Ambadonien - Melanie H.-Händler - E-Book

Ambadonien E-Book

Melanie H. Händler

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Beschreibung

Immer wieder derselbe Traum, der Kathy Nacht für Nacht aus dem Schlaf reißt. Eine Familie voller Geheimnisse, Rätsel und verbotener Zimmer. Was hat all das zu bedeuten? Eine Frage, die sich Kathy schon fast ihr ganzes Leben stellt. Und was will der heiße Typ von ihr, der eines Tages an ihrer Schule auftaucht? Nun steht ihre Welt endgültig auf dem Kopf, denn es zieht sie scheinbar magisch zueinander. Unaufhaltsam zerrt ein Strudel aus Gefahren und alten Prophezeiungen sie in die fantastische Welt von Ambadonien, in der die Regeln der Zeit anders spielen. Kathy wird ungeahnten Gefahren ausgesetzt und muss für alles kämpfen, was sie liebt. Sollte es auch ihr eigenes Leben kosten. Eine andere Wahl hat sie nicht.

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Seitenzahl: 270

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Von Melanie H.-Händler Ambadonien Die fehlenden Schriftrollen

© 2021 Melanie Heeren-Händler

Auflage 1

Autor: Melanie Heeren-Händler

Wunne 20

59832 Arnsberg

Umschlaggestaltung, Illustration: Florin Sayer-Gabor infoQ100covers4you.com

Lektorat, Korrektorat: Janine Ziebarth

[email protected]

Buchsatz: Lea Freidinger

www.papierzeilen.wordpress.com

Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN: 978-3-347-26012-2 (Paperback)

978-3-347-26013-9 (Hardcover)

978-3-347-27011-4 (e-Book)

Dieses Buch ist auch als Hörbuch erhältlich.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Für Michele Du bist mein Herz, mein Leben und meine Liebe!

Aufstellung

Katherina Gran – wird von allen Kathy genannt und ist unsterblich in Christen verliebt. Sie ist die Tochter von Anna und Chris. Sie entdeckt ihr wahres Ich neu.

Christen Ross – Sohn von Alice und Roman. Er ist unsterblich in Kathy verliebt. Er muss sein altes Ich neu erkennen. Er ist mit seiner Familie aus den USA nach Schottland/Edinburgh gezogen.

Anna Gran – ist eine Hexe und Gestaltwandlerin, hat ihre Fähigkeiten in diesem Lebenszyklus verloren.

Chris Gran – ein ganz normaler Mensch, guter Ehemann und Vater.

Alice Ross – Alice stammt von den Kobolden ab. Sie ist lange Zeit hin- und hergerissen und geht oft den falschen Weg. Sie ist eine Gestaltwandlerin.

Roman Ross – liebenswürdiger Familienvater und Ehemann. Hat von den Dingen, die innerhalb seiner Familie geschehen, keine Ahnung.

Lucas Ross – Bruder von Christen und fester Freund von Lea.

Rose Well – ist eine Hexe und eine Gestaltwandlerin. Sie ist die Großmutter von Kathy und die Mutter von Anna.

Richard Well – ist ein Werwolf, der Großvater von Kathy und der Vater von Anna. Richard ist ein Gestaltwandler.

Gregor Well – Sohn von Rose und Richard. Auch er ist ein Gestaltwandler.

Ombidio – Oberhaupt der Werwölfe, Patenonkel von Kathy und ein Gestaltwandler.

Loming – Oberhaupt der Hexen und eine Gestaltwandlerin. Patentante von Kathy.

Roch – Oberhaupt der Kobolde.

Korgo – war vor Roch das Oberhaupt und kam auf tragische Weise ums Leben.

Ruhmeus – will seit Jahrhunderten Oberhaupt der Vampire werden.

Mr. Pia – Wächter der Uhren und ein Gestaltwandler.

Lea Maxwell – ist die beste Freundin von Kathy und ein kluger Kopf.

Ambadonien – die parallele Welt zu unserer Erde.

42 Schriftrollen – aus ihnen wurde ein Buch angefertigt.

3 fehlende Schriftrollen – ein Geheimnis.

Gestaltwandler sind alle unsterbliche Wesen aus Ambadonien. Sie können sich immer für den aktuellen Lebenszyklus in eine andere Gestalt wandeln. So altern sie auf natürliche Weise, bis der Lebenszyklus beendet ist und ein neuer beginnt. So können die, die nicht erkannt werden wollen, ein neues Aussehen annehmen.

Prolog

1

»Mach es schon endlich, du dumme Gans.« Er riss grob an ihrem Arm.

»Er ist mein Sohn. Wie kannst du so grausam sein und wie kannst du das von mir verlangen? Du weißt, ich mache alles für dich. Mein Herz und meine Liebe liegen in deinen Händen. Aber wie könnte ich meinen eigenen Sohn töten?«

Ihm wurde klar, dass dieses primitive Weib zu nichts zu gebrauchen war. Er musste es anders lösen und er wusste schon wie.

