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Christoph Glaser wird derzeit auf Topmanagement-Ebene als Geheimtipp gehandelt. Denn der Management-Coach und Achtsamkeits-Experte vermittelt eine Methode, mit der sich Stress deutlich reduzieren und zudem die Leistungsfähigkeit steigern lässt – und das mit nur 12 Minuten Training täglich. In seinem Buch stellt er die Technik der atembasierten Achtsamkeit Schritt für Schritt vor. Dabei erzählt Glaser auch von seinen Trainings in 50 Ländern der Welt, von der Schweiz bis Madagaskar, die ihn zu Top-Führungskräften, bis ins Schloss eines Prinzen und zum weltbekannten Lehrer der Meditation Sri Sri Ravi Shankar führten. Mit einem Vorwort von Roland Liebscher-Bracht
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Seitenzahl: 321
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Christoph Glaser
Atmen
Der Schlüssel zur erfolgreichen und gesunden Führung – Nur 12 Minuten täglich für mehr Energie und Gelassenheit
Campus Verlag
Frankfurt/New York
Über das Buch
Die in diesem Buch beschriebenen Atemtechniken dienen allgemeinen Informationszwecken und sollen nicht als Ersatz für professionelle medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung verwendet werden.
Falls Sie gesundheitliche Bedenken haben oder an einer Krankheit oder einem gesundheitlichen Problem leiden, sollten Sie Ihren Arzt konsultieren, ob Atemtechniken für Sie ratsam sind.
Die Inhalte dieses Buches sollen dazu beitragen, das allgemeine Wohlbefinden zu fördern, sind jedoch nicht dazu bestimmt, spezifische medizinische Probleme zu behandeln oder zu heilen. Befolgen Sie die Anweisungen sorgfältig und achten Sie stets auf Ihre körperliche Verfassung.
Alle Ratschläge in diesem Buch wurden sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.
Vita
Christoph Glaser ist Geschäftsführer des TLEX-Institutes, das mit 200 Trainern weltweit agiert und bereits mehr als 500.000 Führungskräfte und Mitarbeiter:innen trainiert hat. Seit über 20 Jahren vermittelt er in über 50 Ländern weltweit seine Methode zur gelassenen Leistungsoptimierung.
Cover
Titel
Über das Buch
Vita
Inhalt
Impressum
Grußnote — Christoph Daum
Kapitel Vorwort
Jeder Mensch führt — Roland Liebscher-Bracht
Kapitel Einleitung
Gemeinsame Reise
Kapitel 1
Atmen ist Leben
Emotionale Intelligenz als Merkmal der Persönlichkeit
Die Energie der High Performer im Unternehmen
Atmen ist Bewegung
Inspirare
Vom Wert der Zeit
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel 2
Zu einfach, um großartig zu sein?
Vom Atmen in Ruhe
Von der Kraft der Langsamkeit
Roger Federer und der Tennisball
Extraportion Sauerstoff für die Gedanken
What brought me here, might not bring me there
Training für den Führungsmuskel
Zu einfach, um wirksam zu sein?
1.
Managerinnen und Manager wollen Daten und Fakten prüfen, bevor sie sich auf die Praxis einlassen
2.
Führung mit einem Quäntchen Humor macht das Leben leichter
3.
Bodenständigkeit statt Kerzenschimmer
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel 3
Unter Druck performen
Herausfordernde Aufgaben
Der Luxus der Verabredung mit sich selbst
Play your potential
Health-oriented Leadership: Die Kraft der Vorbildfunktion
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel 4
Gelassen führen für den Teamerfolg
Hat Glück ein Verfallsdatum? Zufriedenheit als Ziel
Durch Achtsamkeit Schwarmintelligenz nutzen
Lieben, was wir tun
Die Werteskala in Ihnen
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel 5
Chefsache: Die Frage nach dem Mindset
Es war einmal ein Prinz …
Selbstzweifel
Die Rolle des Mindsets
Achtsamkeit im Moment und sonst nichts
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel 6
Die Rettung des Präsenzmuskels
Das Sehnen nach Wonnemomenten
Emotionale Intelligenz als Schulfach?
Vom Multitasking zum Singletasking – eine Sache der Achtsamkeit
Mit dem Smartphone ins Bett
Schädliches vermeiden – gehirnfreundliche Strukturen finden
Präsenz in Zeiten des Smartphones
Störfaktor Emotion für den Präsenzmuskel
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel 7
Ihr Atem: Die Energie, die 24 Stunden trägt
Erste Begegnung mit Folgen
Die Kraft der atembasierten Achtsamkeit
Entspannung auf Knopfdruck
»Ich will nichts und bekomme alles« – die Haltung macht’s
Spiritualität und Wissenschaft
Die Kraft der Stille
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel 8
Resilienz: Seelische Widerstandskraft ist erlernbar
Die vier Dimensionen der Resilienz
Gute Gefühle auf Vorrat anlegen
Erfolg im Außen setzt innere Freiheit voraus
»Bouncing forward« – die Balance in der veränderten Welt finden
Das Leben ist nicht fair
Immer wieder aufstehen
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel 9
Remember the Future
Mikro-Momente für Makro-Effekte
Wenn das Gedächtnis alle Kraft kostet
Der Blick auf die Zukunft
Lebenskraft
Augen schließen und die Zukunft denken
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel 10
Triple-A: Willkommen, ihr negativen Emotionen!
Wenn Intelligenz weh tun kann: Vom Kampf mit den Emotionen
Die Gefahr ist weg, die Emotion bleibt
Von der Dauer einer Emotion
Emotionen – im Körper greifbar
Den Elfmeter locker verwandelt
Leitgedanken für die Reflexion
Kapitel 11
Nachhaltiges Wellbeing im Management
Empathie braucht Präsenz
Wenn die Aufmerksamkeit im Netz und nicht beim Mitarbeitenden ist
Wellbeing – mehr als nur die Abwesenheit von Krankheit
Japanisch für die Autofahrt
Qualitätszeit durch Präsenz
Wellbeing auf der Zeitinsel – vom »Ich muss« zum »Ich bin«
Die Umsetzungsfalle
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel 12
Die zwölf Minuten, die Ihr Leben verändern können
Dosiert zum Erfolg – kleine Schritte, große Wirkung
Die Zwölf-Minuten-Methode im Detail
Das Etablieren neuer Gewohnheiten: Vier Schlüssel zum Erfolg
Leitgedanken zur Reflexion
Kapitel Schlusswort
Vom Mut, Mensch zu sein
Anhang
Ihre Übungen für die erfolgreiche und gesunde Führung
Makro-Momente: Wie Sie durch regelmäßiges Praktizieren Ihren Präsenzmuskel stärken können
Mikro-Momente: Was Sie in kritischen Situationen ad hoc tun können
Gehirnfreundliche Strukturen
Zusätzliche Tools
Erfolgreiche Managerinnen und Manager haben das Wort
Dank
Anmerkungen
1
Atmen ist Leben
2
Zu einfach, um großartig zu sein?
