Windelwahnsinn - Sarah Turner - E-Book

Windelwahnsinn E-Book

Sarah Turner

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  • Herausgeber: Goldmann
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Friede, Freude, Pustekuchen! Ist das Baby erst mal da, ist längst nicht alles rosarot und himmelblau. Sarah Turner schreibt offen und ehrlich über das Mutterdasein: den ungeschönten, chaotischen, nervenaufreibenden und zum Schreien komischen Alltag. Was sie von der Geburt über nächtliches Stillen bis Toilettentraining und Trotzanfällen erlebt, wird allen Müttern aus der Seele sprechen und sie zum Lachen bringen. Eine wunderbar direkte, äußerst witzige und sehr tröstliche Sammlung von Episoden aus dem Mutteralltag.

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Seitenzahl: 305

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Buch

Endlich traut sich eine frischgebackene Mutter zu sagen, wie es wirklich ist. Denn ist das Baby erst mal da, ist längst nicht alles rosarot und himmelblau. Sarah Turner nimmt kein Blatt vor den Mund und berichtet völlig ungeschönt aus ihrem Alltag mit Kindern. Dabei lässt sie kein Thema aus: vom vergeblichen Warten auf das vielbeschworene Strahlen während der Schwangerschaft, über die Tücken des Stillens oder unerfreuliche körperliche Veränderungen bis zum müßigen Streit mit dem Partner, wer nun den schlimmeren Tag hatte. Sie erzählt von urkomischen Momenten, aber auch von emotionalen Tiefpunkten und spricht so allen Müttern aus der Seele. Denn endlich ist klar: Ihr seid nicht allein, den anderen geht es ganz genauso! Die nötige Portion Humor und wohltuender Trost für das Leben inmitten von Windelwahnsinn und Spielhölle.

Autorin

Sarah Turner lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Devon, England. Da sie sich in keinem Mütter-Blog wiederfand, begann sie kurzerhand damit, ihren eigenen Blog zu schreiben. Glaubte man den Erzählungen der anderen frischgebackenen Mütter, war das alles ein Kinderspiel. Doch wo waren die Geschichten der übermüdeten und überforderten Mütter? In ihrem Blog »The Unmumsy Mum« lässt Sarah Turner nichts aus – auch nicht die ganz normalen Tiefpunkte des Mutterdaseins. Dass sie damit einen Nerv trifft, zeigt die enorme Beliebtheit ihres Blogs.

http://theunmumsymum.blogspot.co.uk/

Sarah Turner

Windelwahnsinn

Eine junge Mutter packt aus

Aus dem Englischen von Christiane Burkhardt

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von der Autorin und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorin beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

1. Auflage

Deutsche Erstausgabe Februar 2017

Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © 2017 der deutschsprachigen Ausgabe

Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Copyright © 2016 Sarah Turner

Originaltitel: The Unmumsy Mum

Originalverlag: Bantam Press

Umschlag: Uno Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: FinePic®, München

Fotos der Turners: © privat, mit freundlicher Genehmigung der Autorin

Redaktion: Sylvie Schlichter

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

KW ∙ Herstellung: CF

ISBN 978-3-641-18459-9V001

www.goldmann-verlag.deBesuchen Sie den Goldmann Verlag im Netz:

Für Debbie Sheppard,die beste Mutter überhaupt(1954–2002)

Inhalt

Darf ich vorstellen? Die Turners

Ein Brief an meine Jungs

Über dieses Buch

Was haben wir nur getan?

Nur wir zwei

Und, strahle ich schon?

Ich presse doch!

Er kann unmöglich schon wieder Hunger haben!

Muttermilch: Dramatisch. Praktisch. Gut.

Mama-Freundinnen verzweifelt gesucht

Von Öko-, Karriere- und Häkelmüttern

Hilfe, ich bin bindungsunfähig!

Leben auf einem unbekannten Planeten

Mein Tag, sein Tag, und warum keiner von uns beiden besser dran ist

Let’s Talk About Sex, Baby

Hängebusen und Blasenschwäche

Unser neues Nachtleben

Vorsicht, Spielhölle!

Willkommen im Chaos (Das Spielzeug ist schuld!)

Was ich als Mutter nie tun wollte (jetzt aber tue)

Ach, die guten alten Zeiten!

Wer A sagt …

Noch eins???

Eins oder zwei, was ist schon dabei?

Junge oder Mädchen? (Was man sich nicht wünschen darf …)

Was beim Zweiten anders ist

Immer derselbe Trott

Vollzeitmütter, ich bewundere euch!

Murphys Gesetz für Eltern

Hauptsache raus hier!

Warum Kleinkinder so anstrengend sind

Was Mütter rasend macht

Der schöne Schein sozialer Medien

Kinder haben: die Sonnen- und die Schattenseiten

Schön locker bleiben!

Ein offener Brief an die Mutter im roten Mantel

Einer dieser Tage

Supermutter, du kannst mich mal!

Mütterliche Schuldgefühle

Bloß nicht rechtfertigen!

Jeder muss sich mal auskotzen

Mit zig Bällen gleichzeitig jonglieren

Für dich, Mama

Ich würde sie nie mehr hergeben (… oder?)

Ehe man sich’s versieht …

Wird man als Mutter ein anderer Mensch?

»Sie wissen ja gar nicht, wie gut Sie es haben!«

Einsteigen und festhalten!

Nützliche Adressen

Dank

Register

Darf ich vorstellen? Die Turners

MUTTER

Sarah

alias The Unmumsy Mum,http://theunmumsymum.blogspot.de/

Autorin/Bloggerin oder so was in der Art. Hat ihr Philosophie-Studium mit Auszeichnung abgeschlossen (nein, »gemacht« hat sie damit nie irgendwas). Trinkt eine Unmenge von Tee, manchmal auch Traubensaft für Erwachsene und Gin Tonic aus der Dose. Krankhaft süchtig nach der BBC-Serie »Sturmhöhe«. (Tom Hardy als Heathcliff ist der lebende Beweis dafür, dass Träume doch in Erfüllung gehen können.) Häufig auf Facebook unterwegs.

