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Liebe? Heiraten? Nichts für Milliardär Alex Kotana! Dafür genießt er sein Junggesellenleben viel zu sehr. Auch mit seiner hübschen Assistentin Harriet will er jetzt nicht mehr als eine leidenschaftliche Nacht im Luxushotel verbringen. Doch dann erfährt er von den süßen Folgen …
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Seitenzahl: 177
IMPRESSUM
Auch ein Milliardär braucht Liebe erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2016 by Miranda Lee Originaltitel: „The Billionaire’s Ruthless Affair“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 426 - 2017 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Valeska Schorling
Umschlagsmotive: GettyImages_g-stockstudio
Veröffentlicht im ePub Format in 11/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751504379
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Eigentlich müsste ich besser drauf sein, dachte Alex, als er mit seinem Kaffeebecher auf die Terrasse seines Penthouse ging. Er erschauerte in der kühlen Morgenluft. Es würde jedoch bald wärmer werden, denn die Sonne ging bereits auf. Der Winter in Sydney war ein Picknick, verglichen mit dem in London. Er war froh, wieder zu Hause zu sein, aber aus irgendeinem Grund nicht wirklich glücklich.
Ich bin ein Idiot, dachte er, während er die Skyline der Stadt betrachtete. Schließlich hatte er alles erreicht, was er sich je vorgenommen hatte. Mit nur vierunddreißig Jahren hatte er genug Geld, um alle Wohltätigkeitsprojekte fördern zu können, die ihm am Herzen lagen.
Nach seinem Rhodes-Stipendium an der Universität von Oxford hatte er vor mehr als zehn Jahren ein Unternehmen in London gegründet – zusammen mit seinen zwei besten Freunden aus Oxford. Damals hatten sie eine völlig heruntergekommene Weinbar gekauft und damit den Grundstein für einen internationalen Konzern gelegt. Aus der einen Weinbar waren zwei geworden, dann drei, zehn und schließlich ein Franchise-Unternehmen.
Sergio war derjenige gewesen, der die Idee dazu gehabt hatte.
Zum ersten Mal an diesem Morgen musste Alex lächeln, wie immer, wenn er an Sergio dachte. Genauso ging es ihm bei Jeremy, so unterschiedlich die beiden auch waren. Sergio nahm das Leben manchmal viel zu ernst, während Jeremy … Großer Gott, wie sollte man ihn am besten beschreiben? Manche bezeichneten ihn als Playboy, doch Alex wusste, dass Jeremy im tiefsten Innern hochanständig, großzügig und loyal war, auch wenn er mehr Charme und Geld hatte, als gesund für ihn war. Und jetzt war er sogar noch reicher, nachdem der Verkauf ihres Franchise-Unternehmens sie alle zu Milliardären gemacht hatte.
Alex’ Lächeln erlosch, als ihm bewusst wurde, dass dieser Verkauf ihren engen Kontakt zerstört hatte. Er zweifelte nicht daran, dass sie Freunde bleiben würden, aber es würde nicht mehr so sein wie früher, als sie sich regelmäßig in London gesehen hatten. Sergio war inzwischen nach Mailand zurückgekehrt, um sich um die krisengeschüttelte Firma seiner Familie zu kümmern, während Alex keinen Grund mehr hatte, nach England zurückzukehren.
Aber so war das Leben nun einmal. Die Dinge veränderten sich ständig.
Er warf einen Blick auf die Armbanduhr. Schon fast acht. Er würde zu spät zur Arbeit kommen, etwas, das ihm eigentlich so gut wie nie passierte.
Harry fragte sich bestimmt schon, wo er steckte. Hoffentlich war sie wegen seiner schlechten Laune gestern nicht sauer auf ihn. Nicht, dass sie ihm das übel genommen zu haben schien. Sie war zwar noch relativ jung, aber trotzdem die professionellste und vernünftigste Assistentin, die er je gehabt hatte.
Alex trank seinen Kaffee aus und ging in die Wohnung zurück, um seinen Becher in den Geschirrspüler zu stellen. Er griff nach seinem Handy und den Schlüsseln und ging zum Fahrstuhl. Als die Fahrstuhltür aufglitt, klingelte sein Handy. Alex lächelte, als er sah, dass Jeremy am Apparat war.
Wenn man vom Teufel spricht!
„Was für ein Zufall! Ich musste gerade an dich denken.“ Alex betrat den Fahrstuhl und drückte auf den Knopf für die Tiefgarage.
