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Zwei Herren aus Verona (engl. The Two Gentlemen of Verona) ist eine Komödie von William Shakespeare. Das Werk handelt von den beiden Freunden Valentin und Proteus und ihrer Liebe zu Julia und Silvia. Die Geschichte spielt im 16. Jahrhundert in den norditalienischen Städten Verona, Mailand und in der Nähe von Mantua.
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Seitenzahl: 87
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William Shakespeare
Zwei Herren aus Verona
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Zwei Herren aus Verona
Erster Aufzug
Zweiter Aufzug
Dritter Aufzug
Vierter Aufzug
Fünfter Aufzug
Impressum neobooks
Platz in Verona.
Valentin und Proteus treten auf.
VALENTIN.
Hör' auf mir zuzureden, teurer Proteus;
Wer stets zu Haus bleibt, hat nur Witz fürs Haus.
Wenn Neigung nicht dein junges Herz gefesselt
Dem süßen Augenwinken deiner Schönen,
Bät' ich dich eh'r, du möchtest mich begleiten,
Die Wunder fremder Länder zu beschauen,
Anstatt daheim im dumpfen Traum die Jugend
In zierberaubter Muße zu vernutzen.
Doch da du liebst, so lieb', und mit Gedeihn,
Und lieb' ich einst, sei gleicher Segen mein.
PROTEUS.
Du gehst? Mein liebster Valentin, fahr' wohl!
Denk' deines Proteus, wenn du Ding' erblickst,
Die schön und merkenswert, auf deinen Reisen;
Wünsch' mich zu dir, dein Glück mit dir zu teilen,
Wenn Gutes dir begegnet; in Gefahr –
Wenn jemals dich Gefahr umringt – empfiehl
Dein Drangsal meinem heiligen Gebet;
Denn ich will für dich beten, Valentin.
VALENTIN.
Und bet'st aus einem Liebesbuch für mich.
PROTEUS.
Jawohl, aus einem Buche, das ich liebe.
VALENTIN.
Das ist von tiefer Lieb' ein seichtes Märchen,
Wie durch den Hellespont Leander schwamm.
PROTEUS.
Das ist ein tiefes Märchen tiefrer Liebe,
Die Liebe ging ihm ja bis an den Hals.
VALENTIN.
Über die Ohren bist du drin versenkt,
Und hast doch nie den Hellespont durchschwommen.
PROTEUS.
Nein, nur mit Ohren, Freund, verschone mich.
VALENTIN.
Du hast nur zu viel Ohr dafür zu lieben,
Wo Hohn mit Gram erkauft wird, Sprödesehn
Mit Herzensseufzern, ein Moment der Lust
Mit zwanzig wachen, müden, langen Nächten.
Gewonnen, ist's vielleicht ein schlimmes Gut;
Verloren, ist doch schwere Müh' gewonnen.
Und immer ist's durch Witz errungne Torheit,
Wo nicht, ist's Witz, durch Torheit überwältigt.
PROTEUS.
Geht es nach dir, so nennst du mich 'nen Toren.
VALENTIN.
Und geht's nach dir, fürcht' ich, du wirst es sein.
PROTEUS.
Du höhnst die Lieb', ich bin nicht Liebe, nein.
VALENTIN.
Lieb' ist dein Meister, denn sie meistert dich;
Und der, den eine Närrin spannt ins Joch,
Den kann man nicht ins Buch der Weisen schreiben.
PROTEUS.
Doch liest man: so wie in der zart'sten Knospe
Die Raupe nagend wohnt, so nagend wohne
Die Liebe in dem allerfeinsten Sinn.
VALENTIN.
Auch sagt das Buch: so wie die frühste Knospe
Vom Wurm zernagt wird, eh' sie aufgeblüht,
So wandl' auch jungen, zarten Sinn die Liebe
In Torheit, daß vergiftet wird die Knospe,
Daß schon das Grün im ersten Lenz verwelkt
Und jeder künft'gen Hoffnung schöne Frucht.
Doch, was verschwend' ich Zeit, um dir zu raten,
Dem Priester schwärmerischen Liebeswahns?
Nochmals, leb wohl! Es wartet auf der Reede
Mein Vater, um mich eingeschifft zu sehn.
PROTEUS.
Ich will dich hin begleiten, Valentin.
VALENTIN.
Mein Proteus, nein: jetzt laß uns Abschied nehmen!
Zu Mailand laß durch Briefe mich erfahren
Von deiner Liebe Glück, und was sonst Neues
Sich hier ereignet, während fern dein Freund;
So werd' auch ich dich schriftlich oft besuchen.
PROTEUS.
Begegne dir zu Mailand alles Glück!
VALENTIN.
Nicht minder dir daheim! Und so leb wohl!
Valentin geht ab.
PROTEUS.
Er jagt der Ehre nach, und ich der Liebe;
Läßt Freund', um ihrer würdiger zu werden;
Mich, Freund' und alles lass' ich für die Liebe.