VATER

James

alias Hubbs

Vorbildlicher Staatsdiener mit einer Vorliebe für Fernsehmarathons (wenn es um Autothemen geht) und Keksvernichtungsmarathons. An einem richtigen Marathon hat er auch schon teilgenommen (London, 2011) und jede einzelne Sekunde davon gehasst. Geht gern zum Fußballspielen in den Park und kann es nicht ausstehen, etwas über sich zu erzählen. Ändert bei Hochzeiten heimlich die Tischordnung, damit seine Frau neben Wildfremden sitzen muss. Würde alles für seine Familie tun – ein echter Traummann!

ERSTGEBORENER

Henry

alias Henry Bear, Henners, H Bomb

Riesenfan von Darth Vader, Scooby-Doo und seinem unsichtbaren Monsterfreund namens »unsichtbarer Monsterfreund«. Hat ein lebenslanges Abo auf Valentinskarten, weil er am 14. Februar Geburtstag hat. Liebste Gesprächsthemen: Popos und Pupsen.

ZWEITGEBORENER

Jude

alias Seine Majestät, Ginger Biscuit, Judy Pops

Isst alles, was ungenießbar ist. Schmeißt alles rum, was essbar ist. Nutzt das Wohnzimmer als seinen persönlichen Hindernisparcours. Zieht Peppa Wutz jedem noch so niedlichen Teddy vor. Ein kleiner Ron Weasley inmitten einer blonden Familie.

Ein Brief an meine Jungs

Liebster Henry, liebster Jude,

wenn ihr das hier lest, werdet ihr dieses Buch wahrscheinlich komplett lesen. Ich weiß nicht recht, wie ich das finden soll, schließlich werdet ihr Dinge über eure Mutter erfahren, die ihr vielleicht nie erfahren wolltet. Aber das wird sich wohl leider nicht vermeiden lassen, also sei’s drum.

Zunächst einmal hoffe ich, dass ihr das erst lest, wenn ihr bereits Teenager seid. Bestimmt wird euch auffallen, dass ich manchmal Wörter benutze, die ich euch verboten habe. Aber es wirkt einfach authentischer, wenn ich aufschreibe, was mir gerade durch den Kopf geht, und das kann schon mal so was wie »Scheiße« oder »Arschloch« sein. Zu Hause will ich diese Wörter aber nicht hören, klar? Für solche Verbote ist man nie zu alt!

Als ich in eurem Alter war, habe ich Tagebuch geschrieben. Mit Stift und Papier. Ja, ich weiß, dass ich mich jetzt anhöre wie eine uralte Oma, aber in euren Augen bin ich vermutlich ohnehin schon scheintot: Ich wurde noch im letzten Jahrtausend geboren und bin in den 1990er Jahren aufgewachsen, mit den Spice Girls, mit Tamagotchis, bunten Strähnchen im Haar und Musikkassetten (bitte erinnert mich daran, euch zu erklären, was das war). Ich werde euch nicht verraten, was in diesen Tagebüchern stand – in der Zeit nach der Schule drehten sie sich nämlich hauptsächlich darum, wie ich euren Vater rumkriegte. Okay, ihr könnt aufhören, euch vor Scham zu winden – dieses Geschreibsel habe ich längst verbrannt.

Kurz nachdem ich mit eurem Vater zusammenkam, habe ich mit dem Tagebuchschreiben aufgehört. Erst als ich Mutter wurde, hatte ich wieder das Bedürfnis, meine Gedanken zu Papier zu bringen. Nur, dass ich diesmal nicht mehr zu bunten Kugelschreibern und hübschen Kladden griff, sondern einen Online-Blog ins Leben rief – ohne im Vorfeld auch nur zu ahnen, was meine in die Welt hinausposaunten Gedanken für eine Welle nach sich ziehen würden. Das Internet ist wirklich eine erstaunliche Sache!

Nun möchte ich ein paar Dinge klarstellen, damit ihr versteht, warum ich so freimütig von meinem Mutterdasein erzähle. Ihr dürft ruhig wissen, was damals in mir vorgegangen ist, denn das Allermeiste davon drehte sich um euch, meine süßen kleinen Puddingköpfe.

Mama zu sein, ist verdammt hart.

Egal, wie alt ihr seid, wenn ihr das lest, ich bin sicher, dieser Satz wird auch dann noch seine Gültigkeit haben. Doch die ersten Jahre mit euch waren eine ganz andere Hausnummer. Wenn es mal wieder besonders schlimm war, weil ich kaum geschlafen hatte, wenn einer von euch dermaßen brüllte, dass ich es kaum noch aushielt, wenn das Haus aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen, ja dann … dann hätte ich gern von jemandem gewusst, dem es genauso geht. Ich hätte zu gern gelesen, dass ich nicht die Einzige bin, die gerade völlig durchdreht, und dass ich deswegen nicht mit dem Kopf gegen die Wand rennen muss, sondern dass irgendwann alles gut wird – auch wenn im Moment gar nichts gut ist. Genau so was hätte ich gebraucht. Doch stattdessen fielen mir bloß Ratgeber mit Einschlaftipps in die Hände, in denen stand, dass ich jede Minute mit euch genießen sollte. Ratgeber, in denen jeder einzelne Satz mit einem Ausrufezeichen endete: »Ihr Baby ist jetzt vier Monate alt! Ein Alter voller wunderbarer Erlebnisse! Ein guter Moment, um übers Abstillen nachzudenken!« (Ich wollte aber nicht übers Abstillen nachdenken, sondern bloß eine schöne heiße Tasse Tee und etwas Schlaf und das Gefühl, wieder ein bisschen ich selbst zu sein.)

