Süßer Lavendel, lila Träume - Nadine Roux - E-Book
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Süßer Lavendel, lila Träume E-Book

Nadine Roux

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Beschreibung

Kühle Hamburgerin stolpert in die heiße Provence Immobilienmaklerin Laura ist auf Spezialmission in der Provence: Sie soll dem hoch verschuldeten Lavendelbauern André die Farm abluchsen. Dummerweise wird sie schon am ersten Tag angefahren und wacht später auf ebenjener Farm auf. Danach ist nichts mehr, wie es war, denn André ist nicht nur pleite, sondern auch ziemlich unwiderstehlich. Doch er verbirgt etwas vor Laura und sie muss sich fragen, was sie eigentlich will. Denn die Dorfbewohner hat sie genau wie das lila Zauberland schnell ins Herz geschlossen. Außerdem ist ausgerechnet Andrés bester Freund Ben ihr eine große Hilfe, um Fuß zu fassen. Und um Lauras Herzen einen Stups zu geben, den sie eigentlich nicht will... Dieser Sammelband enthält die komplette Serie mit fünf Teilen: Süßer Lavendel Süßer Lavendel - Rückkehr in die Provence Süßer Lavendel - Fünf sind drei zu viel Süßer Lavendel - Eine provenzalische Hochzeit Süßer Lavendel - Lavendelträume, Lavendelschäume ***Mit zwei zauberhaften Lavendelrezepten für sündhaft gute Sommermomente***

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Nadine Roux

Süßer Lavendel, lila Träume

Sammelband Teil 1-5

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Über dieses Buch

 Immobilienmaklerin Laura ist auf Spezialmission in der Provence: Sie soll dem hoch verschuldeten Lavendelbauern André die Farm abluchsen. Dummerweise wird sie schon am ersten Tag angefahren und wacht später auf eben jener Farm auf. Danach ist nichts mehr wie es war, denn André ist nicht nur pleite, sondern auch ziemlich unwiderstehlich.

 

Doch er verbirgt etwas vor Laura und sie muss sich fragen, was sie eigentlich will. Denn die Dorfbewohner hat sie genau wie das lila Zauberland schnell ins Herz geschlossen. Außerdem ist ausgerechnet Andrés bester Freund Ben ihr eine große Hilfe, um Fuß zu fassen. 

 

Als André auf einer Dienstreise versucht, seine Farm zu retten, kreuzt Lauras Familie in Saint-Jacques auf. Dummerweise hat sie der erzählt, dass sie mit André die Farm bewirtschaftet. Es muss jemand als André-Ersatz her, und wer würde sich besser eigenen als der treuherzige Ben? Und um Lauras Herzen einen Stups zu geben, den sie eigentlich nicht will...

 

 

Über die Autorin

Liebe Leserinnen und Leser, darf ich mich kurz vorstellen? Zwar bin ich in Niedersachsen zu Hause und habe dort die Sprache Molières studiert, aber am wohlsten fühle ich mich in Frankreich. Gerne nehme ich euch mit auf eine Kurzreise. Wie wäre es mit der duftenden Provence? Neben dem Land stehen bei mir immer auch Figuren im Mittelpunkt, die sich nach etwas sehnen, etwas suchen oder entdecken. Süßer Lavendel  ist schnell meine Lieblingsgeschichte geworden und ich freue mich, euch in diesem Sammelband mehr von diesem wunderschönen Landstrich erzählen zu dürfen.

 

Besucht mich gerne auf meinem Blog und taucht ein in meine kleine Welt der Literatur:

https://nadineroux.wordpress.com

 

 

Für meinen Vater, der so tapfer und so stolz auf mich ist

Teil 1: Süßer Lavendel

 Laura ist Immobilienmaklerin und hat dringend Urlaub nötig, meint ihr Chef. Auf gar keinen Fall, meint Workaholic Laura. Sie schließen einen Deal: Laura fährt zwei Wochen nach Südfrankreich und versucht an die Farm des Pleite-Lavendelbauern René zu kommen. Doch kaum vor Ort, wird sie angefahren. Von einem Lavendelbauern namens André, der nicht nur so gut wie pleite und unfreundlich ist, sondern auch noch ziemlich unwiderstehlich.

Kapitel 1: Eine E-Mail mit Folgen

 

Betreff: Beschwerde über Ihre Mitarbeiterin Frau Lindemann

 

Sehr geehrter Herr Marcus,

 

bei der Besichtigung eines Ihrer Objekte am gestrigen Abend kam es zu einem sehr unschönen Vorfall. Bitte fassen Sie diese E-Mail als Beschwerde über Ihre Mitarbeiterin Frau Lindemann auf. Folgendes hat sich zugetragen: Als meine Frau und ich durch die Wohnung in Hamburg-Eppendorf geführt wurden, die Sie persönlich uns zuvor ans Herz gelegt hatten, wurden wir auf das Übelste vorgeführt und beleidigt. Frau Lindemann zeigte uns die Einbauküche und behauptete, wir würden sie sowieso nicht nutzen, da man Salatblätter auch in der Badewanne waschen könne. Sie scheuchte uns aus der Küche heraus, stellen Sie sich das einmal vor! Sie sah permanent an meiner Frau herauf und herunter und biss sich dabei auf die Lippe!!! Das ist mir nicht entgangen. Die Höhe war aber, als sie uns die Kinderzimmer zeigte und uns riet, die Fenster im Sommer zu verdunkeln, da die Südlage Sonne mit sich bringe, die unseren – Zitat: »blassen Vegetarier-Kindern« nicht wohl bekäme. Ich möchte darauf hinweisen, dass meine Kinder sich genau wie wir der VEGANEN Lebensweise verschrieben haben, nicht dem Vegetarismus. Ich muss auf diesen Unterschied bestehen und stelle anheim, für die Bildung Ihrer Mitarbeiterin zu sorgen. Veganer verzichten auch auf Fortpflanzungsprodukte von Hühnern, Milchdrüsensekret von Rindern und Speichel von Bienen, im Volksmund: Eier, Milch, Honig.

Das Blut zum Kochen brachte auch die Besichtigung des Esszimmers. Frau Lindemann besaß doch tatsächlich die Dreistigkeit zu sagen: »Es handelt sich um einen schönen großen Raum mit Energiesparbeleuchtung für das richtige Ungemütlichkeitsgefühl und viel Platz für Masern-Partys.« Das ist die Höhe! Erstens haben Energiesparlampen einen Sinn, zweitens entsteht ehrliche Gemütlichkeit im Herzen, und drittens benötigen Masern-Partys nicht so viel Platz wie sie vielleicht denken mag. Es geht ja eben um den engen Austausch menschlicher Wärme und die Abhärtung der Kinder für ihr weiteres Leben. Ich fürchte, Impfbefürwortern kann dies nicht oft genug bewusst gemacht werden.

Alles in allem sind wir entsetzt über Ihre Geschäftsgebaren, auch wenn ich Sie persönlich für einen feinen Kerl halte. Jedoch sehe ich keine Möglichkeit mehr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und entziehe Ihnen den Auftrag zur Wohnungssuche für unsere kleine Familie.

 

Mit zornigen Grüßen

Jofrit Hansen

Vorsitzender des Hansischen Veganismus- und Ökologie-Verbands

 

Peter Marcus rückte die Brille so weit nach vorne auf die Nase, dass er Laura Lindemann über deren Rand hinweg streng ansehen konnte.

»Laura. Sie wissen, was ich denke?«

Nicht viel, dachte Laura, aber sie sagte: »Sagen Sie‘s mir.« Sie verschränkte die Arme. Keinen Zentimeter würde sie abweichen von ihrer Meinung über diese Art Kunden, die in den letzten Jahren in Hamburg so zugenommen hatten. Die Quinoa zum Frühstück aßen und ihren Kindern die Muttermilch verwehrten. Die versuchten Erbsen und Bohnen in der Küche zu ziehen und wenn man ihnen riet, die doch nach draußen zu stellen, fragten sie verblüfft: »Ja kann man das denn?«

»Ich denke, dass Sie eine Auszeit brauchen.«

Laura verdrehte die Augen. »Peter – nicht dein Ernst!« In Momenten wie diesen kam sie nicht umhin, aus lauter Empörung seinen Vornamen zu benutzen. Nicht ohne Wirkung. Sein Ton wurde sofort vertraulicher. Er senkte die Stimme.

»Laura, bitte. Wann warst du das letzte Mal im Urlaub?«

»Daran müsstest du dich besser erinnern als ich. Stichwort Mauritius.«

Nervös nestelte Peter Marcus an seiner Brille herum. Nur ungern wurde er von Laura an ihre Affäre vor fünf Jahren erinnert. Er hatte den großen Verführer geben wollen und hatte seine beste Mitarbeiterin großzügig nach Mauritius eingeladen. Aber nach zwei Wochen hatte Laura nur noch gelacht, wenn er seinen feurigen Blick aufgesetzt hatte. Dabei hatte er immer gedacht, dass die Frauen auf ihn flogen und seinen Kuschelbauch sexy fanden, die Geheimratsecken ihn klug aussehen ließen und die Krähenfüße unter seinen Augen Charakter ausstrahlten.

