Achtsamkeit - Han Shan - E-Book

Achtsamkeit E-Book

Han Shan

0,0

Beschreibung

Mit sich selbst und anderen in Harmonie leben, die Anforderungen von Beruf und Alltag gelassen annehmen und eine gelingende Partnerschaft ermöglichen – Han Shan gibt uns hochwirksame Achtsamkeitstechniken an die Hand, mit denen wir uns von Konditionierungen befreien und unser wahres Potenzial erschließen können. Damit lernen wir, die uns gegebenen Energien wahrzunehmen, zu stärken und dauszubalancieren. Alles, was wir für Glück und innere Harmonie brauchen, ist bereits in uns angelegt – wir müssen nur lernen, es anzunehmen. Han Shan, der Millionär, der zum Bettelmönch wurde, entwickelte mit dem INSIGHT Mind Focusing ein Achtsamkeitstraining, das uns einen direkten Zugang zu unserem wahren Selbst und unserem verborgenen Potenzial ermöglicht. Eine Rückbesinnung auf ethische Werte wie Mitgefühl, universelle Liebe, Mitfreude und mentale Ausgewogenheit verhilft uns zu einer neuen Qualität und Harmonie im Zusammenleben mit allen lebenden Wesen. Dies ist das größte Geschenk, das wir uns selbst machen können. Mit neuer innerer Stärke sind wir in der Lage, aus ganzem Herzen zu geben. Wir lieben uns selbst – und können andere wahrhaftig lieben, ohne falsche Erwartungen an sie zu stellen. Glück und Frieden sind keine Utopie; wer sich selbst managen lernt, kann beides in sich realisieren und hinaus in die Welt tragen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 169

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



HAN SHAN

ACHTSAMKEIT

DIE HÖCHSTE FORM DES SELBSMANAGEMENTS

1. eBook-Ausgabe

© 2012 Scorpio Verlag GmbH & Co. KG, Berlin . München

Umschlaggestaltung und Motiv: David Hauptmann,

Hauptmann & Kompanie Werbeagentur unter Verwendung eines

Fotos von Christian Kaufmann

Satz: BuchHaus Robert Gigler, München

eBook-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

ePub-ISBN 978-3-941837-78-2

Das eBook einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.

www.trinity-verlag.de

Sich zu managen heißt, die wahre Natur der Dinge in sich selbst wahrzunehmen und zu erkennen, um dann das eigene Leben danach auszurichten. Achtsamkeit ist der Schlüssel, der das Tor zu uns selbst öffnet, damit wir hindurchgehen können, um eine neue, ungeahnte Dimension in unser Leben einzuladen.

INHALT

Vorwort

KAPITEL 1

Wie wichtig ist Achtsamkeit im täglichen Leben?

KAPITEL 2

Die Macht des Verstandes

KAPITEL 3

Der Achtsamkeit auf der Spur

KAPITEL 4

Die Praxis der Achtsamkeit – Insight Mind Focusing

KAPITEL 5

Achtsamkeit in den Tag tragen

KAPITEL 6

Unterstützende Wesenseinstellungen

KAPITEL 7

Die höchste Form des Selbstmanagements

Nachwort

Literatur

Erfolg muss nicht unbedingt glücklich machen, doch glücklich zu sein macht uns erfolgreich.

VORWORT

Mit dem vorliegenden Buch möchte ich Sie einladen, die Achtsamkeit kennenzulernen und in Ihr Leben zu integrieren. Von der 60-Sekunden-Meditation bis hin zum Achtsamkeitstraining stehen Ihnen Werkzeuge zur Verfügung, die Sie in jedem Augenblick einsetzen können, um Ihr Leben freier zu gestalten und weise zu managen.

