ABC der Neurobiologie - Anja Ansorg - E-Book

ABC der Neurobiologie E-Book

Anja Ansorg

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Beschreibung

Das ABC der Neurobiologie lädt jeden Interessierten zum Schmökern, Nachschlagen und Weiterforschen ein.

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Anja Ansorg, Jahrgang 1969, lebt seit 1996 in Darmstadt und arbeitet hier an der Universitäts- und Landesbibliothek. Ihr erstes Buch ist das „ABC des Glaubens“ (2. Auflage 2008).

Vorwort

Das „ABC der Neurobiologie“ möchte Sie auf den Geschmack bringen, sich mit neurologischen Themen zu beschäftigen und Ihnen ein Gefühl für das Gehirn und die Vorgänge in ihm vermitteln.

Damit alle von mir dazu ausgewählten Themen leicht gefunden und nachgeschlagen werden können, habe ich sie alphabethisch geordnet. Die Themen selbst beschäftigen sich nicht nur mit einzelnen Hirnarealen, sondern auch mit Erkrankungen des Gehirns bzw. Dingen, die einen starken Einfluss auf das Gehirn haben.

Ich wünsche Ihnen zur Lektüre meines „ABC der Neurobiologie “ gute Impulse und viele neue Erkenntnisse.

Anja Ansorg

Darmstadt, im März 2018

Inhaltsverzeichnis

ADS und ADHS

Aggression

Akute hirnorganische Störungen

Alkohol

Amnesie

Amygdala

Autismus

Basalganglien

Belohnungssystem des Gehirns

Bewegung und Sport

Bipolare Störung

Chronische hirnorganische Störungen

Demenz

Depression

Dopamin

Empathie und Sympathie

Epilepsie

Ernährung

Formbarkeit des Gehirns (Neuronale Plastizität)

Gedächtnis und Lernen

Gefühle

Gehirnerschütterung

Hippocampus

Hirnblutung

Hormone

Hypothalamus

Intelligenz

Kindheit und Gehirn

Koma

Limbisches System

Locked-In-Syndrom

Migräne

Musik

Narkolepsie

Orbitofrontaler Cortex

Parasympathikus und Sympathikus

Parkinson

Präfrontaler Cortex

Pubertät und Gehirn

Schlaf

Schlafwandeln

Schlaganfall

Schmerzen

Sprache

Stammhirn

Stress

Thalamus

Trauma

Übergewicht

Zwangsstörungen

Quellen- und Literaturverzeichnis

Anhang 1: Abbildung Gehirnstrukturen für Lernen und Gedächtnis

Anhang 2: Neurobiogische Empfehlungen

ADS und ADHS

ADS bedeutet Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom. Es gibt 3 ADS-Typen: 1. Der Träumer-Typ (hat Schwierigkeiten mit Aufmerksamkeit und Konzentration) 2. Der hyperaktive Typ (hat Probleme mit dem übersteigerten Bewegungsdrang) und 3. Der Mischtyp (ist geprägt durch den Mangel an Aufmerksamkeit, Konzentration und hat dazu Hyperaktivität). Bei Mädchen ist der Typ 1 häufiger, während bei Jungen der Typ 2 überwiegt. Tritt das ADS gemeinsam mit Hyperaktivität (d.h. einem übersteigertem Bewegungsdrang) auf, spricht man von ADHS. Inzwischen sind 6-10% der Kinder und 3-5% der Erwachsenen in Deutschland von ADS oder ADHS betroffen.

Bei ADS- und ADHS-Betroffenen fehlt ein Filter für die akustischen und optischen Reize aus der Umgebung. So prasseln alle Umweltgeräusche und optischen Reize ungehindert und ungefiltert auf die Betroffenen ein. Daher leiden die AD(H)S-ler an einer ständigen Reizüberflutung. Für die Betroffenen ist es unmöglich, die Reize in der Geschwindigkeit wie sie eintreffen, auch zu verarbeiten. Aufgrund der Reizüberflutung fällt es den Betroffenen sehr schwer, sich zu konzentrieren, sowie ihr Verhalten und ihre Bewegungen klar zu steuern.

Die Leitsymptome von AD(H)S sind Ängste und Depressionen, geringe Ausdauer, Hyperaktivität, Impulsivität, Konzentrationsschwierigkeiten, schlechte Schrift und Unaufmerksamkeit. Außerdem treten bei ADS und ADHS Lernschwächen wie z.B. Rechenschwäche, Leseschwäche oder Rechtschreibschwäche auf. Dadurch kommt es zu Einschränkungen in der Persönlichkeit von ADS- und ADHS-Patienten.

Diese Defizite in der Persönlichkeit zeigen sich durch: 1. eine hohe Ablenkbarkeit; 2. unpassende und unruhige Bewegungen; 3. einen Mangel an Geduld und Empathie in der Kommunikation; 4. starke Empfindlichkeit gegenüber Kritik; 5. mangelnde Organisationsfähigkeit; 6. Schwierigkeiten beim Wahrnehmen und Zuhören; 7. großes Redebedürfnis; 8. Heftige Stimmungsschwankungen und 9. Vergesslichkeit aufgrund eines schlechten Kurzzeitgedächtnisses.

Weitere Merkmale von ADS und ADHS sind: 1. Unaufmerksamkeit; 2. Hyperaktivität oder Verträumtheit; 3. Impulsivität 4. Probleme beim Einhalten von Regeln; 5. Es fehlt die Fähigkeit, das Wichtige zu erkennen, vorausschauend zu handeln und zu planen; 6. Mangelndes Selbstwertgefühl; 7. Eingeschränkte Fähigkeit, angefangene Dinge korrekt zu Ende zu bringen; 8. Mangel an der Fähigkeit, sich selbst und andere einzuschätzen.

Außerdem haben Menschen mit ADS oder ADHS in vielen Fällen ein nur schwach ausgeprägtes Körperbewusstsein und eine eingeschränkte sensorische Wahrnehmung. Oftmals sind sie von einer inneren Unruhe geplagt und haben Mühe, sich zu entspannen.

Bei ADHS-Patienten sind der Dopamin-Stoffwechsel und der Glukose-Stoffwechsel im Gehirn gestört. Um bei ADHS eine eindeutige Diagnose stellen zu können, müssen die Symptome seit mehr als 6 Monaten auftreten und das erste Mal bereits vor dem 7. Lebensalter erschienen sein. Allerdings ist zu beachten, dass die Krankheitsmerkmale von ADHS für die Betroffenen immer starke Beeinträchtigungen im täglichen Leben bedeuten.

Die Ursachen für die Entstehung von ADS sind sehr vielschichtig. So können ADS und ADHS vererbt werden aber auch in der Entwicklungsgeschichte des Kindes begründet sein. ADS und ADHS beruht auf einer neurobiologischen Störung, d.h. hier liegt eine striatofrontale Dysfunktion (bzw. frontostriatale Dysfunktion) vor. Das bedeutet, dass das Striatium (das ist die Eingangsstation der Basalganglien) und das Frontalhirn nicht in der Lage sind, ihre Aufgaben korrekt zu übernehmen.