Er stellte sich hinter Alice, legte seine rechte Hand auf ihre linke Schulter und sprach ihn aus – den Fluch, der sie unwiderruflich und für alle Zeit gefügig machen würde.

»Emorium padri dorpfia dapt.« Ruhmeus löste seine Hand von ihr und sah zu, wie der Fluch von Alice Besitz ergriff.

»Liebster, du hast recht, ich sollte mich von ihm lösen. Mein Leben gilt dir, nur dir allein. Ein Kind steht einem nur im Weg. Mal abgesehen davon habe ich meine Schuldigkeit längst an ihm getan.«

»Rede nicht so viel, stich zu, bevor er wieder zu Bewusstsein kommt, und vergiss seine kleine Gespielin nicht.« Und sie stach zu, mit einer solchen Brutalität, dass ihr das Blut des eigenen Kindes ins Gesicht spritzte.

Gefühlsleer nahm Alice das kaum wahr, beugte sich zu Kathy und stach viermal auf sie ein.

 

2

»Sie sind tot, sie sind beide tot, ich kann es spüren.« Loming griff sich in ihr Haar und wirkte so erschrocken, dass Ombidio zu ihr eilte.

»Sag das nicht, bitte sag es nicht.« Ombidios gesamter Körper fing an zu zittern. Er griff sich verzweifelt ins Haar.

»Doch, es ist so, es gibt keinen Zweifel.« Tränen rannen aus ihren von Trauer geweiteten Augen.

Zwei Stunden später hatten sie sich mit allen Ratsmitgliedern im Unterschlupf der Kobolde versammelt.

Es dauerte lange, bis sie ein vernünftiges Gespräch führen konnten.

Es wurde geweint, geschimpft, diskutiert und es wurden Pläne geschmiedet.

»Das Wichtigste ist, dass wir ihre Körper finden und sie anständig zu Grabe tragen. Alles andere wird man danach sehen.« Dies waren die einzigen Worte, die an diesem Tag von Richard zu hören waren. Er zog sich wieder zurück und setzte sich auf einen Sessel. Dieser stand hinten im Raum, in einer dunklen Ecke verborgen.

Und so wurde es gemacht. Die gesamte Bevölkerung von Ambadonien ging auf die Suche nach den Überresten von Kathy und Christen. Es wirkte, als würde das Land unter Schock stehen. Es legte sich ein durchsichtiger Schleier über Ambadonien und seine Bewohner, als sie die Leichen nicht fanden. Dieser Tag war getränkt von Trauer, Wut und Angst.

Kapitel 1

Katherina saß mit angezogenen Beinen in ihrem Bett. Zwei Uhr in der Früh, wieder aus einem Traum aufgeschreckt. Immer und immer wieder diese Träume, so real, dass sie anfing, an sich zu zweifeln.

Irgendwann konnte sie sich beruhigen, doch vorher dachte Kathy lange über diesen Traum nach.

Es war anders, irgendetwas war anders. Nicht nur, dass die Träume von Mal zu Mal realer wurden, sie konnte sich auch umdrehen und in eine andere Richtung schauen.

»… und dann konnte ich mich in eine andere Richtung drehen«, erzählte Kathy am darauffolgenden Morgen ihrer besten Freundin Lea.

»Seltsam. Das ist schon komisch genug mit diesem Typen, den du jede Nacht dort am Strand triffst. Was konntest du denn sehen, ich meine, nachdem du dich umgedreht hast?« Lea hakte sich bei Kathy unter und sie gingen Richtung Schuleingang.

»Der Unterricht fängt an. Ich berichte es dir später, falls ich die öde Pauli überlebe.«

»Vielleicht solltest du das mal deinen Eltern erzählen.« Lea sah ihre Freundin nachdenklich an. »Wonach soll ich bitte fragen? Ob es Erbkrankheiten gibt, die in diese Richtung gehen?« Beide fingen zu lachen an. So waren für einige Momente die Sorgen über ihre Träume vergessen.

Heute wollte die Zeit einfach nicht vergehen und es dauerte gefühlt ewig bis zur Mittagspause.

Englisch war für beide der größte Horror.

»O Mann! Ich dachte, die Zeit vergeht nie. Zehn Minuten länger und ich wäre gestorben.« Theatralisch schmiss Lea sich in Katherinas Arme. »Todesursache eingeschläfert, du Arme. Wenn man bedenkt, dass ich denselben Unterricht hatte, bist du schon sehr zu bedauern.«

Kathy konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

»Mach du dich nur lustig. Du bist nun mal viel härter im Nehmen. Und genau aus diesem Grund geht dir der öde Unterricht nicht so an die Nerven.«

»Du spinnst, Süße!«

»Mag sein, trotzdem habe ich recht! Komm, lass uns in die Mensa. Ich sterbe fast vor Hunger.« Lea warf ihre langen blonden Haare über die Schulter und eilte davon.

»Erst wegen des lahmen Unterrichts und nun vor Hunger. Das ist ein wenig viel Gesterbe für einen Vormittag. Ich habe auch Hunger.« Kathy sah ihre Freundin liebevoll an. Seit dem Kindergarten waren beide unzertrennlich. Früher hatte man sie immer Schneeweißchen und Rosenrot genannt, da sie rein äußerlich nicht unterschiedlicher hätten sein können.

