Audrey - Dale Cooper - E-Book

Audrey E-Book

Dale Cooper

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Beschreibung

Detective Audrey Weaver führt es nach Cardiff, wo sie ihre walisischen Kollegen bei der Aufklärung eines Mordfalls unterstützt. Begleitet wird sie von dem attraktiven Vampir Vanessa. Im Rahmen der Ermittlungen kommt es zu Verwicklungen, die Audrey wieder einmal in Lebensgefahr bringen. Die Königin der Finsternis Catherine Drake versucht derweil alles, um Audrey in einen Vampir zu verwandeln und als Gefährtin für die Ewigkeit zu gewinnen. Ein packender Vampirkrimi, der einen bis zum Ende fesselt.

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Detective Audrey Weaver führt es nach Cardiff, wo sie ihre walisischen Kollegen bei der Aufklärung eines Mordfalls unterstützt. Begleitet wird sie von dem attraktiven Vampir Vanessa. Im Rahmen der Ermittlungen kommt es zu Verwicklungen, die Audrey wieder einmal in Lebensgefahr bringen. Die Königin der Finsternis Catherine Drake versucht derweil alles, um Audrey in einen Vampir zu verwandeln und als Gefährtin für die Ewigkeit zu gewinnen.

Ein packender Vampirkrimi mit einem grandiosen Finale.

Der Autor wurde 1967 in Hildesheim geboren und publiziert unter dem Pseudonym Dale Cooper Romane. Sein erster Roman „Der Vampir und die Polizistin“ wurde 2013 veröffentlicht. Außerdem hat er eine Reihe von Fachbüchern publiziert. Er lebt und schreibt in München.

Inhaltsverzeichnis

4. Oktober

5. Oktober

6. Oktober

7. Oktober

8. Oktober

9. Oktober

12. Oktober

13. Oktober

14. Oktober

15. Oktober

16. Oktober

17. Oktober

18. Oktober

19. Oktober

20. Oktober

21. Oktober

22. Oktober

23. Oktober

24. Oktober

25. Oktober

26. Oktober

11. November

4. Oktober

„Töte mich, Catherine!“

Die Königin der Finsternis umschlang mit ihren starken Armen den zarten Hals von Audrey Weaver und begann ihr langsam die Luft abzudrücken. Der Polizistin schwanden die Sinne. Doch Catherine Drake brachte es nicht über das Herz, ihrer Freundin das menschliche Leben endgültig zu nehmen. Obwohl Audrey eingewilligt hatte, sich von Catherine töten zu lassen, um anschließend in einen Vampir verwandelt zu werden. Aber wollte Audrey das wirklich? Oder war sie nur einem Moment der Schwäche erlegen, um der Königin zu gefallen? Mit diesen Zweifeln im Hinterkopf würde Catherine die Polizistin nicht umbringen. Aber was sollte sie stattdessen tun? Niemals zuvor hatte ein Mensch das Schloss des Throninhabers lebend verlassen. Catherine selbst war erst vor wenigen Tagen auf einer Ratsversammlung der Vampirliga auf der kleinen Insel Malta, südlich von Sizilien zum Oberhaupt aller Vampire gewählt worden. Damit durfte sie sich Königin der Finsternis nennen. Die hoffentlich rauschende Inthronisierungsfeier sollte erst Ende Oktober in Transsilvanien stattfinden. Ihr Ziel war es gewesen, Audrey auf der Feier ihren Untertanen als ihre neue Gemahlin vorzustellen. Dazu müsste Audrey aber vorher in einen Vampir verwandelt werden. Denn einen Menschen an der Seite einer Königin verboten die Statuten der Vampirliga ausdrücklich. Daran musste sich auch Catherine halten. Also würde sie sich schnell etwas überlegen müssen, um dieses Dilemma zu lösen. Denn ohne Audrey würde ihre Regentschaft nicht perfekt sein.

