Auf den Spuren der vereinten Welt - Katharina Vogel - E-Book

Auf den Spuren der vereinten Welt E-Book

Katharina Vogel

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Beschreibung

Dieses Buch widmet sich der Sehnsucht des Menschen nach der Wiederverbindung der menschlich-materiellen mit der seelisch-geistigen Realität. In drei Teilen wird den Fragen nachgegangen: Woher kommen wir (alles ist eins), wo stehen wir (die Trennung von der Einheit und ihre Folgen in der Gegenwart) und wohin bewegen wir uns (die Wiedervereinigung)? Zentral geht es um den Bewusstseinswandel, der sich unter den gegenwärtigen, aufwühlenden individuellen wie kollektiven Lebenssituationen hoffnungsvoll regt. Bezüge zur Schöpfungsgeschichte und anderen geistigen Inspirationen aus Vergangenheit und Gegenwart werden als vorbereitende Impulse für den sich zeigenden Wandel betrachtet. Dieser Wandel lässt Unverarbeitetes, Verdrängtes, Unverziehenes nicht mehr zu. Alles will in Ordnung, in Frieden kommen. Wege zu den neuen Werten, zum Sich-Wiederverbinden, zur Versöhnung und zur Herzens-Weisheit des Menschen werden aufgezeigt.

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Inhalt

Einleitung

Vorwort zum »Haupt«

Ausgangslage

Teil I – Alles ist eins

Das »Haupt« als das Ver-Einende und All-Umfassende in der Schöpfungsgeschichte

Das Angebot an den Menschen: zwei Lebenswege

Der »Kopf« als Diener in der polaren Welt

Die Entwicklung und die Funktionen des dreiteiligen Gehirns

An der Landesgrenze von »Haupt« und »Kopf«

Teil II – Die Abspaltung von der Einheit – Bezug zur Aktualität

Das verdrängte »Haupt« – vom Aleph zum heutigen Alpha

Die Welt des Materiebewusstseins

Terror. Entsetzte Fragen stehen im Raum

Die fehlgeleiteten Instinkte

Der Verlust der Mitte

Sich arrangieren oder sich bewegen

Trauma. Ein globales Drama

Das Mann-Frau-Drama – der Frau-Mann-Traum

Im Wirkungsfeld kosmischer Kräfte

Es geschieht ein Bewusstseinswandel

Die Wehen eines Bewusstseinswandels

Teil III – Die Wiederverbindung

Die dunkle Nacht der Seele

Die Sehnsucht nach Überwindung der Zweiheit

Verdrängtes und Unverarbeitetes wollen gesehen und befreit werden

Verzeihen und Versöhnen – Grundlagen des Friedens

Präsenz – das Werkzeug zur Wahrnehmung der Ganzheit

Zurückfinden zum drei-einenden Gehirn

Zurückfinden zum seelisch-geistigen Ursprung

Die Dreiheit als Schöpfungsprinzip

Die große Chance: Mitgestaltung an der Neuen Welt – vom Ich-Spiel zum Wir-Spiel

Das »Tun umsonst«

Der Wegweiser ist das Herz

Der innewohnende Lichtfunke – die Verbindung des Unsichtbaren mit dem Sichtbaren

Der neue Stamm: die vereinte Menschheit

Anhang I

– An der Schwelle zum Bewusstseinswandel. Die eine und die andere Welt

Anhang II

– Das übergeordnete Schöpfungsprinzip: die All-Liebe

Anhang III

– Einführende Gedanken zu kosmischen Prinzipien und Gesetzen

Anhang IV

– Die sieben hermetischen Prinzipien als kosmische Ordnungsstrukturen

Literatur- und Quellenhinweise

Einleitung

Die Ent-Hauptungen von willkürlichen und gefangenen Opfern durch bestimmte Terrororganisationen, die Terroranschläge und -regimes sind ein allgegenwärtiges Thema. Sie erschüttern die Menschen auf der ganzen Erde. Betroffenheit über das Unmenschliche, das Abartige, das Chaos-Schaffen de einerseits, andererseits die Beobachtung des stetig wachsenden Bewusstseins und Wieder-Erwachens der tiefsten menschlich-seelisch-geistigen Werte wie des Mitgefühls und der Zusammengehörigkeit waren Triebfeder zu den nachfolgenden Gedanken. Sie haben mich zu den Schriften jüdischchristlicher Überlieferung geführt, in denen der Begriff »Haupt« für Gott, den Schöpfer, steht.