»Ähäm...«, räusperte er sich und bemühte sich um Autorität in seiner Stimme, wobei er wusste, dass dieser Versuch vergebens war, wenn Laura ihm gegenüber saß. »Also ich als dein Chef bin verpflichtet, dich auf deine Rechte hinzuweisen. Und auf deine Pflichten gleichermaßen! Einen solchen Vorfall wie diesen kann ich nicht mehr dulden. Andernfalls müsste ich über arbeitsrechtliche Konsequenzen nachdenken.«

Laura lachte. Sie hatte ein lautes, raues Lachen, das so anders war als ihre sanfte Stimme. Es versetzte ihm einen Stich, ihre ebenmäßigen Zähne zu sehen und ihre Jugend, die sie unbeschwert den Kopf in den Nacken werfen ließ, damit das Lachen mehr Platz hatte. Ihre naturblonden Haare, das amüsierte Blitzen in den grünen Augen. Er hätte diese Affäre niemals anfangen sollen. Sie verdiente mehr, viel mehr. Und jetzt war es zu spät.

»Laura, bitte«, zischte er verzweifelt. »Das ganze Büro kann dich hören.«

»Ich und Urlaub? Das ist als würdest du mich bitten, durch einen Feuerring zu springen oder einen Elefanten durch ein Nadelöhr zu treiben, Peter. Ich kann Urlaub nicht ausstehen. Ich muss etwas zu tun haben, mein Job bedeutet mir alles. Ich wünsche mir nur mal normale Kunden. Ehrliche, normale Kunden. Hast du nicht was in Harburg oder Bergedorf für mich?«

»Du weißt, dass wir nur exklusive Immobilien anbieten. Du arrangierst dich besser. Ich kenne dich gar nicht zynisch gegenüber Kunden.«

»Irgendwann platzt jedem mal der Kragen. Ich mache es wieder gut und vermittle diesen Monat noch mindestens drei Objekte.«

Er wusste, dass sie dieses Versprechen locker halten konnte. Sie war ein Naturtalent, was das Verkaufen anging. Allein schon dieses umwerfende Lächeln. Peter Marcus lehnte sich zurück und faltete die Hände zu einer Raute. Denkerpose.

»Ich weiß etwas für dich.« Er kramte in einer Schublade und holte einen Schmierzettel hervor, auf dem in unlesbarem Gekritzel etwas stand, das Laura überzeugen sollte. »Hier habe ich den exklusiven Hinweis eines Freundes in der Provence auf eine bevorstehende Zwangsversteigerung. Lavendelfarm in hervorragender Lage, im Luberon. Unsere Kunden würden sich um das Objekt reißen, wir können mit der Courtage ein halbes Jahr den kompletten Betrieb hier finanzieren. Wir müssen es uns nur unter den Nagel reißen, bevor es wirklich zur Zwangsversteigerung kommt. Du kennst das Prozedere ja, das ist deine Spezialdisziplin.«

»Schleimer!« Laura war heute wirklich gnadenlos. Sie brauchte dringend Urlaub. Oder grundsätzlich Ablenkung. Einen Freund vielleicht… Er verdrängte den Gedanken so gut es ging.

»Ich finde, du solltest dir ein paar Tage Urlaub gönnen und wenn du trotzdem arbeiten möchtest, dann fährst du eben zu dieser Farm und überredest den Eigentümer zu einem Verkauf, bevor das Insolvenzverfahren in Sicht ist. Monsieur Clément wird es dir danken. Wickle ihn um den Finger, das beherrschst du ja.«

»Eine Frage: Was heißt ‚ein paar Tage‘?«

»So… zwei Wochen?«

»Zwei Wochen! Willst du mich umbringen?«

Er überging ihre Frage. »Hier ist der Zettel. Meine Sekretärin bucht dir die Flüge und ein Hotel, wenn du willst.«

»Ich hasse Hotels, ich hasse Flüge.«

»Oh Laura, warum musst du so anstrengend sein?«, seufzte er. »Was willst du denn? Eine Ferienvilla? Einen Wohnwagen? Ein Zelt?«

Laura setzte ein breites Lächeln auf. »Ein Zelt wäre genau nach meinem Geschmack.« Es kam völlig ironiefrei. Er kannte sie wirklich nicht besonders gut, auch wenn er das immer geglaubt hatte.

»Ein Zelt?«

»Ja, ein Zelt. Für das Rad sorge ich.«

 

Kapitel 2: Tief im Glas

 

»Hé, Benjamin! Du bist mal wieder zu spät.« André begrüßte seinen besten Freund mit einem erschöpft wirkenden Lächeln. In seinem Glas war schon zweimal der Pastis nachgefüllt worden und jetzt leerte er erneut die trübe Flüssigkeit in einem Zug. Er dünstete Alkohol- und Anisgeruch aus.

»Oh Mann, du siehst echt nicht gut aus«, sagte Benjamin und ließ sich auf dem Barhocker nieder.

»Ich sehe aus wie immer. Wie ein gescheiterter Mann, dem Mitleid oder Spott gebührt. Ich bin mir gerade nicht sicher, wie ich deine Bemerkung einordnen soll.«

»Als Spott!«

»Schade. Es klang wie Mitleid.«

Benjamin senkte seine Stimme und zischte: »André, reiß dich mal zusammen! Du bist nicht der Einzige, der finanzielle Probleme hat.«

»Aber der Einzige, der zudem noch von seiner Frau verlassen wurde.«

»Das ist zwei Jahre her. Du musst nach vorne schauen.«

»Och bitte, Ben! Diese ewigen Floskeln. Schaue ich nach vorne, sehe ich einen Berg Schulden und einen Haufen stinkenden Lavendel. Alles an mir stinkt nach Lavendel. Ich kriege den Geruch gar nicht mehr weg. Es ist zum Kotzen.«

Benjamin verzog seine Mundwinkel zu einem süffisanten Lächeln. »Also zur Zeit riechst du eher nach Alkohol und Schweiß, mein Lieber. Soll ich dir einen Eimer kalten Wasser über den Kopf gießen, damit du nüchtern bist, wenn wir auf den Markt gehen?«

André seufzte und ließ seinen Kopf auf die Theke fallen. »Lass nur, ich spritze mir gleich ein bisschen was ins Gesicht und dann bringen wir es hinter uns.«

André hasste den Markt. Und er hasste den Lavendel, den er dort verkaufte, im Sommer fast ausschließlich an Touristen. Er konnte ihre Gesichter nicht mehr sehen, immer dieselben schweißnassen roten Fratzen, die seinen Lavendel an die sonnenverbrannten Nasen hielten und ihm dann Münzen in die Hand zählten. Manchmal gaben sie ihm großzügig ein paar Cent Trinkgeld, vor allem die Damen. Dabei sollte er Geld dafür verlangen, dass er ihnen allen ein Lächeln gab, denn lächeln konnte er. Das war eines dieser Talente, auf die er gerne verzichtet hätte. Es war nur gefährlich, den Frauen zu gefallen, denn falsche Fuffziger waren sie am Ende alle. An den heißen Sommermorgen wie diesem, an dem die Sonne schon um sieben Uhr morgens vom Himmel brannte und die Zikaden kreischen ließ, wollte er sich am liebsten in seinem Farmhaus verkriechen und fernsehen. Dummerweise war es Juli und es lief auf fast allen Sendern Tour de France. Radrennen hasste er auch. Und noch viel mehr die Touristen, die sich in enge Lycra-Shorts quetschten und dann irgendwann vor seiner Tür standen: »Kann ich bei Ihnen meine Wasserflasche auffüllen?«

»Natürlich. Heute zum Sonderpreis von zwei Euro, weil Sie es sind.« Ein Zahnpastalächeln. Verwirrung bei den Möchtegernsportlern, die dann eine Münze aus ihrem Trikot fischten. Nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und am Ende trug er die Metallscheiben doch nur in die Bar.

Als er aus dem WC wankte, stützte Benjamin ihn. Ein bisschen schämte er sich. Sein bester Freund opferte sich für ihn auf, seit sie beide Kinder waren und er konnte ihm nichts zurückgeben. Die Farm dominierte alles. Die verdammte Farm. Seine Mutter, die es sich erlaubt hatte zu sterben und sie ihm zu vererben, verbunden mit dem letzten Willen, sie auf keinen Fall zu verkaufen. Lavendelträume, das waren ihre. Albträume, das waren seine.

Mechanisch packten Benjamin und André Lavendelsträußchen in Papiertüten, schoben Ölfläschchen und Seifenstücke über den Tapeziertisch, die dann in die schweren Taschen der Urlauber wanderten. Früher hatte er sich vorgestellt, wie die Produkte der Farm in aller Welt landeten. Damals, als er ein kleiner Junge war und seine Mutter die Bäuerin mit Herz, die energisch das blaue Gold mit der Sichel schnitt und Kunden immer mit einem guten Rat versah. Von den Stammkunden war nun keiner mehr übrig. Kein Wunder, bei seiner permanent schlechten Laune.

»Das ist nicht Ihr Ernst! Zwanzig Euro für dieses winzige Stück Seife?« Die Empörung dieser Kundin riss ihn aus seiner Lethargie.

»Das ist handgeschöpfte Seife und Bio-Lavendel! Wenn‘s Ihnen nicht passt, legen Sie das Stück besser zurück, Gnädigste!« Wenn jemand seine Produkte kritisierte, war er ein Pulverfass, Hass auf Lavendel und die Farm und alles hin oder her. Er war schließlich ein stolzer Mann. Er baute sich vor dieser Touristin auf. Das war die zweite Pose neben dem lächelnden Charmeur, die er gut beherrschte. Seine breiten Schultern warfen einen Schatten auf die kleine Frau in der Radlermontur, die ihr leider ausgezeichnet stand. Genauso wie der stechende Blick aus hellen Augen.