Da in das riesige Kellergewölbe unterhalb ihres Schlosses keine Sonnenstrahlen gelangen konnten, verzichtete Catherine tagsüber häufig darauf, sich in einem ihrer Särge auszuruhen. Auch wenn sie keinem UV-Licht ausgesetzt waren, spürten die Vampire den Unterschied zwischen Tag und Nacht. Tagsüber waren die Vampire eher träge und ihre Sinne nicht so geschärft wie nachts.

Mittlerweile war es vierzehn Uhr am Nachmittag und die Polizistin erwachte aus einer tiefen Bewusstlosigkeit.

„Was ist passiert, Catherine? Ich fühle keine wirkliche Veränderung in meinem Körper, bin nur etwas benommen. Hat die Umwandlung etwa nicht funktioniert und ich bin weiterhin ein Mensch? Wie lange war ich denn außer Gefecht?“

Catherine schaute auf die Polizistin, die ein hautenges, tief ausgeschnittenes rotes Kleid, welches mit dunkelroten Pailletten besetzt war, am Leibe trug. Ihr langes, blondes Haar fiel auf die Schultern. Sie war sonnengebräunt und ihr Busen spektakulär. Ihre blauen Augen sahen Catherine verträumt an, als diese sprach: „Ich konnte es nicht tun, Audrey! Ich bin mir einfach nicht sicher genug, ob du wirklich dein menschliches Leben für mich aufgeben möchtest und diese Entscheidung später nicht doch bitter bereust. Du würdest mir dann das Leben zur Hölle machen. Nach der Verwandlung gäbe es kein Zurück mehr. Ich liebe dich zu sehr, als ich dein Leben für alle Ewigkeit zerstören möchte. Bitte versteh das!“

„Ach, Catherine. Du weißt doch, dass ich dich auch über alles liebe und bis zum Ende unserer Tage mit dir zusammen bleiben möchte. Und wenn ich dafür in einen Vampir verwandelt werden muss, dann ist es eben das, was wir tun sollten.“

„Ich habe in den letzten Stunden viel darüber nachgedacht. Ich kann dich erst verwandeln, sobald ich wirklich hundertprozentig überzeugt bin, dass du diesen riesigen Schritt auch verkraften wirst. Ich habe schon zu viele Vampire gesehen, die nach der Verwandlung elendig zugrunde gegangen sind. Sie wollten kein menschliches Blut trinken oder der Sonnenentzug trieb sie in schlimme Depressionen. Dieses Schicksal möchte ich dir ersparen. Früher gab es natürlich auch noch kein synthetisches Blut, so dass in der heutigen Zeit wahrscheinlich weniger Vampire verrecken, obwohl sie zu viele Skrupel besitzen, um Menschen weh zu tun. Wir haben aber einige Wochen Zeit, bis wir eine endgültige Entscheidung treffen müssen. Bei meiner Inthronisierungsfeier möchte ich dich spätestens an meiner Seite sehen. Und das geht nur, wenn du bis dahin ein Vampir bist. In den nächsten Tagen solltest du dich noch einmal mit den Menschen treffen, die dir am Herzen liegen. Wenn du dann immer noch felsenfest davon überzeugt bist, dein menschliches Leben zurücklassen zu können, werde ich dich töten. Aber nicht früher. Das ist mein letztes Wort!“

„Ok, wenn du es so möchtest. Dann werde ich noch einmal nach England zurückkehren. In den folgenden drei Wochen werde ich meinen Job bei der Mordkommission wie gewohnt ausüben und mich mit meinen Familienmitgliedern und engsten Freunden treffen. Ich bin mir aber total sicher, dass ich meine Meinung bezüglich der Verwandlung nicht mehr ändern werde. Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen, Catherine. Was kann man sich Schöneres wünschen als ein Leben an der Seite einer Königin zu verbringen?“ Ganz so überzeugt, wie sie sich nach außen gab, fühlte sich Audrey aber bei weitem nicht. Leichte Zweifel regten sich in ihr. Könnte sie tatsächlich ihr menschliches Leben aufgeben, zu einem Geschöpf der Dunkelheit werden und sich zukünftig nur noch von menschlichem Blut ernähren? Momentan überwog noch der Zustand der Euphorie, der dadurch ausgelöst worden war, dass sie in der letzten Nacht eine größere Menge von Catherines königlichem Vampirblut getrunken hatte. Aber wie lange würde dieser Zustand noch anhalten?

