Almanach der Gedankenwelten - Samarra LeFay - E-Book

Almanach der Gedankenwelten E-Book

Samarra LeFay

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Beschreibung

Weswegen sollte man einen Blobb nicht wässern? Was geschieht, wenn man einem Fuchs in den Wald folgt? Und was hat es mit den grünen Strahlenkatzen auf sich? Das und noch vieles mehr erfährst du in den zehn heiteren bis tiefgründigen Kurzgeschichten rund um Fantasy und Science Fiction.

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Seitenzahl: 116

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Für Erik

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Nächtlicher Besuch

Der Fuchs

Kians Einsamkeit

Großstadtwüste

Entscheidungsfee

In der Dunkelheit

Verliebt in einen Traum

Strahlenkatze

Mindtraveller

Nicht Wässern

Danksagung und Trivia

Vorwort

„Wenn du Autorin sein willst, dann schreibe einfach!“ Das waren die Worte meines Partners, als ich mich für einen Schreibkurs anmelden wollte. Weiter meinte er: „Kein Kurs kann dir die Zeit geben, die du benötigst. Die musst du dir nehmen. Und je mehr du schreibst, desto besser wirst du auch!“

Wie recht er damit hatte! Erzählt ihm das bloß nicht!

Seinem Rat folgend fing ich an, Kurzgeschichten zu schreiben und in meinem Blog www.diegedankenwelten.com zu veröffentlichen. Und ich liebe es – immer wieder in verschiedene Welten, Charaktere und Szenen einzutauchen. Von kleinen Alltagsgeschichten über Fantasy bis hin zu Thrillern ist auf meinem Blog alles zu finden.

Irgendwann kam ein Freund zu mir und fragte: „Kann ich deine Geschichte als PDF haben? Ich finde es ermüdend, sie in Blogform zu lesen.“

Natürlich konnte er das. Trotzdem fing es danach an, in mir zu rattern. Ist er alleine mit diesem Problem oder geht es anderen ähnlich? Wäre es nicht viel toller, wenn er und ganz viele andere die Geschichten als E-Book oder gar als Printbuch lesen könnten?

Und dann begann der lange Weg als Selfpublisher. Lektorat, Visualisierung, Cover-Designer und und und …

Der Rest ist Geschichte, oder besser gesagt: Almanach der Gedankenwelten 1.

Nächtlicher Besuch

Ellas Herz pochte wie wild. Was hatte sie geweckt? Ein Alptraum? Waren da Schritte?

Ein Klirren drang vom unteren Stock herauf. Das war bestimmt nur der Wind draußen. Oder war jemand im Haus? Kam das Geräusch aus der Küche oder von draußen? Angestrengt lauschte sie in die Dunkelheit hinein, doch außer ihrem eigenen Puls hörte sie nichts.

Unschlüssig, ob sie aufstehen und nachprüfen sollte, lag sie im Bett. Bestimmt war es nur ein Alptraum gewesen, versuchte sie sich zu beruhigen. Sie machte sich sicherlich bloß selbst wieder verrückt. Das konnte sie gut – sich in Dinge reinsteigern. Da war niemand! Wer sollte auch hier einbrechen wollen? Langsam beruhigte sich ihr Puls, die ängstlichen Gedanken wichen, und sie döste weg.

Ein lautes Scheppern. Ella schreckte hoch.

Das kam aus der Küche.

Da war jemand! Ganz bestimmt!

Sie nahm ihr Handy vom Nachttisch und tippte die Nummer des Notrufs, rief jedoch nicht an. Sie ließ die Nummer auf dem Bildschirm leuchten. Bei Gefahr würde sie nicht zögern, die Anruftaste zu drücken. Eine andere Waffe hatte sie nicht.

Im Dunkeln tappte sie die Treppe herunter.

In der Küche brannte Licht. Ella war sich sicher, das Licht ausgemacht zu haben, bevor sie zu Bett gegangen war.

Kalter Schweiß rann ihr den Rücken runter. Sie warf einen prüfenden Blick aufs Handy. Die Nummer des Notrufs war noch da.

Auf Zehenspitzen tippelte sie weiter und sah einen Schatten.

Wie ein Schleier im Wind schwebte er von Küchenschrank zu Küchenschrank. Ella verharrte und kniff die Augen zusammen.

Doch mehr als die Kontur konnte sie nicht erkennen.

Also doch ein Einbrecher! Lautlos schob sie sich weg von der Küche. Ihr Plan war es, sich im Bad einzuschließen und von dort den Notruf zu wählen.