„Das ist ja beunruhigend“, antwortete Jeremy mit jener tiefen männlichen Stimme, die bei seiner Statur viele Menschen verblüffte. „Hast du nichts Besseres zu tun? Du solltest damit beschäftigt sein, noch mehr Millionen zu scheffeln. Oder vielleicht auch nicht, du gibst sie ja doch nur wieder weg.“
Alex grinste. „Hast du getrunken?“ In London musste es später Abend sein.
„Kann man wohl sagen. Ich bin auf einer Party. Einer Verlobungsparty genau genommen.“
Alex unterdrückte ein Stöhnen. Vermutlich heiratete mal wieder einer von Jeremys Brüdern – vielleicht sogar seine Mutter oder sein Vater. Die Gründe für Jeremys negative Einstellung zur Ehe waren nicht schwer zu erraten. Er glaubte nicht daran, dass Gefühle von Dauer waren.
Alex hatte auch nichts mit der Institution Ehe am Hut, aber nicht, weil er ein Skeptiker oder Zyniker war. Er glaubte an die große Liebe, vorausgesetzt, man fand die Richtige. Er hatte nur kein Interesse an einer Seelenverwandten, und zwar aus persönlichen Gründen, allen voran das Versprechen, das er seiner Mutter auf dem Sterbebett gegeben hatte.
„Gott hat dich aus einem ganz bestimmten Grund so intelligent gemacht“, hatte sie zu ihm gesagt. „Versprich mir, dass du deine Talente nicht verschwendest. Nutze sie für etwas Positives. Tu Gutes.“
Und genau daran hatte Alex sich gehalten. Doch ein hingebungsvoller Philanthrop zu sein kostete viel Zeit und Energie – da blieb einfach nicht genug für eine Ehefrau und eine Familie übrig. Und ehrlich gesagt, gefiel es ihm, Junggeselle zu sein. Er lebte gern allein, frei von emotionalen Verpflichtungen und vermeintlichem Gefühlschaos.
„Und? Wer kommt diesmal unter die Haube?“, fragte er Jeremy auf dem Weg zu seinem SUV. „Doch hoffentlich nicht deine Mutter?“ Sie hatte sich letztes Jahr von ihrem dritten Mann scheiden lassen, nachdem sie herausgefunden hatte, dass er mit seiner Personal Trainerin schlief.
„Nein, Gott sei Dank nicht. Es wird dich überraschen zu hören, wer es ist.“
„Ach ja?“, fragte Alex verdutzt. „Warte mal einen Moment, ich steige gerade in meinen Wagen. Bin auf dem Weg zur Arbeit.“ Alex ließ sich hinter das Lenkrad gleiten und stellte eine Bluetooth-Verbindung für sein Handy her. „Okay, jetzt läuft alles“, sagte er, während er rückwärts aus der Parklücke fuhr.
„Machst du eigentlich auch mal etwas anderes als arbeiten?“, fragte Jeremy trocken.
„Klar. Ich esse auswärts, treibe Sport und habe jede Menge Sex. Ähnlich wie du, mein Freund.“
„Bist du immer noch mit dieser Lisa zusammen, von der du mir erzählt hast – dem Mädchen mit dem nervigen Kichern? Oder hast du mittlerweile Schluss mit ihr gemacht?“
„Ja, sie ist passé“, bestätigte Alex stirnrunzelnd. Lisa war immer noch ein wunder Punkt für ihn. Er hatte ihr letzte Woche taktvoll beibringen wollen, dass es vorbei war, doch sie hatte tatsächlich die Nerven gehabt, ihm zuvorzukommen. Anscheinend hatte sie einen Job auf einem Kreuzfahrtschiff angenommen.
„Ich will nicht über Lisa reden“, sagte er kurz angebunden. „Jetzt verrat mir endlich, wer heiratet.“
„Halt dich fest: Es ist Sergio.“
„Was ist so überraschend daran? Er hat mir schon erzählt, dass er sich nach seiner Rückkehr nach Italien eine Frau suchen will. Auch wenn ich nicht so schnell damit gerechnet hätte.“
Jeremy lachte. „Wenn du wüsstest! Die Hochzeit ist schon in gut zwei Wochen.“
„Großer Gott! Wozu die Eile? Die Braut kann ja wohl kaum schwanger sein. Sergio ist erst seit ein paar Wochen in Italien.“
„Soweit ich weiß, ist Bella nicht schwanger.“
Alex trat so heftig auf die Bremse, dass der Fahrer im Wagen hinter ihm wütend hupte. Alex riss sich zusammen und zwang sich, ruhig weiterzufahren, um keinen Unfall zu verursachen. „Du solltest mir so was nicht erzählen, während ich im Auto sitze“, schalt er seinen Freund. Schließlich war Bella die Bella, berühmter Broadwaystar und Sergios frühere Stiefschwester. Sergio hatte seinen Freunden vor zwei Jahren gestanden, dass er schon immer scharf auf sie gewesen war.