Du, süße Julia, du hast mich verwandelt;
Verhaßt ist Wissenschaft, die Zeit verlier' ich,
Trotz biet' ich gutem Rat, die Welt nichts achtend;
Krank ist mein trüber Sinn, in Leid verschmachtend.
Flink tritt auf.
FLINK.
Gegrüßt, Herr Proteus! Saht Ihr meinen Herrn?
PROTEUS.
Soeben schifft er sich nach Mailand ein.
FLINK.
So mußten sie sobald ins Schiff ihn schaffen?
Dann bin ich eins von den verlornen Schafen.
PROTEUS.
Ja; leicht verirrt ein armes Schäfchen sich,
Sobald der Schäfer von der Herde wich.
FLINK.
Ihr schließt, daß mein Herr ein Schäfer, ich eins von den Schafen?
PROTEUS.
Das tu' ich.
FLINK.
So sind meine Hörner die seinen, mag ich wachen oder schlafen.
PROTEUS.
Eine einfält'ge Antwort; so ziemt sie den Schafen.
FLINK.
Dies macht mich alles zu einem Schaf.
PROTEUS.
Sicherlich; und deinen Herrn zum Schäfer.
FLINK.
Nein; das kann ich durch einen Beweis widerlegen.
PROTEUS. Das wird schwer sein; ich will das Gegenteil beweisen.
FLINK. Der Schäfersucht das Schaf, und nicht das Schaf den Schäfer; aber ich suche meinen Herrn, und mein Herr nicht mich; deswegen bin ich kein Schaf.
PROTEUS. Das Schaf folgt des Futters halb dem Schäfer, der Schäfer nicht der Speise halb dem Schaf. Du folgst des Lohnes halb deinem Herrn, dein Herr nicht des Lohnes wegen dir; deshalb bist du ein Schaf.
FLINK. Nur noch einen solchen Beweis, und ich muß schreien: Ba!
PROTEUS. Doch höre, Freund, gabst du den Brief an Julia?
FLINK. Ja, Herr! Ich, ein verdutztes Lamm, gab ihr, dem geputzten Lamm, Euren Brief; und sie, das geputzte Lamm, gab mir, dem verdutzten Lamm, nichts für meine Mühe.
PROTEUS. Welch eine Menge Lämmer! Sage mir, was die alle von mir wollen.
FLINK. Ist's Euch um Wolle zu tun, so müßt Ihr sie scheren.
PROTEUS. Ja, dich will ich scheren.
FLINK. Nein, mir solltet Ihr lieber etwas bescheren, für mein Brieftragen.
PROTEUS. Du irrst; ich meinte, ich wollte dich scheren.
FLINK.
Ach! scheren statt bescheren. Geht, laßt mich ungeschoren!
Ich trag' Euch keinen Brief mehr, wenn so die Müh' verloren.
PROTEUS. Nun, was sagte sie? Merktest du, ob meine Worte sie zu gewinnen taugen?
FLINK. Nichts.
PROTEUS. Taugen nichts? Ei, das ist Taugenichts.
FLINK. Ihr versteht falsch, Herr; ich sage nur, ich merkte nichts, ob Eure Worte für sie taugen.
PROTEUS. Nun, zusammengesetzt ist das: Taugenichts.
FLINK. Ihr habt Euch die Mühe gegeben, es zusammen zu setzen, so nehmt es denn für Eure Mühe.
PROTEUS. Nein, du sollst es dafür haben, daß du meinen Brief hingetragen hast.
FLINK. Gut, ich sehe wohl, daß ich geduldig sein muß, um Euch zu ertragen.
PROTEUS. Nun, was hast du denn von mir zu ertragen?
FLINK. Wahrhaftig, Herr, ich trug den Brief sehr ordentlich, und habe doch nichts als das Wort Taugenichts für meine Mühe davon getragen.
PROTEUS. Ei, du hast einen behenden Witz.
FLINK. Und doch kann er Eure langsame Börse nicht einholen.
PROTEUS. Nun, mach' fort! Was sagte sie? Heraus mit deiner Botschaft!
FLINK. Heraus mit Eurer Börse, damit Lohn und Botschaft zugleich überliefert werden!
PROTEUS. Gut, hier ist für deine Mühe. Was sagte sie?
FLINK. Mein' Seel', Herr, ich glaube, Ihr werdet sie schwerlich gewinnen.
PROTEUS. Warum? Konntest du so viel aus ihr herausbringen?
FLINK. Herr, ich konnte durchaus nichts aus ihr herausbringen, nicht einmal einen Dukaten für die Überlief'rung Eures Briefs. Und da sie so hart war gegen mich, der Euer Herz brachte, so fürchte ich, daß sie eben so hart gegen Euch sein wird, Euch ihre Gesinnung kund zu tun. Gebt Ihr kein Geschenk als Steine, denn sie ist so hart wie Stahl.
PROTEUS. Wie? Sagte sie nichts?
FLINK. Nein, nicht einmal: »Nimm das für deine Mühe!« Ich werde stets huldreich gegen Euch sein; denn Ihr habt mich um einige Gulden reicher gemacht; zum Dank dafür tragt künftig Eure Briefe selbst; und so will ich Euch meinem Herrn empfehlen.
