21 Shades of Shame - Monika Fischer - E-Book

21 Shades of Shame E-Book

Monika Fischer

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  • Herausgeber: neobooks
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

"21 Shades of Shame" Geschichten, die das Leben schreibt! Da sind wir nun angekommen, im 21. Jahrhundert. Brüste, nackt oder in enger Verpackung. Posierende Popos in allen Variationen. Starke Kerle mit Sixpacks und geölt. Kurz, alles was das Auge begehrt. Aber so wie jede Münze eine Kehrseite hat, so auch das 21. Jahrhundert, mit all den schönen Werbeplakaten und medialen Versprechungen. "21 Shades of Shame" geht tiefer, schaut hinter die Fassaden der Menschen, im Alter von zwanzig bis siebzig Jahren. Ihre Sexualität, die Hintergründe und warum sie im Geheimen bleiben wollen, oft auch müssen. Authentisch, berührend und nachdenklich stimmend, es könnte auch deine Geschichte sein. Es ist höchste Zeit, darüber zu sprechen, nur so können wir uns und unsere Beziehungen heilen. Nichts ist "falsch", denn alles hat seine Gründe und Hintergründe.

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Ähnliche


Monika Fischer

21 Shades of Shame

Sexualität im 21. Jahrhundert

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Einleitung

1 Virtuelles An- und Ausziehen, Marc mag es weich

2 «Dom-Training»? … voll daneben

3 Dana, 20 Jahre, trübe Aussichten auf weitere 60 Jahre Sex

4 Was haben Männer 40plus und Pannenstreifen gemeinsam?

5 Mama hats erwischt ...

6 Blümchensex und Schuhfetischismus

7 Ich bin hässlich! Caro und ihr Körper

8 Männerfalle Mira

9 Diego, Sex und Gott

10 Gnadenlos, ohne Codewort und kostenlos

12 Mara und der Gamer

13 Die ahnungslosen Männer. Zwei «handgemachte» Geschichten

14 Chris, 49, der «ganz normale» Egotripper

15 Einmal Uschi in der Mittagspause

16 Die vertrockneten 68er

17 Unterwerfung, Tina, 48 Jahre

18 Die Viagra-Schlappe

19 Pits Schocktherapie, aus 50 wird 70

20 Last but not least: «Die notgeilen Hausfrauen»

21 Spieglein, Spieglein an der Wand …

Impressum neobooks

Vorwort

Monika Fischer

21 Shades of Shame

Sexualität im 21. Jahrhundert

Ziel meines Buches «21 Shades of Shame» ist es, die Menschen aufzurütteln, sie zu ermutigen, in den Spiegel zu schauen und sich vielleicht auch zu verändern, denn Veränderung ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Lassen wir sie zu, dann stehen uns immer wieder neue Möglichkeiten zur Verfügung. Sinnlichkeit sowie Sexualität werden zur Quelle der Freude und Energie. In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir einige der unvergänglichen Werte wie Achtung, Verantwortung, Zuverlässigkeit, Aufmerksamkeit und Liebe wieder in unseren Alltag und unsere Beziehungen einfliessen lassen. Sie sind der Garant für Harmonie, und der Nährboden für eine langanhaltende wie auch erfüllende Liebesbeziehung.

Wie kaum jemals zuvor sehen wir uns zunehmend mit einer Übersexualisierung in allen Bereichen und auf allen Ebenen des täglichen Lebens konfrontiert. Dabei betrifft es schon lange nicht mehr nur erwachsene Menschen, sondern auch unsere Jugendlichen sind davon betroffen. Sie werden via Mobile und Tablet mit Porno- und Erotikwerbung bombardiert. Zwölfjährige Jungen und Mädchen, die sich auf ihrem Smartphone sexuelle Inhalte anschauen, sind keine Ausnahmen mehr und viele Eltern sind sich dessen wahrscheinlich überhaupt nicht bewusst. Sex begegnet uns in der Werbung, auf Plakaten und in den Medien, aber über die eigene Sexualität zu sprechen, fällt den meisten Menschen schwer. Weder Kinder noch Eltern scheinen sich der Konsequenzen des Schweigens bewusst zu sein. Eine Desensibilisierung gegenüber unseren Gefühlen und Emotionen sind die Folge. Jugendliche, die Sex nach Pornovorlage ausleben, und Erwachsene, die sich eben mal auf ein Abenteuer mit einem Fremden treffen, gehört mittlerweile für viele zum normalen Verhalten.

