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Eigentlich wollten die 5 Geschwister nur eine entspannte Wandertour durch den Nationalpark Kellerwald-Edersee unternehmen. Doch je später der Abend wird, desto stärker ihre Gewissheit: Sie haben sich verlaufen. Plötzlich taucht vor Alexander, Marianne, Petra, Hans-Georg und Esther ein altes Landgut auf. Kaum haben sie dort Unterschlupf gefunden, geschehen seltsame Dinge. Ob die 5 Geschwister das Geheimnis des Landguts und seiner schrulligen Bewohner lösen können? Mit 10 Schwarz-Weiß-Illustrationen im Innenteil.
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Seitenzahl: 138
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Über die Autoren
Tobias Schuffenhauer ist seit 2003 Radio-Redakteur bei ERF Medien in Wetzlar. Der Umgang mit Worten ist seine große Leidenschaft – er betreibt einen Blog mit Lyrik und Geschichten und produziert Hörspiele und Hörbücher mit der TOS-hörfabrik, die er zusammen mit seinem Kollegen Tobias Schier betreibt. Mit den „5 Geschwistern“ hat er lesen gelernt, und später, als Jugendlicher, zusammen mit seiner Schwester neue Abenteuer erfunden. Dass er sich jetzt ganz offiziell neue Geschichten ausdenken darf, ist die Erfüllung eines Kindheitstraums. Tobias Schuffenhauer ist verheiratet und lebt in Hüttenberg bei Wetzlar.
Tobias Schier ist Mitbegründer und Leiter des Radiosenders ERF Pop von ERF Medien. Er hat Germanistik und Medienwissenschaften in Düsseldorf studiert und war acht Jahre lang beim WDR im Bereich Hörspiel- und Featureproduktion tätig. Schon als Siebenjähriger unternahm er erste Schreibversuche. Im Teeniealter kamen dann Gedichte und Kurzgeschichten dazu. Seine Kinder schließlich weckten seine Lust am Schreiben wieder. Tobias Schier lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Wetzlar.
www.5Geschwister.de
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© 2017 Gerth Medien GmbH, Dillerberg 1, 35614 Asslar1. Auflage 2017
ISBN 978-3-96122-294-0Umschlagbild und Innenillustrationen: Nils Baumann
Umschlaggestaltung: Lisa Antonacci
Lektorat: Sarah Kleinknecht
Satz: Uhl + Massopust, Aalenwww.gerth.de
VORWORT
GRETE
RENÉ
ZWEI WOCHEN ZUVOR
20.58 UHR
21.22 UHR
21.59 UHR
22.13 UHR
22.26 UHR
22.41 UHR
23.04 UHR
23.30 UHR
23.43 UHR
6.30 UHR
8.00 UHR
9.12 UHR
Liebe Leserin, lieber Leser!
An dieser Stelle erlauben wir uns eine kleine Vorbemerkung. Dieses Abenteuer der 5 Geschwister ist ein ganz besonderes. Es spielt eigentlich nur an einem Ort und außerdem fast in Echtzeit. Deswegen sind die Kapitelüberschriften Uhrzeiten.
Außer den 5 Geschwistern begegnen dir in dieser Geschichte noch zwei andere Charaktere: Grete und René. Beide sind etwas merkwürdige, vielleicht auch ein bisschen schrullige Personen.
Du kannst den 5 Geschwistern helfen, Licht ins Dunkel zu bringen. Wie das geht? Ganz einfach: Auf den nächsten beiden Seiten findest du für Grete und René je eine Seite, wo du deine eigenen Beobachtungen wie auf einem Notizblock aufschreiben kannst. Versuche dabei am besten während des Lesens auf jede Kleinigkeit zu achten. Was sagen die beiden? Wie sagen sie es? Welche Gestik, welche Mimik fällt dir auf? Passt diese zu dem, was sie sagen, oder wirkt es auf dich komisch, gestellt oder gespielt? Gibt es Fragen, die dir in den Sinn kommen? Schreibe sie auf – vielleicht findest du ja später auch einige Antworten auf deine Fragen.
Es gibt dabei kein Richtig oder Falsch. Ein guter Detektiv ist in erster Linie ein guter Beobachter. Am Ende des Buches liegt es dann an dir, aus deinen Notizen die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Keine Angst: Du darfst alles direkt ins Buch schreiben, sobald dir etwas auffällt. Und wer weiß: Vielleicht kommst du ja schon vor den 5 Geschwistern hinter das Geheimnis des düsteren Landguts?!
