Analyse und Messbarkeit rhetorischer Kommunikationskompetenz - Katharina Wuttke - E-Book

Analyse und Messbarkeit rhetorischer Kommunikationskompetenz E-Book

Katharina Wuttke

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Beschreibung

Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Rhetorik / Phonetik / Sprechwissenschaft, Note: 1,3, Hochschule Osnabrück (Kommunikationsmanagement), Sprache: Deutsch, Abstract: Wie lässt sich rhetorische Kommunikationskompetenz messen und bewerten? Dieser Frage geht die vorliegende Arbeit nach. In Anbetracht der Tatsache, dass Rhetorik die älteste Kommunikationswissenschaft der Welt ist und rhetorische Kompetenz in unserer Gesellschaft als Schlüsselqualifikation gilt, ist es verwunderlich, dass sich bislang kaum Forscher diesem Thema gewidmet haben und es keine etablierte Methode zur Rhetorikanalyse gibt. Die bestehenden Ansätze zur rhetorischen Analyse stammen größtenteils aus dem US-amerikanischen Raum und sind entweder veraltet oder beziehen sich lediglich auf einen Teilbereich der Analyse – meist auf die Textanalyse und hier im Besonderen auf den Einsatz rhetorischer Figuren oder auf die Argumentation. Die wissenschaftliche Inhaltsanalyse erfreut sich zwar immer größerer Beliebtheit, hält aber bislang auch keine Methode bereit, die alle notwendigen Analyse- Bereiche – also beispielsweise auch die non- und paraverbale Kommunikation – zu einer Methode zusammenfügt, mit der sich rhetorische Fähigkeiten im Ganzen analysieren und messen ließen. Diesem Desiderat widmet sich der vorliegende wissenschaftliche Projektbericht. Die Arbeit geht zunächst der Frage nach, welche Methoden und Theorien aus unterschiedlichen Fachbereich bereits zur Verfügung stehen, um rhetorische Fähigkeiten zu messen und zu bewerten. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden am Ende der Arbeit Handlungsempfehlungen zur ganzheitlichen Analyse von Rhetorik entwickelt, die sowohl den Redetext, als auch die Argumentation, die Körpersprache, die Gestik und die Mimik, die Stimme, die Präsentationsform und viele weitere Faktoren berücksichtigen. Unter rhetorischer Kommunikationskompetenz wird in diesem Zusammenhang die Fähigkeit verstanden, Sachverhalte in Reden oder öffentlichen Sprechsituationen durch Verwendung sprachlicher Zeichen verständlich, überzeugend und souverän darstellen zu können.1 Problematisch aus Sicht der Wissenschaft ist daran, dass diese Fähigkeiten nicht direkt sichtbar sind, also empirisch durch Beobachtung nicht erschlossen werden können. Insofern benötigt ein Forscher, der Rhetorik messen und bewerten will, gute Analyse- und Interpretationsfähigkeiten. Gleichzeitig besteht die Herausforderung bei der Entwicklung einer Methode zur ganzheitlichen Rhetorikanalyse darin, möglichst alle notwendigen Faktoren mit einzubeziehen, den Forscher aber gleichzeitig nicht zu stark einzuengen.

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Gliederung

 

