Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Unheimliche Nebelmonster tauchen bei einem Leuchtturm an der Ostküste Englands auf. Dem neuen Besitzer - Professor Manning - macht das Angst. Seine Wohnung befindet sich im Turm und dieser ist nur per Boot erreichbar. Professor Manning bittet die 5 Geschwister Marianne, Petra, Hans-Georg, Esther und Alexander um Hilfe. Die Ermittlungen gestalten sich äußerst schwierig. Sie begegnen einigen undurchsichtigen Gestalten und dann wird auch noch Esther entführt. Die 5 Geschwister müssen all ihre kombinatorischen Fähigkeiten einsetzen. Ob sie den Fall lösen können?
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 150
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Über die Autoren
Tobias Schuffenhauer ist ein Kassettenkind und Hörspielliebhaber. Schon während seines Studiums der Musikwissenschaften produzierte er privat sein erstes szenisches Hörbuch. Seit er 2003 bei ERF Medien angestellt ist, macht er sein Hobby zum Beruf: Hörbares sichtbar zu machen ist sein Ziel. 2008 gründete er mit seinem Kollegen Tobias Schier die TOS-hörfabrik und seitdem produzieren sie Hörbücher und Hörspiele. Außerdem ist er als Sprecher und Sänger auf zahlreichen weiteren Produktionen vertreten. Tobias Schuffenhauer ist verheiratet und lebt in Hüttenberg bei Wetzlar.
Tobias Schier ist Mitbegründer und Leiter des Radiosenders ERF Pop von ERF Medien. Er hat Germanistik und Medienwissenschaften in Düsseldorf studiert und war acht Jahre lang beim WDR im Bereich Hörspiel- und Featureproduktion tätig. Schon als Siebenjähriger hat er erste Schreibversuche unternommen. Im Teeniealter kamen dann Gedichte und Kurzgeschichten dazu. Seine Kinder schließlich weckten seine Lust am Schreiben wieder. Tobias Schier lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Wetzlar.
www.5Geschwister.de
Inhalt
Am Strand
Der Bootsverleiher
Der Leuchtturm
Spuknacht
Das Verhör
In den Höhlen
Wer bedroht Professor Manning?
Die zweite Spuknacht
Die Falle
Das Finale
Am Strand
Autsch … Au, was war das denn? Ein paar kleine Luftblasen stiegen nach oben. Hans-Georg schaute nach unten und sah im trüben Wasser, dass er beim letzten Schwimmzug mit seinem Fuß gegen einen Felsen gestoßen war. Hoffentlich blutete es nicht … Mit zwei, drei kräftigen Armbewegungen tauchte er auf und holte tief Luft.
Die Sonne schien herrlich vom türkisblauen Himmel auf ihn herab. Hans-Georg versuchte sich zu orientieren. Wo war er denn während seines Tauchens hingeschwommen? Oh, ich bin wirklich ganz nah an die Steilklippen rangekommen, dachte Hans-Georg. Das rot-weiß-rote Gestein der Klippen glänzte in der Sonne. Hans-Georg schaute sich um. Ach, und das muss der Leuchtturm sein. Mitten im Meer. Wow! Ein großer, weiß-rot gestreifter Turm ragte über das offene Meer in den Himmel.
Interessant, vom Strand aus ist er mir gar nicht aufgefallen. Erst wenn man hier um die Felsen rumgeschwommen ist, sieht man ihn. Er hörte entferntes Gelächter und blickte in die entgegengesetzte Richtung. Seine Geschwister machten es sich gerade am Strand gemütlich, breiteten Decken aus und verbuddelten die Getränke im Sand, damit sie kühl blieben. Hans-Georg blickte noch einmal zur Spitze des Leuchtturms hinauf, bevor er wieder Richtung Strand schwamm.