Es gab Blogs von Müttern, aber auf denen sah das Muttersein einfach nur fantastisch aus – genau so, wie ich mir das immer erträumt hatte. Blogs, auf denen alle festliche Weihnachtspullis tragen, niemand eine nasse Hose hat und die Kinder um die Wette strahlen. Ich kann nicht behaupten, dass die mir eine große Hilfe gewesen wären!

Also beschloss ich spontan, selbst etwas zu schreiben, und mein Blog war geboren. Wie besessen schrieb ich einen Beitrag nach dem anderen über mein Leben mit Klein-Henry, über meine Schwangerschaft mit Jude, über Krabbelgruppen, Ausflüge mit Kind und alles, was mich sonst noch so umtrieb. Es war kein bisschen glamourös und manchmal auch einfach wildes Gezeter. Aber damals fühlte ich mich eben auch alles andere als glamourös und hatte das dringende Bedürfnis, mal so richtig Dampf abzulassen. So gesehen war mein Blog nichts anderes als ein modernes Tagebuch.

Ich hatte das alles eigentlich vor allem für mich geschrieben, aber dann begannen plötzlich andere Leute, meine Einträge zu lesen. Erst nur ein paar wenige, dann Hunderte und Tausende – bis Millionen mein Geschreibsel verfolgten, und ich bemerkte, was für eine Öffentlichkeit ich hatte. Diese Erkenntnis traf mich wie ein Schlag, und auf einmal war ich mir nicht mehr sicher, ob es wirklich so eine gute Idee war, mich als Mutter dermaßen zu entblößen. Ich hatte einfach bloß offen und ehrlich erzählen wollen, wie es mir ging. Doch je mehr Leute meinen Blog lasen, desto nervöser wurde ich bei der Vorstellung, dass jetzt alles auf einem Server im World Wide Web stand und sich nie mehr löschen lassen würde. Wir alle sagen manchmal Dinge, die wir lieber vergessen würden, für die wir uns schämen und die uns peinlich sind. Nicht umsonst werden viele Tagebücher irgendwann verbrannt – aber das war in diesem Fall ja nun keine Option. Was hatte ich bloß getan?!

Doch dann begann ich mir all die Mails, Kommentare und Tweets anzusehen, die ich als Reaktion auf meinen Blog bekommen hatte, und merkte: Hey, der ist ja vielen eine Riesenhilfe!

»Danke!«, stand darin. »Danke, dass ich mich endlich wieder normal fühlen darf!«

»Danke, dass ich wieder lachen kann.«

»Danke, dass du mir in einer besonders harten Woche Mut gemacht hast.«

»Danke, dass du mich darin bestärkt hast zuzugeben, dass diese Woche echt scheiße war, und ich wirklich nicht jede Minute mit meinem Kind genießen muss.«

Einige Nachrichten, die ich von anderen Müttern (aber auch von einigen Vätern) erhielt, rührten mich zu Tränen. Sie gaben mir Einblick in ihr Leben, schilderten ihren Kampf gegen postnatale Depressionen, ihre ständigen Schuldgefühle, ihre Überzeugung, komplett zu versagen und damit ganz alleine dazustehen: »Ich dachte, das geht nur mir so«, hieß es da.

Am liebsten hätte ich sie alle zu mir eingeladen und »He, ihr seid nicht allein!« in ein Megafon gerufen. Stattdessen beschloss ich, weiterhin über mein Dasein als Mutter zu schreiben – ein Entschluss, der irgendwann erstaunlicherweise ein Cover und viele Seiten bekam und zu meinem ersten Buch wurde.

Eines Tages werde ich meine Texte bestimmt noch einmal lesen und mir denken: »Meine Güte, musstest du wirklich so viel jammern?«, oder: »Wahnsinn, ist diese Zeit schnell vergangen!« Und einiges, was damals meine Realität war, werde ich im Nachhinein sicher am liebsten löschen wollen.

Gut möglich, dass ich euch ein, zwei Mal mit Schimpfwörtern wie Arschloch belegt habe – das tut mir aufrichtig leid. (Wenn ihr erst mal selbst ein paar kleine Arschlöcher zu Hause habt, werdet ihr mich bestimmt verstehen.) Gut möglich, dass ich mich nach Überstunden im Büro zurückgesehnt und unmissverständlich gesagt habe, dass längst nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Dass mich die Spielplatzbesuche und Krabbelgruppen zu Tode langweilen und ich nicht jede Sekunde mit meinen Kindern genieße.

Trotzdem sollt ihr wissen, dass ich unzählige Momente sehr wohl genossen habe. Momente mit der Familie, Momente, in denen wir gekuschelt, vorgelesen, nette Leute getroffen und schöne Ausflüge unternommen haben. Momente, in denen ihr euren Dad und mich zum Lachen gebracht habt (und zwar jeden Tag aufs Neue).

Ich hätte euch wirklich gern eine etwas geschöntere Beschreibung eurer ersten Lebensjahre präsentiert. Dann hättet ihr nie erfahren müssen, wie oft eure Mutter geflucht und sogar geweint hat. Ich wäre wirklich gern so gewesen wie eine dieser Mütter im festlichen Weihnachtspulli. Tut mir leid, dass ich euch in dieser Hinsicht enttäuschen muss.

Oft habe ich an mir als Mutter gezweifelt – aber nie an meiner Liebe zu euch. Ihr seid einfach wunderbar, unglaublich witzig und total drollig, und ich bin wahnsinnig stolz darauf, Teil dieser Familie, ja eure Mutter zu sein. Egal, was ich im Leben noch alles erreichen werde – ihr beide seid die absolute Krönung, und nichts könnte mir wichtiger sein.

Dieses Buch habe ich für uns geschrieben.

Ich liebe euch bis zum Mond und wieder zurück.