Selbstverständlich hatten sie ihm beide geraten, sie sofort zu vergessen.
Und genauso selbstverständlich hatte er ihren Rat nicht befolgt.
„Glaub mir, ich bin ebenso schockiert wie du. Noch viel verstörender war jedoch, Sergios verrückte Obsession mit eigenen Augen anzusehen.“
„Wie meinst du das?“
„Ich wusste, dass Sergio in seiner Villa am Comer See ist, also habe ich gestern beschlossen, ihn an seinem Geburtstag zu überraschen und rüberzufliegen.“
„Oh Gott, sein Geburtstag! Den habe ich ja total vergessen.“
„Du vergisst Geburtstage immer. Wie dem auch sei, ich bin natürlich davon ausgegangen, dass Sergio allein ist. Er hat gesagt, dass er vor der Übergabe der Firma seiner Familie Urlaub machen will, aber anscheinend hatte ich ihn missverstanden, denn als ich ankam, war er in Mailand und stattdessen Bella in der Villa. Sie hat behauptet, unter einem Burnout zu leiden und Sergio deshalb gefragt zu haben, ob sie seine Villa mieten kann. Natürlich hat er sie ihr kostenlos überlassen.“
Alex biss die Zähne zusammen. „Also hat sie sich wieder in Sergios Leben geschlichen und ihn verführt?“
„Sergio sagt etwas anderes. Dass er sie verführt hat nämlich.“
„Klingt nicht nach Sergio.“
„Sehe ich genauso, aber anscheinend hat es sich so abgespielt. Und dann hat der arme Idiot sich in sie verliebt.“
„Erwidert sie seine Gefühle, oder ist sie genauso wie ihre Mutter?“ Bellas Mutter war eine eiskalte und berechnende Frau, die Sergios verwitweten Vater geheiratet hatte, um die Gesangs- und Tanzkarriere ihrer Tochter zu finanzieren, und sich von ihm hatte scheiden lassen, als Bellas Karriere ins Rollen kam. „Weiß Bella, dass er inzwischen Milliardär ist?“
„Keine Ahnung. Das hier ist das reinste Irrenhaus.“
Genervt verdrehte Alex die Augen. „Du musst doch einen Eindruck von ihr haben. Ob sie ehrlich ist oder nicht.“
„Tja, so ungewöhnlich das bei einem Zyniker wie mir auch klingen mag, aber ich glaube, sie ist tatsächlich in ihn verliebt.“
„Vergiss nicht, dass sie Schauspielerin ist“, erwiderte Alex scharf.
„Wer ist hier jetzt der Zyniker? Wie dem auch sei, die Hochzeit ist am einunddreißigsten Juli. Ich nehme an, dass Sergio dir bald Bescheid sagen wird. Er will uns als Trauzeugen, und ich habe ihm gesagt, dass wir uns geehrt fühlen. Wenn er dich also anruft, versuch, enthusiastisch zu klingen, denn er wird seine Meinung nicht ändern. Der Mann ist völlig verrückt nach Bella. Wir können jetzt nichts weiter für ihn tun, als für ihn da zu sein und hinterher die Scherben einzusammeln, falls alles in die Brüche geht.“
Alex bezweifelte, dass er Sergio von Australien aus eine Hilfe sein konnte, doch er wäre gern sein Trauzeuge. Plötzlich hatte er einen Kloß im Hals und konnte für einen Moment nicht reden, doch Gott sei Dank kam Jeremy ihm zuvor.
„Ich muss jetzt auflegen, Claudia sucht schon nach mir. Vergiss nicht, einen Flug zu buchen, und mime um Himmels willen Begeisterung, wenn Sergio dich anruft. Ciao.“ Jeremy legte auf.