„Ach, ist das herrlich hier!“, meinte Marianne, die Älteste, und strahlte. Petra, die ein Jahr jünger war als sie, schaute ihrem Bruder Hans-Georg zu, wie dieser tropfend aus dem Wasser stieg. „Hast du gut ausgesucht, die Stelle.“ Esther, die zwei Jahre jünger war als Hans-Georg, reichte ihm ein Handtuch.
„Danke, mir hat sie auch gleich gefallen! Und das Wasser ist auch herrlich! Nur bei den Felsen müsst ihr vorsichtig sein. Hab mich gerade dran gestoßen, beim Tauchen.“ Hans-Georg begutachtete seinen Fuß.
„Blutest du?“ Marianne blickte besorgt über den Rand ihres Buches.
„Nein, alles gut“, beruhigte Hans-Georg seine ältere Schwester.
Da meldete sich Petra zu Wort: „Boah, also ich könnte für immer hier bleiben. Schöner Strand, die Steilklippen da hinten, die Wellen, die Sonne …“
Die fünf Geschwister waren an der Ostküste Englands angekommen. Hier, bei Hunstanton, hatten sie eine kleine Ferienwohnung gemietet. Der hübsche Ort lag auf der Ostseite einer etwas größeren Meeresbucht, von wo aus man wunderschöne Sonnenuntergänge bestaunen konnte. Baron Zerbach, ein alter Freund der Familie, der schon bei einigen Abenteuern dabei war, hatte die Pfarrerskinder gebeten, einem langjährigen Freund zu helfen. Heute um die Mittagszeit waren sie mit dem Kleinbus angekommen, wollten aber den ersten Nachmittag noch am Strand genießen, bevor es dann am nächsten Tag mit der „Arbeit“ losgehen sollte.
Alexander, der Jüngste von allen, grinste schelmisch und sagte zu Petra gewandt: „Wir können dich ja auch wie unsere Getränke im Sand verbuddeln und dich dann aus Versehen hier vergessen – schon wäre dein Traum erfüllt.“
„Das wäre aber nicht sehr nett, Alexander“, schaltete sich Esther ein. „Schließlich ist es schon etwas außergewöhnlich, dass hier so prall die Sonne scheint. Sonst ist England ja eher bekannt dafür, dass es ständig regnet.“ Sie stand auf und streifte ihr Kleid ab, sodass ihr knallroter Bikini zum Vorschein kam.
„Also falls wir dich im Meer verlieren sollten – dank dieser knalligen Farbe werden wir dich auch in 20 Meter Tiefe noch finden!“ Alexander konnte sich diesen Kommentar einfach nicht verkneifen. Esther reagierte nur mit einem müden Lächeln. Sie war es gewohnt, sonst immer die alten Klamotten von ihren zwei großen Schwestern zu tragen. Jetzt, wo sie alt genug war und auch mehr Taschengeld als früher bekam, konnte sie sich auch mal ihre eigenen Sachen kaufen, die ihr gefielen. Und sie war stolz auf ihren knallroten Bikini, den sie bei dieser Gelegenheit einweihen konnte.
„Ach, Leute …“ Marianne klappte das Buch zu, dass sie eigentlich lesen wollte und legte es in den Korb zurück. „Dass ihr euch ständig gegenseitig ärgern müsst …!“
Hans-Georg bemühte sich, das Gespräch zurück zum Thema zu bringen: „Also mal für zwischendurch ist das hier ja ganz nett … Aber irgendwann brauch ich auch mein normales Stadtleben wieder. Die paar Angler hier – das ist mir dann auf die Dauer doch zu einsam.“
„Das stimmt. Viele Leute sind hier nicht gerade, obwohl ja beste Ferienzeit ist … Müsste doch eigentlich von Touris überlaufen sein“, pflichtete ihm Marianne bei.
„Ist halt ein echter Geheimtipp, Leute! Wer kommt mit ins Wasser?“ Schon bei den letzten Worten war Petra aufgestanden und Richtung Meer unterwegs. Mit lautem Gebrüll und Gelächter folgten ihr die Geschwister ins kühle Nass.
