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Ein Roman voller Küstenwetter, Tiefgründigkeit und Wärme. Was passiert, wenn man beschließt, aus seinem alten Leben fortzulaufen, auf einer Fähre das Meer bis zum nächsten Ufer überquert und dort unerwartet auf einen einzigartigen Menschen trifft? Jesper ergeht es so und er erzählt diesen Roman aus seiner persönlichen Perspektive. Das Meer, der Wind, all die dort dazu gehörenden Geräusche und natürlich auch Anniken begleiten dieses Erzählen immerwährend. Kommen Sie jetzt mit, zu der alten Tankstelle nahe dem Strand einer kleinen Stadt am Meer, in der alles so ungeplant und überraschend für den Erzähler abläuft.
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Seitenzahl: 256
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Ein Roman voller Küstenwetter, Tiefgründigkeit und Wärme. Was passiert, wenn man beschließt, aus seinem alten Leben fortzulaufen, auf einer Fähre das Meer bis zum nächsten Ufer überquert und dort unerwartet auf einen einzigartigen Menschen trifft? Jesper ergeht es so und er erzählt diesen Roman aus seiner persönlichen Perspektive.
Das Meer, der Wind, all die dort dazu gehörenden Geräusche und natürlich auch Anniken begleiten dieses Erzählen immerwährend.
Kommen Sie jetzt mit, zu der alten Tankstelle nahe dem Strand einer kleinen Stadt am Meer, in der alles so ungeplant und überraschend für den Erzähler abläuft.
Markus Zosel (geb. 1972), Singer-Songwriter und Schriftsteller. Man benötigt schon ein wenig Mut seine Texte zu lesen, denn man begegnet sich immer wieder selbst auf die eine oder andere Weise darin. Er ist Autor einer tief empfundenen, umfassenden Menschlichkeit und einer frischen Empfindsamkeit in den immer aktuellen Themenbereichen seiner Werke.
Markus Zosel ist aber auch ein stimmungsvoller sowie einfühlsamer Erzähler, dem es jederzeit gelingt, Spannung unerwartet intensiv und plötzlich in seinen Geschichten aufleben zu lassen, um vorsichtig und klar vorausschauend ein Morgen zu zeichnen. Er ist Autor von mittlerweile sechs Romanen, mehreren Erzählungen, Kurzgeschichten, einer Novelle und außerdem von drei Gedichtbänden. Ein Roman, eine Erzählung und eine Sammlung von Kurzgeschichten sind in englischer Sprache erschienen.
Markus Zosel ist vor allem aber ein in den USA und Deutschland mehrfach prämierter Musiker, bei dem Literatur und Musik eine einzigartige Symbiose eingehen.
Gelernt
Ich habe gelerntnichtzu schweigen,
um in der Stille mir selbst treu zu bleiben...!
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Als ich sie das erste Mal traf, da war sie für mich nicht mehr als eine stille Erscheinung. Nicht unangenehm, vielmehr das Gegenteil.
Ein Mensch, der zuhörte und sich zurückhielt in dem, was er zu sagen hatte. Einer, den nicht kümmerte, wie viel die Welt von ihm wissen wollte. Alles in allem angenehm und nicht in irgendeiner einer Form als kritisch zu betrachten.
Doch Anniken war auch eigen, weit über all diese Merkmale hinaus. Sie verbarg etwas in ihrem Habitus, das der Welt so zunächst erst einmal fremd erscheinen musste. Keine großen Worte entströmten ihrem Mund, es waren eher die leisen Töne, die sich des Raumes bemächtigten, wenn sie einmal redete. Doch diese Stille und die wenigen Worte bestachen in Intensität und Tiefgründigkeit noch in der kleinsten Bemerkung oder dem kürzesten Satz, der unvermutet aus ihr herauszudringen schien.
Keine Welt ist zu groß, wenn ein Mensch zu hören vermag. Wenn er in der Lage ist, wirklich zuzuhören. Anniken besaß diese Fähigkeit und sie nutzte sie vielmehr unbemerkt, als dass sie sich damit in den Vordergrund spielen wollte.
Ich habe mich viele Male gefragt, was sie anzutreiben vermochte, doch ich fand es niemals heraus. Was nur konnte der Grund sein, für ein derart tiefgründiges Sinnen, wie man es durch sie jeden Tag vorgeführt bekam? Viele ignorierten es schlichtweg, um dieser Frage aus dem Wege zu gehen. Doch ein Ignorieren war so, wie den Kopf in den Sand zu stecken, sobald derlei Fragen zu unbequem wurden.
Doch Anniken war die Frage und sie zu ignorieren fiel mir unendlich schwer - wenn nicht sogar unmöglich.
