Zeitensprünge - Georg Markus - E-Book

Zeitensprünge E-Book

Georg Markus

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Beschreibung

Fenster zur Vergangenheit Bestsellerautor Georg Markus blickt zurück in die Geschichte: Er erzählt vom berührenden Schicksal des einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein, von Kinostars, der Entstehung der Filmerfolge »Manche mögen's heiß« und »Der blaue Enge«l sowie dem Urheberrechtsstreit um die berühmten Sissi-Filme. Neben dem Besuch aussterbender Wiener Geschäfte wie der »Letzten Greißlerin« nimmt er aufsehenerregende Fälle aus der Kriminalgeschichte ins Visier und beleuchtet die Hassliebe der Kabarettlegenden Gerhard Bronner und Georg Kreisler. »Zeitensprünge« präsentiert mehr als 50 abwechslungsreiche, spannende, informative und unterhaltsame Geschichten – ein echter Georg Markus eben. Aus dem Inhalt: Der einarmige Pianist Paul Wittgenstein Wie sah Mozart wirklich aus? Die sechs Wiesenthal-Schwestern Sisis einziger Flirt Die Anti-Antisemiten Die geheime Lovestory des Karl Kraus Frankieboy und die Mafia Der Tag, an dem Marilyn starb Ziemlich beste Feinde: Bronner & Kreisler Der Abgesang des Hauses Habsburg und viele andere Mit zahlreichen Abbildungen Das neue Buch des Bestsellerautors Kurzweilige Miniaturen über Momente und Persönlichkeiten der Vergangenheit Wöchentliche »KURIER«-Kolumne »Geschichten mit Geschichte«

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Seitenzahl: 273

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GEORGMARKUS

Zeitensprünge

Meine Wege indie Vergangenheit

Mit 78 Abbildungen

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Redaktioneller Hinweis:

In Fällen, in denen aus Gründen der Stilistik das generische Maskulinum verwendet wird, sind grundsätzlich immer alle Geschlechter gemeint.

© 2024 by Amalthea Signum Verlag GmbH, Wien

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Elisabeth Pirker/OFFBEAT

Umschlagfoto: Elsa Wiesenthal © ÖsterreichischesTheatermuseum/brandstaetterimages/picturedesk.com

Lektorat: Rainer Höltschl

Korrektorat: Christine Kanzler

ISBN 978-3-99050-276-1

eISBN 978-3-903441-32-3

INHALT

Sprünge zwischen den Zeiten

Vorwort

MUSIKALISCHE ZEITENSPRÜNGE

»Ich hatte keine andere Wahl«

Der einarmige Pianist Paul Wittgenstein

Wie sah Mozart wirklich aus?

Unterschiedliche Bilder geben Rätsel auf

»Eine Prinzessin aus der Vorstadt«

Die sechs Wiesenthal-Schwestern

Schubert war kein Alkoholiker

Legenden über den Liederfürsten

Eine Symphonie schreibt Weltgeschichte

Wie Beethovens Neunte entstand

Der Tod der Primaballerina

Julia Drapal als Mordopfer

KRIMINELLE ZEITENSPRÜNGE

»Tod durch den Strang«

Österreichs letzte Hinrichtung

Leben und Tod einer Edelprostituierten

Der Ermordung der Rosemarie Nitribitt

Der Postraub des Jahrhunderts

Sechzehn Ganoven kassierten fünfzig Millionen

KAISERLICH-KÖNIGLICHE ZEITENSPRÜNGE

Sisis einziger Flirt

Kaiserin Elisabeth besucht einen Maskenball

Die letzten Tage im Leben der Queen

Zum Tod Königin Elizabeths II

ZEITENSPRÜNGE MADE IN AUSTRIA

Der Aufruhr der kleinen Leute

Die Teuerungsrevolte des Jahres 1911

Das waren Warenhäuser

Herzmansky, Gerngross & Co

Die letzte Greißlerin

Frau Rosa hat zugesperrt

»Juden erwünscht«

Die Anti-Antisemiten

LITERARISCHE ZEITENSPRÜNGE

Hat Shakespeare überhaupt gelebt?

Der Streit um ein Genie

Die geheime Lovestory des Karl Kraus

Verräterische Briefe an Irma

Thomas Manns Villa gerettet

Im kalifornischen Exil des Nobelpreisträgers

ANDERE LÄNDER, ANDERE ZEITENSPRÜNGE

Die heimliche Hauptstadt der Welt

Wie aus Nieuw Amsterdam New York wurde

Als der Alkohol verboten war

Die Prohibition und der giftige Fusel

Robert Maxwells mysteriöser Tod

Der Medienmogul und sein rätselhaftes Sterben

Wer war Rasputin?

Er galt als Inbegriff des Bösen

Der Hofmaler des Schah

Professor Sadjadi im Wiener Exil

FRIEDHÖFLICHE ZEITENSPRÜNGE

Letzte Ruhe am Hietzinger Friedhof

Von Grillparzer bis Heinz Conrads

»A schene Leich, mit Schnops und Pomfineberer«

Kurt Sowinetz am Döblinger Friedhof

Das versteckte Grab des Dichters

Die Stars vom Grinzinger Friedhof

ZEITENSPRÜNGE NACH HOLLYWOOD

»My Way«

Frankieboy und die Mafia

Die Schwierigkeit, erwachsen zu werden

Schicksale der Kinderstars

Billy Wilders Kultfilm

»Manche mögen’s heiß«

Der Tag, an dem Marilyn starb

Los Angeles, 4. August 1962

ZEITENSPRÜNGE INS KINO

Das Ende des Sissi-Krieges

oder Urheberrechtsstreit um einen Film

»Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt«

Wie Der blaue Engel entstand

Einhundert und sieben

Johannes Heesters, das letzte Interview

ZEITENSPRÜNGE DER KENNEDYS

Kennedys Wiener »Ami-Schlitten«

Ein Cadillac für den Präsidenten

»Wenn mich jemand erschießen sollte«

Aus Jacqueline Kennedys Erinnerungen

SCHLIMME ZEITENSPRÜNGE

Österreichs Oskar Schindler

Der Feldwebel Anton Schmid

Ärger als auf der Titanic

9000 Tote auf der Wilhelm Gustloff

Orgien unterm Hakenkreuz

Hitlers Clan in London

NACHKRIEGS-ZEITENSPRÜNGE

Die Vier im Jeep

Ein Besatzungssoldat erinnert sich

»Kehrt heim nach Österreich!«

Willi Forst fordert Kollegen zur Rückkehr auf

Aus den Ruinen auferstanden

An »Burg« und Oper wird wieder gespielt

ZEITENSPRÜNGE IN DIE WELT DER HIGH SOCIETY

Was blieb vom Glanz der alten Zeit?