Aus dem Nichts tauchte eine junge Frau in der offenen Küchentür auf. Ella schrie vor Schreck auf und ließ ihr Handy fallen. Die junge Frau kam auf sie zu. Ella duckte sich. Ohne die geringste Reaktion ging die Frau durch sie hindurch und verschwand. Ella wurde von einer eisigen Wand kalter Luft getroffen, die ihr den Atem raubte.

Was ... was zur Hölle war das?

Ein Geist! Das war ein Geist!

Es gibt keine Geister!

Ella warf einen Blick in die Küche. Das Licht war aus. Im Zwielicht sah alles normal aus. Das Geschirr lag noch in der Spüle, die Brotkrumen auf dem Tresen und die Pfannen auf dem Herd. Sie schaltete das Licht an und schaute sich um.

Nichts!

Bestimmt nur ein Alptraum.

Sie ließ den Raum hell erleuchtet zurück und ging mit einem mulmigen Gefühl zurück ins Bett.

Ich werde nicht mehr schlafen können. Warum muss ich auch alleine hier leben? Es wird trotzdem nicht schaden, mich hinzulegen und zu versuchen, mich ein bisschen auszuruhen.

Ihren eigenen Befürchtungen zum Trotz fiel sie wenige Minuten später in einen tiefen, unruhigen Schlaf.

Am Morgen wurde sie von blendenden Sonnenstrahlen geweckt.

Mit zusammengekniffenen Augen drehte sie sich von der Sonne weg. Aber das Licht kitzelte sie in der Nase.

Müde schleppte sie sich ins Bad. Sie hatte den Schrecken der Nacht beinahe vollständig verdrängt, nur die dunklen Augenringe erinnerten an die Aufregung.

Sie schlurfte in die Küche. Kaffee würde den fehlenden Schlaf schon richten. Blindlings tastete sie nach der Kaffeedose auf dem Kühlschrank. Ihr Griff ging ins Leere und sie verlor dabei das Gleichgewicht. Im letzten Moment konnte sie sich am Tresen festhalten.

Verwundert schaute sie zum Kühlschrank hoch. Die Kaffeedose war verschwunden!

Sonderbar… Habe ich sie weggestellt?

Sie öffnete einen Küchenschrank nach dem anderen. Sie schaute bei den Vorräten, Tassen, Tees, selbst bei den Aufbewahrungsbehältern nach und fand die Dose schließlich neben den Teller stehen.

Vielleicht hatte sie die Kaffeedose, gedankenversunken wie sie manchmal war, dorthin verlegt.

Doch so richtig glauben konnte sie ihre Erklärung selbst nicht.

Sie dachte an die Begegnung von letzter Nacht, verwarf den Gedanken aber gleich wieder.

Sie war bestimmt bloß verwirrt gewesen. Anderen passiert das ständig. Suchen die Brille, obwohl sie sie bereits anhaben.

Vergessen das Handy im Kühlschrank. Warum sollte sie dann nicht die Kaffeedose zu den Tellern stellen?

Andere sehen auch keine Geister in der Nacht.

Ella nahm die Kaffeedose, füllte die Maschine mit Pulver und stellte die Dose wieder zurück auf den Kühlschrank. Der Tag konnte beginnen.

Bevor Ella sich schlafen legte, vergewisserte sie sich, dass alle Fenster und Türen verriegelt waren und die Dose noch auf dem Kühlschrank stand. Der Tag war trotz des holprigen Starts und der aufwühlenden Nacht gut verlaufen. Sie hatte einiges an angestauter Arbeit erledigt und freute sich auf ihren Schlaf.

Müde kuschelte sie sich unter die Bettdecke.

Wumms!

Ella stand in ihrem Bett. Dieses Mal zögerte sie nicht. Sie nahm ihr Handy mit und huschte nach unten. Sie gab sich keine Mühe mehr, besonders leise zu sein. Das Licht brannte in der Küche und wieder sah sie einen Schatten.

Sie hielt kurz inne, sammelte ihren Mut und trat zur Tür.

In ihrer Küche stand eine dunkelhaarige Frau in einem weißen Kleid. Fasziniert beobachtete Ella, wie die Unbekannte sich beschwingt einen Kaffee zubereitete. Ganz so, als ob es ihr Zuhause sei.

Auch das noch, das typische Geisterklischee der „Frau in Weiß”.

Ella hatte diese Thematik schon in etlichen Horrorfilmen gesehen. Oftmals wurden Frauen in Weiß von einer tragischen Geschichte begleitet, die sie daran hinderte, mit der irdischen Welt abzuschließen.

Glaubst du immer noch, dass dir dein Verstand einen Streich spielt?