Feine Züge unterstrichen die gewählten Sätze in der Mimik ihres Gesichts. Sie unterstrichen, aber betonten nicht zu sehr. Das machte es angenehm und nicht aufdringlich. Das machte es zu einer Erfahrung, die man ungewollt erlebte und die nicht aufgedrängt wirken konnte. Ein Mensch, der in stiller Überzeugung geborgen schien, auch wenn das für viele heutzutage unzeitgemäß oder lächerlich erscheinen musste.
Tage, die erfüllt waren von weit atmender Freiheit und nicht von einem Uniformismus, der selten einem Individuum seine Eigenarten zugestand. Eine gewisse Unbekümmertheit war dabei das Mittel, sich vor Wesenszügen dieser Art zu schützen. Aber nur diese machten letztlich einen besonderen Charakter aus. Ließ man sie fort, dann war da kein Charakter mehr vorhanden. Zumindest keiner, über den sich nachzudenken lohnte. So einfach war das.
Wie schon gesagt, Anniken hörte zu und sprach dabei weniger. Viele empfanden das mitunter als Affront und gaben bereits nach einiger Zeit vehement ihren Unmut kund, ich aber akzeptierte es gern.
Ich habe es seither genossen und deshalb möchte ich auch hier darüber berichten. So, wie ich persönlich und nicht, wie es andere es vermeintlich beurteilt haben könnten.
Ich teilte ihre Gesellschaft für eine bestimmte Zeit, dann blieb die Dankbarkeit, mit welcher ich den neuen Blick zu wagen vermochte.
Dankbarkeit über die Worte und auch die stillen Zeichen, die weitaus intensiver zu wirken vermochten, wie alles Gesprochene. Die Wahrheit erklingt fast immer leise und zumeist still und Lautstärke ist doch zu oft ein Indikator für Unrecht und Lüge.
Tausendmal könnte man das Schicksal nach dem eigentlichen Grund für solch ein Zusammentreffen fragen. Tausendmal würde diese Frage unbeantwortet bleiben. Ebenso wie alle Wahrheit im verbalen Diskurs.
In manchen Dingen macht es einfach keinen Sinn zu fragen. Diese Dinge muss man annehmen oder hinnehmen, wenn man so will. Ein anderes Verständnis bleibt ansonsten auf dem Weg verloren zurück.
Ich traf Anniken im Frühling. Und so, wie das Jahr begann, so entspann sich der Dialog auf mannigfaltigen Ebenen und Gesten.
Traue deinen Sinnen, auch wenn es die Zeit dir heute anders rät. Ergebe dich dem eigenen Ahnen, wenn es auf etwas hinweisen will. Darin liegt ein unbezahlbares Vermächtnis. Es zu verachten oder zu ignorieren wäre rüde und vielleicht sogar herzlos.
In Momenten aller Ehrlichkeit ist sich jeder darüber bewusst. Es sich einzugestehen, das ist eine große Aufgabe. Für viele ist dies ein unerfüllbares Gut, oftmals achtlos beiseite gelegt.
Anniken redete gelegentlich von Dingen, die unserer aufgeklärten Öffentlichkeit so fremd sein mussten. Dinge, über die es sich vielleicht für diese Öffentlichkeit nicht einmal nachzudenken lohnte. Wer wusste das schon? Ich dachte in der Folge darüber nach und wurde dafür reich entlohnt. Ich vermochte nicht abzuschätzen in wieweit diese Person Recht zu haben mochte und in wieweit ich davon beeinflusst werden würde. Ich wusste es ganz einfach nicht. Aber ich ließ mich darauf ein und ein anderes Licht schien in meinem Denken, wann immer ich mich auf die Pfade ihrer Gedanken begab.
Kindisch, wahrscheinlich pubertär, vielleicht nur teilweise erwachsen, doch an dieser zumeist schroffen Welt gereift. Weiche Gedanken, die dahingegen wie Wasser waren, das mit den Jahren in seinem Fluss den härtesten Stein zu formen im Stande war. Möglicherweise war ich ja selbst solch ein Stein gewesen? Unbemerkt dazu geworden und verborgen am Lauf eines mit Leben erfüllten Flusses liegen geblieben?
Möglich wäre das. Ich habe niemals behauptet, die Dinge besser überblicken zu können als jeder andere in meinem Alter oder mit gleichen Erfahrungswerten in diesem Leben. Doch die Sanftheit gedanklichen Wassers hat mich Anderes gelehrt. Nachhaltig.
Anniken sagte nicht, dass sie sich mit mir unterhalten wollte. Sie machte es ganz einfach. Das war alles und damit begann es.
Worte, die schon Platons Dialoge philosophisch formen durften und zu denen ich mich in dieser Weise nicht im Stande sah. Wirkliches Begehren an Wahrheit und Austausch in einer eher banalen Umgebung und Wirklichkeit. Vielleicht war vielmehr das der Antrieb darauf einzugehen und dem Wunsch der Fremden zu entsprechen.
Das mag natürlich naiv erscheinen. Doch es war ein guter Grund, auf dem ich zu stehen vermochte, auf dem ich Fuß zu fassen schien. Dort begann der Dialog zwischen Anniken und mir.
