemeine Redensart)
Wie Du bereits an diesen zuvor dargestellten Einflussfaktoren, wie Umwelt und Geschichte, erkennen kannst, wird Kultur von vielen Dingen geprägt.
Wie aber nehmen wir Kultur wahr?
Was macht Kultur genau aus?
Um diese beiden Fragen zu beantworten, wird Kultur in der Kulturwissenschaft in sichtbare und nicht sichtbare, d.h. unterbewusste bzw. im Verborgenen liegende Kulturelemente unterteilt.
Befinden wir uns im Ausland, dann werden wir zunächst primär mit den sichtbaren Kulturelementen konfrontiert. Da wir das in den Wurzeln verborgen liegende Fundament nicht näher kennen, fällt es uns manchmal schwer, das Wahrgenommene einzuordnen. Je nach Kultur können uns bestimmte Verhaltensweisen oder Umgangsformen extrem befremdlich erscheinen. Aus diesem Grund ist es wichtig, gerade wenn Du mit Menschen oder beruflich mit Kollegen aus anderen Ländern zu tun hast, Dich intensiver mit deren Kultur zu beschäftigen, um bereits Hintergrundwissen aufzubauen und Dich so auf möglicherweise eintretende Situationen ein wenig vorzubereiten. Mit dieser Vorgehensweise ist es möglich, sich eine gewisse Komfortzone zu schaffen, die dafür sorgt, dass Du beim Eintritt bestimmter Situationen nicht völlig überrumpelt wirst.
Was genau unter diesen sichtbaren und nicht sichtbaren Elementen zu verstehen ist, verdeutlicht Dir das im Folgenden aufgeführte Bild3:
Jeder kennt die Redewendung “Back to the roots.“, die das Prinzip des Schaubilds oben kurz und prägnant beschreibt. Der Baum ist über seine Wurzeln fest im Boden verankert. Genauso sind wir über unsere Wurzeln mit der eigenen Kultur verankert, wobei die Wurzeln stellvertretend für bestimmte Werte, Normen, Glaubenssätze, Denkmuster und Traditionen stehen. Diese Grundfeste sind für Kulturfremde nicht direkt erkennbar oder einsehbar. Hierfür muss man sich schon intensiv mit einer Kultur und deren Menschen auseinandersetzen.