»Sie nehmen‘s aber von den Lebendigen! Die reinste Touristenfalle.« Die Frau ließ die Seife fallen wie eine heiße Kartoffel und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich biete Ihnen fünf Euro.« Sie sah ihn beinahe keck an, es verwirrte ihn. Ihr Französisch war exzellent.

»Mademoiselle, hätten Sie die Güte und stellen das wieder ordentlich hin? Ich muss doch sehr bitten.«

»Fünf Euro«, wiederholte sie bestimmt. Benjamin stand regungslos neben seinem Kumpel und sah die beiden ungläubig an. Noch nie hatte es jemand gewagt, sich mit André anzulegen, und schon gar keine Touristin.

»Wollen Sie mich verarschen?« André beugte sich über den Tisch und nahm die feinen Schweißperlen in ihrem Dekolleté wahr. Zu seiner noch größeren Verwirrung stützte sie ihre Fäuste ebenfalls auf dem Tisch ab und pflanzte ihr Gesicht zehn Zentimeter vor seines.

»Sehe ich so aus?« Er sah Spott in ihren Augen und so etwas wie goldene Sprenkel um die Iris herum. Er hatte definitiv zu viel Alkohol getrunken, er stand kurz vorm Sonnenstich. Seine Zunge war wie gelähmt. Er versuchte noch, sich einen schlagfertigen und fiesen Spruch zurecht zu legen, doch die Frau hatte schon nach der Seife gegriffen, klemmte ihm einen Fünf-Euro-Schein hinter seinen Ledergürtel und düste ab.

Es dauerte, bis er Benjamins schallendes Gelächter wahrnahm. Er hatte nichts anderes verdient. Spott war der letzte Sargnagel auf seiner gescheiterten Existenz. Zeit, nach Hause zu fahren.

Der rote Trecker war das letzte Fahrzeug, das er noch besaß. Als er noch Anwalt in Marseille gewesen war, wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, sich auch nur in die Nähe eines Traktors zu begeben. Seine Mutter hatte diese Teufelsmaschinen verabscheut und danach er selber, weil er Ferraris und Porsches definitiv bevorzugte. Und dann kam eines zum anderen. Mutter tot, André überfordert, dann der Porsche weg, dann die blondierte Ehefrau und er fand sich plötzlich alleine mit dem ganzen Lavendel wieder und den Zikaden und dem Zitronenbaum vor dem Haus, der höhnisch alles überstand und jedes Jahr zweimal ungenießbare Früchte produzierte. Dabei hätte doch alles etwas Reizvolles haben können. Viele Reiche waren in die Gegend gezogen und viele aus dem Dorf seiner Kindheit hatten es zu etwas gebracht mit ihren urigen Pensionen und Kneipen. Nur er mal wieder nicht. Seine Mine verfinsterte sich noch weiter, als er wieder einmal daran dachte. Der Traktor tuckerte durch die Landschaft und wurde gnadenlos von schnellen Wagen überholt und mehr als einmal von einer Gruppe Rennradfahrer. Er hatte viel zu viel Zeit, um die Lavendelfelder seiner Kollegen zu studieren, die makellos in Reih und Glied organisiert waren und um die Wette blühten. Nichts im Vergleich zu seinem zerpflückten Etwas von Feld, das machte was es wollte. Ihm fehlte das Händchen für Lavendel. Ihm fehlte die Leidenschaft. Zu seiner Linken spottete ein Sonnenblumenfeld über ihn, tausende der Blumen starrten ihn an. Vögel lachten ihn aus. Mechanisch bog er hinter den knallgelben Riesenblumen ab, um zurück zu seinem Albtraum zu fahren. In der Hosentasche klimperten kaum mehr als zwanzig Euro und der zerknüllte Schein der unverschämten Touristin formte eine Beule in den Stoff. Alle zwanzig Sekunden dachte er daran und wollte ihn einfach herausnehmen und in die Landschaft schleudern, aber er brauchte sie einfach, diese verdammten fünf Euro. Mit zwei Fingern fuhr er sich über die Augenbrauen, die sich wohl verkrampft hatten und ihm Kopfschmerzen verursachten.

»Hey!«, rief jemand und André brauchte eine Sekunde, bis der Ausruf sein Bewusstsein erreichte. Zu spät. Etwas knallte gegen den Kühler. Ein Fahrrad flog über die Straße und ein Arm rutschte aus seinem Sichtfeld heraus und unter den Traktor.

»Scheiße!«, fluchte er und stellte den Motor ab. Mit einem Mal war er nüchtern und sah alles ganz klar. Die Radlermontur. Das blonde Haar. Die schwarzen Wimpern unter geschlossenen Augen. Ein verdrehter Arm, blutverschmierte Haut.

 

Kapitel 3: Ausgeknockt

 

So selbstsicher wie alle glaubten, war Laura nicht. Niemand hatte eine Ahnung, wie schwer es ihr fiel, alleine in den Urlaub zu fahren. Dienstreisen konnte sie ohne Probleme. Bahnticket kaufen, in den Zug setzen, fertig. Aber in ein fremdes Land zu fahren, allein mit dem Ziel, sich bestmöglich zu amüsieren und zu erholen, war ein Ding der Unmöglichkeit. Sollte sie sich alleine an den Strand setzen? Mit einem Stadtplan alleine durch einen Ort gehen und den Blick an Fachwerkhäuser und Kirchen heften? Es kam ihr blöd vor. Sie kam sich blöd vor. Und alles nur, weil ihr einmal der Kragen geplatzt war. Dabei war es durchaus ihre Schuld, das musste sie zugeben. Schon als sie den Namen des Kunden gelesen hatte, war ihr übel geworden. Jofrit Hansen. Sie hatte genug vom Stadtleben, von Leuten, die zu allem eine Meinung hatten und Tofu als Delikatesse sahen. Wo war die Welt bloß hingekommen? Wo waren die Momente ihrer Kindheit bei Oma auf dem Land, wo sie Kirschen vom Nachbarn geklaut und ungeputzt in den Mund gesteckt hatte? Wo sie sich Marienkäfer über die Zunge laufen gelassen und im Sommer versucht hatte, aus den Gartenblumen Parfüm herzustellen. Das alles war so weit weg von Selbstoptimierung, der Seuche unserer Zeit. Ihr hatten die Kinder von diesem Jofrit Hansen leid getan, die blass und müde hinter ihren Eltern hergetrottet waren, nach Bioseife duftend und zwischen Geigenunterricht und Kinder-Yoga wandelnd.

Laura musste zugeben, dass die Landschaft der Provence ihr gut tat. Wie froh sie war, dass alles gut geklappt hatte mit dem Flugzeug, ihrem Rennrad und der Bahnfahrt von Marseille hierher. Und das Wichtigste war, eine Aufgabe zu haben. Alles kam ihr viel leichter vor, wenn sie eine Aufgabe hatte. Es würde ein Kinderspiel sein, diesem René Clément seine Farm abzuluchsen und für ihre Kunden den besten Preis zu erzielen.

Laura spürte ihre Muskeln und den Atem ihrer Lunge, als sie zwischen zwei Lavendelfeldern hindurchsurrte. Es rollte sich ganz leicht. Das Blau der sanften Berge der Provence im Hintergrund war geradezu verheißungsvoll und zog sie an wie ein Magnet. Sie war erst seit zwei Tagen hier, aber schon fühlte sie sich meilenweit weg von dem Grau Hamburgs, dem Stress und dem Alltag. Sollten sie und der Urlaub doch noch Freunde werden? Sie hatte den besten Ziegenkäse der Welt gegessen, gereift in einem Kastanienblatt, und die saftigsten Tomaten des Planeten. Sie begann zu verstehen, was die Leute an der Provence fanden. Nur die Sache mit dem Halsabschneider auf dem Markt war äußerst ärgerlich gewesen. Aber sie konnte stolz auf sich sein, seine Dreistigkeit mit noch mehr Dreistigkeit gekontert zu haben. Ein Stück Seife, fünf Euro. Das einzige Souvenir, das sie brauchen würde. Für ihre Mutter. Sie stellte sich vor, wie es sein würde, etwas für Freunde mitzubringen. Aber mit dem Ende der Schulzeit vor über zehn Jahren hatten auch alle ihre Freundschaften ein Ende gehabt.

Laura konnte mit Einsamkeit gut umgehen, aber sie suchte sie nicht. Die Sache mit Peter – nette Zweisamkeit, ein Gefühl von etwas Unerreichbarem. Aber ihr Typ war er nicht. Vielleicht war sie zu alt, um so etwas wie Partnerschaft zu lernen. Und wie die Leute sie sahen und wie sie selber sich, war Welten voneinander entfernt. Laura wischte sich Schweißtropfen von der Nase und wich einem Spatzenpaar aus, das vor ihr auf der Straße ein paar Weizenkörner gefunden hatte. Vogel musste man sein. Ein leichter Schlenker. Sie blieben sogar sitzen. Und dann tauchte der rote Traktor vor ihr auf, wollte in ihre Straße einbiegen. Wer am Steuer war, sah sie nicht, aber sie versuchte sich bemerkbar zu machen. Schrie: »Hey!«, aber vergebens. Das nächste, was sie wahrnahm, war ein harter Aufprall. Ihr Fahrrad, das unter ihr weggerissen wurde. Luft, die aus den Lungen gepresst wurde. Und dann nur noch Dunkelheit.