3
Unter Druck performen
4
Gelassen führen für den Teamerfolg
5
Chefsache: Die Frage nach dem Mindset
6
Die Rettung des Präsenzmuskels
7
Ihr Atem: Die Energie, die 24 Stunden trägt
8
Resilienz: Seelische Widerstandskraft ist erlernbar
9
Remember the Future
10
Triple-A: Willkommen, ihr negativen Emotionen!
11
Nachhaltiges Wellbeing im Management
12
Die zwölf Minuten, die Ihr Leben verändern können
Der Autor
The quality of our life is determined by the state of our mind.
Sri Sri Ravi Shankar
Christoph Daum
Vor 20 Jahren lernte ich Christoph Glaser kennen. Bis dahin war ich am Ende einer Spielzeit völlig ausgepowert und auch während der Saison fühlte ich oft einen enormen Druck, fühlte mich ausgenutzt und ausgelaugt wie in einem Hamsterrad. Durch Christoph Glaser lernte ich einen Weg kennen, um mit all diesen Stressfaktoren und Energiefressern im Alltag besser umgehen zu können. Der Schlüssel lautete: Optimiere deine Atemtechnik!
Über meine Atmung hatte ich mir bisher wenig Gedanken gemacht. Sie funktionierte einfach und lief nebenbei selbstständig ab. Christoph hat mich in die verschiedenen Atemtechniken eingeführt, ich absolvierte seine Trainings zur Atemtechnik und deren Wirkung. Anfangs war ich skeptisch, aber sehr bald merkte ich, wie sich meine Stimmung, mein Energielevel erhöhte – ja, meine Lebensfreude steigerte sich durch meine bewusste Atmung! Und noch etwas geschah: Der Druck, der Stress, mein Umgang mit Konflikten veränderten sich. Durch die erlernten Atemtechniken erlebte ich Gelassenheit, Zielstrebigkeit und Selbstkontrolle.
Alle Atemtechniken, die Christoph vermittelt, sind extrem hilfreich im Bereich der Regeneration. Sie sind eine Stütze im Vorfeld eines Wettkampfes, eines Vortrags, einer Besprechung. Sie führen zur besseren Fokussierung, höheren Aufmerksamkeit und letztendlich zu einer inneren Stabilität und Souveränität.
Ich absolviere nach wie vor täglich 12 bis 20 Minuten diese Atemübungen direkt nach dem Aufwachen und schließe ein kleines Fitnessprogramm an, um freudvoll und energiereich in den Tag zu starten. Diese Minuten sind zu einer Gewohnheit wie das Zähneputzen geworden. Denn Gesundheit muss sich jeder Tag für Tag erarbeiten und im Krankheitsfall – wie bei mir mit meiner Krebserkrankung – leistet der Atem eine wertvolle Ergänzung zu den Therapien. Sämtliche Heil- und Widerstandskräfte werden sinnvoll und wirksam aktiviert.
Ich wünsche Ihnen einsichtsvolle Stunden während der Lektüre.
Roland Liebscher-Bracht
Ich verstehe Führung als eine Handlung und nicht nur als eine Position. Jeder Mensch inspiriert immer wieder andere, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Somit sind auch Menschen selbst dann Führungskräfte, wenn sie diese Funktion offiziell nicht innehaben. Und jeder Mensch führt auch immer wieder sich selbst. Somit möchte ich allen empfehlen, die im Buch beschriebenen Übungen auszuprobieren. Die Chance, dass Sie davon profitieren, schätze ich als sehr hoch ein.
Als ich Christoph das erste Mal begegnet bin, empfand ich direkt Sympathie und Verbundenheit. Seine Ausstrahlung war so deutlich in sich ruhend und positiv, dass ich sofort offen war für alles, was da kommen sollte.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung von seiner beruflichen Tätigkeit, von dem, was ihn bewegt, für was und wie er lebt. Trotzdem philosophierten wir schon während unserer ersten Begegnung über das Leben, und mein erster Eindruck verstärkte sich immer mehr.
So ging es bei diversen Treffen weiter. Unsere entstandene Freundschaft führte dazu, dass wir Anfang 2023 zusammen mit meiner Frau Petra Bracht zu dritt nach Indien reisten. Ich war überwältigt von diesem Aufenthalt, weil ich dort viele Menschen aus aller Welt traf, die eine ähnliche Ausstrahlung hatten wie Christoph. Ich fühlte, dass seine bescheidene, angenehme und gleichzeitig sehr fokussierte Art auch etwas mit seiner Leidenschaft für das Thema Atmen zu tun hat.
Er lehrte mich verschiedene Atemtechniken, die ich seitdem täglich praktiziere. Dadurch hat sich in meinem Leben eine weitere Tür geöffnet. Schon seit meiner Kindheit beschäftige ich mich mit fernöstlichen Bewegungssystemen, vor allem mit der Kampfkunst, die ich 25 Jahre lang unterrichtete und zu der auch verschiedenste Atem- und Meditationstechniken gehören. Dadurch habe ich mir im Laufe meines Lebens sowohl eine hohe Wahrnehmungsfähigkeit antrainiert als auch ein gutes Körpergefühl. Das war auch die Grundlage dafür, dass ich zusammen mit meiner Frau Petra, die Ärztin ist, eine neue Schmerztherapie entwickeln konnte, die auf der Erkenntnis beruht, dass die meisten der heute am häufigsten auftretenden Schmerzen durch zu hohe Spannungen der Muskeln und Faszien verursacht werden.