Alex stöhnte bei der Vorstellung, Begeisterung vortäuschen zu müssen, wenn Sergio ihn anrief, doch er würde es tun – seinem Freund zuliebe. Das Schicksal spielte ihm wirklich einen üblen Streich mit Bella. Alex’ Meinung nach konnte diese Ehe nur in einer Katastrophe enden.
Einmal mehr sah Alex sich in seinem Entschluss bestärkt, sich nie zu verlieben und zu heiraten. Jemanden zu lieben und dann zu verlieren – entweder durch Tod oder Scheidung – kam für ihn nicht infrage. Niemals würde er riskieren, wie sein Vater zu enden oder das Opfer irgendeiner gerissenen Glücksritterin zu werden. Deshalb war er grundsätzlich nur mit Frauen zusammen, bei denen er sein Herz nicht aufs Spiel setzte. Frauen, die einfach nur etwas Spaß haben wollten.
Leider würde er in den nächsten zwei Wochen keine Zeit für Spaß haben, da er rund um die Uhr arbeiten musste – vorausgesetzt, er kam endlich in seinem verdammten Büro an. Arme Harry. Sie war bestimmt schon kurz davor, einen Suchtrupp loszuschicken.
Harriet machte es nichts aus, dass ihr Chef sich verspätete. Sie musste ihm nämlich etwas mitteilen, das sie ihm schon nach seiner Rückkehr aus London hätte anvertrauen sollen. Doch da war alles noch so frisch gewesen, dass sie bestimmt vor ihm in Tränen ausgebrochen wäre, und das wäre ihm unter Garantie genauso unangenehm gewesen wie ihr.
Inzwischen waren mehrere Tage verstrichen, ohne dass sie ihm gestanden hatte, dass sie nicht mehr mit Dwayne verlobt war. Seitdem geriet sie mehr und mehr unter Druck. Insgeheim hatte sie gehofft, dass ihrem Chef ihr fehlender Verlobungsring auffallen würde, aber für solche Details hatte Alex leider keinen Blick. Wenn er arbeitete, nahm er nichts anderes um sich herum wahr.
Es ärgerte sie jedoch, dass es auch sonst niemandem bei Ark Properties aufgefallen war, was jedoch ihre Schuld war. Sie pflegte zwar einen freundlichen Umgang mit den Mitarbeitern, traf sich jedoch niemals privat mit ihnen. Ihr Freundeskreis hatte nichts mit der Arbeit zu tun.
Und bis vor Kurzem hatte sie natürlich auch Dwayne gehabt, der sich immer beschwert hatte, wenn sie spät von der Arbeit nach Hause gekommen war.
Hoffentlich würde ihr plötzlicher Singlestatus nichts an ihrer guten Arbeitsbeziehung mit Alex ändern. Er war ein toller Chef. Sie mochte ihn sehr und hatte den Eindruck, dass auch er sie mochte.
Beim Vorstellungsgespräch letztes Jahr hatte sie sich erst keine Chancen auf den Job ausgerechnet, so skeptisch hatte Alex sie von Kopf bis Fuß gemustert. Vielleicht hatte er befürchtet, dass sie sich an ihn heranmachen würde; immerhin war er einer der begehrtesten Junggesellen Sydneys. Als er jedoch erfahren hatte, dass sie verlobt war, hatte sein Verhalten sich schlagartig geändert. Ihre Antworten mussten ihm gefallen haben, denn er hatte sie vom Fleck weg engagiert.
Natürlich war ihr Lebenslauf auch hervorragend – abgesehen von ihrem schlechten Highschoolabschluss. Alex hatte jedoch großzügig darüber hinweggesehen, nachdem sie ihm erklärt hatte, dass ihr Vater damals seinen Arbeitsplatz verloren und sie deshalb drei Jobs hatte annehmen müssen, damit ihre Familie über die Runden kam. Eine kleine Notlüge, wegen der sie jedoch keine Schuldgefühle hatte. Ihre Kindheit und Jugend gingen den Chef von Ark Properties nichts an.
Ihre Arbeitsmoral und ihre Karriere in der Immobilienbranche hatten ihn tief beeindruckt. Es hatte ihn noch nicht einmal gestört, dass sie bis dahin noch nie als Assistentin gearbeitet hatte. Er brauchte jemanden, der während seiner Abwesenheit das Büro übernehmen konnte, was wegen seiner geschäftlichen Verbindungen nach England bis vor Kurzem oft der Fall gewesen war. Er redete jedoch nicht viel darüber. Manchmal konnte er ganz schön geheimniskrämerisch sein.
