11 tolle Science Fiction Romane November 2021 - Harvey Patton - kostenlos E-Book

11 tolle Science Fiction Romane November 2021 E-Book

Harvey Patton

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Beschreibung

11 tolle Science Fiction Romane November 2021 von Alfred Bekker, Harvey Patton, Horst Pukallus, W.W.Shols, Gerd Maximovic Über diesen Band: Clayborn und der Psi-Spion (Horst Pukallus) Clayborn und die Zauberwelt (Harvey Patton) Clayborn und die Drachenwelt (Harvey Patton) Clayborn und die Piraten von Vinkos (Harvey Patton) Clayborn - gestrandet im Gestern (Harvey Patton) Irrflug ins Weltall (Harvey Patton) Warnung aus dem Hyperraum (W.W.Shols) Rebell des Weltraums (W.W.Shols) Das trojanische Pferd (W.W.Shols) Ormagdor - du bist nicht tot (Gerd Maximovic) Die Androiden-Chronik (Alfred Bekker) Nach 920 Jahren kriegerischer Auseinandersetzung im galaktischen Raum, kam es im Jahre 13.268 endlich zu dem ersehnten Frieden. Auf Poldini II wurde der Friedensvertrag zwischen den Prokas und den Menschen unterzeichnet. Aber die Milchstraße war zu groß, als dass überall die Waffen schon geschwiegen hätten. Als die Sky-Master des Wirtschaftlers Dr. Preem überfällig wird, befiehlt Marschall Skeen Captain Barnett mit seinem Raumschiff CORA Nachforschungen nach dem Verbleib dieser Expedition anzustellen.

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11 tolle Science Fiction Romane November 2021

Alfred Bekker et al.

Published by Alfred Bekker, 2021.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

11 tolle Science Fiction Romane November 2021

Copyright

Clayborn in galaktischer Mission: Band 1-5 der Serie Space Agent in einem Band

Clayborn in galaktischer Mission: Band 1-5 der Serie Space Agent in einem Band | Horst Pukallus, Harvey Patton

Copyright

Clayborn und der PSI-Spion

Clayborn und die Zauberwelt | Space Agent 2

Clayborn und die Drachenwelt

Clayborn und die Piraten von Vinkos

Clayborn - gestrandet im Gestern

Irrflug ins Weltall

Irrflug ins Weltall

Copyright

Begegnung im Dunkeln

Zwei ungleiche Freunde

Ein aufregender Tag

Arne verrät sein Geheimnis

Ein schlimmer Zwischenfall

Es gibt keine Rückkehr mehr

Ein Planet voller Zwerge

Landevorbereitungen

Die Welt der blauen Zwerge

Im Palast des Pharo

Schwierigkeiten im Anzug

Arne hat eine Idee

Karox muss mitspielen

Rückflug – aber nicht zur Erde!

Große Aufregungen auf Rakessan

Vor dem Hohen Gericht

Die Sorpindos greifen ein

Zurück zur Erde

Kein Grund zur Aufregung

Warnung aus dem Hyperraum

Rebell des Weltraums

Das trojanische Pferd

Ormagdor - Du bist nicht tot

Ormagdor - Du bist nicht tot! | Gerd Maximovic

About the Publisher

Brian Carisi SF Roman - Die Androiden-Chronik

Die Androiden-Chronik

Copyright

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EPILOG

About the Author

About the Publisher

Further Reading: 30 Sternenkrieger Romane - Das 3440 Seiten Science Fiction Action Paket: Chronik der Sternenkrieger

Also By Alfred Bekker

Also By Harvey Patton

Also By Gerd Maximovic

Also By Horst Pukallus

Also By W. W. Shols

About the Author

About the Publisher

11 tolle Science Fiction Romane November 2021

von Alfred Bekker, Harvey Patton, Horst Pukallus, W.W.Shols, Gerd Maximovic

Über diesen Band:

Clayborn und der Psi-Spion (Horst Pukallus)

Clayborn und die Zauberwelt (Harvey Patton)

Clayborn und die Drachenwelt (Harvey Patton)

Clayborn und die Piraten von Vinkos (Harvey Patton)

Clayborn - gestrandet im Gestern (Harvey Patton)

Irrflug ins Weltall (Harvey Patton)

Warnung aus dem Hyperraum (W.W.Shols)

Rebell des Weltraums (W.W.Shols)

Das trojanische Pferd (W.W.Shols)

Ormagdor - du bist nicht tot (Gerd Maximovic)

Die Androiden-Chronik (Alfred Bekker)

Nach 920 Jahren kriegerischer Auseinandersetzung im galaktischen Raum, kam es im Jahre 13.268 endlich zu dem ersehnten Frieden. Auf Poldini II wurde der Friedensvertrag zwischen den Prokas und den Menschen unterzeichnet. Aber die Milchstraße war zu groß, als dass überall die Waffen schon geschwiegen hätten. Als die Sky-Master des Wirtschaftlers Dr. Preem überfällig wird, befiehlt Marschall Skeen Captain Barnett mit seinem Raumschiff CORA Nachforschungen nach dem Verbleib dieser Expedition anzustellen.

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)

© Roman by Author / COVER: Motiv Mik35-123RF - Steve Mayer, 2021

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Clayborn in galaktischer Mission: Band 1-5 der Serie Space Agent in einem Band

Horst Pukallus, Harvey Patton

Clayborn in galaktischer Mission: Band 1-5 der Serie Space Agent in einem Band

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Table of Contents

UPDATE ME

Clayborn in galaktischer Mission: Band 1-5 der Serie Space Agent in einem Band

Horst Pukallus, Harvey Patton

Dieser Band enthält folgende Folgende SF-Abenteuer:

––––––––

Clayborn und der Psi-Spion (Horst Pukallus)

Clayborn und die Zauberwelt (Harvey Patton)

Clayborn und die Drachenwelt (Harvey Patton)

Clayborn und die Piraten von Vinkos (Harvey Patton)

Clayborn - gestrandet im Gestern (Harvey Patton)

Commander Barry Clayborn ist ein freier Terranischer Agent, der zwar der Terra Control untersteht, aber er und seine Crew können Aufträge auch ablehnen – was jedoch selten vorkam. Ihr neuer Auftrag führt sie zum Freihandelsplaneten Lermo, um dort etwas über Kolman Zoltan in Erfahrung zu bringen. Der verbrecherische Ex-Patriarch von Dryworld hatte sich abgesetzt, nachdem er mittels Transmitteranlage menschliche Duplikate angefertigt hatte und sie Morde auf Befehl begehen ließ. Nun scheint er wieder aus der Versenkung aufgetaucht zu sein, denn es wurden massenhaft Edelsteine unter der Hand verkauft, die nur von Dryworld, dem Wüstenplaneten, stammen konnten. Die Terranischen Agenten verfolgen seine Spur bis zu einem Planeten, der einmal von den sagenhaften Zheltyana bevölkert wurde, die als die Urväter der Menschen gelten ...

Copyright

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© Roman by Author / COVER STEVE MAYER nach Motiven von Martin Heade

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

Clayborn und der PSI-Spion

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Space Agent 1

SF-Roman von Horst Pukallus

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Der Umfang dieses Buchs entspricht 131 Taschenbuchseiten.

––––––––

Sieben namhafte terranische Wissenschaftler werden gleichzeitig von einer rätselhaften Krankheit befallen. In regelmäßigen Zeitabständen werden sie von grauenhaften Visionen heimgesucht, welche dazu führen, dass die Wissenschaftler nach und nach ihren Verstand verlieren. Da die Wissenschaftler zu den besten der Erde gehören und ihre Arbeit wichtig für die Zukunft der Pax Terra ist, werden Commander Clayborn und seine Leute mit der Aufklärung dieses Falles beauftragt. Doch sie stehen vor einem Rätsel. Wie wurde diese Krankheit hervorgerufen oder übertragen? Ist es eine Seuche, die von den Außenwelten eingeschleppt wurde? Oder ist sie das Werk einer nichtirdischen Spezies?

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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1

Ihre bleischweren Stiefel verursachten auf dem elastischen Bodenbelag des Korridors keinen Laut, und dieser Umstand ließ die Ruhe, die in der Asteroidenklinik herrschte, noch unheimlicher erscheinen. Es gab keine Bilder oder Fotos an den Wänden und keine Grünpflanzen, nur Türen, eine neben der anderen, in mattgrüner trostloser Reihenfolge. Die Atmosphäre der Abgeschiedenheit erregte in Clayborn intensives Unbehagen.

Die MORDAIN lag auf der Oberfläche des Asteroiden in einem Magnetfeld verankert. Betrachtete man den Himmelskörper vom Raumschiff aus, zeugte nur ein schimmerndes Netz von Antennen davon, daß sich Menschen darin eingegraben hatten.

Clayborn spürte, wie das Gewicht der Bleisohlen unter seinen Stiefeln beständig zunahm; offenbar näherten sie sich dem Schwerkraftzentrum des Asteroiden. Leise, kaum wahrnehmbare Vibration entfernter Maschinerie durchlief den Korridor. »Vielleicht bin ich zu sehr Amateurpsychologe, um das beurteilen zu können, Professor«, bemerkte Clayborn und brach das bedrückende Schweigen, »aber ich war immer der Meinung, daß psychisch Erkrankten eine... nun, eine etwas freundlichere Umgebung besser bekommt. Freier Himmel, frische Luft. Lange Spaziergänge. Gärten und kleine Tiere, die das Gemüt aufheitern. Sie wissen ja.« Professor Wellington, Direktor der psychiatrischen Asteroidenklinik, blieb nicht stehen und wandte nur halb den Kopf. Clayborn musterte das Profil des kahlen, dunkelbraunen Schädels; Wellington war nicht unbedingt schwarz, aber ganz sicher teilweise afrikanischer Abstammung. Die dunkle Schädelwölbung war mit hellen Altersflecken übersät.