Doch die Atemübungen von Christoph gingen über das hinaus, was ich kannte. Ich bemerkte ziemlich schnell, dass alle Lebensbereiche davon profitieren. Wie so viele habe auch ich eine To-do-Liste, die immer zu voll ist. Es scheint immer zu wenig Zeit zur Verfügung zu stehen, dauernd geschehen unvorhergesehene Ereignisse, die spontan und schnell gelöst werden müssen, am besten schon gestern. Die Grenze zur Überforderung ist oft nah. Auch wenn der Stress nicht weniger geworden ist, so gehe ich durch die Atemübungen zunehmend anders mit ihm um. Die täglichen Anforderungen erscheinen leichter zu handhaben. Schon immer habe ich viel Energie und Durchsetzungskraft gehabt, doch jetzt gesellt sich eine Gelassenheit hinzu, die meinen Alltag deutlich entspannt.
Diese mentale Entspannung kann auch unsere Schmerztherapie bereichern. Die zur Schmerzlinderung oder sogar -beseitigung notwendige Entspannung der Muskeln und Faszien erreichen wir durch eine spezielle Manualtherapie und Dehn-Kräftigungs-Übungen, die Schmerzpatienten selbst machen können, um sich dauerhaft von ihren Schmerzen zu befreien. Die von Christoph vorgestellten Atemtechniken können dazu beitragen, durch die Aktivierung des Parasympathikus und auch des Vagusnervs diesen Entspannungsprozess noch zu unterstützen. Das erklärt, warum bei manchen Schmerzen auch das Atmen helfen kann. Die Kombination von Bewegung, guter Ernährung und Atmung kann Gesundheitssynergien freisetzen.
Während der vergangenen zwei Jahre wurde mir klar, dass Christoph es geschafft hat, auf der Grundlage der seit Jahrtausenden bewährten yogischen Atemlehren gut umsetzbare, praktische und hochwirksame Tools zu entwickeln, die unser Leben, insbesondere das Berufsleben, angenehmer gestalten können. Sie haben das Potenzial, die Belastung in unserer Gesellschaft und Arbeitswelt abzufedern und so zu kanalisieren, dass ausufernder Stress, Zeitnot, Überforderung, Existenzangst und Sorgen über die Zukunft gemildert und drohender Burnout vermieden werden können.
Ihnen als Leserin und Leser dieses Buches wünsche ich von ganzem Herzen, dass Sie von den Übungen bestmöglich profitieren. Ich bin davon überzeugt, dass Ihr Leben leichter, heller und positiver werden kann. Voraussetzung allerdings ist, dass Sie sich diese zwölf Minuten gönnen. Und wer von Ihnen jetzt denkt: Wie soll ich noch zwölf zusätzliche Minuten in meinen sowieso schon übervollen Tag einbauen?, dem antworte ich, dass diese zwölf Minuten Investition und scheinbarer Zeitverlust mindestens dazu führen, dass Sie im Tagesverlauf diese eingesetzte Zeit einsparen. Wie das gehen soll? Sie können schneller denken und Problemlösungen finden, verschwenden weniger Zeit mit sorgenvollem Grübeln, alles geht leichter von der Hand. Je länger Sie praktizieren, desto größer kann dieser Gewinn an Zeit und Lebensqualität werden.
Ich wünsche diesem Buch größtmöglichen Erfolg, denn es kann dazu beitragen, unser Leben angenehmer und schöner zu gestalten. Viel Spaß beim Führen, Leben und Genießen!
Wenn es in 10 000 Meter Höhe über dem Boden rumpelt, wenn Blitze über Stahl gleiten und die Durchsage des Kapitäns ertönt: »Wir durchfliegen Turbulenzen, verlassen Sie Ihre Plätze nicht« und gleichzeitig die Lichter im Inneren ausgehen, wenn irgendwo ein Kind weint und ansonsten stoische Ruhe herrscht, dann kann es einem mulmig werden.
Es schießen, wenn die rund 180 Tonnen schwere Boing in ein Luftloch fällt, nicht zu steuernde Gedanken durch den Kopf. Der eine mag sich innerlich bekreuzigen und ein Stoßgebet zum nahen Himmel senden, ein anderer mag sich durch Ignoranz wehren und weiterhin die Nase tief zwischen die auseinandergefalteten Zeitungsblätter halten – ich aber dachte nur eines: »Nein, das darf nicht sein, ich habe doch mein Buch noch nicht geschrieben.« Später, wieder den sicheren Boden des Flugplatzes unter den Füßen, staunte ich über diesen Gedanken. Tausend andere hätten via Angstzentrum durch mein Gehirn jagen können. Taten sie aber nicht; es gab da nur dieses Bedauern, nicht zu Papier gebracht zu haben, was mich seit 30 Jahren mehr beschäftigte als alles andere: wie wir als Menschen ticken, wer wir wirklich sind und wie wir das Beste aus uns herausholen.
Rückblickend war das mein Impuls, endlich zu beginnen. Und ich gebe es zu: Dass Sie mein Buch in den Händen halten, macht mich ein wenig demütig. Ich denke an lange Monate, an das Schreiben durch die Zeit. Ich bin noch einmal zurückgegangen zum Anfang, dorthin, wo mein Feuer für das Thema seinen Ursprung hatte. Ich habe die Ups und Downs, die jeder Mensch auf dem Lebensweg durchwandert, herangezoomt und mich gleichsam an all die berührenden Geschichten unserer Seminarteilnehmer erinnert. Und ich habe gemerkt: Obwohl ich mit meinem Team mehr als 500 000 Menschen in Unternehmen in atembasierter Achtsamkeit geschult habe, ist bei mir die Faszination noch so stark wie an Tag eins. Nun also steht es hier, schwarz auf weiß, was meine Erfahrung zur erfolgreichen und gesunden Führung ist, wobei ich Führung im heutigen Kontext explizit nicht nur als Position verstehe, sondern vor allem als Handlung. Denn wir alle führen, wir alle mobilisieren immer wieder Menschen, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Wir alle haben die Kraft, andere Menschen zu inspirieren. Deshalb richtet sich dieses Buch nicht nur an formelle Führungskräfte, sondern an alle, die ihre Führungsqualitäten stärken wollen. Und: Gute Führung beginnt für mich immer mit der Selbstführung.