In diesem Sinne wünschen wir dir viele spannende Detektiv-Momente gemeinsam mit den 5 Geschwistern!
Tobias Schier und Tobias Schuffenhauer
Kegelförmig erhellte das Licht einer Taschenlampe den dunklen Feldweg, der mit Blättern übersät war. Die Lampe war weit und breit die einzige Lichtquelle. Die hohen, dicht an dicht gewachsenen Tannen verhinderten, dass der fahle Mondschein an dieser Stelle die Umgebung einfing.
Eine kräftige und behaarte Männerhand umschloss die alte Lampe. Am Handgelenk blitzte für einen kurzen Augenblick deutlich das silberne Kettenarmband einer Uhr auf. Dann verschwand es mit einem Schnalzen unter einem weißen Einmalhandschuh, wie sie Ärzte auch oft benutzten.
Die Person, die hier nachts durch den Wald schlich, war bestens getarnt. Die weißen Handschuhe waren das einzige, was das Licht reflektierte. Ansonsten absorbierten die Lederjacke, der schwarze Hoody mit einer Kapuze, die tief ins Gesicht hing und die schwarze Trainingshose jeden Funken Licht. Auch dem ungeübten Beobachter müsste sofort auffallen: Hier führte jemand etwas im Schilde.
Mit drei, vier großen Schritten war der Schatten der Nacht an den Bäumen vorbei an einem Haus angekommen. Doch zur großen Überraschung machte er sich nicht an der Vordertür zu schaffen. Suchte er nach einem Hintereingang?
Vorsichtig hielt der Mann seine Hand über den oberen Teil der Taschenlampe und lenkte damit den Lichtschein etwas von den Fenstern ab. Nicht, dass die Bewohner des Hauses etwas von ihm mitbekamen …
Scheinbar kannte er sich aus: Zielstrebig erfasste der Lichtkegel den Briefkasten, der neben dem Eingang auf einem Stab in der Erde angebracht war. Der Unbekannte knipste das Licht aus, legte die Lampe auf den Boden ab und kramte in den Taschen seiner Lederjacke.
Ein kleines Fläschchen mit einer durchsichtigen Flüssigkeit kam zum Vorschein. In der rechten Hand hielt er ein Feuerzeug und einen alten, dreckigen Lappen. Diesen tränkte er mit der Flüssigkeit aus der Kunststoffflasche und stopfte ihn danach behutsam in den Briefschlitz – nicht zu weit rein –, er zupfte eine Ecke wieder hervor. Er steckte die Flasche wieder in seine Jackentasche und entzündete das Gas-Feuerzeug, dessen auflodernde Flamme er an den Lappen hielt. Begierig reckte sich der Lappen nach dem heißen Feuer und sog es in sich auf. In wenigen Sekunden stand der ganze Briefkasten in einem lodernden Flammenmeer und erhellte nun auch das schmale Gesicht des üblen Brandtäters. Die Augen funkelten wirr, die dünnen Lippen zierte ein bestialisches Grinsen, als er sich umdrehte und in den Wald rannte.
Plötzlich stoppte er abrupt. Die Lampe! Er drehte sich um. Brennende Stücke des Briefkastens fielen schon auf die Erde. Er würde später noch mal zurückkommen und nach der Lampe sehen. Jetzt war es ihm zu gefährlich. Er zog die Handschuhe aus und warf sie hinter den nächsten Busch. Dann verschwand der Schatten in der Dunkelheit des Waldes.
Klick. Das spärliche, gelbe Licht seiner Taschenlampe erhellte die hintere Ecke des mit dunklen Dielen verkleideten Raums. Schnell war auszumachen, dass hier einer gewütet haben musste. Möbel lagen verstreut und zum Teil umgekippt auf dem Boden. Was war hier nur geschehen? Hatte der Mörder etwa auch hier zugeschlagen? Aber wo sollte nur die Leiche versteckt sein? Die musste er unbedingt finden.