»Grundsätzlich haben Sie recht«, antwortete der Professor. Seine Baßstimme besaß einen angenehmen, beruhigenden Klang. »Für die meisten psychischen Störungen - vor allem solche, die durch streßbedingt sind - reicht die konventionelle Therapie aus. Unsere Klinik allerdings ist auf extreme Isolierfälle spezialisiert. Beispielsweise ausgeprägte paranoide Symptomatik und schwere Neurosen.«

Clayborn überlegte. Gewiß, eine Periode weitgehender Isolation vermochte, wenn sonst nichts mehr half, den menschlichen Verstand von der Nichtexistenz eingebildeter Dinge zu überzeugen, vorausgesetzt, der Patient war rational zugänglich. Aber bei Neurosen? Und wenn tatsächlich Isolation erforderlich war, warum gerade auf einem Asteroiden? Clayborn neigte zu der Auffassung, daß diese Klinik mehr so etwas wie ein Verbannungsort war, wohin wohlhabende Leute psychisch erkrankte Verwandte abschoben, weil sie ihnen auf die Nerven fielen. Seine Informationen besagten jedoch, daß die Asteroidenklinik die uneingeschränkte Anerkennung und Förderung der solaren Gesundheitsorganisation genoß. »Aber in allen Psychiatrien des Solsystems gibt es doch Isolierabteilungen«, sagte er, inzwischen wirklich interessiert. »Was spricht für eine Klinik im Weltraum?«

Professor Wellington seufzte. »Also... aus prinzipiellen Erwägungen plaudere ich nur ungern über Krankengeschichten...« Er zögerte und räusperte sich. »Wir haben da gegenwärtig eine Patientin, bei der es sich um eine sogenannte Nucklerin handelt. Eine sehr schlimme Neurose. Vor ihrer Einlieferung trank sie täglich bis zu vierzig Liter Wasser. Angehörige und Ärzte mögen sorgfältig vorsorgen, aber ein Mensch, den es suchtmäßig danach verlangt, findet überall tausenderlei Möglichkeiten, an Wasser zu gelangen. Hier nicht. Hier ist Wasser knapp. Keine Hähne, keine Duschen, keine Wannen.«

Clayborn stutzte und öffnete den Mund. aber bevor er seine Frage nach den hygienischen Konsequenzen aussprach, fiel ihm die Antwort ein. Auch auf vielen Raumschiffen war es üblich. sich mit imprägnierten Tüchern zu reinigen; nur sehr große und teure Typen verfügten über eine RecyclingAnlage, hauptsächlich Passagierschiffe. Er vermutete, daß chemische Hindernisse gegen die Installierung einer Recycling-Anlage standen. Anscheinend existierte keine Anlage dieser Art, die mit der Vielfalt psychopharmazeutischer Rückstände, wie sie in der Klinik anfiel, fertig werden konnte. Wahrscheinlich ließ man jeden Liter Wasser von der Erde kommen, und das war kostspielig.

Sie erreichten eine breite Flügeltür. Wellington drückte einen Knopf, und die Tür klaffte knarrend auseinander. Erstmals sah Clayborn, als er ihn einholte, den Professor lächeln. »Bitte.«

Clayborn tat zwei Schritte in den Saal hinein, vergaß das mittlerweile sehr lästige Gewicht seiner Stiefel und verharrte in höchster Verblüffung. Wellington trat neben ihn und verschränkte gelassen die Hände auf dem Rücken. Etwas verärgert fixierte Clayborn den Wissenschaftler, dessen Lächeln jetzt Selbstzufriedenheit und Stolz verriet, von der Seite. »Erzählten Sie nicht eben, Sie verfügten über nur wenig Wasser? Aber das sind... das müssen zehntausend Liter sein!«

In dem großen Saal standen mehrere gemütliche Sitzgarnituren und zahlreiche Topfpalmen; der Gegenstand von Clayborns Verwunderung jedoch war die mächtige Glasscheibe, die eine ganze Seite des Saals ausfüllte. Dahinter, zwischen dichtem Algenund Pflanzengestrüpp, schwammen, segelten und schlängelten sich viele hundert Fische aller Gattungen bis zu Mannslänge. Das riesige Aquarium bot einen faszinierenden Anblick. »Eine einmalige Anschaffung«, erklärte der Professor. »Dieses Wasser zirkuliert selbstverständlich. Glauben Sie mir, für das menschliche Gemüt ist es eine der besten Medizinen, friedlich dahergleitenden Fischen zuzuschauen.«

Clayborn gestand sich ein, daß es Wellington gelungen war, ihn außer Fassung zu bringen. Er blickte zu den drei Männern und zwei Frauen hinüber, die zwischen den Topfpalmen saßen und sich gedämpft, aber durchaus lebhaft unterhielten. Äußerlich wirkten sie völlig gesund.

Schmerzhafter Druck in seinen Fußknöcheln erinnerte ihn an die schweren Bleisohlen. Er erkundigte sich nach einer Möglichkeit, das Schuhwerk zu wechseln. Wellington deutete auf eine Tür, ging voran und versicherte, Clayborn werde die Stiefel während seines Aufenthalts nicht mehr brauchen, weil man ihm ein Zimmer im Bereich des Schwerkraftzentrums reserviert habe. Sie betraten einen kleinen Nebenraum, in dem mehrere niedrige Schränke mit einer Auswahl von Schuhpaaren standen.

»Für das Zimmer Ihres Mitarbeiters gilt das gleiche«, ergänzte der Professor und schloß die Tür. »Wie war doch sein Name...? Wann trifft er ein?« Clayborn öffnete die Reißverschlüsse seiner Stiefel. »Penza Saratow«, half er Wellington, der seine Stiefel ebenfalls gegen bequeme Schuhe austauschte. »Er befindet sich noch auf der Mordain. Einige Reparaturen sind notwendig. Es dürfte nicht allzu lange dauern.«

»Ich stelle Ihnen umgehend die bereits angefertigten Bänder und Filme zur Verfügung, Commander«, versicherte Wellington, während sie den Abstellraum verließen. Clayborn nickte befriedigt; solche Vorarbeiten ersparten ihm Zeit und Aufwand. Offenbar war der Wissenschaftler ein durchaus praktischer und umsichtiger Mann. Wieder durchquerten sie die Halle mit dem gewaltigen Aquarium - Clayborn versuchte, seinen Wert zu schätzen und gelangte zu der Überzeugung, daß man dafür auch ein Raumschiff hätte kaufen können - und verließen sie durch eine andere Tür, hinter der ein geräumiges, freundlich eingerichtetes Büro lag. Am Schreibtisch murmelte ein ungewöhnlich hochgewachsener Asiate in ein Diktafon; als die beiden Männer eintraten, erhob er sich und knöpfte seinen lindgrünen Kittel zu.

»Dr. Li«, stellte der Professor vor. »Commander Clayborn.« Sie schüttelten sich die Hände, und Clayborn empfand den Druck der feingliedrigen Hand wie den Zugriff einer Robotzange. Unwillkürlich zuckte er zusammen. »Dr. Li ist mein Stellvertreter«, erläuterte Wellington. »Sollte ich einmal nicht abkömmlich sein, können Sie sich mit allen Fragen und Problemen an Ihn wenden.«

Clayborn sah sich veranlaßt, sein Handgelenk zu massieren. Li bemerkte es und lächelte heiter. »Ich war einmal Ringer«, sagte er, »aber nachdem ich ein paar Preise gewonnen hatte, finanzierte ich damit mein Studium.« Seine Stimme war hell und angenehm. »Der Geist des Menschen interessierte mich mehr als seine Muskeln.«

Gedankenverloren nickte Clayborn. »Mir scheint, dies ist eine Klinik der pausenlosen Überraschungen.« Der Professor schüttelte ernst den Kopf. Er wirkte plötzlich älter, und die Falten seines Gesichts schienen wie tiefe Narben. »Eher eine Klinik des menschlichen Elends. Fälle, die erst einmal hier eingeliefert werden... gelinde formuliert, es gibt nicht immer Hoffnung. Sie werden sehen...« Wellington ließ den Satz vielsagend unvollendet und faltete die Hände über seinem Bauch. Forschend sah Clayborn ihn an.

»Der ehrenwerte Professor ist stets zu bescheiden«, behauptete Dr. Li. »Unsere Klinik erzielt im Jahr eine durchschnittliche Heilungsziffer von zwanzig Prozent.«

Clayborn schluckte schwer und blickte zur Seite; in seinen Handflächen spürte er plötzlich Schweiß. »Zwanzig Prozent«, wiederholte er rauh.

Dies gehörte zu jenen Dingen am Rande des Lebens, geschah unter dem Desinteresse der Öffentlichkeit. Ja, seine Ausbildung hatte psychologische Studien erfordert - aber über Psychiatrien, über psychisch Erkrankte und ihre Chance hatte er nie viel gewußt; und nun begriff er, daß er nichts gewußt hatte. Nichts von diesen endlos erscheinenden Korridoren mit den zahllosen Türen, von den Sälen mit den Topfpalmen oder Gummibäumen; von der Not eines menschlichen Verstandes, der seiner selbst nicht sicher sein konnte,. von der Einsamkeit der Gemiedenen. Seine Gedanken schweiften ab. Das menschliche Hirn und der menschliche Geist gehörten auch in diesem Zeitalter noch zu den kompliziertesten Gebilden, die man sich vorstellen konnte. Natürlich galt das um so Mehr, wenn sie ernste Defekte hatten. Die Erweiterung der Kenntnisse brauchte Geduld, man durfte keine Mühe scheuen, und jede Generation bereicherte die Wissenschaft; und trotzdem...

»Ich wäre froh, Ihnen helfen zu können«, sagte er schließlich. »Wie lange sind die Patienten jetzt in Ihrer Obhut?«

»Seit zwei Wochen. Ohne Besserung.« Der Professor zögerte für einen Augenblick, dann seufzte er vernehmlich. »Wir sind schlichtweg außerstande, diese aberwitzigen Halluzinationen zu interpretieren. Anscheinend haben sie jedoch irgend etwas mit dem Weltraum und der Raumfahrt zu tun.«

Wellington straffte sich und schob die Hände in die Seitentaschen seines Kittels. Clayborn gewann den Eindruck, daß das Ausbleiben auch eines Teilerfolgs den Professor außerordentlich grämte. Wahrscheinlich verletzte dies seinen fachspezifischen Ehrgeiz, aber Clayborn hielt diese Haltung für gesund, weil sie einer der Motoren des wissenschaftlichen Fortschritts war. »Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie bereit sind, uns zu beraten«, bekannte Wellington. Er trat vor einen rechteckigen Wandschrank, kramte darin und reichte Clayborn einen Schlüssel, an dem ein kleines Schild mit einer eingestanzten 10 baumelte. Clayborn nahm den Schlüssel und winkte ab. »Keine Ursache. Die terranischen Sicherheitsbehörden vermuten eine brisante Sache. Einzelheiten darf ich Ihnen leider nicht mitteilen.«

Wellington lächelte nur verständnisvoll. Clayborn nickte Dr. Li zu und folgte dem Professor aus dem Büro. In der Zentralhalle ertönte ein verhaltener Gong. Es war Mittagszeit.