***
Es war schon einige Zeit her, dass die Geschwister so ausgiebig Zeit füreinander hatten. Sie genossen die Gemeinschaft sichtlich: Sie planschten im Wasser, spritzten sich nass und tauchten sich gegenseitig unter.
Zurück am Strand deutete Hans-Georg mit seinem Zeigefinger auf die Felsen. „Habt ihr eigentlich den Leuchtturm gesehen?“
Esther nickte. „Ja, eben, als wir im Wasser waren.“
„Sieht ja gewaltig aus, oder? Wie er da so mitten im Meer steht, die Wellen gegen die Felsen peitschen …“
„Ja, ich bin wirklich gespannt, wie er von Nahem aussieht.“
„Wann treffen wir den Besitzer? Diesen Professor?“
„Morgen Mittag.“
Alexander, der gerade im Korb nach etwas Essbarem suchte, sah auf und zog die Augenbrauen zusammen. Das tat er immer, wenn er nachdachte. „Wie heißt der noch? Eddystone?“
„Professor Manning!“
„Wie komm ich denn jetzt auf Eddystone?! Na ja, also Manning … Ohne den kommen wir wahrscheinlich gar nicht zum Leuchtturm hin, oder?“
Petra hatte sich mit dem Handtuch durch ihre nassen Haare gerubbelt. Als sie jetzt aufschaute, sah sie aus wie Pumuckl, mit dem einzigen Unterschied, dass sie nicht so rote Haare hatte.
„Auf dem Weg hierher haben wir doch ein Schild von einem Bootsverleih gesehen. Sicher können wir uns mal ein Boot mieten und dahin rudern.“
„Rudern!? Übers Meer?“ Hans-Georg schaute seine Schwester ungläubig an. „Bis zum Leuchtturm? Puh … Dann will ich dich mal rudern sehen.“
„Also ein Motorboot wäre mir da auch lieber …“, unterstützte Alexander seinen älteren Bruder in der Hoffnung, ein richtig cooles Gefährt zu bekommen, mit dem sie übers Wasser schießen konnten.
Seine Träume wurden von Marianne jäh unterbrochen: „Wir können ja mal gucken, was unsere Urlaubskasse hergibt, wenn wir die Preise vom Bootsverleiher gesehen haben. Kann mir aber auch vorstellen, dass Mister Manning ein Boot für uns parat hat.“
„Gute Idee. Wir können ja gleich beim Verleiher vorbeigehen, wenn wir zurück zum Apartment wandern.“
„Vorher möchte ich aber noch ein bisschen lesen.“ Marianne wollte gerade ihr Buch wieder aus dem Korb rausholen, als Alexander seinen Kopf wie ein Hund hin und her schüttelte und seine nassen Haare Wassertropfen auf Marianne katapultierten.
„Aaaah, Alex! Ich will auch mal trocken werden!“
„Sorry, ich aber auch. Hab mein Handtuch in der Ferienwohnung vergessen.“
„Boah, manche Dinge ändern sich wirklich nie …!“
Der Bootsverleiher
Am Himmel waren ein paar kleine Schäfchenwolken zu sehen. Der leichte Wind vom Meer sorgte dafür, dass die Haare der Geschwister auch ohne Föhn schnell trocken wurden. Die Geschwister rollten ihre Badetücher zusammen, packten ihre Sachen wieder in den Korb und ihre Rucksäcke und gingen über die Düne Richtung Ort zurück. Beim Werbeschild, einer sehr zerbrechlich wirkenden Holztafel, die sie schon auf dem Hinweg gesehen hatten, machten sie Halt. Es war wirklich schon sehr alt und verwittert, die Farbe der Schrift war an den Seiten vollständig abgeblättert, sodass sie einige Schwierigkeiten hatten, den kompletten Text zu entziffern.