Die Basalganglien und das Frontalhirn steuern gemeinsam das Zusammenwirken von Bewegungen, Emotionen, Motivation und Kognition. (Kognition ist die Gesamtheit aller Prozesse, die mit dem Wahrnehmen und Erkennen zusammenhängen.) Eine striatofrontale Dysfunktion liegt auch bei der Chorea-Huntington, bei der Parkinson-Erkrankung und bei Tics vor.

Die Symptome von ADS und ADHS sind in vielen Fällen durch eine glutenfreie, milchfreie und zuckerfreie Ernährung positiv beeinflussbar. So kann durch diese Diät bei den ADS- und ADHS-Kindern oft der Einsatz von Medikamenten reduziert oder ganz darauf verzichtet werden.

Außerdem ist wichtig, dass bei ADS und ADHS die Ernährung genug Omega-3-Fettsäuren und Phospholipide (das sind die Hauptbausteine der Zellwände unserer Gehirnzellen) liefert.

Zusätzlich ist es wichtig, auf eine ausreichende Versorgung mit Magnesium zu achten, denn ein Mangel an Magnesium kann auch ADHS und Hyperaktivität auslösen. Vom 15. bis zum 19. Lebensjahr brauchen die Jugendlichen jeden Tag zwischen 350 und 400 mg Magnesium. Wird die notwendige Menge an Magnesium bei Kindern und Jugendlichen unterschritten, so werden sie nervös, schnell genervt, können sich nicht konzentrieren und leiden unter Verstimmungen. Daher kann eine Magnesiumgabe bei ADHS sicher unterstützend wirken.

Die für das Gehirn und seine Entwicklung wichtigste Omega-3-Fettsäure ist die DHA. Bekommen gerade Kinder nicht genug DHA ist die Entwicklung der Sehschärfe und der Sprachentwicklung gefährdet. Da unser Gehirn mehr als 25% unserer Energie verbraucht, ist es dringend erforderlich, ihm (in jedem Lebensalter, aber besonders in der Kindheit und Jugend, wenn es sich noch entwickelt) die nötigen Nährstoffe zuzuführen.

Doch manchmal kann es sinnvoll und wirksam sein, ein AD(H)S-Kind medikamentös zu behandeln. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn das Kind trotz guter Ernährung in der Schule sehr viele Flüchtigkeitsfehler macht, sich seine Schulleistung verschlechtert und sein Verhalten den Mitschülern und Lehrern negativ auffällt.

Zu guter Letzt ist noch wichtig zu erwähnen, dass ADSler - wie alle anderen Menschen auch - ebenso ihre Stärken haben. Sie sind: begeisterungsfähig, flexibel, kreativ und innovativ, phantasievoll, risikobereit und vielseitig interessiert. Außerdem sind sie intelligent, oft überdurchschnittlich begabt, können gut improvisieren und handeln intuitiv. Daher sind sie offen für Neues, hilfsbereit, haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und sind liebenswerte Menschen. Ich glaube, für jeden Betroffenen ist es wichtig, neben den eigenen Grenzen besonders die speziellen Begabungen, Fähigkeiten und Stärken zu sehen.

Aggression

Das Wort Aggression geht auf die lateinischen Wörter aggredi (herangehen oder angreifen) und aggressio (Angriff) zurück. Daher hat der Begriff Aggression die Bedeutung Angriffslust. Ein aggressives Verhalten ist ein angreifendes und herausforderndes Verhalten, das Drohung, Zurückdrängung, physische Beeinträchtigung, Beschädigung oder eine schwere Verletzung (die für den Angegriffenen auch mit dem Tod enden kann) beinhalten kann. Aggressives Verhalten kann bei dem Gegenüber in vielen Fällen Aggressionen auslösen, muss es aber nicht.

Ob ein aggressives Verhalten bei dem Gegenüber Aggressionen auslöst oder nicht, hängt davon ab: 1. wie hoch bei dem Gegenüber der bereits vorhandene Grad der Aggressivität ist und 2. wie stark beim Gegenüber die auftretenden Schlüsselreize sind. Ist der vorhandene Grad der Aggression hoch, so reichen bereits schwache Schlüsselreize aus, um Aggression auszulösen. Ist der Grad der Aggressivität gering, so bedarf es starker Schlüsselreize, um ein aggressives Verhalten hervorzurufen. Aufgrund von inneren Faktoren kann der Grad der Aggressivität (sehr) schwanken und sich auch erhöhen.

Innere Faktoren können vorausgehende Erfahrungen (d.h. Angst, Frustration, Provokation oder Freiheitsentzug) oder das Zusammenspiel und der Hormonspiegel von bestimmten Hormonen (z.B. Testosteron, Cortisol oder Serotonin) sein. Ein hoher Testosteronspiegel in Kombination mit einem niedrigen Cortisolspiegel und einem ebenso niedrigen Serotoninspiegel können sehr schnell Aggressionen auslösen. Freiheitsentzug senkt den Serotoninspiegel und erhöht die Aggressivität. Je niedriger der Serotoninspiegel ist, desto mehr steigt die Aggressivität.

Weitere Ursachen für sehr stark aggressives Verhalten - das sich in Gewaltbereitschaft und kriminellem Verhalten zeigt - können auch schwere Kopfverletzungen, Medikamente, die den Serotoningehalt senken und die Schädigung von Teilen des Hypothalamus sein. Außerdem kann eine vorübergehende Fehlfunktion des Stirnlappens nach einer Überaktivierung des limbischen Systems stark aggressives Verhalten verursachen.

Aggressives Verhalten beim Menschen wird mit einer bestimmten Hirnregion, der Amygdala, in Verbindung gebracht. Der Begriff Amygdala stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Mandel“. Daher bezeichnet man die Amygdala auch als Mandelkern. Die lateinische Bezeichnung für die Amygdala ist Corpus amygdaloideum.

Die Amygdala ist ein Kernbereich des Gehirns im mittleren Teil des Temporallappens. Die Amygdala ist wesentlich an der Entstehung von Angst und Aggression beteiligt und spielt allgemein eine wichtige Rolle bei der emotionalen Bewertung und Wiedererkennung von Situationen. (Daher kann auch durch Angst die Bereitschaft zu aggressiven Verhalten ausgelöst oder verstärkt werden.) Außerdem ist die Amygdala zuständig für die Analyse von möglichen Gefahren. Sie verarbeitet externe Impulse und leitet die vegetativen Reaktionen ein. Des Weiteren ist die Amygdala dafür verantwortlich, Bedrohungen schnell zu erkennen und Abwehrreaktionen einzuleiten. Wird die Amygdala aktiv, schalten wir auf Kampf oder Flucht.

Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Amygdala an der Wahrnehmung jeglicher Form von Erregung, also affekt- und lustbetonter Empfindungen, einschließlich des Sexualtriebes beteiligt ist. Weil in der frühen Pubertät die Amygdala sehr stark wächst, reagieren viele Jugendliche (besonders die jungen Männer) zu Beginn der Pubertät aggressiver als vor der Pubertät. Die Aggression hält bei den pubertierenden Jungs so lange an, bis die präfrontalen Hirnzentren (d.h. besonders der präfrontale Cortex) ausgereift sind. Wird die Amygdala stimuliert, so werden ruhige Menschen aggressiv. Wenn dagegen die Aktivität der Nerven in der Amygdala blockiert wird, werden aggressive Menschen „gezähmt“. Eine Zerstörung der Amygdala führt zum Verlust von Aggressions- und Furchtempfinden und so zum Erliegen der mitunter lebenswichtigen Warn- und Abwehrreaktionen. Während sich die Aktivität in der Amygdala bei Aggression erhöht, verringert sich die Aktivität im anterioren cingulären Cortex (d.h. der vordere, ringförmige Cortex). Der anteriore cinguläre Cortex befindet sich im Frontalhirn und ist für logischesmitfühlendes Denken zuständig.

Die weiteren Aufgaben des anterioren cingulären Cortex sind die Meldung und Lösung von Problemen sowie das Bewältigen von Konflikten und die Kontrolle und Regulierung unserer Reaktionen. Hat nun der anteriore cinguläre Cortex seine Aktivität reduziert, so erhöht sich die Bereitschaft zu impulsivem Verhalten und die Fähigkeit, Konflikte zu lösen nimmt ab. An dieser Stelle ist Vorsicht geboten, denn Aggressionen können auch in Gewalt enden – und jede Handlung, die von Gewalt bestimmt ist, kann verletzen, Schaden anrichten und im schlimmsten Fall sogar tödlich enden.

Gefährlich wird es auch, wenn sich Aggressionen in einer Gruppe von Menschen hochschaukeln oder verschiedene Gruppen von Menschen aggressiv aufeinander reagieren.

Außerdem beeinflussen bestimmte Hormone erwiesenermaßen das Aggressionsverhalten, z.B. das Serotonin. Das Serotonin tritt hauptsächlich in der mittleren Gehirnregion auf und scheint einen hemmenden Einfluss auf impulsive Aggression zu haben. Es wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass Gewaltverbrecher besonders niedrige Werte an Serotonin im Körper aufweisen.

Wurde die natürliche Serotoninherstellung blockiert, wurde auch bei gesunden Menschen eine Steigerung der Aggressivität und des aggressiven Verhaltens festgestellt. Zu wenig Serotonin kann also zu einem Anstieg der Aggression führen.

Ebenso können bei Männern auch zu hohe Werte an Testosteron, dem Hormon der männlichen Keimdrüsen, eine Steigerung der Aggression auslösen. Der Testosteronspiegel ist bei Männern, die wegen Gewaltverbrechen inhaftiert sind, viel höher als bei Männern, die aufgrund anderer - d.h. nicht gewalttätiger - Straftaten im Gefängnis sind. Auch während des Strafvollzugs verstießen männliche Häftlinge mit höheren Testosteronwerten häufiger gegen Regeln. Auch konnten bei jungen kriminellen Männern höhere Testosteronwerte nachgewiesen werden als bei Studenten.

Und ein Vergleich verschiedener Studentenverbindungen ergab, dass in den Verbindungen, die generell als besonders wild, gering sozial verantwortlich und grob galten, durchschnittlich die höchsten Testosteronwerte gemessen wurden.

Die genannten Studien weisen auf eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Aggression und einem hohem Testosteronwert bei Männern hin.

Das heißt, ein aggressives Umfeld kann bei Männern den Testosteronwert steigern und ein hoher Testosteronwert kann aggressives Verhalten auslösen. Wichtig ist zu betonen, dass diese gegenseitige Abhängigkeit zwischen Aggressivität und Testosteron nur bei Männern beobachtet wurde.

Erhöht man allerdings den Testosteronspiegel bei Frauen, so werden diese kooperativer und freigiebiger.

Was noch zu untersuchen wäre, ist die Frage, wie sich eine Erhöhung des Testosterons bei Männern mit einem niedrigen Testosteronspiegel auswirkt. Meine Vermutung ist, dass diese Männer dann auch kooperativer und freigiebiger agieren, weil der Testosteronwert bei Frauen ja sehr viel niedriger ist als bei Männern.

Zusammenfassend ist zu erwähnen, dass es 8 Gründe für die Entstehung aggressiven Verhaltens gibt:

Genetische Ursachen, d.h. die Bereitschaft, sich aggressiv zu verhalten, wird in ca. 50 Prozent der Fälle vererbt.

Hirnphysiologische Ursachen, d.h. das Verhalten wird durch Hormone und Neurotransmitter gesteuert und daher können Hormonschwankungen oder eine vermehrte, bzw. verringerte Ausschüttung von Hormonen zu Aggressionen führen.

Ursachen in der Sozialisation, d.h. Erfahrungen von Vernachlässigung und Missbrauch (in der Kindheit) können zu aggressivem Verhalten (im Erwachsenenalter) führen, da Vernachlässigung und Missbrauch die Amygdala und den Hippocampus schädigen. Auch traumatische Erfahrungen, wie z.B. im Krieg, können die Aggressivität steigern.

Ontogenetische Ursachen, d.h. persönliche Ängste, Empfindungen, Erfahrungen, Erlebnisse, Frustrationen, Gefühle und Vorbilder können die Bereitschaft zu aggressiven Verhalten fördern.

Organische Ursachen, d.h. auch bestimmte Krankheiten können die Entstehung von Aggressivität verursachen oder verstärken.

Physiologische Ursachen, d.h. wenn die Bedürfnisse des Körpers - z.B. nach Flüssigkeit, Essen oder Schlaf - nicht erfüllt werden, erhöht das die Bereitschaft zur Aggressivität.

Sozial-ökologische Ursachen: d.h. eine große Gruppe oder Nahrungsknappheit verstärken das aggressive Verhalten.

Soziologische Ursachen: Bei der Neubildung oder dem Zerfall einer Rangordnung reagieren alle Beteiligten aggressiver als bei einer stabilen Hierarchie und in einer anonymen Gruppe können die Menschen auch aggressiver reagieren als in einer vertrauten Gruppe von Menschen.

Akute hirnorganische Störungen

Eine akute hirnorganische Störung ist eine Beeinträchtigung des Gehirns und seiner Funktionen, die plötzlich auftritt und deren Verlauf schnell und heftig ist.

Eine öfters auftretende akute hirnorganische Störung ist die Gehirnerschütterung. Die Gehirnerschütterung ist die häufigste Art der Kopfverletzung.