Viele Male macht unsere Vorstellung von Glück uns glauben, nur dann glücklich sein zu können, wenn wir etwas erreicht haben und erfolgreich sind. Auf dem Weg dorthin lassen wir uns auf Umstände ein, die uns unglücklich machen. Stress, Unannehmlichkeiten, Ärger, Enttäuschung sind unsere Wegbegleiter, und weil sie auch für andere spürbar und oft sogar sichtbar sind, werden sie für uns zum Hindernis. Dann haben wir einen schweren Weg vor uns, der uns zermürbt, ja sogar krank machen kann. Wenn wir aber lernen, die Freude im Moment wahrzunehmen, nehmen wir die Energie des Glücks mit auf den Weg und strahlen sie auch auf unser Umfeld aus. Wir sind glücklich auf dem Weg, der uns leichtfällt, und schaffen so in uns die besten Voraussetzungen, um auch erfolgreich zu sein.

KAPITEL 1

WIE WICHTIG IST ACHTSAMKEIT IM TÄGLICHEN LEBEN?

Wenn wir etwas achtsam tun, dann tun wir es gut.

Wenn wir etwas gut getan haben, wird es auch ein gutes Resultat einladen.

HAN SHAN

»Pass auf …« hören wir als Kinder, wenn es darum geht, Dinge gut und richtig zu machen. »Pass auf die Autos auf« zum Beispiel. Das heißt: stehen bleiben, aufmerksam nach rechts und links schauen, vielleicht noch warten, bis das Ampelmännchen grün wird, und dann zügig über die Straße gehen. Am Essenstisch und in der Schule sollen wir gerade sitzen oder zumindest nicht rumlümmeln. Wir sollen aufmerksam bei der Sache sein, uns gut benehmen und die richtigen Antworten geben. Kurz: Wir sollen darauf achten, was wir sagen, was wir tun und wie wir es tun. Wir sollen achtsam mit unserem Körper, unseren Gefühlen, unserem Umfeld umgehen. Aus Erfahrung lernen wir: Wenn wir etwas wirklich achtsam tun, gelingt es uns meistens – und wir haben Freude daran.

Doch was ist Achtsamkeit? Wie bin ich achtsam? Und: Wie wichtig ist Achtsamkeit wirklich? Kann sie uns helfen, ein erfülltes Leben im Einklang mit unserer Umwelt zu führen, Stress zu reduzieren, Ängste abzulegen und Wege aus der Depression zu finden?

IM STRUDEL DER ZEIT

Tag für Tag lassen wir uns von der Hektik des Lebens anstecken und tragen dieses Gefühl in unseren Alltag. Alles muss immer schneller gehen, sei es das Essen, die Arbeit oder die Freizeitaktivitäten, und unsere Gedanken springen von einem zum andern und bringen uns durcheinander. Nach und nach geraten wir in den Strudel unserer schnelllebigen Zeit, schweifen ständig ab und vergessen die Gegenwart, denn unsere Gedanken kreisen um gestern und morgen, spinnen sich unablässig selbst weiter und nehmen dabei die absurdesten Umwege. Wir geraten in Angst, Stress und Depression, sind überfordert, lassen uns provozieren, verletzen und werden verletzt. Die geschäftige Welt hat uns im Griff und lenkt uns von der Gegenwart ab. So vergeht ein Tag nach dem anderen, in dem uns das wirkliche Leben entgleitet. Vergangenes bewältigen, Zukunftspläne schmieden, an morgen denken. Hat man da überhaupt noch Gelegenheit, sich auf den Augenblick zu besinnen? Wie viele Dinge erledigen wir mechanisch und sind dabei mit den Gedanken in weiter Ferne?

Dabei liegt alle Kraft im Augenblick.

Wenn Sie auf einem Felsgrat wandern und nicht auf Ihren nächsten Schritt achten, bringen Sie sich in Gefahr und stürzen womöglich ab. Was zählen die Pläne, die Sie für die Zukunft hatten, dann noch? Was nutzt es Ihnen, den Gipfel vor Augen zu haben, wenn Sie ihn aus Unachtsamkeit nicht mehr erreichen?

