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Es ist schon ein gutes Gefühl, wieder eine Frau im Haus zu haben! Der Bernrieder-Bauer und seine Leute genießen es von Herzen, sich ein bisserl von der Loni verwöhnen zu lassen. Seitdem die hübsche junge Frau auf dem Hof lebt, macht allen die Arbeit wieder Spaß, denn die Loni hat immer einen Scherz parat. Der verwitwete Bauer spürt, dass die böse Vergangenheit langsam von ihm abfällt, und er beginnt, wieder Pläne für die Zukunft zu schmieden. Seine junge Hauserin spielt darin die Hauptrolle ...
Ja, fast hätte alles gut werden können auf dem Bernrieder-Hof, doch die schöne Hoftochter Marei hasst Loni aus tiefster Seele. Sie kann es einfach nicht ertragen, dass sie im Herzen ihres Vaters nicht mehr den ersten Platz einnimmt. Neid und Missgunst treiben sie schließlich zu einer Tat, die das Glück vieler Menschen zu zerstören droht ...
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Seitenzahl: 110
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Zwietracht auf Bernried
Vorschau
Impressum
Zwietracht auf Bernried
Ist das Glück für immer verloren?
Von Monika Leitner
Es ist schon ein gutes Gefühl, wieder eine Frau im Haus zu haben! Der Bernrieder-Bauer und seine Leute genießen es von Herzen, sich ein bisserl von der Loni verwöhnen zu lassen. Seitdem die hübsche junge Frau auf dem Hof lebt, macht allen die Arbeit wieder Spaß, denn die Loni hat immer einen Scherz parat. Der verwitwete Bauer spürt, dass die böse Vergangenheit langsam von ihm abfällt, und er beginnt, wieder Pläne für die Zukunft zu schmieden. Seine junge Hauserin spielt darin die Hauptrolle ...
Ja, fast hätte alles gut werden können auf dem Bernrieder-Hof, doch die schöne Hoftochter Marei hasst Loni aus tiefster Seele. Sie kann es einfach nicht ertragen, dass sie im Herzen ihres Vaters nicht mehr den ersten Platz einnimmt. Neid und Missgunst treiben sie schließlich zu einer Tat, die das Glück vieler Menschen zu zerstören droht ...
Albina Hassler, die Bäuerin vom Bernried-Hof, lag in den hoch aufgetürmten Kissen des breiten Ehebettes und horchte auf all die vertrauten Geräusche, mit denen der Tag begann. Ein leises, gleichmäßiges Schnarchen begleitete das Jubilieren der Amsel, das von draußen hereinklang.
Das Schnarchen kam vom Sofa in der Ecke, auf das sich der Bauer geworfen hatte, nachdem er die ganze Nacht bei seinem Eheweib gewacht hatte.
»Stefan«, rief die Bäuerin leise.
Der Mann hörte es und fuhr sofort auf.
»Ja, Bina, brauchst du was?«, fragte er.
»Nein, ich brauche nix, aber du sollst hinübergehen in die Kammer und dich ausschlafen, sonst wirst du womöglich auch noch krank, und das leidet der Hof net!«
»Sorg dich nicht um mich, Bina, ich hab ein bisserl tiefer geschlafen als sonst, da gleicht es sich wieder aus, dass es kürzer war«, versuchte er möglichst leichthin zu scherzen.
Sein Blick ging über ihr Gesicht, und er sah, dass ihre großen Augen trüb geworden waren.
»Warte, ich geb dir die Medizin«, sagte er und zählte sorgsam die Tropfen, von denen sie glaubte, sie wären harmlos. Doch Stefans Freund, der Dorfarzt Dr. Michl Steiner, hatte ihn nicht im Unklaren über das schwere Gift gelassen, das allein imstande war, Albinas Schmerzen zu lindern. Aber heilen konnte es sie nicht, das konnte niemand mehr.
Der Bauer schüttelte seiner Frau die Kissen auf und richtete das Federbett.
»Ich geh in die Kuchl und schaff das Frühstück an, Bina. Magst du eine Milch oder einen leichten Tee?«
»Einen Kaffee möcht ich, aber einen guten, starken Kaffee.«
Stefan Hassler zögerte an der Tür.
»Du weißt doch, dass ein Kaffee für dich nicht das Richtige ist.«
Sie winkte müde ab.