Wenn im nachfolgenden Text an gewissen Stellen auf die uns bekannte Schöpfungsgeschichte und zum Wirken von Jesus Christus Bezug genommen wird, so deshalb, weil diese Geschichte unserer Kultur am nächsten steht. Jede Kulturepoche hat ihre eigenen Weltbilder und Weltenlehrer, die spezifische geistige Impulse in die Menschheit hineinprojiziert haben. Heute spiegelt die Essenz der geistigen Inspirationen aller Zeiten, Epochen und Richtungen nicht nur den Zustand unseres heutigen materiellen Lebens wider, sie dient auch als Schubkraft für den gegenwärtigen Bewusstseinswandel. Was lange Zeiten als Gegensätze oder als trennend wahrgenommen, was unterdrückt oder verfolgt wurde, entpuppt sich als Gesamtwerk eines höheren Architekten, das zunehmend zum Tragen kommt.

Überall und zu allen Zeiten wurden die Menschen auf die kommende Zeit vorbereitet. Egal wie gewisse Gruppierungen auf der Erde das Erwachen in ein höheres Bewusstsein mit Zuckerbrot oder Peitsche verhindern wollen, es geschieht trotzdem. Bestimmte Gesetze und Ordnungsstrukturen lassen nicht zu, dass zerstörende Kräfte die Oberhand bekommen, auch wenn es manchmal den Anschein hat.

So finden sich in allen Schöpfungsgeschichten übergeordnete Gesetze, Prinzipien und Ordnungsstrukturen, die die Harmonie des Lebens, des Planeten und des Kosmos bilden und aufrechterhalten. Diese Ordnungsstrukturen werden als unumstößlich, individuell wie kollektiv, planetar und kosmisch vorausgesetzt. Sie sind nicht an Materie-Raum-Zeit gebunden, durchdringen diese aber wie ein ständiger Ton. Schöpfungsgeschichten zeigen einen möglichen Weg, wie der Mensch sich mit dem unsichtbaren Ursprung der Schöpfung verbinden kann und wie er darin eingebettet ist.

Eine geniale Anlage ermöglicht dem Menschen, selbsterfahrend diese Ordnungsstrukturen und seinen eigenen Ursprung zu erkennen. Sie sind das menschliche Gehirn und die Herzweisheit. In Jahrmillionen haben sich aufeinander aufbauend die drei Gehirnteile – Stamm-, Limbisches- und Großhirn – entwickelt. Sie widerspiegeln das Auftauchen aus dem unbewusst-instinktiv-reflexartigen zum instinktiv-gefühlsmäßigen bis zum verstandesmäßig-reflektierenden bewussten Dasein. Das Herz als ein weiteres Gehirn ist ausgestattet mit etwa 40 000 Nervenzellen und steht über vielfältige Wege mit dem Gehirn in Verbindung. Mit Herz und Gehirn ist der Mensch mit der Fähigkeit und Möglichkeit ausgestattet, über die Materie-Raum-Zeit hinaus in ein erkennendes Bewusstsein hineinzuwachsen.

Das gegenwärtige Chaos, das sich auf unserem Planeten in allen gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Bereichen breitmacht, ist nicht nur eine Folge irrer Ideologien wie die der gegenwärtigen Terrororganisationen. Ein überbordender, rücksichtsloser und gleichmachender Materialismus bedroht jede Individualität, den Sinn und die Wertschätzung des Lebens. Der Mensch hat sich dem Machbaren verschrieben und sich von seinem geistigen Ursprung und von seiner instinkthaften, fühlenden Natur abgespalten. Diese Trennung von der Ganzheit verursacht verheerende Unmenschlichkeiten, die Zerstörung geistig-kultureller Werte, dazu gehört der Verlust der Verbindung zur Natur und das Betäuben selbständigen Denkens. Da diese Situation »hausgemacht« respektive menschengemacht und der Mensch lernfähig ist, hat er darauf Einfluss, wieder Verantwortung für das Ganze zu übernehmen.

