Alaska Wilderness - Die Wölfe vom Rock Creek (Bd.2) - Christopher Ross - E-Book

Alaska Wilderness - Die Wölfe vom Rock Creek (Bd.2) E-Book

Christopher Ross

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Beschreibung

Julie nimmt an einem wissenschaftlichen Programm Teil, in dem das Verhalten der Wolfsrudel in und um den Denali Nationalpark untersucht werden soll. Ein Wolfsrudel am Rock Creek hat es Julie besonders angetan, da dieses Rudel sich unter schwierigen natürlichen Bedingungen behauptet. Doch die ansässigen Trapper beäugen dieses Rudel mit Argwohn, da es ihre Geschäfte bedroht. Schon findet sich Julie in einer Fehde zwischen Fallenstellern und Tierschützern wieder.

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Über dieses Buch

Wölfe in Gefahr!

Julie ist entsetzt: Unbekannte erschießen Wölfe aus dem Denali National Park, sobald diese das geschützte Gelände verlassen. Manche der grausamen Wolfskiller dringen sogar in den Park ein und töten die Tiere dort. Zusammen mit ihren Kollegen und dem attraktiven Biologen Dr. John Blake versucht Julie, das Rudel zu schützen und die erbarmungslosen Jäger auf frischer Tat zu ertappen. Doch die sind mit allen Wassern gewaschen und das Parkgelände ist riesig.

Können Julie und die Ranger die Wolfskiller rechtzeitig zur Strecke bringen?

1

Julie fütterte gerade ihre Huskys, als ein junger Ranger vom Verwaltungsgebäude herunterkam und rief: »Der Super will dich sprechen, Julie! Sofort!«

Wenn Superintendent John W. Green nach einem verlangte, konnte man sicher sein, dass es um etwas Wichtiges ging. Der Chef des Denali National Park in Alaska rief einen nur persönlich ins Büro, wenn er Lob oder Tadel zu verteilen hatte oder einen besonders wichtigen Auftrag bereithielt. Julie war Praktikantin und erst seit ein paar Monaten im Park, hatte bisher aber gute Arbeit geleistet und hoffte, dass er sie auf Erkundungsfahrt schicken würde.

»Mach keine Dummheiten, solange ich weg bin«, verabschiedete sie sich von Chuck, ihrem Leithund, einem erfahrenen Husky mit einem weißen Fleck auf der schwarzen Stirn. »Und streite dich nicht mit Skipper, das gibt nur Ärger!« Skipper war der Leithund des Denali-Teams, ebenso erfahren wie Chuck und wenn es darauf ankam, sogar ein wenig ehrgeiziger. Sie drehte sich noch mal zu den Hundezwingern um und lief zum Verwaltungsgebäude.

Der Superintendent saß hinter seinem Schreibtisch und deutete auf den Besucherstuhl, als sie an die offene Tür klopfte und eintrat. Er war ein hochgewachsener Mann mit sorgfältig gescheiteltem Haar und buschigen Brauen über stahlblauen Augen. Seine maßgeschneiderte Uniform saß makellos. Ein vorbildlicher Ranger, der schon seit einigen Jahren im Denali National Park seinen Dienst tat. »Was wissen Sie über Wölfe, Julie?«, fragte er.

Julie war seine überraschenden Fragen schon gewöhnt und wunderte sich nicht. »Wölfe werden zu Unrecht verteufelt«, antwortete sie, »daran sind die Märchen und Legenden schuld. Bei den Indianern hatten Wölfe ein großes Ansehen, und das vollkommen zu Recht. Sie greifen Menschen nur in den Zeiten höchster Not an, in besonders strengen Wintern, wenn sie nichts anderes mehr zu fressen haben. Sie leben in Rudeln zusammen, sind wesentlich straffer organisiert als die Menschen und gehorchen ihrem Anführer, dem Alphawolf, bedingungslos. Sie sind aber auch rührend um ihre Jungen besorgt, die meist im Mai geboren werden und schon früh lernen, sich in der Wildnis zu behaupten. Wölfe jagen vor allem Karibus und Elche und verständigen sich durch eine ausgeprägte Körpersprache. Bei uns in Denali gibt es ungefähr sechzig Wölfe, die sich auf neun Rudel verteilen … nein, es sind acht Rudel.«

