Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Diandra ist eine junge Frau, die nachdem sie das Tagebuch ihrer verstorbenen Mutter findet, immer wiederkehrende Träume von einem fremden Mann hat, der sie um Hilfe bittet. Sie lernt kurz darauf den gutaussehenden, charmanten und hilfsbereiten Xander kennen, der ihr durch die verwirrende und gefühlsaufreibende Zeit hilft. Doch dann wird Diandra entführt. Kann Xander sie finden und retten? Und wer ist der Fremde, wie kann sie ihm helfen? Begleite Diandra und Xander gemeinsam durch ihre Abenteuer und schaue, wie ihre Geschichte ausgeht.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 203
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Ich danke allen, die an mich geglaubt und mich unterstützt haben.
DANKE Euch!
Kapitel 1: ~ Die geheimnisvolle Gestalt ~
Kapitel 2: ~ Das Rätsel ~
Kapitel 3: ~ Der Ring ~
Kapitel 4: ~ Die Vision ~
Kapitel 5: ~ Der Geist ~
Kapitel 6: ~ Der Brief~
Kapitel 7: ~ Der Abend ~
Kapitel 8: ~ Der Ursprung ~
Kapitel 9: ~ Kräfte sammeln ~
Kapitel 10: ~ Entspannung ~
Kapitel 11: ~ Mythos oder Realität? ~
Kapitel 12: ~ Edinburgh Dungeon ~
Kapitel 13: ~ Der merkwürdige Mann ~
Kapitel 14: ~ Diandra verschwindet ~
Kapitel 15: ~ Auf nach Italien ~
Kapitel 16: ~ Zurück in Deutschland ~
Kapitel 17: ~ Die Sage ~
Kapitel 18: ~ Gefühlschaos ~
Kapitel 19: ~ Der Handlanger ~
Kapitel 20: ~ Die Wandlung ~
Kapitel 21: ~ Die Überraschung ~
Kapitel 22: ~ Ende gut – Alles gut ~
~ Epilog ~
Nachwort
Quellenangaben und Informationen
Hallo mein Name ist Diandra und ich bin 19. Meinen Namen verdanke ich meiner verstorbenen Mutter. Pa hat mir oft erzählt, wie liebevoll sie zu allen war, dass ich ihre grünen Augen und ihr Temperament habe. Wenn ich Bilder von ihr sehe, wo sie 19 Jahre alt war, denke ich, dass wir Schwestern sein könnten. Wir haben sogar beide die gleichen rot-gelockten Haare. Kein Wunder das Pa immer Angst um mich hat. Ma war kaum älter als 25, als sie mich bekam und kurz nach der Geburt verstarb. Ihre letzten Worte an Pa waren:“Pass gut auf Diandra auf – unser Glück.“. Dann gab sie Paps ein Amulett mit einem grünen Smaragdstein in Herzform, welches ich nun seit meinem 16. Geburtstag täglich als Erinnerung an sie trage. Danach schloss sie die Augen.
Ich habe das Gefühl, dass sie immer bei mir ist und dass sie auf mich aufpasst. Seit einiger Zeit spiele ich mit dem Gedanken, das Amulett zu verkaufen. Paps ist seit kurzem arbeitslos und das Geld wird langsam knapp. Von dem Geld des Amuletts können wir erst mal über die Runden kommen. Jedes Mal, wenn ich vor dem Juwelier stehe, ist es, als ob eine unsichtbare Kraft mich davon abhält, dort hinein zu gehen und es zu verkaufen. Diese Kraft spüre ich in letzter Zeit öfter. Zum Beispiel als ich vorgestern auf dem Dachboden war und ein wenig in den alten Sachen von Ma gestöbert habe. Paps hat nämlich viel von Ma behalten, ihr Tagebuch, Bilder, und ein paar von ihren Kleidern. Pa sagt er hat die Kleider für mich behalten, für besondere Anlässe. Da ich die Neugier von Ma habe, bin ich zu den Kleidern. Es sind wunderschöne Kleider, alles zum größten Teil Ballkleider. Eins fällt mir besonders ins Auge, ein cremefarbenes mit Orchideen drauf. Ob Ma die früher immer zum Tanzen trug? Sie war eine begnadete Tänzerin, wovon ich allerdings nichts abbekommen habe.