Wir Menschen neigen dazu, unseren Lebensweg in seiner Gänze im Blick haben zu wollen. Auf Dauer erschöpft uns das, denn zu der momentanen Anstrengung addiert sich der vergangene und zukünftige Ballast. Gleichzeitig wollen wir auf alles gefasst sein, unser Ziel immer vor Augen haben. Doch gelingt uns das? Kann es uns überhaupt gelingen? Wie können wir auch nur einen achtsamen Schritt tun, wenn wir dabei unablässig alle positiven und negativen Eventualitäten durchspielen?

Wenn wir unsere Achtsamkeit jedoch auf die einzelnen Schritte lenken, und zwar immer nur auf den gegenwärtigen Schritt, erreichen wir ohne Weiteres den Gipfel. Vermutlich stellen wir sogar fest, dass der Weg, wenn er auf diese Weise gegangen wird, viel weniger mühsam ist.

In unserem Bestreben nach Sicherheit versuchen wir, die Zukunft fassbar zu machen. Doch in Wahrheit wissen wir nicht, was in der nächsten Sekunde geschieht. Und so geraten wir in einen eigentümlichen Zwiespalt: Wir stellen uns die Zukunft vor und wollen dabei zur Sicherheit auf alle Möglichkeiten vorbereitet sein. Darüber vergessen wir die Gegenwart, die über unsere Zukunft entscheidet.

EIN MOMENT DER UNACHTSAMKEIT

Ein kleiner Moment der Unachtsamkeit kann unser Leben grundlegend ändern. Wir stehen auf, ein wenig schlaftrunken vielleicht, sehen die Türschwelle nicht, stolpern und liegen für Wochen mit einem Gipsbein im Bett. Das Kind, das sieht, wie sein Ball auf die Straße rollt, rennt ihm hinterher. Ihr Beifahrer steigt aus dem Wagen und vergisst, auf den Radfahrer zu achten, der gerade vorbeifahren will. Ein schwerer Unfall kann die gesamten Pläne für die Zukunft zunichtemachen. Und es ist nicht allein die eigene Unachtsamkeit, die Folgen für Sie haben kann, sondern auch die anderer Menschen.

Unachtsamkeit … auch ich war damit konfrontiert, als ich noch Geschäftsmann und Unternehmer war und die Realität des Lebens mich eines Nachts einholte. In den Siebzigerjahren war ich von Deutschland nach Singapur ausgewandert, um in einem großen deutschen Unternehmen zu arbeiten. Asien faszinierte mich, die Flexibilität der Menschen, das Zusammengehörigkeitsgefühl. Schon bald gründete ich eine eigene Firma und band, ganz nach asiatischer Tradition, die dort geltenden ethischen Grundsätze in die Geschäftsführung mit ein. Wir hatten Erfolg und, wichtiger noch, den Kopf voller Ideen für neue Produkte, die wir weltweit anbieten wollten.

Doch ich hatte nicht damit gerechnet, dass nichts wirklich vorhersehbar ist. Dass wir nichts festhalten können und dass sich alles, was im Außen geschieht, unserer Kontrolle entzieht. Und während ich eines Nachts im Wagen von Singapur nach Penang fuhr und Pläne für ein neues Produkt schmiedete, scherte ein Lastwagen vor mir aus und drängte mich von der Spur. Da war kein Platz, um auszuweichen, mein Wagen überschlug sich wieder und wieder – doch ich überlebte ohne eine einzige Schramme.

In dieser Nacht änderte sich alles für mich. Ich erkannte: Das Bild, das ich von mir selbst hatte, war nichts als Illusion. Nichts von all dem, was ich besaß, hätte ich mitnehmen können, wenn ich gestorben wäre, weder meine Firma noch meine Ideen. Und nichts davon hatte mir das beschert, was mir auf einmal wichtiger war als alles andere auf der Welt: Wissen. Wissen, was wirklich ist, wer ich bin, woher ich komme, warum ich lebe. Was aus mir wird, wenn ich sterbe.