Während Lea lange blonde Haare hatte und stechend blaue Augen, waren Kathys Haare braun mit einem leichten Rotstich. Sie hatte grün-graue Augen und auch ihre Figuren waren unterschiedlich.

Lea war sehr schlank, was sie auch immer schimpfen ließ, da ihr Busen so klein war.

Kathy hingegen hatte für ihre siebzehn Jahre schon einen recht üppigen Busen und auch sonst hatte sie genügend weibliche Rundungen.

Lea war es auch damals gewesen, die aus Katherina eine Kathy machte. Seither wurde sie von allen nur bei ihrem Spitznamen gerufen.

Fünfzehn Minuten später saßen Kathy und Lea in der Mensa und gingen, während sie aßen, noch einmal Kathys Träume durch. Lea machte einen besorgten Gesichtsausdruck. Sie hatte Angst um ihre Freundin, das entging auch Kathy nicht.

»Lea, ich bin so froh, dich als beste Freundin zu haben. Ich habe dich so lieb.«

»Sag doch so etwas nicht. Du weißt, dass ich immer gleich losheule. Aber ich habe dich auch schrecklich doll lieb. Und wir werden schon herausfinden, was mit dir los ist.« Lea wollte es locker und fröhlich klingen lassen, scheiterte jedoch kläglich.

»Mach dir keine Sorgen. Für all das gibt es sicher ganz logische Erklärungen.« Kathy legte eine Hand beruhigend auf Leas Arm.

»Komm, erzähl mir noch einmal ganz genau, was heute Nacht geschehen ist. Ich finde es immer noch superunheimlich.« Lea machte mit ihrer linken Hand eine bedeutungsvoll ausschweifende Bewegung. In der Zwischenzeit hatten die beiden sich auf eine Bank im Schulhof gesetzt.

»Eigentlich fing alles an wie immer. Ich stand an diesem wunderschönen Strand und schaute auf das Meer. Das, wenn ich genau darüber nachdenke, besonders unruhig war. Plötzlich kam Christen und nahm mich von hinten in die Arme.« Kathy steckte sich ein Kaugummi in den Mund, ehe sie weitersprach.

»Er sagte: ›Es ist in unseren Träumen alles so einfach. Man trifft sich mit dem Mädchen seines Herzens und kann es einfach küssen.‹ Dann drehte er mich zu sich und küsste mich.« Bei dem Gedanken färbten sich Kathys Wangen rot.

»Das ist ja so romantisch! Ich will auch einen Traumprinzen. Wenn du heute Nacht wieder von ihm träumst, fragst du ihn gefälligst, ob er einen Bruder hat. Was ist dann geschehen?« Aufgeregt rutschte Lea hin und her.

»Wie immer. Christen sprach darüber, wie unglücklich er sei, dass es mich nur in seinen Träumen gebe, und kurze Zeit später war er verschwunden. Und ich stand wieder allein am Strand und bin aufgewacht.« Kathy dachte einen Moment nach, bevor sie weitersprach.» Das Seltsame war diese Burg. Ich kann mich, wie gesagt, nie in eine andere Richtung drehen. Eigentlich geht es immer nur um Christen und mich. Wir schauen auf das Meer und reden. Dieses Mal konnte ich aber nach hinten sehen und im Hintergrund auf einem Hügel war da diese alte Burg.« Lea unterbrach ihre Freundin.

»Welche Burg? Konntest du reingehen? War außer der alten Burg noch etwas zu sehen?« Hätte Kathy ihre Freundin nicht unterbrochen, wären sicher noch hundert weitere Fragen aus Leas Mund geschossen.

»Ich weiß nicht, was das für eine Burg war und was sie zu bedeuten hatte. Reingehen konnte ich nicht. Nachdem Christen eben erst verschwunden war, konnte ich mich für einen Moment umdrehen. Ich habe die Burg gesehen und bin aufgewacht. Sonst war weiter nichts Auffälliges. Na ja, nur dass das Meer besonders hohe Wellen schlug. Selbst ein Seemann hätte bei diesem Wellengang wohl Probleme bekommen.« Dabei rümpfte sie ihre Nase.

»Igitt, Kathy, das war für die Erzählung echt nicht wichtig. Das ist schon alles seltsam. Ich meine, das wird ja immer realer. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Christen dir im Traum erzählt, wie unglücklich er ist, dass es dich nur in seinen Träumen gibt. Weiß er denn nicht, dass es ihn nur in deinen Träumen gibt? Selbst dann sind Männer einfach nicht zu verstehen. Wie war dein Gefühl …« Lea dachte kurz nach und schweifte mit ihrem Blick über den Schulhof. »Was war das für ein Gefühl, als du dich umdrehen konntest und die Burg gesehen hast?« Sie schaute ihre Freundin erwartungsvoll an.