Ich stöbere so durch die Kleider, probiere eins nach dem anderen an, bis ich eine alte Holztruhe entdecke, auf der ein Tagebuch liegt. Ich nehme es von der Truhe und widme mich dieser. Sie ist mir nie zuvor aufgefallen. Es hält mich jedoch etwas ab, die Truhe zu öffnen. Als wäre eine unsichtbare Wand davor, so, dass ich sie nicht einmal berühren kann. Ich lasse von der Truhe ab und nehme das Tagebuch von Ma. Ich möchte wissen, was sie für ein Mensch war, was sie erlebt hat, was ihre Gedanken waren.
Ich gehe in mein Zimmer, setze mich auf mein Bett und öffne das Tagebuch. Im Einband steht in Handschrift geschrieben: Tagebuch von Sofia – Chenoa Renoí. Das ist der Mädchenname meiner Ma gewesen. Dann blättere ich auf die erste Seite. Sie ist vergilbt und die Schrift schon ein wenig verblasst. Aber ich kann es dennoch lesen. „Mai, 12/1986“ - das war ein Jahr bevor ich kam und sie Pa heiratete.
„Liebes Tagebuch!
Ich habe den Mann meiner Träume gefunden. Wir haben uns im Eiscafé kennen gelernt, in dem ich arbeite. Er ist groß, hat braun-grüne Augen, Muskeln aus Stahl und wunderbar schwarze, lange Haare, die er zu einem Zopf gebunden hat. Seine makellosen Gesichtszüge sind fast schon unnatürlich schön. Meistens hat er eine schwarze, enge Jeans mit weißen Shirt an. Dazu schwarze Schuhe und eine schwarze Lederjacke. Er hat eine anziehende Aura an sich. Als ich ihn das erste Mal gesehen habe, blickte er mir ganz tief in die Augen. So intensiv, dass er mich in seinen Bann zog. Ich konnte ihn nur noch anstarren, alles, was er von mir gewollt hätte, hätte ich für ihn getan...“
Ich höre auf zu lesen und muss die Zeilen erst einmal sacken lassen. Die Beschreibung des jungen Mannes kenne ich nur zu gut. Es ist die Beschreibung von Tane aus meiner Klasse. Aber kann er es wirklich sein? Tane ist doch auch gerade mal 18. Er kann es unmöglich sein, oder doch? Er hat, wie Ma es in ihrem Tagebuch beschreibt, eine anziehende Aura an sich. Er zieht alle Mädchen wie magisch an, aber trotzdem ist er für jeden unerreichbar. So, als hätte er eine unsichtbare Mauer um sich. Als die alte Turmuhr zwölf Uhr schlägt, schrecke ich aus meinen Gedanken über Tane hoch. Ich muss zur Arbeit. Noch das Tagebuch in meiner Hand renne ich zu meinem großen Kleiderschrank, um die Arbeitskleidung: eine weiße Bluse mit Lilienstickerei am Kragen, eine schwarze Hose und eine schwarze Weste, anzuziehen. Dann lege ich das Tagebuch in die Schublade meines Schreibtisches, schließe die Lade ab und nehme mein Kellerportemonnaie. Ich renne die Treppe runter, schnappe mir mein Rad und fahre zur . Ich arbeite im Eiscafé in der Stadt.
Von Weitem sehe ich auch schon meine Freunde Nannette und Sandro. Die zwei sind bis über beide Ohren in einander verliebt. Nannette ist 18, hat eisblaue Augen und glänzende blonde, lange Haare. Sie reichen ihr bis zum Po. Wir nennen sie alle Nanni. Das sie übernatürliche Kräfte besitzt, weiß sie von ihrer Großmutter. Diese kann Visionen empfangen und Nanni hat diese Fähigkeit geerbt. Wie sie damit umgeht ha ihre Großmutter ihr schon früh beigebracht.