„Ich lasse dich zurück nach London bringen, Audrey. Zur Sicherheit wird dich Vanessa Valpecca begleiten. Sie ist ein weiblicher Vampir. Vanessa wird dir nachts als Bodyguard dienen und dich auch mit ihrem Vampirblut versorgen. Selbst wenn es unwahrscheinlich erscheint, dass dich Anhänger von Cole oder andere abtrünnige Vampire angreifen werden, möchte ich doch kein Risiko eingehen. Würdest du getötet werden und hast Vampirblut in deinem Körper, kannst du notfalls in einen Vampir verwandelt werden. Außerdem wird Vanessas Blut deine Sinne schärfen, so dass du Vampire schneller erkennen und möglichen Gefahren ausweichen kannst. Ich selbst werde spätestens in drei Wochen nach London reisen. Vielleicht auch schon früher. Bis dahin solltest du dich entschieden haben, meine Gemahlin zu werden. Ansonsten wird es ein Abschied für immer sein. Bevor du Transsilvanien verlässt, muss ich noch deine Erinnerung an die letzten vierundzwanzig Stunden löschen. Denn kein Mensch darf sich an diesen Ort erinnern. Auch du nicht, mein Schatz. Ich hoffe, du verstehst das!“

„Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, bin ich natürlich einverstanden. Hoffe, Vanessa ist genauso umgänglich wie Vladimir. Wo ist er übrigens? Sollte er nicht an deiner Seite stehen, wenn er jetzt zu deinem Stellvertreter aufgestiegen ist?“

„Der gute Vladimir ist auf Reisen. Er wird wohl erst am Tag der Inthronisierungsfeier zu meinem Stellvertreter ernannt.“ Catherine hasste es, Audrey zu belügen. Aber in diesem Augenblick wollte sie Audrey nicht erklären, warum Vladimir buchstäblich den Kopf verloren und damit den endgültigen Tod gestorben war.

„Schade. Aber dann sehe ich ihn ja zumindest auf deiner Feier.“ Audrey hatte starke Gefühle für den russischen Vampir entwickelt, als er einige Tage in London zu ihrem Schutz eingeteilt worden war und sie zusammen das Londoner Nachtleben unsicher gemacht haben. Mit Catherines Blut in ihren Adern waren diese Gefühle aber deutlich schwächer geworden. Sie mochte Vladimir einfach nur sehr gern. Das war alles. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Schließlich hatte er ihr selbstlos das Leben gerettet und sogar einen anderen Vampir vernichtet, um sie zu beschützen.

Plötzlich klopfte es leise an der Tür zu Catherines Arbeitszimmer und eine blutjung aussehende Gestalt betrat den Raum und bemerkte schüchtern: „Du hast mich rufen lassen, meine Königin!“

„Ah, Vanessa, da bist du ja. Darf ich dir Audrey vorstellen? Sie ist deine Schutzbefohlene für die nächsten drei Wochen. Du wirst sie nach London begleiten.“

„Hallo, Audrey“, wandte sich Vanessa an die Londoner Polizistin, „schön dich kennenzulernen. Hoffe, wir haben viel Spaß miteinander. Bin sehr gespannt auf deine Stadt. Ich fand bisher leider noch keine Gelegenheit, dorthin zu reisen.“

„Hallo, Vanessa, bin mir sicher, dir wird es dort gefallen. Jedem gefällt es in London“, erwiderte die Polizistin euphorisch. Sie hatte praktisch ihr ganzes Leben in der Metropole verbracht.

