Atlan 714: Die Spur der Daila - Harvey Patton - E-Book

Atlan 714: Die Spur der Daila E-Book

Harvey Patton

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Beschreibung

Auf Terra schreibt man die Jahreswende 3818/19, als der Arkonide sich nach einer plötzlichen Ortsversetzung in einer unbekannten Umgebung wiederfindet, wo unseren Helden alsbald ebenso gefährliche Abenteuer erwarten wie in Alkordoom. Atlans neue Umgebung, das ist die Galaxis Manam-Turu. Und das Fahrzeug, das dem Arkoniden die Möglichkeit bietet, die Spur des Erleuchteten, seines alten Gegners, wieder aufzunehmen, ist ein hochwertiges Raumschiff, das Atlan auf den Namen STERNSCHNUPPE tauft. Das Schiff sorgt für manche Überraschung - ebenso wie Chipol, der junge Daila, der zum treuen Gefährten des Arkoniden wird. In den vier Monaten, die inzwischen verstrichen sind, haben Atlan und der Daila schon manche Gefahr bestanden - immer auf der Spur jener Kräfte, die schon an anderen Orten des Universums für Leid und Unfrieden verantwortlich waren. Der Handlungsspielraum Atlans und seines Gefährten ist gegenwärtig jedoch sehr beschnitten. Erst als der Angriff der Piraten auf BASTION-V, die Raumfestung der Ligriden, erfolgt, kommt es für den Arkoniden und den jungen Daila zu einer unerwarteten Wende. Unsere beiden Helden erkämpfen sich die Freiheit und verfolgen DIE SPUR DER DAILA ...

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Nr. 714

Die Spur der Daila

Sie leben unter Feinden

von Harvey Patton

Auf Terra schreibt man die Jahreswende 3818/19, als der Arkonide sich nach einer plötzlichen Ortsversetzung in einer unbekannten Umgebung wiederfindet, wo unseren Helden alsbald ebenso gefährliche Abenteuer erwarten wie in Alkordoom.

Atlans neue Umgebung, das ist die Galaxis Manam-Turu. Und das Fahrzeug, das dem Arkoniden die Möglichkeit bietet, die Spur des Erleuchteten, seines alten Gegners, wieder aufzunehmen, ist ein hochwertiges Raumschiff, das Atlan auf den Namen STERNSCHNUPPE tauft. Das Schiff sorgt für manche Überraschung – ebenso wie Chipol, der junge Daila, der zum treuen Gefährten des Arkoniden wird.

In den vier Monaten, die inzwischen verstrichen sind, haben Atlan und der Daila schon manche Gefahr bestanden – immer auf der Spur jener Kräfte, die schon an anderen Orten des Universums für Leid und Unfrieden verantwortlich waren.

Der Handlungsspielraum Atlans und seines Gefährten ist gegenwärtig jedoch sehr beschnitten. Erst als der Angriff der Piraten auf BASTION-V, die Raumfestung der Ligriden, erfolgt, kommt es für den Arkoniden und den jungen Daila zu einer unerwarteten Wende.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan und Chipol – Die Gefährten auf der Spur der Daila.

Norgis, Raegul, Mallosh, Ganno und Trom – die Crew der GHYLTIROON.

Pfarnybol – Ältester der Hiryum.

Saylimandar – Ein Psi-Star.

1.

»Hast du schlechte Laune, Atlan?«, erkundigte sich Chipol, der in meine Kabine gekommen war. Ich verzog unmutig das Gesicht.

»Nein«, gab ich zurück, »ich freue mich am laufenden Band. Sieht man mir das nicht an?«

Das war ungerecht!, ermahnte mich der Extrasinn. Schließlich kann der Junge nichts dafür, dass es nicht so läuft, wie du möchtest.

Natürlich war es ungerecht, das wusste ich selbst. Doch ich hatte das Bedürfnis, mich abzureagieren, und der junge Daila war eben im Augenblick das einzige greifbare Objekt dafür gewesen. Ich rang mir ein sparsames Lächeln ab und fuhr ihm leicht über das dunkle Haar.