Fieberhaft versuchte Alexander Spuren zu finden. Er blickte sich um, schaute hinter den großen Eichenschrank, der halb auf einem der Tische lehnte. Da! War das nicht …? Na klar, ein so geübtes Auge wie seinem entging nichts! Ein Schuh! Ein Herrenschuh! Alexander trat ein, zwei Schritte näher heran … Doch was war das? Es öffnete sich ein Fenster: „Ihre Internetverbindung wurde unterbrochen. Bitte stellen Sie die Verbindung wieder her, um an dieser Stelle weiterzuspielen.“ Alexanders Hand ballte sich wütend um sein Handy. Er versuchte es nach oben zu halten. Vielleicht war hier die Funkverbindung ja besser …
Da ertönte eine Stimme:
„Alex, jetzt trödel’ doch nicht wieder so rum. Komm!“
Der Jüngste der fünf Geschwister schaute von seinem Smartphone auf. Marianne stand an der nächsten Weggabelung im Wald, hatte sich umgedreht und winkte Alexander zu sich. Von den anderen war schon keine Spur mehr zu sehen. Er seufzte, steckte das Handy enttäuscht in seine Hosentasche zurück und beeilte sich, hinterherzukommen. Als er seine Geschwister endlich erreicht hatte, platzte es aus ihm heraus:
„Leute, was für eine Plackerei! Müssten wir so langsam nicht wieder da sein? Stattdessen wird der Wald immer dunkler! Mensch … ich hab doch morgen Geburtstag!“
„Heißt ja nicht umsonst Nationalpark Kellerwald-Edersee! Hast du etwa Angst?“, spottete seine um ein Jahr ältere Schwester Esther.
„Alex hat doch recht“, stimmte Petra dem Jüngsten zu und wandte sich dann an ihren Bruder Hans-Georg. „Sind wir überhaupt noch richtig hier? Wir müssten doch schon lange bei der Jugendherberge angekommen sein!?“
„Musst du mich nicht fragen, sondern Esther. Die hat doch die Karte!“
Hans-Georg und Petra blickten ihre kleine Schwester fragend an.
„Ähm – ja … Also, als ich das letzte Mal geschaut habe, waren wir noch richtig.“
„Und wann war das?“, maulte Alexander von hinten.
„Weiß nicht. Vor einer halben Stunde oder so? Wie viel Uhr haben wir denn jetzt?“
Auch Marianne konnte ihren Unmut nicht mehr verbergen: „Vor einer halben Stunde? Das war doch vor zig Kilometern …!“
Während Hans-Georg auf seine Armbanduhr schaute, ging Petra die Situation ganz pragmatisch an und lief ein paar Schritte vor. „Ich geh mal da vorne um die Ecke, vielleicht finde ich da ’nen Anhaltspunkt, an dem wir uns orientieren können.“
„Was? Schon neun Uhr?!“ Überrascht guckte Hans-Georg in die Runde. Seinen Geschwistern stand die Verblüffung ebenfalls ins Gesicht geschrieben. Damit hatte keiner gerechnet. Auch wenn es jetzt im Sommer abends länger hell blieb.
Esther war das sichtlich unangenehm. Blut schoss in ihr hübsches Gesicht und ließ sie erröten. „Auweia, vielleicht ist es doch schon etwas länger her … Moment …“ Sie faltete etwas umständlich – was ihr noch peinlicher war – die Wanderkarte auseinander, die sie vor drei Tagen an der Touristeninformation gekauft hatten.
„Also wir waren hier … und dann haben wir den rechten Weg genommen und dann … also … und dann den linken hier …“
„Echt jetzt? Wir haben uns verlaufen?“ Alexander ahnte, wohin das führen würde. Doch Esther war ganz vertieft in die Karte. „Und danach sind wir hier abgebogen und sind dann den Berg da rauf und …“
Marianne, die sich neben Esther gestellt hatte, tippte mit ihrem Zeigefinger auf die Karte.
„Aber haben wir nicht hier eine Pause gemacht?“
„Lass doch mal sehen.“ Hans-Georg, der ohne Zweifel derjenige der fünf Geschwister war, der den besten Orientierungssinn hatte, nahm Esther die Karte aus der Hand.
Peinlich berührt stammelte sie: „Ach, Leute … Das tut mir alles leid! Ich …“
„Das macht doch nichts, Esther!“ Hans-Georg klopfte ihr gönnerhaft auf die Schulter. „Wenn ihr mich fragt: Dort hinten ungefähr müsste das Kloster liegen. Und wir … ja, wir sind genau hier! An dieser Stelle.“
„Hier? Aber die Jugendherberge ist doch da? Oder, Marianne?“
„Das stimmt.“ Marianne nickte.