High Society einst und jetzt

Die Korrespondenz der Prominenz

»Adabeis« geheime Schatzkiste

ZEITENSPRÜNGE IM THEATER UND IM KABARETT

»Es fehlt ihnen die Provinz«

Wo man einst Theater spielen lernte

Der g’schupfte Ferdl geht Tauben vergiften

Ziemlich beste Feinde: Bronner & Kreisler

ZEITENSPRÜNGE IN STAATSPALÄSTE

Warum das Weiße Haus weiß ist

Die Wohn- und Arbeitsstätte der US-Präsidenten

Mythos Downing Street 10

Die berühmteste Tür der Welt

Im Schatten des Buckingham Palace

Ein Besuch im Kensington-Palast

Liebe im Schloss des Präsidenten

Hinter den Mauern des Élysée-Palasts

»Schön haben Sie’s da, Herr Bundespräsident!«

Der Leopoldinische Trakt der Hofburg

Lieber als in der Hofburg

Die Kaiservilla in Bad Ischl

Des Kaisers letztes Schloss

Der Abgesang des Hauses Habsburg

Quellenverzeichnis

Bildnachweis

Namenregister

Sprünge zwischen den Zeiten

Vorwort

Tatsächlich wird in diesem Buch zwischen den Zeiten ziemlich viel hin und her gesprungen, womit sich sein Titel erklärt. Andererseits gab’s auch in meinen früheren Büchern schon ZEITENSPRÜNGE. Doch diesmal springe ich vielleicht ein bisschen mehr. Das erste Kapitel, in dem es um berühmte Musiker geht, erzählt die dramatische Lebensgeschichte des einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein, der das Klavierspiel so virtuos beherrschte, dass er mit der einen, ihm verbliebenen Hand weltweit umjubelte Konzerte geben konnte.

Der erste ZEITENSPRUNG im Musikkapitel führt uns vom 20. ins 18. Jahrhundert, in dem ich der Frage »Wie sah Mozart wirklich aus?« nachgehe. Sie werden sagen, das weiß doch jedes Kind, das schon einmal eine Mozartkugel gegessen hat. Aber so einfach ist das nicht, denn es gibt Hunderte, äußerst unterschiedliche Porträts des Giganten, und er schaut auf jedem anders aus. Doch die Mozart-Forschung hat herausgefunden, welche der Bilder authentisch sind und welche nicht.

Der zweite ZEITENSPRUNG führt uns wieder zurück ins 20. Jahrhundert. Die Wienerin Grete Wiesenthal war eine weltberühmte Tänzerin. Kaum bekannt ist, dass sie fünf Schwestern mit tänzerisch ebenfalls beachtlichen Begabungen hatte, weshalb ich hier die Geschichte der ganzen Familie erzähle. In »Der Tod der Primaballerina« geht’s um eine weitere große Tänzerin aus Wien, deren Leben ein schreckliches Ende nahm: Julia Drapal wurde 1988, wie vierzig weitere Patientinnen und Patienten, von Krankenschwestern des Lainzer Krankenhauses ermordet. Im Musikkapitel finden sich auch die Schicksale zweier Genies des 19. Jahrhunderts: Von Schubert wird oft behauptet, er sei Alkoholiker gewesen, was hier widerlegt wird. Danach gebe ich Einblick in die berührende Entstehungsgeschichte der Neunten Symphonie, die Ludwig van Beethoven komponiert hat, als er bereits vollkommen taub war.

Julia Drapals tragische Fügung hätte auch in den Abschnitt KRIMINELLE ZEITENSPRÜNGE gepasst, ich entschied mich jedoch ihrer großen künstlerischen Bedeutung wegen fürs Musikkapitel. Klarerweise im »Kriminal« findet sich hingegen jener Frauenmörder, der in die Geschichte einging, weil er der letzte österreichische Straftäter war, der hingerichtet wurde. Das ereignete sich ebenso im 20. Jahrhundert wie die anderen drei Kriminalfälle, die in Deutschland, England und in den USA stattfanden.

Sehr großer Sprung von den KRIMINELLEN zu den KAISERLICHKÖNIGLICHEN ZEITENSPRÜNGEN. In »Sisis einziger Flirt« wird die Geschichte eines anonymen Besuchs der Kaiserin Elisabeth auf einem Maskenball erzählt, auf dem sie einen jungen Mann kennenlernt, der sich in die damals 37-jährige Schönheit verliebt. Er schickt ihr Briefe, die in einem Postfach hinterlegt werden, und »Sisi« antwortet, natürlich inkognito. Als er jedoch zu ahnen beginnt, welch berühmte Frau sich hinter der Maske verbirgt, bricht sie von einem Tag zum anderen die Korrespondenz ab. Im nächsten Beitrag geht’s um eine andere Elizabeth: In »Die letzten Tage der Queen« wird die Woche vor dem Ableben der britischen Jahrhundertkönigin geschildert.

In ZEITENSPRÜNGE MADE IN AUSTRIA erinnere ich an die historische Teuerungsrevolte des Jahres 1911, weiters an die Glanzzeit der großen Wiener Warenhäuser und an den Abschied der »Letzten Greißlerin«. In Zeiten, in denen der Antisemitismus wieder Zulauf erfährt, geht es im Kapitel »Juden erwünscht« um mutige Österreicher, die sich für verfolgte Minderheiten stark machten.