 

***

Wie durch eine dicke Wand hindurch hörte sie Gespräche in einer ihr unbekannten Sprache. Sie wollte sich Wasser aus den Ohren schütteln, es musste Wasser sein, aber bewegen konnte sie sich nicht. Vielleicht einfach die Watte herausziehen? Auf drei den Arm bewegen. Eins, zwei, drei. Der Befehl erreichte ihre Gliedmaßen nicht. Aber die Augen konnte sie öffnen, trotz des Schwindels. Zwei Männer saßen an ihrem Bett, einer von ihnen hatte ihr gerade eine Spritze gegeben. Es dauerte nicht lang, bis beide bemerkten, dass sie wieder unter den Lebenden war.

»Hey, du bist wach. Wie fühlst du dich?« Er lächelte freundlich und sie hätte schwören können, ihn schon einmal gesehen zu haben. »Ok, das ist eine rhetorische Frage. Ich nehme an, du fühlst dich beschissen.« Er tätschelte ihre Hand und stellte sich dann vor. »Ich bin Benjamin und habe dich gerade verarztet. Du hast eine Tetanusspritze bekommen und ich habe deinen Fuß verbunden. Es ist nichts gebrochen, aber ziemlich verstaucht. Du bist übel über die Straße gerutscht. Wie geht‘s dem Kopf?«

Laura schluckte und suchte ihre Stimme. »Im Arsch.« Das war sicher nicht übertrieben, fand sie. Alles hinter ihren Augen hämmerte und klopfte. Sie drehte ihn so, dass sie den Mann neben diesem Benjamin nicht mehr zweimal sah. Er kaute an seinen Fingernägeln. Sie hatte noch nie einen Mann gesehen, der bei Nervosität Fingernägel kaute. Sein kräftiges schwarzes Haar sah zerzaust aus, unter den Augen hatte er Ringe. War das ihr besorgter Ehemann? Nein, sicher nicht. Sie hieß Laura Lindemann. Aus Hamburg. War zweiunddreißig Jahre alt, Immobilienmaklerin. Ihr erstes Haustier war ein Kartoffelkäfer namens Ikarus. Es war alles da, keine Amnesie. Also:

»Und wer sind Sie?«

Er schreckte hoch. »Ähm… ich… ich bin André. Ich… habe dich gefunden, nachdem du angefahren worden bist.« Er sah zu Benjamin und in dem Blick der beiden stand etwas, das Laura nicht verstand.

»Wo bin ich hier?« Sie sah durch den Raum. Von der Decke hingen unzählige Lavendelsträuße zum Trocknen, es gab einen altmodischen Waschtisch und einen Spiegel. Das Fenster war leicht blind, dahinter wucherte etwas Grünes. Ihre Bettwäsche roch nach Lavendel. Vielleicht war sie im Himmel?

»Sie… ich meine… du? Wir duzen uns besser. Du bist hier auf meiner Farm. Das nächste Krankenhaus ist in Avignon. Ich dachte mir, dass du hier besser aufgehoben bist.« André fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Und übrigens… wegen der Sache heute Morgen auf dem Markt: Ich würde das gerne vergessen, ok? Vergessen wir es einfach.«

Der Sache auf dem Markt? Laura dachte nach. Ihr Kopf schmerzte zum Zerspringen. Auf dem Markt. Natürlich. Der Kerl…

»Ach du Scheiße.«

»Jepp, das bin ich. Ach du Scheiße trifft es gut. Wir lassen dich besser allein. Hier ist eine Glocke, mit der du klingeln kannst, wenn du etwas brauchst. Ich bin im Haus.«

Noch bevor sie etwas sagen konnte, waren beide Männer durch die Tür verschwunden. Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie ihr zerstörtes Fahrrad und ihren Rucksack draußen auf dem Flur. Sie wollte noch sagen, dass sie sie gerne bei sich hätte, ihre Sachen, aber ihre Zunge war wieder schwer geworden und ihre Augenlider fielen zu.

 

Kapitel 4: Neugier tut selten gut

 

Die Sonne blendete. Laura musste am Strand eingeschlafen sein, es war unerträglich heiß. Das Meer rauschte so laut heute, es klang beinahe metallisch und trotzdem regte sich kein Lüftchen, das es hätte bewegen können. Vielleicht hatte sie Sand in den Ohren, sie musste nur den Kopf ein Stück drehen und dann versuchen, den klebrigen Schlaf loszuwerden. Als sie es schließlich schaffte, sich auf die Seite zu drehen, durchfuhr ein scharfer Schmerz ihren Körper. Etwas hatte sie in den Fuß gebissen, wohl ein Krebs.

Als sie die Augen öffnete, blickte sie auf eine schmutzig weiße Wand. Ihr Kopf hatte das Kissen durchnässt, die Luft stand in dem kleinen Schlafzimmer. Wie schön es gewesen wäre, einfach am Strand aufzuwachen und unbeschwert ins Meer springen zu können. Wie damals. Aber das Leben kommt einem immer dazwischen und die Kindheit endet unweigerlich, wenn man größer wird. Laura seufzte. Erwachsensein war nicht leicht. Schon gar nicht, wenn man von einem unbekannten Rüpel angefahren wurde und nun im Haus eines unfreundlichen Lavendelbauern lag, mit verstauchtem Fuß und brennenden Schürfwunden. Trotzdem war es die Hitze, die sie am meisten störte. Es musste noch früh am Morgen sein, trotzdem hatte Laura das Gefühl, es seien schon vierzig Grad. Sie schlug das Bettlaken zurück und ärgerte sich darüber, dass es am Fußende festgesteckt war. Für einen Moment hatte sie vergessen, dass sie sich in Frankreich befand. Dem Land, das die Füße in der Nacht einsperrte. Ihre Haut war schweißnass. Mühevoll schleppte sie sich einbeinig zum Fenster und riss es auf.

Das metallische Geräusch des Meeres war der Gesang von abertausenden Zikaden, die sich in der Landschaft versteckten. Unsichtbare Musikanten, scheppernde Herrscher der Provence. Sie roch wilde Kräuter, die von der Sonne geröstet wurden, Thymian, Rosmarin, Estragon. Auf dem kleinen Tisch stand ein Krug mit Wasser, das nach Chlor schmeckte, und eine Schüssel mit Sprung im Lack, die offenbar als Waschbecken diente.

»Mist«, fluchte Laura, als sie im Tageslicht ihre Schürfwunden inspizierte und dabei feststellte, dass ihr verletzter Fuß beinahe doppelt so dick war wie der andere. Ihren Urlaub konnte sie vergessen. Und viel schlimmer: Ohne Hilfe würde sie auch ihre Aufgabe nicht erfüllen können und den Hof von diesem Clément finden.

Sie brauchte ihre Tasche mit den Klamotten, die auf dem Flur stand. Laura stützte sich auf dem Tisch ab, um sich an der Wand zur Tür zu hangeln. Jedes noch so winzige Aufstellen des Fußes jagte ihr Starkstromschmerzen durch den Körper. Es war ein kleiner Erfolg, als sie schließlich ihren Rucksack erreicht hatte. Draußen auf dem Flur rührte sich nichts, von dem Bauern keine Spur. Zurück im Zimmer fiel Laura die Schublade des Tisches auf, die aufgesprungen zu sein schien, als sie sich darauf gestützt hatte. Ein Stück Seife lag darin, natürlich Lavendel. Und ein einzelnes Blatt, das mit großzügiger Schrift gefüllt war. Laura biss sich auf die Lippe. Sah zum Flur. Sah zurück zum Brief. Biss sich erneut auf die Lippe.

Dann nahm sie das Blatt in die Hand und begann zu lesen:

 

Mein kleines Häschen,

 

ich sehe dich vor mir, wie du mit deinen roten Schuhen durch das Lavendelfeld stapfst, das viel zu groß für ein Kind von fünf Jahren ist. Du strahlst über beide Ohren und trägst deinen süßen kleinen Zeigefinger vor dir her. Darauf sitzt ein Kohlweißling, den du mir voller Stolz zeigen willst. Er klappt seine Flügel auf und zu, aber er fliegt erst davon, als du mich erreicht hast. Ich habe so viele schöne Erinnerungen an deine Kindheit, aber diese ist meine liebste. Du und der Lavendel, ihr gehört zusammen. Die meisten Kinder duften würzig, nach Salz mit einer Note von Basilikum. Nur du hast immer nach Lavendel gerochen, von Anfang an.

Die Farm ist deine Heimat, dein Zuhause. Ich muss dir nicht sagen, dass es mir das Herz gebrochen hat, dass du erwachsen geworden bist. Alle Kinder werden erwachsen, aber bei den eigenen hofft man, dass das nie der Fall sein möge. Ich sollte es dir nicht verdenken, dass du dein eigenes Leben gewählt hast und in dieser schweren Stunde des Abschieds versuche ich es. Ich hätte dich gerne noch einmal gesehen, aber du bist auf Dienstreise in Singapur. Ich bitte dich um Vergebung, dass ich es dir nicht am Telefon sagen konnte. Dass ich es die ganze Zeit nicht fertiggebracht habe, es dir überhaupt zu sagen. Ich hielt es für richtig, dir keine Angst zu machen und ich glaube, im Grunde hatte ich vor allem Angst, dass es dir gleichgültig sein könnte.