1.Einführung

2. Definition und thematische Einordnung von Rhetorik

2.1 (Rhetorische) Kommunikation

2.1.1 Verbale Kommunikation

2.1.2 Nonverbale Kommunikation

2.1.3 Paraverbale Kommunikation

2.1.4 Extraverbale Kommunikation

3. Methoden aus verschiedenen Fachbereichen zur Analyse von Rhetorik

3.1 Sprachliche Wirkung der Rede: Linguistische Analyse

3.1.1 Gesprächsanalyse nach Deppermann

3.1.2 Semantische, syntaktische & pragmatische Textanalyse

3.1.3 Stilanalyse (Analyse rhetorischer Stilmittel)

3.1.4 Lesbarkeitsindex nach Flesh

3.2 Überzeugungsfähigkeit der Rede: Argumentationsanalyse

3.2.1 Aristotelische Toposanalyse

3.2.2 Moderne Argumentationsanalyse-Ansätze

3.3 Die Funktion(en) der Rede: Kommunikationsmodelle

3.3.1 Lasswell-Formel

3.3.2 Organonmodell von Bühler

3.3.3 Theorie des kommunikativen Handelns nach Habermas

3.3.4 Grice‘sche Konversationsmaxime

3.4 Rede und Persuasion: (Sozial)Psychologische Analysemodelle

3.4.1 Impression-Management-Theorie nach Goffman

3.4.2 Yale-Ansatz der Forschergruppe um Hovland

3.4.3 Halo-Effekte

3.4.4 Elaboration-Likelihood-Model von Petty und Cacioppo

3.4.5 Theorie der kognitiven Dissonanz nach Festinger

4. Handlungsempfehlungen zur Analyse von Rhetorik

5. Fazit

6. Literatur- und Quellenangaben

7. Anhang

 

1.Einführung

 

Wie lässt sich rhetorische Kommunikationskompetenz messen und bewerten? Dieser Frage geht die vorliegende Arbeit nach. In Anbetracht der Tatsache, dass Rhetorik die älteste Kommunikationswissenschaft der Welt ist und rhetorische Kompetenz in unserer Gesellschaft als Schlüsselqualifikation gilt, ist es verwunderlich, dass sich bislang kaum Forscher diesem Thema gewidmet haben und es keine etablierte Methode zur Rhetorikanalyse gibt. Die bestehenden Ansätze zur rhetorischen Analyse stammen größtenteils aus dem US-amerikanischen Raum und sind entweder veraltet oder beziehen sich lediglich auf einen Teilbereich der Analyse - meist auf die Textanalyse und hier im Besonderen auf den Einsatz rhetorischer Figuren oder auf die Argumentation.

 

Die wissenschaftliche Inhaltsanalyse erfreut sich zwar immer größerer Beliebtheit, hält aber bislang auch keine Methode bereit, die alle notwendigen AnalyseBereiche - also beispielsweise auch die non- und paraverbale Kommunikation - zu einer Methode zusammenfügt, mit der sich rhetorische Fähigkeiten im Ganzen analysieren und messen ließen. Diesem Desiderat widmet sich der vorliegende wissenschaftliche Projektbericht. Als Ergebnis soll ein erster Vorschlag zur umfassenden rhetorischen Analyse vorgelegt werden.

 

Unter rhetorischer Kommunikationskompetenz wird in diesem Zusammenhang die Fähigkeit verstanden, Sachverhalte in Reden oder öffentlichen Sprechsituationen durch Verwendung sprachlicher Zeichen verständlich, überzeugend und souverän darstellen zu können.[1] Problematisch aus Sicht der Wissenschaft ist daran, dass diese Fähigkeiten nicht direkt sichtbar sind, also empirisch durch Beobachtung nicht erschlossen werden können. Insofern benötigt ein Forscher, der Rhetorik messen und bewerten will, gute Analyse- und Interpretationsfähigkeiten. Gleichzeitig besteht die Herausforderung bei der Entwicklung einer Methode zur ganzheitlichen Rhetorikanalyse darin, möglichst alle notwendigen Faktoren mit einzubeziehen, den Forscher aber gleichzeitig nicht zu stark einzuengen.

 

Dieser Projektbericht wird im Folgenden zunächst der Frage nachgehen, welche Methoden und Theorien aus unterschiedlichen Fachbereich bereits zur Verfügung stehen, um rhetorische Fähigkeiten zu messen und zu bewerten. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden am Ende dieser Arbeit Handlungsempfehlungen zur ganzheitlichen Analyse von Rhetorik entwickelt, die sowohl den Redetext, als auch die Argumentation, die Körpersprache, die Gestik und die Mimik, die Stimme, die Präsentationsform und viele weitere Faktoren berücksichtigt. Bevor wir uns den bestehenden Ansätzen und Methoden widmen, sollen jedoch zunächst die relevanten Begriffe in diesem Zusammenhang geklärt werden.

 

2. Definition und thematische Einordnung von Rhetorik

 

Der Begriff Rhetorik leitet sich vom griechischen Wort 'rhëtoriké' ab und bedeutet traditionell Theorie der Redekunst oder Kunst der Beredsamkeit und des Überzeugens - „dieses Faktum macht sie zu einer wirkungsbezogenen Disziplin“ (Plett 2001: 2). Rhetorik zielt darauf ab, Informationen zu vermitteln, Menschen von etwas zu überzeugen und einen Beitrag zur Meinungsbildung zu leisten. Die Redekunst sieht sich deshalb immer wieder der Kritik ausgesetzt, dass Redner lediglich Macht über andere gewinnen wollen und nichts weiter als schöne Wörter liefern (Vgl. Pabst-Weinschenk 2004: 107, Stocker 1978: 383ff.).