«Sex sells» so das Motto, denn Sex verkauft sich gut, somit werden immer jüngere und damit zukünftige Klienten generiert. Als diplomierte Hypnotherapeutin HS und Coach für Kommunikation und Sozialkompetenz, sehe ich in meiner Praxis die Folgen des zumeist sorglosen Verhaltens in allen Altersgruppen. Was die Jüngeren noch nicht wissen, wird mir durch die ältere Generation bestätigt. Nach spätestens 30 Jahren unbefriedigendem, herabwürdigendem oder missbräuchlichem Sex fühlen sich sehr viele Frauen ausgelaugt. Sie haben mit Sex, nach eigenen Aussagen, nichts mehr am Hut. Ihre sexuelle und sinnliche Lust, ist im wahrsten Sinne des Wortes, ausgetrocknet. Aber nicht nur den Frauen vergeht die Lust auf Sex. Viele Männer dieser Generationen leiden unter Leistungsdruck, ob beruflich oder auch Bett. Bei «Versagen» sinkt das Selbstvertrauen und zumindest für den Sex scheint Viagra oft die schnellste und einfachste Lösung zu sein.

Sinnlichkeit, Zweisamkeit und die Liebe bleiben dabei auf der Strecke.

Wir alle haben unsere Geschichten, unsere Ängste und Tabus, da sollte die Sexualität nicht ausgeschlossen werden. Als erstes jedoch müssen wir bereit sein, darüber zu sprechen. Nichts ist «falsch» oder «eine Schande», es sei denn, wir bezeichnen es entsprechend.

Wenn wir uns wieder auf einer Ebene des Herzens begegnen wollen, müssen wir Vertrauen schöpfen und die Dinge so betrachten, wie sie sind und wie sie erlebt wurden. Es ist nie zu spät, aber wir müssen irgendwann in unserem Leben den ersten Schritt tun.

Manchmal ist es auch hilfreich, sich Unterstützung bei einem anderen, vertrauten Menschen oder einem Therapeuten zu holen.

Sex ist Kopfsache, sagen viele, Frust jedoch ist pure Emotion. Alte Verhaltensmuster, Angst, Scham und Schande kann man zwar verstehen, die Praxis zeigt jedoch, dass Wissen alleine die Situation nicht ändert. Emotionen sind der Schlüssel, denn wir alle werden als emotionale Wesen geboren. Erst mit den Jahren beginnen wir mit dem Kopf und damit im System zu leben. Die emotionalen Verletzungen, die diese «Umstellungen» oft mit sich bringen, sind tief. Wir stecken sie weit weg, wollen sie vergessen und begraben, werden von Jahr zu Jahr härter und denken, damit sei es erledigt. Dem ist nicht so. Die meisten Menschen wissen im Grunde wo ihr Problem liegt, nur mit der Lösung stehen sie vor der Wand.

Diese eine Überlegung sollte uns zeigen, dass wir zwar im Kopf verstehen können, die emotionalen Probleme jedoch brauchen mehr als nur Verständnis. Loslassen und heilen der alten, emotionalen Muster durch die ebf-Methode (emotional body feedback) und ähnlichen Therapien, sind dabei sehr hilfreich und effizient. Je entspannter wir uns fühlen, umso genussvoller erleben wir unsere natürliche Sinnlichkeit und Sexualität.

Monika Fischer

PS: Ich habe die Anrede «du» für dieses Buch gewählt, weil es doch sehr persönliche Geschichten sind und die «Duform» besser passt.