––––––––

2

Das Zimmer besaß keine Bullaugen oder andere Sichtflächen, war jedoch geräumig und durchaus von Hotelniveau. Es' enthielt ein breites, bequemes Bett, zwei gepolsterte Stühle, einen Sessel, zwei Schränke und ein Regal für Bücher und Kassetten. In einer Nische befand sich ein quadratischer Tisch. Zimmerschmuck - Bilder, Vasen und sonstige Ziergegenstände - waren nicht vorhanden; Clayborn nahm an, daß die Patienten sich damit nach eigenen Vorstellungen einrichten durften. Dann gab es einige Geräte, die gewiß nicht zur üblichen Ausstattung gehörten und die der Professor anscheinend zusätzlich hatte bereitstellen lassen: ein Diktafon, Schreibzeug, Bandund Filmabtaster und ein TV-Apparat.

Mehr aus Routine - nicht aus echtem Mißtrauen - durchforschte er das Zimmer nach optischakustischen Spionen. Um so überraschter war er, als er bereits nach wenigen Minuten im Schloß der Tür eine fest installierte Kamera/Mikrofon-Einheit entdeckte. Clayborn nahm den miniaturirsierten UKWReceiver aus seiner Gürteltasche und prüfte das gesamte Frequenzspektrum - ohne Erfolg; der Sender war offenbar gegenwärtig außer Betrieb. Er bezweifelte, daß die Anlage eigens für ihn installiert worden war. Der Professor hatte etwas davon erwähnt, daß Patienten gefilmt würden, und womöglich waren alle Krankenzimmer mit solchen Anlagen versehen. In diesem Fall interessierte Clayborn lediglich der juristische Sachverhalt. Während er noch vor der Tür stand, klopfte es laut. Er öffnete, und Penza Saratow schob seinen mächtigen Körper ins Zimmer.

»So schnell?« fragte der Ingenieur verwundert. »Woher wußtest du, daß ich draußen stehe?« Clayborn grinste breit. »Was würdest du sagen, wenn ich erkläre, daß ich auf einmal telepathische Fähigkeiten besitze?« Er schloß die Tür hinter dem Ingenieur und nahm in dem Sessel Platz, bevor Saratow ihn okkupieren konnte.

»Ich würde unverzüglich deine Krankenversicherung benachrichtigen und dich hier einsperren lassen«, grollte der Riese. Umständlich ließ er sich auf die für sein Gesäß viel zu schmale Sitzfläche eines Stuhls nieder. Das Plastikmaterial ächzte.

»Du solltest nicht so davon sprechen«, mahnte Clayborn, wieder ernst, sehr sogar. »Es gibt hier eine Frau, die...« Er verstummte; schließlich hatte er keinerlei Recht, vertrauliche Äußerungen des Professors auszuplaudern, und solche schon gar nicht. Der von Wellington geschilderte Fall hatte selbst einen so abgebrühten Mann wie ihn, der bereits vieles gesehen und noch mehr erlebt hatte, zu erschüttern vermocht.

»Ein paar sind mir schon begegnet«, berichtete Saratow mit betrübter Miene. »Zu mager. Wie Heuschrecken.«

Mißbilligend schüttelte er den kahlen Schädel, dann fixierte er Clayborn.

Gelassen und mit harmloser Miene ertrug Clayborn den eindringlichen Blick des Ingenieurs. Das Lauern, das in den Augenwinkeln des anderen glitzerte, entging ihm keineswegs. Saratow erwartete offenbar eine Stellungnahme zu einem bestimmten Problem.

Clayborn ahnte, was den Ingenieur beschäftigte. In seinem Zimmer befanden sich ebenfalls elektrische Spione. Dennoch sah Clayborn keine Veranlassung, seine Einschätzung zu ändern. Niemand, der Leute mit ihren Erfahrungen und Qualitäten erwartete, würde es wagen, auf eine so stümperhafte Tarnung zu vertrauen.

Bedächtig nickte er Saratow zu, der sich, durch Clayborns Ruhe verunsichert, nervös auf dem Stuhl wand. »Ich habe noch keine endgültige Meinung von diesen Installationen, aber vorerst messe ich ihnen keine Bedeutung bei. Wellington wird sich äußern müssen.«

Wenn er es tat. Selbstverständlich besaßen sie gegenwärtig keine rechtliche Handhabe, den Professor, seinen Stellvertreter oder Personalangehörige der Klinik zu irgend etwas, zu zwingen. Unbedachte Handlungen mußten unterbleiben, leichtfertige Bemerkungen vermieden werden. Wellington war zweifellos eine weithin bekannte Kapazität und einflußreiche Persönlichkeit. Die Sicherheitsbehörden würden es dem Team kaum positiv anrechnen, wurden sie durch ungerechtfertigtes Vorgehen in der Öffentlichkeit ins Zwielicht gesetzt. Von solchen Erwägungen einmal abgesehen, empfand Clayborn ohnehin Sympathie für den Professor. Schon aus diesem Grund, nicht allein im Interesse einer zweckdienlichen Zusammenarbeit, war ihm daran gelegen, Streitigkeiten zu umgehen.

Saratow kniff die Augen zusammen und murmelte etwas von Nachlässigkeit. Clayborn ignorierte es. Seine Überlegungen galten dem vorliegenden Fall, und der war seltsam genug.

Ungefähr zwei. Wochen waren nun vergangen, seit sieben namhafte terranische Wissenschaftler unterschiedlicher Fachgebiete plötzlich und gleichzeitig von geistigen Defekten befallen wurden, die sich vornehmlich in undeutbaren Halluzinationen äußerten. Die auffälligen Umstände - nämlich die Gleichzeitigkeit der Erkrankung und die Gleichartigkeit der Symptome - hatten bald die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden erregt. Zwar unterhielten die meisten extraterrestrischen Mächte mehr oder weniger freundschaftliche Beziehungen zur Menschheit, doch bildeten jene wenigen sensationellen Spionagefälle, die gelegentlich aufgedeckt wurden, nur die Spitze des riesigen Eisberges von reger gegenseitiger Agententätigkeit. Und. das wußte wahrscheinlich kaum jemand besser als Clayborn. Man hegte den Verdacht, daß irgendeine Macht die sieben Wissenschaftler zu bestechen oder zu erpressen versucht hatte und dabei auf Ablehnung oder Widerstand gestoßen war, worauf die sieben mit Drogen oder ähnlichem skrupellos in den Wahnsinn gestürzt wurden. Allerdings schienen die etwaigen Hintergründe eines derartigen Anschlags nur allzu unklar, und es gab keine Beweise und keine Spuren.

Typischer Fall für einen Freien Terranischen Agenten, dachte Clayborn sarkastisch. Falls der Verdacht sich als unbegründet erwies, wollte sich niemand die Finger verbrennen.

Er fuhr aus seinen Überlegungen auf, als Penza Saratow unvermittelt die rechte Faust in die linke Handfläche schlug. Verärgert sah er den Schiffsingenieur an.

»Hast du Wellingtons Stellvertreter kennengelernt?« fragte Saratow.

»Dr. Li? Ein höchst sympathischer Mann! Einen Händedruck wie ein Gorilla hat er! Vielleicht kann ich ihn zu einem Freundschaftskampf überreden. Hatte in letzter Zeit wenig Training.«

»Seine Patienten dürften es dir kaum danken, wenn du ihm die Glieder verrenkst«, dämpfte Clayborn die Begeisterung des Riesen.

Saratow schnaufte verächtlich und stand auf. »Übrigens - ich habe gewaltigen Hunger.« Mit beiden Fäusten trommelte er auf seinen Bauch und stieß einen lauten Grunzer aus.

Clayborn erhob sich ebenfalls. Wir essen mit dem Professor. In der Zentralhalle.« Er beabsichtigte, mit Wellington nach einige Fragen zu klären und wollte die Möglichkeit wahrnehmen, die ihm das Essen dazu bot.

Der Schiffsingenieur stutzte und starrte ihn an. »In der Halle? Mit den Verrückten?«

Die Hand, die Clayborn bereits auf den Türgriff gelegt hatte, sank herab, und er drehte sich um. »Ingenieur Saratow«, sagte er streng, und diese Anrede war das Zeichen, mit dem er jeden Widerspruch ausschloß, »ich wünsche, daß Sie dieses Wort nicht mehr gebrauchen. Nie mehr.«

––––––––

3

Das riesige Aquarium hatte auch den übermütigen Saratow stark beeindruckt, und er nutzte die Gelegenheit, um dem Professor und Dr. Li ausführlich von seinen angeblichen mörderischen Kämpfen mit allen möglichen und unmöglichen Tiefseemonstern der Galaxis zu erzählen. Wie üblich legte er seinem Drang zu maßlosen Übertreibungen nicht die geringsten Beschränkungen auf, und das Lächeln der beiden Ärzte wurde in gleichem Maße breiter, wie die Ungeheuer, die er schilderte, immer bizarrere Formen annahmen. Clayborn hatte alle Mühe, das Gespräch in die von ihm angestrebte Richtung zu lenken.

»Mein Mitarbeiter war erstaunt, daß die Mahlzeiten gemeinschaftlich stattfinden«, flocht er ein, als Saratow die Beschreibung eines vorgeblichen Hypno-Kraken unterbrach, um kurz Luft zu holen und einen Bissen zu schlucken. »Hat sich diese Praxis bewährt?«

Saratow räusperte sich. Unter dem Tisch versetzte Clayborn ihm einen wuchtigen Tritt ans Schienbein und grinste ihm scheinheilig zu. »Diese Problematik, hat dich doch ungemein interessiert, nicht wahr?«

»Gewiß, brennend«, versicherte Saratow prompt. Mit einem halblauten Knurren widmete er sich der Mahlzeit. Das Essen bestand einheitlich aus nicht zu üppigen Portionen von gegrilltem Fleisch, Gemüsen und vitaminreichen Obstbeigaben. Die einzigen erhältlichen Getränke waren Mineralwasser, Limonade und verschiedene Fruchtsäfte.