»Sehr gut!«, lobte der Superintendent. »Ich merke schon, Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht. Würden Sie gern mal Wölfe aus der Nähe sehen?«

»Natürlich, Sir. Wenn es sich mit meiner Arbeit vereinbaren lässt?«

»Das tut es, Julie. Wie Sie wissen, haben wir vor einigen Wochen mit unserem neuen Wolf Monitoring Program begonnen. Biologen der University of Alaska in Fairbanks legen ausgesuchten Wölfen ein Funkhalsband an, das uns täglich übermittelt, wo sich die Tiere gerade aufhalten. Dazu müssen die Wölfe mit Betäubungspfeilen sediert und gründlich untersucht werden. Heute wird ein Mitarbeiter der Universität ein weiteres Tier mit einem Sender versehen. Gewöhnlich begleiten eine Rangerin oder ein Ranger den Biologen auf seinem Flug. Heute werden Sie diese Begleitung sein. Melden Sie sich bei Dr.John Blake am Hubschrauberlandeplatz. Nehmen Sie ein Lunchpaket mit.«

»Jetzt gleich?«

»Start in …« Er blickte auf die Uhr. »… zehn Minuten, Julie.«

Julie bedankte sich und rannte in die kleine Blockhütte zurück, die sie mit Carol Schneider teilte. Die Rangerin war sieben Jahre älter als sie und für ihre Ausbildung verantwortlich, eine sportliche Frau mit dunklen Haaren, die sie wie immer während der Dienstzeit zu einem Knoten gebunden hatte. Vor einigen Jahren war sie Fünfte beim Iditarod gewesen, dem legendären Hundeschlittenrennen zwischen Anchorage und Nome, das über tausend Meilen durch die Wildnis führte. Nur einer von vielen Gründen für Julie, um zu ihr aufzublicken.

Carol war gerade dabei, ihre Schmutzwäsche zu sortieren, nicht gerade ihre Lieblingsbeschäftigung. »Du hast großes Glück, weißt du das?«, empfing sie ihre Mitbewohnerin und warf eine Bluse auf den Haufen mit der weißen Wäsche. »Normalerweise können Praktikantinnen froh sein, wenn sie mal einen Wolf aus der Ferne sehen dürfen. Ich kann mich nicht erinnern, dass der Super einem Grünschnabel jemals erlaubt hat, mit einem der Biologen mitzufliegen.« Sie stopfte ihre Wäsche in einen Plastikbeutel. »Ich hoffe, dir wird nicht schlecht vom Fliegen. Kenny war Kampfpilot und ist ein echter Draufgänger.«

»Ich werd’s überleben«, erwiderte Julie. Sie schlüpfte in ihren Anorak, schnappte sich ihren Feldstecher und ließ sich in der Küche ein Chicken Salad Sandwich in Zellophan packen und ihre Thermosflasche mit heißem Tee füllen. Fünf Minuten später meldete sie sich bei Dr.John Blake, dem Biologen der University of Alaska, Fairbanks. »UAF« stand auf seinem Anorak.

Aus irgendeinem Grund hatte sie einen bärtigen Professor erwartet, ungefähr zwanzig Jahre älter und mit einem mitleidigen Lächeln, weil er sie für ein unbedarftes Greenhorn hielt. Doch Blake war höchstens vier oder fünf Jahre älter als sie und die Stoppeln auf seinem Kinn konnte man kaum als Bart bezeichnen. Sein Lächeln erinnerte sie an einen Schauspieler, den sie in einer Wiederholung von »Sex and the City« gesehen hatte. »Doktor Blake?«

»Nennen Sie mich John«, sagte er. Sein Lächeln war wirklich sehr sexy. »Und Sie müssen Ranger Wilson sein. Der Super hält große Stücke auf Sie.«

»Julie«, verbesserte sie.