Ich hoffe, Ihnen auf den folgenden Seiten das Leben ein wenig leichter zu machen und Sie zu inspirieren, sich täglich sehr bewusst mit dem Atem zu verbinden. Und ich bitte Sie an dieser Stelle um ein Versprechen: Nehmen Sie sich vor, täglich zwölf Minuten für sich Zeit zu nehmen. Mehr ist es nicht. Sie aber dürfen mein Wort darauf nehmen, dass sich damit in Ihnen und um Sie herum etwas verändern wird. Zwölf Minuten, 21 Tage lang, das ist Ihr Einsatz, um potenziell viel, sehr viel zurückzubekommen: Sie werden weniger Stress und mehr Lust aufs Leben verspüren. Sie werden manches klarer sehen und Sie werden empathischer, wacher, neugieriger sein auf all das, was Sie umgibt.
Atmen Sie. Versorgen Sie jede Zelle mit Sauerstoff. Öffnen Sie sich Räume. So einfach es klingt, so komplex sind die physiologischen und geistigen Prozesse, die Sie damit anstoßen und die eine wunderbare Kohärenz zwischen Gehirn, Herz und Bauch erreichen. Und genau hier sehe ich die Herausforderung vieler Managerinnen und Manager: In der Dynamik des heutigen Geschäftslebens stehen wir alle unter Druck. Viele legen kaum noch Pausen ein, nicht mal für eine gute Mahlzeit. Ein Meeting jagt das nächste. Nur wer ständig leistet, kann bestehen. Oft sieht es für mich so aus, als lebten wir im Bestreben, noch effizienter als die Roboter zu werden, sie sozusagen »auszurobotern«. Doch wo soll das enden? Im besten und im schlechtesten Falle werden wir nur zu Robotern zweiter Klasse werden. Wir rennen ein Rennen, das wir nie gewinnen können. Wir arbeiten mit dem Kopf – und riskieren dabei, die Herzensebene zu verlieren. Wir graben in der Vernunft, suchen Daten und Fakten und denken, damit sei der Erfolg begründet. Mag sein. Für eine Weile. Nur belegen Zahlen eine Sachlichkeit und triggern selten die für die Teamführung, für die Beziehungspflege, für die Lust am Leben enorm notwendige Empathie.
Das ist der Grund, warum ich mich über jede Studie freue, die das Wunder Atem in eine Statistik gießt, damit die Atemübungen endlich den Stellenwert in der Lehre erhalten, den sie verdienen. Wir brauchen nämlich im Business nicht nur Methoden, um schneller rennen zu können – sondern auch, um die Richtung immer wieder zu finden. Was wir brauchen, das sind Inseln für den inneren Rückzug, für das Sammeln, für das Atmen. Inspirare! Denn in der Stille kommen wir mit all unseren Systemen in Kontakt und manchmal auch mit etwas Größerem, mit unserer Intuition und der Kreativität.
Ich biete Ihnen in meinem Buch die Essenz meiner Erfahrungen und meiner Einsätze als Trainer der gesunden und erfolgreichen Führung.
Angewendet in 60 Ländern, erprobt vom Banker in Saudi-Arabien bis zum Premierminister in Madagaskar, von Studierenden der Harvard Business School bis zum Tennis-Trainer habe ich Feedbacks erhalten und in der Quintessenz lauteten diese: »Es ist, als würde ich mich selbst wiederfinden, als würde ich erkennen: Alles, was ich brauche, ist bereits in mir.«
Lassen Sie sich also auf diese Atem-Reise im Buch ein. Da ich um die allgemeine Zeitnot von Managerinnen und Managern weiß, habe ich die Kapitel derart konzipiert, dass sie auch einzeln und in nicht sortierter Reihenfolge gelesen werden können. Allerdings werden Sie den größtmöglichen Nutzen erfahren, wenn Sie schlichtweg bei Seite eins beginnen und bis zum Schlusspunkt dranbleiben. In jedem Kapitel teile ich mit Ihnen praktische Übungen, damit Sie sich mit Ihrem Atem aus unterschiedlichsten Perspektiven heraus vertraut machen können. Die Übungen der Kapitel 2, 5, 7 und 10 sind Bestandteile der Zwölf-Minuten-Methode, deren detaillierter Beschreibung das gesamte Kapitel 12 gewidmet ist. Die Übungen der anderen Kapitel sind schöne Ergänzungsübungen für verschiedene Anlässe, die Sie, wenn Sie möchten, einfach mal ausprobieren können.
Und sollte ich hier eine Bitte äußern dürfen: Stellen Sie mein Buch nicht ins Regal, sondern legen Sie es auf den Schreibtisch, auf den Nachttisch, halten Sie es griffbereit, um immer wieder darin zu blättern und sich vor Augen zu führen: Alles Leben beginnt mit dem ersten Atemzug und es endet irgendwann in ferner Zukunft mit dem letzten. Und dazwischen dürfen wir unser Leben mit Freude gestalten, dürfen wir Sauerstoff in die Zellen lassen und Weite in den Geist, wir dürfen Ziele und Träume verwirklichen. Wie gesagt: zwölf Minuten täglich – und Sie werden Ihre Resilienz stärken, Ihre Gesundheit kräftigen, Ihre Präsenz trainieren und gesünder und achtsamer führen. Sie werden ein Stück glücklicher durch bewusstes Atmen.
Legen wir gemeinsam los, ich freue mich auf unseren Weg durch die Kapitel.
Herzlichst Ihr Christoph Glaser
Das Erste, was wir tun, ist atmen. Dann hält die Welt, unsere Welt, für wenige Sekunden die Luft an. Wir atmen ein – und wir atmen aus, senden den ersten Schrei wie einen Jubel und damit beginnt unser Leben. Wir dürfen es annehmen, gestalten nach unseren Ideen, wir dürfen es mit Sehnsüchten und Entscheidungen füllen. Vermutlich wird es ein Auf und Ab der Emotionen geben, wird die Strecke unserer Zeit aus Niederlagen und Erfolgen bestehen. Vieles davon wird gut verlaufen, manches weniger. Wir werden lieben, leiden, hadern und feiern, wir dürfen uns Meilensteine setzen, Ziele erreichen. Vielleicht werden wir mit den Jahren außer Atem geraten, werden schwach, zu schwach, um uns aus eigener Kraft wieder zu erholen.