„Audrey, am besten packst du jetzt deine Sachen zusammen und ruhst dich anschließend ein bisschen aus. Bis zum Sonnenuntergang sind es ja noch einige Stunden. Ich möchte außerdem noch ein paar vertrauliche Dinge mit Vanessa besprechen.“

„Alles klar, Catherine.“ Die Polizistin verließ das Zimmer mit einem Lächeln im Gesicht. Nun würde sie zukünftig einen weiblichen Vampir als Bodyguard an ihrer Seite haben. Sie fragte sich, wie sie wohl mit Vanessa klarkommen würde. Sie schien auf den ersten Blick recht sympathisch zu sein. Aber bei Vampiren täuschte der erste Eindruck ja häufig. Von daher müsste sie sich überraschen lassen.

Catherine beäugte Vanessa leicht besorgt und fragte: „Fühlst du dich der Aufgabe gewachsen, Vanessa?“

„Natürlich, meine Königin. Ich werde sie bis aufs Letzte verteidigen und ihr mein Blut zu trinken geben. Drei Wochen sind ja keine lange Zeit. Besteht denn eine konkrete Gefahr für ihr Leben?“

„Ich bin mir nicht sicher. Eigentlich sollte es keine Probleme geben. Betrachte es als Test. Wenn du diese Aufgabe zu meiner Zufriedenheit erledigst, steht dir eine große Zukunft in meinem Königreich bevor.“

„Danke für das Vertrauen. Ich werde dich nicht enttäuschen.“

„Und gib Audrey von deinem Blut nicht mehr als unbedingt nötig zu trinken. Nur so viel, dass sie genügend Vampirblut im Körper hat, um im Notfall verwandelt werden zu können.“

„Alles klar. Soll ich Marius einweihen?“ Marius hatte vor kurzem die Nachfolge von Catherine als führender Londoner Vampir angetreten und besaß somit das Recht zu erfahren, wenn Vampire von außerhalb nach London reisen wollten.

„Das ist nicht nötig. Ich teile es ihm persönlich mit, dass du nach London kommen wirst. Du kannst ihn dann im Princess of Darkness (PoD) treffen. Aber nimm auf keinen Fall Audrey mit ins PoD. Falls doch noch ein Vampir es auf Audrey abgesehen haben sollte, wird dieser bestimmt häufiger im PoD verkehren.“ Das PoD hatte Catherine vor über fünfzig Jahren eröffnet. Seitdem war es der zentrale Treffpunkt für die Londoner Vampire. Und die menschlichen Gäste brachten Geld in die Kasse.

„Ok, ich freue mich schon riesig darauf, endlich einmal ins legendäre PoD gehen zu können und so viele Vampire auf einem Haufen zu sehen. Wie sieht es denn mit meiner Nahrungsaufnahme in England aus? Darf ich mich von Menschen nähren oder muss ich auf das synthetische Blut zurückgreifen, welches im PoD ausgeschenkt wird?“

„Das überlasse ich dir. Du bist ja alt genug, um zu entscheiden, was richtig oder falsch ist. Hauptsache, du tötest keine Menschen oder sorgst in anderer Weise für unnötiges Aufsehen.“