Ich traf erstmals an einem der ersten Tage im April auf Anniken. Zu meinem eigenen Erstaunen saß ich auf einer Bank. Die Bank stand an der Seite einer schmalen Uferpromenade oder eines schlichten Uferweges, der an der Seeseite der Ortschaft lag. Um mich herum stand eine kleine Gruppe von Menschen, die besorgt auf mich herabblickten.
Sie saß in diesem Moment direkt neben mir auf der Bank und betrachtete mich in ähnlicher Weise wie die anderen. Allerdings war sie die Erste, die zu ihnen aufblickte und mit einer sanften Geste ihre Stimme mit ihren Worten in meiner Erinnerung einleitete.
»Es geht ihm gut. Er hat nur geschlafen.«
Das Brabbeln der Leute gesellte sich zu dem aufgeregten Schlagen meines eigenen Herzens, ganz so, als wenn man vorher eine lange Strecke schnell gelaufen wäre und soeben angekommen war.
Ein anderes Geräusch mischte sich deutlich bemerkbar mit hinzu. Es drang in mich hinein und verzehrte all die Gedanken, die jeden an dieser Stelle weiter in Unruhe hätten versetzen können. Aber das Rauschen des nahen Meeres hüllte diese Bedenken wohlwollend ein und schien sie darin förmlich aufzulösen. Nichts verblieb nach einer kleinen Weile, außer der Situation.
Und nachdem alle Anwesenden um mich herum gegangen waren, da blieb nur Anniken neben mir auf der Bank sitzen.
»Du hast laut im Schlaf gerufen. Wir haben uns erschrocken!«
»Ich rede doch nicht im Schlaf, ich...«
»Ist schon gut. Sie sind jetzt alle fort.«
»Wer ist fort?«
»Die anderen Leute.«
»Ach so, ich weiß gar nicht, warum ich derart tief eingeschlafen sein könnte?«
»Da mag es viele Gründe geben.«
"Ja, das ist wahr."
Anniken setzte erstmals zu diesem Lächeln an, das so einzigartig wie dies der Mona Lisa im Louvre von Paris war. Es lag so viel in dem Ausdruck, das zu beschreiben schwer war.
Milde und Wohlwollen waren deutlich spürbar. Geduld und Zeitlosigkeit wären ebenfalls zu nennen. Vor allem aber war es eine Ruhe, die fast nicht irdisch erschien.
Sie umfasste die Worte, die sie sprach, die Bewegungen, die ihre Hände vollführten und den Blick, der als Ganzes direkt in meine Seele zu schauen schien.
Und so verstummte ich nach den paar Worten schon wieder und das Rauschen des nahen Wassers übernahm das Dazwischen auf profane aber ebenso professionelle Weise. Es nahm mich aus der Verantwortung, etwas sagen zu müssen. Es trug meine Gedanken hinüber zu ihr und sie schien ad hoc diese zu empfangen und zu verstehen.
»Soll ich dich denn jetzt zufrieden lassen?«
»Wieso denn zufrieden?«
»Das hast du gerufen, als wir alle kamen!«
»Ich habe was?«
»Lass' mich einfach zufrieden. Lass' mich..!«, so genau waren deine Worte.
Nun schaute ich sie fassungslos an und sie verstand diese Verwunderung im gleichen Moment.
»Möchtest du mir vielleicht bei einem Tee davon erzählen?«
Ich verwendete keine Worte, sondern nickte nur vorsichtig in ihre Richtung.
»Gut, dann gehen wir. Gleich dort drüben ist eine gemütliche kleine Teestube, da können wir hin.«
Anniken erhob sich langsam und in eleganter Weise. Eine abgetragene Bluejeans und ein schon oft gewaschenes Sweatshirt gaben dem Tag sein Geleit. Das bemerkte ich in dem Moment, in dem sie aufstand, und ich selbst benötigte einen weiteren Atemzug, bis auch ich mich von der Bank erhob.
»Komm mit und erzähle einfach ein wenig von dir!«, dann nickte sie kurz in meine Richtung.
*
Die kleine Teestube war nicht weit von der Bank entfernt, auf welcher beide gesessen hatten. Der Wind hatte aufgefrischt und machte Geräusche in den geschlossenen Sonnenschirmen, wenn er deren gefalteten Stoff aneinanderschlug.
»Ich würde sehr gern drinnen sitzen, macht dir das etwas aus?«
»Nein, ich komme gerne mit hinein.«
»Gut!«, und sie ging schwungvoll voran. Man sah, dass sie sich auf den Tee freute. Im Inneren war der Raum eher schlicht aber gemütlich eingerichtet. Und so, wie außerhalb nur sieben oder acht Tische standen, fanden sich im Innenbereich ebenfalls nur vier bis fünf Tische, an welchen wir großzügige und bequeme Stühle vorfanden, in die wir uns beide entspannt niederließen.