Sicher jedoch ist: Was uns quasi in die Wiege gelegt wurde, nämlich das richtige, den Körper und den Geist bewegende Atmen, das vernachlässigen wir mit der Zeit. Und manchmal kann es gar sein, dass wir dieses richtige Atmen verlernen. Dann werden wir zunehmend ärmer an Energie, es atrophieren die Muskeln, es schwächeln die Organe und selbst die hellen Stimmungen werden matt. Es mag sein, dass das Leben unschöne Wendungen nimmt, die wir aufhalten könnten, würden wir den Atem achtsam kanalisieren. Und dürfte ich Ihnen bereits auf diesen Seiten einen Rat geben, so lautete der: Achten Sie auf Ihren Atem, denn Ihr Atem ist Ihr Kapital. Aber ungeachtet dessen gehen wir entlang unserer Lebensstrecke, bis irgendwann der letzte Atemzug getan wird, ein letztes Mal ausatmen, bevor das Herz nicht mehr pumpt. Der Atem ist das Erste und das Letzte, das uns gegeben ist. Dazwischen atmen wir nach Statistik eine halbe Milliarde Mal ein und aus. Wer das Spiel mit Zahlen mag: Es sind rund 15 Atemzüge in der Minute und mehr als 21 600 am Tag. Damit bewegt Ihr Körper 11 000 Liter Luft innerhalb von 24 Stunden, saugt Sauerstoff an und gibt Kohlendioxid ab.
Ein Wunder, das wir viel zu oft als selbstverständlich erachten. Nun, es ist in der Tat eine unwillentliche Funktion; auch ohne unsere Achtsamkeit kommt und geht der Atem, ob wir das wollen oder nicht, ob wir arbeiten, relaxen oder schlafen, der Atem hält unsere Organe, Muskeln, Systeme, unsere Zellen funktionsfähig. Nun könnten Sie denken: Alles gut, warum also sich Gedanken um den Atem machen? Sie könnten sogar den alten Manager-Spruch zum Besten geben: Don’t change a running system – und weitermachen wie bisher. Einatmen. Ausatmen. Keinen Gedanken daran verschwenden, denn es gibt bereits genügend Aufgaben auf Ihrer Agenda. Sie sind nun mal kein Mensch, der Probleme thematisiert, wo offensichtlich keine sind. Aber Halt. Hier werfe ich ein, weil ich es als Trainer für atembasierte Achtsamkeit nahezu täglich erfahre: Gerade in der heutigen Zeit stehen wir oft unter Druck, und Druck wirkt sich auf die Qualität des Atems aus, und diese wiederum hat Einfluss auf die Energie, die Emotionen, auf die Leistungskraft.
Vermutlich kennen Sie das: Sie starten gut gelaunt in den Tag, sehen positiv dem entgegen, was da kommen mag. Sie strecken sich im Bett, atmen durch – und greifen nach dem Smartphone. Sie gehen im Gedankensprint die Termine des Tages durch, bevor Sie aufstehen, die Espressomaschine anwerfen und die Nachrichten checken. Was Sie lesen, gefällt Ihnen nicht – und augenblicklich reagiert Ihr Atem. Er wird schnell, flach – und diese mangelnde Qualität des Atmens verändert Ihre Emotion, sie ruft Ärger hervor und das wiederum bringt Ihren Hormonhaushalt in Unruhe, Adrenalin und Noradrenalin fluten das Blut, aus Ärger wird Wut, was Ihren Atem noch mehr aus dem Takt bringt. Ihre Gehirnwellen ändern sich, wechseln von niedrigen Beta-Wellen zu hohen Beta-Wellen, denn Atem und Emotionen beeinflussen sich gegenseitig, das eine triggert das andere. Wenn es Ihnen nicht gelingt, den Atem wieder zu drosseln, ihm Tiefe und Qualität zu geben, dann entsteht eine Inkohärenz zwischen Geist und Körper, und Ihre Systeme geraten in eine Schräglage. Das nennt man Stress.
Während im vergangenen Jahrhundert das Wissen und die Expertise die Erfolgsgeschichten für Entscheider und Entscheiderinnen schrieb, so hat sich das heute geändert. Seit alles Wissen im Internet abrufbar ist, seit Studien, Artikel, Methoden umfassend digitalisiert und für alle zugänglich sind, haben sich die Ansprüche an Top-Führungskräfte gewandelt. Fachwissen führt die Hitliste der Karrierekriterien nicht mehr an. Ein Harvard-Business-Abschluss stellt längst keine Garantie mehr auf einen erstklassigen Posten dar. Vielmehr sollte sich zu besten Referenzen eine sichtbare, messbare emotionale Intelligenz fügen. Erst dann haben Sie Aussichten, Ihren Eliteabschluss zu Geld und Ansehen zu machen. Aber wie kann das gelingen? Wie kann emotionale Intelligenz zu einem Merkmal Ihrer Persönlichkeit werden?
Haben Psychologen bislang behauptet, dass der Grundstein für den EQ ausschließlich in den ersten fünf Lebensjahren gelegt wird, dass sich emotionale Intelligenz nur positiv entwickeln kann, wenn die Sozialisierung, die Pädagogik und auch die genetische Veranlagung sich zu einem Dreiklang fügen, so weiß man es heute besser: Neurowissenschaftler weisen darauf hin, dass die Amygdala, unser emotionales Zentrum im Gehirn, durch den Atem gesteuert werden kann. Diese mandelförmig angelegte neokortikale Struktur des limbischen Systems reagiert auf Rhythmus und Intensität unseres Atems! Ich finde die Einsicht bahnbrechend, denn sie erlaubt es, die emotionalen Reaktionen, die dort zum Teil gespeichert wurden, zu verändern. Was also in frühen Jahren schiefgelaufen sein mag, das muss nicht für alle Zeiten gelten. Sie haben die Macht, dieses zu korrigieren und fortan Ihren Emotionen eine andere, eine hellere Farbe zu geben, Sie können emotionale Reaktionen, motorische Abläufe, sogar gespeicherte Gedächtnisinhalte anders bewerten, durch atembasierte Achtsamkeit kann Ihnen das gelingen.