 

Ihre Ursprünge findet die Rhetorik im alten Rom und im antiken Griechenland, wo sie als eine der sieben freien Künste galt. Sie ist damit eine der frühesten Wissenschaften der Welt, und hat eine sehr lange Tradition. Das älteste Lehrbuch der Rhetorik - das auf Latein verfasste "Rhetorica ad Herrenium” - wurde bereits 85 vor Christus verfasst (Vgl. Pabst-Weinschenk 2004: 101ff., Ulonska 1994: 359ff., Trautmann 2001: 15ff.).

 

In der Entwicklungsphase der griechischen Demokratie wurden Reden als politisches Instrument genutzt, um die Bürger vor Abstimmungen beim Treffen ihrer Entscheidungen zu unterstüzen. Die Einstellung der Zuhörer für (oder gegen) bestimmte politische Vorgehensweisen sollte durch Reden beeinflusst werden. Rhetorik zielt also seit jeher darauf ab, die Zuhörer von etwas zu überzeugen (siehe hierzu auch 3.2, S. 28ff. und 3.4, S. 46ff.). Die Ablösung der Demokratie in Griechenland führte schließlich dazu, dass die Rhetorik sich neu positionieren musste, da ihr ursprünglicher Zweck verloren gegangen war. So näherte sich die Rhetorik immer mehr der Stilistik an - dem künstlerischen und wirkungsvollen Einsatz von Sprache -, woraus die so genannte Schulrhetorik entstand (Vgl. Trautmann 2001: 15ff.)[2].

 

Die Kunst der Rede wird von verschiedenen wissenschaftlichen Standpunkten aus betrachtet, unter anderem von der Psychologie, der Soziologie, der Sprechwissenschaft und der Pädagogik. Rhetorik kommt innerhalb der Wissenschaften eine Sonderstellung zu, da sie sich nicht nur methodisch mit der Frage auseinandersetzt, was wirksame Reden ausmacht, sondern gleichzeitig auch als Kunst angesehen wird. In der Diskussion um Rhetorik als Kunst geht es vor allem um die Frage, ob und wie Menschen zu guten Rednern werden. Die Aufgabe der wissenschaftlichen Rhetorik ist es hingegen, „Voraussetzungen und Bedingungen für verbale Beeinflussungen zu untersuchen“ sowie „Beeinflussungsstrategien zu beschreiben und zu systematisieren“ (Stocker 1976: 383). Zu den Forschungsfeldern der Rhetorik gehören unter anderem der Redner und seine Kompetenzen, die kommunikativen Rahmenbedingungen einer Rede (das Setting), die Kommunikationsstrategie, der Versuch der Persuasion der Adressaten, das Anfertigen von Redetexten, rhetorische Gestaltungsmittel und Stilfiguren, die Argumentation sowie der eigentliche Redeauftritt einschließlich der Körpersprache und dem Einsatz von Medien (Vgl. Pabst-Weinschenk 2004: 101ff., URL: http://www.rhetorik.uni-tuebingen.de/was-ist-rhetorik [Datum des Aufrufs: 09.04. 2013]).

 

Aristoteles[3] hat mit seiner „Rhetorik“ (1389) das bedeutendste antike Fachbuch zur Redelehre geschaffen. Sein Werk war richtungsweisend, weil die Sophisten zuvor versucht hatten, die Redekunst als unmoralisch abzutun und zu verbannen. Aristoteles wendeten diesen Versuch jedoch ab, indem er die Redekunst zwischen Dialektik[4] und praktischer Philosophie einordnete. Sein Werk hat bis heute einen hohen Stellenwert, weil es das erste war, das die Redekunst auf systematische Art und Weise dargestellt und sämtliche Redetypen, Redetechniken und Aufgaben des Redners beschrieben hat. Aristoteles sah die Rhetorik eine Kunst an, die im Spannungsfeld der Trias Sache - Redner - Hörer steht. Er unterscheidet darauf aufbauend zwischen drei Formen der Überzeugung, beziehungsweise drei Prinzipien der Rhetorik: 1) Ethos: Die Glaubwürdigkeit des Redners; 2) Pathos: Der emotionale Zustand des Publikums und das Appellieren an die Emotionen des Zuhörers; 3) Logos: Die Argumentation sowie die sprachliche Form und der logische Aufbau der Rede. Aristoteles hält die Argumentation für das wichtigste Instrument einer Rede (Vgl. Aristoteles 1999 [1389]).