»Tut mir leid, es war nicht so gemeint! Es geht mir nur langsam auf die Nerven, dass wir schon so lange unterwegs sind, ohne eine Spur von den Verbannten gefunden zu haben; verstehst du das?«

Chipol nickte, seine Miene hellte sich wieder auf. Mit seinen vierzehn Jahren nahm er alles noch nicht so schwer, und im Stillen beneidete ich ihn darum. Dabei hatte er schon eine Menge Schweres durchgemacht.

Chipols Vater war, zusammen mit seiner ganzen Sippe, des Psi-Potenzials wegen auf Joquor-Sa entführt oder gar getötet worden. Nur der Junge war auf dem wüsten Planeten zurückgeblieben, verängstigt und ganz allein. Dann hatte ich ihn gefunden und mit mir genommen, und praktisch nahm ich jetzt die Stelle seines Vaters ein.

Konzentriere dich besser auf die Gegenwart, riet mein Extrasinn.

Diese Gegenwart – sie war unerfreulich genug!

Da hatten wir gehofft, auf Chipols Heimatwelt Aklard Unterstützung zu finden, aber die Naldrynnen und Ligriden waren schon vor uns dagewesen. Letztere hatten unser kleines Schiff beschossen und so beschädigt, dass das Resultat eine Bruchlandung erster Güte gewesen war. Eine Widerstandsgruppe der Daila hatte uns jedoch geholfen, und unter einer Ladung von »duftendem« Käse (brrr! Ich werde nicht so bald wieder welchen essen ...) waren wir der Suche der Ligriden entkommen und nach Ghyltirainen gelangt.

Dort lebte der alte Urlysh, früher Mitglied der Regierung, und er hatte uns zu einem neuen Schiff verholfen. Dies war die GHYLTIROON, ein Kugelraumer von etwa neunzig Meter Durchmesser, mit einer guten Mannschaft von fünf Daila. Außerdem waren noch drei Familien dieser unausstehlichen Naldrynnen als Geiseln mit an Bord, und wider Erwarten hatten wir Aklard unbehelligt verlassen können. Nun waren wir unterwegs, um verbannte Daila zu suchen – Mutanten also, die ihrer Psi-Gaben wegen verstoßen worden waren.

Der beträchtliche Schönheitsfehler dabei war aber, dass niemand wusste, wo solche zu finden waren!

Man hatte sie einfach sippenweise in Schiffe gesetzt und es ihnen überlassen, sich irgendwo in der Galaxis Manam-Turu eine neue Heimat zu suchen. Das hatten sie auch getan, und nie in den vergangenen Jahrhunderten hatte man wieder etwas von ihnen gehört. Damals war ihr Volk froh gewesen, sie losgeworden zu sein – und nun hoffte es darauf, dass sie ihm helfen würden, die fremden Usurpatoren von Aklard zu vertreiben!

Eigentlich paradox, aber ich hatte schon viel verrücktere Dinge erlebt. Zudem hingen die Verbannten trotz allem an ihrer Heimat, das wusste ich von Chipol. Es war also wirklich damit zu rechnen, dass sie ihr die Hilfe mittels ihrer Psi-Talente nicht verweigern würden – nur mussten wir sie erst einmal finden.

Und eben das war uns bisher nicht gelungen, obwohl es einen vagen Hinweis auf den von ihnen bevorzugten Raumsektor gab. In diesem waren wir nun schon volle acht Tage unterwegs, aber nicht nur wir allein. In den meisten Systemen herrschte ein auffallend starker Schiffsverkehr, und aus aufgefangenen Funksprüchen ging hervor, dass es sich meist um Ligriden oder andere Helfer der Hyptons handelte.