Wellington senkte die Gabel und lehnte sich zurück. »Wir legen erheblichen Wert auf ein vertrauliches Verhältnis zwischen den Patienten und dem Personal«, erklärte er. Clayborn erlaubte sich ein beifälliges Nicken. Natürlich, Ungezwungenheit und zwischenmenschliche Kontakte konnten sich bei psychisch Erkrankten entscheidend auswirken. Andererseits eigneten sich wohl nicht alle Patienten dafür. Ohne Zweifel ging der Professor bisweilen beachtliche Risiken ein.

»Bedauerlicherweise können von unseren... äh, sieben Sonderfällen nur zwei am Gemeinschaftsleben teilnehmen«, sagte Dr. Li. »Mr. Henning sitzt dort drüben.«

Vorsichtig blickte Clayborn zur Seite und musterte den dunkelblonden, schnurrbärtigen Mann, der an einem Nebentisch saß, mit offensichtlichem Appetit kaute und sich mit seinen Tischnachbarn unterhielt. Auffällig war nichts an ihm, lediglich seine Augen waren tiefbraun umrändert wie nach vielen schlaflosen Nächten.

Dr. Li sah sich um. »Madame Durand sehe ich nicht, aber sie muß anwesend sein. Meistens sitzt sie beim Aquarium.«

Während er aß, ließ Clayborn seinen Blick durch den Saal schweifen. Die Mehrzahl der versammelten Patienten war vom Leid gezeichnet. Nur ein Teil davon wies körperliche Anomalien auf, aber die Mißbildungen und Asymmetrien der Gesichtsschädel und die Formabweichungen der Schädelgewölbe, die Clayborn bei dieser relativ kleinen Gruppe bemerkte, waren von erstaunlicher und zugleich erschütternder Vielfalt. Clayborn sah hektische Grimassen, leeres, läppisches Grinsen, ratlos irrende Augenpaare, mumienhaft erstarrte Mienen. Zwei oder drei Patienten mußten gefüttert werden. Einer, verborgen hinter einer Dreiergruppe von Topfpalmen, kicherte anhaltend. Ringsum war halblautes Gemurmel. Man hörte Saratow mit dem Besteck auf seinem Teller kratzen; offenbar stellten die ausgewogenen Klinikportionen den gefräßigen Riesen nicht zufrieden.

»Steht es so schlimm?« erkundigte sich Clayborn wie beiläufig und legte sein Plastikbesteck auf den leeren Teller.

Wellington beendete seine Mahlzeit ebenfalls, mußte ein Rülpsen unterdrücken und lächelte verlegen. Er antwortete nicht sofort, sondern starrte versonnen an Clayborn vorbei. Dr. Li schwieg. »Sehr ernst«, sagte Wellington schließlich, und Clayborn hielt diese Auskunft für ebenso knapp wie ausweichend. Sein Beruf zwang ihn, die Angelegenheit unter anderen als bloß menschlichen und medizinischen Aspekten zu betrachten, aber er wußte nicht recht, wie er sich verständlich machen sollte. Er suchte nach eine] unverfänglichen Formulierung.

»Glauben Sie, daß man posthypnotischen Einfluß oder... nun, Drogenmißbrauch völlig ausschließen kann?«

Nachdrücklich vollführte der Professor eine abwehrende Geste »Selbstverständlich wurden diese Möglichkeiten geprüft. Doch weder die noch die Laboruntersuchungen haben bestätigende Hinweise geliefert.« Hilflos hob Wellington die Schultern.

Unruhig ballte Clayborn die Fäuste aul der Tischplatte. »Aber zwischen dieser sieben Fällen müssen doch Zusammenhänge bestehen!«

»Wir hoffen, diese Zusammenhänge mit Ihrer Hilfe aufdecken zu können« sagte der Professor. »Sollte das nicht gelingen...«

Clayborn sah ihn an. Er wußte, was Wellington nicht aussprach. Hatten sie keinen Erfolg, würde die Menschheit künftig auf sieben hochqualifizierte Wissenschaftler verzichten müssen. Und schlimmer noch, weitere waren in Gefahr...

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4

Als sie etwas später Clayborns Zimmer betraten; hatte der Ingenieur sein Murren über die lächerlich winzigen Rationen, wie er die Klinikverpflegung nannte, noch nicht eingestellt. Er behauptete, nicht begreifen zu können, wie jemand mit solcher Nahrung gesunden solle.

Clayborn enthielt sich jeden Kommentars. Seine Gedanken beschäftigten sich mit anderen Problemen. Er warf den Stapel Mikrospulen, den Dr. Li ihm ausgehändigt hatte, auf den Tisch und rückte zwei Stühle heran.

»Wir beginnen sofort, uns, mit den Basisinformationen vertraut zu machen«, erklärte er. »Zuerst sichten wir die Personalien. Du weißt, worauf zu achten ist. Verschuldung, Liebschaften, sexuelle Extremeigenschaften, neuartige Forschungsprojekte - was immer geeignet ist, Erpressung oder Bestechung zu begünstigen.« Er setzte sich und sortierte die Spulen. Saratow näherte sich zögernd dem Tisch, blieb jedoch stehen. »Ich habe Hunger«, klagte der Riese. »Ach?« Clayborn blickte auf. »Wir wollen keine Zeit vergeuden. Diese Menschen erleiden Qualen.«

»Nicht solchen Hunger«, widersprach der Ingenieur.

Clayborn schaltete den Abtaster ein; der kleine Bildschirm glomm auf.

»Aber alle zwei Stunden«, sagte er und legte die erste Spule ein.

So unterschiedlich die sieben betroffenen Persönlichkeiten natürlich waren, es gab einige Gemeinsamkeiten. Sie alle waren Vertreter unmittelbar praktischer Wissenschaften; keiner war Geisteswissenschaftler. Alle waren zur gleichen Zeit erkrankt - wahrscheinlich sogar in derselben Minute, obwohl sich das später nicht mehr exakt ermitteln ließ - und litten unter den gleichen Symptomen. Seit zwei Wochen wurden sie gleichzeitig in Abständen von genau zwei Stunden von unerklärlichen Halluzinationen heimgesucht; ein solcher Anfall dauerte etwa dreißig bis fünfzig Sekunden.

Damit waren die Gemeinsamkeiten jedoch bereits erschöpft. Die sieben Personen - vier Männer und drei Frauen - übten nicht nur verschiedene Berufe aus, sondern unterschieden sich selbstverständlich auch in ihren sozialen und persönlichen Verhältnissen. Vor ihrer Erkrankung waren sie einander kaum namentlich bekannt gewesen, und jeder war, obschon zum gleichen Zeitpunkt, an einem anderen Ort erkrankt. Bell, Alice; 36, verheiratet, Kybernetikerin, packte es an ihrem Arbeitsplatz in einer südenglischen Positronikafabrik. Ihre Kollegen glaubten zunächst an einen Nervenzusamenbruch infolge Überarbeitung.

Durand, Yvette; 48, verheiratet, 2 Kinder, Konstrukteurin in einer Fabrik für Raumschiffelemente. Der erste Anfall trat in ihrer Pariser Wohnung auf, und man hielt ihn zuerst für die Folge einer Lebensmittelvergiftung, da die übrigen Familienmitglieder am Vortag unter Magenbeschwerden gelitten hatten.

Fellini, Antonio; 27, ledig, Kernphysiker, stürzte während des ersten Anfalls in Venedig eine Treppe hinunter und brach sich den rechten Arm zweimal. Henning, Sven; 31, geschieden, Neurologe in Apollo-City auf dem Mars, wurde in seinem Büro bewußtlos aufgefunden und in eine Unfallklinik befördert.

Johnson, Mike; 42, verheiratet, 1 Kind, Triebwerksexperte. Er brach schreiend in einer Konstruktionshalle auf der Venus zusammen. Kern, Walter; 37, geschieden, Biologe. Erstmals überkam es ihn bei einem Flug von Terra zum Mond, und die anderen Passagiere und die Mannschaft hatten alle Mühe, ihn daran zu hindern, die Schleuse der Fähre zu öffnen und sich in den luftleeren Raum zu stürzen.

Panowa, Vera; 56, ledig, Hirnchirurgin in Kiew. Reagierte nüchtern und begab sich in die Behandlung von Kollegen.

Clayborn fluchte unterdrückt vor sich hin, während er die Lebensläufe der sieben Patienten studierte. Langweiligeres als diese Aneinanderreihung von emsig absolvierten Studienjahren, eifrig errungenen Diplomen und geduldig erklommenen beruflichen Positionen konnte er sich kaum vorstellen. Es handelte sich geradezu um Musterakademiker, die ihrem gewählten Beruf vorbildlich und erfolgreich nachgingen. Keiner hatte sich jemals in zwielichtige Angelegenheiten eingelassen, war jemals in zweifelhafter Gesellschaft gesehen worden. Keiner war süchtig, keiner vorbestraft. Die beiden Scheidungen lagen Jahre zurück und waren längst vergessene Episoden. Alle sieben befanden sich in sicheren sozialen Verhältnissen und kannten keine finanziellen Schwierigkeiten.

Clayborn seufzte abgrundtief und faltete die Hände auf der Tischplatte. Anscheinend lieferten die persönlichen Geschichten keinerlei Anhaltspunkte. Falls er jedoch etwas übersehen hatte, bestand die Möglichkeit, daß es Saratow auffiel.

Der Ingenieur beschäftigte sich mit den Unterlagen über die Berufspraxis der sieben Leute. Er hockte mit gebeugtem Nacken vor dem kleinen Abtaster und wandte die Augen nicht vom Bildschirm. Gelegentlich schüttelte er brummend den Kopf. Clayborn sah Fotos, Tabellen, Formeln und umfangreiche Texte über die Mattscheibe wandern. Unruhig erhob sich der Commander, streckte seine Glieder und schlenderte einige Schritte im Zimmer auf und ab. Das Spektrum der Berufe, die die Betroffenen ausübten, war einfach zu breit, um den Schluß auf einen organisierten Fall von Wirtschaftsspionage zuzulassen. Jemand konnte sich für neuere Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Kernphysik interessieren und sieh diese Ergebnisse mit unlauteren Mitteln anzueignen versuchen.

Aber welches Interesse konnte er zugleich an Hirnchirurgie, Biologie und Neurologie haben? Wellington hatte behauptet, daß keine Hinweise auf den Mißbrauch von Drogen oder Hypnose existierten. Dennoch waren diese Leute auf rätselhafte Weise erkrankt, und zwar gleichzeitig, wenn auch an verschiedenen Orten.