Sandro ist 19, hat ebenfalls blaue Augen, aber kurze, blond gefärbte Haare. Er ist sehr sportlich gebaut und stark. Seine Stärke hat er seit letztem Jahr, nachdem er bei einer Wahrsagerin auf dem Rummel war. Sie hat ihm die Zukunft vorausgesagt und ihm prophezeit, er wird sehr kräftig werden in nächster Zeit. Da er so ungläubig ist, hat er ihr natürlich nicht geglaubt. Doch als Nanni fast unter einem Baumstamm zerquetscht wurde und er den Baum alleine zur Seite gehievt hat, hat er sich an die Worte der Wahrsagerin erinnert. Seit dem hält er sich mit ein wenig Joggen und Sport im Fitnessstudio fit.
Nun sind die beiden bei mir im Eiscafé und bestellen den Eisbecher Sweet-Love. Ein Becher für zwei mit Vanilleeis, Erdbeersoße, Erdbeeren und Herzwaffeln. Da sie die einzigen Gäste im Café sind, unterhalten wir uns über den kommenden Valentinstagsball und ob ich auch dort hin gehe. Vor allem wollen die beiden wissen, wer meine Begleitung werden wird. Ich entgegne ihnen nur, dass eher die Welt untergeht, bevor ich auf den Valentinstagsball gehe. Und außerdem ist ja noch lange Zeit bis dahin. Es ist erst Oktober und der Ball ist im Februar. Da mache ich mir keine Gedanken drum, zumindest jetzt noch nicht.
Nanni fällt mir ins Wort und fragt, ob ich Lust habe, nächste Woche mit ihr ein Ballkleid auszusuchen und ein wenig shoppen zu gehen. Ich antworte gedankenversunken, dass ich mitkomme, wenn mein Arbeitsplan es zulässt. Den bekomme ich jedoch erst morgen. Der andere Keller an der Theke ruft nach mir, der bestellte Eisbecher ist fertig zum Servieren. Auch den Rest des Tages ist nicht viel los im Eiscafé.
Wieder zu Hause gehe ich meinen Vater begrüßen, mache mir was zu essen. Nudeln mit Spinat, meine Lieblingsspeise und gehe nach dem Essen duschen. Unter der Dusche bin ich in Gedanken wieder bei dem Tagebuch meiner Ma. Zurück in meinem Zimmer hole ich das Tagebuch wieder aus der Schublade, lege mich aufs Bett und lese dort weiter, wo ich heute Vormittag stehen geblieben bin:
„Was mir an meinem Traummann auffällt sind zwei Dinge. Er ist anscheinend unnahbar, keiner kennt ihn näher oder hat ihn je zuvor gesehen.Zum Anderen trägt er einen silbernen Ring mit einem Smaragdstein, was für einen Jungen seines Alters nicht üblich ist. Seinen Namen kenne ich leider nicht, obwohl er bis jetzt jeden Tag im Eiscafé war. Ich muss unbedingt meinen ganzen Mut zusammennehmen und ihn nach seinem Namen fragen,...“
Ich überfliege die nächsten Zeilen, bis ich endlich den Namen des mysteriösen Unbekannten gefunden habe. Leicht enttäuscht lege ich das Buch wieder zurück. Ich murmele immer und immer wieder denselben Namen vor mich hin:“Mike“, bis ich schließlich erschöpft eingeschlafen bin.
Ich träume vom Eiscafé, in dem ich arbeite. Alles ist leer und ich bin alleine in dem großen Café. Ich schaue an mir herab und kann es kaum glauben, ich habe das cremefarbene Kleid mit den Orchideen drauf an. Plötzlich wird das Licht gedimmt und die Tür des Eiscafés geht auf, eine dunkle Gestalt tritt ein. Ich kann kaum etwas erkennen, nur die Silhouette der Gestalt. Im gedimmten Licht blitzt ein Gegenstand auf. Ich versuche mich zu konzentrieren und zu erkennen, was es ist. Mit zusammengekniffenen Augen formt sich langsam etwas kleines, silbernes. Die Gestalt kommt mir immer näher und näher. Nun bleibt diese vor mir stehen. Ich kann immer noch nichts erkennen, außer einem silbernen Ring. Urplötzlich ertönt eine tiefe und atemberaubende Männerstimme:“Diandra, du, nur du allein kannst mich retten – beeil' dich, bevor es zu spät ist! Ich bitte dich – hilf' mir!“. Ich erwache schweißgebadet. Noch immer höre ich die Stimme „hilf' mir Diandra, bitte hilf' mir!“.