Alexander zog eine Grimasse. „Das sind … grob überschlagen … vierzehn Kilometer?!“ Plötzlich huschte ein wissendes Lächeln über sein Gesicht. „Ha, ich verstehe …! Das gehört alles schon dazu …! Ihr tut nur so, als ob wir uns verlaufen hätten.“
„Ähm, nein, warum sollten wir?“ Verständnislos schüttelte Hans-Georg den Kopf. „Also bevor es dunkel wird, kommen wir nicht mehr zurück!“
„Gibt’s jetzt etwa extra von euch ein Abenteuer für mich zum Geburtstag?“ Alexander freute sich diebisch. Und hatte er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt, dann war es schwer, ihn davon abzubringen. Marianne versuchte es trotzdem: „Ich würd’ mir nicht so große Hoffnungen machen! Ah. Da vorn kommt Petra wieder!“
„Wisst ihr jetzt, wo wir sind?“
„Wenn Hans-Georg recht hat – und ich fürchte, das hat er –, sind wir total falsch gelaufen!“, gab Esther kleinlaut zu.
„Aber das ist ja ganz bestimmt genau so gelaufen wie geplant, stimmt’s?“, grinste Alexander in die Runde.
„Was redest du da?“
„Einfach nicken und lächeln!“, gab Marianne ihrer jüngeren Schwester zu verstehen.
Petra grinste und meinte: „Da hinten kommt eine Lichtung. Und auf der steht ein großes Haus – mit einer Scheune! Vielleicht können wir da ja die Nacht verbringen …“
„Ja, ich wär’ dafür. Jedes Abenteuer macht mehr Spaß als einfach nur zu wandern …!“
„Na, fragen kostet ja nix. Versuchen können wir’s ja.“ Hans-Georg blickte erwartungsvoll in die Runde und seine Geschwister nickten.
Sie alle waren allmählich erschöpft und sehnten sich danach, sich hinsetzen und die Beine ausstrecken zu können – schließlich waren sie seit dem späten Vormittag unterwegs. Gut zehn Stunden Wanderung steckten in ihren Knochen, auch wenn sie es vor Alexander, dem Jüngsten, so nie in Worte gefasst hätten.
Was Petra jedoch als großes Haus mit Scheune angepriesen hatte, war ein altes, völlig verwittertes Holzgebäude auf einer düsteren Lichtung, das im Dunkeln der hohen Tannen vollkommen verlassen dalag. Nichts war zu hören, nichts zu sehen. Absolut nichts. Kein Fenster des alten Landguts war erleuchtet. Einsam stand es vor den fünf Geschwistern und strahlte eine alte, fast royale Distanz aus, so, als ob die Geschwister hier keinesfalls willkommen wären.
„Ich fühle mich ein wenig wie die schöne Belle, die vor dem Schloss des Biestes steht“, versuchte Esther mit einem cineastischen1 Vergleich die Situation in Worte zu fassen.
„Fehlt nur noch, dass der Kerzenständer sprechen kann, was?“, ärgerte Hans-Georg seine kleine Schwester.
„Vielleicht sind die Wohnräume ja auf der Hinterseite“, vermutete Petra.
Hans-Georg war aber nicht nach Mutmaßungen zumute. Er ging ein paar Schritte auf ein Fenster zu und beugte sich vorsichtig, langsam, Stück für Stück nach vorn, sodass nach und nach immer mehr vom Raum hinter der Scheibe sichtbar wurde.
„Möbel. Soweit ich das erkennen kann: ohne viel Staub.“ Es sah nicht besonders unbewohnt aus. „Nichts Außergewöhnliches!“
Während Marianne, Petra und Esther näher zu Hans-Georg traten, um auch einen Blick in das Landgut zu erhaschen, ging Alexanders Blick am Haus vorbei.
„Im Gegenteil! Da vorne führen doch auch Reifenabdrücke in die Scheune, wenn ich mich nicht irre …“, ereiferte er sich.
Esther war die Erste, die auf den Kommentar reagierte: „Du hast recht. Es muss also jemand hier wohnen.“
„Natürlich hab ich recht! Ich guck mal, ob die Scheune offen ist.“
„Nein, lass das!“ Petra versuchte, den Jüngsten noch zurückzuhalten, aber Alexander war schon weg.