Mama

Über dieses Buch

Als ich mir ausgemalt habe, wie mein Leben mit Kindern aussehen wird, dachte ich, dass alles so bleibt, wie es ist, nur dass ein paar kleine Menschen mit ins Bild reinkopiert werden: niedliche Winzlinge mit Ringellöckchen und dicken, marmeladeverschmierten Bäckchen. Natürlich hatte ich mich vorher informiert – ich wusste, dass es größere Umstellungen geben würde (weniger Schlaf, mehr Windeln, weniger Alkohol, mehr Kinderwagenschieben). Aber abgesehen vom Mutterschaftsurlaub, dem unvermeidbaren Kontakt mit Körperflüssigkeiten wie Rotze, Kotze und Kacke und der scheinbar unvermeidlichen Anschaffung eines Lauflernwagens mit Plastiktelefon ging ich nicht davon aus, dass sich mein Leben grundlegend ändern würde.

Dass es dermaßen durcheinandergewirbelt werden würde.

Als mich der Baby-Tornado im Winter 2012 traf, war ich kein bisschen vorbereitet. Rein körperlich, zubehörtechnisch war ich bestens ausgestattet, aber seelisch und emotional nicht im Geringsten. Die perfekte Ausrüstung, aber trotzdem keine Ahnung – genau so war es.

Ich werde immer wieder gefragt, was das Schwierigste am Kinderkriegen ist. (Ich persönlich schlage mich momentan glücklicherweise lediglich mit dem Problem herum, dass nur einer meiner Söhne Ringellöckchen hat.) Dann kann ich natürlich ausführlich von schlaflosen Nächten und kindlichen Tobsuchtsanfällen im Supermarkt erzählen, von dem Frust und der Langeweile, die sich einstellen, wenn man sich irgendwelche Naturdokus im Fernsehen ansieht, während man ein nimmersattes Baby stillt, obwohl man eigentlich viel lieber duschen möchte.

Ja, all diese Dinge sind schon Herausforderung genug, aber das Schlimmste sind die ständigen Selbstzweifel.

Warum liebe ich nicht jede einzelne Sekunde?

Wieso lieben alle anderen Mütter jede einzelne Sekunde?

Kann es sein, dass irgendwas mit mir nicht stimmt? Dass ich einfach nicht fürs Muttersein gemacht bin?

Das ist nämlich kein bisschen so, wie ich es mir immer vorgestellt habe!

Als ich morgens um drei beim endlosen Stillen googelte: »Hilfe, ich will mein altes Leben zurück!«, habe ich den Verlauf sofort gelöscht. Ich schämte mich – und außerdem wollte ich mein altes Leben gar nicht zurück. Ich war total verknallt in meinen kleinen Wonneproppen und überaus dankbar für unsere kleine Familie. Aber es gab durchaus Momente (zum Beispiel den, als ich nachts zum vierten Mal aufstand und das Baby gerade in hohem Bogen in seine Wiege kotzte), in denen ich dachte: Was haben wir nur getan? Momente, in denen ich nicht mehr aufhören konnte zu schreien: »Ich kann nicht mehr, James! Es ist einfach nur scheiße!« Und auch meinem Mann war eindeutig anzusehen, dass das Baby-Abenteuer kein bisschen so lief, wie er sich das immer vorgestellt hatte.

Doch nun, nach einigen Jahren, in denen sich magische Momente immer noch mit solchen abwechseln, die ziemlich scheiße sind, ist etwas Unglaubliches passiert: Auch wenn mich nach wie vor akute Selbstzweifel überfallen, weiß ich, dass ich damit nicht allein bin. Warum? Ganz einfach, weil die überwältigenden Reaktionen auf meinen Blog, auf die darin geschilderten Höhen und Tiefen, eine eindeutige Sprache sprechen.

Aus einigen wenigen Kommentaren wurden Hunderte, aus Hunderten wurden Tausende, und jetzt quillt mein Postfach regelrecht über von Mails, in denen Eltern ganz ähnliche Erfahrungen schildern. Eltern, die sich ständig Vorwürfe machen, dass sie nicht jede Sekunde lieben, weil es nun mal verdammt hart ist, Eltern zu sein. Als ich noch keine Kinder hatte, habe ich verächtlich geschnaubt, als ich einmal hörte, Eltern sein wäre der härteste Job der Welt. Tja, ein paar Jahre später kehrte ich freiwillig früher aus der Babypause zurück, um endlich wieder halbtags im Büro unter Erwachsenen arbeiten zu dürfen.

Der Name meines Blogs – The Unmumsy Mum, die unmütterliche Mama – wird oft fehlinterpretiert. »Mütterlich« ist keinesfalls ein Begriff, der für mich negativ belegt ist, im Gegenteil: »Mütterlich« klingt natürlich, glücklich, unbeschwert – so, wie ich auch immer sein wollte. Mein Blog heißt nur deshalb »The Unmumsy Mum«, weil ich mich bei seiner Gründung genau so gefühlt habe: »unmütterlich«, so als würde ich das Muttersein bloß spielen und gar nicht wirklich zu diesem Verein gehören. Als ich mir damals einfach alles von der Seele schrieb und anschließend die Kommentare anderer Eltern las, die besagten, dass es ihnen ganz genauso geht, war mir das eine große Hilfe und hat mich dazu inspiriert weiterzumachen (mit dem Schreiben und mit dem Muttersein, schließlich habe ich noch ein zweites Kind bekommen!).

Dieses Buch ist all jenen Eltern gewidmet, die mir damals geschrieben haben, aber nicht nur ihnen. Es richtet sich an Eltern überall auf der Welt, an Mütter und Väter1, Stiefmütter und Stiefväter, Pflegemütter und Pflegeväter, Omas und Opas, einfach an jeden, der kleine Menschen großzieht.