PROTEUS.
Geh, geh, vor Schiffbruch Euer Schiff zu hüten,
Es kann nicht scheitern, hat es dich an Bord.
Du bist bestimmt zu trocknem Tod am Lande. –
Ich muß schon einen bessern Boten senden;
Nicht achtet, fürcht' ich, Julia meiner Zeilen,
Wenn sie aus beßrer Hand sie nicht empfängt.
Gehen nach verschiedenen Seiten ab.
Garten.
Julia und Lucetta treten auf.
JULIA.
Jetzt sprich, Lucetta, denn wir sind allein:
Du rätst, ich soll mein Herz der Lieb' eröffnen?
LUCETTA.
Ja, Fräulein, schließt Ihr's der Vernunft nicht zu.
JULIA.
Doch von der schönen Auswahl edler Männer,
Die im gesell'gen Kreis ich täglich sehe,
Wer scheint am meisten dir der Liebe wert?
LUCETTA.
Ich bitt' Euch, nennt sie mir, so sag' ich Euch
Nach schwacher, schlichter Einsicht meine Meinung.
JULIA.
Wie denkst du von dem schönen Eglamour?
LUCETTA.
Er ist ein Ritter, wohlberedt und fein;
Doch wär' ich Ihr, er würde nimmer mein.
JULIA.
Wie denkst du von dem reichen Herrn Mercatio?
LUCETTA.
Von seinem Reichtum gut, von ihm so so.
JULIA.
Nun sprich, wie du vom jungen Proteus denkst?
LUCETTA.
O Torheit! wie du uns so ganz befängst!
JULIA.
Sein Name schon kann dir Besinnung nehmen?
LUCETTA.
Verzeiht, mein Fräulein, denn ich muß mich schämen.
Glaubt Ihr, daß ich Unwürd'ge schätzen kann
Solch anmutvollen, edlen, jungen Mann?
JULIA.
Warum nicht Proteus, wie die andern Gäste?
LUCETTA.
Nun denn, von Guten scheint er mir der Beste.
JULIA.
Dein Grund?
LUCETTA.
Kein andrer ist's, als eines Weibes Grund;
Er scheint mir so, nur weil er mir so scheint.
JULIA.
So rätst du, meine Lieb' auf ihn zu werfen?
LUCETTA.
Ja, glaubt Ihr nicht die Liebe weggeworfen.
JULIA.
Er nur allein bewegte nie mich schmerzlich.
LUCETTA.
Doch er allein nur liebt gewiß Euch herzlich.
JULIA.
Er spricht fast nie: das ist nicht Leidenschaft.
LUCETTA.
Verdecktes Feuer brennt mit größrer Kraft.
JULIA.
Nicht liebt, wer nimmer offenbart die Liebe.
LUCETTA.
Und minder liebt, wer andern zeigt die Liebe.
JULIA.
Oh! wüßt' ich, wie er denkt!
LUCETTA.
Lest, Fräulein, dies Papier!
JULIA.
»An Julia.« Sprich, von wem?
LUCETTA.
Der Inhalt sagt es Euch.
JULIA.
Doch sprich: wer gab es dir?
LUCETTA.
Der Page Valentins, den, denk' ich, Proteus schickte;
Euch wollt' er's geben selbst, doch ich kam ihm entgegen,
Empfing's an Eurer Statt; verzeiht, war ich verwegen.
JULIA.
Bei meiner Sittsamkeit! Du, Liebesbotin?
Wagst du, verliebte Zeilen anzunehmen?
Verschwörung, Fallstrick' meiner Jugend legen?
Nun, auf mein Wort, das ist ein ehrbar Amt,
Und du Beamter, schicklich für die Würde.
Da nimm das Blatt, laß es ihm wieder geben;
Sonst komm du nie vor meine Augen wieder!
LUCETTA.
Der Liebe Dienst soll Lohn, nicht Haß gewinnen.
JULIA.
So gehst du nicht?
LUCETTA.
Nun könnt Ihr Euch besinnen.
Lucetta geht ab.
JULIA.
Und doch, – hätt' ich den Brief nur durchgelesen!
Doch Schande wär's, sie wieder herzurufen,
Bitten um das, was ich Verbrechen schalt.
Die Närrin! weiß, daß ich ein Mädchen bin,
Und zwingt mich nicht, daß ich den Brief erbreche.
Nein sagt ein Mädchen, weil's die Sitte will,
Und wünscht, daß es der Frager deut' als Ja.
Pfui! Wie verkehrt ist diese tör'ge Liebe:
Ein wildes Kindchen, kratzt sie erst die Amme
Und küßt in Demut gleich darauf die Rute.
Wie ungestüm schalt' ich Lucetta fort,
Da ich so gern sie hier behalten hätte!
Wie zornig lehrt' ich meine Stirn sich falten,
Da innre Lust mein Herz zum Lächeln zwang!