Die LITERARISCHEN ZEITENSPRÜNGE gehen der Frage nach, ob Shakespeare – wir springen ins 16. Jahrhundert – überhaupt gelebt hat. Weitere Protagonisten sind Thomas Mann und Karl Kraus, dessen geheime Liebschaft mit einer jungen Schauspielerin erst kürzlich durch das Auffinden versteckter Briefe aufgedeckt werden konnte.

In ANDERE LÄNDER, ANDERE ZEITENSPRÜNGE berichte ich, wie aus Nieuw Amsterdam die Weltmetropole New York wurde, vom rätselhaften Tod des Medienmoguls Robert Maxwell, von der Zeit, in der in den USA Ausschank und Konsum von Alkohol verboten waren, vom russischen Geistheiler Rasputin und von dem jahrzehntelang in Wien lebenden Hofmaler des Schah von Persien.

Ebenfalls in mehrere Jahrhunderte begeben wir uns in den FRIEDHÖFLICHEN ZEITENSPRÜNGEN, in denen ich den letzten Wiener Ruhestätten prominenter Persönlichkeiten einen Besuch abstatte: Es sind dies die Gräber u. a. von Franz Grillparzer, Gustav Klimt, Gustav Mahler, Otto Wagner, Katharina Schratt, Gottfried von Einem, Heinz Conrads, Kurt Sowinetz, Susi Nicoletti, Thomas Bernhard und Paula Wessely. Geschildert werden auch die Umstände ihres Todes. Die Unsterblichen sind auf drei Wiener Friedhöfen vereint, zu denen mich der Wiener Jurist Franz Luger mit sachkundiger Unterstützung begleitete.

Nach HOLLYWOOD führt uns der nächste Abschnitt, in dem es um »Frankieboy und die Mafia«, die oft tragischen Schicksale von Kinderstars, den Kultfilm Manche mögen’s heiß und um den Tag geht, an dem Marilyn Monroe starb. Vom amerikanischen Kino ist’s ein weiter Weg zum österreichischen bzw. deutschsprachigen und deren Stars: Lange nach den Dreharbeiten der legendären Sissi-Filme kam es zum Streit, wem die Tantiemen zustünden. Ein Abschnitt erzählt die Entstehungsgeschichte des Blauen Engels, in einem andren erinnere ich mich an mein letztes Interview mit Johannes Heesters. Er war damals 107 Jahre alt.

Der »First Family« der Vereinigten Staaten sind zwei Kapitel gewidmet. Das erste handelt von John F. KENNEDYS »Wiener Ami-Schlitten«, jener Staatskarosse, in der der US-Präsident im Juni 1961 während seines Österreichbesuchs unterwegs war und die heute noch hier angemeldet ist. Und im zweiten Kapitel geht es um Jacqueline Kennedys Erinnerungen an ihren Mann, die sie kurz nach seiner Ermordung auf Tonband sprach. Das Band lag in einem fest verschlossenen Banksafe, ehe sein Inhalt nach einem halben Jahrhundert endlich öffentlich wurde. In »Wenn mich jemand erschießen sollte« – das ist ein tatsächliches Zitat John F. Kennedys – schildert die Witwe in sehr offenen Worten Leben und Tod des 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.

SCHLIMME ZEITENSPRÜNGE lassen uns Not und Elend im Zweiten Weltkrieg erahnen: »Österreichs Oskar Schindler« war ein kleiner Feldwebel namens Anton Schmid, der um nichts weniger mutig war als der durch den Film Schindlers Liste berühmt gewordene deutsche Emailwarenfabrikant. In »Ärger als auf der Titanic« geht es um den Untergang der Wilhelm Gustloff, die folgenschwerste Tragödie in der Geschichte der Seefahrt.

Die nächsten ZEITENSPRÜNGE katapultieren uns in die Nachkriegszeit, zu den »Vier im Jeep«, und in »Kehrt heim nach Österreich!« fordert Filmstar Willi Forst seine im Exil lebenden Schauspiel- und Schriftstellerkollegen auf, in das Land, aus dem sie einst vertrieben wurden, zurückzukehren und es gemeinsam wieder aufzubauen. Einige bedeutende Künstler sind dieser Aufforderung tatsächlich nachgekommen.

Die ZEITENSPRÜNGE IN DIE WELT DER HIGH SOCIETY erzählen vom gesellschaftlichen Glanz früherer Zeiten. Schließlich wurden mir für dieses Kapitel auch die Briefe berühmter Persönlichkeiten an den legendären »Adabei« Roman Schliesser zur Verfügung gestellt. Seine »Korrespondenz der Prominenz« verschafft uns ein Wiedersehen mit Stars wie Oskar Werner, Senta Berger, Curd Jürgens, Udo Jürgens, Peter Alexander, Hildegard Knef und Falco.

Wir bleiben im 20. Jahrhundert, springen aber zurück in dessen Anfänge. Für das Kapitel »Es fehlt ihnen die Provinz« habe ich Erinnerungen an die kleinen deutschböhmischen Bühnen von Mährisch-Ostrau bis Reichenberg ausgegraben, in denen die Karrieren späterer Publikumslieblinge wie Werner Krauß, Emil Jannings, Hans Moser, Paul Hörbiger, Ernst Waldbrunn und Maxi Böhm begannen. Ins Theater- und Kabarettkapitel passt schließlich noch ein Beitrag über die »ziemlich besten Feinde« Gerhard Bronner und Georg Kreisler.

ZEITENSPRÜNGE IN STAATSPALÄSTE bilden den Abschluss dieses Buches. Hier werden Geschichten und Geschichte des Weißen Hauses, des britischen Regierungssitzes in der Downing Street, des Kensington-Palasts, der Wiener Hofburg, der Kaiservilla in Bad Ischl und des letzten Schlosses des Hauses Habsburg im niederösterreichischen Eckartsau erzählt. Natürlich gibt’s in den ZEITENSPRÜNGENauch Seitensprünge: die meisten in Paris, der Stadt der Liebe, genau genommen im ebenfalls beschriebenen Élysée-Palast.