Vanessa lächelte vielsagend und verließ anschließend das Zimmer, um sich vor ihrer Abreise noch ein wenig Blut zu gönnen. Sie könnte einige Zeit ohne Blut auskommen, wobei der längere Verzicht eine langsame Verzehrung der Körperkräfte bedeutete. Auf Dauer ohne den Konsum von Blut zu leben würde für sie geistiges und körperliches Siechtum und letztendlich den Tod bedeuten. Im Schloss der Königin hielt man immer eine große Menge an menschlichem Blut vorrätig. Menschen aus allen Teilen der Welt wurden entführt und nach Transsilvanien gebracht. An Abwechslung fehlte es den Vampiren dort also nicht. Einige der Sterblichen mussten die Tortur des Blutspendens mehrere Wochen durchstehen, bevor sie schließlich getötet wurden. Die Begleitung von Audrey nach London stellte Vanessas erste größere Aufgabe dar, die sie für die neue Königin auszuführen hatte. Das durfte sie natürlich nicht vermasseln. Auch wenn Catherine als relativ gnädig im Umgang mit ihren Untertanen bekannt war, würde sie wohl keine Gnade kennen, wenn der blonden Polizistin etwas Schlimmes passieren würde. Es war ja unverkennbar, dass die Königin in Audrey unsterblich verliebt war. Warum auch immer. Vanessa konnte sich nicht vorstellen, sich in einen Menschen – und schon gar nicht in eine Frau - zu verlieben. Sie selbst war 1899 in einen Vampir verwandelt worden. Seither hatte sie Menschen im Allgemeinen eigentlich nur als Nahrungsspender und Männer im speziellen als Lustobjekte gesehen. Und falls ihr doch einmal ein Mensch gefallen sollte, mit dem sie mehr Zeit verbringen wollte, würde sie ihn so schnell es eben ging zum Vampir verwandeln und nicht lange fackeln. Etwas Spontanität schadete ja in den seltensten Fällen und zu viel Grübelei führte häufig nicht zu den erhofften Ergebnissen.

5. Oktober

Audrey erwachte kurz nach Mitternacht wieder. In Transsilvanien hatte Catherine ihr die Erinnerung an die letzten vierundzwanzig Stunden geraubt und sie anschließend ins Land der Träume befördert. Sie flogen mit der Gulfstream – dem Privatjet von Catherine – nach England, so dass es keine neugierigen Fragen vom Piloten zu ihrer Bewusstlosigkeit gegeben hatte. An ihrer Seite befand sich nun Vanessa. Sie fuhren zusammen mit dem Taxi in die Wohnung der Polizistin. In ihrer Manteltasche fand Audrey einen handgeschriebenen Brief von Catherine. Er enthielt Instruktionen für die nächsten Wochen. Der Wortlaut des Briefes ließ Audrey sichtlich zusammenzucken. Durch die geraubte Erinnerung war ihr gar nicht mehr bewusst gewesen, dass sie offensichtlich bereits eingewilligt hatte, sich in einen Vampir verwandeln zu lassen. Catherine gab ihr aber noch etwas Bedenkzeit. Innerhalb der nächsten drei Wochen müsste demnach eine finale Entscheidung fallen, ob sie ihr menschliches Leben für alle Zeiten zurücklassen wollte. Die Wirkung des Alkohols und insbesondere von Catherines Blut schienen deutlich nachzulassen. Sie fühlte sich keinesfalls mehr euphorisch und der Gedanke in wenigen Wochen ein Vampir zu sein und bis dahin regelmäßig von Vanessas Blut zu trinken, ließ sie erschaudern. Auf was hatte sie sich da nur eingelassen? War ihr Versprechen sich verwandeln zu lassen nicht doch viel zu voreilig gewesen?

„Wie geht es dir, Audrey?“

„Ganz gut, Vanessa. Bin nur leicht verwirrt. Kann mich an die Zeit in Transsilvanien überhaupt nicht mehr erinnern.“ Dem Vampir erzählte sie nichts von ihren aufkommenden Zweifeln, da diese Infos ja sicher an Catherine weitergeleitet würden. „Du bist also zu meinem Schutz hier? Und ich soll dein Blut trinken? Ist das denn für dich in Ordnung?“

„Ich tue alles, was die Königin von mir verlangt. Außerdem freue ich mich total auf London und das PoD. Also mach dir deswegen keinen Kopf. Hoffe, mein Blut schmeckt dir. Du bist der erste Mensch, der etwas von meinem Blut trinken darf. Du kannst dich also als etwas ganz Besonderes fühlen. Mal schauen, welche Wirkung es auf dich haben wird. Du hast ja schon häufiger von Catherines Blut getrunken und bist mit der starken Wirkung von Vampirblut vertraut, oder?“

Audrey nickte, obwohl sie im Prinzip keinen blassen Schimmer hatte, was Vanessas Blut mit ihr anstellen würde.