Ihnen mussten wir aber aus dem Weg gehen, denn die GHYLTIROON als früheres Forschungsschiff war nur schwach bewaffnet. Zweifellos waren sie dabei, sich auf neuen Welten umzusehen oder einzunisten, mit den uns bekannten heimtückischen Methoden. Wir konnten nichts dagegen tun, sondern nur mit den Zähnen knirschen, und obendrein wurde unsere Suche dadurch immer mehr zu einer Schattenjagd. Die Systeme, in denen es ruhig war, waren durchwegs unbewohnt, und so kamen wir um keinen Schritt weiter.

So gesehen, war es kein Wunder, dass ich frustriert und gereizt war!

»Hab noch etwas Geduld, Atlan«, meinte Chipol. »Irgendwann werden wir Erfolg haben, dessen bin ich sicher nach allem, was wir schon zusammen erlebt haben. Er lässt zwar oft auf sich warten, aber er wird kommen, ganz bestimmt.«

»Wenn du es sagst ...« murmelte ich und bewunderte im Stillen seinen ungebrochenen Optimismus. Wie um ihn zu unterstreichen, meldete sich im gleichen Moment der Interkom, ich tastete ihn ein, und auf dem Bildschirm erschien das Gesicht von Norgis, der an Bord der GHYLTIROON als Kommandant fungierte.

»Ein neues System, Atlan«, erklärte er in seiner wortkargen Art. »Sieben Planeten, der zweite bewohnbar, keine fremden Schiffe zu orten. Wir fliegen ihn an, komm bitte in die Zentrale.«

»Ich komme«, gab ich ebenso knapp zurück und sprang erlöst auf. Ob wir wirklich den von Chipol vorhergesagten Erfolg haben würden, blieb zwar fraglich, aber endlich tat sich wieder etwas, und das besserte meine Laune schlagartig. Ich verließ die Kabine, schwang mich in den zentralen Antigravschacht, und der Junge folgte mir.

*

Auf der großen Holoramaprojektion war nicht viel zu erkennen, aber einer der Sektorenschirme zeigte in starker Vergrößerung ein gutes Abbild des fraglichen Planeten. Er wirkte sehr erdähnlich – aus langer Gewohnheit zog ich Terra zum Vergleich heran, obwohl ich mich in einer völlig fremden Galaxis befand – und besaß zwei kleine Monde. Die spektroskopisch ermittelten Daten wurden unten am Rand eingeblendet, mein fotografisches Gedächtnis hatte alle Schriftsymbole der Daila gespeichert, und so las ich diese ohne Mühe ab.

»Eine gute Welt, wie es scheint«, kommentierte ich und wandte mich dann an den Piloten, der auch die Ortungen bediente. »Wie steht es mit Energieemissionen, hast du schon etwas festgestellt?«

Raegul drehte sich zu mir um und grinste penetrant. Mit seinen 36 Dailajahren war er der zweitjüngste an Bord, aber sein Wesen hatte mir von Anfang an nicht zugesagt. Er war nicht ganz so groß und hager wie der Kommandant und redete im Gegensatz zu diesem gern, doch in einer herablassend arroganten, zuweilen auch zynischen Art. Er dünkte sich klüger als alle anderen, und mit Männern dieses Schlages gab es meist Ärger, das wusste ich aus langer Erfahrung.

»Du willst immer alles genau wissen, wie?«, fragte er zurück. »Nein, die Instrumente haben noch nichts dergleichen angezeigt, aber das kann ja noch kommen. Dann werde ich dich rechtzeitig davon unterrichten, aber so schonend, dass du keinen Schreck bekommst!«

Norgis zog unmutig die Brauen hoch und setzte zu einem Verweis an, aber ich stoppte ihn mit einer kurzen Handbewegung. Zwar war ich in Raeguls Augen nur ein ungebetener Gast an Bord, doch mit einem Typ wie ihm wurde ich auch selbst fertig. Seine kesse Art war wohl nur Fassade, hinter der sich – vielleicht ihm selbst unbewusst – seine Labilität verbarg.