Ich sitze im Bett und frage mich: Habe ich die Worte gerade wirklich gehört oder ist das nur ein sehr realer Traum gewesen?
Immer noch schweißgebadet sitze ich auf meinem Bett, die Bettdecke fest umklammert und aus dem Fenster in die Nacht starrend.
Plötzlich höre ich einen lauten Knall. Er holt mich in die reale Welt zurück. Irgendetwas ist gegen mein Fenster geflogen. Ich raffe mich langsam auf, gehe vorsichtig zum Fenster und schaue raus. Doch es ist nichts zu sehen. Lediglich eine schwarze Feder, die dem Boden entgegen schwebt. Genau in diesem Moment schreit eine Krähe in der alten Eiche gegenüber meines Fensters. Ich sehe ihre Augen leuchten. Sie starrt in meine Richtung, fixiert mich an. Dann breitet sie ihre Flügel aus und schießt im Sturzflug auf mich zu. Vor Schreck gehe ich ein paar Schritte zurück und falle rückwärts auf mein Bett. Irgendwann,spät nach Mitternacht, schlafe ich vor Erschöpfung wieder ein.
Am nächsten Morgen treffe ich auf Nannette. Aufgeregt berichte ich ihr meine Geschichte. Sie schaut mich mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an, so, als wüsste sie schon alles. Sie versucht sich nichts anmerken zu lassen und sagt sie ist selbst sehr erstaunt über diesen Traum und die Geschehnisse. Wir gehen nebeneinander her. Unser Ziel ist der Wald, nahe dem alten Friedhof. Wir sind oft dort, um abzuschalten und die Natur zu genießen. Es ist nicht weit bis dort hin, aber es ist wunderschön. Alles so ruhig, nur die Tiere, die man hört, den Wind in den Bäumen.
Nach kurzer Zeit sind wir am Waldrand angekommen, da bekommt Nannette einen Anruf. Sie erklärt mir, sie soll schnell nach Hause kommen, etwas stimmt nicht mit ihrer Oma. Fix verabschiedet sie sich von mir und geht dann. Nun bin ich alleine im Wald. Überall sind die Vögel zu hören, wie sie singen und die Eichhörnchen, wie sie Nüsse knacken. Wunderschön, so die Natur genießen zu können. Ich laufe bis zu einer größeren Lichtung. Dort angekommen, fällt mir auf, dass die Vögel nicht mehr singen, dass alle Tiere verschwunden sind. Um mich herum höre ich urplötzlich Flügelschläge. Ich drehe mich im Kreis, um herauszufinden, wo diese Geräusche her kommen. Doch ich sehe nichts. Ich versuche klare Gedanken zu fassen und mir einzureden, dass ich mir alles nur einbilde. Plötzlich, aus dem Nichts, greift mich ein Vogel an. Eine schwarze Krähe. Sie verletzt mich. Drei lange Kratzer von ihren Krallen bluten nun an meinem Arm. Die Krähe lässt von mir ab und fliegt davon.
Hinter mir höre ich wie sich Schritte nähern. Noch bevor ich mich umdrehen kann, legt sich eine Hand auf meine Schulter. Vor Angst stoße ich einen lauten, schrillen Schrei aus. Gleichzeitig drehe ich meinen Kopf langsam herum und sehe in ein männliches Gesicht. Es kommt mir bekannt vor. Ich brauche etwas, bis ich mich wieder gefasst habe und erleichtert aufatme. Es ist Xander. Der gut aussehende, schüchterne Kerl aus der Kunstgalerie neben der Eisdiele.