Wenige Wochen später entschied ich mich, allen äußeren Schein abzulegen und als Bettelmönch nach Thailand zu gehen. Zwei Jahre lebte ich auf einer Insel im Nong-Han See im Nordosten des Landes und meditierte. Später ging ich in einen Waldtempel und errichtete schließlich auf einem Stück Land, das mir überantwortet worden war, einen Ort des Rückzugs. Ich praktizierte die Achtsamkeitsmeditation – und fand in mir, was ich gesucht hatte: Antworten auf all meine Fragen.

Schon früh hatte ich gelernt, zwei Welten zu verbinden: die westliche, die mich geprägt hatte, und die östliche, die mir half, wahres Wissen zu erschließen. Daraus entwickelte ich meine eigene Methode der Achtsamkeitsschulung, das Insight Mind Focusing, das in Kapitel 4 ausführlich erklärt wird. Denn die Fähigkeit zur Achtsamkeit ist ein Werkzeug, das wir Menschen alle immer bei uns tragen und das uns hilft, unser wahres Potenzial freizulegen.

Es war ein winziger Moment der Unachtsamkeit aufseiten eines anderen Menschen, der über mein Leben entschied. Doch nicht nur Unfälle oder Katastrophen können unsere Pläne vereiteln. Jeder einzelne Moment beeinflusst unser Leben. Alles, was wir denken, sagen und tun oder eben nicht denken, sagen und tun, hat Konsequenzen. Manchmal nur für den nächsten Augenblick, den nächsten Tag vielleicht, manchmal aber auch für unser ganzes Leben.

Wenn es uns gelingt, den Moment mit all seiner Kraft achtsam zu erfahren, haben wir Zugriff auf unser gesamtes Potenzial und können uns wahrhaft entfalten. Doch erleben wir nicht vielmehr, dass unser Alltag voll von unwillkürlichen Reaktionen ist und wir auf eine Weise funktionieren, die uns anerzogen wurde? Dass wir den Forderungen und Erwartungen von außen genügen müssen und uns selbst darüber vergessen? Dass unser tägliches Leben uns entgleitet?

Der Druck, der uns von der Gesellschaft heutzutage entgegengebracht wird, ist gewaltig. Dazu kommt, dass wir uns selbst Druck machen, oft ohne dass uns dies bewusst ist. Wir werden ständig in verschiedenste Dinge hineingezogen, in Schubladen gesteckt, auf einem Gleis abgestellt und wissen nicht, dass wir in der Lage sind, etwas daran zu ändern. Dies gilt für den gestressten Geschäftsmann ebenso wie für den Arbeitslosen, für die Leistungssportlerin wie für die alleinerziehende Mutter, für den Arzt wie für den Kranken. Auch wenn wir nur bedingt Einfluss auf unsere Lebensumstände haben, können wir mithilfe von Achtsamkeit anders mit ihnen umgehen.

Achtsam zu leben heißt, als Allererstes Verantwortung für uns selbst zu übernehmen. Niemand anderer kann dies tun, es fällt allein in unseren Bereich. Kein Partner, kein Arbeitgeber, kein Kind, keine materiellen Dinge und auch keine Religion, keine Philosophie, kein Staatsmann sind für unser eigenes Glück verantwortlich – nur wir allein. Denn das Glück tragen wir bereits in uns. Wir müssen es nur freilegen.

Wenn wir lernen, achtsam mit dem Moment umzugehen, wird das Leben einfacher. Und in dieser neuen Einfachheit erfahren wir, was innere Freiheit heißt: das Loslösen von falschen Vorstellungen, Erwartungen, Konditionierungen und Manipulationen, die unsere Gesellschaft, unsere Kultur, unsere persönliche Geschichte und Erfahrung mit sich bringen.