Die Frau schien irgendetwas an der Wand zu fixieren.

Vielleicht könnte ich ihr helfen!

Helfen? Ich bin verrückt geworden! Das ist ein Geist, kein Welpe.

Aber wenn ich ihr helfen würde, ins Licht zu gehen, hätte ich vielleicht Ruhe.

Ella räusperte sich und flüsterte mit rauer Stimme: „Hey!“

Der Geist schreckte hoch und schrie.

Ella drückte sich die Ohren zu und kniff die Augen zusammen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit wagte sie zu blinzeln. Und sie sah … nichts! Der Geist war weg.

Vielleicht bin ich ja auch einfach bereit für die Klapsmühle?

Am nächsten Morgen quälte sich Ella aus dem Bett und schlurfte in die Küche. Bereits beim Reingehen warf sie einen prüfenden Blick auf den Kühlschrank. Die Dose war weg. Sie öffnete den Küchenschrank mit den Tellern, machte sich ihren Kaffee und versorgte die Dose wieder dort, wo sie sie gefunden hatte. Sollte der Geist doch seinen Willen haben, Hauptsache sie wusste, wo der Kaffee war.

In dieser Nacht lag Ella wartend wach, bis sie die weiß gekleidete Frau hörte. Ella schwang sich aus dem Bett und eilte in die Küche. Unumwunden fragte sie: „Wer bist du?“

Der Geist schreckte hoch und schaute sie erstaunt an.

„Du brauchst keine Angst zu haben.“

„Wer bist du?“, fragte der Geist zurück. Seine Stimme hatte einen Hall, als ob er von weiter Ferne zu ihr sprechen würde.

„Ich bin Ella.“

„Ehellaha“, wiederholte der Geist ihren Namen.

„Wer bist du?“

Der Geist sah sie verwirrt an: „Lehbehe hie...“

Ella machte einen Schritt auf sie zu, doch der Geist wich zurück und hob abwehrend die Hände.

Unerwartet wurde die Silhouette klarer. Die Frau hatte lange lockige Haare, einen geschwungenen Mund, hohe Wangenknochen und unergründliche blaue Augen.

Wie hinreißend sie aussieht. Hat sie früher hier gelebt? War sie hier gestorben? Oder gar getötet worden? Wenn eine so junge Frau in diesem Haus das Zeitliche gesegnet hätte, hätte sie das beim Einzug nicht erfahren müssen?

Der Geist riss sie aus ihren Gedanken und fragte: „Was machst du hier? Brauchst du Hilfe, um ins Licht gehen zu können?“

Der Fuchs

Die ersten Sonnenstrahlen verdrängten den Nebel aus den Feldern. Emilia wickelte sich ihren Schal eng um den Hals.

Eisiger Wind blies ihr ins Gesicht. Der Wetterbericht hatte versprochen, dass es ein warmer Frühlingstag werden würde.

Doch der Wind erzählte eine andere Geschichte.

Sie musste sich beeilen, um nicht zu spät zur Arbeit zu kommen.

Eigentlich war sie die Pünktlichkeit in Person, zumindest wenn der Wecker seinen Dienst tat. Deswegen hatte sie sich heute dazu entschlossen, die Abkürzung entlang der Felder zu nehmen. Letztes Jahr hatte sie diesen Weg oft genommen. Dann war der Winter gekommen, die Tage waren kürzer geworden und ein unbeleuchteter Weg zwischen Waldrand und Feldern war die Abkürzung nicht wert gewesen.

Von Weitem sah sie einen Fuchs im hohen Gras sitzen. Fast hätte man meinen können, er beobachtete den Sonnenaufgang. Aber Emilia wusste es besser. Er wartete, bis eine Maus aus dem Loch kam. Sie hatte diesen Fuchs im Vorjahr oft gesehen. Jeden Morgen hatte er an der gleichen Stelle gelauert. Und jeden Morgen war er bei ihrem Anblick aufgeschreckt und mit kurzen Sätzen in den Wald verschwunden.

Emilia schaute auf die Uhr. Wenn sie einen Zahn zulegen würde, könnte sie rechtzeitig die Poststelle im Nachbardorf, an der sie am Schalter arbeitete, erreichen. Vielleicht würde heute wieder der Schönling von letzter Woche vorbeikommen und ein Paket aufgeben. Oder die Bäckerin für ein Pläuschchen reinschauen. Jeder Kunde war besser als der schrullige Opa, der sie mit seinen haarsträubenden Theorien über den Götterkäfer langweilte.