»Sie haben hier wunderbare Blätterteigstückchen mit Pudding, hast du Lust darauf?«
»Klingt gut, warum nicht!«
»Super.«
Sie bestellte Tee und Gebäck für uns beide bei einer älteren Dame, die ebenso lächelte, wie Anniken selbst es auch tat. Im Hintergrund war leise Musik zu hören, die den Raum in eine leichte Schwingung versetzte. Dabei erzählte das Lied von einem weißen Schiff und von der Sehnsucht, als dieses nach Hongkong auslief.
Sie wandte sich mir zu und wartete einen Moment, bis ich mit den Gedanken wieder aus der Hintergrundmusik heraus war. Darauf folgten ein Lächeln und ein vorsichtiger Versuch.
»Wir haben einander noch gar nicht vorgestellt. Und das, obwohl wir doch schon einige Worte gewechselt haben.«
»Jesper. Mein Name ist Jesper.«
»Also Jesper. Ich bin Anniken.«
»Schön, hier zu sein!«
»Ja!«, und in diesem Moment brachte die ältere Dame den Tee und das Gebäck an unseren Tisch. Sie stellte beides zunächst vor Anniken. Dann wandte sie sich mir zu, lächelte nochmals sehr herzlich und stellte es auch vor mich. Sie tat das auf eine bemerkenswert liebevolle und sorgsame Weise. Das fiel auf.
»Danke schön.«
»Gern.«, und es war, als freute sie sich über den Dank.
»Mir sitzt ein höflicher Mann gegenüber!«
»Ich hoffe doch.«
Nachdem sie zwei Stücken der Kluntjes in Ihren Tee gegeben hatte, sah sie mich an und musste kurz lachen.
»Schelm!«
»Vielleicht?«
»Du wolltest von dir erzählen?«
»Gerne. Ich muss nur erst in dieses wunderbare Stück beißen. Du hattest recht, es sieht lecker aus.«
»Das ist es auch, nur zu!«
Wir aßen und tranken miteinander. Der Tee war frisch aufgebrüht und heiß. Schwarzer, vollmundiger Tee, der in diesem Moment unendlich gut tat.
»Ich bin heute Mittag mit der Fähre angekommen.«
»Du machst also Urlaub hier bei uns?«
»Ich weiß nicht, ob es wirklich Urlaub ist, es...«
»Oh, jetzt verstehe ich, du bist die ganze Nacht unterwegs gewesen und dann gleich auf die Fähre hierher?«
»Nicht unbedingt auf genau diese. Es war die, die abgefahren ist, als ich am Anleger ankam. Deshalb habe ich sie genommen.«
Nun stellte Anniken ihren Tee für einen Moment ab und schaute mir in die Augen.
Dieser Blick fühlte sich nicht nur durchdringend an, er bewegte etwas in mir.
»Und vor was läufst du dann weg?«
Ich antwortete mit einem langen Schweigen. Und noch immer klang irgendwie die Sehnsucht mit dem weißen Schiff durch den Raum der Teestube, obwohl das Lied schon längst geendet hatte.
»Entschuldige meine direkte Art, aber so viele laufen vor irgendetwas fort, weißt du?«
In diesem Moment sah ich sie das erste Mal etwas vorsichtig und in sich gekehrt. Ich würde es nie wieder vergessen, weil es so oft nicht mehr vorkommen sollte.
»Nein, das ist völlig in Ordnung. Ich bin sogar froh, dass du fragst!«
»Du bist froh?«
»Ja, das bin ich!«
»Dann ist es ja gut.«, und während ihre Leichtigkeit wieder zurückkehrte, nahm sie immer größere Schlucke aus dem fast leeren Teebecher.
*
Nach einer guten Stunde in der Teestube standen wir zunächst wortlos in dem Wind, der mit scheinbar immer gleicher Kraft vom Meer her blies.
Er erfrischte und nahm Zweifel, die sich seit meinen Aufbruch am vorigen Abend in mir aufgebaut hatten.
Der Wind reinigte, er schenkte Gedanken, frische Gedanken und er durchwehte auf wundersame Art Bereiche, die schon seit langer Zeit verstummt schienen.
Ein Fahrzeug durchkreuzte die Stimmung und es verschwand mit der gleichen akustischen Gleichförmigkeit, mit der es gekommen war.
Mit der Frische des Windes kam aber auch eine frühe Dunkelheit an diesem Apriltag. Die Formen schienen sich in ein Pastell auszublenden und der reizvolle Eindruck des Bereichs an der Küste, verblieb.
Sie sah mich zunächst wortlos an, schaute dann wieder auf das Meer hinaus, um sich letztendlich mir ganz zuzuwenden.
»Wo hast du denn dein Auto abgestellt?«
»Am Fähranleger.«
»Am Anleger? Das ist gut eine Dreiviertelstunde zu Fuß. Und in welchem Hotel bist du für heute Abend?«
Ihre Worte verlangsamten und der Klang der Stimme wurde dazu immer leiser. Das zaghafte Decrescendo endete in einem verwunderten Verstummen und einem begierigen Blick.