Minuten vergingen in frostigem Schweigen, der namenlose Planet wurde auf den Bildschirmen rasch größer. Ich trat neben Mallosh, der Funker und Waffentechniker zugleich war, mittelgroß und schlank, von zurückhaltendem, auf Ausgleich bedachtem Wesen. Er schob die Ohrhörer zurück, lächelte leicht und beantwortete meine noch gar nicht ausgesprochene Frage.

»Keinerlei Funkverkehr in diesem System, weder im Normalbereich, noch auf Ultrawelle, Atlan. Doch das muss noch nichts besagen, die Verbannten dürften ihrer besonderen Umstände wegen nicht gerade sehr kontaktfreudig sein. Es würde mich jedoch freuen, wenn wir hier auf eine ihrer Sippen stoßen könnten, Aklard wartet darauf.«

»Danke, Mallosh«, gab ich zurück und klopfte ihm ermunternd auf die Schulter. Dann sah ich hinüber zu Ganno und Trom, die beiden waren ein seltsames Gespann und erinnerten mich an Laurel und Hardy aus alten irdischen Ulkfilmen. Groß und massig der eine, klein und untersetzt der andere, nur die Charaktere stimmten nicht ganz. Der Bordingenieur erregte sich leicht, wurde aber durch witzige Worte des Mechanikers bald wieder gebremst, obwohl dieser eigentlich in der Bordhierarchie sein Untergebener war. Zur Zeit hatten beide nichts zu tun, sie lehnten an einer Konsole im Hintergrund und sahen ruhig über die Szene in der Zentrale hinweg.

An sich keine schlechte Crew, aber eine, die keine Erfahrung in Bezug auf Zusammenstöße mit anderen Rassen besaß. Die Daila waren ein friedliches Volk, das zwar Planeten erkundete und Handel mit verschiedenen Völkern betrieb, Auseinandersetzungen jedoch aus Prinzip aus dem Wege ging. Sie besaßen kein Militär, und deshalb hatten die kriegerischen Ligriden, die mit den Hyptons in diese Galaxis gekommen waren, auch leichtes Spiel mit ihnen gehabt. Was diese Besatzung in Krisensituationen wert war, musste sich erst noch zeigen, und ich hoffte im Stillen, dass es gar nicht erst soweit kam.

Chipol hielt sich bei mir und ich sah, dass seine bläulichen Augäpfel unruhig zu funkeln begonnen hatten. Sie spiegelten die Spannung wider, die nicht nur ihn beherrschte, sondern allmählich auch alle anderen ergriff. Würden wir in diesem System nun endlich Erfolg haben und auf verbannte Mutanten stoßen? Wir alle wünschten es sehnlichst, denn angesichts der kritischen Lage auf Aklard wog jeder verlorene Tag doppelt schwer.

»Was tun eigentlich die Naldrynnen?«, erkundigte ich mich halblaut beim Kommandanten, und er zuckte mit den Schultern.

»Weiß nicht genau«, gab er zurück. »Habe sie vorhin über Monitor beobachtet, aber nicht viel gesehen. Sitzen die ganze Zeit fast im Dunkeln und reden in ihrer Sprache ... zu fremd, konnte nichts davon verstehen. Kann sein, dass sie etwas planen, ich traue ihnen nicht.«

»Wer tut das schon?«, kommentierte ich, nickte ihm zu und blickte wieder auf die Bildschirme. Wir waren dem Planeten nun schon sehr nahe, und Raegul flog einen Halbbogen, um das Schiff über seine Tagseite zu bringen. Der Funker hatte seine fruchtlosen Versuche inzwischen aufgegeben und unterhielt sich mit Ganno und Trom, und auch bei ihnen ging es um die Naldrynnen.