Der Patient hat dann die charakteristischen Anzeichen einer Gehirnerschütterung:

Erinnerungslücken bezogen auf das Unfallereignis

Kopfschmerzen

Schwindel

Übelkeit und Erbrechen

Die Ursache für die Gehirnerschütterung ist oft ein Schlag auf den Kopf (z.B. auch durch einen Unfall), der dazu führt, dass die betroffene Person bewusstlos wird. Die Bewusstlosigkeit dauert im optimalen Fall nur einige Sekunden – aber sie kann aber auch einige Minuten andauern.

Wichtige Maßnahmen bei einer Gehirnerschütterung:

Da bei Kopfverletzungen die Situation im Innern des Schädels außerhalb einer Klinik nicht beurteilt werden kann – es können durch die Gewalteinwirkung zum Beispiel Blutungen im Schädel entstanden sein, welche mit zeitlicher Verzögerung erneut zur Bewusstlosigkeit führen – muss der betroffene Mensch ruhig hingelegt werden.

Lagern Sie den Kopf des Patienten erhöht, beobachten Sie ihn ständig.

Lassen Sie die betroffene Person möglichst nicht allein.

Alarmieren Sie den Rettungsdienst. Der Patient muss in jedem Fall in eine Klinik gebracht werden.

Wenn ein Patient nach einer Gehirnerschütterung aufgewacht ist und dann wieder schläfrig wird, ist das ein absoluter Notfall. Denn in diesem Fall hat er wahrscheinlich bei dem Unfall eine Hirnblutung erlitten, die jetzt das Gehirn zusammenquetscht.

Wenn der Patient aus der Bewusstlosigkeit aufwacht, ist er erst mal einige Minuten lang desorientiert - wie das immer bei einer akuten hirnorganischen Störung der Fall ist. Wenn der Betroffene Glück hat, findet er - mit Übelkeit und allgemeinem Unwohlsein - wieder ins normale Leben zurück.

Manchmal hinterlässt ein solcher Schlag aber auch kleine, im Computertomogramm (d.h. im Bild, das bei der Computertomographie entsteht) sichtbare Schädigungen am Gehirn. Denn bei einem Schlag auf den Kopf gehen sehr starke Druckwellen durch das Gehirn, die nicht nur auf der Seite des Schlages, sondern auch auf der gegenüberliegenden Seite eine bleibende Verletzung hinterlassen können. In solchen Fällen dauert die Bewusstlosigkeit länger als eine Stunde, gefolgt von anschließender längerer Desorientierung. Das Gehirn nimmt bereits kleine Schläge und Stöße auf den Kopf übel und sie verringern in jedem Fall die Denkleistung. In schweren Fällen stellt das Gehirn das Denken sogar zeitweilig völlig ein.

Das Gehirn ist innerhalb des Schädelknochens von einer Flüssigkeit umgeben. Diese Flüssigkeit wirkt bei Stößen auf den Kopf als Puffer. Bei Gewalteinwirkungen auf den Kopf, zum Beispiel nach Stürzen und hartem Aufschlag des Kopfes, schlägt das Gehirn an der Schädelwand an. Je nach Intensität der Gewalteinwirkung kann das Gehirn dabei mehr oder weniger schwer geschädigt werden und es können sogar der Schädelknochen und die Schädelbasis brechen.

Ist das Gehirn besonders stark erschüttert, kann es zu einer Prellung des Gehirns, zu einer Blutung des Gehirns, zu einer Quetschung des Gehirns oder zu einem Schädelbruch kommen. Bei einer Prellung stößt das Gehirn aufgrund eines Unfalls an den Schädelknochen. Eine Blutung im Gehirn ist eine Einblutung in das Gehirn oder seine Hüllstrukturen. Die Ursache für eine Blutung im Gehirn ist das Platzen eines Blutgefäßes im Gehirn. In vielen Fällen kann eine Blutung im Gehirn zu einem erhöhten Hirndruck, zu neurologischen Ausfällen oder zu einem Schlaganfall führen. Eine Hirnblutung ist immer gefährlich, denn sie ist lebensbedrohlich.

Eine akute hirnorganische Störung ist außerdem der Sonnenstich, der auch eine Hitzeerschöpfung oder einen Hitzschlag zur Folge haben kann. Der Sonnenstich wird durch eine Überhitzung des Kopfes und des Nackenbereiches aufgrund einer direkten Sonneneinstrahlung ausgelöst. Die starke Hitze führt zu einer Irritation von Gehirn und Hirnhaut, die wiederum Entzündungsreaktionen und eine Schwellung des Gehirns zur Folge haben kann. Die Symptome eines Sonnenstichs können sein: Bewusstseinsstörungen, Kopfschmerzen, Unruhe, ein roter Kopf, Übelkeit, Erbrechen, Ohrgeräusche, Nackenschmerzen und Nackensteifigkeit. Der Betroffene muss dann sofort aus der Sonne geholt werden, der Kopf muss mit feuchten Tüchern oder einer kalten Dusche gekühlt werden.

Die Hitzeerschöpfung ist ein Übergangstadium zwischen Sonnenstich und Hitzschlag. Ihre Ursache ist der Verlust von Flüssigkeit und Salzen, wenn die Betroffenen zu wenig trinken. Die Körpertemperatur steigt auf 37 bis 40 Grad und die Symptome sind Atemnot, Frösteln und Schwindel.

Der Hitzschlag wird verursacht durch die körperliche Überanstrengung in einer heißen Umgebung. Hier erhitzt sich der Körper auf 40 Grad und sogar noch darüber hinaus. Daher ist ein Hitzschlag lebensbedrohlich. Bei einem Hitzschlag können Bewusstseinstrübungen, Halluzinationen und Krämpfe auftreten. Doch es ist auch möglich, dass bei einem Hitzschlag „nur“ eine totale Ermattung auftritt. Doch die folgenden Symptome sind hilfreich zur Erkennung eines Hitzschlages: Hoher Puls, hoher Blutdruck und eine heiße, trockene Haut. Bei einem Hitzschlag muss der Betroffene sofort aus der Sonne gebracht werden und ein Notarzt gerufen werden. Der ganze Körper muss mit feuchten Tüchern gekühlt werden und die Atmung sowie das Bewusstsein müssen kontrolliert werden.

Auch bei Vergiftungen können akute hirnorganische Störungen auftreten. Eine besondere Form der Vergiftung ist die Vergiftung mit Quecksilber, die in der ersten Phase folgende Symptome hat: a. Durchfälle, b. Gliederschmerzen, c. Kopfschmerzen, d. Müdigkeit, e. Nierenentzündungen, f. Zahnlockerung und Zahnfleischentzündung. In der zweiten Phase können a. Angstzustände, b, Merkschwäche, c. Muskelzuckungen, d. Persönlichkeitsveränderungen, e. Stimmungsschwankungen und f. Störungen des Fühlens, des Gehens, des Hörens, des Sehens und des Sprechens.

Ebenso können Stoffwechselstörungen oder Entzündungen des Gehirns hirnorganische Störungen auslösen. Eine Meningitis ist zwar offiziell eine Entzündung der Gehirnhaut – aber meistens ist dabei auch das Gehirn selbst mitbetroffen. Für solche schweren Krankheitszustände sind Bakterien oder Viren verantwortlich.