Ich wünsche Ihnen, verehrte Leserin, verehrter Leser, viel Vergnügen bei der Lektüre dieses Buches und hoffe, dass Ihnen die darin enthaltenen ZEITENSPRÜNGE ebenso viel Unterhaltung wie Spannung und neue Informationen bieten.

Georg Markus

Wien, im August 2024

Danksagung

Mein Dank gilt in erster Linie meiner Frau Daniela, die mir seit 25 Jahren zur Seite steht und eine wichtige Stütze und Ratgeberin ist.

Weiters danke ich folgenden Personen für Auskünfte und Anregungen: Johanna »Joan« Ripley geb. Wittgenstein, Katharina Salzer, Dorothea Salzer, Elisabeth Kamenicek, Thomas Brücke, Christoph Großpietsch (Stiftung Mozarteum Salzburg), Gernot Gruber, Alfred Oberzaucher, Ludwig Musil, Michael Birkmeyer, Rosa Hudec, Petra Rainer, Katharina Prager, Maximilian Zauner und Alexandra Egger (Wienbibliothek im Rathaus), Mahdi und Ingeborg Sadjadi, Franz Luger, Max Friedrich, Ulrich Schulenburg, Dorrit Molony, Harald Karl, Gabriele »Bonni« Schliesser, Ingeborg Fiegl (Dorotheum Wien), Oscar Bronner, Gustav Zimmermann, Johannes Heesters, Simone Rethel, Ingo Schubert, Peter Ehrengruber, Robert Biddle, Judith Holzmeister, Helene von Damm, weiters Katarzyna Lutecka, Rainer Höltschl, Marlen Bernleitner und Lisa Schmitz vom Amalthea Verlag sowie Dietmar Schmitz.

MUSIKALISCHE ZEITENSPRÜNGE

»Ich hatte keine andere Wahl«

Der einarmige Pianist Paul Wittgenstein

Der Erfolg seines ersten Konzerts war vielversprechend, auch wenn die Kritik nicht allzu viel Notiz von ihm nahm. Doch beim Publikum schlug das Debüt des Pianisten in Wiens Großem Musikvereinssaal ein. Man schrieb den 26. Juni 1913, Paul Wittgenstein war gerade 26 Jahre alt und schien eine große künstlerische Karriere vor sich zu haben. Fast auf den Tag genau ein Jahr später wurde Österreich-Ungarns Thronfolgerpaar in Sarajewo ermordet, der Erste Weltkrieg brach aus und Paul Wittgenstein wurde zu den Waffen gerufen.

Nach nur wenigen Wochen an der Front passierte das denkbar Schlimmste, das einem Konzertpianisten widerfahren kann. Dem Unteroffizier der Reserve Paul Wittgenstein wurde bei Gefechten in Galizien durch eine Kugel der Ellbogen zerschmettert. Sein rechter Arm musste amputiert werden.

Eine Tragödie unvorstellbaren Ausmaßes, die wohl jeder andere Pianist mit dem Ende seiner Laufbahn quittiert hätte. Doch statt zu verzweifeln, investierte Paul Wittgenstein seine ganze Kraft, um mit der verbliebenen linken Hand auf dem geliebten Instrument weiterzuspielen. So malte er noch als Patient im Kriegslazarett eine Tastatur auf ein Stück Karton, auf der er mit der linken Hand beharrlich trainierte. »Da Klavierspielen das Einzige ist, was ich habe«, wird er später einem Freund schreiben, »hatte ich sozusagen keine andere Wahl.«

Aus russischer Kriegsgefangenschaft in Sibirien entlassen, setzte Paul Wittgenstein trotz der schweren Verwundung seinen Kriegsdienst, nun an der italienischen Front, fort. Und feierte während eines Heimaturlaubs am 12. Dezember 1916 seinen zweiten öffentlichen Auftritt, wieder im Großen Musikvereinssaal. Der mittlerweile 29-Jährige gab, im Programmheft als »linkshändiger Pianist« angekündigt, Frédéric Chopins c-Moll-Nocturne. An dieser außergewöhnlichen Leistung konnte selbst Wiens gestrenge Musikkritik nicht achtlos vorübergehen. Während der Rezensent des Wiener Montagsblatts das Konzert »mit Ausdrücken der höchsten Bewunderung« versah, schrieb Julius Korngold in der Neuen Freien Presse:

Drücken wir ihm nach seinem erfolggekrönten Debüt die tapfere Hand, die er so glücklich zu verwenden gelernt hat. Aus dem Spiel dieser Linken klingt keineswegs die Wehmut des Künstlers heraus, keine Rechte zu besitzen. Vielmehr der Triumph, diese leicht entbehren zu können.

Paul Wittgenstein, einer prominenten Industriellenfamilie entstammend, kam am 5. November 1887 in Wien als achtes von neun Kindern des Ehepaars Karl und Leopoldine Wittgenstein zur Welt. Pauls jüdischer, assimiliert lebender Großvater Hermann Christian Wittgenstein hatte sich mit der jüdischen Kaufmannstochter Fanny Figdor vermählt, seinen elf Kindern jedoch abgeraten, ihrerseits in jüdische Familien einzuheiraten – nicht zuletzt infolge der antisemitischen Hetzreden der damaligen Politiker Karl Lueger und Georg von Schönerer. Tatsächlich hielten sich alle seine Töchter und Söhne daran – bis auf Karl Wittgenstein, den Vater des Pianisten. Karl heiratete Leopoldine Kallmus, Tochter eines jüdischen Prager Kaufmanns. Ihr Sohn Paul nahm als Gymnasiast Klavierunterricht bei dem blinden Musiker Josef Labor und ließ sich später zum Konzertpianisten ausbilden.