Es ging sehr schnell. Und ich bin froh darüber, dass mein Leiden nicht so lange gedauert hat wie bei anderen. So hatte enttäuschte Hoffnung keinen Platz in meinem Herzen und ich gehe ohne Bitterkeit und ohne Reue.

Mein kleines Häschen. Ich habe dich nie um etwas gebeten und bitte um Nachsicht, dass ich es heute tue. Ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod, auch wenn der Pfarrer davon nichts weiß. Aber ich glaube daran, dass etwas von einem bleibt. André, bitte verkaufe die Farm nicht. Bitte denk an deine Kindheit hier, als du glücklich warst, weit weg von Gesetzesbüchern und Bankkonten. Denk an den kleinen Jungen im Lavendelfeld. Hier hattest du alles, was du brauchtest. Bitte, komm zurück und kümmere dich um die Farm. Ich kann dir nichts hinterlassen außer die Farm und meine unendliche Liebe, die ich für dich empfinde, mein Junge.

 

In Liebe,

Deine Mutter

 

Laura ließ das Blatt sinken. Sie hätte es nicht lesen sollen, ihr schlechtes Gewissen traf sie wie ein Schlag. Und sie begann zu verstehen, was diesen schlechtgelaunten Bauern umtrieb. Was er durchgemacht hatte. Was er aufgegeben hatte. Was er verloren hatte. Diese Farm, dieses Haus, dieses Zimmer. Das alles war seine Geschichte und sie nicht mehr als ein Fremdkörper darin.

Sie musste sich aufraffen, sich anziehen und dann die Treppe hinunterhangeln, um diesen André zu bitten, sie in die Stadt zu fahren. Es war Zeit, nach Hause zurückzukehren, raus aus der Provence, raus aus dem Leben anderer Leute, zurück in ihre eigene organisierte Leere ohne Glück, ohne Unglück.

In ihrer Tasche suchte sie nach ihrer Geldbörse. Sie räumte alle Klamotten heraus und warf auch die Seife, die ihr gestern noch wie eine Trophäe erschienen war, auf das Bett. Alles war an seinem Platz. Nur die Geldbörse fehlte.

»Mist«, fluchte Laura erneut und ihre Niedergeschlagenheit nach dem Lesen des Briefs verwandelte sich augenblicklich in Wut.

 

Kapitel 5: Fremde Länder, fremde Sitten

 

Die Tür flog auf.

»Du bist schon wach?« Andrés Haare standen wieder zu allen Seiten ab, so als raufe er sie sich permanent.

Laura riss die Decke vom Bett und bedeckte sich damit. »Kannst du nicht anklopfen?! Ich stehe hier in Unterwäsche!« Ihr entging nicht, wie André ihre nackten Beine musterte und währenddessen weitersprach als habe sie nichts gesagt.

»Wir sollten gleich zur Polizei fahren und den Unfall melden, heute Morgen ist es noch frisch draußen.«

»Das nennst du frisch? Es ist der reinste Backofen.«

Er grinste schief und irgendwie spöttisch. »Nein. Es ist die Provence. Und jetzt hüpf fix in deine Ballerinas und auf. Ich habe nicht ewig Zeit.«

Ballerinas! Solche Schuhe würde Laura niemals tragen. Doch bevor sie etwas erwidern konnte, hatte er die Tür schon zugeschlagen. Wütend griff sie Shorts und T-Shirt aus ihrem Rucksack und pfefferte die Decke zurück aufs Bett.

Erneut flog die Tür auf.

»Jetzt ist aber genug! Ist das eine deiner Maschen?« Doch diesmal galt Andrés Blick nicht ihr, sondern dem Brief seiner Mutter, den Laura nicht zurück in die Schublade gelegt hatte. Sie schämte sich. »Es tut mir leid… Ich...«, stammelte sie. André sah entsetzt aus, dann verhärtete sich seine Mine. Er sagte kein Wort und blieb regungslos an der Tür stehen, bis Laura das Blatt wie ein rohes Ei genommen und vorsichtig zurück in die Schublade gelegt hatte.

Ungeduldig wartete André unten an einem Wagen, der nicht seiner war. Er rührte nicht einen Finger, um Laura zu helfen, er hielt ihr nicht einmal die Beifahrertür auf. Erst als er vom Hof rollte, redete er mit ihr. Kühl.

»Sag der Polizei einfach, was passiert ist. Blauer Trecker, du vom Fahrrad gefallen, er abgehauen und fertig. Nicht, dass das etwas bringen würde...«

»Blauer Trecker? Aber er war doch rot.«

Er sah Laura an wie eine Geisteskranke. »Gestern hast du uns erzählt, dass er blau gewesen sei.«

Sie konnte sich nicht erinnern, überhaupt etwas erzählt zu haben. Hatte sie? Sie grübelte. Alle Bilder, die sie vor Augen hatte, zeigten einen roten Trecker, bevor der Aufprall kam und ihr schwarz vor Augen wurde.

»Blau?«, fragte sie unsicher.

»Ben hat es auch gehört, wir können ihn gerne fragen. Am besten, bevor wir zur Polizei fahren und du deine Aussage machst, das wäre sonst sehr peinlich.« André raste über die Landstraße und hielt dabei einen Ellbogen aus dem Fenster. Einen Radfahrer überholte er mit einem Abstand von einem halben Meter bei Tempo hundert. Draußen flog die Landschaft vorbei, Olivenbäume glänzten silbrig im erbarmungslosen Licht, Hitze flirrte über dem Asphalt.

»Ok, dann war er vermutlich doch blau«, sagte Laura kleinlaut. So unsicher kannte sie sich gar nicht. Hatte sie eine Gehirnerschütterung? »Aber das ist auch nicht das Wichtigste: Meine Geldbörse wurde gestohlen.«

Mit dem polternden Lachen, das ein wenig rau klang wie ihr eigenes, hatte sie nicht gerechnet.

»Gestohlen?«, prustete André. »Gnädigste, das ist nicht Ihr Ernst. Wer soll denn hier etwas stehlen? Fehlt denn sonst etwas aus deinem Gepäck?«

»Nein, nichts.«

»Na also«, sagte André locker. »Die Leute hier würden sich eher für deine schicken Fummel interessieren als für dein Geld. Damit können sie hier nichts anfangen. Stichwort Tauschhandel.«

Laura begann an sich zu zweifeln. Mit einem unsicheren Blick von der Seite musterte sie den Mann neben sich. Er war keinesfalls älter als vierzig. Die Haut gleichmäßig gebräunt, beinahe goldfarben. Markante Falten um die Augen herum und auf der Stirn. Er sorgte sich wohl um etwas und nachdem sie den letzten Brief seiner Mutter gelesen hatte, konnte sie ahnen, was es war. Zu gerne wüsste sie, welche Gedanken sich gerade hinter seiner Stirn befanden, die nichts preisgab. Laura schluckte.

»Vielleicht hast du recht«, lenkte sie ein. Sie musste noch unter Schock stehen und die Schmerzen vernebelten ihr offenbar die Sinne. »Können wir denn zu der Stelle fahren, an der es passiert ist? Dann sehe ich dort nach. Ich habe sie sicher nur verloren.«

»Klar. Nachdem wir bei der Polizei waren wegen des Unfalls. Also ein blauer Trecker? Mehr weißt du nicht? Ehrlich gesagt wird das nicht viel bringen. Jeder zweite Trecker in Frankreich ist blau und vielleicht fällt dir morgen ein, dass er grün gewesen könnte. War dein Rad eigentlich teuer? Also ich meine ja nur so… Das interessiert die Polizei dann auch. Versicherungsbetrug gibt es immer wieder einmal.«

Laura wurde unwohl. Wo war sie hier nur hineingeraten? Plötzlich schien ihr nichts mehr so klar und unkompliziert.

»Halt an.«

André brauste unvermindert weiter. »Warum?«

»Halt bitte an!«

Er bremste. Mitten auf der Straße kam er zum Stehen. Vor ihm und hinter ihm meilenweit kein anderer Wagen, sie waren alleine mitten in der Provence.

»Ich möchte doch nicht zur Polizei. Ich glaube, es ist besser, es auf sich beruhen zu lassen. Passiert ist ja auch nichts. Eine kleine Verstauchung.« Laura versuchte, nicht an den stechenden Schmerz in ihrem Fuß zu denken.

André wendete den Wagen und sah seltsam erleichtert aus. »Ok, Madame. Dann fahren wir jetzt zurück, tauchen deinen Fuß in Eiswasser und dann bist du in zwei Tagen fit für die Heimreise.«

Laura merkte, wie sehr ihm daran gelegen war, dass sie schnell sein Haus verließ und verschwand. Sie konnte es verstehen, denn die Szene auf dem Markt erschien ihr plötzlich nicht mehr angemessen. Vor allem nicht, nachdem sie diesen Brief gelesen hatte. Sie begann zu ahnen, dass ihm jedes Stück Seife etwas bedeuten musste, dass jede einzelne Lavendelblüte ihn an seine Mutter erinnerte. Es war besser, wenn sie so bald wie möglich wieder aus seinem Leben verschwand.