Ich muss allerdings betonen, dass dies hier kein Erziehungsratgeber ist. Wenn Sie von mir Tipps erwarten, wie Sie Ihr Baby pünktlich vor dem Fernsehkrimi zum Einschlafen bringen oder wie sie es am besten abstillen, sollten Sie dieses Buch lieber gegen eines von der Sorte »Wie Sie liebevoll auf die Bedürfnisse Ihres Kindes eingehen und dabei klare Grenzen setzen« eintauschen.

Dieses Buch gibt keine Erziehungstipps und schreibt auch nicht vor, was man sich kaufen oder wie man sich fühlen soll. Aber ich hoffe, dass es Ihnen trotzdem weiterhilft – weil Sie ihm entnehmen können, dass es jede Menge Leute gibt, denen es genauso geht, egal, wie Sie sich gerade fühlen.

So, Sie halten ihn also in Händen, meinen ungeschönten Bericht darüber, wie es ist, innerhalb von drei Jahren zwei Kinder zu kriegen. Über die Theorie und die Praxis. Über emotionale Höhepunkte ebenso wie über Momente, in denen ich einen Kackhaufen aus der Badewanne fischen musste. Damit lege ich den brutal-aufrichtigen Bericht vor, den ich mir damals gewünscht hätte, als ich mich um drei Uhr morgens verzweifelt in Baby-Foren tummelte. Ich muss mich schwer zusammenreißen, nicht das Wort »Erfahrungsbericht« zu verwenden, denn ich hasse es, wenn Leute mit ihren verdammten spirituellen oder Sonst-was-Erfahrungen angeben. Auch wenn dieses Buch natürlich nichts anderes als ein Erfahrungsbericht ist.

Trotzdem viel Spaß damit!

»Wenn ich heute daran zurückdenke, wie ich mir das Leben als Mutter und Hausfrau so vorgestellt habe (nämlich genau wie in den Fünfzigern: Ich habe Lockenwickler im Haar, während um mich herum rotwangige Kinder spielen und ich in aller Ruhe mit meiner Freundin Kaffee trinke und selbst gebackene Muffins esse), muss ich laut lachen, während ich mir Rotze von den Leggins wische.«

Lara

1 Väter sind wirklich herzlichst willkommen, auch wenn ich an dieser Stelle vielleicht vorwarnen sollte, dass ich auch über verstopfte Milchdrüsen und strapazierte Vaginen schreiben werde.

»Das nächtliche Stillen ist schon sehr speziell, und mit ›speziell‹ meine ich ziemlich scheiße.«

Nur wir zwei

Machen wir eine kleine Zeitreise zurück ins Jahr 2009, als ich noch nicht Mutter war. Denn daran lässt sich gut zeigen, wie unser Leben aussah, bevor wir Kinder hatten. Es war das Jahr, in dem wir unsere erste Wohnung kauften und beide endlich einen guten, »erwachsenen« Job hatten: James war in den Staatsdienst übernommen worden, und ich war gerade in einem Asset-Finance-Unternehmen zur Kundenberaterin aufgestiegen. Das bedeutete, dass ich ständig zu irgendwelchen Farmen in Devon fuhr und Landwirtschaftsmaschinen finanzierte – ich fand es toll.

Wir arbeiteten bis zum Anschlag und feierten auch bis zum Anschlag. Manchmal kamen wir erst nachts um zwei nach Hause und stanken nach Wodka und Döner. Aber im Nachhinein hätten wir noch viel mehr arbeiten und feiern sollen. (Irgendwie trauere ich den Raves auf Ibiza, auf denen ich nie gewesen bin, doch hinterher. Nicht, dass ich je den Drang verspürt habe, mich auf einer Schaumparty in Trance zu tanzen, aber damals hätte ich es jederzeit tun können, wenn ich nur gewollt hätte.) Ich wusste unsere Freiheit damals einfach nicht richtig zu schätzen.

Nach einer harten Arbeitswoche verbrachten wir das Wochenende am liebsten mit Pizza vom Lieferservice und jeder Menge Wein und Bier oder aber damit, auf dem Sofa herumzuliegen, Tee zu trinken und Kekse zu essen, während im Hintergrund der Fernseher lief. Ab und an unternahmen wir auch einen Strandspaziergang oder einen Ausflug. Unsere einzigen Pflichten bestanden darin, das Auto zu saugen (was wir in aller Ruhe tun konnten, während wir Radio hörten), einzukaufen (und zwar worauf wir Lust hatten und wann wir Lust hatten) und aufzuräumen (was gerade mal eine halbe Stunde in Anspruch nahm, da wir nur unsere Arbeitsklamotten bereitlegen oder ein ohnehin schon ziemlich aufgeräumtes Wohnzimmer in Ordnung bringen mussten).

Das Leben war schön, und wir waren glücklich. Wir hatten es geschafft!

Ein Jahr später heirateten wir und gaben uns der gefährlichen Freizeitbeschäftigung hin, nach einer besseren Wohnung Ausschau zu halten. Bestimmt lag es auch an der Aussicht auf ein zusätzliches Zimmer, eine Garage und nette Nachbarn, dass wir erstmals das Kinderthema anschnitten. In dieser Lebensphase war das einfach der nächste logische Schritt. Ein Haustier hatten wir uns schon angeschafft – Floyd, unsere Katze, behandelten wir im Grunde ohnehin wie ein kleines Kind.

Ich kann mich nicht mehr an den genauen Wortlaut des Gesprächs erinnern, bei dem wir beschlossen, ein Baby zu bekommen. Aber ich weiß noch, dass wir uns darauf einigten, dass ich die Pille absetzen würde – so nach dem Motto: Mal schauen, was dann passiert. Das hört sich lässiger an, als es ist, denn Fakt ist: Wenn man damit aufhört, ein Kind aktiv zu verhindern, versucht man aktiv, eines zu bekommen.