In den vergangenen 20 Jahren haben mehr als 500 000 Mitarbeitende und Führungskräfte die TLEX-Methode mit großem Erfolg praktiziert. Und die neueste Forschung der Neurophysiologie kann endlich wissenschaftlich belegen, was die Yogis zum Beispiel in den Patanjali Yoga Sutras, einem Standardwerk des Yogas, schon vor Jahrtausenden postulierten: Wir können das Mindset mit dem Atem beeinflussen, die Emotionen lenken, den Energiehaushalt optimieren und letztendlich dem Leben mehr Tiefe geben, und zwar durch Atemtechniken, sogenannte Pranayamas. »Prana« ist nach dem Sanskrit die Lebens-energie, die jedem Menschen zur Verfügung steht, und »Ayama« bedeutet, diese Energie bewusst in uns zu beherbergen und zu steuern. Grund genug, um uns die Konsequenzen des bewussten Atmens näher anzusehen.
Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein Freund von Zahlen und Fakten bin. Ich brauche Beweise, um überzeugt zu werden. Während schöne Worte uns schnell auf falsche Fährten führen können, ist die Wahrheit der Zahlen für mich relevant. Deshalb sei hier eine große Studie über High Performer erwähnt. Forschungsergebnisse von Travis Bradberry und Jean Greaves, beides weltweit anerkannte Experten für emotionale Intelligenz, zeigen, dass erfolgreiche Menschen mehr noch als kognitive Intelligenz einen hohen Grad an EQ aufweisen.1 Und damit wird Empathie zu einem entscheidenden Merkmal im Charakter, wenn es um die führenden Positionen in Unternehmen geht. Wobei ich mir auch gut vorstellen kann, dass Sie unweigerlich an Ausnahmen denken, die jedoch die Regel bestätigen.
Empathie ist übrigens jene Fähigkeit, die Stimmungen und Launen der anderen wahrzunehmen, ihre Freuden und Sorgen nachvollziehen zu können. Dann sind wir fähig zu erkennen, was der andere tut, fühlt, denkt. Es werden die Spiegelneuronen im Gehirn aktiv und vermitteln uns ein Bild davon, was in der anderen Person vor sich geht. Ja, es gibt eine tiefe Sehnsucht in der technologisierten Welt nach Harmonie, Wertschätzung, Motivation und Dynamik. Es arbeitet sich im Team besser, wenn die Führungskraft feinfühlig ist. Aber mit einem hohen EQ geschieht noch Weiteres: Der Grad der Selbstregulierung wird erhöht, die Selbstwahrnehmung findet statt und die Eigenmotivation steigt. All das lässt sich mit der atembasierten Achtsamkeit trainieren. Experten nennen diesen Zustand des erhöhten Gewahrseins das aufmerksame Agieren im Moment.
Wenn wir im Moment bleiben, sind wir emotional präsent und leistungsbereit. Man weiß aus der oben genannten Studie, dass 90 Prozent der High Performer über einen hohen EQ verfügen. Da mag es wie eine gute Botschaft klingen, dass sich der EQ durch den Atem steuern und steigern lässt. Zwar gibt es eine angeborene Grundtendenz zu den Persönlichkeitsmerkmalen Offenheit, Neugierde, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit oder Neurotizismus, aber an der emotionalen Intelligenz können wir feilen. Wir können die Dominanz eines Merkmals zugunsten eines anderen verändern. Durch den Atem können wir aktiv an Konditionierungen arbeiten. Ich kann das bestätigen, denn ich habe es als junger Mann erlebt.
Ich war das, was man ein schwieriges Kind nennt. Unruhig, unkonzentriert, bei Lehrern unbeliebt, in der Klasse war ich zu meinem eigenen Erstaunen der Schlägertyp. Da ich sportlich und stark war, drohte ich jedem Prügel an, der mir zu nahekam, und machte diese Drohung wahr, wenn man mir zu frech oder fordernd begegnete. Gab es auf dem Schulhof in einer Ecke eine Rangelei, war ich beteiligt. Sie können sich vorstellen, dass meine Eltern oft vor dem Schreibtisch des Direktors saßen, im Rücken die Klassenlehrerin, die sich beschwerte: »So geht das nicht weiter. Entweder Sie erziehen dieses Kind, oder ich übernehme nicht länger die Verantwortung in der Klasse.«
Nun, meine Eltern taten das Einleuchtende: Sie meldeten mich im Fußballverein an, damit ich mich auspowern konnte. Irgendwo, so sagten sie sich, muss der Junge hin mit seiner Kraft, mit seiner Wut; er soll sie sich herunterrennen. Und das tat ich! Innerhalb von einem Jahr war ich der Star der Mannschaft. Ich war schnell, konditionsreich, kreativ – und zum Erstaunen meiner Eltern und Trainer wurde ich ein Teamplayer, denn plötzlich hatte ich ein Ziel: Der Ball sollte ins Netz, wenn es sein sollte mithilfe der anderen. Für mich gab es keine Alternative zu meinem Plan, später einmal in der Schweizer Nationalelf zu spielen.
Ich kann mich gut erinnern, dass ich als 13- oder 14-Jähriger oft dachte: Für den Traum, Fußballprofi zu werden, würde ich alles, absolut alles hergeben. Und doch spürte ich innerlich, dass ich das nie erreichen würde, dass das Schicksal etwas anderes mit mir vorhatte. Geprügelt jedenfalls hatte ich mich nicht mehr, denn ich hatte anderes, viel Größeres im Sinn als die Pausenkeilerei. So brachte ich die Schule einigermaßen zufriedenstellend hinter mich und fand, nun wäre es Zeit für den Karriereschritt – und da geschah das Unfassbare: Ich stürzte hart beim Training, verletzte meine Wirbelsäule, konnte kaum noch atmen, mich kaum bewegen. Im Moment des Sturzes wusste ich: Das ist mein sportliches Ende, das Ende meiner Träume.