Einleitung

Ja, da sind wir nun angekommen, im 21. Jahrhundert. Brüste, nackt oder in enger Verpackung. Posierende Popos in allen Variationen. Starke Kerle mit Sixpacks und geölt, kurz, alles was das Auge begehrt. Doch jede Münze hat auch eine Kehrseite, so auch das 21. Jahrhundert mit all den vielversprechenden und verführerischen Werbeplakaten. Ich bin eine geborene Geschichtenerzählerin und sammle Geschichten, die das Leben schreibt. Da ich meine Gabe, gut zuzuhören, nicht zu urteilen oder zu verurteilen und das Verknüpfen von Ereignissen, zu meinem Beruf gemacht habe, sitze ich sozusagen an der Quelle.

In meiner beruflichen Tätigkeit als Hypnotherapeutin und Coach erfahre ich in meiner Praxis nicht nur viel, sondern ich sehe auch die Abgründe und die falschen Hoffnungen, die uns dahin locken. Dazu gehört natürlich Sex – Sex in allen Formen und Variationen und damit einher geht, das grösste Potenzial für «shame» (engl. Schande). Dabei sind Tabus natürlich ein geniales Instrument für Manipulationen aller Art. Worüber man nicht sprechen kann, das bleibt geheim.

Die Angst, sich in ein schlechtes Licht zu rücken, verraten oder verleumdet zu werden, trägt zum Schweigen bei. Auch für den Abhör- und Geheimdienst sind solche Geschichten ein gefundenes Fressen. Dies zeigte die Affäre des damaligen amerikanischen Präsidenten Clinton mit der Praktikantin Monika Lewinsky deutlich. Die «Schande» wurde öffentlich diskutiert und dokumentiert. Der Präsident musste sich vor laufenden Kameras bei seiner Frau entschuldigen. Die Fernsehsender freuten sich über hohe Einschaltquoten, denn sex and shame sells (engl. Sex und Schande verkauft sich gut).

Auch wenn die Menschen, deren Geschichten ich in «21 Shades of Shame» erzähle, nicht Präsidenten oder Praktikantinnen sind, so ergeht es vielen sehr ähnlich. Die Angst und die vermeintliche Schande ist meist auch in ihrem Leben ein starker Hinderungsgrund sich zu «outen» (engl. ein Mensch offenbart seine vermeintliche Schande gegenüber der Gesellschaft, um sich aus seinem Gedankengefängnis zu befreien).

Habe ich deine Neugier geweckt? Dann werde ich mich mit dir zusammen zu meinen aussergewöhnlichen und doch alltäglichen Geschichten aufmachen. Sie sind real, lediglich die Namen und Orte sind frei erfunden, um die Personen, welche mir ihre Erfahrungen anvertraut haben, zu schützen.

Vielleicht hilft dir die eine oder andere Geschichte, um eigene Irrwege und falschen Hoffnungen zu erkennen. Darüber zu sprechen oder vielleicht auch Hilfe zu suchen. Das Leben ist eine Kette von Ereignissen und jedem Ereignis liegt eine Ursache zugrunde. Die Ursache werde ich jeweils am Ende der Geschichte noch etwas ausleuchten und die Dinge beim Namen nennen. Ich werde manchmal auch etwas tiefer Graben, dafür wird die Geschichte umso intensiver, spannender und informativer.

Bist du bereit? Dann komm mit mir, auf die Reise ins 21. Jahrhundert und teile mit mir die «21 Shades of Shame».

… Ein Dutzend Frauen später traf Marc eine für ihn besondere Frau. Sie war etwas älter als er und nicht so schnell bereit, sich von ihm abschleppen zu lassen. Das reizte Marc. Sie weckte den Jäger in ihm und traf damit voll ins Schwarze.