Esther verzog den Mund. „Könnte auch mal wieder einen frischen Anstrich vertragen, das Ding.“
„Douglass Bootsverleih und Bootstouren. Werktags von neun bis 16 Uhr oder nach Vereinbarung. 500 Meter – der Pfeil zeigt dorthin!“ Alexander deutete mit ausgestrecktem Arm über die Düne in die angegebene Richtung. Ein kleiner, unscheinbarer Pfad, der anscheinend nicht besonders oft genutzt wurde, markierte den Weg für die Geschwister.
Hans-Georg betrachtete den Weg und verwarf innerlich seine großen Pläne, mit einem Motorsportboot übers Wasser zu düsen. „Ist ja nur ein kleiner Trampelpfad!“
Petra sah ihn an und durchschaute sofort seine Gedanken: „Sei nicht enttäuscht, Brüderchen. Die werden doch bestimmt noch einen Zugang für Autos haben. Das ist hier ja nur der Fußweg für die paar Badegäste, die mal ’ne Bootstour machen wollen …“
Hans-Georg zuckte mit den Schultern. Er hatte Spaß an sportlichen Aktivitäten und neuen Abenteuern. Einmal mit 260 PS über die Wellen zu schießen, den Wind zu spüren und die Freiheit – das wäre wirklich ein Abenteuer ganz nach seinem Geschmack. Hoffentlich hat Petra Recht und der Trampelpfad ist wirklich nur für Badegäste, dachte Hans-Georg bei sich, während einige hochgewachsene Grashalme sich an seine Beine schmiegten und ihn leicht kitzelten.
Die 500 Meter waren in der Tat schnell zurückgelegt. Esther durchbrach die Stille und sprach aus, was jedem der Fünf durch den Kopf ging: „Wisst ihr noch, wie wir in Griechenland das Boot gemietet haben?“
„Und das wir dann auf den Grund der Ägäis1versenkt haben, weil die bösen Leute da Seife in ein extra vorgeschnittenes Loch gesteckt hatten …“, fiel Alexander ihr gleich ins Wort.
Petra spürte den Wind auf ihren Armen und bekam eine Gänsehaut: „Das will ich nicht noch mal erleben, Leute!“
„Na ja“, meinte Hans-Georg. „Aus Fehlern lernt man ja bekanntlich. Noch mal wird uns das sicher nicht passieren. Außerdem – wer sollte hier denn etwas gegen uns haben? Es kennt uns doch niemand.“
Hinter einer kleinen Kurve kam plötzlich eine Holzhütte zum Vorschein. Alexander nickte kaum merklich mit dem Kopf: „Hm, wie wär’s mit diesem bärtigen Seemann, der da am Holzhaus sitzt und Pfeife raucht …? Der sieht richtig fies aus! Macht mal lieber einen großen Bogen um den Kerl!“
„Jetzt schür doch nicht schon wieder diese Vorurteile, Alex! Der sieht doch ganz gemütlich aus, wie er da auf dem Schaukelstuhl sitzt“, beschwichtigte Marianne den Jüngsten.
„Außerdem hängt das Preisschild direkt neben ihm“, ergänzte Esther.
Sie gingen die kleine Düne hinunter und Petra merkte gleich, wie der Boden immer lockerer wurde und sie schließlich wieder in den warmen Sand einsackte.
***
Die Holzhütte war alt. Sehr alt. Noch viel älter als das zugehörige Werbeschild am Strand. Überall hingen Fischernetze, riesige Angelhaken und anderes Fischereizubehör von den Wänden herunter. Hier und da konnte Marianne Salzablagerungen erkennen, die von der Gischt und dem Wind ans Haus geweht worden waren. Die Sonne trocknete das Wasser weg und das Salz blieb als eine Art Kruste übrig. Weiter hinten ragte ein Holzsteg ins Meer hinein. Am Ende des Steges war wiederum eine ähnlich große Hütte. Wahrscheinlich stehen dort die Boote, dachte Alexander.