Es dauerte eine Weile, bis Kathy antwortete. »Es war für einen kurzen Moment so, als würde mich die Burg in ihren Bann ziehen. Ich hatte das Gefühl, unbedingt dorthin zu müssen. Ein Gefühl in mir wollte unter allen Umständen in diese Burg gehen. Dann bin ich wahnsinnig erschrocken aufgewacht.« Bei diesem Gedanken wurde ihr immer noch ganz kalt.

»Du bist ja jetzt noch ganz aufgebracht. Du hast wirklich keine Ahnung, was oder wer dich so gequält hat?« Leas Sorge um Kathy wurde immer größer. Sie wollte ihr helfen, doch wie sollte sie das anstellen?

»Nein, wirklich nicht. Ich habe mir die ganze Nacht das Hirn verrenkt, doch mir ist nichts eingefallen. Es sind zwar nur Träume, aber ich bekomme trotzdem Angst.« Lea nahm ihre Freundin liebevoll in den Arm und strich ihr über das Haar.

»Es ist doch gleich Wochenende. Du schläfst einfach bei mir. Unsere Eltern haben sicher nichts dagegen und ich kann auf dich aufpassen. Vielleicht sprichst du ja im Schlaf und ich bekomme so etwas Hilfreiches heraus. Was denkst du?« Mit aufmunterndem Blick wartete sie auf Kathys Antwort.

»Aber mit Schokolade, Pizza und einem schönen Film«, neckte Kathy ihre Freundin.

»Liebe, Action oder Komödie?« Lea fing an zu lachen.

»Komödie, ohne Knutschen, und es darf keine Burg vorkommen.« Jetzt lachten beide.

Und mit diesen tollen Aussichten konnte Kathy sich beruhigen und die letzten Schulstunden zu Ende bringen, um dann fröhlich mit Lea ins Wochenende zu gehen.

»Ich sage nur schnell meinen Eltern Bescheid und packe meine Tasche. Ich beeile mich. Bis gleich, Süße.«

»Und ich frage meinen Vater, ob ich das Aufnahmegerät haben kann. Man weiß ja nie, wofür man es gebrauchen kann.« Mit einem wichtigen Blick bedachte Lea ihre Freundin, bevor sie sich zum Gehen wegdrehte.

»Machen Sie das, Miss Watson.« Kathy musste den ganzen Weg über ihre Freundin lachen. Lea kam auf Ideen. Der wichtige Gesichtsausdruck war Kathy nicht entgangen.

Zuhause angekommen, schloss sie die Haustür auf und trat hindurch. »Mom, ich bin wieder da. Ich will das Wochenende bei Lea schlafen. Das geht doch in Ordnung, oder?« Wo steckte ihre Mutter denn? »Mom, Mom, wo steckst du denn? Nun antworte doch endlich!?« Kathy sah im Büro und in der Küche nach.

»Hier, Liebes, ich bin in der Bibliothek. Komm, sieh dir das an. Ich blättere gerade in einem alten Buch, das schon seit langer Zeit in unserer Familie ist. Was war mit Lea?« Kathy konnte den roten Lockenkopf ihrer Mutter über den Sesselrand sehen. Ihre Mutter war immer so aufgeregt, sobald sie eine neue Errungenschaft bekommen hatte.

»Ob es okay ist, dass ich am Wochenende bei Lea übernachten möchte?« Sie beugte sich zu ihrer Mutter herunter, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben.

»Ja, natürlich ist das in Ordnung.« Ihre Mutter lachte sie liebevoll an.

Anna war eine fröhliche Frau und mit ihren neununddreißig Jahren noch sehr kindlich, kindlich jedoch im positiven Sinn. Sie sang den ganzen Tag und für ein Brettspiel war Anna immer zu haben. Für Kathy war sie die liebevollste Mutter aller Zeiten.

Anna war Künstlerin aus Berufung, wie sie selbst sagte. Außerdem war sie leidenschaftliche Sammlerin von allem, was alt war.

Diese Leidenschaft teilte sie mit Chris Gran, ihrem Mann und Kathys Vater. Sonst war er das genaue Gegenteil von seiner Frau. Kathys Vater war der Besitzer eines Buchladens und ein ruhiger und ausgeglichener Mensch.

Kathy war sich sicher, dass ihre Eltern sich genau aus diesem Grund so liebten. Denn bekanntlich zogen sich ja Gegensätze an.

Und ihrem Vater war die Liebe immer deutlich anzusehen. Gerade in den Momenten, in denen es offensichtliche Probleme gab. Denn dann wirbelte Anna mit ihrer Leichtigkeit umher und riss alle mit.

»Schlechte Laune ist ein Problem. Das hier sind nur Späße des Lebens, damit den Menschen nicht langweilig wird«, war, was sie dann sagte, und damit waren die Probleme für sie so gut wie erledigt.