Ich weiß auch nicht, wieso wir es so eilig hatten. An meiner biologischen Uhr lag es eindeutig nicht, denn ich war erst dreiundzwanzig Jahre alt. Wir hatten noch alle Zeit der Welt, uns fortzupflanzen, aber irgendein Instinkt sagte uns, dass jetzt der richtige Zeitpunkt war. Wir waren zwar erst wenige Monate verheiratet, aber schon seit sieben Jahren zusammen. (Ich war sechzehn, als wir ein Paar wurden, in einem Klub auf einem Industriegelände – ja, genau, es war wie im Märchen.)

Plötzlich sah ich überall nur noch Babys und Schwangere. Obwohl mir meine Arbeit nach wie vor Spaß machte, ebenso der Wein und die ungestörten Freitagabende mit Pizza auf dem Sofa, wünschte ich mir sehnlichst, Mutter zu werden.

Ich ging davon aus, dass es ziemlich bald passieren würde.

Aber dem war nicht so.

Nach zehn Monaten, in denen ich regelmäßig rief: »Ich glaube, ich habe meinen Eisprung, kannst du den Fernseher ausmachen und schnell nach oben kommen?«, waren wir unser Pensum von zweimal Sex am Tag und danach immer brav Kerze machen (das betraf natürlich nur mich) ziemlich leid.

Außerdem mussten wir uns auch noch um andere Dinge kümmern, denn wir hatten gerade unsere alte Wohnung verkauft und ein neues Haus erworben – mit einem Zimmer mehr plus Garage, hurra! Es war eine turbulente Zeit, da wir nur wenige Wochen freihatten, um zu packen, umzuziehen und uns auf einen einwöchigen Urlaub auf Kos vorzubereiten. Den hatte ich bereits gebucht, als wir noch nicht wussten, dass wir in diesem Monat umziehen würden. Mitten in diesem Chaos standen wir kurz davor, zum Flughafen Cardiff aufzubrechen. Ich ließ mir ein Bad ein (um mich um das dringend nötige Vor-Urlaubs-Enthaaren zu kümmern), und während ich im Schlafzimmer noch ein paar Dinge zusammenpackte und darauf wartete, dass die Wanne voll wurde, hatte ich plötzlich das sichere Gefühl, meine Tage zu bekommen: schmerzende Beine, leichte Bauchkrämpfe. Insofern war es nur vernünftig, dass ich auch eine Schachtel Tampons in die Tasche warf. (Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie Dinge über mich wissen, die Sie nie erfahren wollten, wie zum Beispiel, dass meine Periode früher immer sehr unregelmäßig kam – was eine Schwangerschaft durchaus erschweren kann.)

Ich weiß nicht mehr, ob dieses Gefühl doch etwas anders war als sonst oder ob ich nur sichergehen wollte, dass ich im Urlaub literweise Ouzo trinken durfte. Aber irgendwas brachte mich dazu, einen Schwangerschaftstest aus der Schublade zu ziehen und draufzupinkeln. »Ich glaub, ich krieg meine Tage, aber ich mach nur schnell einen Test, damit ich auf jeden Fall Alkohol trinken kann«, rief ich James zu.

James kam zu mir nach oben. Ich war inzwischen splitternackt (ich wollte schließlich ein Bad nehmen) und beugte mich über den Teststreifen. »Und, was sagt er?«, fragte er.

»Er zeigt zwei Striche an. Ein Plus. Er zeigt an, dass ich schwangerbin, verdammt!«

»Verdammt!«, echote er. »Bist du dir sicher? Mach noch einen!«

»Das geht nicht. Ich kann nicht mehr pinkeln.«

Ich ging in die Badewanne und versuchte, die frohe Botschaft zu verarbeiten, während James mir einen Riesenkrug mit Wasser holte, damit ich bald wieder pinkeln konnte. Ich machte zwei weitere Tests.

Ein Test kann versagen.

Zwei Tests garantieren immer noch keine absolute Sicherheit.

Aber drei Tests … na ja, nach drei Tests wusste ich klipp und klar, dass ich in anderen Umständen war.

Himmelherrgott, da war tatsächlich ein Baby in meinem Bauch!

Und wir waren drauf und dran, es nach Kos zu entführen, in eines der schlimmsten Hotels aller Zeiten, wie sich herausstellen sollte, mit einem beschissenen »Strand« und noch beschissenerem Essen. Wenn man dann noch weiß, dass wir uns gegen eine Villa in der Toskana entschieden hatten, bekommt man eine ungefähre Vorstellung davon, wie scheiße unser letzter gemeinsamer Urlaub als Paar war.

Das einzig Positive an diesem Scheißurlaub (Hab ich eigentlich schon erwähnt, wie scheiße er war? Ich muss es einfach immer wieder anmerken, denn es war James, der sich gegen die Toskana ausgesprochen hatte: aus Kostengründen.) war, dass wir ein Kind erwarteten. Wir würden Eltern werden und strahlten bis über beide Ohren.

Laut der Schwangerschafts-App von BabyCenter, die wir uns auf dem Weg zum Flughafen runterluden, war ich bereits in der siebten Schwangerschaftswoche. Das Ausbleiben meiner Periode hatte mich nicht groß alarmiert, weil das bei mir öfter vorkam. Ich hatte auch sonst keinerlei Symptome gehabt und deshalb Pinot Grigio getrunken und in den ersten sieben Lebenswochen unseres Fötus keine Folsäure eingenommen – etwas, das ich sofort wiedergutmachen wollte, sobald wir wieder auf britischem Boden sein würden und ich im Drogeriemarkt sämtliche Nahrungsergänzungsmittel für werdende Mütter aufkaufen konnte.

Und da saßen wir also in unserem Touristengetto in der Sonne, überlegten uns Babynamen und Schlafreime und ermahnten uns gegenseitig, uns nicht zu sehr in die Sache reinzusteigern, bis wir wussten, dass tatsächlich alles in Ordnung war. Gleichzeitig steigerten wir uns natürlich total rein. Der Moment, wenn man zum ersten Mal erfährt, dass man schwanger ist, ist wirklich überwältigend! Es war auch beängstigend und herausfordernd, aber vor allem überwältigend.