Der bärtige Mann sah wirklich so aus, als wäre er direkt aus einem Film entsprungen: lange, zottelige, weiße Haare, kariertes Hemd mit Lederweste darüber, die ihm aber längst zu klein geworden war. Die Beine wirkten viel zu kurz für den stämmigen Körper. In seinem wetterzerfurchten Gesicht blitzten den Geschwistern allerdings zwei funkelnd blaue Augen entgegen. Aus seiner Pfeife stiegen weiße Wölkchen zum Himmel auf. Petra fand den Anblick des Mannes unheimlich. Sie nickte ihm mit einem unsicheren Lächeln zu und fokussierte gleich darauf schon die Hinweistafel neben der Tür. Sie versuchte, den englischen Text auf dem Schild direkt für ihre Geschwister zu übersetzen.
„Soooo … Alsooo … Es gibt Ruderboote, Motorsportboote und sogar zwei Yachten, die wir hier ausleihen könnten.“
Alexander und Hans-Georg tauschten vielsagende Blicke und rechneten im Kopf schon mal das britische Pfund in Euro um. Da tönte eine klangvolle Stimme von der Seite: „Aaah, Deutsche! Wie schön!“ Der Mann erhob sich langsam aus dem Stuhl.
„Hallo“, grüßte Marianne zurück, überrascht über die deutschen Worte, „Sie sprechen aber gut Deutsch.“
„Ja, hab ich in der Schule gelernt. Und hier kommen doch auch immer wieder Touristen aus Deutschland an. Ich bin Douglass, hallo. Von wo genau seid ihr denn her?“
„Aus der Nähe von Heidelberg.“
„Ah, aus Baden-Württemberg. Schön da. Da war ich schon einige Male im Urlaub mit meiner Frau. Na ja, als sie noch lebte … Ist vor zwei Jahren gestorben … Leider …“ Der Mann blickte gedankenverloren auf das Meer hinaus. Bei Petra spielten sofort die Gedanken verrückt: Ob er mit ihr vielleicht draußen fischen war, sie dann aus dem Boot gestürzt und ertrunken ist …? Sie zwang sich, die Kontrolle zurückzugewinnen. „Das tut uns leid.“
„Na ja, das Leben geht weiter. Muss ja … Zumindest im Sommer ist es gut. Wollt ihr auch ein Boot mieten? Ist aber schon recht spät …“
„Ja, vielleicht. Kommt ganz drauf an, ob das unsere Urlaubskasse hergibt.“ Marianne versuchte, eine Haarsträhne hinter ihr Ohr zu legen und schob nach: „Aber auf jeden Fall nicht mehr heute.“
„Ja, mit dem Boot kann man sehr schön die Felsenklippen sehen. Die sind wirklich sehenswert. Mit unterschiedlichen Gesteinsschichten …“
Hans-Georg erinnerte sich an seine Entdeckung beim Tauchen: „Ja, haben wir schon gesehen: rot-weiß-rot!“
„Dafür sind wir hier richtig bekannt: Wir haben roten und weißen Kalkstein. Und darunter ist roter Sandstein … Ha…“ Douglass unterbrach sich selbst und Esther meinte sogar, ein Lächeln unter seinem Bart erkennen zu können. „Mehr Infos gibt es dann aber auf der Bootstour von mir. Mit irgendwas muss ich mir ja noch mein Brot verdienen …“ Er strich sich mit seinen zerfurchten Fingern durch den langen Bart. „Morgen Mittag um 14 Uhr ist die Nächste. Und wisst ihr was? Weil ihr so nett seid, mach ich euch auch einen Freundschaftspreis. An der Urlaubskasse soll es ja nicht scheitern, was? Ich freu mich immer, wenn ich jungen interessierten Leuten meine Heimat zeigen darf.“
Marianne schien Gefallen an dem kleinen Plausch zu finden. „Wohnen Sie denn schon immer hier?“, fragte sie.