„Wieso? Habt ihr hinter dem Scheunentor etwa meine Überraschungsparty geplant? Ich mach das Ding sofort auf!“
Mit diesen Worten war er schon am großen Scheunentor angekommen.
Alexander musterte kurz den Mechanismus, griff dann in den kleinen Spalt und zog die großen Tore nach links und rechts auf.
Seine Geschwister konnten sein Gesicht nicht sehen. Was mochte ihr kleiner Bruder wohl in der Scheune entdecken? Aus ihrer Perspektive konnten sie nichts erkennen.
Petra durchbrach als Erste die Stille.
„Und? Ist was drin?“
„Wow …! Leute, ihr werdet es mir bestimmt nicht glauben … Moment …!“
Er schob die Tore wieder in ihre ursprüngliche Position und joggte freudestrahlend zurück zu seinen Geschwistern.
„Da drin steht ein brandneuer BMW X6! Mit dem Ausstattungspaket hat er bestimmt neu so um die … joa … über 100000 Euro gekostet!“
„Das muss aber nix heißen. Meistens wird so ein Auto ja günstig geleast, also quasi gemietet, oder es wird ein Kredit aufgenommen.“ Hans-Georg versuchte, die Begeisterung seines Bruders etwas herunterzudimmen.
„Trotzdem! Ein Super-spitzen-klasse-Auto! Und auch nicht günstig in der Versicherung. Hier müssen echt reiche Typen drin wohnen – und sie müssten zu Hause sein!“
„Das stimmt! Das Auto gehört auf jeden Fall zu den meistgeklauten Autos in Deutschland.“
„Du meinst – das Auto wurde gestohlen, Hans-Georg? Wow, ihr habt euch ja echt ins Zeug für mich gelegt!“
Marianne schüttelte verständnislos den Kopf. „Meine Deutschlehrerin würde jetzt sagen: Etwas überinterpretiert!“
Petra wandte sich ab und ging in Richtung Eingangstür. „Lasst uns doch einfach mal klingeln!“
Sie drückte auf den kleinen Knopf in Brusthöhe und wartete. Sie wollte schon fast ein zweites Mal klingeln, da hörte sie Schritte, die scheinbar eine Treppe hinunterschlurften und näher kamen. Doch die Tür wurde nicht – wie erwartet – geöffnet. Stattdessen sprach eine hohe, gefestigte und zugleich für Marianne auch spürbar unsichere Stimme einer Frau mit ihnen durch das Türholz.
„Hallo!? Wer ist da? Was … wollt ihr denn?“
„Entschuldigen Sie, dass wir so spät noch stören … Wir haben uns im Wald verlaufen und irgendwie die Zeit vergessen … Bis zur Jugendherberge schaffen wir es nicht mehr.“
Als hätte Marianne undeutlich gesprochen, wiederholte die Frau ungläubig: „Im Wald verlaufen? Zeit vergessen?“
Esther hob schuldbewusst ihre Stimme an: „Ja, so ist es. Ich habe die Karte nicht richtig im Blick behalten und dann …“
„Verschwindet!“, unterbrach die Frau sie harsch.
Die Geschwister schauten sich irritiert an. Waren sie tatsächlich zurückgewiesen worden? Sie lauschten in die Stille. Waren das leise Schritte, die sich von der Tür entfernten? Ließ die Dame des Hauses sie jetzt einfach hier stehen? Hatte sie Angst vor den Geschwistern? Wartete sie hinter der Tür, ob sie auch wirklich verschwanden?
Hans-Georg schüttelte den Kopf. „Das kann doch nicht sein.“ Er klingelte abermals.
Dieses Mal öffnete sich nach nur wenigen Sekunden die Tür einen winzigen Spaltbreit. Eine kleine, ältere Frau lugte hindurch. Die Geschwister konnten aber nur ihre runzlige Stirn und ihre kristallblauen Augen erkennen. Sie schien kaum größer als Esther zu sein.
„Ihr seid ja immer noch da!“
Jetzt übernahm Alexander das Wort: „Ja, das stimmt. Wir hatten gedacht, dass wir vielleicht in der Scheune schlafen könnten.“
Sein älterer Bruder ergänzte: „Dann hätten wir zumindest ein Dach überm Kopf und bleiben trocken.“