 

Kapitel 6: Unter Verschluss

 

André prüfte das Schloss zur Scheune zweimal. Es war definitiv zu, niemand würde es öffnen können. Laura hatte er erzählt, in der Scheune trockne Lavendel. Das stimmte halb. Früher einmal. Aber vor allem stand dort sein Traktor und würde dort noch so lange stehen müssen, wie diese Immobilienmaklerin, ja Immobiliengeierin - sofern es dieses Wort überhaupt gab - sich in seinem Haus breitmachte. Goldene Visitenkärtchen in der Tasche! Ihm gefiel nicht, wie sie sich immer wieder umsah, wenn sie auf der Terrasse saß und ihren Fuß in Eiswasser badete. Allein das schon würde ihn ruinieren. Die Tiefkühltruhe hatte er seit Monaten nicht mehr benutzt, die Stromkosten waren ihm über den Kopf gewachsen, und jetzt verschlang diese Immobilientante, der Wolf im Schafspelz, Eis ohne Ende. So schlimm konnte es mit ihrem Fuß nun auch wieder nicht sein. Immerhin konnte er aufatmen: Die Sache mit der Anzeige hatte er ihr ausgeredet. André schwenkte den Schlüssel spielerisch in einer Hand und riskierte einen Blick zu Laura auf der Terrasse. Sie saß im Schatten der mächtigen Platanen bei den halb verwilderten Rosenstöcken und ließ ihren Fuß in einer Wanne Eiswasser kreisen. Ihr Kleid hatte sie bis zu den Oberschenkeln hochgezogen. Eine Schande, dass sie auf der bösen Seite der Menschheit stand, denn sie war reizend. Irgendjemand musste geplaudert haben, dass es seiner Farm nicht gut ging, und ihr die Daten weitergereicht haben. Der Gedanke, dass bald reiche Deutsche hier herumturnten und im Abendlicht Rotwein tranken, war ihm unerträglich. Die Farm war unverkäuflich!

André schlich sich durch einen Seiteneingang ins Haus, um Laura nicht begegnen zu müssen. Sie wusste nicht, dass er ihr sein Schlafzimmer überlassen hatte, das einzig brauchbare in diesem großen Haus, und er selber in einer Kammer hauste, in der schon wieder Lavendel trocknete und in die er notdürftig eine alte Matratze hineingeworfen hatte. Er war einfach zu großzügig. Sein schlechtes Gewissen war zu großzügig. Die Luft stand. Er stieß das kleine Fenster auf, aber keine Luft kam herein. Im Radio hatten sie gesagt, dass heute wohl der heißeste Tag des Jahres werden würde und das glaubte er gern. Das Thermometer zeigte bereits jetzt am frühen Vormittag zweiunddreißig Grad. Lauras Portemonnaie, das er die ganze Zeit in seiner Gesäßtasche gehabt hatte, schob er unter die Matratze. Das Bargeld, das er mittels ihrer Kreditkarte bekommen hatte, fühlte sich gut in seinen Händen an. Doch auch das musste vorerst unter der Matratze verschwinden. Er würde Laura zumindest ihre Ausweise zurückgeben und natürlich ihre Visitenkärtchen, die er sorgfältig wieder an ihren Platz gesteckt hatte.

Es fiel ihm nicht leicht, ihr einen kühlen Orangensaft und ein Stück Melone mit einem Lächeln auf die Terrasse zu bringen. Immerhin musste er sie unauffällig davon überzeugen, dass die Farm ein furchtbarer Ort war und dass mit ihm selber nicht gut Kirschenessen war. Zumindest letzteres würde sie schon gemerkt haben, er musste sich nicht einmal verstellen.

»Melone und Saft, wie freundlich! Vielen Dank.« Ihr Lächeln war ehrlich. Ein Zahn stand leicht schief und ihre grünen Augen glänzten im diffusen Sommerlicht, das durch das Dach aus Platanenblättern drang. Ein feiner Film aus Schweiß lag auf Lauras Haut. André wandte seinen Blick ab und setzte sich ihr gegenüber. Er zündete sich eine Zigarette an und ihm entging nicht, dass Laura das abstoßend fand. Gut so.

»Du sprichst gut französisch. Woher?«, begann er.

Sie sah zu Boden und dann in die Ferne. Er ahnte, dass das die falsche Frage gewesen war.

»Ich habe in Frankreich die glücklichste Zeit meiner Kindheit verbracht. Die Sprache, die Kultur haben mich nie losgelassen. Aber man wird ja älter.« Sie bürstete unsichtbare Krümel von ihrem Kleid und verschränkte die Arme vor der Brust. André hätte es wissen müssen. Smalltalk war nichts für ihn. Vielleicht sollte er gleich zur Sache kommen.

»Was machst du beruflich?« Er stieß eine Rauchwolke durch die Nase aus. Laura verzog die Mundwinkel.

»Ich bin Immobilienmaklerin.«

Er versuchte, überrascht zu klingen.

»Tatsächlich? Und was führt dich dann in dieses Niemandsland? Glaub mir, die schicken Villen liegen auf der anderen Seite des Luberon. Hier gibt es nichts zu holen. Der Mistral macht alles kaputt. Du weißt schon, der Wind. Die Häuser hier sind gedrungen, beinahe Hütten. Oder verfallen. Außerdem mag man hier Fremde nicht.« Er zog alle Register, aber Laura blieb regungslos.

»Tja, da habe ich etwas anderes gehört.« Sie sah sich wieder um und André folgte ihrem unbeugsamen Blick. Seine eigenen Worte kamen ihm wie die Lügen vor, die sie auch waren. Er sah den Lavendel. Die Sonnenblumen in der Ferne, die Weinstöcke. Das Paradies hatte einen Namen: Saint-Jacques-les-Monts.

»Zufällig weiß ich«, fuhr Laura fort, »dass es hier eine Farm gibt, die demnächst versteigert werden soll. Ich dachte mir, ich schaue sie mir einmal an.«

André stockte der Atem. Asche fiel von seiner Zigarette auf seine Knie, er zuckte zusammen und wischte sie eilig fort. Jetzt wurde es interessant.

»Ach ja?« Er hoffte, es klang so beiläufig wie möglich.

»Ja, und ich dachte mir, dass du sie vielleicht kennst, als Einheimischer. Sie gehört einem René Clément. Kennst du ihn?«

»René Clément?« André drückte seine Zigarette schnell aus, denn eigentlich hasste er Rauchen, so wie er alles hasste, was er tat. Das hier wurde ja immer absurder, aber irgendwie fühlte sich alles viel leichter an, da in seiner Herzgegend. Und das Beste daran: Ihn durchfuhr eine aberwitzige Idee. »Ich fürchte, man hat dir den Namen falsch aufgeschrieben.« So weit, so wahr. »Es handelt sich nicht um eine Farm und der Betroffene heißt nicht Clément, sondern Vincent mit Nachnamen.«

Er konnte das Grinsen nicht vermeiden, das Strahlen wollte einfach aus ihm heraus. Und er konnte auch nicht vermeiden, dass sich seine Hand auf Lauras Knie legte und ihre Wärme ihn fast verbrannte. »Ich helfe dir wahnsinnig gerne, ihn zu finden.«

 

Kapitel 7: Geistesblitze

 

André wirkte wie verändert, es beängstigte Laura beinahe. Er fragte sie, was sie gerne zum Abendessen hätte und fuhr dann in den Ort. Alleine auf dem Hof blieb Laura nichts anderes übrig, als weiter im Schatten der Platanen zu entspannen und zu hoffen, dass ihr Fuß abschwoll. Bei der Hitze war das jedoch beinahe unmöglich. Laura hasste Entspannung, denn es bedeutete Nichtstun und Nichtstun hieß leiden. Sie fragte sich, wie lange André noch weg sein würde und entschied dann, sich das Haus anzusehen, so gut es eben auf einem Bein ging.

Sie hatte schon bemerkt, dass sämtliche Türen im Haus knarrten und verrostete Scharniere hatten. Lack blätterte ab, die Fensterscheiben schienen seit Jahrzehnten nicht geputzt worden zu sein und ohne Expertin auf dem Gebiet zu sein, wusste sie, dass der ganze verstaubte Lavendel, der an den Decken zum Trocknen hing, dieses Haus niemals gegen Geld verlassen würde. Mit ausgestrecktem Arm stieß sie eines der Bündel an und dicke Staubflocken fielen ihr ins Gesicht.

»Das Erste, was du tun musst, wenn du die Wohnung eines alleinstehenden Herren betrittst, ist sie gründlich zu putzen!«, hatte ihre Oma ihr immer eingeschärft. Das war, bevor Laura ins Immobiliengeschäft eingestiegen war und nur noch auf klinisch reine Wohnungen von Männern gestoßen war, die sie gedatet hatte. Wobei außer Frage stand, dass auch nur einer von ihnen jemals selber ein Staubtuch in die Hand genommen hatte. Genau genommen gehörte Laura selber zu denen, die sich eine Fachkraft für Reinigung gönnte. Putzfrau, dachte sie. Fachkraft für Reinigung sagte sie. Ihr Leben in Hamburg und Andrés in der Provence waren weiter voneinander entfernt als Erde und Mars, Mars und Bounty.

In der Küche fand sie einen alten Blecheimer und ließ Leitungswasser ein, das leicht bräunlich wirkte. Lavendelseife gab es genug, sie fand sogar einen Lappen unter der Spüle. Während sie das Wasser aufschäumte und sich in Richtung des ersten Zimmers schleppte, dachte sie an ihre Kindheit zurück. Frankreich, ein Sommertraum.

Es sind die Geräusche, die man als erstes vergisst und die einen augenblicklich in die Vergangenheit zurück katapultieren, wenn man sie wieder hört. Das Konzert der Zikaden. Der Wind in den Schirmpinien. Das Ferienhaus in Hyères erschien ihr hingegen in den lebendigsten Farben, als sei sie erst gestern dort gewesen. Nur ihre Eltern und ihre große Schwester, alle zusammen für einen Sommer.