»Ich werde etwas für heute Nacht finden, das ist bestimmt kein Problem!«
Sie schaute mich noch immer fragend an.
»Der Tee hat gut getan. War eine gute Idee.«
Sie schmunzelte ein wenig.
»Du wirst hier heute mit großer Wahrscheinlichkeit nichts mehr finden. Außerdem wird es bald regnen. Der Wind kommt auf das Land zu. Schau mal selbst nach den Wolken dort am Horizont.«
Sie hatte recht. Man konnte ein leises Grummeln schon von weiter entfernt hören. Es würde sicherlich vor Ablauf der Dreiviertelstunde hier bei uns am Strand angekommen sein und der Gedanke schon am ersten Abend völlig durchnässt auf der Suche nach einer Unterkunft im Wagen zu übernachten, fühlte sich nicht sonderlich gut an. Ich konnte mir an dieser Stelle ein leichtes Seufzen nicht verkneifen.
»Wie anspruchsvoll bist du denn?«
Ich schaute sie etwas verwundert an.
»Nicht sonderlich.«
»Ich wüsste eine Übernachtungsmöglichkeit für dich. Sie ist aber nicht sehr komfortabel. Der Vorteil dabei ist, ich würde dir kein Geld für die Unterkunft abnehmen. Morgen holst du in Ruhe deinen Wagen, dann sehen wir weiter. Wie schaut es aus?«
»Das kann ich nicht annehmen, du hast schon in der Teestunde bezahlt. Ich meine, ich...«
»Doch, kannst du. Komm einfach mit!«
»Aber du kennst mich doch gar nicht!«
»Ein wenig kenne ich dich jetzt schon. Das soll vorerst genügen.«
Dann streckte sie ihren Daumen nach oben in die Luft und führte mich zur rechten Seite der Teestube auf der Uferstraße fort.
Etwa einhundertundfünfzig Meter entfernt war die Ecke mit der Einbiegung zur folgenden Straße. Dort war eine alte Tankstelle mit zwei Zapfsäulen zu sehen.
Der Wind blies für eine kurze Zeit lang eine zerschlissene und etwas schmutzige Plastiktüte vor uns auf dem Weg her, während wir auf diese Tankstelle zugingen.
*
Als wir an dem Eckgrundstück ankamen, erschrak ich. Ich wischte mir instinktiv, vielleicht aus Gründen einer kleinen Übersprunghandlung, mit dem Handrücken über meinen Mund und stellte dabei fest, dass die Haut salzig schmeckte.
Ich war erst sein einigen Stunden an diesem Ufer und hatte doch schon das Meer auf meinen eigenen Lippen.
Es war das Salz der See, die die Fähre trug, welche mich hier hergebracht hatte. Es war das Wasser, das diesen Ort so unvertraut und neu erscheinen ließ und es war auch der Grund, warum ich diese spontane Einladung überhaupt erst in Erwägung gezogen hatte.
Wenn alles neu ist und frisch erscheint, dann ist man offener. Dann ist man zu Dingen und Handlungen geneigt, die vormals verschlossen geblieben wären.
Es ist so einfach, denn der Mensch hängt seinen Gewohnheiten nach und verlässt ausgetretene Pfade erst, wenn diese Regelmäßigkeit obsolet erscheint.
Die frühe Dunkelheit dieses Abends legte die Konturen der auf dem Grundstück befindlichen Gebäude sonderbar deutlich dar.
Es war eine Tankstelle, wie sie es schon seit dreissig oder vierzig Jahren eigentlich gar nicht mehr gab. Die beiden vorhandenen Zapfsäulen waren, ganz nach älterer Art, oben abgerundet und nicht so eckig, wie es die modernen allerorts waren. Ein Ladebereich für Elektrofahrzeuge war nirgends zu sehen. Zumindest auf diesen ersten Blick nicht.
Das Grundstück schien in einem Halbschlaf zu liegen und die würzige Luft des Meeres hüllte es sanftmütig und wohlwollend ein.
Der Verkaufsraum hatte die typischen großen Fensterscheiben, die einen Blick in den Innenraum und hinaus auf die Zapfsäulen erlaubten.
In dem Raum war ein Tresen zu sehen - und so etwas wie ein Schreibtisch stand auch dort. Mehr war aufgrund des schwindenden Lichts nicht zu erkennen, denn innen war kein Licht an. Die Szene wirkte konserviert und aus der heutigen Zeit gebrochen.
Neben dem Areal mit den Zapfsäulen und dem Verkaufsraum stand eine geräumige Werkstatt, auf welcher der Schriftzug ›Reparatur‹ gut lesbar angebracht war. Dort sah man eine kleine Tür innerhalb eines großen Tores eingefügt. Beide Türen konnten unabhängig voneinander geöffnet werden.