Als wahrhaft freie Menschen lassen wir uns nicht länger von anderen vereinnahmen und in Gefahr bringen auszubrennen, sondern ruhen in unserer eigenen Mitte, aus der heraus wir Kraft und Stärke ausstrahlen. Mittels dieser neuen, inneren Stärke sind wir in der Lage, unser Leben zu meistern, wie immer es sich gestalten mag, und auch andere an unserer Klarheit und Nächstenliebe teilhaben zu lassen. In dem Wissen, dass wir andern nur das vermitteln können, was wir in uns selbst realisiert haben, arbeiten wir an unserer Entwicklung, um aus vollem Herzen geben zu können. Wir tragen universelle Liebe und Mitgefühl in uns, ohne von anderen zu erwarten, dass sie uns aus unserer eigenen Unzufriedenheit und innerer Einsamkeit befreien.

Durch die Übung der Achtsamkeit werden Sie aufnahmefähiger, lernfähiger, weil Sie gedanklich nicht mehr abschweifen und stattdessen im Moment präsent sind. Ihre Wahrnehmung verstärkt sich. Sie sehen das Kind, das hinter dem Ball auf die Straße rennt, rechtzeitig und können reagieren. Sie werden ruhiger, ausgeglichener, rücksichtsvoller gegenüber anderen und lassen sich nicht mehr provozieren. Mit Stress und Druck können Sie immer gelassener umgehen und werden nicht von Zweifeln und Panik ergriffen. Stattdessen konzentrieren Sie sich auf Ihre Aufgabe und erledigen alles ruhig eines nach dem anderen, da Ihnen bewusst ist, dass sich jeder Weg aus einzelnen kleinen Schritten zusammensetzt. Auch lassen Sie sich nicht von anderen vereinnahmen, schlimmstenfalls so lange, bis Sie ausbrennen, sondern ruhen in Ihrer eigenen Mitte. Sie fühlen sich stark und selbstbewusst, bereit, Ihr Leben selbstverantwortlich zu meistern.

Dies alles bewirkt die Achtsamkeit, die Achtsamkeit im Moment.

Sie glauben das vielleicht nicht? Das ist gut, denn glauben heißt nicht wissen. Buddha selbst hat die Menschen immer wieder aufgefordert, nichts zu glauben – weder, was in heiligen Büchern steht, noch, was andere ihnen erzählen, er selbst eingeschlossen. Was immer Sie hören oder lesen – auch in diesem Buch: Prüfen Sie es, und nehmen Sie es nur dann an, wenn es für Sie richtig ist und sich für Ihre Entwicklung als förderlich erweist. Wenn Sie die Achtsamkeit in Ihr Leben einladen, werden Sie in der Lage sein, wirkliches Wissen in sich selbst freizulegen.

DIE GESCHICHTE VOM FISCHER UND DEM GESCHÄFTSMANN

Am späten Vormittag saß ein Fischer unter einer Palme am Strand und blickte zufrieden aufs Meer hinaus. Der Morgen hatte ihm einen guten Fang beschert, von dem seine Familie und auch die Leute im Dorf satt werden würden.

Da kam ein Geschäftsmann des Weges.

»Warum sitzt du da unter der Palme und schaust aufs

Meer, statt hinauszufahren und Fische zu fangen?«, fragte er den Fischer.

Der ließ sich nicht in seiner Ruhe stören. »Ich war schon draußen«, sagte er nur.

»Ja, und wie viel hast du gefangen?«

»Genug, dass wir heute satt werden.«

Der Geschäftsmann griff sich an den Kopf. »Mehr nicht?