Und das Gehirn reagiert in extremen Fällen wieder - wie so oft bei einer Beeinträchtigung oder Schädigung - mit Desorientierung, Schläfrigkeit und Koma.

Antibiotika, mit denen man Bakterien bekämpft, oder Virostatika, mit denen man Viren in Schach hält, sind da eine mögliche Behandlung. Allerdings muss an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt werden, dass auch ein Antibiotikum selbst eine akute hirnorganische Störung auslösen kann. Daher sollte man bei der Anwendung von Antibiotika höchste Vorsicht walten lassen.

Ein Antibiotikum kann z.B. dazu führen, dass man akustische Halluzinationen hat, d.h. dass man Stimmen von Menschen hört, die gar nicht da sind. Akustische Halluzinationen treten ansonsten nur bei Vergiftungen, in aller Regel bei einer Alkoholvergiftung, auf.

Es gibt aber auch optische Halluzinationen, das heißt, dass man etwas sieht, das in der Realität aber gar nicht da ist. Die optischen Halluzinationen können z.B. auch bei einer Überdosierung eines bestimmten Herzmedikamentes (Digitalis) auftreten.

Nicht nur wenn es ins Hirn blutet, reagiert unser Denkorgan mit der üblichen Verärgerung. Auch wenn die Blutzufuhr zeitweilig zu niedrig ist - z.B. wenn der Blutdruck zu niedrig ist - schaltet es ab. Der Patient wird dann bewusstlos. Das tritt nicht immer schlagartig ein, sondern mitunter über ein Durchgangssyndrom, in dem er optische, akustische oder szenische Halluzinationen erleben kann, d.h. er nimmt bestimmte Szenen wahr, die sich in der Realität aber gar nicht abspielen.

Dabei können auch Lichterlebnisse vorkommen, die begleitet sind von einem sehr angenehmen Gefühl. Solche Zustände treten manchmal auch vor oder nach einem epileptischen Anfall auf. Aber auch bei einem Herzstillstand können solche Erlebnisse auftreten.

Schädigungen des Gehirns können alle sonstigen psychischen Erkrankungen täuschend echt nachahmen. Ein Hirntumor kann die Symptome einer Schizophrenie, einer Depression, einer Manie, einer Sucht oder sonst irgendeiner psychischen Erkrankung auslösen.

Die gleichen Symptome können aber auch durch eine Hirnblutung, eine Gehirnentzündung, eine Gehirnvergiftung oder sonst eine körperliche Erkrankung, die nur indirekt das Gehirn betrifft, ausgelöst werden. Eine Vergiftung des Gehirns kann z.B. bei einer Leberzirrhose (Schrumpfleber) auftreten. Die Giftstoffe können nicht mehr ausreichend abgebaut werden und gelangen über das Blut in das Gehirn, wo sie einen großen Schaden verursachen können.

Die Symptome für eine Vergiftung des Gehirns können sein: Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Gelbfärbung der Augen, Juckreiz, Koordinationsschwierigkeiten, Zittern der Hände, eine gestörte Feinmotorik, Verwirrung, Verlust des Bewusstseins und Koma. Bei diesen Symptomen ist Vorsicht geboten und treten mehrere dieser Symptome gleichzeitig auf, sollte ein Arzt hinzugezogen werden, um schwere Komplikationen zu vermeiden.

Unser Gehirn ist einfach sehr verletzlich. Und es reagiert auf alle Verletzungen immer in der gleichen Weise. Dem Gehirn ist es völlig egal, ob es geschlagen, gequetscht, gestoßen, vergiftet oder sonst wie ungehörig behandelt wird. Es kann dann zwar verschiedene Phänomene, z.B. Wahrnehmungsveränderungen, produzieren - doch im Kern reagiert es immer gleich.

Egal ob der Blutzucker viel zu niedrig oder viel zu hoch ist, ob eine Alkoholvergiftung vorliegt oder eine Medikamentenüberdosis, ob es im Gehirn blutet oder ob im Gehirn ein Tumor ist – das Gehirn reagiert immer in der gleichen Weise: Desorientierung, Schläfrigkeit, Koma.

Wenn Menschen plötzlich oder immer weiter zunehmend desorientiert werden, wenn sie also nicht mehr wissen, wo sie sind, welches Datum ist, in welcher Situation sie sich gerade befinden, wenn sie dann immer schläfriger werden und schließlich in Bewusstlosigkeit fallen ist das in der Regel der charakteristische Verlauf einer akuten hirnorganischen Störung.

Alkohol

Alkohol soll in geringen Dosen, etwa ein Glas Rotwein vor dem Schlafengehen, eine entspannende Wirkung haben. Wie kommt die entspannende Wirkung von Alkohol zustande? Genau weiß man es nicht, da die Alkoholwirkung immer von der konsumierten Menge abhängt und verschiedene Rezeptorsysteme beeinflusst. Doch feststeht, dass Alkohol unser Verhalten und unser Erleben verändert. Die Alkoholaufnahme erhöht die Ausschüttung des Neurotransmitters Dopamin, die Belohnungssubstanz im Nucleus accubens. Betroffen sind auch die Serotonin- und Opiatrezeptoren, die über den Calciumeinstrom unsere Gefühle beeinflussen. Man kann aber nicht unterscheiden, was fröhlich macht und was das Verlangen nach Alkohol steigert und so zur Sucht führt.

Der akute Alkoholkonsum aktiviert das Dopamin-System und das GABA-System. GABA bedeutet Gamma-Aminobutyric-Acid, d.h. Gamma-Amino-Buttersäure. GABA ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter des Zentralnervensystems. GABA stabilisiert den Blutdruck, löst Ängste, Krämpfe und nervöse Unruhe, stillt Schmerzen, entspannt die Muskeln und fördert den Schlaf. Daher kommt es durch das GABA-System zu Beruhigungszuständen.

Das Dopamin-System verursacht Lustzustände. Außerdem wird durch den akuten Alkoholkonsum das Glutamat-System gehemmt. Die Dämpfung des Glutamat-Systems führt dazu, dass der alkoholisierte Mensch weniger sensibel reagiert. Bei einer höheren Menge an Alkohol kann diese Wirkung aber in das Gegenteil umschlagen und es kann eine höhere Erregbarkeit auftreten. Außerdem können bei einer erhöhten Dosis auch eine allgemeine Dämpfung der Körperaktivitäten und der Schlaf eintreten. In dieser Phase kann es auch zu Antriebsstörungen des Atems kommen.

Bei einem anhaltendem Alkoholkonsum ändern die genannten Systeme ihre Aktivität und somit ihr Gewicht im Gesamtsystem. Das hemmende GABA-System wird herunterreguliert und das Glutamat-System wird hinaufreguliert. Somit entsteht ein künstlicher Gleichgewichtszustand.