Seine Augen sind grün-braun und er hat pechschwarze, immer top gestylte Haare. Er kommt um mich rum, bückt sich zu mir runter und fragt, ob mit mir alles in Ordnung ist. Heiser und kaum hörbar bekomme ich ein „Ja“ heraus. Meine Gedanken kreisen um die Frage, was er hier macht, alleine auf der Lichtung. Aber dasselbe fragt er sich sicher auch, was ich hier alleine mache. Er schaut mich an und antwortet mir nur, dass er auf dem Weg zum Friedhof sei, um ein altes Familiengrab zu besuchen. Ohne Pause fragt er, was mich hier hin getrieben hat. Als ich ihm gerade antworten möchte, höre ich wieder den Schrei dieser Krähe und zucke zusammen. In dem Moment nimmt mich Xander beim Arm und sagt, dass er mich besser nach Hause bringt. Leider hat er mich an verletzten Arm gefasst und ich wimmere etwas vor Schmerz. Xander schaut mich an, auf meinen Arm, dann wieder mich. Ich erläutere ihm kurz und knapp, dass mich die Krähe aus dem Nichts heraus angegriffen und verletzt hat. Nun nimmt er mich sachte beim anderen Arm und bringt mich zu seinem Auto.
Als ich es sehe, fällt mir die Kinnlade runter. Es ist ein Ford Mustang GT von 1967 in matt-schwarz mit zwei weißen Streifen, beginnend auf der Motorhaube bis hinten zum Heck. Xander hält mir die Tür auf und hilft mir in den Wahnsinnswagen. Er fährt mich sicher und behutsam. Unterwegs sprechen wir kein Wort miteinander. Ich schaue mich in Auto um. Mir fällt an seinem rechten Ringfinger ein auffällig alter Ring mit Smaragdstein auf. Doch auf meine Frage nach dem Ring bekomme ich keine Antwort.
Als wir vor meiner Haustür ankommen, danke ich ihm freundlich für das nach-Hause-bringen und möchte gerade aus dem Auto aussteigen, als er mich am Arm zurück-hält. Ich schaue ihm in seine Augen, die dunkler geworden zu sein scheinen und fast schon schwarz wirken. Ich frage ihn, was er möchte, was mit seinen Augen los sei. Als Antwort bekomme ich nur, die Augen sind normal, es ist das schlechte Licht im Auto. Was er von mir wolle, fängt er zögernd an. Er möchte, dass ich keinem erlaube in mein Zimmer einzutreten, sei denn, es sind gute Freunde. Er fügt noch hinzu, dass es sehr wichtig ist. Ich soll es ihm versprechen. Perplex von seinen Worten tue ich das dann auch. Steige aus seinem Auto und gehe, etwas verwirrt durch seine Bitte, zur Haustür. Ich drehe mich um, um ihm Tschüss zu sagen, doch er ist schon verschwunden.
Mit dem Gedanken, mich bei meiner nächsten Schicht im Eiscafé, bei ihm zu bedanken, gehe ich in die Wohnung. Im Badezimmer lasse ich mir ein heißes Bad ein. Nachdem ich gefühlt eine halbe Ewigkeit im warmen Wasser entspannt habe, steige ich aus der Wanne, betrachte meine Kratzer auf dem Unterarm und ziehe mich gedankenverloren an. Ich räume noch schnell die Handtücher in den Wäschekorb, gehe in mein Zimmer und lege ich ins Bett. Heute war ein aufregender und anstrengender Tag. Kaum im Bett fallen mir auch schon die Augen zu.
Da ist er schon wieder, dieser Traum. Ich stehe im leeren Eiscafé in dem cremefarbenen Kleid mit den Orchideen drauf. Eine dunkle Gestalt tritt ein, ich erkenne nur das Blitzen eines silbernen Gegenstandes. Ein silberner Ring mit Smaragdstein. Ist es Xander, der mir etwas mitteilen will? Er trägt doch so einen Ring, aber warum erscheint er in meinen Träumen, was hat das zu bedeuten?
Ein Klopfen an meinem Fenster lässt mich hoch schrecken. Die Krähe hockt auf dem Fenstersims und hackt mit ihrem Schnabel gegen die Fensterscheibe. Langsam gehe ich zum Fenster, umfasse den Griff und möchte es gerade öffnen, als auf einmal kleine Steine am Fenster abprallen. Die Krähe fliegt mit einem lauten Schrei davon. Doch draußen ist niemand zu sehen. Nein, dahinten, eine Schattengestalt, die weg zu rennen scheint. Wer es war kann ich leider nicht erkennen. Ich gehe zurück in mein Bett und schlafe mit vielen Fragen, die in meinem Kopf kreisen ein.