Schon Pauls Mutter war eine überaus talentierte Pianistin, und einer von Pauls Brüdern war der berühmte Philosoph Ludwig Wittgenstein. Pauls Vater Karl Wittgenstein, ebenfalls sehr musikalisch, zählte zu den erfolgreichsten Industriellen der späten Donaumonarchie. Seine Familie hatte sich 1851, aus Leipzig kommend, zunächst in Vösendorf und neun Jahre später in Wien angesiedelt, wo Karl als Siebzehnjähriger, ohne seine Familie zu benachrichtigen, von zu Hause ausriss und sich nach New York durchschlug. Dort arbeitete er als Barmusiker, Kellner und Nachhilfelehrer.

Zwei Jahre später wieder in Österreich, machte Karl Wittgenstein in der Stahlbranche Karriere und brachte es zu unvorstellbarem Reichtum. Nicht nur das, er transferierte rechtzeitig vor Einsetzen der gigantischen Inflation in Österreich den Großteil seines Vermögens nach Amerika und in die Schweiz, sodass seine Erben – darunter sein Sohn, der Pianist Paul Wittgenstein – zu den wenigen Millionären zählten, die ihren Besitz in dieser Zeit nicht verloren, sondern, im Gegenteil, sogar weiter ausbauten.

Anders als andere erfolgreiche Unternehmer lehnte Karl Wittgenstein die Erhebung in den Adelsstand durch den Kaiser ab, wollte »lieber ein Wittgenstein als ein Ringstraßenbaron sein«. Seinen Kindern gegenüber – die übrigens alle hochmusikalisch waren – erwies sich Karl Wittgenstein als überstrenger Patriarch, der immensen Druck auf sie ausübte. Vier von ihnen endeten tragisch: Drei Söhne nahmen sich das Leben, eine Tochter starb bei ihrer Geburt.

Paul wuchs mit Eltern und Geschwistern in dem 1871 erbauten, prunkvollen Palais Wittgenstein in der heutigen Argentinierstraße in Wien-Wieden auf. Nachdem sich sein Vater Karl im Alter von 52 Jahren aus dem Geschäftsleben zurückgezogen hatte, betätigte der sich als großzügiger Förderer der Künste, insbesondere der Secession und der Wiener Werkstätte.

Karl Wittgensteins umfangreicher Kunstsammlung gehörten Bilder von Gustav Klimt bis Claude Monet an. Legendär sind auch die von ihm veranstalteten Musikabende im Palais, an denen Johannes Brahms, Clara Schumann, Gustav Mahler, Arnold Schönberg und das berühmte Rosé-Quartett teilnahmen. Leider wurde das elegante Stadtpalais nach dem Zweiten Weltkrieg von der Länderbank gekauft und – obwohl von Bombenschäden verschont geblieben – zugunsten eines Neubaus abgerissen.

Karl Wittgenstein erlag mit 65 Jahren im Januar 1913, ein halbes Jahr vor dem ersten Konzertauftritt seines Sohnes Paul, seinem Krebsleiden, seine Frau Leopoldine starb 1926 mit 76 Jahren.

Paul lernte mithilfe eines Selbsthilfebuchs für amputierte Kriegsheimkehrer einarmig zu essen, sich zu waschen, anzuziehen und den Alltag zu meistern. Selbst sein zwei Jahre jüngerer Bruder, der Philosoph Ludwig Wittgenstein, konnte nicht glauben, dass Paul nach diesem Schicksalsschlag je wieder Klavier spielen würde, schreibt er doch an die Familie: »Immer wieder muss ich an den armen Paul denken, der so plötzlich um seinen Beruf gekommen ist.«

Doch der setzte seine Karriere als Klaviervirtuose mit großem Erfolg fort, erlangte als »linkshändiger Pianist« Weltruhm, war in dieser Zeit sogar berühmter als sein Bruder, der hoch angesehene Philosoph Ludwig.

Mit seinem linken Arm versuchte Paul sich zunächst an der Nocturne no. 3 ausLiebesträume, die Franz Liszt für seinen ebenfalls einarmigen Schüler, den ungarischen Pianisten Geza Graf Zichy*, geschrieben hatte. Darüber hinaus arrangierte Wittgenstein für sich selbst Werke von Beethoven, Bach, Chopin, Haydn, Mozart, Schubert, Puccini, Johann Strauss und Wagner. Und er konnte es sich durch das vom Vater ererbte Vermögen leisten, bei zeitgenössischen Komponisten Musikwerke für die linke Hand in Auftrag zu geben. Maurice Ravel schrieb 1929 für Wittgenstein ein Klavierkonzert in D-Dur, das Concerto für die linke Hand, weiters komponierten für ihn Erich Wolfgang Korngold, Richard Strauss, Sergej Prokofjew, Paul Hindemith, Franz Schmidt und Benjamin Britten. Paul Wittgenstein war sicher kein einfacher Patron: Die Zusammenarbeit mit Maurice Ravel wie auch die mit Benjamin Britten endete in heillosem Streit, weil er sich bei der Interpretation ihrer Klavierparts allzu große Freiheiten nahm.

Während Paul seinen steinigen Weg fortsetzte, überraschte Ludwig trotz weltweiter Anerkennung seines Hauptwerks – der Logisch-philosophischen Abhandlung (Tractatus) – damit, der Philosophie und dem Leben als gefeierter Wissenschaftler zumindest vorübergehend abzuschwören. Ludwig absolvierte die Lehrerbildungsanstalt in Wien und arbeitete in mehreren niederösterreichischen Gemeinden als Volksschullehrer, u. a. in Trattenbach bei Neunkirchen und in Otterthal bei Kirchberg am Wechsel. Aber auch Paul begann, wenn es sein Tourneeplan erlaubte, zu unterrichten: von 1931 bis 1938 in der Klavierklasse des Neuen Wiener Konservatoriums.

Die berühmtesten Musiker seiner Zeit komponierten für den »linkshändigen Pianisten«: Paul Wittgenstein, 1933 am Klavier.

Dort verliebte er sich in seine um 28 Jahre jüngere, fast blinde Schülerin Hilde Schania, die er später heiraten und mit der er drei Kinder haben sollte. Nach dem »Anschluss« an Hitlerdeutschland flüchtete Paul Wittgenstein mit seiner Familie über die Schweiz in die USA, wo er das Angebot erhielt, das Cleveland Orchestra zu begleiten.