»Diese Gabe hatte meine Any schon, als sie noch ein kleines Kind war«, sagte ihre Großmutter oft voller Stolz. »Sie machte die Menschen immer glücklich, nur durch ihr Verhalten und auf die Sicht der Dinge.« Dann nahm Kathys Großmutter Anna meistens in den Arm und bedachte sie mit den Worten: »Ein großes Talent und eine große Gabe schlummern in dir, Anna, mein Schatz. Es wird Zeit, dass du es wieder nutzen kannst. Die Welt wird eines Tages noch von dir sprechen, sobald der Zyklus seinen Weg erneuert.«

Kathy fand ihre Familie sehr merkwürdig, fühlte sich jedoch genau mit dieser Familie pudelwohl. Kathy stellte sich nun nah zu ihrer Mutter, um das Buch besser betrachten zu können.

»Was ist das für ein Buch, Mom?« Sie wurde beim genaueren Betrachten neugierig. Es war ganz offensichtlich ein sehr altes Buch, da die Seiten schon vergilbt waren. Es war in dunklem Leder gebunden und auf dem Buchdeckel war ein Bild von einer Taschenuhr abgebildet.

»Ein uraltes Buch, es ist schon seit über zweihundert Jahren im Besitz der Well-Familie.« Anna strich ehrfürchtig über den Einband.

»Zweihundert Jahre, so weit kann wohl keine Familie das zurückverfolgen, oder?« Wobei Kathy wusste: In ihrer Familie war fast alles möglich.

Sie war der festen Überzeugung, dass alle merkwürdigen Menschen auf dieser Welt zu ihrer Familie gehörten. Aber über zweihundert Jahre? Wie weit hatte ihre Großmutter bitte zurück recherchiert – bis in die Steinzeit, oder was? Dann hatten sie sicher auch herausgefunden, dass unter den Dinosauriern Familienmitglieder gelebt haben.

»Mom, das ist doch Blödsinn.«

»Ganz und gar nicht, mein Schatz. Aber du wirst noch früh genug erfahren, wie weit unsere Familiengeschichte reicht.« Dann schlug Anna das Buch auf und hielt es ihr hin.

»Sieh dir das hier mal an.« Kathy tat, was ihre Mutter sagte.

Auf der aufgeschlagenen Seite war ein Bild zu sehen. Ein Mädchen in Kathys Alter, also sechzehn, siebzehn Jahre. Kathy erschrak. Als sie sich das Mädchen genauer ansah, war eine große Ähnlichkeit zu Kathy wohl kaum von der Hand zu weisen. Um genau zu sein, musste man schon sagen, bei diesem Mädchen konnte es sich nur um Kathy selbst handeln.

Der Strand, an dem das Mädchen stand, war mit ihren Träumen identisch. Das Foto schien von der Seite gemacht worden zu sein. Man konnte sowohl die Burg auf dem kleinen Hügel als auch das Meer sehen.

»Mom, was hat das alles zu bedeuten? Das Mädchen auf dem Bild, das bin doch eindeutig ich? Wie kann das sein, wenn doch das Buch schon so alt ist?« Kathy war außer sich. Ganz offensichtlich gab es etwas, das alle wussten, nur sie nicht. Und ihre Träume – war wirklich mehr daran? Kathy stützte sich am Sessel ab und setzte sich langsam auf die Armlehne. Ihr wurde schwarz vor Augen und einen kurzen Moment lang hatte sie Angst, umzukippen.

»Mom, nun sag schon etwas. Was mache ich in diesem Buch?« Kathy rieb sich die Nasenwurzel. Sie bekam Kopfschmerzen.

»Du kommst nun langsam in ein Alter, in dem du in das Familiengeheimnis eingeweiht werden sollst. Ich werde später noch zu deinen Großeltern gehen und mit ihnen alles besprechen.« Anna schien äußerlich nicht sonderlich beunruhigt, wobei der Schein zu trügen schien, das entging Kathy nicht und machte sie aus irgendeinem Grund argwöhnisch.

»Außerdem, du wolltest doch zu Lea, oder?«

Anna stand auf, nahm ihrer Tochter das Buch aus der Hand und ging zum Bücherregal.

»Stimmt. Sie wartet sicher schon. Ich gehe rauf in mein Zimmer und packe schnell ein paar Klamotten«, spottete Kathy erzürnt. Sie konnte nicht verstehen, wie ihre Mutter einfach zur Tagesordnung übergehen wollte. »Willst du mich verarschen, Mom? Ich will wissen, was du damit gemeint hast. Du machst mir Angst. Und nur damit du es weißt: Ich habe sehr wohl bemerkt, dass du nervös bist.«

»Und dennoch werde ich dir nichts sagen können, bevor ich mit deinen Großeltern gesprochen habe. Du wirst es bis dahin gut sein lassen müssen. Vertraue mir, mein Schatz, du wirst es bald erfahren und bis dahin machst du dir ein schönes Wochenende mit Lea.« Kathy spürte, dass sie hier nicht weiterkommen würde und dass es keinen Sinn hatte, ihre Mutter weiter zu nerven.