 

***

Die Kammer, die Laura öffnete, war winzig und die Luft abgestanden. Eine Matratze lag darin, alt und durchgelegen, das Bettzeug achtlos darüber geworfen und verwühlt. Hier musste André schlafen.

»So so«, entfuhr es ihr, als sie begann zu begreifen, dass sie sein Schlafzimmer hatte, das sie ebenfalls nur für eine Gästekammer gehalten hatte. Das hier aber war noch eine Stufe darunter. Sie kniete sich auf einen Stuhl und begann, das staubige Fenster abzuwischen. Von draußen drang Sommerluft herein, unerbittlich heiß und duftend süß.

 

***

Wenn man zu dem Haus in Hyères wollte, musste man erst ein großes Holztor aufstoßen, das laut knarrte, sodass alle Nachbarn wussten, dass man da war. Dann hatte ihr Vater den Wagen hindurchgesteuert und Laura das erste Mal den Boden des Ortes betreten, der ihr eine Leidenschaft für Frankreich einpflanzen sollte, die bis heute andauerte. Und die sie lieber verdrängte. Sie sah die blauen Fensterläden vor sich und die üppigen Rosenstöcke davor. An einer Seite hatte sich Bougainvillea die Wand empor gehangelt und ein Fenster umschlossen wie eine Kapuze aus Blüten. Und dann das Meer. Laura konnte es von ihrem Zimmer aus sehen, wie es morgens türkis und spiegelglatt war, wie die Wellen kaum den Strand erreichten und am Abend, wie es tiefblau wurde und salzige Luft zu ihr hinaufstieg.

»Ist das heiß hier«, hatte ihre ältere Schwester gestöhnt und sich die meiste Zeit des Urlaubs in ihrem Zimmer vergraben und philosophische Werke gelesen. Beim Essen tauschte sie sich darüber mit ihren Eltern aus und Laura blieb nur übrig, ihr Baguette in kleinen Stücken zu genießen, so lange zu kauen, bis der Geschmack auf ewig in ihrer Erinnerung eingebrannt war, und dabei auf das provenzalische Meer zu schauen. Das war der Beginn von allem. Und das Ende. Nach einer Woche waren sie abgereist, nachdem ihre Schwester die Zusage für einen Studienplatz in Philosophie von der Universität in Oxford erhalten hatte. Seitdem drehte sich alles um die Schwester, die intelligente, liebenswürdige, eloquente Schwester. Als Laura das Abitur nicht schaffte und stattdessen eine Ausbildung zur Immobilienkauffrau machen wollte, schauten ihre Eltern nur betreten zu Boden. In den schweren Momenten, in denen Laura an sich zweifelte und sich Anerkennung wünschte, dachte sie an das Haus in Hyères zurück, an den buttrigen Geschmack von Croissants und wie in Frankreich alles besser schien. Doch zurückgekehrt war sie nie.

 

***

Den Boden schrubbte sie zum zweiten Mal und immer noch wurde das Wasser schwarz. Die Matratze war zu schwer, um sie hochzuklappen, also begnügte sie sich damit, drumherum zu putzen. Sie schüttelte das Bettzeug aus und klopfte Staub aus dem Kissen.

Warum war sie eigentlich nie zurückgekehrt? Die Antwort war so einfach, sie kannte sie ganz genau. Alles was gut ist, ist vergänglich, das hatte sie schon als Kind gelernt. Und alles wird nur schlechter, wenn man versucht es ewig zu behalten. Freundschaften, Familie, Liebe. Laura fuhr gut mit Distanz und mochte die Bewunderung, die man unnahbaren Frauen zukommen ließ. Aber irgendetwas fehlte ihr und sie begann zu verstehen, dass es mehr war als nur Croissants und Zikaden.

Sie hörte einen Wagen im Hof und fuhr zusammen.

»Mist«, fluchte sie und wiederholte sich, als sie mit voller Wucht ihren verletzten Fuß an dem Blecheimer stieß, der umfiel und sich über die Matratze ergoss.

»Was ist denn hier los?« André wirkte entsetzt und ziemlich wütend, als er die begossene, verschwitzte und schmutzige Laura in seinem provisorischen Schlafzimmer fand. »Bist du noch ganz bei Trost?« Er riss ihr den Lappen aus der Hand und zog sie am Ellbogen aus dem Zimmer heraus. Knallte die Tür von außen zu, als handele es sich bei der Kammer um das versteckte Bernsteinzimmer. »Du hast da drinnen nichts zu suchen, verstanden?« Mit dem Lappen fuchtelte er wie wild vor ihrem Gesicht herum.

»Es tut mir leid, ich wollte nur etwas Nützliches tun. Und dein Haus hat es ja wohl mehr als nötig, mal einen Putzlappen zu sehen«, fügte sie schnippisch hinzu. Erst in dem Moment fiel André auf, was er eigentlich in der Hand hielt.

»Ist das der Lappen von der Spüle? Merde!« Er stürzte in die Küche, Laura schlich an der Wand entlang hinterher. Sie sah André in einer Pfütze Wasser stehen, wie er versuchte, das Rohr wieder abzudichten. »Wie kannst du hier einfach den Lappen rausziehen und als Putztuch benutzen? Frauen!«, schimpfte er und wich einer verirrten Fontäne aus.

»Ich konnte nicht ahnen, dass du deinem einzigen Putzlappen eine so wichtige Position in deinem Haus zugedacht hast. Soll ich es Haus nennen oder doch lieber Bruchbude?«

André stieß sich den Kopf an der Spüle.

»Putain!« Sein Repertoire an Schimpfworten war unendlich. Laura konnte ihm nur zusehen und musste sich dabei vorstellen, wie ihre Schwester wohl angesichts dieser sprachlichen Ausfälle reagieren würde. Sie konnte das Entsetzen in ihren Augen sehen und ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Das hier war das Leben. Nicht eine Karriere in Oxford. Oder Hamburg. Erneut stieß sich André den Kopf und zwar genau an derselben Stelle wie schon vor fünf Sekunden.

»Putain de merde!« Sein Gesicht war hochrot und glänzte nass aus einer Mischung von Wasser und Schweiß.

Laura konnte nicht mehr an sich halten, sie prustete los. Wasser spritzte, machte die Wände nass, flutete die Küche und spülte ihr aufgeweichte Baguettekrümel vor die Füße. Es kam ihr alles absurd vor und ungeheuer lustig. Kehliges Lachen erfüllte die Küche, bis es André gelungen war, das Leck abzudichten. Als er ein Stück Schnur um das Rohr band, sah er immer wieder skeptisch zu Laura herüber. Sie wusste, dass er wütend auf sie sein musste, aber ihr Lachen war wider Willen ansteckend.

»Ich weiß gar nicht, was daran lustig sein soll«, sagte er nur halb so sauer, wie er es eigentlich beabsichtigt hatte. Dann rappelte er sich auf und wischte sich Wasser aus dem Gesicht. Sein weißes T-Shirt war komplett nass, darunter zeichnete sich eine muskulöse Brust ab. Das Bild verschwamm vor Lauras tränenden Augen.

»Ich weiß es auch nicht«, prustete sie und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Ihr gesunder Fuß plantschte in dem Wasser, das in großen Pfützen auf dem Boden stand.

André war entwaffnet. »Tja.« Er lächelte beinahe schüchtern und ziemlich schief. »Ich schätze, hier braucht niemand mehr zu putzen. Sag mal… hast du Lust, dir nachher die Farm anzusehen? Ich zeige dir, wie man Lavendel macht und du erklärst mir währenddessen die Geheimnisse guter Unternehmensführung. Nicht, dass ich es nötig hätte, aber...«

Aus der Tasche von Lauras Kleid tönte eine Melodie.

»Ja klar!«, sagte sie schnell und fischte ihr Telefon aus dem Blümchenstoff. Ihre Mundwinkel verzogen sich nach unten, als sie auf das Display sah. »Chef!«, sagte sie und nahm ab. »Hallo Peter! Ja, alles fabelhaft in der Provence. Ja, ich erhole mich gut. In den Nachrichten hast du gesehen, wie heiß es hier ist? Das kann ich nur bestätigen, die Luft brennt. Nein, ich sitze nicht am Pool… tatsächlich freut es dich sicher zu hören, dass ich hier mit Monsieur Clément stehe.« Sie sah zu André, der nichts von dem verstand, was er in dieser ihm fremden Sprache hörte. »Der heißt aber gar nicht Clément, sondern Vincent. Jedenfalls bin ich der Sache auf der Spur. Ich muss jetzt auflegen, ich stecke mitten in einer Weinverkostung.«

Als sie aufgelegt hatte, sah André wieder verkniffen aus. »Was hast du ihm gesagt?«

»Dass ich das Objekt gefunden habe. Er wird begeistert sein!«

André schluckte schwer.

 

Kapitel 8: Auf dem Trockenen

 

Andrés Augen waren fast nicht zu sehen, so tief hatte er seine Brauen über ihnen zusammengezogen. Er bestellte bereits seinen zweiten Pastis, als Benjamin aus der Apotheke herüber in die Bar kam. Die Platanen an der kleinen Place de la République von Saint-Jacques-les-Monts spendeten nur einen leichten Schatten, der der Hitze des Nachmittags nichts von ihrer Schärfe nahm.