Seine Tochter Johanna »Joan« Ripley (*1937 in Wien) lebt in Charlottesville im US-Bundesstaat Virginia. Sie war 24 Jahre alt, als ihr Vater starb. Als eine der wenigen Personen, die Paul Wittgenstein noch persönlich gekannt haben, erinnert sie sich für dieses Buch:

Er war ein äußerlich strenger Mann, der aber eine warme und sanfte Seite hatte, die er vor der Welt verborgen hielt. In seiner Gegenwart gab es kein Kichern, kein Fehlverhalten. Am Tisch saßen wir aufrecht, sagten »Bitte«, »Danke« und »Bitte um Entschuldigung«. Lesen, Hausaufgaben machen, draußen spielen und sich allgemein beschäftigen wurden immer gefördert. Herumalbern selten. Und nichts tun? Niemals!

Es gab kaum offene Gespräche zwischen Papa und mir, seiner jüngeren Tochter. Meine Mutter war die einzige Person, mit der er seine innersten Gefühle und Sorgen teilen konnte. Sich über sein Unglück beschweren oder jammern, das gab es in meiner Gegenwart niemals. Selbstmitleid wurde nicht geduldet, weder bei anderen noch bei sich selbst.

Er lebte nach dem Grundsatz »Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg«. Ich weiß nicht, ob er anderen ein Vorbild sein wollte, aber jetzt, Jahrzehnte später, höre ich von Behinderten, dass er oft ihr Vorbild ist. Ich kann mir vorstellen, dass er einem jungen Musiker, der mit Schwierigkeiten überfordert ist, sagen würde: »Wenn Musik deine Leidenschaft ist, gib sie nicht auf, suche nach einem Weg, setze dich mit deinem ganzen Wesen ein. Arbeite unaufhörlich daran, mit Demut, Zielstrebigkeit und Hoffnung. Dann ist der Erfolg in greifbarer Nähe.« Meine schönsten Erinnerungen sind Weihnachten, Spaziergänge mit Papa im Wald oder am Strand und das Klavierkonzert, das seine Schüler jedes Jahr im Mai bei uns zu Hause gaben.

Seinen Lebensabend verbrachte Paul Wittgenstein als Klavierlehrer in New York. Der weltberühmte »linkshändige Pianist« starb als letztes der Wittgenstein-Geschwister am 3. März 1961 im Alter von 73 Jahren auf Long Island an Herzversagen. Viele Stücke, die für ihn geschrieben wurden, werden heute noch von zweihändigen Pianisten aufgeführt.

Pauls Witwe Hilde überlebte ihren Mann um vier Jahrzehnte, sein jüngerer Bruder Ludwig war ihm bereits 1951 in den Tod vorausgegangen. In seinem Tractatus hatte sich der Philosoph mit der menschlichen Endlichkeit auseinandergesetzt: »Der Tod ist kein Ereignis des Lebens«, schrieb er. »Den Tod erlebt man nicht.«

Im Jahr 1982 veröffentlichte Thomas Bernhard die Erzählung Wittgensteins Neffe, in der es um seine Freundschaft mit Paul Wittgenstein* geht. Gemeint ist jedoch nicht der Pianist, sondern dessen gleichnamiger Großneffe, der wie sein Bruder Philosoph war.

*Geza Graf Zichy, 1849–1924, hatte mit vierzehn Jahren bei einem Jagdunfall seinen rechten Arm verloren. Zichy war Autor des Selbsthilfebuchs Ratschläge zur Aneignung der Fähigkeiten, mit einer Hand selbstständig zu werden, durch das Paul Wittgenstein mit seiner Behinderung zu leben gelernt hatte.

*Paul Wittgenstein, Philosoph, 1907–1979.

Wie sah Mozart wirklich aus?

Unterschiedliche Bilder geben Rätsel auf

Von kaum einem anderen Künstler seiner Zeit gibt es so viele Abbildungen wie von ihm. Und doch – oder vielleicht gerade deshalb – zerbrechen sich Historiker und Musikforscher seit Generationen den Kopf, wie Wolfgang Amadeus Mozart wirklich ausgesehen hat. Weil es nur wenige Bilder gibt, die zu seinen Lebzeiten entstanden sind.

»Er war kein schöner Mann, und er wird oft idealisiert dargestellt«, sagen Mozart-Experten. Sie beziehen sich in erster Linie auf eine Beschreibung seiner Schwester Maria Anna, genannt »Nannerl«, die bekennen musste, »dass seine physiognomie gar nicht das genie und den geist anzeigte, mit welchem ihn der gütige gott begabt hat«. Dabei seien Mozarts Eltern »zu ihrer Zeit das schönste Paar Eheleute in Salzburg gewesen, auch galt die Tochter in ihren jüngeren Jahren für eine regelmäßige Schönheit, aber der Sohn Wolfgang war klein, hager, bleich von Farbe und ganz leer von aller Prätention in Physiognomie und Körper. Außer der Musik war und blieb er fast immer ein Kind.«

Es gibt Hunderte Porträts, die Mozart in Museen, aber auch auf Ansichtskarten, Kugelschreibern, Likörfläschchen und Schokoladekugeln zeigen. Doch er sieht auf jedem Bild anders aus.

»Es ist schwierig, das Aussehen Mozarts zu beurteilen«, erklärt Christoph Großpietsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Mozarteum Salzburg, »weil oft die Fantasie der Maler mitspielt. Man muss die Bilder, die zu Mozarts Lebzeiten angefertigt wurden, von jenen unterscheiden, die nach seinem Tod entstanden.« Ein Großteil der Konterfeis stammt aus der Zeit danach, zumal Mozart eine so faszinierende Persönlichkeit war, dass er die Nachwelt dazu bewegte, ihn immer wieder, am liebsten in Porträts oder musizierend, darzustellen.