Kathy lief aus dem Raum. Sie rannte schnell die Treppen hinauf. Sie hatte ihr Reich unter dem Dach. Es war, wie sie fand, das schönste Zimmer im ganzen Haus. Wenn man bedachte, dass dieses Haus insgesamt zehn Zimmer hatte, war das echt super. Auch wenn sie ursprünglich nur hier oben gelandet war, weil die anderen Zimmer schon verplant waren, würde sie heute nicht mehr tauschen wollen. Unten im Erdgeschoss war auf der linken Seite, direkt neben der Eingangstür, das Arbeitszimmer ihres Vaters, dann kam ebenfalls zur linken die Küche. Gegenüber lag das Arbeitszimmer ihrer Mutter und ging man geradeaus durch den Korridor, so war dort die Bibliothek. Im nächsten Stockwerk gab es ein Wohnzimmer, zwei Gästezimmer und das geheime Zimmer.

Niemand, außer Kathys Mutter und ihrer Großmutter, durfte diesen Raum betreten.

Früher hatte Kathy alles Mögliche versucht, um in diesen Raum zu gelangen. Heute hatte sie sich damit abgefunden, dass ihre Mutter wie auch immer dafür sorgte, dass es einem unmöglich war. Wenn sie so an das geheime Zimmer dachte, überlegte sie, ob das Familiengeheimnis womöglich damit zu tun hatte.

Im nächsten Stockwerk befanden sich nur das Schlafzimmer ihrer Eltern und ein großes Bad. Und im Dachgeschoss lag nun Kathys Zimmer mit einem winzigen Bad. Dafür jedoch für sie ganz allein, und das fand sie super.

Kathy stand vor ihrem Kleiderschrank und packte ihre Tasche.

In diesem Moment klingelte ihr Handy. Sie musste nicht auf das Display schauen, um zu wissen, wer es war.

»Kathy, sag mal, wo bleibst du? Ich sitze hier schon seit Stunden und warte.« Leas aufgesetzte Stimme quiekte in ihr Ohr.

»Stunden, nun übertreibst du aber. Ich muss dir gleich unbedingt etwas Superwichtiges erzählen. Meine Mom hat ein altes Buch, in dem eine Abbildung von mir am Strand zu sehen ist. Und sie hat so kryptisches Zeug von einem Familiengeheimnis erzählt.« Während sie mit der einen Hand ihr Handy ans Ohr hielt, stopfte Kathy mit der anderen ihre Sachen in die Tasche.

»Hä? Was für ein Buch und was für ein Bild? Süße, sieh zu, dass du hierherkommst und mir alles ganz genau erzählst.« Schon war auf der anderen Leitung nur noch das Freizeichen zu hören.

»Wie immer, ein bühnenreifer Abgang.«

Lachend warf sich Kathy ihren Rucksack über die Schulter, rannte die Treppe runter und ging zurück in die Bibliothek.

Sie wollte sich von ihrer Mutter verabschieden, doch sie war nicht mehr dort.

»Mom, ich will los, wo steckst du?« Doch dann hörte Kathy sie schon in der Küche singen.

»Mom.« Sie steckte ihren Kopf durch den Türspalt. »Ich geh los.«

»Ist gut, Schatz. Viel Spaß und keine Dummheiten machen.« Anna nahm ihre Tochter zum Abschied in den Arm und gab ihr einen dicken Kuss.

»Ah, mein Kaffee ist durchgelaufen«, hörte Kathy ihre Mutter sagen, bevor sie die Haustür hinter sich schloss und auf die Straße trat.

Sie lief in Richtung Schule, da Lea und sie den entgegengesetzten Weg zur Schule hatten. Was beide in den letzten Jahren oft genug bedauerten. Während sie weiterlief, am Stadtpark und am Einkaufszentrum vorbei, dachte sie wieder über das Buch nach. Es konnte doch alles kein Zufall sein? Die Träume, das Bild, welches ihre Träume widerspiegelte, und nun auch noch ihre Mom. Je mehr sie nachdachte, desto eher kam Kathy zu dem Entschluss, das Ganze zu ignorieren, um nicht den Verstand zu verlieren. Nun war auch schon Leas Haus in Sicht und Kathy unterbrach ihre Gedanken fürs Erste.

»Na endlich! Ich dachte schon, du wärst von einem Karate-Eichhörnchen angegriffen worden.« Schon zog Lea Kathy ins Haus. »Komm, wir gehen in mein Zimmer. Ich will auf der Stelle alles über dieses Buch wissen. Und wehe, du lässt etwas aus.« Ungeduldig packte Lea ihre Freundin am Arm, zog sie die Treppe hinauf und dann in ihr Zimmer.

»Lea, also eigentlich … Ich habe beschlossen, ich will mir über diese Dinge keine Gedanken mehr machen – nur dieses Wochenende. Ich kann irgendwie nicht mehr. Das wird mir alles zu viel.«

Entschlossen machte Kathy eine wegwerfende Handbewegung.

»Kathy, du weißt schon, dass du und deine Familie echte Freaks seid, oder?« Lea setzte sich auf ihr Bett und schüttelte den Kopf.

»Ja, meine allerbeste Freundin hat es mir in den letzten Jahren mindestens eine Million Mal gesagt.« Lachend warf sie sich neben Lea aufs Bett und stupste ihr gespielt verärgert in die Seite.