 

2.1 (Rhetorische) Kommunikation

 

Es gibt unzählige verschiedene Definitionen von Kommunikation. In unserem Alltagsverständnis verstehen wir unter Kommunikation einen Prozess, bei dem ein Austausch von Informationen zwischen einem Sender und einem Empfänger stattfindet (Vgl. Forgas 1999: 106ff.). Das Wort Kommunikation leitet sich vom lateinischen Verb 'communicare' ab, was mitteilen bedeutet. Informationen sind immaterielle Güter. Im Gegensatz zum Austausch materieller Güter verfügt ein Mensch, der einem anderen Informationen mitteilt, nämlich auch nach dem Kommunikationsprozess noch über diese Information (Vgl. Beck 2007: 16, Pürer 2003: 57ff.). „Wenn wir menschliche Kommunikation richtig verstehen möchten, müssen wir also zwischen Übermittlung (Transport, Tausch) und dem Miteinder- Teiler (Vermittlung, Mitteilung) unterscheiden“ (Beck 2007: 16).

 

So unterschiedlich die Definitionen von Kommunikation auch sind, so ist doch allen die Annahme gemein, dass jeder Kommunikationsprozess aus einem Kommunikator, einer Botschaft und einem Rezipienten besteht. Kommunikation kann entweder einseitig oder zweiseitig (wechselseitig) sein - sie ist jedoch stets prozesshaft (Vgl. Six/Gleich/Gimmler 2007: 21, Beck 2007: 15, Forgas 1999: 106ff., Pürer 2003: 57ff.). Kommunikation zielt auf Verständigung. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, „ist ein Mindestmaß an Gemeinsamkeit des Zeichen- und Symbolvorrats und -verständnisses sowie des Wissens- und Erfahrungshintergrundes“ (Six/Gleich/Gimmler 2007: 21) der Kommunikationsteilnehmer notwendig. Menschliche Kommunikation basiert auf der Verwendung von Sprache und ist die vermutlich am weitesten entwickelte Form der Kommunikation (Vgl. Beck 2007: 38, Forgas 1999: 108).

 

Menschen kommunizieren ständig und überall, Kommunikation gehört zum menschlichen Alltag. Diese Universalität bedeutet für die Kommunikationswissenschaft, dass ihr Erkenntnisobjekt nahezu unendlich groß ist (Vgl. Beck 2007: 13). Innerhalb der Forschung kommen den Kommunikationswissenschaften eine Sonderstellung zu, denn sie „kommunizieren über Kommunikation, betreiben also Metakommunikation“ (Beck 2007: 14).

 

Die Forschungsfelder der Kommunikationswissenschaft reichen von der Kommunikatorforschung über die Inhaltsanalyse und die Rezipientenforschung bis hin zur Wirkungsforschung von Kommunikation. All diese Bereiche müssen bei der Analyse von rhetorischer Kommunikation - zumindest in Teilen - berücksichtigt werden.

 

Nach Six et al. hat Kommunikation folgende Merkmale: 1) Kommunikation findet immer in einem Kontext statt, der die Rahmenbedingungen der Kommunikation festlegt. 2) Kommunikation ist interaktiv, das heißt die an der Interaktion beteiligten Personen beeinflussen sich gegenseitig durch die Kommunikation und deren Ergebnisse. 3) Kommunikation ist zielgerichtet. Dennoch ist nicht jedes Verhalten in einer Kommunikationssituation bewusst oder geplant, wie zum Beipsiel Gähnen (Vgl. Six/Gleich/Gimmler 2007: 21ff., Pürer 2003: 60ff.).