»Die Körperbildung dieses aussergewöhnlichen Menschen hatte nichts Auszeichnendes … wenn man das feurige Auge ausnimmt, und kündigte die Größe seines Genies nicht an. Aber in dem unansehnlichen Körper wohnte ein Genius der Kunst, wie ihn nur selten ihren Lieblingen die Natur verleiht«, befand der Zeitzeuge und erste Mozart-Biograf Franz Xaver Niemetschek.

Laut Darstellung seiner Umgebung war Mozart nur 1,50 Meter groß. Er hatte einen verhältnismäßig großen Kopf und kleine, aber schöne Hände, strahlend blaue Augen, die ein wenig hervorstanden, und eine große Nase. Die Haare waren dunkelblond, wurden bei öffentlichen Auftritten jedoch von einer Perücke verdeckt. Mozart, der als eitel beschrieben wurde, versuchte sein eher derbes Aussehen mit kostbarer Kleidung wettzumachen. »Überhaupt sah er sehr auf seinen Körper, der auch sehr proportioniert war«, hinterließ uns Georg Nikolaus Niessen, der zweite Mann von Mozarts Ehefrau Constanze. »Er hielt viel auf schöne Kleider, Spitzen und Uhrketten. Er war einmal recht böse, als er hörte, dass der preußische Gesandte Jemanden ein Empfehlungsschreiben an ihn gegeben, der dabey gesagt hatte, man möge sich an Mozarts unbedeutendem Aeusseren nicht stossen.«

»Nicht schön« soll er erst in seinen späteren Lebensjahren gewesen sein. Denn Wolfgang Amadeus war ein ursprünglich hübsches Kind, dem jedoch die Pockenepidemie im Herbst 1767 übel mitspielte. Aber die Narben, die die Infektionskrankheit möglicherweise in seinem Gesicht hinterließ, sind auf keinem Bild zu sehen, die Maler haben sie einfach weggelassen.

Authentisch dürfte das Bild »Vater Mozart mit seinen beiden Kindern« (Seite 31, Bild 1) sein. Die Familie Mozart war 1763 zu einer Europareise aufgebrochen, bei der der siebenjährige Wolfgang große Beachtung fand. In Paris entstand das Aquarell des französischen Malers Louis Carrogis de Carmontelle mit »Nannerl« als Sängerin, Wolfgang am Cembalo und Vater Leopold als Geiger, der die Echtheit des Bildes mit den Worten bestätigte: »Wolfgang spielt Clavier, ich hinter ihm.« Auch Experte Christoph Großpietsch meint, dass Amadé so aussah, bezweifelt jedoch, dass »Nannerl« singend aufgetreten ist.

Ungeschönt sind die beiden Abbildungen, die 1789, zwei Jahre vor Mozarts Tod, entstanden. Das eine ist die im April in Dresden angefertigte Silberstiftzeichnung der Porträtistin Dorothea Stock (Bild 2). Ihr Bild ist ein an Feinheit unübertroffenes Porträt ohne Perücke, das ungeschminkt und geradezu privat wirkt. Das andere aus diesem Jahr, Öl auf Leinwand, ist das wohl bekannteste Bild des Komponisten und stammt von Mozarts Schwager Joseph Lange* (Bild 3). Es war das Lieblingsbild Constanze Mozarts, vielleicht auch, weil ihr Mann, wie sie einmal sagte, »gar nicht glücklich war, en face getroffen zu werden«.

Sie selbst nannte es das »ähnlichste Abbild« ihres Mannes, obwohl sein Gesicht schon aufgedunsen und möglicherweise von Mozarts tödlicher Krankheit gezeichnet war. Die Witwe hat das Porträt geliebt und wie ihren Augapfel gehütet. Es ist heute im Eigentum der Internationalen Stiftung Mozarteum Salzburg.

Im Jahr 2008 tauchte unvermittelt ein in US-amerikanischem Privatbesitz befindliches, bis dahin unbekanntes Porträt auf, das insofern Aufsehen erregte, als es von dem renommierten britischen Mozart-Forscher Cliff Eisen für authentisch gehalten wurde. Das Bild zeigt einen Mann im Profil mit resoluter Kinnpartie, der mit seinem roten Frack und der gepflegten Perücke großes Selbstbewusstsein ausstrahlt. Laut Cliff Eisen sei das Ölgemälde im Jahr 1783, als Mozart 27 Jahre alt war, vom Wiener Hofmaler Joseph Hickel angefertigt worden.

Doch in der Stiftung Mozarteum war man von Anfang an skeptisch, »da kein Nachweis erbracht werden konnte, dass das Porträt Mozart zeigt. Schließlich weist es keine Ähnlichkeit mit den bekannten Bildern aus seinem letzten Lebensjahrzehnt auf.« Mittlerweile wird dem »Hickel-Bild« kaum noch Aufmerksamkeit geschenkt.

1 Große Ähnlichkeit: Klein-Mozart mit Schwester »Nannerl« und Vater Leopold, der das Bild bestätigte: »Wolfgang spielt Clavier, ich hinter ihm.«

2 Laut Zeitzeugen ist dieses Bild eines, das Mozart sehr gut trifft. Silberstiftzeichnung ohne Perücke von Dorothea Stock, 1789.

3 Constanze liebte dieses Bild ihres Mannes: Mozart, ebenfalls ohne Perücke, gemalt 1789 von seinem Schwager Joseph Lange.

4 Dank Mozartkugel populärstes Bild. Gemalt dreißig Jahre nach Mozarts Tod. Wahrscheinlich ähnlich, aber »geschönt«. Vorbild war ein Gemälde von 1781.

5 Ein Bildnis aus der Fantasie des Malers Giovanni Antonio Sasso, das 1815, also ein Vierteljahrhundert nach Mozarts Tod, entstand.

Für die Mozart-Forschung gehört das Auftauchen neuer Mozart-Bilder fast zum Alltag, zumal immer wieder Porträts angeboten werden, von denen sich aber nur wenige als authentisch erweisen.