Fünf Jahre lang absolvierte ich Krankenhausaufenthalte, Physiotherapien, Psychotherapie, Personal Fitness. Aber die Schmerzen, die Bewegungseinschränkungen, die Traurigkeit in mir blieben. Es war, als würden Körper und Geist die Heilung verweigern. Heute weiß ich: Der Schock über das Platzen meines Traumes vom Fußballprofi und die plötzlich erfahrene Verletzbarkeit ließen meinen Körper sich zusammenziehen. Alles blieb eng, gestaucht, es gab in mir keinen Impuls, irgendetwas zu verändern, denn ich hatte keinen Plan mehr vom Leben. Und als vier Jahre später die Schmerzen immer noch nicht weg waren, hatte mich eine Depression in den Krallen und ich war mir sicher, dass die körperlichen Schmerzen nie weggehen würden. Ich kann mich noch erinnern, wie ich meinen Eltern sagte: »Wenn da kein Wunder geschieht, werde ich nicht älter als 30.« Ich hangelte mich durch die Jahre, ertrug Therapiestunden und Sanitätshaustermine, ließ mir Einlagen und Entlastungsschienen und -bänder verpassen, um mich einigermaßen aufrechtzuhalten. Bis zwei Dinge geschahen, die mir eine zweite Chance im Leben eröffneten.
Es war 1994, als mich eine Freundin auf das Atemseminar Art of Living aufmerksam machte. Mit dieser Methode, so hieß es, könnten sich Blockaden lösen und könnten Schmerzen beseitigt werden. Genau das war mein Bestreben: Ich wollte endlich ohne Schmerzen sein. So besuchte ich mit Freunden ein Seminar und kurz darauf an Weihnachten 1994 das einwöchige Retreat mit dem großen Yogi Sri Sri Ravi Shankar. Hundert Männer und Frauen saßen auf dem blanken Boden im Schneidersitz eines Hotels am Vierwaldstättersee und lauschten seinen Worten. Auch ich folgte den Anweisungen und spürte – nichts. Enttäuscht sprach ich den Lehrer darauf an, und vielleicht war es dieses kurze Gespräch, das etwas in mir veränderte. Er sagte: »Christoph, fokussiere nicht, betreibe nicht, sei einfach im Moment, nimm in einer neutralen Weise wahr, was ist. Mehr ist nicht zu tun, außer zu atmen.«
Für einen wie mich, der Dynamik und Schnelligkeit liebte, der einen ungestümen Charakter verloren hatte und ihn wie nichts anderes zurücksehnte, war dieser Hinweis wie ein zusätzlicher Schmerz: Ich sollte annehmen, was war? Ich sollte mein Unglück neutral betrachten? Aber ich wollte es doch verändern! Nun, in diesem einen Hinweis, anzunehmen, was ist, mag sich der gesamte Zauber des Atmens entfalten. Das Gewahrsein im Moment ist die Grundlage für alles, was geschehen kann, wenn wir von Zwang und Ziel loslassen, wenn wir vielmehr unseren Glauben an das Gute, das Richtige stärken und die Gewissheit haben: Wir dürfen locker sein, gelassen bleiben, wir dürfen darauf vertrauen, dass alles, was wir für unser gelingendes Leben brauchen, bereits in uns ist. Wir können es aktivieren, wenn wir den Energiehaushalt optimieren, und zwar durch den Atem. Denn der Atem ist es, der uns mit allen Organen, Muskeln, Zellen, mit unserer Seele verbindet. Und in dieser Kohärenz liegt die ungemeine Kraft.
Drei Jahre später zog es mich dann nach Indien, ich wollte Sri Sri Ravi Shankar höchstpersönlich treffen. Ich praktizierte jeden Tag atembasierte Achtsamkeit. Doch woher kamen diese Techniken wirklich – und passten diese Ursprünge wirklich zu mir, dem Schweizer, dem überwiegend rational veranlagten Zappelphilipp? Immerhin hatten mir die Anleitungen zumindest wieder eine Arbeitsfähigkeit beschert. 20 Minuten körperliche Arbeit ohne Unterbrechung waren möglich, und auch ein kurzes Fitnessprogramm absolvierte ich nahezu schmerzfrei. Doch es sollte noch besser kommen. Ich ließ mich in die alte Welt des Atmens einweisen, begann mit Yoga, mit den fließenden Asanas vom Atem getragen. Und ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen, dass ich eines Abends für mich allein an einem sehr ruhigen Platz, im Ashram direkt am örtlichen See, zusätzliche Yogaübungen praktizierte. Und da geschah es, völlig unbeabsichtigt und unerwartet nahm ich ein überwältigendes Gefühl wahr, als würde mein Inneres weit, als wäre in Geist und Körper die Unendlichkeit. Ich hatte eine Idee von inneren Bewegungen, von einem körperlichen Ausdruck, den ich zuvor nie wahrgenommen hatte, war doch das Fußballspiel mein einstiges Talent. Aber mein Körper fing an, sich wie von selbst zu bewegen, für einen Moment war ich nur der Beobachter, nicht der, der die Übungen anleitete. Meine Geschmeidigkeit, die ich seit vielen Jahren nicht mehr gespürt hatte, nach der ich mich gesehnt hatte, kam zurück. Ich löste die Stützbänder, warf die Einlagen fort und fasste den Entschluss: Nun würde ich meinen Körper wieder fordern und fördern und meine Gesundheit Schritt für Schritt zurückerlangen.
Und so war es auch. In den Monaten danach haben sich meine Jahre währenden Blockaden gelöst. Der Schock des Unfalls war endlich überwunden. Hatte der Atem die Energie umgeleitet? Raus aus der Depression und rein in die Zuversicht, in das Vertrauen in meinen Körper und Geist? Es ging stetig bergauf und nach sechs Monaten konnte ich wieder acht, neun Stunden schmerzfrei arbeiten! Es mutete wie ein neu geschenktes Leben an. Und wenn Glück für mich seither zu benennen ist, so lautet das Synonym dafür: Inspirare – das Nutzen der Kraft des Atems.