1 Virtuelles An- und Ausziehen, Marc mag es weich

Ich öffne meine E-Mail. Dick, fett und in Grossbuchstaben steht da: «GEILE HAUSFRAUEN warten in deiner Nähe auf dich!» Yeah, sag ich mir und frage mich, welche von meinen Nachbarinnen wohl gemeint ist? Ich auch!? Auf keinen Fall, auch wenn ich im Moment Single bin. Wer immer sich die Werbung so viel kosten lässt, der muss es ja wissen – oder etwa nicht? Und weiter gehts mit den Mails: Clara bedankt sich für die nette Unterhaltung und einige Onlineshops schicken wieder mal ein Update der neuesten «must haves» (engl. muss man haben) ihres Shops. Onlinezeitschriften lassen mich wissen, dass sie wissen, wie das mit dem besseren Orgasmus und Sex geht – und ich frage mich erneut: «Sind wirklich so viele geile Frauen unterwegs? Oder ist das wieder so eine Werbefalle, auf welche vorzugsweise Männer immer wieder herein fallen, und sich erwartungsvoll, vor allem kopflos, hineinstürzen?» Ich hänge noch meinen Gedanken nach, als ein Chatfenster auf meinem Bildschirm aufgeht. Marc fragt mich, wie es mir heute Morgen geht:

Marc: Na wie gehts dir heute Morgen, schon Kaffee gehabt?

Ich: Ja, alles so weit gut und meine Mail bereits gelesen.

Marc: Was machst du heute Abend, schon was vor?

Ich: Nicht direkt, aber ich denke, ich werde mal früher ins Bett gehen.

Marc: Alleine?

Ich: Ja, warum?

Marc: Dachte mir, wir könnten uns treffen… magst du weiche Sachen?

Ich: Was für weiche Sachen meinst du?

Marc: Na, weiche Kleider, Pullis und so.

Ich: Ja – schon, aber warum interessiert dich das?

Marc: Nun, wir könnten doch «Anziehen» spielen – magst du lange Mäntel, schwarz und tailliert?

Ich: Ja – mag ich, aber wie stellst du dir das «Anziehen» vor?

Marc: Wir können das «virtuell» machen, so wie jetzt und dann vielleicht ...

Ich: Aha – und was «vielleicht»?

Marc: Na ja, da gibt es auch noch ganz weiche Unterwäsche – magst du rote Unterwäsche? Vielleicht mit schwarzen Spitzen?

Ich: Ja, mag ich, aber irgendwie ist das schräg, ein Mann, der mit mir online An- und Ausziehen spielen will? Was hast du davon?

Marc: Ich mag es einfach, mit Frauen so zu kommunizieren, und wenn sie das auch mag, dann können wir ja noch ein wenig über sonstige weiche Sachen sprechen.

Ich: Nö – ich steh nicht eigentlich darauf, aber ich hab eine Frage …

Marc: Ja?

Ich: Ich hab eben gelesen, dass es anscheinend extrem viele sogenannt geile Hausfrauen geben muss – was hältst du davon? Stimmt das so und kannst du das bestätigen?

Marc: Also, ich treffe solche Frauen ganz selten persönlich. Online scheint es jedoch überraschend viele Frauen zu geben, mit denen man über Sex und so sprechen kann – so wie mit dir.

Ich: Ja, kann man, aber ich wundere mich und glaube das nicht wirklich. Das sind ja oft nur Schnellschüsse, und davon hat Frau meistens nicht viel.

Marc: Schnellschüsse?

Ich: Ja, Männer, die nach einem ONS (Abk. One-Night-Stand, engl. nur für einmal Sex mit der gleichen Person) oder Online-Geilmacher-Chats suchen, und Frauen die denken, es könnte mehr geben, wenn der Typ passt. Männer, die denken, dass jede Frau nur auf Sex aus ist und «undersexed» (engl. sexuell ausgehungert), wenn sie die Vierzig überschritten hat. Schnellschüsse, schnelle Nummern, denn entweder sind die Männer zu jung und unerfahren oder die Frauen halten hin und sind danach enttäuscht.