Da morgen Samstag ist nehme ich mir vor auszuschlafen. Dann möchte ich nach einem ausgiebigen Frühstück das Tagebuch meiner Ma dort weiter lesen, wo ich stehen geblieben bin. Doch viele Fragen nagen an mir: Wer ist diese Schattengestalt gewesen und warum hat sie die Krähe verjagt? Und was hat es mit Xander auf sich?
Ich liege nun noch unter meiner Bettdecke und bin todmüde, mein Arm schmerzt noch ein wenig. Diese Nacht habe ich keinen Traum von dieser geheimnisvollen Gestalt gehabt. Der Wecker klingelt und ich schrecke zusammen. Ich habe total vergessen, ihn aus zu stellen.
Zerzaust wie jeden morgen betrachte ich mich im Spiegel gegenüber von meinem Bett. Ich erschrecke mich vor mir selbst. Meine sonst so grünen Augen haben nun leichte rotfarbene Sprenkel in der Iris. Ich stehe auf und begutachte mich genauer im Spiegel. Als es an der Tür klopft, bekomme ich fast einen Herzinfarkt. Nach kurzem Zögern bekomme ich ein klägliches „herein“ zustande.
Die Tür öffnet sich langsam und Xander steht im Türrahmen. Ich schaue ihn verdutzt an und frage mich, woher er weiß, das hier mein Zimmer ist und vor allem, wie er ins Haus kommt. Bevor ich die Fragen aussprechen kann entschuldigt sich Xander, dass es ihm Leid tut, mich so früh am morgen zu stören, jedoch will er sich erkundigen, wie es mir geht. Doch zuerst soll ich in Ruhe duschen gehen, dann machen wir einen Spaziergang. Wenn es für mich in Ordnung ist, wartet er in meinem Zimmer auf mich. Jetzt erst wird mir bewusst, dass ich zerzaust vor Xander stehe, ich werde rot und spüre die Hitze in mir aufsteigen, laufe schnell ins Bad und stelle die Dusche an.
Im Halbschlaf stehe ich unter dem warmen Wasserstrahl. Er läuft mir meinen Rücken runter. Es fühlt sich wie eine zarte, streichelnde Berührung an. Schon kommt dieser seltsame Traum in dem ich in der Eisdiele stehe, wieder hoch. Das Wasser wird plötzlich eiskalt und ich komme aus meiner Traumwelt zurück in die Realität. Ich trockne mich sorgfältig ab, ziehe meine hell-blaue Bluse und meinen hell-blauen Rock an. Kämme mir schnell die Haare durch und binde sie zu einem Zopf zusammen. Dann gehe ich in mein Zimmer und da sitzt er, immer noch so, wie ich das Zimmer verlassen habe. Nun schaut er zu mir auf, in diesem Augenblick kann ich nicht anders als ihn anzustarren. Einfach nur in seine wunderbar grünen Augen starren. Seine tiefe und atemberaubende Stimme dringt zu mir durch und fragt, ob ich fertig bin und wir los können. Ich schnappe mir noch schnell meinen Rücksack, in dem ich für gewöhnlich mein Portemonnaie, mein Handy und allerlei anderes Kleinzeug drin habe und gehe mit Xander die Treppe zur Haustür runter. Ich rufe nach Paps, dass ich jetzt weg bin und heute Abend erst zurück bin. Dann schließe ich die Haustür hinter mir.
Xander macht mir die Tür von seinem Wagen auf und lässt mich einsteigen, dann schließt er sie vorsichtig. Kaum, das die Tür geschlossen ist, sitzt er schon auf dem Fahrersitz neben mir. Dann fährt er los. Wie den Abend zuvor schweigen wir uns an. Ich frage mich, was er wohl neben dem Spaziergang noch vor hat. Da kommt von ihm „Picknick?!“. Verwirrt frage ich ihn, was er gesagt hat. Darauf entgegnet er mir, ob ich Lust auf ein Picknick habe. Ich antworte ihm leise, dass ich dazu Lust habe. Anstatt in Richtung des Parks zu fahren, fährt er in Richtung des Waldes. Er fährt bis zum Parkplatz des Friedhofs. Wir steigen aus und er holt uns aus seinem Kofferraum einen Picknickkorb, ebenso wie eine rote Decke. Er nimmt alles auf einen Arm, den anderen bietet er mir an, das ich mich unter haken kann. Dies tue ich dann auch.