Der Taxifahrer musste dem Gespräch gelauscht haben. Zumindest warf er einen beunruhigten Blick in den Rückspiegel, als die beiden sich über Vampirblut unterhielten. Aber nach kurzer Zeit lächelte er wieder. Vor den beiden Mädels bräuchte er nun wirklich keine Angst haben. Das waren einfach zwei harmlose, abgedrehte Bräute, dachte er. In London lebten ja Menschen aller Facetten und nicht alle konnte man als geistig gesund bezeichnen. Gerade er als Taxifahrer konnte davon ein Lied singen. Schon viele durchgeknallte Menschen hatten auf der Rückbank seines Taxis gesessen. Zum Glück war aber noch niemand gewalttätig geworden.

„So, da sind wir, Ladies. Macht vierzig Pfund“, bemerkte er wenige Minuten später, nachdem das Taxi vor Audreys Wohnung gestoppt hatte. Die Polizistin bezahlte ihn, gab ein ordentliches Trinkgeld und ging zusammen mit Vanessa in ihre Zwei-Zimmer-Wohnung.

„Die ist ja winzig“, war der erste Kommentar von Vanessa. Sie schien enttäuscht zu sein. Hatte wohl bei der Freundin der Königin etwas Größeres und mehr Luxus erwartet.

„Wir sind hier schließlich in London und nicht in der Provinz. Eine größere Wohnung würde ein Vermögen kosten. Das kann ich mir nicht leisten. Woher kommst du denn eigentlich ursprünglich, Vanessa?“

Vanessa schüttelte innerlich den Kopf über so viel Naivität. Geld spielte für Catherine schließlich keine Rolle. Von daher bräuchte die Polizistin nur ihre Wünsche äußern und die Königin würde ihr im besten Fall sogar eine Villa kaufen. Sie selbst hatte niemals einen Sugar-Daddy oder eine Sugar-Mom unter den Vampiren besessen, die gewillt gewesen wären, für sie in die Schatulle zu greifen. „Ich bin im späten neunzehnten Jahrhundert in Rom aufgewachsen. Als Mensch geboren wurde ich 1878 und bin im Jahr 1899 in einen Vampir verwandelt worden. Konnte mein Leben als Mensch also nur einundzwanzig Jahre genießen. In der damaligen Zeit war das Leben als Vampir noch bedeutend einfacher. So sehr die technische Entwicklung den Menschen geholfen hat. Für uns Vampire gibt es nichts Schlimmeres. Überall diese verfluchten Überwachungskameras und Fotohandys, da ist es nur eine Frage der Zeit, wann ein Vampir im Internet landet.“

Zur gleichen Zeit telefonierte Catherine mit ihrem Bruder Juan, der kurz davor stand, zum Oberhaupt der New Yorker Vampire - und damit zu einem der mächtigsten Vampire - aufzusteigen. Der bisherige Anführer Cole war in der letzten Nacht im Auftrag von Catherine enthauptet und somit für alle Zeiten ausgelöscht worden. Cole hatte mit Catherine um die Krone der Vampirliga gekämpft. Um dieses Ziel zu erreichen, ließ er Audrey nach New York entführen und wollte sie töten lassen. Catherine hatte sie erst in allerletzter Minute retten können. Um Rache zu üben schickte sie mit Vladimir und Dante zwei Vampire, denen sie vertraute, nach New York, um Cole zu vernichten. Dieser Plan war zwar aufgegangen, aber die beiden befreundeten Vampire fanden leider ebenfalls den Tod. Während Dante von Cole enthauptet wurde, brachte Juan Vladimir um, nachdem dieser Cole den Garaus gemacht hatte. Juan wollte damit verhindern, dass Audrey noch stärkere Gefühle für Vladimir entwickelte und dies konnte in seinen Augen nur durch das Ableben des russischen Vampirs gewährleistet werden. Diese unfassbare Tat behielt er verständlicherweise für sich, denn er konnte nicht voraussagen, wie Catherine auf diese Nachricht reagieren würde. Sie hatte nicht den leisesten Schimmer, wie sehr sich Audrey zu Vladimir hingezogen fühlte. Und so sollte es auch bleiben. Eine Königin mit Liebeskummer könnte fatale Auswirkungen haben. Vampire lebten ihre Gefühle viel stärker aus als Menschen. Und dies war häufig mit brutaler Gewalt und einem Blutrausch verbunden. Als Oberhaupt aller Vampire durfte sich Catherine keine Aussetzer erlauben.