Das verstehe ich nicht … Du hast doch Zeit, warum fährst du nicht raus und machst noch einen Fang?«

Der Fischer sah den Geschäftsmann verständnislos an. »Wozu denn?«

»Du könntest mehr Fische verkaufen«, ereiferte sich der Geschäftsmann. »Du könntest dir von dem verdienten Geld ein tüchtigeres Boot kaufen, bessere und größere Netze. Damit fängst du mehr und kannst noch mehr verkaufen. Dann kannst du sogar Leute einstellen, die für dich arbeiten, und dein Erlös vermehrt sich. Vielleicht kannst du sogar eine eigene Fischkonservenfabrik gründen und die Fische weltweit vertreiben …«

»Und wenn ich das alles geschafft habe, was mache ich dann?«

»Dann … ja, dann kannst du es ruhig angehen lassen. Du kannst dich irgendwo unter eine Palme setzen und den Blick aufs Meer genießen«, schlug der Geschäftsmann vor.

Der Fischer lachte lauthals. »Und was tue ich jetzt?«

Leben Sie den Moment. Leben Sie im Hier und Jetzt. Leben Sie die Freude am Sein.

KAPITEL 2

DIE MACHT DES VERSTANDES

Der Verstand kann viel bewegen. Er kann nützlich sein und auch zerstörerisch, je nachdem, wie wir ihn einsetzen und mit ihm umgehen. So wie der Mann, der mit seiner eigenen Kraft ein Haus baut, es mit seiner Kraft auch wieder zerstören kann. Es ist dieselbe Kraft, nur wird sie anders genutzt.

Lernen wir also, unseren Verstand zu verstehen, sodass wir ihn zum Wohl aller einsetzen können.

HAN SHAN

Eine frische Brise strich mir übers Gesicht und ließ mein Hemd flattern. Die Nacht hindurch war ich mit dem Bus von Bangkok nach Sakon Nakhon gefahren, einer kleinen Stadt am Ufer des Nong-Han-Sees. Nun saß ich im Bug eines schmalen Fischerbootes und fuhr hinaus zu der Insel, auf der ich als Mönch leben würde.

In der Ferne sah ich eine Gruppe Bäume aufragen. Das musste sie sein: Don Savan, die Insel des Himmels.

Das Boot tuckerte durch Schlingpflanzen und Lotusfelder, dann öffnete sich der See. Ich richtete mich auf. Dieses Gefühl von Freiheit …

Alles hatte ich hinter mir gelassen, das ganze Geschäftsleben, den ganzen Konsum. Um hierherzukommen. Frei zu sein. Zu entdecken, wer ich überhaupt bin und warum ich bin …

Meine Augen brannten. Es war nicht der Wind, der sie tränen ließ. Dieses Gefühl von Freiheit … es war so überwältigend.

Schon einmal war ich aufgebrochen, um frei zu sein. Damals in Singapur hatte ich mein eigenes kleines Unternehmen gegründet, um selbstständig meine Ideen umzusetzen, und zwar ohne die Restriktionen, die eine große Organisation mit sich bringt. Endlich konnte ich das tun, was ich für richtig hielt! Später musste ich erkennen, dass die Realität nicht unbedingt meiner Vorstellung entsprach. Jetzt war ich zwar nicht länger von meinen Vorgesetzten abhängig, dafür aber von Kunden, Angestellten, Zulieferern und Banken …

Auf der Insel, so dachte ich während der Überfahrt, gab es einen neuen Ansatzpunkt für wirkliche Freiheit. Schließlich hatte ich doch mein gesamtes Geschäftsleben losgelassen. Ich hatte den Kopf frei, endlich! So jedenfalls erzählte es mir mein Verstand auf glaubhafte Weise.

Wochen später erkannte ich, dass das, was mir der Verstand als Freiheit vorgespielt hatte, auch keine wirkliche Freiheit war. Gerade mal die Art der Abhängigkeit hatte sich geändert: Jetzt war ich statt von Kunden, Angestellten und Zulieferern abhängig vom Wetter, dem ich ausgesetzt war, den Essensspenden der Bevölkerung, der Tauglichkeit des Bootes, das mich ans Ufer brachte, und statt dem ständigen Termindruck gab es Moskitos, die mich stachen, und Ameisen, die bissen.