»Und dieser Teufelskerl«, er zeigte auf den Hubschrauberpiloten, »ist Kenny Longmire.« Sie winkte dem rothaarigen Mann am Steuerknüppel zu. »Er hat etliche Kampfeinsätze in Afghanistan geflogen, und ich muss ihn öfter daran erinnern, dass wir hier nicht am Hindukusch sind. Aber keine Angst, wenn es einen Piloten gibt, der sein Metier beherrscht, dann ist es Kenny.«

»Das will ich doch hoffen, John.«

John wurde ernst und nahm sein Gewehr von der Schulter. »Also, die Sache läuft folgendermaßen ab: Eine Super Cub ist bereits in der Luft und sucht nach den Wölfen am Rock Creek. Das Rudel interessiert uns und Ihre Vorgesetzten im Nationalpark am meisten. Sobald der Pilot der Super Cub die Wölfe entdeckt hat, starten wir mit dem Chopper. Sie sitzen neben Kenny. Ich sitze auf der Rückbank, damit ich besser auf die Wölfe zielen kann.« Er hielt das Gewehr hoch. »Damit schieße ich den Betäubungspfeil ab. Wenn der Wolf zusammenbricht, gehen wir runter und untersuchen ihn. Lassen Sie uns einsteigen, Julie. Wenn uns die Super Cub ruft, muss es sehr schnell gehen.«

Kaum waren sie eingestiegen und hatten sich angeschnallt, als die Meldung kam. »Ich hab das Rudel«, meldete sich der andere Pilot, »direkt am Flussufer.« Er gab die Koordinaten durch. »Beeilt euch, bevor sie in das Wäldchen abhauen!«

Das brauchte man Kenny nicht zweimal zu sagen. Er hatte den Hubschrauber, eine Bell 206 JetRanger, längst gestartet und hob vom Boden ab. Noch während des Steigflugs ließ er die Nase nach vorn kippen und ging auf Kurs. »So ein Baby hätte ich gern am Hindukusch gehabt«, rief der Pilot begeistert, »damit hätte ich die Taliban im Alleingang vertrieben. Gegen die schwerfälligen Armeehubschrauber ist das Ding ein wahres Schmuckstück!«

Julie war schon öfter in einem Hubschrauber mitgeflogen, aber noch nie mit einem Piloten wie Kenny Longmire. Er flog schnell und wagemutig und freute sich wie ein Junge, wenn er in einen tiefen Einschnitt zwischen den Bergen hinabstechen und dicht über die Ufer des vereisten Rock Creek hinweggleiten konnte. Gleichzeitig flog er so sicher, dass sie keine Angst empfand.

Wie Kenny und John hatte auch Julie die Kopfhörer aufgesetzt. Sie hörte den Funkverkehr zwischen »Chopper 1« und »Super Cub 1« mit, konnte sich aber auch mit den Männern über das Mikrofon des Headsets austauschen. Vor der Glaskuppel des Hubschraubers flog ihr die Landschaft wie auf einer Kinoleinwand entgegen: ausgedehnte Wälder, die sich dunkel von den verschneiten Bergen und Tälern abhoben, das schimmernde Eis des Flusses, scharfkantige Felsen. Es war eine scheinbar unberührte Wildnis, die sie immer wieder staunen ließ, obwohl sie fast die Hälfte ihres Lebens in Alaska verbracht hatte und es kaum einen Tag gab, an dem sie nicht in der Natur unterwegs war.

Jetzt im Januar ging die Sonne ungefähr um zehn auf und um drei wieder unter, ihnen blieben also fünf Stunden, um ihre Arbeit zu erledigen, mehr als genug, wenn man glauben konnte, was Kenny erzählte: »Letztes Mal haben wir keine zwei Stunden für die Affäre gebraucht. Sie hätten John sehen sollen … gleich mit dem ersten Pfeil hat er den Wolf getroffen. Der rannte noch fünf Minuten weiter und brach am Waldrand zusammen, ich sofort runter, und eine knappe Stunde später waren wir schon wieder in der Luft. Das machen wir heute genauso. Stimmt’s, John?« Er drehte sich zu dem Biologen um. »Es sei denn, die University of Alaska will ein Vermögen für den Hubschrauber ausgeben.«

»Wenn du mich nahe genug an den Wolf ranbringst, kann gar nichts passieren«, sagte John. »Oder willst du wegen des bisschen Nebels umkehren?«