Doch anscheinend waren diese Verbindungen jetzt beendet, und er blieb dauerhaft in Sydney. Harriet hätte sich darüber gefreut, wenn ihr das längst überfällige Gespräch mit Alex nicht so schwer im Magen liegen würde. Die Aussicht darauf machte sie so nervös, dass sie kaum noch schlafen konnte. Also hatte sie letzte Nacht beschlossen, endlich in den sauren Apfel zu beißen und Alex gleich am nächsten Morgen die Wahrheit zu sagen.
Beim Anblick von Alex’ immer noch leerem Büro stieß sie einen ungeduldigen Seufzer aus und ging in den Pausenraum, um den Wasserkocher anzustellen. Alex wollte nach seiner Ankunft im Büro immer einen Becher schwarzen Kaffee. Vermutlich würde er sie auch losschicken, um einen Bagel zu holen. Der Mann war süchtig nach Bagels! Vielleicht sollte sie mit ihrer Neuigkeit warten, bis er etwas im Magen hatte, denn vorher war er oft mies gelaunt.
Sie öffnete den Schrank und nahm eine der kleinen Dosen teuren Katzenfutters heraus, die sie dort aufbewahrte. Beim Schnappgeräusch des sich öffnenden Deckels schoss eine große Katze ins Zimmer und strich schnurrend um Harriets Beine.
„Hast du Hunger, Romany?“ Harriet gab das Futter auf eine Untertasse und stellte sie auf den Fußboden. Das Tier stürzte sich auf das Fressen wie ein Verhungernder.
„Sie verwöhnen dieses Viech.“
Beim Klang von Alex’ Stimme drehte Harriet sich überrascht um. Sie hatte ihn gar nicht reinkommen hören. Mit seinem dunkelblauen Anzug, der die Farbe seiner Augen betonte und einen Kontrast zu seinem hellen Haar bildete, sah er wie immer fantastisch aus. Sein Hemd war strahlend weiß, und er trug eine schicke blau silber gestreifte Krawatte.
„Sie haben gut reden“, gab sie zurück. „Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie derjenige waren, der darauf bestanden hat, dass ich all diese teuren Katzenaccessoires kaufe?“
„Ich musste schließlich verhindern, dass meine Assistentin sich die Augen aus dem Kopf heult.“
„Das habe ich keineswegs.“
„Aber Sie waren kurz davor.“
Mag sein, dachte Harriet. Sie nahm die leere Untertasse, spülte sie gründlich ab und stellte sie weg, damit sich niemand vom Personal über den Geruch des Katzenfutters beschwerte. Nicht, dass das wahrscheinlich war, denn alle liebten Romany.
Nicht so Dwayne. Er hatte sich lauthals beschwert, als Harriet das arme Tier vor ein paar Monaten miauend unter ihrem Auto hockend gefunden und mit nach Hause genommen hatte. Er hatte darauf bestanden, dass sie das Tier gleich am nächsten Tag ins Tierheim brachte, was sie auch getan hatte – in der Hoffnung, dass sich ein gutes Zuhause finden würde.
Doch dazu bestand keine Chance, hatte man ihr versichert. Niemand wollte eine so alte Katze wie Romany. Da Harriet es nicht übers Herz gebracht hatte, sie einschläfern zu lassen, hatte sie sie mit zur Arbeit genommen, um sich zu erkundigen, ob sie jemand aufnehmen konnte. Als sich niemand gemeldet hatte, hatte Alex den Kater kurzerhand zum Büromaskottchen erklärt, sofort eine Katzenklappe zum Lagerraum installieren lassen und Harriet losgeschickt, um alles Nötige zu besorgen.
Seine Gutmütigkeit und Großzügigkeit hatten sie damals tief beeindruckt, vor allem weil sie in so krassem Gegensatz zu Dwaynes herzlosem Verhalten gestanden hatten. Sie bückte sich und nahm den Kater auf den Arm. Der Vorfall mit Romany war der Anfang vom Ende ihrer Beziehung mit Dwayne gewesen. Danach hatte sie ihn mit anderen Augen gesehen. Die rosarote Brille war definitiv weg gewesen.