»Kathy, bitte … erzähle mir von dem Buch und eurem spooky Familiengeheimnis.« Sie malte mit den Fingern Gänsefüße in die Luft.

»Viel gibt es da nicht zu erzählen. Es sind eher diese Verbindungen zu meinen Träumen.« Kathy streckte sich lang auf dem Bett aus, bevor sie weitersprach. »In meinen Träumen bin ich doch immer am Strand. Das Buch von meiner Mutter zeigt ein Bild von einem Mädchen, das mir zum Verwechseln ähnelt. Und sie steht auch ganz sicher am selben Strand.« Ein ängstlicher Blick war in ihren Augen zu erkennen.

Lea sprang vor Aufregung auf. »Kathy, das ist echt unheimlich. Was hat deine Mutter denn gesagt?«

»Nicht besonders viel. Nur dass das Buch schon zweihundert Jahre alt sei, oder so was in der Art. Na ja, und dass ich alles früh genug erfahren werde.« Sie rollte mit ihren Augen. »Nicht besonders viel, oder?«

»Wenn man bedenkt, was für seltsame Dinge in deinem Leben und deiner Familie geschehen sind – nein, nicht wirklich.« Lea wickelte sich nachdenklich eine Haarsträhne um den Finger. »Wir sollten alles, was wir wissen, aufschreiben und sammeln. Auch die Dinge, die in den letzten Jahren geschehen sind. Ich meine, dass ihr nicht normal seid, war ja schon immer stark erkennbar.« Mit wichtiger Miene klappte Lea ein Notizbuch auf und fing an, alles zu notieren.

»Also wirklich … Wir sind doch eine ganz normale Familie.« Kathy musste lachen, obwohl ihr eigentlich nicht danach zumute war.

Denn eines war ihr klar: Wenn es Menschen gab, die seltsam waren, dann auf jeden Fall alle aus ihrer Familie. Man brauchte dabei nur an ihren Onkel denken. Er lebte allein in einer alten Villa am Stadtrand und war niemals für jemanden zu sprechen. Allerdings war er immer so schlecht gelaunt, dass ohnehin niemand mit ihm sprechen wollte.

»Du hast ja recht.« Resigniert lehnte Kathy sich zurück.

Und so fingen beide an, alles aufzuschreiben, was ihnen wichtig erschien.

Eine Weile lagen sie auf Leas Bett. Sie hatten gerade alles aus Kathys Leben zusammengetragen, bis sie zehn Jahre alt war. Das würde ja noch Stunden dauern, wenn das so weiterginge.

»Das geheime Zimmer, was ist damit? Hast du jemals herausgefunden, was es damit auf sich hat?« Lea war in der Zwischenzeit aufgestanden und lief im Zimmer auf und ab.

Sie wollte unten aus der Küche zwei Gläser Cola holen gehen.

»Nein, das Zimmer wird von Jahr zu Jahr immer geheimer, habe ich das Gefühl. Meine Mom und meine Großmutter bewachen es wie einen großen Schatz. Aber Lea, mal im Ernst, was soll uns das Ganze hier mit der Liste eigentlich bringen? Ich meine, das hat doch alles überhaupt nichts mit meinen Träumen zu tun. Und am Ende sind es ohnehin nur Träume.« Sie zupfte an einer ihrer Haarsträhnen. Es war ihr anzusehen, dass sie komplett überfordert war. Kathy wusste nicht mehr, was sie denken sollte.

»Aber natürlich hat das alles einen Sinn und es gibt eine Verbindung zu deinen Träumen. Sieh doch nur mal das Bild aus dem Buch. Das stinkt doch alles zum Himmel. Süße, wenn wir endlich mehr herausfinden wollen, müssen wir uns bewusst machen, was schon alles geschehen ist.« Ohne von Kathy ein »Aber« zuzulassen, verließ Lea das Zimmer. Kathy ließ sich nach hinten in Leas Kissen fallen und hing für einen Moment ihren Gedanken nach. Sie schloss kurz die Augen und genoss die Stille.

Zehn Minuten später kam sie, bepackt mit zwei Gläsern und einer Tüte Chips, zurück.

»Kathy, ich glaube, dass der Schlüssel zu allem in dem geheimen Zimmer liegt. Denk doch mal nach. Seit Jahren musst du um dieses Zimmer einen riesigen Bogen machen und dann diese seltsamen Andeutungen von deiner Großmutter, sobald der Zyklus seinen Weg geht. Ich meine, was soll das denn bitte bedeuten? … Und erst heute hat deine Mutter doch zu dir gesagt, du würdest noch früh genug alles erfahren, oder?« Aufgeregt zählte Lea alle Punkte an ihren Fingern ab.

»Du solltest später nicht Schauspielerin werden, sondern Journalistin oder so. Du scheinst ja echt Spaß zu haben, die Geschichte meiner Familie auseinanderzupflücken.« Sie fingen beide an zu lachen und waren sich schnell einig, dass sie den restlichen Abend mit normalen Dingen verbringen wollten.