Kenny blickte nach unten, wo sich dünne Nebelschwaden gebildet hatten und die Sicht erschwerten. »Das nennst du Nebel? Du hättest am Hindukusch dabei sein müssen, da war Nebel, und zu allem Unglück ballerten noch die Taliban mit ihren Raketen auf mich.« Es klang beinahe so, als sehnte er sich nach den Gefahren des Kriegs zurück. »Ohne meine Stunts wäre ich da niemals rausgekommen.«

Julie wurde bei solchen Reden ein wenig mulmig zumute. Sie beruhigte sich aber gleich wieder, als sein meckerndes Lachen aus den Lautsprechern drang. Bei Kenny wusste man anscheinend nie, ob er etwas ernst meinte oder die anderen nur auf den Arm nehmen wollte. »Keine Bange, Miss«, beruhigte er Julie. »Gegen die Einsätze in Afghanistan ist das hier der reinste Kinderzirkus. Jede dieser neuen Looping-Achterbahnen ist tausend Mal schlimmer.«

Über das Headset hörte sie den Piloten der Super Cub: »Chopper 1, hier Super Cub 1. Ihr seid jetzt genau unter mir. Die Wölfe sind etwas weiter nördlich, in der Senke zwischen dem Bach und dem Waldrand. Seht ihr sie?«

Kenny flog eine scharfe Linkskurve und blickte nach unten. »Ich hab sie, Super Cub. Sieben Wölfe am Bachufer.« Er blickte nach hinten. »Siehst du sie, John? Unsere Seite, auf zehn Uhr. Wenn wir uns beeilen, erwischen wir sie vor dem Waldrand.« Er steuerte nach rechts. »Welchen willst du haben?«

»Banu natürlich, den Anführer mit dem dunklen Fell.« Er schob einen Betäubungspfeil in sein Gewehr und entsicherte es. »Es kann losgehen, Kenny!«

Julie unterdrückte mühsam einen Schrei, als der Pilot den Bug des Hubschraubers nach unten drückte und in den Sturzflug überging. Ihr Magen rumorte, und sie hatte für einen Moment das Gefühl, wie ein Stein vom Himmel zu fallen. Der Boden kam rasend schnell auf sie zu. Sie hielt sich mit beiden Händen an ihrem Sitz fest und schloss die Augen, war nahe daran, sich zu übergeben. Als sie die Augen wieder öffnete, bekam sie gerade noch mit, wie Kenny den Chopper in eine steile Rechtskurve drängte und gleich darauf nach links steuerte. Dabei grinste er wie ein Junge, der zum ersten Mal Achterbahn fährt.

John öffnete das Fenster auf seiner Seite und verzog das Gesicht, als eisiger Wind ins Innere des Hubschraubers schoss. Er zerrte an ihren Anoraks, wirbelte einige Papiere in der Ablage auf und riss Julies Pferdeschwanz auseinander, sodass ihre Haare flatterten. Sie ärgerte sich, dass sie nicht daran gedacht hatte, ihre Kapuze über den Kopf zu ziehen, war aber viel zu sehr damit beschäftigt, sich festzuhalten, um es jetzt noch nachzuholen.

Aus zusammengekniffenen Augen beobachtete sie, wie John sich mit dem Gewehr nach draußen lehnte. Er wirkte eher nüchtern, war ganz auf die vor ihm liegende Aufgabe konzentriert. »Tiefer, Kenny, tiefer!«, rief er ständig.

»Schon dabei«, erwiderte der Pilot. Er hatte das Rudel jetzt genau im Visier, drückte den Chopper noch weiter nach unten und fluchte ungeniert, als ihm einige Nebelschwaden die Sicht nahmen und ihn zwangen, rasch nach rechts auszuweichen und über die Bäume am anderen Bachufer zu rasen. Erst als sich der Nebel wieder lichtete, konnte er erneut auf direkten Kurs gehen.