Bloßer Zufall? Nun, die Wahrscheinlichkeit eines solchen Zufalls hing von drei Faktoren ab - der Gleichartigkeit der Symptomatik und dem Intervallcharakter der Symptome; und Clayborn schätzte bei selbst grober Kalkulation den Wahrscheinlichkeitsgrad eines derartigen Zufalls nicht höher als eins zu einer Billion ein, womöglich sogar ungünstiger. Ein Zufall dieser Art gehörte in den Bereich des Undenkbaren und war eher eine abstrakte Größe als eine Möglichkeit, mit der man in der Realität wirklich zu rechnen hatte. Aber Clayborn war Realist.

Die drei zu berücksichtigenden Faktoren sprachen also nicht für eine Zufälligkeit, sondern vielmehr für einen kausalen Zusammenhang. Gegenwärtig jedoch fehlte jeder erkennbare Sinn. Nichts fügte sich ineinander.

Clayborn hörte, wie Saratow das Abtastgerät knackend ausschaltete, und drehte sich um. Der Riese lehnte sich zurück und gähnte furchterregend.

»Aufschlußreiche Erkenntnisse?« erkundigte sich Clayborn kurz. Er kannte die Gleichmütigkeit des Ingenieurs und wußte erfahrungsgemäß, daß Saratow ein Mann war, der sich durch nichts und niemand in seiner unerschütterlichen Gefaßtheit stören ließ.

Wie um Clayborn zu ärgern, sagte er für eine Weile nichts. Seine stämmigen Fingerkuppen trommelten auf das Gehäuse des Abtasters. Immerhin - er dachte ernsthaft nach. Sein Stirnrunzeln und sein nach innen gekehrter Blick bewiesen es. Clayborn kam nicht umhin, verhalten zu schmunzeln. Es wäre ihm lieber gewesen, sich diese unvermeidliche Kleinarbeit mit dem sanftmütigen und weniger nervenaufreibenden Professor Luden zu teilen, aber dem Wissenschaftler ermangelte leider der kriminalistische Scharfsinn, den der schwerfällige Ingenieur besaß.

»Mein Überblick ist teilweise nur allgemeiner Natur«, sagte Saratow schließlich, indem er das Trommeln seiner Finger beendete und aufblickte, »weil ich kein Fachmann für Biologie und dergleichen bin, doch was Kernphysik, Kybernetik und Raumfahrttechnik angeht, kann ich mit Sicherheit feststellen, daß keiner der entsprechenden Leute bisher an umwälzenden Projekten gearbeitet hat. Ihre Tätigkeit beschränkte sich auf die Produktionssphäre und nebensächliche Entwicklungsarbeiten. Etwas allerdings ist verdächtig...«

Er winkte, und Clayborn setzte sich wieder an den Tisch. Saratow nahm eine Spule, die er beiseite gelegt hatte, schob sie in den Abtaster, spulte einige Meter ab und schaltete dann auf Wiedergabe. Die Mattscheibe flackerte eine Zehntelsekunde lang, bevor sich das. Bild klärte.

Die Magnetnotiz betraf Alice Bell, die Kybernetikerin englischer Herkunft. Die Aufzeichnung ihrer Personalakte enthielt unter anderem die Kopie eines Protokolls - unterzeichnet von der Frau, dem Personalchef der Positronikafabrik und zwei Beamten des Sicherheitsdienstes, Abteilung Industriespionage - über ein Ereignis, seit dem nunmehr fast zwei Jahre verstrichen waren.

Alice Bell war Mitglied einer Delegation gewesen, die im Rahmen eines Datenaustauschabkommens Butterfly VI besucht hatte, den im Dreifachsystem 40 Eridani gelegenen Heimatplaneten der KhetRagar, einer raumfahrenden Spezies insektoiden Ursprungs.

Im Verlauf dieser Begegnung hatten kompetente Kreise des Wissenschaftsrates der Khet-Ragar versucht, die Kybernetikerin abzuwerben. Auf den ersten Blick mutete das lächerlich und unglaubwürdig an, da diese hochgradig durchorganisierte Gemeinschaft insektoider Intelligenzen mit der Kybernetik geradezu verwachsen schien und der Menschheit auf diesem Gebiet ohnehin weit voraus war. Der Grund für das Ansinnen mußte in den Verständnisschwierigkeiten liegen, die zwischen Humanoiden und andersgearteten Sternenvölkern existierten. Diese Probleme waren nicht allein sprachlicher, sondern vorwiegend inhaltlicher Natur, weil die exotische Mentalität der Khet-Ragar auch bereits umgesetzte Symbole nicht immer korrekt zu definieren vermochte.

Die junge Frau hatte das Angebot nachdrücklich abgelehnt - nicht nur, weil sie damals schon verheiratet war - und nach der Rückkehr der Delegation ihren Vorgesetzten Meldung erstattete. Ob über die Anfertigung des Protokolls hinaus weitere Maßnahmen getroffen wurden, war aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich. Klar, dachte Clayborn bitter.

Nach Übergabe der Angelegenheit in den Zuständigkeitsbereich der Behörden hatte es in dieser Sache, wie es gewöhnlich kam, keinen Informationsrückfluß gegeben. Möglicherweise war die Frau später nochmals vernommen worden. Er würde einen Bericht anfordern müssen. Zu allem Unglück befand sich auf dem Protokoll kein Aktenzeichen.

Mit einer bedächtigen Handbewegung schaltete Clayborn das Gerät aus. Ja, das war eine Spur, und zwar eine solche, die die Vermutungen der Sicherheitsbehörden genau zu bestätigen schien. Aber die Spur betraf nur einen der sieben Fälle, und selbst in diesem konnte sich Clayborn nicht des Eindrucks erwehren, daß die Lösung, die sich anbot, etwas zu glatt und unkompliziert war. Er neigte keineswegs dazu, es sich einfach zu machen und die naheliegendste Lösung umstandslos zu akzeptieren. Sein Beruf erlaubte eine derartige Haltung nicht; sie verleitete zu Schlamperei und führte unweigerlich zu Fehlschlägen und Mißerfolgen. Und die waren für einen Freien Terranischen Agenten gleichbedeutend mit leeren Konten und dem Abstieg auf den Status eines viertklassigen Privatdetektivs, der Indizien gegen Erbschleicher und Heiratsschwindler sammelte. Penza Saratwo mißverstand das Schweigen des Commanders. Bedauernd breitete er seine muskulösen Arme aus. »Gewiß, nicht unbedingt eine heiße Fährte, aber vielleicht...«

Clayborn nickte. »Genug für einen Verdacht, für weitere Nachforschungen.« Er machte sich eine Notiz und schob den Zettel in die Brusttasche seiner hellblauen Kombination.

Die beiden Männer tauschten die zuvor gesichteten Spulen aus. Clayborn besaß auf den Gebieten der Humanmedizin einige Kenntnisse mehr als der riesenhafte, eher technisch begabte Ingenieur. Dennoch gelang es ihm nicht, aus den beruflichen Werdegängen der übrigen Betroffenen neue Aufschlüsse zu gewinnen.

Unterdessen prüfte Saratow seinerseits die persönlichen Daten der Erkrankten. Bei dieser Tätigkeit ließ er sich entschieden mehr Zeit als es vorher Clayborn getan hatte. Ab und zu brummte oder knurrte er, und bei mancherlei heiklen Episoden, die er wohl - berechtigterweise oder nicht - als delikat empfand, grinste er breit und unverhohlen. Clayborn, der seine Arbeit früher beendete als Saratow, kontrollierte mit seinem UKW-Receiver nochmals die Übermittler-Einheit im Türschloß. Noch immer befand sich die Anlage außer Betrieb. Clayborn zuckte die Achseln; er wußte nicht recht, was er davon halten sollte.

Plötzlich begann Saratow scheußlich zu pfeifen und ließ die gerade eingelegte Spule um einige Meter rückwärts laufen, um diesen Teil ein zweites Mal anzusehen. Während er es tat; nickte er verschmitzt grinsend vor sich hin.

»Ist es lustig?« forschte Clayborn humorlos. Er war nicht eben gut gelaunt und sich dessen bewußt; dieser Fall unterschied sich von anderen dadurch, daß sie diesmal nicht greifbaren Widersachern gegenüberstanden, sondern eine Klärung anscheinend nur auf dem Weg durch das verschlungene Labyrinth der menschlichen Psyche erreichbar war. Sie mußten ergründen, was diesen sieben Personen widerfahren war, was sie zu quälen fortfuhr. Er sah keine andere Chance. Und Wellington hatte bereits halb eingestanden, daß er und die übrigen Experten der Asteroidenklinik hilflos waren.

»Kaum«, sagte der Ingenieur. ohne auf Clayborns anzügliche Bemerkung einzugehen. »Aber interessant. Dieser Mike Johnson... bis vor einem Jahr war er geschäftsführendes Mitglied der Außenhandelsvereinigung Interstellar, einer Interessengemeinschaft der Raumfahrtindustrie. Er pflegte besonders gute Kontakte zu Butterfly VI.«

»Das ist mir nicht entgangen«, meinte Clayborn ungeduldig. »Na und?«

»Allein besagt das gar nichts«, räumte Saratow gelassen ein. »In seiner Lebensgeschichte gibt es jedoch etwas, das die Sache in ein anderes Licht rückt. Vor seiner Hochzeit war er schon einmal verlobt, und zwar mit einem Mädchen namens Alice Carnell.«

»Deshalb geht mir noch immer nicht das Licht auf, von dem du sprichst.«

Saratow grinste. »Ganz einfach. Alice Bell ist eine geborene Carnell. Und Johnson hatte in seiner Position natürlich Einfluß auf die Zusammensetzung von Delegationen. Er könnte Alice Bells Teilnahme arrangiert und den Khet-Ragar zugleich einen Tip gegeben haben.«

»Hmm...« Clayborn rieb sein Kinn. Sicherlich, dieser Gedanke war nicht abwegig. Handelsbeziehungen umfaßten gewöhnlich kleine, von an entscheidender Stelle befindlichen Personen gewährte Gefälligkeiten, die eigentlich unstatthaft waren. Auf jeden Fall war dies ein Hinweis, der verdiente, genauer unter die Lupe genommen zu werden. Falls sich herausstellte, daß Johnson umfangreichere Manipulationen getätigt hatte... War irgendwo in zweifelhaften Geschäftskreisen eine Blöße aufgetreten, die es um jeden Preis zu vertuschen galt? Hatte man Johnson - und Alice Bell - aus solchen Gründen um die geistige Gesundheit gebracht? Wie - mit Hypnose? Auch derartige Praktiken waren nicht eben ungewöhnlich.