»Davon werd ich net gesünder und net kränker. Sogar im Krankenhaus haben sie mir einen gegeben.«
»Schon gut, wenn du unbedingt willst, dann sollst du ihn haben, ich werd es anschaffen.«
Später saß Stefan noch bei ihr, und sie besprachen, was alles so anstand.
»Um zehn muss ich unten in Brunnwinkel auf der Bürgermeisterei sein, Bina, aber zum Mittagläuten bin ich wieder heroben auf dem Hof.«
Die Bäuerin sah auf den blühenden Kirschbaum hinaus und wandte den Blick dann ihrem Mann zu. Auf einmal fuhr sie mit der Hand zum Herzen, und ihr Mund presste sich zusammen.
»Soll ich den Michl rufen, brauchst du ihn, den Doktor?«, fragte Stefan Hassler erschrocken.
»Geht schon wieder, war nur so ein Moment«, sagte sie tapfer und verbiss den Schmerz.
»Vielleicht solltest du dich doch noch ein bisserl im Krankenhaus auskurieren, Bina.«
Sie schüttelte den Kopf mit dem noch immer dichten blond und grau melierten Haar.
»Für was denn, Stefan? Hat doch keinen Sinn, wenn wir uns was vormachen. Ich weiß genau, wie's um mich steht, und du weißt es auch. Du brauchst mich nicht zu schonen. Weil ich es weiß, wollt ich ja heimkommen. Hier auf dem Bernried-Hof bin ich geboren, und von hier will ich auch gehen. Es ist der Kreislauf der Natur, die mir allzeit nahe gewesen ist.«
Stefan Hassler saß stumm dabei. Er wusste kein Wort, das er hätte erwidern können.
»Schau net so verzagt drein, Stefan, ich bitt dich! Musst in erster Linie an den Hof denken, dafür bist du am Leben. Ja, ja, ich weiß schon, du hast immer gesagt, es ist mein Hof, und das war er ja auch, als wir damals geheiratet haben. Aber seither hast du mindestens grad so viel dazugewirtschaftet. Und das soll erhalten bleiben, darf net vertan und geteilt werden, versprichst du mir das, Mann?« Mit flackerndem Blick sah sie ihn an, und er nickte hilflos.
»Schwören musst du es mir, Stefan«, verlangte die Kranke.
»Wird schon alles seinen Gang gehen, Bina. Jetzt zerbrich dir nicht den Kopf, sondern ruh dich ein bisserl aus.«
»Hab nimmer viel Zeit, Stefan, und zum Ausruhen die ganze Ewigkeit.«
»Ich werd schon schauen, dass aus dem Albrecht was wird«, sagte der Bauer gepresst.
Albina Hassler schüttelte den Kopf.
»Hast dich immer um ihn gekümmert, aber der Bub hat net geraten wollen und es dir nie gedankt. Immer war er widerborstig und aufsässig und hat das Geld zum Fenster hinausgeworfen. Nein, er kriegt den Hof net, und wenn er zehnmal mein Fleisch und Blut ist.«
»Was redest du da, Bina?«
»Er kriegt ihn net, weil er ihn verwirtschaften tät. Du kriegst alles, Stefan. Die Marei ist ja bald versorgt, bin froh, dass ich das noch erlebt hab.«
»Red net so viel, Albina, es strengt dich doch an.«
Sie richtete sich auf und stützte sich auf die Ellbogen.
»Ich muss aber reden, jetzt, Stefan, sonst geh ich damit ins himmlische Leben, und das darf net sein.« Ihre Stimme war leiser geworden, klang aber ganz klar und überzeugend.
»Stefan, du hast dich alleweil gekränkt wegen des Buben, weil er net so geworden ist wie du und einen so windigen Charakter hat. Aber du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen, denn der Albrecht ist ... er ist nicht dein Sohn, Stefan!«
Als wäre dies Geständnis über ihre Kräfte gegangen, schloss die Bernriederin die Augen.
Reglos blieb der Bauer sitzen. Er wollte nicht begreifen, was er da gehört hatte, und wusste doch, dass sein Eheweib in dieser Stunde die Wahrheit sprach.