Ich werde für immer das Bild in meiner Erinnerung bewahren, wie wir gebräunt und aufgeregt vom Flughafen Cardiff nach Hause zurückfuhren, Fertigsandwiches und Gummibärchen von der Tanke in uns reinstopften und wahnsinnig stolz auf unseren Zellklumpen waren. Wir wussten, dass uns etwas bevorstand, das unser ganzes Leben auf den Kopf stellen würde.

Dabei hatten wir nicht die geringste Ahnung, was uns blühte.

Und, strahle ich schon?

Wie Sie wissen, schreibe ich das hier als stolze (wenn auch leicht überforderte) Mutter von zwei Kindern. Ich habe also achtzehn Monate meines Lebens damit verbracht, kleine Menschen auszubrüten. (Wenn man beide Schwangerschaften zusammenrechnet, natürlich! Ich bin nicht 640 Tage lang trächtig gewesen wie ein Afrikanischer Elefant, denn das hätte ich niemals durchgestanden! Man denke nur an diesen unglaublichen Druck auf den Beckenboden und ein 640 Tage währendes Alkoholverbot!) Achtzehn Monate, das sind aktuell immerhin fünf Prozent meines Lebens. Aber wenn mich die Leute fragen, wie es mir während der Schwangerschaften so ergangen ist, gibt es nur eine Antwort: »Ziemlich mies.«

Dabei habe ich wirklich versucht, diesen Zustand zu genießen. Ich fühlte mich fast dazu gezwungen, schließlich heißt es, eine Schwangerschaft sei ein Geschenk. Es gibt jede Menge Paare, die unfruchtbar sind oder ein Kind verloren haben. Mir ist also durchaus bewusst, dass wir uns glücklich schätzen können, zwei gesunde Kinder zu haben.

Und es gab Momente, die habe ich genossen: Die ganze Aufregung um den ersten Nachwuchs. Die ersten Tritte meines Babys zu spüren und seinen Herzschlag zu hören. Die Namensdiskussionen (zumindest, bis wir den Fehler begingen, Freunden und Verwandten eine Vorauswahl zu präsentieren). Unsere Teilnahme am Geburtsvorbereitungskurs, wo wir uns redlich bemühten, uns wie Erwachsene zu benehmen, aber kläglich scheiterten, als uns anhand einer Puppe gezeigt wurde, wie das Baby durch den Geburtskanal wandert. Den Kauf von Babyklamotten und das Einrichten des Kinderzimmers.

Ich bewunderte die Fähigkeit meines Körpers, einen Menschen hervorzubringen – auch noch beim zweiten Mal. Aber jeden einzelnenMoment meiner Schwangerschaft zu genießen, das gelang mir leider nicht.

Ich war es bald leid, nach dem Frühstück über der Kloschüssel zu hängen und mir beim Treppensteigen oder Umdrehen im Bett in die Hose zu pinkeln, weil meine Blase bloß noch die Größe einer Erbse hatte. Die letzten sechs Wochen meiner zweiten Schwangerschaft schlief ich, von zahlreichen Kissen gestützt, auf dem Sofa. Genauer gesagt konnte ich nicht schlafen, weil ich keine Position mehr fand, in der ich bequem liegen konnte, also sah ich mir unzählige Wiederholungen von »Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI« an. Neben der Schwangerschaftsinkontinenz und üblem Sodbrennen gingen mir auch die ewig gleichen Sprüche und Mythen rund ums Kinderkriegen auf den Geist:

»Diese ständige Übelkeit spricht eindeutig dafür, dass es ein Mädchen wird.« Logisch!

»Das erste Kind kommt niemals pünktlich!« Es kam pünktlich.

»Wenn dein erstes Kind pünktlich war, wird das zweite eine Frühgeburt.« Es kam sieben Tage zu spät.

»An deinem Bauch sieht man eindeutig, dass du ein Riesenbaby bekommen wirst!« Henry wog bei seiner Geburt 3400 Gramm.

Aber das Enttäuschendste war, dass ich nicht strahlte.

Ich strahlte kein bisschen.

Aber was nicht war, konnte ja noch werden, oder? An die Legende von diesem ganz besonderen Strahlen, diesem inneren Leuchten einer Schwangeren, glaubte ich steif und fest – ich war schon ganz aufgeregt deswegen! Schließlich hatte ich gerade das von Übelkeit und einem Mondgesicht geprägte erste Trimester hinter mich gebracht und befand mich auf der Zielgeraden ins gelobte Land des glänzenden Haars, des rosigen Teints und des strammen Kugelbauchs, den man in einem süßen Schwangerschaftskleid vorführen kann. »Und, strahle ich schon?«, wurde zu einem geflügelten Wort.

Aber das verdammte Strahlen überging mich.

Stattdessen kotzte und schwitzte ich und war ständig müde. Meine Haut war aschfahl und neigte zu Pickeln. Der »stramme Kugelbauch«, den ich mit einem engen T-Shirt-Kleid hatte betonen wollen, glich eher einem Riesenrettungsring um meine Taille und breitete sich sogar in höchst unerwartete Bereiche wie meine Arme und mein Kinn aus. Doch meine absurde Schwangerschaftsfigur – ich nahm bei jedem Kind fast zwanzig Kilo zu – hatte auch ihre Vorteile: Zu wissen, dass ein weiteres Stück Karottenkuchen das Kraut nun auch nicht mehr fett macht, hat durchaus etwas Befreiendes.

Mit dem Strahlen klappte es also nicht. Wobei ich durchaus der einen oder anderen strahlenden Schwangeren im niedlichen, den Bauch betonenden Kleidchen begegnet bin, es ist also theoretisch möglich. Mir war es in den fünf schwangeren Prozent meines Lebens jedoch nicht vergönnt. (Ich bin wirklich kein bisschen verbittert deswegen.)