In dieser Phase ist der alkoholisierte Mensch noch unauffällig - doch er ist nun bereits körperlich abhängig vom Alkohol. Das neurochemische Gleichgewicht wird nun nur durch die anhaltende Alkoholzufuhr aufrecht gehalten – doch dem Alkoholiker ist das nicht bewusst. Er denkt, er verträgt nun mehr Alkohol.

Wer so viel Alkohol konsumiert, dass der Alkoholgehalt im Blut über 0,1 Promille steigt, schadet seiner Gesundheit, besonders dem Gehirn und der Leber. Bei regelmäßigem Genuss alkoholischer Getränke können sich das Gehirn und die Leber nicht mehr regenerieren, so dass Gewebsschäden und Funktionsausfälle die Folge sind und diese auch nicht mehr zu heilen sind.

Bereits Alkoholmengen von 0,1 - 0,4 Promille im Blut lösen negative Effekte wie Konzentrationsschwierigkeiten und eine reduzierte Bewegungskoordination aus. Alkohol ist ein Zellgift und wirkt im Körper wie ein Betäubungsmittel. Daher lassen schon bei relativ geringen Mengen die Konzentration, die Leistungsfähigkeit, die Sehfähigkeit und die Bewegungskoordination nach. Bei einem bis zwei Promille treten schon starke Sehschwierigkeiten auf, der Gleichgewichtssinn versagt, Gefühle können sich schlagartig ändern und die Aggressivität steigert sich.

Bei drei Promille sind die Sprach- und die Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt und der Betroffene ist sich seiner Handlungen nicht mehr bewusst. Alkoholkonzentrationen, die vier Promille überschreiten, sind eine Form der Blutvergiftung und daher lebensbedrohend, bzw. in aller Regel tödlich.

Alkohol wird in allen Teilen des Körpers - aber besonders in der Leber - über die Stufe des gefährlichen, weil gesundheitsschädlichen und hochentzündlichen Acetaldehyds (das auch Ethanal genannt wird) zu Essigsäure und dann zu Kohlendioxid abgebaut. Reagiert das Zwischenprodukt Acetaldehyd mit Ammoniak, so entstehen unlösliche Partikel, die sich im Gewebe ablagern und es zerstören. Zum Alkoholabbau werden große Mengen des Coenzyms NAD (Nicotin-Adenin-Dinucleotid) gebraucht.

Fehlt das NAD im normalen Stoffwechsel, so kommt es zu Stoffwechselentgleisungen, der Anhäufung von Fett in der Leber und der Zerstörung von Leberzellen. Der übermäßige Alkoholkonsum reduziert auch die dem Körper zur Verfügung stehende Menge an Thiamin, dem Vitamin B 1. Von diesem Vitamin braucht man etwa 0,5 Milligramm am Tag.

Alkohol kann vom Blut aus leicht die Blut-Hirn-Schranke überqueren, so dass die Alkoholkonzentration im Blut und im Gehirn gleich groß ist. Die negativen Folgen einer Alkoholsucht lassen sich im Gehirn sowohl mit „CT-Scans-Brain-Imaging“, als auch nach dem Tod bei einer Gehirnautopsie feststellen.

Auffällig sind das Schrumpfen des Gehirns, wie es ansonsten nur im hohen Alter auftritt und die Verluste von weißer Masse, d.h. von faserreichem Gewebe. Eine Verringerung von Nervenzellen aufgrund einer Alkoholsucht findet man besonders im vorderen Schläfenlappen des Cortex (Großhirnrinde, Sitz kognitiver Prozesse), dem Hippocampus (Teil des limbischen Systems, Organisator des bewussten Gedächtnisses) und dem Cerebellum (Kleinhirn, Koordinator von Bewegungen).

Bei längerer Abstinenz können sich die betroffenen Regionen wieder regenerieren. Nach zwei Monaten ohne Alkohol nimmt die Hirnmasse wieder um etwa zwei Prozent zu und die intrazerebralen Cholinspiegel (eine biochemische Messgröße für die Denkfähigkeit) verbessern sich um 20 Prozent.

Frauen vertragen im Schnitt nur ein Drittel der Alkoholmengen, die Männer vertragen. Bei Frauen sind daher die negativen Folgen von Alkoholmissbrauch noch viel gravierender als bei Männern: 1. Durch das geringere Körpergewicht bei Frauen; 2. Weil Frauen weniger Flüssigkeit im Körper haben, und 3. Aufgrund neuroanatomischer Unterschiede bei Männern und Frauen. Aus all diesen Gründen kann der Alkohol bei Frauen schlechter abgebaut werden.

Im Falle einer Schwangerschaft ist der Alkoholkonsum bei Frauen besonders verheerend, denn wenn schwangere Frauen Alkohol trinken, so kann es schon bei geringen Mengen zu einer Schädigung des ungeborenen Kindes kommen.

Die Schwere der Schädigung hängt davon ab, wie viel, wie oft und zu welchem Zeitpunkt der Schwangerschaft die Frau Alkohol trinkt. Liegt ein „Fetales Alkohol-Syndrom“ vor, so wird das Gehirn des ungeborenen Kindes irreparabel geschädigt. Aufgrund der Daten aus „Brain-Scans“ sind bei dieser Erkrankung vor allem die Basalganglien, das Corpus callosum, das Cerebellum und der Hippocampus betroffen.

Die Kinder leiden später an Hyperaktivität und unterentwickeltem Sozialverhalten, sie schneiden bei Lerntests schlecht ab und weisen eine erhöhte Neigung zu Alkohol und Drogen auf. Aufgrund dieser Forschungen ist es - gerade für Frauen - empfehlenswert, mit Alkohol sehr vorsichtig umzugehen oder am besten ganz darauf zu verzichten.

Hier eine Auflistung der Auswirkungen von Alkohol im Blut bei steigender Promillezahl, die für Frauen und Männer zutrifft:

Zwischen 0,2 – 0,5 Promille:

Leicht vermindertes Seh- und Hörvermögen. Die Aufmerksamkeit, die Konzentration und das Reaktionsvermögen lassen nach. Die Urteilsfähigkeit sinkt und die Risikobereitschaft steigt.

Ab 0,5 Promille:

Das Gleichgewicht ist gestört, es treten Konzentrationsprobleme auf und die Reaktionszeit ist deutlich verlängert. Es kommt zu einer zunehmenden Enthemmung und Selbstüberschätzung.

Ab 0,8 Promille:

Das räumliche Sehen ist beeinträchtigt und es entsteht ein Tunnelblick. Die Störungen des Gleichgewichtes verstärken sich, es kommt zu einer großen Konzentrationsschwäche und die Reaktionszeit ist nun bereits stark verlängert.

Zwischen 1,0 bis 2,0 Promille:

Nun treten starke Gleichgewichtsstörungen auf. Die Aufmerksamkeit und die Konzentration lassen erheblich nach.

Die Reaktionsfähigkeit ist nun sehr stark gestört, es treten Verwirrtheit, Sprechstörungen und Orientierungsschwierigkeiten auf. Es kommt zu einer übersteigerten Selbsteinschätzung und dem Verlust der Kritikfähigkeit.