Marc: Kann sein – wie siehst du das jetzt mit dem Anziehen und weichen Sachen? Heute Abend, online?

Ich: Mal sehen, wenn ich online bin und es gerade passt – vielleicht ...

Marc: Ok, dann mal bis zum nächsten Mal – Kiss.

Ich: Danke, ja, und einen schönen Tag noch.

Marc: Dir auch.

Ich lese den Chat nochmal durch und frag mich, was nur aus uns geworden ist? Da fragt mich ein erwachsener 48-jähriger Mann, ob ich mit ihm online «Anziehen und Ausziehen» spiele und ob ich weiche Sachen liebe. Was für eine Geschichte steckt wohl hinter Marc? Und was ist mit den «immer geilen Hausfrauen»? Sind die auch hier online oder gibt es die nur bei den Webseiten, welche die geilen Frauen als sogenannte «Mitglieder» angeben, diese aber in Wirklichkeit gar nicht existieren? Willkommen im Zeitalter der elektronischen, virtuellen Welten. Ich hatte noch einige tiefergehende Chats mit Marc. Es interessierte mich herauszufinden, wie er auf diese Masche kam.

Marc entstammt einer Familie aus dem Mittelstand. Vater mittleres Kader, Mutter Hausfrau und zwei Schwestern, jünger als Marc. Der Vater war oft unterwegs und gemäss seiner Mutter, mindestens zur Hälfte der Zeit mit anderen Frauen beschäftigt. Für Marc war das eigentlich kein Problem, bis seine Schwestern in die Pubertät kamen. Besonders die ältere der beiden schien auf einem Dauertrip zu sein. Immer wenn sie einen Mann sah, ging ihr Blick automatisch zuerst zu dessen Hosenschlitz. Das nervte Marc und er fand es besonders unangenehm, wenn er Freunde mit nach Hause nahm. Dann fielen ihre Blicke richtiggehend auf und Marc wünschte sich öfters, unsichtbar zu sein. Er empfand seine Schwester zu dieser Zeit als reine Plage.

Nach seinem Lehrabschluss suchte sich Marc eine eigene Wohnung. Weg von zu Hause und rein in ein neues Leben, war angesagt. Die erste Wohnung war nicht sehr gross. Marc richtete sie spartanisch ein und ging freitags und samstags tanzen. Am Anfang überraschte es ihn noch, dass offenbar nicht nur seine Schwester diese Marotte hatte. Er spürte, wie verschiedene Frauen nun seinen Hosenladen begutachteten und ihn mit ihren Blicken zu mehr einluden. Mark war Anfang Zwanzig und gutaussehend. Für ihn schienen die Frauen wie im Supermarkt Schlange zu stehen. Er hatte die Wahl, jemanden auszusuchen und mit nach Hause zu nehmen. Ob dabei gebrochene Herzen zurückblieben oder unbefriedigte Frauen, interessierte Marc damals nicht. Seiner Meinung nach, hatten sie sich ja freiwillig angeboten – was war falsch daran, sie wollten «es» ja. Sex, unverbindlich und ohne Verpflichtungen. Wenn die eine nicht passte oder mehr wollte, dann gab es genügend andere Frauen, die warteten.