Dafür haben sich zwei echt schräge Schwangerschaftsmythen bestätigt, die ich als Ammenmärchen abtun würde, wenn ich sie nicht am eigenen Leib erfahren hätte.

Erstens: der Nestbautrieb.

Vorsicht, dieser Begriff ist irreführend: Die meisten dürften dabei ans Entrümpeln, Einrichten und Aufräumen denken. Bei mir ging es deutlich weniger ums Entrümpeln als ums Desinfizieren. Darum, das Haus von jedem Staub- oder Schmutzpartikel, von jedem unguten Geruch zu befreien, sprich, den Mief mit Putzmittel und Fensterreiniger zu übertünchen.

Ich konnte gar nicht genug Putzmittel kaufen. Sie rochen so gut! Die Cillit-BANG-Werbung mit dem Slogan »BANG, und der Schmutz ist weg!« bekam irgendwann schon fast etwas Erregendes.

Auf dem Höhepunkt meines Putzfimmels (der in der zweiten Schwangerschaft noch schlimmer war), schrubbte ich meine Küchenarbeitsfläche dreimal täglich, und das war noch harmlos! Fußleisten wurden poliert, Schränke desinfiziert, der Kühlschrank wurde vorgezogen, um dahinter sauber zu machen, Türen wurden gewienert und Wände gesäubert. Einmal habe ich sogar die Außenwände unter den Fenstern mit Flash Power Spray bearbeitet. Dann instruierte ich meinen Schwiegervater, der gerade auf der Leiter stand und die Regenrinne säuberte, dasselbe im ersten Stock zu wiederholen. Außerdem bat ich James zum zweiten Mal in der gleichen Woche, den TV-Schrank wegzurücken, weil ich es nicht geschafft hatte, beim ersten Mal allen Staub dahinter zu entfernen. Ich konnte mich erst entspannen, als auch das letzte Staubkorn verschwunden war.

Niemand wagte es, mir zu widersprechen, denn ich war im achten Monat schwanger und hatte diesen irren Blick drauf, der befürchten ließ, ich würde sonst selbst auf die Leiter steigen oder den schweren Fernseher verrücken. Nicht ganz zu Unrecht. So komisch das auch klingen mag – in dieser Zeit war ich der reinste Albtraum. Einmal hielt ich unseren Freitagabendfilm an, um die Sofakissen abzuziehen und sofort die Bezüge in die Waschmaschine zu stecken. Man kann schließlich kein neues Leben in ein Haus mit ungewaschenen Kissenbezügen bringen. Ein anderes Mal hatte James übrig gebliebene Lasagne in meinen frisch geputzten Kühlschrank gestellt, und etwas Soße war übergelaufen. Dieser Vorfall heißt bei uns nur »die Lasagne-Katastrophe«, weil ich damals eine geschlagene halbe Stunde heulte, bis James endlich den Neutralreiniger zückte.

Heute verstehe ich natürlich, wie irre es war, wegen ein bisschen Tomatensoße in Tränen auszubrechen. Es war einfach nur lächerlich, aber damals fand ich es vollkommen logisch. So einen instinktiven Drang wie damals bei meinem hormongesteuerten Putzfimmel habe ich ehrlich gesagt nie wieder gespürt: Ich musste das Nest sauber machen!

Erst mehrere Wochen nach der Geburt konnte ich im Supermarkt wieder unbefangen durch den Gang mit den Putzmitteln laufen, ohne zwanghaft an den herrlich frisch riechenden Zitrusreinigern schnuppern zu müssen.

Zweitens: Schwangerschaftsgelüste.

Nicht so sehr bei Henry – nach McChicken-Classic-Menüs bin ich bereits seit mehr als neunundzwanzig Jahren süchtig –, aber dafür ganz extrem gegen Ende meiner zweiten Schwangerschaft. Damals entwickelte ich einen echten Heißhunger auf Eis. Nicht auf Eiskrem oder so, sondern auf Eiswürfel. Ich stopfte sie mir direkt aus dem Eiswürfelbehälter in den Mund und zerknackte sie wie M&Ms. Für jeden Eiswürfelbehälter, den ich leerte, fror ich sofort einen neuen ein. Keine frischen Eiswürfel dazuhaben wäre eine echte Katastrophe für mich gewesen. Angeblich soll Heißhunger auf Eiswürfel etwas mit Eisenmangel zu tun haben und bei Schwangeren häufiger vorkommen. Was auch immer mich dazu gebracht hat, bis zu fünfzig Eiswürfel am Tag zu zermalmen – heute bekomme ich allein beim Gedanken daran schon Zahnschmerzen!

So gesehen waren meine Schwangerschaften echt interessant.

(Und ein Geschenk.)

(Und auch etwas scheiße.)

»Als ich schwanger war, ging ich zum ersten Mal zu Toys’R’Us. Als eine Familie den Laden verließ, wurde ich Zeuge des folgenden Gesprächs:

›Ich will einen Minion!‹

›Du bekommst keinen Minion.‹

›Ich will aber einen Minion! Buhuuu!‹

›Du wusstest nicht mal, was ein verdammter Minion ist, bevor wir hier rein sind!‹

Das werde ich nie vergessen.«

Marie

Ich presse doch!

Die Geburt eines Kindes ist etwas Faszinierendes. Obwohl ich diesbezüglich leicht traumatisiert war, seit ich vor sechzehn Jahren in der Kultserie »Coronation Street« miterlebt hatte, wie Sarah-Lou ein Baby gebar, wurde ich zu einem Riesenfan der Kreißsaal-Doku-Serie »One Born Every Minute« und freute mich riesig darauf, bald von der Geburt meines eigenen Kindes berichten zu können. (Aber natürlich auch darauf, mich endlich von meinem Putzfimmel, der Morgenübelkeit und dem Eiswürfelknabbern verabschieden zu dürfen.)