Zwischen zwei der Betroffenen gab es also eine Verbindung. Aber die fünf anderen? Hatten sie alle ein und demselben Ring angehört, beispielsweise einem interdisziplinären Ring von illegalen Datenhändlern? Dergleichen hatte es schon häufig gegeben.

»Wellington hat den Gebrauch von Hypnose oder Drogen ausgeschlossen«, sagte Clayborn finster. »Allerdings kennt man gewisse andere Methoden, den menschlichen Verstand zu vergewaltigen, über deren wissenschaftliche Anerkennung lediglich keine Einigkeit besteht.«

Saratow hob die Brauen. »Du meinst...?«

»Ja.« Clayborns Miene war sehr ernst. »Parapsychische Kräfte.«

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5

Die Filme, von denen Wellington gesprochen hatte, zeigten die Patienten während der Anfälle, wenn die rätselhaften Halluzinationen sie überfielen. Das Studium dieser Aufzeichnungen, obschon sie hauptsächlich aus Wiederholungen einander ohnehin sehr ähnlicher Verhaltensabläufe bestanden, war zermürbend. Die Patienten reagierten auch nach zwei Wochen noch zutiefst erregt; selbst wenn die Anfälle durch einen äußeren Einfluß ausgelöst wurden oder auf eine gemeinsame äußere Ursache zurückzuführen waren, also keine echte geistige Erkrankung vorlag, so war doch offensichtlich, daß diese Leute nervlich am Rande des Zusammenbruchs standen. Nicht mehr lange, und sie mußten tatsächlich psychische Schäden davontragen. Clayborn und Saratow sahen erschütternde Szenen, hörten entnervende Äußerungen - Schluchzen, Flüche, Gebete - verzweifelter, gepeinigter Menschen.

Als einziger der sieben verhielt sich der Biologe Walter Kern aggressiv. Er brüllte und tobte häufig, behauptete, sich in der Gewalt von Verbrechern zu befinden, die von mißgünstigen Neidern und Rivalen gemietet worden seien, verweigerte bisweilen tagelang jede Nahrungsaufnahme und erwies sich als allen vernünftigen Argumenten unzugänglich. Er stand unter ständiger Beobachtung.

Clayborn registrierte beiläufig, daß alle Filme aus einer Perspektive aufgenommen worden waren, die dem Kamerawinkel der Übermittleranlage im Türschloß seines Zimmers gänzlich entsprach. Er sah seine Vermutung nunmehr bestätigt.

Die Anlagen waren fester Bestandteil der Krankenzimmer, wurden jedoch nur bei Bedarf eingesetzt.

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6

Schweigend, noch ganz im Bann der soeben erfahrenen Eindrücke, ordneten Clayborn und Saratow die Spulen. Plötzlich ertönte ein Knacken von der Decke. Der Ingenieur zuckte auf, wogegen Clayborn völlig ungerührt blieb. Den winzigen Lautsprecher in der Decke hatte er bei der anfänglichen Inspektion des Zimmers sofort bemerkt.

»Mr. Clayborn bitte nach Zimmer 29«, sagte eine etwas heisere männliche Stimme. »Ich wiederhole.« Das geschah. Mit neuerlichem Knacken verstummte der Lautsprecher.

»Gib Dr. Li die Unterlagen zurück«, bat Clayborn den Ingenieur und stand auf. »Sicher dauert es nicht lange. Vielleicht hat Wellington etwas entdeckt, das weiterhilft.«

Der Commander betrat den Korridor, orientierte sich an der Anordnung der Zimmernummern und machte sich auf den Weg. Der Korridor verlief leicht gekrümmt. Zwei oder drei Patienten und ein paar hübsche Schwestern begegneten Clayborn, grüßten ihn. Er lächelte unverbindlich.

Wenigstens, so dachte er, war dieser Auftrag keiner von jener Sorte, die ihn unvermittelt in eine feindselige, lebensgefährliche Umgebung stieß. Es gab angenehmere Aufenthaltsorte als Kliniken, erst recht Psychiatrien, doch immerhin ging es hier friedlich zu.

Er fand die Tür mit der Nummer 29 und klopfte. Niemand gab Antwort. Niemand kam. Er klopfte nochmals, diesmal energischer. Wieder regte sich nichts.

Clayborn packte den Türknopf, stellte fest, daß die Tür unverschlossen war und öffnete sie einen Spalt breit. Im Innern des Zimmers brannte kein Licht. Hinter dem Spalt lag nur Dunkelheit. Nichts war zu hören.

Was konnte dieser Unfug zu bedeuten haben? Wie auch immer, Clayborn war nicht der Mann, der sich vor einem dunklen Zimmer fürchtete, wer oder was sich auch darin verbergen mochte. Er stieß die Tür weit auf und trat einen Schritt vor.

Das Licht des Korridors fiel in den Raum und beleuchtete einen Teil des Innern. Clayborn sah die Umrisse des Mobiliars. Zwischen den Schatten rührte sich nichts. Der Raum schien verlassen, offenbar ein gegenwärtig nicht belegtes Krankenzimmer.

Clayborn lauschte mit angespannten Sinnen, während sein Mißtrauen instinktiv erwachte. Hier war etwas nicht in Ordnung. Jemand hatte ihn absichtlich hierher gelockt. Warum?

Nur eine Sekunde verstrich, bevor er es erfuhr. Er tat noch einen Schritt und hörte zugleich das Aufheulen eines kleinen Elektromotors neben seinem Kopf. Reflexartig duckte er sich. In der Höhe, in der sich zuvor seine Kehle befunden hatte, fraß sich die blitzende, gegenläufige Doppelklinge eines Elektromessers, so lang wie ein Unterarm, röhrend in die Türkante. Plastiksplitter spritzten nach allen Seiten.

Clayborn reagierte sofort und ohne Zögern. Mit beiden Händen packte er den Arm, der den Messergriff hielt, drehte ihn um, so daß der Angreifer das Instrument aufbrüllend losließ, und zerrte die gewichtige Gestalt mit einem kräftigen Ruck aus dem Zwielicht auf den Korridor. Mit mächtigem Schwung warf er den Mann über die Schulter. Der Korridor bot nicht genug Platz für einen weiten Flug. Der Mann prallte rücklings, mit dem Kopf nach unten, gegen die Wand, hing dort für eine Zehntelsekunde wie eine Fliege und stürzte dann polternd zu Boden.

Bewußtlos blieb der Mann liegen. Er war groß, besaß jedoch einen unförmigen Bauch und feiste Wangen. Seine Stirnglatze ließ auf ein Alter von ungefähr vierzig Jahren schließen. Der lindgrüne Kittel verriet, daß er zum Personal gehörte oder es zumindest vorzutäuschen beabsichtigt hatte. Aus seiner Nase quoll helles Blut. Unglücklichstenfalls hatte er sich einen Schädelbasisbruch zugezogen. Das Elektromesser - ein Gerät, wie man es gewöhnlich in Küchen verwendete - stak noch in der Tür und sägte rumorend, aber da ihm der Druck einer menschlichen Hand fehlte, drang es nicht tiefer ein. Clayborn schaltete das Instrument aus.

Er wandte sich dem Besinnungslosen zu, als hinter ihm ein schepperndes Krachen ertönte. Heftig fuhr er herum, die Fäuste geballt. Doch da stand nur eine junge rothaarige Schwester, Augen und Mund weit aufgerissen, die Hände an die Schläfen gepreßt, zu ihren Füßen ein Tablett, das ihr vor Schreck entglitten war. Ringsum lagen Schachteln und Röhrchen verstreut.

»Beruhigen Sie sich«, sagte Clayborn sanft und sammelte die Medikamente ein. »Wer ist das?« Er stapelte die kleinen Behältnisse auf das Tablett und reichte es dem Mädchen.

»Das... ich...« Die Schwester stammelte verwirrt. Sie zitterte, so daß die Röhrchen auf dem Tablett anhaltend klapperten. »Das ist Mr. Deller - unser Oberpfleger.«

»So?« Stirnrunzelnd musterte Clayborn den Ohnmächtigen, der schwer und rasselnd atmete. Nein, kein Schädelbasisbruch - sonst wären die Augenhöhlen schon von Blutergüssen verquollen gewesen. Höchstens eine Gehirnerschütterung. Er hatte anscheinend mehr Glück als Verstand gehabt - vielleicht auch mehr als er verdiente. Nicht jeder, der überraschend in Clayborns Fäuste geriet, kam so glimpflich davon. Schon mancher Gauner hatte seine Vermessenheit, den Commander als leicht zu überrumpelndes Opfer zu betrachten, mit dem Leben bezahlen müssen. »Benachrichtigen Sie Professor Wellington«, forderte er die Schwester auf. »Ich bin in Zimmer 29. Es ist dringend.«

Das Mädchen stotterte etwas, das wohl als Bestätigung gedacht war, und entfernte sich eilig.. Clayborn betrat das Zimmer, schaltete die Beleuchtung ein und sah sich kurz um. Tatsächlich handelte es sich um ein zur Zeit unbewohntes Krankenzimmer. Es konnte kaum einen Zweifel geben - dieser Mann, angeblich der Oberpfleger der Asteroidenklinik, hatte ihn in der Absicht in diesen Raum gelockt, ihn buchstäblich um einen Kopf - seinen Kopf - kürzer zu machen. Und das mit einem Elektromesser - der Tatort hätte anschließend einem Schlachthaus geähnelt. Clayborn knurrte grimmig.

Vom Korridor erscholl ein dumpfes Stöhnen. Clayborn ging hinaus. Der Mann regte sich schwerfällig. Seine Lider flatterten. Offenbar kam er allmählich wieder zu Bewußtsein. Also konnte er kaum innere Verletzungen erlitten haben. Clayborn beschloß, keine Zeit zu verlieren. Er packte den Mann am Kittel, richtete ihn auf und lehnte ihn gegen die Wand. Ächzend schlug der Bursche die Augen auf und stierte Clayborn verständnislos an. Der Commander gab ihm eine klatschende Ohrfeige.