Ein Dutzend Frauen später traf Marc eine für ihn besondere Frau. Sie war etwas älter als er und nicht so schnell bereit, sich von ihm abschleppen zu lassen. Das reizte Marc. Sie weckte den Jäger in ihm und traf damit voll ins Schwarze. Marc tat alles, um ihr zu gefallen, und merkte erst später, dass er sich selbst dabei fast völlig vergessen hatte. Sie war dominant. Eine ihrer Vorlieben bestand darin, von Marc an- und ausgezogen zu werden. Ihre Anweisungen mussten genauestens befolgt werden, sonst gab es härtere Massnahmen. Lob gab es in Form eines sanften Handschuhs oder eines Seidenschals, den sie ihm bei Gefallen über das Gesicht oder den Körper streichen liess. Die Beziehung dauerte etwas weniger als drei Jahre. In der ganzen Zeit war es Marc nicht erlaubt, Sex mit ihr zu haben. Berühren und befolgen ihrer Anweisungen war seine Aufgabe. Für Marc stimmte es so, es hatte seinen Reiz, sich zurückhalten zu müssen, aber manchmal war die Spannung einfach doch zu hoch. In diesen Fällen durfte er sich selbst erniedrigen und erleichtern und zwar vor ihren Augen und erst wenn sie es gestattete natürlich. Eines Tages eröffnete sie ihm, dass sie jemand anderen gefunden habe und ihre Beziehung mit Marc beendet sei. Einfach so. Marc war am Boden zerstört. Er hatte nie daran gedacht, dass diese Beziehung einmal enden könnte. Natürlich war das naiv. Mark wurde zunehmend depressiv. Er konnte nicht damit umgehen und andere Frauen interessierten ihn nicht.

Als es für ihn zu viel wurde, suchte er Hilfe bei einem Therapeuten. Die Therapie war ein Teilerfolg. Seine Verfassung besserte sich und er begann wieder Interesse an Frauen zu zeigen. Er hatte das eine oder andere Date, aber es kam ganz selten zu Sex. Mark empfand die «normale» Sexualität eher als ein «Muss» und nicht mehr wirklich als einen Genuss. Während dieser Zeit traf er seine zukünftige Frau. Sie stellte nicht viele Fragen und war vom Wesen her angenehm. Sie erhob keine Ansprüche und ihr einziger Wunsch war, eine Familie zu gründen. Marc sah gut aus und hatte einen gut bezahlten Job. Der Familiengründung stand nichts im Weg. Sie heirateten und kurz darauf kamen zwei Kinder zur Welt. Seine Frau ging voll in ihrer Mutterrolle auf und er kam in den Abstellraum, beziehungsweise in den Warteraum. Sex war damit kein Thema mehr und er begann damit, sich sein Vergnügen in der virtuellen Welt zu holen. So kam es auch zu der Begegnung im Chat mit mir, und in der Folge zu dieser Geschichte.

Marc erzählte mir, dass er sich schämt und sich nicht wirklich wohl dabei fühle, so heimlich und anonym. Es stimme für ihn und wiederum auch nicht. Die Erinnerungen an die sanften Berührungen des Stoffs und des Handschuhs scheinen bei ihm einen starken Eindruck hinterlassen zu haben. Online sucht er sich Frauen, die sich virtuell von ihm an- und ausziehen lassen. Er geniesst das heimliche Spiel und hin und wieder gelingt es ihm auch, sich wie damals zu fühlen. Die Worte, die Erinnerungen und der Schreibstil der Frauen reizen ihn manchmal auch körperlich. Das sind die Momente, in denen er sich während des Chats selbst befriedigt. Heimlich, vor dem PC und mit einer Fremden, die ihn dabei ahnungslos unterstützt.​ Der sanfte Handschuh, die weichen Stoffe, die Erinnerungen und das Verlangen sind nicht verschwunden, nur vergraben. Auf die Frage, wie lange er das noch so leben wolle, antwortete Marc: «Ich weiss es nicht, die Kinder sind noch zu Hause, eine Scheidung kommt nicht in Frage, zu teuer. Im Job läuft es gut, ja sogar immer besser … nur meine Sehnsucht kommt manchmal hoch. Wenn meine Frau mit mir schlafen will, dann tue ich das, aber ich fühle nicht viel dabei und wenns schnell geht, bin ich zufrieden. Sie wahrscheinlich auch. Ich verziehe mich danach gedanklich wieder in meine virtuelle Welt. Manchmal treffe ich interessante Frauen und wir spielen ein wenig miteinander, aber den meisten ist das nicht genug und so trennen sich unsere virtuellen Wege. Ich schäme mich wegen der Heimlichtuerei, aber ich kann nicht anders … wenn jemand in der Firma davon erfahren würde, wäre meine nächste Beförderung gestrichen und was meine Frau dazu sagen würde? Keine Ahnung, aber sicherlich nicht das, was ich im Moment wissen möchte. Ich lasse es einfach laufen – vielleicht geschieht ja ein Wunder und es kommt doch noch alles gut.