„Viele Generationen vor mir haben schon Douglasses in diesem Ort gelebt. Mein Ur-Ur-Großvater ist hier richtig reich geworden. Ein wirklich großartiger Mensch. Und sehr beliebt bei den Einheimischen hier. Aber … Ach, ich will euch auch nicht mit meinen alten Geschichten langweilen …“
Hans-Georg läutete den Abschied ein, bevor Marianne eine weitere Frage stellen konnte: „Also, vielleicht sehen wir uns schon morgen, aber auf jeden Fall die Tage noch mal.“
„Ich bin immer hier. Klopft ruhig an, auch, wenn der Laden geschlossen ist. Ich freue mich, wenn ihr mich besuchen kommt.“ Douglass lehnte sich wieder in seinen Schaukelstuhl zurück und zog genüsslich ein, zwei Mal an seiner Pfeife, die beim Reden wie vergessen in seinem Mundwinkel hing.
„Okay, dann tschüss!“ Petra winkte.
„Auf Wiedersehen!“ Douglass hob eine Hand zum Abschiedsgruß.
Esther ergriff als Erste das Wort, als sie ein paar Schritte weit weg waren: „Ein netter Mann!“
„Okay, okay … Ich bekenne: Ich habe vorschnell über jemanden geurteilt. Konnte ja nicht ahnen, dass er so nett lächeln kann unter diesem Bart …“
Hans-Georg setzte zum Sprint an: „Wer als Letztes im Haus ist, muss abspülen! Los, Wettrennen!“ Bei seinem letzten Satz war er schon gut zehn Meter vor den anderen.
„Ha, das zahlen wir dir schon noch heim“, meinte Petra.
Alexander sprintete schon hinterher. Auf Abspülen hatte er nun wirklich keine Lust …
Der Vorsprung von Hans-Georg wuchs rasant an. „Nicht rumjammern! Laufen!“ Er war schon am Café angelangt, an dem jetzt aber nur noch ein paar ältere Touristen entspannt einen Latte Macchiato oder einen Tee schlürften. Ihr Apartment lag nicht weit entfernt. Von der Lighthouse Lane über die Cromer Road und dann vor dem Fußballfeld rechts rein in die Victoria Avenue, eine kleine Seitenstraße mit schönen Doppelhaushälften. Ihr Haus war verklinkert, die Fenster und Türen mit weißen Stürzen versehen. Das Wohnzimmer war durch einen kleinen Erker etwas in den Vorgarten vorgeschoben, ebenso das Schlafzimmer eine Etage darüber. In der zweiten Etage, wo die Mädchen schliefen, hatten die Vermieter eine Gaube mit drei Fenstern eingebaut, sodass auch hier viel Licht einfallen konnte. Es war wirklich nett und für fünf Leute hatte es eine gute Größe. Jetzt, um diese Uhrzeit, schien die Sonne genau auf das Haus und erfüllte es mit einem warmen, goldenen Schein.
1 Dieses frühere Abenteuer ist nachzulesen im Buch „5 Geschwister im verlassenen Kloster“.
Der Leuchtturm
Am nächsten Vormittag kitzelte die Sonne Petra als Erstes an der Nase. Sie hatten zwei Zimmer, eins für die Jungs und eins für die Mädchen. Die Jungs hatten das Doppelzimmer – oder Elternschlafzimmer – bekommen. Petra teilte sich mit ihren Schwestern das Zimmer mit zwei Hochbetten. Sie blickte auf ihre Armbanduhr: erst halb sieben! Trotzdem war Petra überhaupt nicht mehr müde. Esther und Marianne schliefen noch tief und fest. Die Zweitälteste sprang schnell unter die Dusche und zog sich leise an, damit sie keinen wach machte. Ihr Apartment war nicht riesig, aber doch groß genug: ein gemütliches Wohnzimmer mit Ledersofas, ein Esszimmer, Küche, Bad und die beiden Schlafzimmer.