 

Gleichzeitig kommen Six et al. aber auch zu der Erkenntnis, dass „Kommunikation weit mehr ausmacht, als man von außen beobachten kann. So laufen in den Köpfen der Beteiligten in einer Kommunikations- oder Mediennutzungssituation vielfältige kognitive und emotionale Prozesse und Aktivitäten ab. Dabei geht es etwa um die Ausbildung von Erwartungen und Eindrücken gegenüber Kommunikationspartnern, um Kodierungs- und Dekodierungsprozesse sowie um das Verstehen und Bewerten von Kommunikationsverhalten“ (Six/Gleich/Gimmler 2007: 9). Es ist kritisch anzumerken, dass diese Tatsache in vielen Kommunikationsmodellen nicht berücksichtigt wird. Auf einzelne Kommunikationsmodelle soll allerdings an dieser Stelle noch nicht eingegangen werden, sondern erst an späterer Stelle (siehe 3.3., S. 37ff.).

 

Rhetorische Kommunikation ist ein Sonderfall der sprachlichen Kommunikation (Vgl. Geißner 1978: 59ff.). Sie „beschäftigt sich mit den Prozessen handlungsauslösenden Sprechdenkens und Hörverstehens in den verschiedensten Gesprächs- und Redeformen“ (Pabst-Weinschenk 2004:101). Das Gelingen rhetorischer Kommunikation ist einerseits maßgeblich davon abhängig, welches Vorwissen und welche Erwartungen die Zuhörer haben und andererseits, in welcher situativen Stimmung sie sich befinden. Es spielen also sowohl individuelle als auch soziale Einflüsse eine Rolle für den Erfolg rhetorischer Kommunikation (Vgl. Geißner 1978: 60).

 

Auf den ersten Blick scheint rhetorische Kommunikation keine zweiseitige, sondern eine einseitige Form der Kommunikation zu sein, da lediglich der Orator[5] etwas mitteilt, was die Rezipienten aufnemen. Aber „selbst ein Referent, dem explizit nur die Rolle des Kommunikators zugewiesen wird, nimmt sein Publikum wahr (z.B. Körperhaltung, Mimik und Gestik der Zuhörer) und lässt sich durch dieses - wie bewusst auch immer - beeinflussen, sei es in Form einer Bewertung des Publikums, einer spontanen Kürzung oder inhaltlichen Abänderung seines Referats oder etwa eines Wechsels seiner Vortragsweise“ (Six/Gleich/Gimmler 2007: 33). Man geht deshalb „in der [...] Rede-Rhetorik vom einem (virtuell) dialogischen Ansatz aus“, das bedeutet „in der rhetorischen Kommunikation wird kein grundsätzlicher Unterschied zwischen Rede und Gespräch gemacht, beides sind unterschiedliche Formen rhetorischer Kommunikationsprozesse“ (Pabst- Weinschenk 2004: 66).

 