Trennung oder die Angst vor Trennung ist einer der Hauptgründe für Menschen, in einer Beziehung gefangen zu bleiben. Selbstvorwürfe und Scham tun ihr Eigenes dazu, den Menschen in einem «virtuellen», aber doch sehr realen Gefängnis verharren zu lassen. In dieser Geschichte wird deutlich, wie bestimmte Ereignisse ganz andere Schlüsselreize und sexuelle Spannung auslösen können. Etwas technischer ausgedrückt könnte man sagen: «Es ist, wie wenn ein anderes Programm geschrieben und der falsche Treiber installiert wird. Da in diesem Fall nicht einfach ein Update heruntergeladen werden kann, weil wir Menschen und keine Computer sind, bedarf es anderer Massnahmen. Programme sind wie Lebenswege. Veränderungen der Programme oder eine Veränderung der Lebensumstände führen zu neuen Resultaten.» Sollte sich Marc irgendwann entscheiden, dass es doch noch mehr geben muss als virtuelles An- und Ausziehen, wird er sich zuerst öffnen müssen und damit beginnen, darüber zu sprechen.

Unsere Sexualität wandelt sich mit den Jahren. Das Leben kennt keinen Stillstand. Sexualität und Sinnlichkeit sind die intimsten Bereiche im Leben eines Menschen. Idealerweise wissen wir dies schon in jungen Jahren, aber auch später ist es nicht zu spät, die sinnlichen und erotischen Momente mit einem Partner zu geniessen. Es braucht Zeit und diese sollten wir uns nehmen.

… Ich war neugierig, was da im Keller auf mich wartete. Ich ahnte, dass dies kein übliches Date war, doch was mich erwartete, war jenseits meines damaligen Vorstellungsvermögens.

2 «Dom-Training»? … voll daneben

Virtuelle Welten – Sex und Online-Dating im 21. Jahrhundert geht auch an mir nicht vorbei. Da ist noch immer die Frage, betreffend den angeblich «Geilen Hausfrauen», offen. Dieser werde ich nun nachgehen, denn als Frau scheint es mir eher unwahrscheinlich, dass sich so viele Frauen nur für Sex mit fremden Männern hergeben. Ohne Zwang, ohne Bezahlung, welcher Art auch immer, oder aus purer Naivität. Dies ist meiner Ansicht nach entgegen der natürlichen, weiblichen Natur. Während meiner aktiven Zeit als Single war ich auf verschiedenen Partnerbörsen registriert und pflegte neben den realen Dates auch Onlinekontakte. Meine Erfahrungen und Einsichten möchte ich hier mit dir teilen. Was ich im Laufe der Zeit beobachten und feststellen konnte, fasse ich hier kurz zusammen:

1.Es sind wesentlich weniger sogenannt «echte» Menschen auf den meisten Plattformen, als man dich glauben machen will. Vor allem bei den Sex- und Seitensprung-Seiten zweifle nicht nur ich an der Echtheit der weiblichen Mitgliederzahlen, sondern vor allem die zahlenden männlichen Mitglieder.

2.Die Mehrheit der Mitglieder scheint eher Probleme mit der schriftlichen Kommunikation zu haben und somit gewinnen die, welche sich in Wort und Schrift auszudrücken vermögen.

3.Für viele Menschen auf Partnersuche ist der zweite Punkt deprimierend und die Ernüchterung folgt früher oder später. Für die Plattformen jedoch sind bleibende Mitglieder gut, denn es sind meist zahlende Mitglieder. Sie werden mit Tipps und Versprechungen bei Laune gehalten.