»Hab es dir damals sagen wollen, aber du warst so unbekümmert und fröhlich, und ich hab es hinausgeschoben. Und dann hast du dich so auf das Kind gefreut. Rein narrisch bist du gewesen, und da hab ich es erst recht nimmer fertiggebracht. Als das Büberl da war und du so glücklich warst, da hab ich gedacht, ich hab schon recht getan, dir zu verschweigen, dass vor dir ein anderer da war.«
Stefan unterbrach seine Frau kein einziges Mal. Obwohl ihm das Herz wie ein Hammer in der Brust schlug, fand er dennoch die Kraft, sanft über ihr vor Anstrengung feuchtes Haar zu streichen.
Dankbar über diese verzeihende Geste nahm sie seine Hand und drückte sie auf ihren Mund.
»Der Albrecht darf es nie erfahren, Stefan, darum bitt ich dich«, sagte Albina Hassler leise. »Er käm ganz vom Weg ab und tät den letzten Halt verlieren, denn den hat er ja an dir. Lass es so sein, wie es bis jetzt gewesen ist. Aber gib ihm nie zu viel Geld in die Hand, und gib ihm schon gar net den Hof. Das tät ihm in den Kopf steigen, und aus wär es mit aller Vernunft!«
»Sei still, Bina, sei nur still, wir können ein anderes Mal reden, wenn du dich kräftiger fühlst«, sagte Stefan.
»Ach, Schmarrn«, erwiderte sie mit einem Anflug ihrer gewohnten resoluten Art. »Was soll mir denn das noch schaden! Es geht um dich, Stefan, und viel mehr noch um den Hof. Du bist mir alleweil ein guter Mann gewesen. Wenn unsere Ehe auch nicht im Himmelüberschwang geschlossen worden ist, so stand sie doch auf festen, guten Füßen, und es hat uns Freud gemacht, miteinander zu werkeln und zu schaffen. Dein Leben ist noch lange nicht vorbei. Bist ja erst an die siebenundvierzig, im besten Mannesalter.«
Die Bina redete immer hastiger, als gehe ihr die Zeit aus.
»Denk nicht, ich würde fantasieren, Stefan, ich meine es ganz ernst. Du musst dir wieder ein Weib nehmen und einen Sohn bekommen, einen, der dazu taugt, einmal Bernrieder zu werden.« Die letzten Worte klangen ganz matt, dann seufzte die Bernriederin, und große Erleichterung malte sich auf ihren Zügen. Sie hatte sich eine Last von der Seele gewälzt und ihr Haus bestellt.
Unbeholfen nahm Stefan die Hand seines Weibes in die seine.
»Ist ja alles in Ordnung, Bina, sorge dich bloß net! Ich gelob dir, dass ich tun werd, was du bestimmst.«
Sie nickte erleichtert.
»Dann ist es ja gut, Stefan. Jetzt hab ich alles in deine Hände gelegt, und da ist es gut aufgehoben.«
Ein letzter inniger Blick, und dann schloss Albina Hassler, die Bernriederin, für immer die Augen und schlief friedlich ein.
***
Vierzehn Tage später entfaltete der Notar in der Kreisstadt Dürenhofen das Testament der verstorbenen Bäuerin vom Bernried-Hof.
Ruhig saß Stefan Hassler vor ihm, im dunkelgrauen Lodenanzug, den schmalen Trauerflor im Knopfloch. Den breitrandigen schwarzen Hut hatte er auf den Knien.
Der fünfundzwanzigjährige Albrecht Hassler hatte es nicht nötig gefunden, seine Trauer um die Mutter in angemessener dunkler Kleidung zu bezeugen. Er trug ein gut geschnittenes blaues Jackett und eine beigefarbene Hose. Er war ein auffallend hübscher Bursche, groß und schlank, mit braunen Haaren und schönen dunklen Augen.
Doch auf Albrechts etwas zu weichem Gesicht lag ein verschlagener Zug, und sein voller Mund zog sich wie in ständigem Spott ein wenig nach unten.
Zur anderen Seite des Vaters saß Marei Hassler, die dreiundzwanzigjährige Tochter. Über dem schwarzsamtenen Spenzer, den sie zu einem schieferfarbenen Rock trug, kam das Geleucht ihrer gelockten Haare noch besser zur Geltung. Darunter strahlten Augen im reinsten Kornblumenblau und krönten die Schönheit des vollendeten Gesichtes.
Der Notar räusperte sich und begann das Testament zu verlesen.