Zwischen 2,0 und 3,0 Promille:

Das Gleichgewicht, die Konzentration und das Reaktionsvermögen sind nun so stark gesunken, dass sie kaum noch vorhanden sind. Die Muskeln erschlaffen, es kommt zu Gedächtnis- und Bewusstseinsstörungen.

Ab 3,0 Promille:

Es treten nun Bewusstlosigkeit, Gedächtnisverlust und Reflexlosigkeit auf und die Atmung wird ganz schwach.

Ab 4,0 Promille:

Es kommt zu Lähmungen, unkontrollierten Ausscheidungen, Atemstillstand, Koma und Tod.

Besonders jungen Menschen, d.h. Menschen unter 25 Jahren, ist vom Alkoholkonsum unbedingt abzuraten. Denn je früher Jugendliche anfangen, Alkohol zu trinken, umso mehr gesundheitliche Risiken gehen sie ein. Je jünger der Mensch ist, desto schwerer fällt es dem Körper, den Alkohol zu verkraften. Ein Rausch in jungen Jahren ist immer ein großes gesundheitliches Risiko. Die Organe können geschädigt werden - aber vor allem kann die Gehirnreifung beeinträchtigt werden.

Jeder Alkoholrausch zerstört Millionen von Gehirnzellen. Alkohol schmälert daher definitiv die Hirnleistung - aber nicht nur im Rausch, sondern auch bei ständigem Trinken, das zu Gedächtnisstörungen und zur Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit führt. Täglich drei Gläser Alkohol können bereits zum Schrumpfen der Hirnmasse führen. In Deutschland haben über zehn Millionen Menschen einen riskanten Alkoholkonsum, d.h. sie trinken so viel, dass sie ihrer Gesundheit damit schaden können. 1,7 Millionen Menschen haben in Deutschland einen gefährlichen Alkoholkonsum, d.h. ihre Trinkmenge ist so groß, dass sie sich gesundheitlich in jedem Fall schaden.

Durch die zunehmende Abhängigkeit und die Anpassung der neurochemischen Systeme (Dopamin-System, GABA-System und Glutamat-System) wird es immer wahrscheinlicher, dass bei einer Reduzierung der Alkoholmenge oder bei einem Absetzen des Alkohols das neurochemische Gleichgewicht im Gehirn gestört wird.

So entstehen dann die Entzugssymptome: Durch das Übergewicht des Glutamats und auch des Noradrenalins kommt es zu einer körperlichen und psychischen Überaktivierung in Form von Zittern, Schwitzen, Herzjagen, Hochdruck, Unruhe und Ängsten.

Außerdem hemmt Alkohol die Ausschüttung von Vasopressin, das ist das Hormon, das einem Wasserverlust vorbeugt.

Daher kommt es durch das Trinken von Alkohol zu einer vermehrten Wasserausscheidung und auch zu einem Flüssigkeitsmangel. Der Flüssigkeitsmangel kann zu Kopfschmerzen führen und sollte daher zeitnah ausgeglichen werden.

In Deutschland sind ca. 1,7 Millionen Menschen alkoholkrank, d.h. ihr Körper braucht Alkohol und zeigt Entzugserscheinungen (z.B. Zittern der Hände, Schweißausbrüche, Schlafstörungen), wenn er keinen Alkohol bekommt. Außerdem kann es bei einem Entzug zu epileptischen Krampfanfällen und einem Delirium tremens (= Halluzinationen und Verwirrtheit) kommen. Die epileptischen Krampfanfälle werden durch den Mangel an GABA und dem Übergewicht von Glutamat ausgelöst. Durch den schwachen Einfluss von Acetylcholin kommt es zu Verwirrtheitszuständen.

Bei einem alkoholkranken Menschen zerstört Alkohol sofort, unwiderruflich und dauerhaft die Gehirnzellen. Diese Zerstörung ist irreparabel, d.h. die zerstörten Gehirnzellen können nicht repariert oder wieder hergestellt werden. Es gibt dann nur noch die Möglichkeit, dass andere Gehirnzellen die Funktionen der zerstörten Gehirnzellen übernehmen.

Doch auch diese Möglichkeit erlischt ab einem bestimmten Zeitpunkt. Das Gehirn wird durch den Alkoholmissbrauch vergiftet und damit systematisch beschädigt und zerstört. Die Alkoholabhängigkeit ist eine ernste Erkrankung. Die Suizidgefährdung, d.h. die Gefahr, dass sich der Alkoholkranke das Leben nimmt, ist erheblich. Alle Organe des Körpers werden geschädigt - nicht nur das Gehirn.

Es gibt verschiedene Typen des Alkoholismus: Gelegenheitstrinken, Problemtrinken und die schweren Formen.

Die schweren Formen gliedern sich in: 1. Die Quartalstrinker, die zwischen ihren Alkoholexzessen keinen Alkohol konsumieren; 2. Die Spiegeltrinker, die ihren Alkoholspiegel immer konstant halten, d.h. nie exzessiv betrunken sind, aber auch nie nüchtern sind, und schließlich 3. Den chronischen Alkoholismus mit massiven Alkoholexzessen.

Die Diagnose der Alkoholabhängigkeit besitzt die Merkwürdigkeit, dass sie im Grunde nur der Erkrankte selbst stellen kann. Es gibt zwar Laborwerte, mit denen man den Alkoholkonsum in der vergangenen Zeit messen kann, aber ob dieser Alkoholkonsum zur Alkoholabhängigkeit geführt hat, das weiß wirklich nur der Erkrankte selbst. Die Laborwerte allein haben keine tragfähige Aussagekraft, denn es gibt Menschen, die keine Alkoholiker sind und schon bei geringen Mengen Alkohol mit erhöhten Leberwerten reagieren und es gibt Alkoholiker, die übermäßig hohe Mengen Alkohol pro Tag konsumieren aber trotzdem sehr gute Leberwerte haben. Außerdem gibt es Menschen, die gar keinen Alkohol trinken und trotzdem erhöhte Leberwerte haben. Hier liegen die Ursachen für die erhöhten Leberwerte nicht im Alkoholkonsum, sondern z.B. in: 1. zu fettreicher Ernährung; 2. der Einnahme bestimmter Medikamenten; 3. zu hohen Eisenwerten; 4. einer akute Erkrankungen, z.B. einer Grippe; 5. einem Übergewicht; 6. einer Verengung der Gallenwege durch Gallengries, Gallensteine oder einer Entzündung der Gallenwege; 7. verschiedenen Stoffwechselstörungen; 8. Einer Krebserkrankung ; 9. Drogenkonsum oder 10. einer Vergiftung. All diese Ursachen kann ein Hepatologe klären.