„Also, Juan. Wie ist die Lage im Big Apple? Hast du schon einen konkreten Plan, wie du Coles Nachfolge antreten kannst, ohne Misstrauen bei seinen Verbündeten zu wecken?“ Catherine vertraute ihrem Bruder nahezu blind und sie wusste, dass er alles tun würde, was in seiner Macht stand, um ihre Regentschaft tatkräftig zu unterstützen. Von daher wäre er als Oberhaupt der New Yorker Vampire ein wichtiger Eckfeiler für ihre globale Herrschaft.

„Ich werde mich nächste Nacht mit Jimmy im Dark Mansion treffen. Vorher verfasse ich noch einen Abschiedsbrief von Cole, der erklären wird, warum er New York so plötzlich verlassen hat. Hoffe, seine engsten Freunde werden das schlucken und sich ruhig verhalten. Ich denke aber, dass sich niemand vorstellen kann, dass Cole von einem anderen Vampir vernichtet worden ist. Er hielt sich ja selbst für den mächtigsten Vampir seit Sangus. Und schon gar nicht, dass wir damit etwas zu tun haben. Schließlich hast du ihn erst bei der Wahl in Malta vor wenigen Tagen geschlagen. Welchen Grund sollest du also gehabt haben, ihn auszulöschen? Außerdem ist seine Geliebte Sally ja mit ihm verschwunden. Das stützt die These, dass er sich aus dem Staub gemacht hat.“ Juan brachte es auf den Punkt. Niemand von den New Yorker Vampiren konnte wissen, dass sich Cole an Audrey brutal vergangen hatte und Catherine daher einen gewichtigen Grund besaß, Cole von der Bildfläche verschwinden zu lassen.

„Ok, Juan. Ich vertraue dir da vollkommen. Du wirst es schon irgendwie schaffen. Und dann sind wir zusammen das mächtigste Geschwisterpaar, was jemals auf Erden gewandelt ist. Es wäre cool, wenn du bis Ende Oktober alles auf die Reihe bekommst. Dann kannst du zu meiner Inthronisierungsfeier bereits als Nummer EINS der New Yorker Vampire erscheinen und du bekommst zusätzlich eine wichtige Position im Vampirrat.“

„Wie ist es dir denn mit Audrey ergangen? Hast du den Prozess der Umwandlung eingeleitet?“

„Das gestaltet sich nicht so einfach. Ich habe ihr noch maximal drei Wochen Zeit gegeben, damit sie mit ihrem menschlichen Leben in Ruhe abschließen kann. Hoffe, sie wird sich dann tatsächlich für mich entscheiden.“

„Da bin ich mir sicher, Catherine. Wer würde nicht gerne ein Leben an der Seite einer Königin verbringen? Außerdem liebt sie dich abgöttisch und das, obwohl du ein Vampir bist. Oder vielleicht auch gerade deswegen.“

„Ich hoffe, du behältst Recht. Melde dich morgen wieder, wenn du mit Jimmy gesprochen hast.“

„Alles klar, bis dann.“ Juan beendete das Telefongespräch und war leicht irritiert. Catherine hatte es tatsächlich immer noch nicht geschafft, Audrey zu töten. Manchmal verstand er seine Schwester nicht. Hoffentlich hatte er Vladimir nicht umsonst umgebracht.