Im Zusammenhang unseres Forschungsinteresses steht nun die Frage im Raum, wie man rhetorische Kommunikation bewerten und messen kann. Dazu soll nun zunächst geklärt werden, was überhaupt unter rhetorischer Kommunikationskompetenz zu verstehen ist: Als Kompetenz bezeichnet man „Wissensbestände, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die gemeinsam mit motivationalen Voraussetzungen ein Individuum dazu befähigen, ein bestimmtes Verhalten [...] in kompetenter Weise auszuüben [...]“ (Six/Gleich/Gimmler 2007: 272). Kommunikationskompetenz kann somit definiert werden als „Komplex erlernter Fähigkeiten des (Sich-) Mitteilens und Verstehens, mit dem eine Person in einer interpersonalen Interaktion ihre Anliegen zielgerichtet, in einer der Situation angemessenen und hinreichend flexiblen Weise erfolgreich verfolgt“ (Six Gleich/Gimmler 2007: 278 nach Hartung, Johanna: Sozialpsychologie, Stuttgart: Kohlhammer, 2000, S. 86). Rhetorische Kommunikationskompetenz ist als ein Teilbereich der Kommunikationskompetenz anzusehen (Vgl. Six/Gleich/Gimmler 2007: 277). Zur Kommunikationskompetenz liegen verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen vor, die das Konstrukt messbar zu machen versuchen. Sie greifen dabei einerseits auf ressourcenbezogene Kriterien wie das Wissen um Kommunikationsnormen, die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme oder Ausdrucksvermögen aber auch auf prozess- und ergebnisbezogene Kriterien wie Angepasstheit und Selbstkontrolle sowie das Erkennen von Zielen, Strategien und Erwartungen der anderen Kommunikationsteilnehmer zurück (Vgl. Six/Gleich/ Gimmler 2007: 279, Rickheit/Strohner 2010). Wegweisend in diesem Zusammenhang sind die von Mayer formulierten Grundprinzipien rhetorischer Kompetenz, die vier Bereiche umfassen: 1) Analytische Kompetenz, 2) ethische Kompetenz, 3) soziale Kompetenz und 4) kommunikative Kompetenz. Unter analytische Kompetenz fasst Mayer unter anderem die Fähigkeit, die Erwartungen der am Kommunikationsprozess Beteiligten erkennen und beurteilen zu können, die Kommunikationssituation richtig einschätzen und entsprechend darauf reagieren zu können sowie sprachliche und nichtsprachliche Äußerungen erkennen und interpretieren zu können. Mit ethischer Kompetenz ist ein Bewusstsein für geistige und kulturelle Werte gemeint, welche die Grundlage des eigenen und gemeinsamen Handels bilden. Soziale Kompetenz umfasst die Fähigkeit, auf der Beziehungs- und emotionalen Ebene agieren zu können. Dazu gehöre auch, ein für die Beteiligten angenehmes Klima erzeugen zu können. Unter kommunikativer Kompetenz versteht Mayer die Fähigkeit, aus der Beobachtung gewonnene Erkenntnisse angemessen in absichtsgeleitetes, zweckmäßiges, rednerisches Handeln umwandeln zu können und die Regeln der Argumentation zu beherrschen (Vgl. Mayer 2007: 9ff).

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass rhetorische Kommunikationskompetenz die Fähigkeit umfasst, strukturiert reden zu können, die richtigen Worte zu finden sowie wirkungsvoll aufzutreten und zu präsentieren.

 

Jegliche Art von menschlicher Kommunikation - somit also auch die rhetorische - lässt sich in vier Modalitäten kommunikativen Verhaltens aufteilen, die bei jeder Mitteilung zusammenwirken: Verbale, nonverbale, paraverbale und extraverbale Kommunikation (Vgl. Pabst-Weinschenk 2004: 49).[6] Diese einzelnen Modalitäten sollen nun kurz voneinander abgegrenzt werden.

 

2.1.1 Verbale Kommunikation

 

Mit verbaler Kommunikation ist das gesprochene Wort, also der Inhalt der Kommunikation gemeint. Verbale Kommunikation umfasst jegliche Form von Sprache mit den Zeichen einer Lautsprache, aber auch Schrift oder Zeichensprache (Vgl. Nöth 2000: 295).

 

Wir gehen in diesem Zusammenhang davon aus, dass „Reden latent oder virtuell dialogisch sind“ (Geißner 1978: 105), das heißt, dass die Redesituation als normale verbale Kommunikationssituation angesehen wird.

 

2.1.2 Nonverbale Kommunikation

 

Nonverbale Kommunikation ist nichtsprachliche Kommunikation, die häufig parallel zur verbalen Kommunikation eingesetzt wird. Sie „umfa[ss]t[7] das Ausdruckspotential des menschlichen Körpers in Zeit und Raum“ (Nöth 2000: 293). Der Begriff Körpersprache wird oft als Synonym zu nonverbaler Kommunikation verwendet, ist allerdings wissenschaftlich umstritten, da es fraglich ist „ob sich in den Ausdrucksformen des Körpers Strukturmerkmale auffinden lassen, wie sie für Sprachcodes typisch sind“ (Pabst-Weinschenk 2004: 49). Zur nonverbalen Kommunikation zählen die Mimik (der Gesichtsausdruck), die Gestik (Bewegung der Arme und Beine), der Habitus (Körperhaltung), die Proxemik (Stellung im Raum und zu[m] Kommunikationspartner[n]), die Stimme und das Blickverhalten (Vgl. Beck 2007: 38ff.).

 

Nonverbale Zeichen spielen insbesondere im Vorfeld einer Kommunikation eine Rolle: „Durch Blickkontakt, Lächeln oder die Zuwendung des Körpers wird Gesprächsbereitschaft signalisiert“ (Beck 2007: 38). Ohne nonverbale Signale entsteht deshalb oftmals gar keine Kommunikation.