Er führt mich über den Menschenleeren Friedhof bis hin zu einer kleinen, unscheinbaren aber wunderschönen Lichtung. Dort breitet er die Decke aus. Sie liegt sofort perfekt, ohne auch nur eine Falte aufzuweisen. Dann stellt er den Korb vorsichtig ab, nimmt sanft meine Hand und bittet mich mit einer Verbeugung Platz zu nehmen. Erst danach setzt er sich neben mich. Meine Hand kribbelt von seiner Berührung.
Er öffnet den Korb, holt helle Weintrauben, Käsewürfel, kleine Tomaten aber auch Erdbeeren und Sahne raus. Dann hat er zwei Sektgläser in der Hand, zeigt auf eine schmale, schwarze Flasche im Korb. Auf dem Etikett erkenne ich, dass es Eiswein ist. Das plötzliche ploppen des Korkens bringt mich aus meinen Gedanken zurück ins Hier und Jetzt. Xander hält mir ein inzwischen gefülltes Glas hin, welches ich dankend annehme. Er greift nach den Erdbeeren, nimmt eine und hält sie mir vor den Mund. So schaue ich ihn an und beiße vorsichtig in die Erdbeere. Ich versinke immer mehr in seinen Augen. Nun hält er mir eine der hellen Weintrauben hin und rückt dabei ein Stück näher zu mir hin. Auch diese Frucht esse ich ihm vorsichtig aus der Hand. Dabei berühre ich flüchtig seinen Finger und er zuckt zusammen, als hätte er einen elektrischen Schlag bekommen.
Ich nehme die nächste Traube und führe sie langsam in Richtung von meinem Mund und kurz vorher halte ich inne und führe sie zu seinem. Er nimmt die Traube zwischen seine Zähne und legt sein strahlenstes Lächeln auf, wie er es mit der Traube im Mund nur kann. Wie magisch angezogen bewege ich meinen Kopf langsam zu ihm hin, einen Zentimeter, bevor sich unsere Lippen berühren, halte ich inne. Schaue von seinen Lippen auf in seine Augen und in dem Moment legt er eine Hand zärtlich an meine Wange und küsst mich. Ich ergebe mich seinem Kuss. Überall kribbelt mein Körper. Seine Hände halten mich behutsam fest, während wir uns langsam der Decke nach unten entgegen bewegen, bis wir uns küssend gegenüber liegen.
Urplötzlich taucht mein Traum wieder in meinem Kopf auf, doch ich kann mich nicht wehren, nicht aufwachen, als wäre ich in ihm gefangen liege ich da. Obwohl ich meine Hände spürbar in Xanders schwarzen Haaren vergrabe und ihn weiter küsse. Als sich der Traum dem Ende nähert, wo die geheimnisvolle Gestalt mich bittet ihr zu helfen, sie zu retten, ertönt ein Vogelschrei über uns und lässt mich zusammen schrecken.
Die Bilder vom Angriff gestern sind wieder ganz deutlich vor meinen Augen. Der Vogel, der geschrien hat, fliegt ganz tief über unsere Köpfe hinweg und verschwindet in den Bäumen.
Reflexartig nimmt Xander mich schützend in seine Arme. Erst Minuten später, was mir wie eine halbe Ewigkeit vorkommt, lockert er den Griff und löst die Arme von mir. Kaum dass ich seine Arme nicht mehr an mir spüre beginne ich zu zittern und es ist mir kalt. Xander legt einen Arm schützend um meine Taille. Der Vogel scheint weg zu sein.
Mit der freien Hand greift er in den Picknickkorb und holt ein kleines, viereckiges und wunderschön verziertes Holzkästchen raus. Er schaut mich an und öffnet das Kästchen. Und das, was dann zum Vorschein kommt, verschlägt mir den Atem.