»Festhalten!«, rief er und lenkte den Hubschrauber so scharf nach links, dass er auf der Seite lag, und Julie nur noch den verhangenen Himmel über sich sah. Im nächsten Augenblick kippte er zurück nach rechts, und sie hatte plötzlich das Bachufer und die Wölfe im Blick. Sieben stattliche Tiere, die wohl gemerkt hatten, dass sie verfolgt wurden, und in weiten Sprüngen über den Schnee setzten. Selbst aus der Ferne war deutlich zu erkennen, wie kraftvoll, beinahe elegant sie sich bewegten. Noch nie war Julie Wölfen so nahe gewesen.

»Willst du mich umbringen?«, rief John von hinten. Er hatte bei dem waghalsigen Manöver beinahe sein Gewehr fallen lassen. Noch während er sich beschwerte, steuerte Kenny den Hubschrauber nach rechts und wähnte sich wohl wieder am Hindukusch, so steil und rasant raste er auf das Wolfsrudel zu.

Unter ihm stoben die Tiere fächerförmig auseinander. Er blieb dem Anführer auf den Fersen, war bereits so dicht über ihm, dass Julie glaubte, ihn berühren zu können. Sie war so fasziniert von dem Schauspiel, dass sie sogar ihre Angst vergaß und sich weit nach vorn beugte, um besser sehen zu können.

Banu hetzte in weiten Sprüngen über die verschneite Lichtung, wollte so schnell wie möglich den Wald erreichen. Dort wäre er sicher vor seinen Verfolgern. »Noch etwas tiefer, Kenny!«, kam es von hinten. »Halt ihn vom Wald weg! Unter den Bäumen nutzt mir der Bursche nichts, da finden wir ihn nie!«

»Bin ich vielleicht ein Viehtreiber?«, maulte Kenny. Tatsächlich hatte eine Zeitung den Piloten mal »Cowboy der Lüfte« genannt, und er machte diesem Namen alle Ehre, indem er den Hubschrauber leicht nach rechts lenkte und den Wolf auf diese Weise davon abhielt, zu schnell den Wald zu erreichen. Er ließ sich etwa dreißig Fuß zurückfallen, die ideale Entfernung für einen Schuss, stellte die Maschine seitwärts und rief: »Jetzt oder nie, Doktor John!«

Julie hörte, wie John abdrückte, und beobachtete durch das Fenster, dass der Betäubungspfeil in den Rücken des Tieres drang. »Mist!«, fluchte John. »Ich glaube, ich habe ihn nicht richtig erwischt.« Er nahm das Gewehr herein, entschied sich aber dagegen, einen zweiten Betäubungspfeil in die Waffe zu schieben, weil der Wolf sonst zu viel von dem Medikament abbekommen würde. »Bleib an ihm dran, Kenny! Es kann etwas dauern, bis er zusammenbricht.«

John schloss das Fenster und schob seine Kapuze in den Nacken. Sein Gesicht war von der Kälte gerötet. Er legte das Gewehr beiseite und lehnte sich nach vorn, blickte zwischen Kenny und Julie hindurch auf den fliehenden Wolf. »Normalerweise wirkt das Betäubungsmittel nach fünf, spätestens zehn Minuten«, erklärte er. »Ich hoffe, er verkriecht sich nicht unter den Bäumen.«

Doch genau das tat Banu. In einem verzweifelten Zickzack, dem selbst Kenny nicht folgen konnte, entkam er dem Hubschrauber und verschwand im Wald. Auch dicht über den Bäumen bekamen sie den Wolf nicht mehr zu sehen.

Kenny rief die Super Cub. »Wir haben ihn verloren, Kollege. Sieht so aus, als hätte der Bursche nur die halbe Dröhnung erwischt. Hast du ihn im Visier?«

»Ich sehe ihn«, kam die ermutigende Antwort. »Bleib auf Kurs, dann hast du ihn genau vor dir. Ein kräftiges Tier, dieser Banu. Und verdammt flink auf den Beinen. So einen schnellen Wolf hab ich lange nicht mehr gesehen.«

»Mit einer Spritze im Hintern wärst du auch schnell! Bleib dran!«

Julie blickte durch das Seitenfenster nach oben und sah die Super Cub weit über ihrem Hubschrauber nach Norden fliegen. Ihre Angst war längst verflogen. Kenny hatte seine Maschine im Griff, war nicht umsonst in Afghanistan für seine Flugkünste ausgezeichnet worden. Und dort waren die Hubschrauber wesentlich größer und schwerer zu fliegen gewesen. »Da ist er!«, rief er.