»Und? Wie geht es unserer Patientin?« Benjamin ließ sich auf den Hocker fallen, sein Hemd war nassgeschwitzt von den dreißig Metern Fußweg über den Platz hier her.

»Viel zu gut«, brummte André.

»Soll der Doktor nochmal vorbeischauen? Ich hätte nichts dagegen, sie noch einmal zu untersuchen«, grinste Benjamin verschmitzt und André störte diese Bemerkung seltsamerweise. Er sah noch finsterer drein.

»Vergiss es.«

»Oh, verstehe. Dein Revier, Kumpel. Bin schon still.« Ben bestellte Orangina. Wie André bei der Hitze Pastis trinken konnte, verstand er nicht, wie sein Blick auf das Glas verriet. »Und wie geht es dir? Soll ich mich mal um dich ein bisschen kümmern? Du könntest ein wenig mehr Schlaf vertragen, Kumpel.« Er klang plötzlich besorgt und fürsorglich zugleich.

André knallte das Glas auf die Theke. »Mir geht es gut, ok? Du bist kein Arzt, Mann!«

»Aber ich hätte einer werden können, wäre da nicht Vaters Apotheke gewesen. Wie mit deiner Mutter und der Farm.«

»Himmelherrgott!«, fluchte André. »Jetzt erwähn‘ doch nicht andauernd diese verdammte Farm! Mir steht es bis hier!« Schlagartig war es still in der Bar. Die zwei Touristen in der Ecke tranken eilig ihre Gläser aus und gingen. Barbesitzer Antonio polierte die Gläser auffallend eifrig.

Ben räusperte sich und ging zum Flüstern über. »André, mal ehrlich. Trinken und Schreien löst deine Probleme nicht. Wenn ich dir helfen kann, sag Bescheid.« Er sah ihn aus treuen braunen Augen an, die André schon beinahe sein ganzes Leben lang gesehen hatten.

»Pardon… ich habe mich vergessen«, gab er kleinlaut bei. Beste Freunde schrie man nicht an, schon gar nicht Ben. »Es ist nur...«, begann er und fuhr sich durch die Haare, die schweißnass waren und schwarz glänzten. »Es ist nur, dass ich einfach keine Lösung weiß, bei der du mir helfen könntest. Wir haben alles versucht, alles. Ich fürchte, ich muss verkaufen. Es wäre wohl das Beste.«

Benjamin sah ihn entsetzt an. »Mensch, André! Deine Mutter!« Der letzte Wunsch eines Menschen, ja die Familie überhaupt galt etwas in der Provence und alle waren sich einig, dass Madame Clémenceau eine ganz besondere Frau gewesen war, deren einziger Sohn sich feige an der Küste als Anwalt die Sonne auf den Bauch scheinen gelassen hatte, während sie sterbenskrank wurde. Die Leute waren skeptisch, ob André die Farm würde führen können und sie hatten Recht. Er konnte es nicht.

»Ich habe keine Wahl«, sagte André mit fester Stimme, doch resigniert. »Soll diese Laura sie bekommen.«

Lange schwiegen die beiden Männer, bis Ben tatsächlich einen Pastis bestellte.

»Ben, es ist nicht einmal drei Uhr«, sagte André mit schwerer Zunge.

»Ich brauche das jetzt. Du ziehst mich runter. Wir brauchen einen Plan, alter Kumpel.« Er stürzte die milchige Flüssigkeit in einem Zug herunter und spielte mit dem Untersetzer des Glases. »Weißt du, früher oder später wird Laura sowieso herausfinden, dass du, André Clémenceau, der René Clément bist, den sie sucht. Was dann? Was kann passieren? Sie hat die ganze Farm gesehen, sie wird dir ein Angebot machen. Wenn du ablehnst, hast du vielleicht noch drei Monate, bis du finanziell auf dem Trockenen sitzt.«

»Glaub mir, trockener geht‘s schon nicht mehr.«

Ben hörte ihm nicht zu. »Drei Monate, in denen du alles drehen kannst. Du brauchst einen Investor. Jemand, der Geld in deine Farm steckt, sie modernisiert. Draußen laufen dauernd solche Typen herum, die gar nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Du könntest das Brachland nutzen und noch mehr Lavendel anbauen. Richtig guten Lavendel, aus dem Parfüm gewonnen werden kann.« In Bens Blick lag Begeisterung, er gestikulierte, malte Träume in die Luft. »Du wirst moderne Destille-Kessel kaufen können und wenn der Investor Kontakte hat, exportierst du Seifen und Öl in alle Welt. Bei den anderen Betrieben in der Gegend klappt das auch.«

»Die haben auch mehr Mitarbeiter als ich.«

»Ja, mehr als null ist ja nicht schwer«, bemerkte Ben süffisant. »Du willst es gerade nicht verstehen, Kumpel, aber ich sehe in Laura eine einmalige Chance.«

»Sie will mein Haus, nicht meinen Lavendel.«

»Und du willst ihr Geld. Es ist alles eine Frage des Stärkeren. Als Immobilienmaklerin hat die Schotter ohne Ende und als Kauffrau will sie Profit. Du musst ihr nur erklären, dass sie mehr Geld machen kann, wenn sie klammheimlich selber investiert und ihrem Chef irgendeine Geschichte erzählt, warum deine Farm nichts taugt. Das wäre perfekt! Wickle sie um den Finger und zieh dir ihre Kohle an Land!« Ben schlug André auf den Rücken.

»Ich weiß nicht…«, murmelte André und obwohl sein Bauch ihm sagte, dass Bens Idee nicht die beste war, begann sein Kopf zu rattern, durch den Alkoholnebel hindurch.

»Bis sie herausfindet, dass sie deine Farm sucht und nicht die eines René Clément, hast du vielleicht noch ein bis zwei Tage. Mach das mit dem Investment vorher klar, Mann!«

»Ich denke drüber nach«, sagte André und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Jeder Strohhalm war ihm recht. Dann holte er Lauras Geldbörse aus der Jeanstasche und reichte Antonio eine Kreditkarte.

 

Kapitel 9: Vendeuse d'espoir

 

Als Laura aufwachte, filterten die Gardinen goldenes Licht in ihr Schlafzimmer. Es war Abend geworden und der Wind zeugte nicht mehr von gnadenloser Hitze, obwohl das Thermometer an der Wand noch immer fünfunddreißig Grad zeigte. In ihrem Fahrradrucksack hatte sie nur noch das weiße, schulterfreie Kleid, das sie sich in Hamburg in einem schwachen Moment gekauft hatte. Die einzigen Schwächen, die sie sich erlaubte, waren Schokolade und Eis. Laura kaufte nie teure Klamotten, sie hielt es für Geldverschwendung. Aber dieses Kleid hatte es ihr angetan, auch wenn sie gezweifelt hatte, es jemals zu tragen. Doch dann hatte es sich doch in ihr Gepäck geschlichen und jetzt lag es seidig kühl auf ihrer Haut.

Als sie den Verband ihres Fußes löste, leuchteten ihr die schönsten Farben entgegen.

»Au«, entfuhr es ihr alleine beim Anblick der blauen und grünen Flecken. Aber immerhin schien die Schwellung zurückzugehen, auch wenn der Fuß noch schmerzte, als sie die Creme auftrug, die Benjamin ihr gegeben hatte.

Als sie die Treppe herunter gehumpelt war, sah sie André draußen mit freiem Oberkörper sitzen und essen. Er hatte ein große Schüssel mit Salat vor sich stehen, Oliven und geröstetes Brot, das nach Knoblauchbutter duftete. Auf der anderen Seite des Tisches stand ein zweiter Teller und schien nur auf sie zu warten. Lauras Blick zog jedoch etwas anderes an.

»Meine Geldbörse!«

André erschrak und sprang auf. »Da bist du ja. Ich wollte dich nicht wecken.« Er zog sich ein weißes Hemd über und knöpfte es mit geschickten Händen zu. »Jemand hat sie in der Bar abgegeben. Wie ich sagte, es findet sich hier alles wieder an.« Er wirkte nervös, als er Laura den Stuhl zurechtrückte, damit sie Platz nehmen konnte. Er hatte sogar an einen Hocker für ihren verletzten Fuß gedacht.

Laura widerstand dem Impuls, in das Portemonnaie hineinzusehen. Das hier war nicht Hamburg, sie musste Vertrauen haben in die Menschen hier, wenn sie nicht negativ auffallen wollte. André lud ihr Salat auf und reichte ihr den Korb mit Brot.

»Es ist schön hier«, sagte sie und sah in die Ferne, wo der Abend milchig dämmerte. Kein Hauch Wind war in den Platanen und Pinien zu hören, nur die Stille der Landschaft. Farben flossen ineinander und erste Grillen lösten die Zikaden ab.

André und Laura aßen schweigend, bis der letzte Tropfen Olivenöl mit Brot aufgetunkt worden war. Nach einer Weile sah André Laura an und sie konnte nicht sagen, was in seinem Blick lag. Er sah sie an, als sehe er sie das erste Mal überhaupt, abschätzend, prüfend. Dann legte er den Kopf schief.

»Ich könnte dir jetzt ein bisschen die Farm zeigen, wenn du magst.«

»Ich würde sie nur zu gerne sehen«, seufzte Laura. »Aber mein Fuß… Du müsstest mich in einer Schubkarre transportieren. Ich fürchte, das wird leider nichts.«

André grinste schief und das stand ihm gut.

»Ich wüsste da etwas Besseres.«