Kurz vor dem Morgengrauen verließ Vanessa Audreys Wohnung, um noch einen Abstecher ins PoD zu machen und sich einen kuscheligen Platz bis zum nächsten Sonnenuntergang zu besorgen. Sie war sehr gespannt darauf, wen sie im Princess of Darkness antreffen würde. Außer Marius, den sie aus gemeinsamen Zeiten in Transsilvanien kannte, hatte sie bisher nur vereinzelte Kontakte zu Londoner Vampiren gehabt. Mit zweien hatte sie allerdings einige heiße Nächte verbracht, als diese in ihrer Heimatstadt Rom zu Besuch gewesen waren. Außerdem war sie Catherines jüngerem Bruder Johnny bereits einige Male begegnet. Dieser war ja eher ein Weltenbummler. Nach ihren Infos hielt er sich aber auch regelmäßig in London auf. Etwas Zeit mit ihm zu verbringen, würde ihr extrem gut gefallen. Sie träumte häufig davon mit Johnny in die Kiste zu steigen und sich ihm hinzugeben. Vor dem Eingang des PoD bewunderte sie noch die Figur einer leicht bekleideten und üppig ausgestatteten Vampirlady, die sicher einige Menschen aus Neugier ins PoD lotste. Die Türsteher waren unverkennbar Vampire. Im Innern des Nightclubs befanden sich so kurz vor dem Sonnenaufgang nur noch eine Handvoll Gäste. Die meisten Vampire hatten sich offensichtlich bereits zurückgezogen, um den Tag geschützt vor den Sonnenstrahlen zu verbringen. Hinter der Theke stand ein breit lächelnder Vampir namens Paulie. Er fuhr vor Erregung seine Fangzähne weit aus, sobald er Vanessa entdeckte. Vor zwanzig Jahren waren sie sich in Rom über den Weg gelaufen und sie hatten sich damals köstlich amüsiert. Einige Menschen waren ihnen damals zum Opfer gefallen. Allerdings wurde dabei niemand getötet. Vanessa brachte Menschen nur im absoluten Notfall um. Das heißt, wenn ihre Manipulation der Gedanken fehlschlug und sie die Erinnerungen der Menschen nicht löschen konnte. Dies war in über hundert Jahren erst zweimal passiert. Warum sollte sie ihre Nahrungsspender auch töten? Einen Blutrausch, der sie dazu brachte, zur Bestie zu werden, hatte sie nur in den ersten Wochen nach der Verwandlung erlebt. Danach niemals wieder. Von den weiblichen Vampiren, die sie persönlich kannte, war Catherine ohnehin die einzige, der es Spaß machte, menschliches Leben auszulöschen. Die übrigen begnügten sich mit dem menschlichen Blut, welches sie als Nahrung benötigten. Die notwendige Menge war aber so gering, dass der Blutverlust den meisten Menschen keinerlei Probleme bereitete. Bei den männlichen Vampiren sah es eher umgekehrt aus. Da kannte sie fast keinen, der nicht Spaß daran hatte, den Menschen weh zu tun. Von daher war Catherine sicher die richtige Wahl gewesen, zum Oberhaupt aller Vampire gekürt zu werden. Denn die Mehrzahl der Untoten war männlichen Ursprungs und sie benötigten eine starke Führung, die notfalls auch Gewalt gegenüber anderen Vampiren einsetzte.

„Hallo, Vanessa! Was für eine Überraschung. Was treibt dich denn nach London?“

„Hi, Paulie. Ich mache hier Urlaub und habe außerdem von Catherine die Anweisung erhalten, mir London ein bissi näher anzuschauen. Sie möchte mich eventuell als Stellvertreterin von Marius hierher beordern.“ Vanessa kamen Lügen immer sehr einfach über die Lippen. Das war schon als Mensch so gewesen. Aber von ihrem Auftrag, Audrey zu beschützen, durfte sie Paulie nichts erzählen.

„Das wäre ja cool. Hast du schon einen Schlafplatz für den anbrechenden Tag? In meinem Sarg ist locker Platz für zwei“, bemerkte Paulie in der Hoffnung auf Sex mit Vanessa. Wie er sich freudig erinnerte, war ihr sexuelles Verlangen nahezu