»Mir brummt schon der Kopf.« Theatralisch packte sich dieses Mal Kathy an die Stirn.

Darauf bemerkte Lea gelassen: »Süße, du bist schon fast so gut wie ich. Der Umgang mit mir ist eine echte Bereicherung für dich.«

»Du bist an Überheblichkeit kaum zu überbieten. Welchen Film wollen wir sehen?« Kathy holte vier DVDs aus ihrem Rucksack.

»Ich bin für supercool und superheiß Mr. Pattinson.«

»Wieso frage ich? Das hätte ich mir doch denken können, oder?« Fröhlich über ein anderes Thema warf sie ihrer Freundin die DVD entgegen.

»Ich steh nun mal voll auf diesen Typen. Er ist so süß.« Schwungvoll warf Lea ihr langes blondes Haar zurück. Nachdem sich beide in ihre Schlafanzüge geworfen hatten, huschten sie mit den Chips und der Cola unter die Bettdecke und starteten den Film.

Eine ganze Weile später sah Lea ihre Freundin an. Offensichtlich war Kathy in Gedanken.

»Was ist denn los? Habe ich etwas an meiner Wange kleben?«

»Nein, du siehst super aus. Ich mache mir Sorgen um dich. Was soll ich heute Nacht machen, wenn deine Träume losgehen? Und vor allem, wie kann ich dir helfen?« Lea sah immer besorgter aus.

»Mach dir bitte nicht so viele Gedanken. Bis jetzt ist nie etwas Schlimmes passiert. Ganz im Gegenteil. Ich kann nicht gerade behaupten, dass ich vor Christen beschützt werden möchte.«

Schüchtern lächelte sie Lea an. Dabei färbten sich ihre Wangen rosa.

»Kathy, du bist ja verliebt! Zwar in einen Typen aus deinen Träumen und sehr wahrscheinlich somit nicht real, aber verliebt, und das ist so süß.«

Kathy zeigte zum Fernseher. »Lass uns den Film weiter ansehen. Und nein, ich bin natürlich nicht verliebt. So ein Blödsinn! Den Typen gibt es doch nicht einmal.« Entschieden setzte sie sich wieder zurück und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.

»Okay … ich bin ja schon still.« Grinsend kuschelte Lea sich unter ihre Decke. Sie kannte ihre Freundin gut genug, um zu wissen, dass diese bis über beide Ohren verliebt war. Genau das machte ihr aber auch Kopfzerbrechen, denn die ganze Sache wurde immer seltsamer. Aber es waren Träume – was sollte schon passieren?

Doch auf der anderen Seite war Kathys Familie, wie gesagt, supermerkwürdig. Und dieses Buch, dieses seltsame Buch. Genau in diesem Moment war »Pattinson« wieder auf dem Bildschirm zu sehen. Aus diesem Grund vertagte Lea ihre Gedanken.

Sie sahen sich noch zwei weitere Filme an, machten jedoch gegen dreiundzwanzig Uhr den Fernseher und das Licht aus. Sie redeten noch einen Moment miteinander, doch fielen ihnen recht schnell die Augen zu.

In dieser Nacht träumte Kathy einen mehr als unheimlichen Traum. Er war sehr verschwommen und nur von kurzer Dauer.

Sie stand in einem leeren und runden Raum. Die Vorhänge waren vor den Fenstern zugezogen, so war es fast unmöglich, etwas zu erkennen. Deswegen konnte Kathy auch nicht erkennen, zu wem die Stimme gehörte, die zu ihr sprach. Aus welcher Richtung die Stimme kam, konnte sie nur erahnen. Die besagte Stimme sprach auch nur ein paar Sätze: »Deine Freundin kann aufhören, über deinen Schlaf zu wachen. Denn du wirst nicht träumen. Ein jeder muss seinen Weg selbst finden und beschreiten, das gilt auch für die Träume. Das ist der Lauf des Universums.« Dann schritt eine kaum wahrzunehmende Gestalt an ihr vorbei und verschwand. Augenblicklich erwachte Kathy und auch Lea schien wach zu sein.

»He, was ist los?« Lea schaute verwirrt zu Kathy, die ihr alles erzählte.

Lea hatte das erste Mal keine Worte parat und so konnte sie ihre Freundin nur tröstend in den Arm nehmen.

»Das ist voll gruselig. Deine Träume können einem wirklich den letzten Nerv rauben.«

»Ja, das stimmt.« Beiden lief ein Schauer über den Rücken. »Mir geht das alles echt auf die Nerven und ich mag nicht mehr, Lea.«

»Das kann ich echt verstehen und sobald die Nacht rum ist, müssen wir einen anderen Weg finden. Dass du in der Gegenwart anderer keine Träume hast, haben wir ja nun kapiert. Morgen schlafe ich bei dir und dann werden wir euer Haus auf den Kopf stellen. Und wir werden einen Weg suchen, um in das geheime Zimmer zu kommen. Du musst mir dann auch unbedingt dieses Buch zeigen.« Entschlossen stimmte Lea sich selbst mit einem Nicken zu. Damit war der morgige Tag beschlossene Sache.