»Ich, die Hassler-Albina, Bäuerin auf Bernried, vermache meinen Hof mit allem lebenden und toten Inventar und allem, was an Wald und Grund dazugehört, meinem Ehemann, Stefan Hassler ...«
»Nein!«, schrie Albrecht und unterbrach den Notar. »Nein, das stimmt nicht, das ...«
»Ruhe, bitte!« Der Notar klopfte auf den Tisch, und Albrecht blieb mit offenem Mund und rotem Kopf stehen.
»Lassen Sie mich fortfahren, ich bin noch nicht am Ende«, bat der Notar. »Also hören Sie weiter: Mein Sohn Albrecht Hassler erhält mein Guthaben auf der Raiffeisenkasse in Brunnwinkel im Weissachtal.«
»Das ... das darf doch nicht wahr sein!«, schrie Albrecht wieder dazwischen.
»Meine Tochter Marei Hassler erhält meinen Schmuck, jährlich zehn Prozent vom Ertragsüberschuss sowie den Pachtertrag der Felder und Weiden in Vellach«, fuhr der Notar unbeirrt fort. »Die auf der Kasse verwahrten Pfandbriefe gehen zur Hälfte an Marei, zur anderen an meinen Mann.
Ziel und Zweck meines letzten Willens ist nicht eine Bevorzugung meines Ehemanns, sondern einzig und allein der Erhalt des Bernried-Hofs. Bei einer anderen Verteilung wäre dies nicht gewährleistet. Gezeichnet, Albina Hassler.«
Es folgte eine lastende Stille, in der man nur das Ticken der Uhr über dem grauhaarigen Kopf des Notars hörte.
»Wann soll sie das geschrieben haben?«, fragte Albrecht schrill.
Der Notar nannte das Datum, und Albrecht zählte an den Fingern ab.
»Also kurz vor ihrer Operation, oder?«
»Ja«, sagte der alte Herr. »Diesmal kam Frau Hassler zu mir.«
»So? Mit der fix und fertigen Sache, mit dem Wisch da, der nicht auf ihrem Mist gewachsen sein kann, weil sie sich nicht so ausgedrückt hat! Der Vater wird ihr's diktiert haben, und das gilt nix!«
»Frau Hassler trug mir vor, was sie bestimmen wollte. Ich hab es mit ihr zusammen so formuliert, wie es nun vorliegt. Der Letzte Wille der Verstorbenen ist mit der Hand geschrieben und unzweideutig.«
»Der Vater hat ihr's eingeblasen, was denn sonst!«, empörte sich Albrecht. »Wahrscheinlich stecken Sie auch mit ihm unter einer Decke.«
Jetzt ergriff Stefan Hassler zum ersten Mal das Wort.
»Was fällt denn dir ein, Albrecht! Auf mir kannst du herumhacken, so viel du willst, das bin ich ja von dir net anders gewohnt. Aber den Herrn Notar lass in Ruhe, den hab ich mein Lebtag noch nie gesehen.«
»Nicht so hitzig, junger Mann«, ließ sich nun der Notar vernehmen. »Wie ich aus den Daten ersehe, ist Ihr Vater noch weit davon entfernt, sich auf das Altenteil zurückzuziehen. Wenn es einmal so weit ist, wird er bestimmen, und Sie werden zweifellos zu dem Zug kommen, der Ihnen heute schon vorgeschwebt hat. Inzwischen werden Sie zusammen auf dem Hof arbeiten ...«
»Einen Schmarrn werd ich, ich mach keinen unbezahlten Knecht, nie und nimmer!« Albrecht sprang zornentbrannt auf, rannte zur Tür, riss sie auf und lief hinaus. Mit einem lauten Knall fiel die Tür ins Schloss.
Der Notar erledigte alles Übrige, dann verabschiedeten sich der Bernrieder und seine Tochter Marei.
»Wenn der Zorn des ungehobelten jungen Mannes verraucht ist, wird er sich besinnen und einsehen, dass die dreißigtausend Euro, die ihm die Mutter auf ihrem Sparkonto bei der Raiffeisenkasse hinterlassen hat, auch kein Pappenstiel sind. Damit kann er sich etwas aufbauen, wenn er nicht auf dem Hof arbeiten will.«
»Dreißigtausend?«, fragte Stefan Hassler ungläubig.
»Ja, als Testamentsvollstrecker liegen mir die Kontoauszüge vor.«
»Nix hat sie sich selbst gegönnt und jeden Euro gespart«, sagte Stefan leise und schüttelte den Kopf.
Der Notar legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Das ist die Freude eines sparsamen Geistes«, sagte er.