Als »sowohl echt als auch falsch« könnte man Mozarts wahrscheinlich populärstes, als Verpackung für Schokoladekugeln bekanntes Bild bezeichnen (Bild 4). Fest steht, dass es Barbara Krafft erst 1819, dreißig Jahre nach Mozarts Ableben, gemalt hat. »Aber die Künstlerin hat sein Gesicht ziemlich genau aus dem großen Familienbild von 1780 kopiert und dabei nur seine Locken verändert«, sagt Christoph Großpietsch. »Das Bild war lange nicht bekannt, zählt aber zu den glaubwürdigen Mozart-Porträts, auch wenn es nicht aus der Zeit stammt.« Zu diesem Schluss war auch der Musikwissenschaftler und Kunsthistoriker Otto Erich Deutsch gelangt, der das Bild – obwohl die Malerin den Komponisten nie persönlich gesehen hat – für eine der besten Mozart-Darstellungen hielt. Das »Mozartkugel«-Porträt ist im Besitz der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.

Ein Gegenbeispiel liefert das Bildnis von Giovanni Antonio Sasso (Bild 5). Auch dieses entstand nach Mozarts Tod, ist aber der Fantasie des italienischen Malers entsprungen. »Diese Zeichnung aus dem Jahr 1815 gehört«, so Christoph Großpietsch, »zu den frühen Versuchen, Mozart in neuen Bildtypen zu produzieren, wie hier als ganze Figur komponierend dargestellt oder in anderen Fällen gemeinsam mit Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven. So wurden immer wieder neue Bildmotive eines Genies geschaffen.«

Die weltweit größte Sammlung der zu Mozarts Lebzeiten entstandenen Bilder befindet sich in der Stiftung Mozarteum. Sie ist in Mozarts Geburtshaus in der Getreidegasse und in seinem Wohnhaus am Makartplatz in Salzburg ausgestellt.

Die wenigen zu seinen Lebzeiten angefertigten authentischen Porträts bestätigen, dass Mozart zumindest ein schönes Kind war, jedoch ein nicht besonders attraktiver Erwachsener.

Aber warum sollte einer auch noch schön sein, der so eine Musik geschrieben hat.

*Joseph Lange, 1751–1831, der Mann von Constanze Mozarts Schwester Maria Aloisia geb. Weber, war Hofschauspieler und als Maler ein Schüler Ferdinand Georg Waldmüllers.

»Eine Prinzessin aus der Vorstadt«

Die sechs Wiesenthal-Schwestern

In Weigl’s Dreherpark befand sich die größte Freiluftbühne im Wien der Jahrhundertwende. Benachbart zum kaiserlichen Schloss Schönbrunn gelegen, wurden hier vor Tausenden Zuschauern Ringkämpfe, Varieté- und Zirkusvorstellungen dargeboten. Doch am 6. Juni 1907 stand etwas ganz anderes auf dem Programm. Da gaben die Schwestern Wiesenthal beim »Großen Gartenfest« in der Pantomime Die Tänzerin und die Marionette ihr Debüt.

Die Wiesenthal-Mädeln waren eine ganz besondere, aus sechs Schwestern bestehende Truppe: Berta, Elsa, Gertrud, Hilda, Marta und Grete. Grete war die bei Weitem berühmteste von ihnen, sie sollte noch als Synonym des Modernen Tanzes Weltkarriere machen. Die Berufswege ihrer Schwestern verliefen hingegen unterschiedlich, doch mit ihrer Musikalität, ihrem Rhythmusgefühl und der ganzkörperlichen Art, sich zu bewegen, erregten auch sie Aufsehen.

Bei der erwähnten Aufführung in Weigl’s Dreherpark – benannt nach Johann Weigl, dem Pächter des Lokals und Anton Dreher, dem Besitzer der Brauerei Schwechat – waren alle Schwestern vereint: Elsa hatte die Tänze einstudiert, Gertrud, Hilda und Berta gaben Bäuerinnen und Grete – der Star – verkörperte die Tänzerin. Nur der »Nachzügler«, die erst fünfjährige Marta musste sich wohl mit der Rolle als Zuschauerin begnügen.

Die Schwestern waren allesamt als Töchter der Rosa und des Franz Wiesenthal, beide aus Ungarn stammend, in Wien zur Welt gekommen, wo sich der Vater als Porträt- und Historienmaler einen Namen machte. Der Wiener Tanzhistoriker Alfred Oberzaucher meint, dass die außergewöhnliche künstlerische Begabung den Schwestern Wiesenthal offensichtlich vererbt wurde: »Die Mutter war Pianistin, der Vater ein talentierter Hobbymusiker. Jedes der Mädchen spielte mehrere Instrumente, und die Begeisterung für den Tanz wurde bei Grete durch den Besuch des Balletts Rund um Wien in der Hofoper ausgelöst. Dass eine Hauptrolle von der Nachbarin der Wiesenthals, der gefeierten Hofoperntänzerin Minna Rathner, ausgeführt wurde, mag den brennenden Berufswunsch der Neunjährigen zusätzlich befeuert haben. Und mit ihrer Tanzleidenschaft vermochte Grete auch ihre Schwestern mit sich zu ziehen.«

Ja, und dann gab es noch ein siebentes Kind, den Bruder Franz jun.* Auch er war musikalisch hochbegabt, spielte Cello und hatte mit achtzehn Jahren bereits ein Quartett komponiert. Doch er verlor im Ersten Weltkrieg als Soldat der österreichisch-ungarischen Armee in Russland sein Leben.

Grete, 1885 geboren, war nicht nur das berühmteste, sondern auch das erstgeborene der insgesamt sieben Kinder. Ihr Lebensweg schien vorgezeichnet, wollte sie doch, sobald sie auf ihren Beinchen stehen konnte, immer und überall nur tanzen. Folgerichtig trat sie mit zehn Jahren als Elevin in die Ballettschule des k. k. Hofopernballetts ein. Im Jahr 1901 entdeckte Hofoperndirektor Gustav Mahler ihr besonderes Bewegungstalent und ihre Musikalität, im Jahr darauf wurde ihre Schwester Elsa an die Hofoper geholt.