Bei der Alkoholabhängigkeit gibt es noch einige andere merkwürdige Phänomene. Da ist z.B. die Alkoholhalluzinose, die bei langjähriger Alkoholabhängigkeit auftreten kann. Der Alkoholkranke hört dann Stimmen. Im Unterschied zu wahnhaften Halluzinationen (Sinnestäuschungen, die durch eine hirnorganische Erkrankung verursacht werden) weiß er, dass das eigentlich gar nicht sein kann. Dennoch ist so etwas begreiflicherweise für einen Menschen sehr beunruhigend und unheilvoll.

Beim Konsum von Alkohol wird in 4 Arten unterschieden: 1. Risikoarmer Konsum, 2. Riskanter Konsum, 3. Schädlicher Konsum und 4. Alkoholabhängigkeit. Natürlich ist der risikoarme Konsum oder, noch besser, die Abstinenz zu empfehlen.

Amnesie

So kann eine Amnesie die Folge einer Gewalteinwirkung, eines Unfalls, einer Gehirnerschütterung oder eines Schädel-Hirn-Traumas sein. Außerdem kann eine Gehirnerkrankung, z.B. eine Epilepsie, eine Gehirnentzündung (Enzephalitis), eine Hirnhautentzündung (Meningitis) oder ein Hirninfarkt die Ursache einer Amnesie sein. Weitere Ursachen für eine Amnesie können sein: eine Demenz, ein Herzinfarkt, ein Hirntumor, eine Migräne, eine Mangelversorgung des Gehirns mit Sauerstoff (Hypoxie), eine Gehirnoperation oder ein Schlaganfall.

Des Weiteren kann eine Amnesie durch eine Vergiftung (auch durch Alkohol oder eine andere Droge) ausgelöst werden. Wenn sich der Alkoholmissbrauch über Jahrzehnte hingezogen hat, kann es zum Korsakow-Syndrom kommen, dessen Hauptmerkmal eine Gedächtnisstörung (d.h. eine Amnesie) ist. Zudem kann eine Amnesie durch Langzeitmedikamentengabe oder Medikamentenmissbrauch (z.B. mit Tranquilizern, das sind Psychopharmaka, die angstlösend und beruhigend wirken), durch Stress, durch traumatische Erlebnisse oder durch genetische Veranlagungen hervorgerufen werden.

Es gibt verschiedene Formen der Amnesie:

Amygdala

Der Ausdruck Amygdala stammt aus dem Griechischen und bedeutet Mandelkern. Die lateinische Fachbezeichnung ist „corpus amygdaloideum“. Die Amygdala ist ein Kerngebiet des Gehirns, das sich im vorderen Teil des Temporallappens befindet. (Der Temporallappen, auch Schläfenlappen genannt, ist einer der vier Lappen des Großhirns.)

Die Amygdala ist ein Teil des limbischen Systems und ein wesentlicher Teil des Belohnungssystems, d.h. des Dopaminsystems. Die Amygdala tritt paarig auf, d.h. es gibt zwei Mandelkerne (Amygdalae), die gegenüberliegend (d.h. symmetrisch) angeordnet sind.

Die Amygdala hat folgende Aufgaben: 1. Das Vorfiltern der Sinneseindrücke; 2. Die Unterscheidung von wichtigen und unwichtigen Sinneseindrücken; 3. die Entstehung und Steuerung von grundlegenden Gefühlen (wie z.B. Aggression, Angst, Furcht und Wut); 4. Die Verarbeitung von emotionalen und sozialen Informationen; 5. Die Erkennung von Emotionen und die emotionale Bewertung von Mimik bei anderen Menschen; 6. Die Bewertung und Wiedererkennung von Situationen; 7. Die Analyse möglicher Gefahren und der daraus entstehenden emotionalen Mechanismen und 8. Die Entwicklung von Empathie.

Die Amygdala verknüpft Ereignisse mit Emotionen und speichert diese ab. Daher ist die Amygdala das Gebiet im Gehirn, das für „emotionale Einfärbungen“ zuständig ist. Somit ist die Amygdala ganz entscheidend für die Herstellung und Regulierung von Emotionen verantwortlich.

Die Amygdala ist wesentlich an der Entstehung von Angst beteiligt und ist sehr wichtig für die emotionale Bewertung und Wiedererkennung von Situationen. Die Amygdala ist der „Sitz der Angst“ und daher das Zentrum der furcht- und angstgeleiteten Verhaltensbewertung.

Außerdem ist die Amygdala ein zentraler Bestandteil des emotionalen Wutsystems. Die Amygdala ist der Bereich im Gehirn, der bei negativen Emotionen - vor allem Angst, aber auch Abscheu, Ekel, Furcht, Scham, Sorgen, Stress oder Wut - aktiv ist. Bei Menschen mit Autismus ist die Amygdala vergrößert, daher haben Autisten mehr Angst als gesunde Menschen.

Auch ist die Amygdala zuständig für die Erkennung möglicher Gefahren, denn sie verarbeitet Reize, die von außen kommen und leitet die Reaktionen des vegetativen Nervensystems ein. Außerdem ist die Amygdala an der Wahrnehmung von Erregungen und Impulsen beteiligt.

Daher ist die Amygdala auch an der Erkennung von Gesichtern und Gesichtsausdrücken beteiligt. Außerdem ist die Amygdala an vielschichtigen Funktionen des Gehirns - wie z.B. den Lernprozessen, der Gedächtnisbildung, der Motivation und der Steuerung des Verhaltens - beteiligt.

In jeder Situation, die wir erleben, gleicht die Amygdala Informationen ab, die früher schon mal von uns erlebt wurden. So werden in der Amygdala alle Erlebnisse, darunter auch traumatische Erlebnisse abgespeichert. Erkennt die Amygdala eine als gefährlich oder traumatisch erlebte Situation wieder, so schlägt die Amygdala Alarm, d.h. sie schüttet z.B. Stresshormone wie Adrenalin oder Noradrenalin aus. Die Folge dieser Ausschüttung sind die entsprechenden emotionalen Zustände wie Trauer, Wut oder Aggression, aber auch körperliche Reaktionen wie Herzrasen, Schwindel oder Übelkeit. Bei diesem Vorgang spielt die Vernetzung zwischen der Amygdala und dem Großhirn eine sehr wichtige Rolle. Im Großhirn hat das rationale Denken seinen Sitz und ist dort ganz fest verankert. Allerdings sind die Meldungen von der Amygdala zum Großhirn um ein vielfaches schneller als die Meldungen vom Großhirn zur Amygdala. Das hat den Vorteil, dass das Gehirn blitzschnell auf Gefahren reagiert – noch der bevor das rationale Denken zum Einsatz kommt. Daher gleicht der Weg der Stressmeldungen der Amygdala zum rationalen Denken im Großhirn einer 6-spurigen Autobahn, während der Weg des rationalen Denkens zurück zur Amygdala einem Feldweg gleicht. Erst wenn das rationale Denken es geschafft hat, die Situation gedanklich zu entschärfen, erreicht es die Amygdala und kann die Amygdala dazu bringen, die Hormonausschüttung zu beenden.

Autismus