Keiner an Bord mochte sie, und Mallosh war ebenso wie Norgis dafür, sie möglichst bald loszuwerden; natürlich auf irgendeiner entlegenen Welt, so dass sie uns nicht verraten konnten. Die Techniker dagegen tendierten ebenso wie Raegul dahin, sie weiterhin als Geiseln zu behalten, dieses Thema war seit Tagen ein Dauerbrenner an Bord der GHYLTIROON. Es sorgte, zusammen mit der Erfolglosigkeit unserer Suche, für eine unterschwellige Missstimmung, gegen die ich mangels echter Autorität nicht ankommen konnte.

Nun, vielleicht löste sich das ganze Problem bald von selbst, falls wir auf diesem Planeten endlich »fündig« wurden. Das Schiff wurde nun vom Piloten stark abgebremst, hinter seiner Rundung kam der Terminator in Sicht; wir passierten den inneren Mond in knapp zehntausend Kilometer Entfernung – und in diesem Moment geschah es:

Mehrere fremde Schiffe schossen aus der Deckung des Trabanten hervor und genau auf uns zu!

Sie mussten die GHYLTIROON schon beim Einflug ins System geortet haben, hatten sich daraufhin verborgen und auf uns gelauert. Wir waren ihnen prompt in die Falle gegangen, und diese schnappte nun zu ...

*

Die anderen bemerkten sie nicht, aber mein wachsamer Extrasinn bewährte sich auch in diesem Fall. Ein scharfer Impuls von ihm, mein Kopf flog herum, und ich wusste augenblicklich, was sich da tat. Ich stieß einen lauten Warnruf aus, der Kommandant begriff nicht sofort, dafür aber der Pilot. Er schaltete sofort den Schutzschirm ein, und das war unsere Rettung.

Ich zählte vier Raumer eines torpedoförmigen Typs mit einigen buckelartigen Anbauten, mir vollkommen unbekannt. Ihre Triebwerke waren dem unseren jedenfalls überlegen, es dauerte nur Sekunden, dann hatten sie uns regelrecht eingekesselt. Und sofort schlugen auch die ersten Strahlschüsse in unseren Schirm und belasteten ihn bis zur Höchstgrenze – unsere Lage war praktisch aussichtslos!

Das war mir momentan klar, dem Kommandanten dagegen nicht. Statt nun vernünftigerweise aufzugeben, fuhr er nach Überwindung der ersten Schrecksekunde auf und brüllte:

»Sofort Vollschub, Raegul! Wir müssen ihnen entkommen!«

Der Pilot kam diesem Befehl jedoch nicht nach. Im Gegenteil, er legte den Antrieb still, und die GHYLTIROON flog geradeaus weiter, von den fremden Schiffen flankiert. Eine zweite Salve prasselte in den Schutzschirm, er flackerte bedenklich, und Raegul schüttelte entschieden den Kopf.

»Ganz gleich, wofür du mich jetzt halten magst – lebensmüde bin ich jedenfalls nicht! Vier gegen einen, das kann niemals gut gehen; ehe wir wieder eine halbwegs annehmbare Geschwindigkeit erreichen können, sind wir bereits erledigt. Wenn wir uns dagegen nun fügen und versuchen, mit diesen Fremden zu verhandeln, kommen wir meiner Ansicht nach noch am besten davon.«

Das klang weder zynisch noch arrogant, sondern nur vernünftig, aber ich sah den Ausdruck seiner Augen. Er sagte mir, dass der Pilot in erster Linie ein Opportunist war, das eigene Wohl rangierte bei ihm vor den Belangen seines Volkes. Verübeln konnte ich ihm das in dieser Lage aber kaum, jetzt war pragmatisches Handeln durchaus angebracht. Wenn die Fremden uns nun zusammenschossen, war Aklard damit wirklich in keiner Weise gedient. Nur wenn wir am Leben blieben, konnten wir später noch etwas für diesen Planeten und seine Bewohner tun!