Jetzt sah auch Julie den Wolf. Er hetzte über eine Lichtung und verschwand erneut im Wald. Hier standen die Bäume aber so spärlich, dass man Banu zwischen ihnen gut erkennen konnte. Er war langsamer geworden, verlor anscheinend die Orientierung, schaffte es auf eine weitere Lichtung und brach dort im Schnee zusammen.

»Wir haben ihn«, informierte Kenny den Piloten der Super Cub. »Du kannst nach Hause fliegen.« Er lachte. »Falls deine alte Mühle das schafft!«

»Die fliegt eleganter als dein komischer Floh«, kam die Antwort.

Kenny landete ein paar Schritte von dem bewusstlosen Wolf entfernt, setzte die Kufen des Hubschraubers so sanft in den Schnee, dass Julie kaum etwas merkte. Sie stieg aus, duckte sich unter den Rotoren und folgte John, der mit einem kleinen Koffer zu Banu rannte. Er zog den Betäubungspfeil aus dem Rücken des Tieres und betrachtete es sorgenvoll. »Ich hatte recht«, sagte er, »der arme Kerl hat nicht die ganze Ladung erwischt. Wir müssen uns beeilen.«

John untersuchte den Wolf, entnahm ihm ein wenig Blut und notierte etwas auf seinem PC. Banus Ohren kennzeichnete er mit Erkennungsmarken. Zum Schluss kam das Wichtigste. Der junge Wissenschaftler aktivierte das Funkhalsband, zeigte es Julie, die es neugierig betrachtete, und band es dem Wolf um den Hals. »Und schon hast du’s überstanden«, tröstete er Banu.

Julie strich dem Wolf über das Fell und wunderte sich, wie dick und fest es war. Das Fell ihrer Huskys war wesentlich dünner. Sie streichelte den Wolf wie ein zahmes Haustier. Dabei spürte sie eine Narbe, die er sich wahrscheinlich auf der Jagd zugezogen hatte. Er war ein kräftiges Tier mit langen Läufen und einer buschigen Rute, sein Fell war dunkler als bei den anderen Wölfen des Rudels und sein halb geöffnetes Maul entblößte kräftige Reißzähne.

»Manchmal frage ich mich, warum Wölfe einen so schlechten Ruf haben«, sagte John, »ich habe selten schönere Tiere gesehen. Und die Farmer und Rancher, die am liebsten alle Wölfe umbringen würden, sollten sich lieber an streunende Kojoten oder Hunde halten, die werden ihren Viehherden genauso gefährlich. Ehrlich gesagt, verstehe ich überhaupt nicht, wie man einen Wolf töten kann. Wölfe sind menschenscheu. Die Chance, von einem tollwütigen Hund angefallen oder einem Elch zu Tode getrampelt zu werden, ist wesentlich größer.« Er streichelte den Wolf ebenfalls, berührte zufällig ihre Hand und zog sie rasch zurück.

»Wir müssen wieder los«, forderte er sie auf. »Er wird langsam munter.«

Gemeinsam liefen sie zum Hubschrauber und stiegen ein. Als sie bereits vom Boden abhoben, blickte Julie nach draußen und beobachtete, wie Banu sich regte und langsam auf die Beine kam, noch etwas benommen stehen blieb und dann davonlief.

2

Während der folgenden Tage ertappte Julie sich mehrmals dabei, wie sie an John dachte. Obwohl sie nur ein paar Worte mit dem Biologen gewechselt hatte, war sie sehr beeindruckt von seiner ruhigen Art und seinem leisen Lächeln. Sie hätte sich gern länger mit ihm unterhalten, auch um mehr über die Wölfe im Denali National Park und sein Monitoring Program zu erfahren. Insgeheim hoffte sie sogar darauf, vom Superintendent für weitere Flüge abgestellt zu werden, doch der Ausflug war als einmalige Belohnung gedacht gewesen und sie kümmerte sich am nächsten Morgen wieder um die Huskys.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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