»Gnade....« Deller - falls er es wirklich war - wankte hin und her, und es schien, als wolle er alsbald wieder zu Boden fallen. »Ich sage alles... ich spreche freiwillig«, sprudelte es über seine aufgesprungenen Lippen. »Ich gestehe...«

»Dazu erhalten Sie Gelegenheit«, kommentierte Clayborn zornig das Geplapper. Am Kragen zerrte er den Attentäter in das Zimmer mit der Nummer 29 und stieß ihn rücklings in den Sessel, in dem der Mann jämmerlich stöhnend zusammen sank. Clayborn grub die Finger seiner Rechten in den gelichteten Haarschopf des anderen und bog den Kopf weit zurück. Aus unmittelbarer Nähe begutachtete er Halsansatz, Mundwinkel, Augenpartien, Nasenflügel und Ohren, ohne sich vom Gewinsel des dicken Schwächlings stören zu lassen. Obwohl er seine Augen erheblich strapazierte, vermochte er keine Spur von jenen haarfeinen Narben zu entdecken, die eine kosmetische Operation zurückließ, Dieser Mann war entweder Oberpfleger Deller oder nicht, und die rothaarige Schwester hatte ihn so genannt. Keinesfalls aber war es ein Fremder in der Maske des Oberpflegers Deller. Das grobschlächtige Gesicht war einwandfrei. Unwillig ließ Clayborn den Mann los, kehrte ihm verächtlich den Rücken zu und schob die Hände in seine Taschen. Wie auch sein wirklicher Name lautete, dieser schlaffe Kerl war kein berufsmäßiger Krimineller, kein honorarträchtiger Killer, kein kaltblütiger Gangster. Der Anschlag war anfängerhaft vorbereitet und stümperhaft ausgeführt worden - und deshalb mißlungen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hatte der Mann seine Absicht, ihn zu ermorden, zwar vorsätzlich, aber überstürzt und in panikartigem Zustand gefaßt. Das bedeutete andererseits, daß er, Clayborn, der Anlaß seiner Verstörung, seines schlechten Gewissens war. Nun, von diesem Waschlappen würde man rasch alles erfahren, das eine Klärung ermöglichte.

Zweifellos, das Attentat hatte ihm gegolten. Ein Irrtum war unmöglich. Die Stimme aus dem Lautsprecher - höchstwahrscheinlich die des Oberpflegers, falls er keine Komplizen besaß - hatte seinen Namen genannt. Aber das mußte nicht zwangsläufig bedeuten, daß der Mordversuch mit dem mysteriösen Fall in Zusammenhang stand, den er gegenwärtig bearbeitete. Dieser Mann war beileibe nicht der richtige für eine große, verästelte Sache, die viel Geschicklichkeit erforderte.

Clayborn vermochte eine gewisse Enttäuschung nicht zu unterdrücken. Endlich geschah etwas, und nun... Er war fest überzeugt, vor einer Sackgasse zu stehen.

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7

»Lieber Mr. Deller! Was haben Sie nur getan?!« Professor Wellington rang die Hände, als sei soeben sein Todesurteil gesprochen worden. Aufgebracht umkreiste er den Sessel, in dem Deller noch immer ermattet ruhte. »Habe ich Ihnen nicht vertraut wie einem Sohn? Habe ich Ihnen nicht hohe Verantwortung übertragen?«

Dr. Li, der nur kühl lächelte, und Clayborn standen peinlich berührt neben der Tür. Es gab kaum etwas zu sagen. Deller begleitete die Klagen des Professors mit heiserem Röcheln.

"Die Kartei...«, murmelte der ,Oberpfleger, »ich gebe Ihnen die Namen...«

»Sie hatten es nicht nötig, unsere Patienten zu bestehlen«, jammerte Wellington. »Ihre Gehaltswünsche wurden alle erfüllt. Alle!« Es klopfte, und ein Techniker in blauem Arbeitsanzug trat ins Zimmer. »Der Polizeikreuzer trifft in einer halben Stunde ein«, meldete er. »Kann ich noch etwas tun?«

»Danke.« Wellington winkte ab und entließ den Mann. Unverzüglich holte der Professor tief Luft und räusperte sich, um sein Wehgschrei fortzusetzen. Clayborn sah ein, daß er den Wissenschaftler bremsen mußte, damit dieser leidige Zwischenfall endlich zum Abschluß kam. Er ließ Wellington nicht mehr zu Wort kommen und riet ihm, Deller ein Geständnis auf Band sprechen zu lassen, bevor der Mann sich anders überlegte und verstockt wurde, und ihn anschließend in sichere Obhut zu geben.

Wellington pflichtete ihm bei, entschuldigte sich - mehrfach bei dem Commander und dann auch bei Deller, weil er ihn nach Geständnisaufnahme leider vorerst einsperren müsse. Der Professor war außer sich vor Erregung.

Kopfschüttelnd verließ Clayborn das Zimmer und suchte das eigene auf. Nun, Dr. Li verfügte über bessere Nerven und würde die Situation schon zu handhaben wissen.

»Wo warst du?« schnauzte Saratow gespielt grob, als er zurückkehrte. »Du wolltest doch keine Zeit verlieren.«

Clayborn grinste nur. »Jemand war nicht einverstanden. Er glaubte, ich sei seinen lächerlichen Diebstählen auf der Spur, und wollte mir den Köpf absägen.«

"Hä?« Der breite Unterkiefer des Ingenieurs sank herab. Mit knappen Worten klärte Clayborn ihn über das Ereignis auf. Penza Saratow geriet ins Staunen, beruhigte sich aber schließlich. »Entschuldige, Barry«, bat er, nachdem Clayborn seinen Bericht beendet hatte. Er schnaufte durch die Nase. »So ein Dummkopf! Ohne den Mordversuch wäre er womöglich mit einer Geldstrafe davongekommen. Jetzt landet er wohl in den Bergwerken auf einem der Jupiter-Monde.« Hilflos hob Clayborn die Schultern. »Jedenfalls hat diese gedankenlose Tat ihm mehr geschadet als uns genutzt.« Er seufzte schwer. »Du mußt mich noch für ein paar Minuten entbehren. Ich brauche einige Informationen.«

In der Radiostation der Asteroidenklinik setzte er sich mit der Mordain in Verbindung und erklärte Chemile, dem chamäleonhaften Navigator, welche Angaben er anfordern solle und daß es eilig sei. Dann kehrte er zu Saratow zurück. Inzwischen hatte Dr. Li dem Ingenieur weiteres Material übergeben. Es handelte sich um Bänder, auf denen die Erkrankten den Inhalt ihrer Halluzinationen darzustellen versucht hatten.

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8

»Ehrlich gesagt«, stöhnte Saratow, »allmählich beginne ich mich fürchterlich zu langweilen.« Allerdings sah man ihm an, daß er diesen Punkt schon lange überschritten hatte und es fast nicht mehr aushielt.

Das war nur zu verständlich. Der Inhalt der Halluzinationen ähnelte sich bei allen sieben Betroffenen ungemein. Es gab geringfügige Abweichungen, die aus Täuschungen oder mangelhaftem Gedächtnis resultieren konnten, aber grundsätzlich stimmten sämtliche Schilderungen weitgehend überein.

»Ruhe«, zischte Clayborn ungehalten. Er lauschte angestrengt. Das Band knisterte und surrte. »Sie sagten, Sie standen gerade neben, dem Tisch, als es wieder anfing?« Das war Professor Wellingtons besänftigende Stimme.

»Ja... ich...« Die helle Stimme Antonio Fellinis kam leise, zitterte. Er strengte sich an, ruhig und zusammenhängend zu sprechen, aber unmittelbar nach dem vorhergegangenen Anfall war er natürlich hochgradig nervös. Häufig hörte man ihn schnaufen und schwer ausatmen. Wahrscheinlich hatte er eine Zigarette geraucht.

»Und dann?«

»Dann... also, es war wieder da... ich meine, plötzlich war es wieder fort... das Zimmer - Wogen einer zähflüssigen roten Masse... es blubberte, blubberte, blubberte .!«

»Haben Sie das gehört?« Wellington, so hatte Clayborn bereits bemerkt, ließ sich durch nichts beirren, wenn er sich inmitten seiner Arbeit befand. Seine Zwischenfragen waren gezielt und knapp. »Nein, nein! Hundertmal habe ich schon gesagt, daß ich nie etwas höre, wenn es losgeht... ich sehe nur... plötzlich bin ich allein... in diesen roten Wogen...«

»Bitte erzählen Sie weiter, Mr. Fellini. Ich möchte Ihnen helfen. Das wissen Sie doch.«

»Ja, ja. . . dann erschienen wieder diese geometrischen Gebilde, übermächtig, alles ausfüllend... blau, vielleicht grau... heller Schimmer dazwischen, wie von metallischen Flächen und Kanten...«

»So wie bei den vorherigen Malen?« kam Wellingtons warmherzige Stimme.

»Ja, natürlich!« An dieser Stelle war Fellini, ansonsten ein friedfertiger und kooperationsbereiter Patient, zornig aufgebraust. »Wenn Sie schon alles wissen, wozu fragen Sie überhaupt? Nichts als Fragen, den ganzen Tag hindurch! Warum tun Sie denn nicht endlich etwas?«

Klick, machte das Band Die Aufnahme war unterbrochen worden, vermutlich, weil der Professor dem jungen Mann ein paar ermutigende Worte gesagt hatte. Clayborn ließ das Band laufen. Nach einigen Sekunden knackte es erneut, bevor Penza Saratow die Gelegenheit wahrnehmen konnte, ungeduldig auf den Commander einzureden.

»... nun fortsetzen«, drang Wellingtons dunkle Stimme aus dem Gerät. »Wir unterbrachen bei diesen seltsamen Gebilden, Mr. Fellini.«

»Weiß ich... es ging weiter wie immer... nur noch Sterne, zahllose Sterne, als schwebte ich körperlos im Weltraum... dieses Glitzern... diese Kälte... ja, und dann... vorbei - ich stand am Tisch, hatte mich gerade noch mit beiden Händen festgeklammert...«

Clayborn drückte eine Taste, und das Band stoppte. Anscheinend hatte Saratow recht mit seiner Meinung, daß sich nach einigen Dutzend derartiger Aufzeichnungen, die sie nun gehört hatten, keine neuen Erkenntnisse mehr gewinnen ließen. Bei allen sieben Personen war es das gleiche. Zuerst schienen die Betroffenen von roten Wogen - oder purpurnen, wie es manchmal hieß - einer zähen Masse überrollt zu werden. Anschließend tauchten vor ihren geistigen Augen alles beherrschende geometrische Gebilde auf - Clayborn mußte bei dieser Beschreibung unwillkürlich an einen fremdartigen Maschinensaal denken, von jener bizarren Art, wie er sie schon auf den Planeten nichtmenschlicher Zivilisationen gesehen hatte. Dann fühlten sie sich scheinbar nur noch von Sternen umgeben, vom freien Weltraum. Damit war ein solcher Anfall vorüber, und mit etwas Glück hatte der Patient einen Sturz vermeiden können, wenn sein rezeptorischer Kontakt zur Realität plötzlich abbrach. Zwar traten die Anfälle regelmäßig alle zwei Stunden auf, so daß die bemitleidenswerten Männer und Frauen entsprechend vorbeugen konnten, indem sie sich in die Sessel setzten oder auf die Betten legten. Doch diese beängstigende Regelmäßigkeit war nicht identisch mit einer Pünktlichkeit, nach der man die Uhr zu stellen vermochte. Es gab Differenzen von jeweils mehreren Minuten, und auch diese Verschiebungen galten einheitlich für alle sieben; nie kam es vor, daß es einen früher oder später als die anderen erwischte.