Darüber hinaus quälten mich Gedanken und Vorstellungen, die in ihrer Absurdität und Sinnlosigkeit wohl kaum zu übertreffen waren.

Während ich meditierte, wurde mir klarer und klarer, was wirkliche Freiheit bedeutet, nämlich mich von den Zwängen meines eigenen Verstandes zu befreien. Also musste ich nach innen schauen, in mich hinein. Den Verstand beobachten, um ihn kennenzulernen und zu verstehen. Denn um mit ihm richtig umgehen zu können, müssen wir seine Funktionsweise begreifen. Das war der Weg!

KANN DER VERSTAND PAUSIEREN?

Vielleicht kennen Sie das: Sie setzen sich hin, wünschen sich nichts mehr, als einfach mal abzuschalten, zur Ruhe zu kommen … Ein tiefer Atemzug und noch einer … und schon meldet sich der Verstand und fängt beharrlich an, Ihre Ruhe zu stören. Sie ärgern sich, kreist er doch um genau die Dinge, an die Sie eben nicht denken wollen: den Druck in der Arbeit, das mürrische Gesicht der Kollegin, den Ärger der Kinder in der Schule, Ihr Garagenplatz, auf dem der Nachbar mal wieder sein Auto geparkt hat … Was tun?

Eine Weile ringen Sie vielleicht noch mit dem Verstand, versuchen, die störenden Gedanken wegzuschieben. Dabei spüren Sie in sich den wachsenden Wunsch, alles hinter sich zu lassen und auf die einsame Insel zu flüchten, die weit genug von Ihrem Alltag entfernt ist, sodass niemand Sie belangen kann. Möglicherweise haben Sie auch Yoga oder Meditation für sich entdeckt, und es gelingt Ihnen, sich auf Ihren Atem zu konzentrieren und Kraft aus den Augenblicken der inneren Ruhe zu schöpfen. Vielleicht gehen Sie aber auch einfach zum Kühlschrank, gönnen sich einen Snack, setzen sich aufs Sofa und lenken sich mit Ihrem Lieblingsfilm ab. Oder Sie joggen durch den Park und fallen anschließend müde ins Bett.

Warum ist das so? Warum gelingt es uns nicht, unsere Gedanken abzustellen, wenn wir dringend Ruhe brauchen? Warum können wir nicht loslassen und uns freimachen von unseren Gedanken, Gefühlen, Vorstellungen, von Ängsten und Sorgen? Was bedeutet es, wirklich frei zu sein?

Wenn Sie Achtsamkeit in Ihr Leben einladen und sich ganz auf den Moment einlassen, begegnen Sie schon bald einem machtvollen Zauberer auf Ihrem Weg – dem Verstand. Der Verstand ist der Auslöser für alles, was wir tun. Jedes einzelne Wort wird vom Verstand formuliert, jede Handlung durch die Aktivität des Verstandes ausgelöst. Sind wir es, die über den Verstand herrschen – oder werden wir nicht vielmehr von ihm beherrscht?

Aus diesem Grunde sollten wir realistisch sein und herausfinden, was unser Verstand wirklich zu leisten imstande ist – und was er gewöhnlich den ganzen Tag über hervorbringt.

Und es ist richtig: Der menschliche Verstand ist zu Großem fähig.

Von den Weltwundern der Antike bis hin zur Raumfahrt basiert alles, was die Menschheit entworfen, konstruiert und geschaffen hat, auf Wissen, das der Verstand ans Licht bringt.

Naturwissenschaftliche Forschungen und Erkenntnisse, philosophische Theorien, die Architektur, die Künste – all das sind Produkte unseres Verstandes.

Der Verstand kann sehr leistungsfähig sein, wenn er bei der Sache bleibt. Ist ein hohes Maß an Konzentration also die Lösung, um den Verstand bestmöglich zu nutzen?