Ich schaute hinüber auf die linke Seite des Grundstücks. Dort stand ein gemütliches und nicht zu großes Haus im hier typischen Baustil.
Die Fenster waren auch dort dunkel. Nur ein Schild baumelte am Eingang des Gebäudes und trug den Schriftzug ›Raum für Nostalgie‹.
Es schien dem ersten Eindruck nach gepflegt und sauber zu sein. Man sah auch ein Schaufenster, in dem sich verschiedene Dinge in undeutlichen Konturen abzeichneten.
Ich blickte zu Anniken, die mich schon seit einiger Zeit vorher beobachtet haben musste.
»Da wohne ich.«
»Du besitzt eine Tankstelle? Irre!«
»Ist leider keine mehr. Sie wahr es vor vielen Jahren, als Opa sie führte. Heute sind die Tanks leer und gereinigt und ich verdiene das Geld mit schönen Dingen aus der Vergangenheit. Der kleine Laden im Haus, der ist meiner.«
Ich schaute sie kurz an, blickte dann aber erneut auf das baumelnde Schild am Eingang des Gebäudes und begriff, was sie meinte.
»Hast du denn überhaupt Platz für mich, ich möchte nicht aufdringlich erscheinen und...«
»Ich habe dich eingeladen. Das ist nicht aufdringlich!«
In diesem Moment zog ich die Stirn etwas hoch. Sie lächelte, als sie meine Reaktion auf ihre Worte bemerkte.
»Siehst du drüben die Werkstatthalle? Die habe ich für eine Freundin letzten Monat hergerichtet, als wir ein Fest mit Freunden bei mir gefeiert haben. Dort wäre dein Platz für die Nacht. Du hast den Raum für dich allein und es gibt sogar ein schlichtes Bad. Na?«
»Perfekt. Ich bleibe gern, wenn die Einladung ernst gemeint ist.«
»Ist sie. Ich bringe dir später einen Schlafsack und ein Kissen, damit du frisch liegst heute Nacht.«
Ich lächelte zurück und nickte, als wir begannen, auf das Grundstück zuzugehen. Freude über ihre Worte und zugleich ein leichtes Erschrecken. So, dass ich etwas feuchte Handinnenflächen bekam.
Frisch liegen. Vielleicht eine wesentliche Antriebsfeder, die mich am gestrigen Tag aufbrechen ließ. Genau das und sie fasste das so pointiert in einen beiläufigen und gastfreundlichen Satz mit der Einladung in ihr Heim.
Einige Worte auf dieser Welt können spontanen Zauber besitzen. Ihre Worte begleiteten mich mit meinen Schritten weiter auf diese alte Tankstelle zu.
Wehr- und wortlos stimmte ich jedem ihrer zuletzt gesagten Worte zu.
*
Sie öffnete die Tür in dem Tor zu der alten Werkstatt. Es war sicherlich einmal betriebsam und voller Stimmen gewesen. Autos, die wir heute als Oldtimer bezeichnen würden, waren in regelmäßiger Folge einmal auf dem Platz vorgefahren und hatten getankt. Während der eine oder andere Stammgast zu Annikens Großvater an den Tresen hinter den großen Glasfenstern ging, um sich eine Schachtel Zigaretten oder eine Illustrierte zu holen, die immer just an diesem Tag der Woche erschien.
»Ich gehe kurz rüber und schaue nach deinen Sachen für die Nacht. Dann kannst du dir das Bett nachher beziehen.«
»Mache ich.«
»Schau dich ruhig erst einmal ein wenig um. Die Tür kannst du von innen verschließen, dann klaut dich hier auch keiner.«
Ich lachte sie in diesem Moment so frei an, wie ich es die ganzen vergangenen zwei Stunden nicht getan hatte. Es war zumindest für diese Nacht eine Bleibe, die ich vorher nicht bedacht hatte. Natürlich musste ich die Nacht über irgendwo bleiben. Aber der Schlaf, der mich auf der Bank überfallen hatte, hatte mir diese Notwendigkeit in absurder Weise vor Augen geführt. Vielleicht war es aber auch der Fußmarsch von einer Dreiviertelstunde gewesen, der nach einer durchfahrenen Nacht derart ermüdend wirkte. Wer wusste das schon?
Nur, nachdem Anniken kurz fortgegangen war, um das Notwendige für die Nacht zu holen, fühlte ich mich sonderbar allein und merkte, wie mir dieser Mensch bereits jetzt schon fehlte. Und das nach der kurzen Zeit, die ich sie erst kannte.
Anniken, was für ein bemerkenswert hübscher Name. Er kam sicherlich irgendwo aus dem nördlichen Gebiet Europas, vielleicht Norwegen. Aber, das wusste ich nicht. Er klang schön und er entsprach in seinem Gestus dem harmonischen Auftreten der Namensträgerin. Das schien mir deutlich zu sein.