»Nun?« Herausfordern sah Penza Saratow den Commander an. Seine Miene verriet Übellaunigkeit. »Bist du jetzt klüger als nach dem ersten Protokoll?«

»Nein«, erwiderte Clayborn wahrheitsgemäß, stapelte die Bänder und schob sie mit einer laschen, fast resigniert wirkenden Armbewegung zur Seite. Er fügte seiner Antwort nichts hinzu. Seine Wortkargheit veranlaßte den Schiffsingenieur zu einem verwirrten Blinzeln. Trotz der nahezu aussichtlos anmutenden Situation mußte Clayborn erneut grinsen, als er in Saratows verblüfftes Gesicht blickte.

»Und was machen wir jetzt?« drängte der Riese. »Wir können doch unmöglich die Hände in den Schoß legen und dem Professor sagen, lieber Professor, es tut uns leid, aber wir wissen auch keinen Rat.«

»Nein«, wiederholte Clayborn ernsthaft. »Aber ich kann mich vor das Aquarium setzen und einige Überlegungen anstellen, bis der Professor Zeit für ein ausgedehntes Gespräch hat. Weißt du, für das menschliche Gemüt sind friedlich dahingleitende Fische eine der besten Medizinen.« Er grinste nochmals, als er Wellington zitierte, erhob sich und ging hinaus.

Mit offenem Mund starrte Penza Saratow ihm nach.

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9

Nachdem der Commander eine Weile in einem der bequemen Sessel vor dem Aquarium zugebracht hatte, mußte er einräumen, daß die Wirkung, die Wellington dem Anblick der Fische zuschrieb, zumindest teilweise auch auf ihn Einfluß nahm. Seine fieberhaften Gedankengänge fielen ihm keineswegs leichter, und die besorgte Unruhe, die ihn bedrängte, wich nicht ganz, doch unleugbar fühlte er sich bald entspannter und gelassener. Für ihn stand fest, daß eine äußere Kraft psionischer Art intervallmäßig auf die sieben Patienten einwirkte. Jede andere Erklärung war schlichtweg unlogisch. In der Galaxis existierten Fremdspezies mit mehr oder weniger ausgeprägten telepathischen Fähigkeiten, über die Zeugnisse mit wissenschaftlicher Beweiskraft zur Genüge vorlagen. Hier allerdings, im Solsystem, fernab von unmittelbaren Kontakten mit diesen Spezies, brachte man diesen Tatsachen noch erhebliche Zweifel und Vorbehalte entgegen. Es gab eine solche Vielfalt einander widerstreitender Einschätzungen darüber, daß es auch wissenschaftlich gebildeten Leuten äußerst schwer fiel, eine eigene Entscheidung zu erringen, sich eine persönliche Meinung zu bilden.

Gegenwärtig, in dieser besonderen Angelegenheit, hing alles davon ab, wie Professor Wellington zum Problem der parapsychischen Erscheinungen stand. War, seine Haltung ablehnend, ließ sich weder mit vorurteilsloser Unterstützung noch mit wesentlichen Fortschritten in der Untersuchung rechnen. Nachdenklich verfolgte er das behäbige Klaffen und Gähnen der Fischmäuler hinter der wohl fast zwei Meter dicker Scheibe, bis ihn eine rüde Stimme aufschreckte.

»Mr. Clayborn?«

Den Ton kannte Clayborn. Er wartete eine halbe Minute lang, bevor er nachlässig und sehr langsam den Kopf wandte. Ja, natürlich - ein junger Polizeioffizier in geschniegelter Uniform stand hinter ihm, den buckligen Helm unter den linken Arm geklemmt, die Handschuhe in der Rechten, die stocksteif über dem rechten Knie schwebte. Die lederne Pistolentasche glänzte wie eine Speckseite. Sicherlich ein korrekter und vertrauenswürdiger junger Beamter, aber mit dem in seiner Dienstaltersklasse häufigen Fehler - einer gewissen Verachtung für Zivilpersonen. Nun, dem konnte abgeholfen werden.

»Rühren«, sagte Clayborn freundlich. Gnädig sah er den Polizeioffizier von unten herauf an. »Rang und Name?«

»Lieutenant Frey!« platzte es zackig aus dem jungen Mann heraus, ehe er begriff, wie ihm geschah. Dann überzog sich sein breites Gesicht, dessen Oberlippe ein dünnet schwarzer Bart zierte, in plötzlicher Erkenntnis mit tiefem Rot. »Was fällt Ihnen...?« Verunsichert unterbrach er sich, von einer Sekunde zur andern nicht mehr überzeugt, daß es angebracht sei, diesen Mann anzuschnauzen.

»Freut mich.« Clayborn stand auf und schüttelte dem verwirrten Lieutenant die Hand. »Commander Clayborn, FTA. Ich vermute, Sie möchten mich wegen Mr. Deller sprechen?«

Der Lieutenant nickte mehrmals und nahm endlich eine gelockerte Haltung an. »jawohl äh, Sir. Der Verhaftete wurde bereits an Bord genommen. Wir benötigen lediglich noch Ihre Aussage. Möchten Sie Anzeige erstatten?«

Clayborn winkte ab. »Mir fehlt die Zeit. Der Mann ist unwichtig. Ich überlasse die Erstattung der Anzeige dem terranischen Oberstaatsanwalt, der bei Mordversuch ohnehin dazu verpflichtet ist. Haben Sie einen Recorder?«

»Selbstverständlich, Sir.« Der Lieutenant holte das handtellergroße Gerät aus seiner Gürteltasche und reichte Clayborn das kleine Mikrofon. Eilig sprach der Commander einen kurzen Bericht auf das Band und gab zum Schluß seine zentral registrierte IDNummer an. Er bemühte sieh, den unglückseligen Oberpfleger nicht zu sehr zu belasten, um ihm die schlimmsten Folgen zu ersparen. Schließlich war der Mann kein Schwerverbrecher, sondern hatte sich nur in seiner Angst vorübergehend wie ein Narr verhalten. Damit war Clayborns Pflicht und Schuldigkeit getan; alles andere war Sache des Oberstaatsanwalts und des Gerichtshofes. Umständlich, durch Clayborns Anwesenheit etwas in Verlegenheit gestürzt, packte der Polizist das Gerät ein, salutierte und machte Anstalten, sieh zu entfernen. Der Commander hielt ihn auf. »Woher wissen Sie eigentlich, daß ich wirklich Freier Terranischer Agent bin?« forschte er mit unüberhörbarem Tadel. »Sind Sie immer so unvorsichtig und leichtgläubig?«

Der junge Offizier errötete nochmals und stammelte eine Verneinung. Clayborn zwinkerte ihm zu. »Sie haben Glück«, meinte er, »daß Sie tatsächlich vor einem FTA stehen. Aber das nächste Mal überzeugen Sie sich lieber.«

»Jawohl... Sir.« Nervös umklammerte der Lieutenant « seinen Helm, straffte sich schließlich und schritt durch den Saal davon, wobei er sich noch mehrere Male umblickte.

Noch ehe Clayborn wieder im Sessel Platz nehmen konnte, kam eine Durchsage über das Lautsprechersystem, die ihn in die Funkzentrale der Klinik bat. Unverzüglich machte er sich auf den Weg dorthin.

Die Funkzentrale war ein kleiner runder Raum, ringsum mit einem Gewirr von Pulten, Bildschirmen, Mikrofonen und Kabeln ausgefüllt, in dessen Mitte mit größter Seelenruhe ein stämmiger Techniker hockte. Bei seinem ersten Aufenthalt in der Radiostation hatte Clayborn bereits feststellen können, daß der Mann sich selbst durch das größte Chaos von Rufsignalen, Dauergesprächen und Bildschirmflimmern kaum beeindrucken ließ.

»Ihr Schiff, Mr. Clayborn«, sagte der Techniker und hielt ihm ein Paar Kopfhörer entgegen. Clayborn streifte sie über. Er hatte mit Wellington vereinbart, daß er sämtliche erforderlichen Funkgespräche direkt über die Radiostation führen konnte statt eine Verbindung mit seinem Zimmer herstellen zu lassen. Die Verwendung der Kopfhörer sicherte, daß auch der Techniker keine Dinge erfuhr, die ihn nichts angingen. Durch diese Vorsichtsmaßnahme war eine Abhörgefahr weitgehend ausgeschaltet. Allerdings maß Clayborn ihnen nun nicht mehr die gleiche Bedeutung zu wie noch vor wenigen Stunden, da der Fall höchstwahrscheinlich anders gelagert war als vermutet. »Hallo, Barry«, drang Chemiles Stimme aus den Muscheln.. »Die angeforderten Informationen sind eingegangen.«

Clayborn beugte sich über ein Mikrofon und nickte jenem Bildschirm zu, auf dem der Kopf des humanoiden Chamäelons aufgetaucht war. »Okay. Faß zusammen.«

»Nach der Protokollanfertigung ist Alice Bell noch zweimal vernommen worden. Dabei ergaben sich allerdings keine neuen Erkenntnisse. Was diesen Johnson angeht, so wurde er seines Postens als geschäftsführendes Mitglied der Außenhandelsvereinigung Interstellar enthoben, weil er dazu neigte, unseren extraterrestrischen Handelspartnern vertrauliche Informationen zuzuspielen, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen. Regelrechte Bestechung konnte man ihm nicht nachweisen, aber selbstverständlich war er ein Unsicherheitsfaktor und wurde daher aus seiner Funktion entfernt.«