Sie stolperte. Ein Ast hatte sich zwischen ihren Füßen verfangen.

Sie ruderte mit den Armen und fiel der Länge nach hin. Eine weiche Masse quoll zwischen ihren Fingern durch.

Pferdeäpfel! Auch das noch!

Fluchend stand Emilia auf. Sie versuchte, die Hände im feuchten Gras notdürftig zu reinigen. Tränen standen ihr in den Augen. Warum passierte das gerade ihr? Die Bewegung schmerzte ihr in den Handgelenken. Hoffentlich hatte sie sich nicht ernsthaft verletzt.

Im Augenwinkel sah sie ein Glitzern. Verwundert schob sie das Gras zur Seite und fand darunter ein Messer. Es war am Ansatz flach wie ein Spachtel und lief symmetrisch in eine Spitze zusammen. Es erinnerte sie an ein flachgedrücktes Stilett. Die Oberfläche der Klinge wies rostige Flecken auf. Der Griff war aus abgegriffenem Holz. Emilia nahm das Messer an sich. Sie befühlte die Spitze und stellte erstaunt fest, dass das Messer trotz des altertümlichen Aussehens so scharf war, als ob es frisch geschliffen wäre.

Was für ein Glück, dass ich nicht in das Messer gefallen bin.

Sie nahm ein Taschentuch, wickelte das Messer darin ein und verstaute es in ihrer Tasche.

Emilia ordnete ihre Gedanken. Nicht nur waren ihre Hände und Arme mit Pferdemist beschmiert, sie hatte sich die Knie aufgeschlagen und ihre Hose zerrissen. So konnte sie auf keinen Fall bei ihrer Arbeit erscheinen. Wenn sie aber nach Hause ginge um sich zurechtzumachen, würde sie viel zu spät zur Arbeit erscheinen.

Hilfesuchend schaute sie sich um. Der Fuchs saß noch immer an seinem Platz und beobachtete jede ihrer Bewegungen. Seine dunklen, beinahe violetten Augen schauten sie erwartungsvoll, fast schon auffordernd an.

„Na, gefällt dir die Show?“, fragte Emilia mit einem versöhnlichen Lächeln. Sie zückte ihr Handy und meldete sich für den heutigen Tag krank. Sie machte dies normalerweise nicht, aber Emilia war das lieber, als zu spät zu kommen.

Der Fuchs starrte sie unbewegt an.

„Hey?“, sprach Emilia den Fuchs erneut an. „Worauf wartest du? Es ist Zeit für dich, nach Hause zu gehen. Es genügt, wenn sich einer von uns heute verspätet, oder, besser gesagt, gar nicht kommt.“

Emilia machte unsicher einen Schritt auf den Fuchs zu. In diesem Moment verschwand er im Gebüsch. Einem Instinkt folgend huschte Emilia hinterher. Das Gras war feucht vom Morgentau und roch angenehm frisch. Sie kam zu der Lücke, in der der Fuchs verschwunden war. Ohne zu zögern tauchte sie in den Wald ein. Es duftete nach Erde, Pilzen und Laub. Emilia schloss die Augen und genoss diese reine Waldluft.

Erinnerungen aus ihrer Kindheit kamen in ihr hoch. Eine innere Anspannung, deren sie sich gar nicht bewusst gewesen war, löste sich und sie nahm genüsslich einige tiefe Atemzüge.

Ein Insekt kitzelte sie an der Nase und Emilia öffnete die Augen.

Nur wenige Meter von ihr entfernt stand der Fuchs und starrte sie an. Nur eine Sekunde, die sich für Emilia wie eine Ewigkeit anfühlte. Dann brach der Fuchs den Blickkontakt ab. Er drehte sich weg und schritt weiter in den Wald. Er warf einen Blick zurück, ganz so, als wollte er sie dazu auffordern, ihm zu folgen.

Emilia wunderte sich über das sonderbare Verhalten. Sie hoffte, dass er keine Tollwuterkrankung hatte. Sie glaubte, sich daran zu erinnern, dass Füchse mit Tollwut die Hemmungen vor dem Menschen verloren. Trotz ihrer Sorgen zögerte Emilia nur einen Moment und folgte dem Fuchs.

Der Fuchs setzte seinen Weg fort und lief in einem gemütlichen Trab einen Wildpfad entlang. Nach einigen Minuten beschleunigte der Fuchs ohne ersichtlichen Grund sein Tempo.

Obwohl Emilia ebenfalls ihr Tempo beschleunigte, konnte sie nicht mehr mit dem Fuchs mithalten und verlor trotz ihrer Bemühungen diesen aus den Augen.