Ich sah mich in der geräumigen Halle um. Es gab einen Platz, an welchem früher einmal eine Hebebühne gestanden haben musste. Das war direkt hinter dem Tor der Werkstatt und man hatte den Boden mit einem angenehm dämmenden Material ausgelegt, so dass der Tisch mitsamt den vier Stühlen darauf sehr einladend wirkte.
Ich ging einige Schritte weiter in den Raum hinein und fand die Tür zu dem erwähnten schlichten Bad. Es war alles angenehm gepflegt, das beeindruckte mich.
Ging man an dieser Tür weiter vorbei, dann kam man in den Bereich, der mit drei mobilen Wänden von dem übrigen Raum abgeteilt war.
Dort standen ein Bett normaler Größe und ein Herrendiener samt Stuhl. Ein kleiner Nachtschrank flankierte die andere Seite des Bettes.
Es waren so viele Kleinigkeiten, die das Auge hier sah. Keine neuen Möbel, sondern die, mit denen sie auch in ihrem Laden handelte.
Es machte Sinn – und es war erfreulich gemütlich, wenn man bedachte, dass man sich hier in einer alten Werkstatt aufhielt.
Das waren die Dinge, die man sah. Aber gleichzeitig waren da natürlich auch die, die man nicht sehen konnte.
Es war, als höre man in manchen Momenten in dieser Halle noch immer die Geräusche der Maschinen, der Werkzeuge und der Personen, die hier einmal gearbeitet hatten.
Den Klang der Hammerschläge, das Kratzen der Feilen und auch das Sirren der Drehmaschinen, die dem Rohling eine neue und fest zugewiesene Form gaben. Andere, die zeitgleich neu bereifte Räder auswuchteten.
Aber noch etwas wurde hier konserviert: Es mag sonderbar klingen, denn waren die Empfindungen der Menschen, die hier an einem Montagmorgen die Woche begannen. Diejenigen, die von einer Welt außerhalb mit jedem neuen Tag hier für viele Jahre eingetreten waren und unzählige Stunden in diesem Raum verbracht hatten.
Vielleicht in Sorge, mit welcher man die noch junge Familie zurückgelassen hatte, um die acht Pflichtstunden zu absolvieren. In Gedanken an die frisch aufgekeimte Liebe, die während all dieser Stunden immer zugegen war und von keinem noch so groben Werkzeug hier verdrängt werden konnte. Und die Freude an einem Freitagnachmittag, im Hinblick auf ein lang ersehntes Wochenende nacheiner Woche, die gut und unfallfrei verlaufen, aber trotzdem ermüdend gewesen war.
All das sammelte sich in dieser Werkstatt und somit war sie viel mehr als nur ein Raum, vielmehr eine Art Zeitkapsel, die all dies für den Empfänglichen aufzubewahren schien.
Diese Werkstatt war natürlich schon seit langem nicht mehr in ihrer ursprünglichen Weise genutzt worden. Viele Jahre hatte sie leer gestanden und nur der Zahn der Zeit arbeitete beständig an ihrem Äußeren.
Ich fand sie verlassen, aber gut eingerichtet vor. Das war wesentlich, bedachte man die alte Bausubstanz und die Jahre, die die Halle hier nahe dem Meer schon gestanden hatte.
Und dieses Meer gab die immer präsente klangliche Gestaltung dieser Räume vor. Man konnte davor nicht weglaufen.
Es schlich sich in jede verwinkelte Ecke und in die zutraulichste Nachtstunde. Das Meer war hier omnipräsent. Das war möglicherweise die wesentlichste Erkenntnis dieses Nachmittages.
Wenn man nahe dem Meer wohnt, dann schließt man einen Bund mit ihm. Dann bleibt man in ständiger Erwartung einer Stille, die niemals eintreffen wird. Einfach deswegen, weil das Meer niemals still ist.
Es mag zeitweise beruhigt erscheinen, aber still und und unbewegt ist es niemals. Traumgebilde sind wie Reflexionen in diesem nicht enden wollenden Bewegen, und eine Sehnsucht markiert jeweils die verschiedenen Stationen eines Tages, wenn das Rufen des Wassers in die kleine Halle dringt. Nichts kann sein, wie das Rufen des Wassers. Nichts.
*
Es war ganz dunkel, als ich die Werkstatt verließ und die Tür in dem Tor sachte verschloss. Ich trat hinaus in das gedämmte Licht er ehemaligen Tankstelle und die beiden alten Zapfsäulen standen dabei wie Mahnmale oder Errungenschaften vergangener Zeiten.
Die Spannung in den Stromleitungen dieser veralteten Anlage summte über mir und manchmal flackerte das Licht ein wenig. Unmerklich, doch immer wieder einmal.
Der Klang des Wassers war allgegenwärtig und hinzu kam das Schreien der letzten Seevögel vor der Nachtruhe des Tages, die sich wie ein Dieb in die allgemeine akustische Kulisse mischten.