Norgis sah dies jedoch nicht ein. »Du willst meutern?«, fragte er finster und kam mit drohend geballten Fäusten auf Raegul zu. »Los, mach Platz, ich übernehme das Schiff!«

Die anderen drei Daila waren unschlüssig näher gekommen, aber nun schüttelte sich das Schiff unter erneuten Strahlschüssen, und das gab für sie den Ausschlag. Sie stürzten vor, fielen dem Kommandanten in den Arm und hielten ihn fest. Er wehrte sich keuchend, kam aber gegen die Männer nicht an, und schließlich erlahmte sein Widerstand. Er sah den sonst so zurückhaltenden Funker vorwurfsvoll an und sagte gepresst: »Auch du, mein Freund Mallosh? Warum das?«

»Warum? Weil ich eingesehen habe, dass nur Verhandlungen uns hier noch helfen können«, kam es entschieden zurück. »Und wenn du das nicht begreifen kannst, müssen wir eben handeln, ob es dir nun gefällt oder nicht.«

Norgis senkte den Kopf, er gab sich offenbar geschlagen, und die anderen ließen ihn los. Doch das war ein Fehler – im nächsten Moment hatte er Trom und Mallosh gepackt und warf sie zu Boden. Dann wollte er sich auf Raegul stürzen, aber er hatte die Rechnung ohne Ganno gemacht. Der hitzige Ingenieur zog seinen Handstrahler und entsicherte ihn, in seinen Augen flackerte es, ihm war in diesem kritischen Moment alles zuzutrauen.

Das bewog mich zum Eingreifen, ich warf mich ihm entgegen und schlug die Waffe nach oben. Ein Schuss entlud sich, schlug in die Decke der Zentrale und zerstörte ein Leuchtelement, und ich setzte zu einem Dagor-Griff an, um Ganno zu entwaffnen. Doch ich hatte die Kräfte des großen Zweizentnermannes unterschätzt – er wehrte meine Attacke nicht nur ab, sondern ließ den Lauf des Strahlers wuchtig auf meinen Kopf niedersausen!

2.

»Wie fühlst du dich, Atlan?«, drang Chipols Stimme an mein Ohr. Ich öffnete die Augen, schloss sie aber schnell wieder, denn das grelle Licht blendete mich. Dann atmete ich mehrmals tief durch und bewegte probeweise den Kopf, und es ging besser als erwartet. Mein Zellaktivator pulsierte und verlieh mir neue Kräfte, langsam richtete ich mich auf und sah in das besorgte Gesicht von Norgis.

»Ich danke dir!«, sagte er leise. »Du hast mir das Leben gerettet und dabei das deine riskiert – das werde ich dir nie vergessen.«

Er konnte also durchaus normal reden, und unter anderen Umständen hätte ich mich jetzt darüber amüsiert. Diese waren aber noch immer alles andere als normal, denn Ganno stand mit grimmiger Miene vor uns dreien, den Strahler in der Hand. Trom und Mallosh dagegen wirkten eher verlegen, mit einer solchen Eskalation der Dinge hatte wohl keiner von beiden gerechnet.

Doch sie waren nur Nebenfiguren in diesem Spiel, die Hauptperson war eindeutig der Pilot, und ich sah zu ihm hinüber.

Raegul saß nach wie vor am Steuerpult, er hatte inzwischen das Funkgerät aktiviert und sprach in das Feldmikrofon. Was er sagte, konnte ich nicht verstehen, aber ich konnte es mir lebhaft denken. Im großen und ganzen hatte sich die Szene nicht verändert, demnach war ich nur kurze Zeit ohne Besinnung gewesen.

Ein Blick auf den Holoramaschirm zeigte mir, dass die vier fremden Schiffe die GHYLTIROON nach wie vor umringten, unsere Phalanx schoss nun bereits über die Tagseite des Planeten dahin. Sie hatten das Feuer aber offenbar eingestellt, weil keine Gegenwehr erfolgt war, also konnten wir wieder hoffen. Ich überlegte kurz und beschloss, zunächst ein paar grundlegende Dinge klarzustellen.