Mit jedem Atemzug dürfen wir entscheiden, lebendig zu sein. Und damit verändern wir alles, was in und um uns herum geschieht. Natürlich gibt es mannigfaltige Gründe für Unglück. Das ist nicht schönzureden! Aber dennoch können wir beeinflussen, wann wir unsere Lebensenergie erhöhen und wieder Lust auf Leben spüren. Denn der kontinuierliche, richtige, gehaltvolle Atem kann Ihnen die Kraft geben, die Sie über die Klippen des Schicksals laufen lässt – und diese Einsicht ist fast so alt wie die Meditationen der Yogis. Rückblickend auf meine eigene Geschichte kann ich sagen: Erst vor 30 Jahren habe ich die Kraft des Atmens erkannt, ich hatte 22 Jahre mit diesem Schatz in mir gelebt und von seiner Existenz nichts gewusst. Mein Anliegen in diesem Buch ist es, Ihnen den Zugang zu diesem Schatz zu zeigen, es ist Ihre Präsenz, die Sie wie einen Muskel täglich trainieren sollten, um von seinem Wert und seiner Leistungsfähigkeit zu erfahren.
Als Führungskraft tragen Sie die Verantwortung für einen achtsamen Führungsstil im Unternehmen. Das bedeutet, sich nicht getrieben zu fühlen, auch in schwierigsten Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Denn Sie sind die Person, an welcher sich Ihre Mitarbeitenden orientieren, und nichts hat einen größeren Hebel auf die Gesundheit der Mitarbeitenden als Ihr Verhalten, Ihre Vorbildfunktion. Ich halte den achtsamen Führungsstil für umso wichtiger in einer schnelllebigen Zeit. Wenn wir bedenken, dass ein Unternehmen noch vor 100 Jahren rund 67 Jahre auf dem Markt bestehen konnte, so sind es heute lediglich 15. Und die Beschleunigung wird weitergehen. In den letzten zwei Jahren wurden 90 Prozent aller Daten generiert! Nie zuvor wandelte sich unsere Arbeitswelt rasanter. Da muss ich kein Hellseher sein, um Ihnen zu sagen, dass laut neuester Studien in fünf bis zehn Jahren bis zu 50 Prozent aller Stellenprofile schlichtweg überflüssig sein werden im Zeitalter der künstlichen Intelligenz. Das alles aber soll uns nicht in eine mentale Krise bringen, sondern klarmachen: Um in Zukunft erfolgreich in der Arbeitswelt zu bestehen, brauchen wir genau zwei Dinge: dynamisches Handeln und innere Ruhe.
Diesen augenscheinlichen Widerspruch können wir durch gezielte Atemübungen lösen, denn egal wie groß die Herausforderung ist, sie findet immer jetzt statt, in diesem Augenblick.
Gehirnforscher weisen darauf hin, dass der gegenwärtige Augenblick, das Jetzt, nur Bruchteile von Sekunden dauert.2 Einatmen. Ausatmen. Vorbei. Das ist Ihre Präsenz, Ihr ganz persönliches Jetzt. Danach wird dieser Moment als chemisch-elektrischer Impuls als Vergangenheit im Hippocampus abgelegt. Sie können diesen Moment nicht wiederholen, können ihn nicht für ungültig erklären. Worte, die gesagt, Gefühle, die ausgedrückt wurden, ein Atem, der vorüber ist, können Sie niemals wiederholen! Mir wurde das damals in Indien klar. Als ich dieses Glück im Atem empfand, weil alles in mir im Einklang war, weil nichts gegeneinander arbeitete, sondern in Harmonie schwang, da wusste ich, ich habe dank der atembasierten Achtsamkeit meinen Wesenskern gestreift. Und ich bin zutiefst überzeugt: Tief in mir, tief in Ihnen, tief in jedem Menschen dieser Welt gibt es einen Raum der Ruhe, der Orientierung, der Freude. Und der Atem ist einer der kraftvollsten Schlüssel dazu.
Es geht um das Loslassen, das absichtslose Sein, das Sie für wenige Minuten am Tag trainieren können. Mit dem Ein- und Ausatmen und dem Gewahrsein für diesen einen Moment werden Sie Ihren Wesenskern bewusst wahrnehmen. Wenn Sie mir auf den nächsten Seiten durch diese Atemübungen folgen, könnten Sie völlig überraschend Lösungen, Ideen, kreative Ansätze entdecken, zu welchen Sie bisher keinen Zugang hatten. Das verhält sich ähnlich wie mit den Geistesblitzen, von denen selbst Albert Einstein beklagte, dass sie nicht zuverlässig bei der Arbeit, sondern viel eher unter der Dusche, beim Spazierengehen, beim Musizieren kämen, fernab vom gedanklichen Drehen im Problem. Als Trainer für atembasierte Achtsamkeit kann ich diese Aussage unterstreichen und hinzufügen: Bereits die Yogis, die im Himalaya den Zustand der inneren Gelassenheit erreichten, taten seit jeher nichts anderes als ein- und auszuatmen. Sie drosselten ihre Gehirnwellen bis in den Deltabereich – jene Frequenz aus 0,2 bis 3 Hertz des Tiefschlafs, in der das Bewusstsein ausgeschaltet ist und heilende Hormone ausgeschüttet werden.
Oft jedoch agieren Managerinnen und Manager, wenn sie morgens aufwachen, wie zuvor beschrieben: Sie manövrieren sich mit einem einzigen Griff zum Smartphone augenblicklich in den Betabereich. Die Impulse des Gehirns steigen auf 18 bis 35 Hertz, da wird also hochgepusht, was zuvor Entspannung war. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass sich die Atmung verflacht, der Brustkorb zusammenzieht, dass das Herz schneller schlägt, um die Organe mit Blut und Nährstoffen, mit Sauerstoff zu versorgen. Ja, der teuflische Kreislauf des Stresses beginnt mit dem Aufstehen. Schade. Denn die gewinnbringende Alphawellenphase, jene, die uns im Halbschlaf den Zugang zum Unterbewusstsein noch einen Spalt offenhält, die überspringen wir mit Anlauf. Mein Anliegen ist es also, Sie durch die Erfahrung zwischen Alphawellen und Betawellen in einer Aufmerksamkeit, Achtsamkeit, in einem entspannten konzentrierten Gewahrsein zu halten. Denn damit lebt es sich leicht und vor allem energiereicher. Das ist die Grundlage für achtsame Führung.