Seine beharrliche Weigerung, Geld für wohltätige Zwecke zu spenden, war ohnehin schon ein wunder Punkt gewesen, genauso wie die Tatsache, dass er sich nicht an der Hausarbeit beteiligte. Als sie sich einmal bei ihrer besten Freundin Emily darüber beschwert hatte, hatte die nur gelacht und gesagt, dass Harry zu viel von Männern erwarte. „Sie wollen, dass wir uns um sie kümmern“, hatte sie erklärt. „Das ist genetisch. Sie sind die Beschützer und Versorger, während ihre Frauen für ein behagliches Zuhause sorgen.“
Harriet sah das anders. Sie wollte beides – einen interessanten Beruf und einen Ehemann, der sämtliche Punkte auf ihrer Mister-Right-Checkliste erfüllte. Dwayne hatte nur die ersten Punkte erfüllt, aber nicht den Rest. Sein Vorschlag, ein gebrauchtes Hochzeitskleid im Internet zu erstehen, hatte das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht.
„Und? Hat das Wasser schon gekocht?“, riss Alex sie aus ihren nicht allzu angenehmen Gedanken.
„Ja, es müsste schon heiß sein.“
Sanft setzte sie die Katze auf den Fliesen ab und nahm zwei Becher aus dem Schrank. „Es ist eigentlich gar nicht Ihre Art, zu spät zu kommen“, fügte sie hinzu und versuchte ihr Bestes, ihren nervösen Magen zu ignorieren. Vielleicht würde sie Alex heute doch noch nicht von Dwayne erzählen …
„Ich habe verschlafen“, erklärte Alex. „Und der Verkehr war die reinste Katastrophe. Ich hätte übrigens gern einen Bagel zu meinem Kaffee.“
„Wird erledigt. Ach, und Alex …“, begann sie, bevor er die Chance hatte, das Zimmer zu verlassen. „Haben Sie kurz Zeit? Ich … also … ich muss mit Ihnen reden.“
Er seufzte. „Hören Sie, Harry, wenn Sie sich wegen gestern beschweren wollen, können Sie sich das sparen, okay? Es tut mir leid. Ich habe meine schlechte Laune an Ihnen ausgelassen, was unverzeihlich war, aber ich bin auch nur ein Mensch. Wenn Sie es genau wissen wollen – ich habe am Wochenende mit Lisa Schluss gemacht.“
„Ach.“ Harriet überraschte das nicht wirklich. Von den drei Frauen, mit denen Alex während des letzten Jahres zusammen gewesen war, hatte Lisa sie am meisten genervt. Nicht nur wegen ihres albernen Lachens, sondern auch, weil sie ständig unangemeldet im Büro vorbeigekommen war. Alex hatte das genauso wenig gefallen wie Harriet. „Das tut mir leid“, fügte sie etwas verspätet hinzu.
„Mir nicht. Nicht wirklich.“ Alex musterte sie scharf. „Sie wollen doch nicht etwa kündigen, oder?“
Ihr schockierter Gesichtsausdruck schien ihn zu beruhigen, denn sein Blick wurde sofort sanfter. Das bestätigte Harriets Eindruck, dass Alex es nicht mochte, wenn man ihm in die Quere kam. Sie hatte ihn zwar noch nie ernstlich wütend erlebt, vermutete aber, dass er sehr aufbrausend sein konnte, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. „Nein, nichts dergleichen“, versicherte sie ihm hastig.
„Dann raus mit der Sprache, Harriet. Ich bringe schlechte Nachrichten immer gern hinter mich.“
„So schlimm ist es gar nicht.“ Es versetzte ihr einen kleinen Schreck, dass Alex sie plötzlich Harriet nannte. Sonst sprach er sie nur mit Harry an, was ihr gefiel. Der Spitzname hatte fast etwas Intimes und gab ihr das Gefühl, nicht nur Alex’ Assistentin, sondern auch seine Freundin zu sein. Doch offensichtlich hatte sie sich das nur eingebildet.
„Na ja, zumindest nicht für Sie“, fügte sie hinzu, während sie versuchte, die Traurigkeit zu ignorieren, die plötzlich in ihr aufstieg. Sie schluckte. „Die Sache ist die, Alex. Ich … ich habe meine Verlobung mit Dwayne gelöst.“
Im ersten Moment wirkte Alex schockiert, doch dann sah er Harriet voller Mitgefühl an.
Panik stieg in ihr auf, als sie spürte, dass ihr die Tränen in die Augen schossen.
„Tut mir leid, das zu hören, Harry“, sagte er sanft. „Wahnsinnig leid.“