Ich schaute aus dem diffusen Licht hinaus. Das Meer verblieb in einem Dunkel, das sich nachts nur klanglich präsentierte.
Zur Nacht veränderte sich die Welt. Da war vieles nicht mehr deutlich erkennbar oder in feste Formen gefügt. Da war sie auf eine andere Ebene verlagert und gab der Ewigkeit ihren Raum.
Diese Zeit des Tages offerierte eine exponierte Sichtweise auf das Leben und der gerade vergehende Tag badete sich förmlich in dieser Illusion einer Beständigkeit, die keinem Objekt oder Lebewesen in dieser Dimension vergönnt war.
Das Ewige war die möglicherweise einzige Dauerhaftigkeit in Ausprägungen, die man sich so nicht auszumalen vermochte. Der Gedanke eines Menschen erschien so sinnlos vor dem Hintergrund solcher Dimensionen, nur war er wichtig für den Menschen selbst.
Ich passierte die stillgelegten Zapfsäulen und ging weiter zur Eingangstür, an welcher ich dreimal leicht anklopfte.
Schritte näherten sich im Inneren der Wohnung und Anniken öffnete mir mit einem leichten Lächeln im Gesicht.
»Schön, dass du die Einladung annimmst.«
»Gern.«
»Komm rein!«
Es war aber angenehm warm und ein einzigartiger Duft begleitete die Räumlichkeit. Er war angenehm und besonders und es musste die Mischung der eher antiquierten Einrichtungsgegenstände in Kombination mit der floralen Wahrnehmung ihres leichten Parfums sein, welches sie für diesen Abend augenscheinlich frisch aufgelegt hatte.
»Ich mag die älteren Sachen recht gern.«
»Das sehe ich. Du hast eine Menge davon.«
»Ja.«
»Gut.«
»Findest du? Das sehen in meinem Freundeskreis nicht alle so.«
»Was wissen die schon?«
»Es sind meine Freunde.«
»Na, ja.«
Sie blieb kurz stehen und warf mir erneut ein spontanes Lächeln zu.
»Möchtest du dir den Laden ansehen, bevor wir uns setzen?«
»Das würde ich gerne.«
»Na, dann komm.«
Sie ging zügigen Schrittes voraus und augenfällig bemerkte man die deutliche Teilung des Gebäudes in Wohn- und Verkaufsbereich.
Letzterer war sorgfältig geordnet, gefüllt mit allerlei Utensilien, die viele Mitmenschen als antik bezeichnen würden. Sie nannte es Nostalgie.
Alte Bilder mit Landschaften, sehr schön anzusehen und mit Sorgfalt aufbereitet. Gehstöcke mit polierten Silbergriffen, die in dem warmen Licht des Verkaufsraumes anheimelnd blitzten.
Accessoires für Schreibtische, die es so heute nicht mehr überall gab und die hier so reichhaltig vorhanden waren. Ein Tisch beherbergte eine stattliche Anzahl von mechanischen Schreibmaschinen. Sie standen dort wohlgeordnet und malerisch anzusehen.
»Verkaufst du die denn auch noch, Anniken?«
»Die Schreibmaschinen? Oh, ja. Die gehen sogar wieder sehr gut weg. Das glaubst du nicht.«
»Erstaunlich.«
Ich schmunzelte. Es war die Faszination eines Schreibgerätes, in welches in digitaler Zeit zunächst erst einmal Papier eingespannt werden musste und dessen Schreibfläche so begrenzt erschien. Es war so weit weg von den heutigen Standards aller Schreibprogramme dieser Welt, dass dieses Andere durchaus reizvoll und wohltuend sein mochte.
Durch die weiträumigen Schaufenster war der Tankstellenbereich mit den Zapfsäulen und die alte Werkstatt zu sehen, die für diese Nacht meine Herberge werden würde. Alles passte harmonisch zueinander.
Anniken hob kurz eine Hand.
»Ich gehe schnell die Bettsachen für heute Nacht holen und lege sie dir vorn an die Tür. Das habe ich eben vergessen.«
»Kein Problem.«
*
Als Anniken zurückkam, trug sie lachend die Sachen für mein Bett vor sich. Auf dem obersten Bezug lag noch eine kleine, in glänzender Folie verpackte Schokoladenpraline.
»Ein Betthupferl für die Nacht in der Werkstatt. Meine Freundin hat das letzte Mal gesagt, sie sei lecker gewesen. Dann bekommst du sie auch.«
»Wow!«
Und sie ging mit schwungvollen Schritten zu der Eingangstür des Hauses, wo sie die Sachen ablegte. Einen kleinen Moment später war sie wieder bei mir.
»Hast du dich schon ein wenig mit allem in der alten Werkstatt vertraut gemacht?«
»Klar. Es ist gut für die Nacht. Ich muss dir dankbar sein, denn das Angebot ist nicht selbstverständlich.«