Auf der anderen Seite sind wir als Menschheit, zusammen mit den anderen Reichen (Mineralien, Pflanzen, Tieren) und dem Planeten Erde, außerplanetaren, kosmischen Wirkungsfeldern ausgesetzt, auf die wir keinen Einfluss haben. Bekanntlich ist das Universum in ständiger Bewegung und Veränderung. Seine Rhythmen und Zyklen bewegen sich in Jahrtausenden. Sie haben ebenso Einfluss auf unser Dasein, unser Denken, die Emotionen, unser Handeln wie auf die viel kürzeren Zyklen eines Tages- oder Jahreslaufes. Niemand zweifelt zum Beispiel an der Wirkung der Sonne und ihrer lebensschaffenden und -erhaltenden Kraft. Bei den großen Zyklen braucht es Generationen bis Veränderungen wahrnehmbar sind. Neigen sie sich ihrem Ende zu, gibt es Schwellpunkte, an denen ein lebendiger Wandel passiert. Klar erlebbar sind solche Schwellpunkte im Übergang vom Frühling zum Sommer, vom Sommer zum Herbst, vom Herbst zum Winter. Hier spüren wir instinktiv, dass sich etwas verändert. Die Luft riecht anders, der Wind wird kühler oder sanfter, der Mensch reagiert melancholisch, leichter, spontaner... Es vergeht etwas und etwas Neues, noch nicht Geformtes ist auf dem Weg in die Welt der Erscheinungen. Es sind dies Zeiten der Ungewissheit, die unruhig machen.

Gehen nun große Zyklen im Universum solchen Schwellpunkten entgegen, kann es den Anschein machen, dass alles »drunter und drüber« geht. Können der Mensch und die Gesellschaften diesem Wandel nicht folgen, wird am Gewohnten oder an bestimmten Überzeugungen festgehalten, wird mit Angst reagiert, werden unverarbeitete oder verdrängte Geschichten herumgetragen, kann das auf physischer, psychischer sowie geistiger Ebene heftige Erschütterungen zur Folge haben. In der ständigen Wechselwirkung mit den kosmischen Ereignissen einerseits und den natürlichen fassbaren Natur- und Lebenszyklen (Geburt, Kindheit, Pubertät, Erwachsenenwelt, Alter, Tod) andererseits und mit einer entsprechenden Geisteshaltung korrespondierend, erfahren Mensch und Erde außergewöhnliche Bewegungen. Diese können enorm herausfordernd sein.

Viele Anzeichen sprechen dafür, dass die Menschheit und der Planet Erde an einem solchen Schwell- oder Wendepunkt angekommen sind, der auf eine Ablösung des jetzigen Zeitgeistes hindeutet.

In einem ersten Teil werden Unterschied und Gewichtung von »Haupt« und »Kopf« betrachtet. Zwei verschiedene Bewusstseinsdimensionen, die auf die Gestaltung des individuellen wie des kollektiven, gesellschaftlich-kulturellen und spirituellen Lebens und Alltags einen je anderen Einfluss haben. Die abendländische Schöpfungsgeschichte mit den zwei Paradiesbäumen – Zweiheit/Polarität/Materie- und Einheitsbewusstsein –, das dreiteilige Gehirn und das Herzwissen dienen als Betrachtungsgrundlage.

In einem zweiten Teil wird versucht, darauf einzugehen, wie sich die Trennung von »Kopf« und »Haupt« in der aktuellen Situation darstellt. Grundlage dafür sind die sichtbaren physischen Enthauptungen in bestimmten Ländern und die unsichtbaren geistigen Enthauptungen eines auf die Materie reduzierten Lebens.

Der dritte und wichtigste Teil ist der Wiederverbindung mit dem »Haupt«, dem Ursächlichen, der geistigen Herkunft des Menschen und dem im Menschen angeborenen Urempfinden für Mitgefühl und Frieden gewidmet.

In Albert Einsteins Aussage »Nichts kann existieren ohne Ordnung – nichts kann entstehen ohne Chaos« liegt eine Weisheit, die uns dem verborgenen Neuen mit Zuversicht entgegenblicken lässt.

Vorwort zum »Haupt«

Das Vornehmste ist es.

Ganz oben liegt es.

Jeden Anfang prägt es.

Die Ursache von allem ist es.

Von unergründlichen Geheimnissen umhüllt

Entschwinden aus der lautlosen Stille seines mächtigen Orchesters

Ton für Ton, Wort für Wort, Farbe für Farbe, Form für Form.

In die Unendlichkeit verschenkt es sich.

Sprühendes Leben, Leidenschaft, Begeisterung, Fülle.

Verbunden mit dem Band der Liebe,

Ewig eins,

Das Erschaffende und das Erschaffene,

Gott und Mensch.

Ausgangslage

Als Ausgangslage dient das Prinzip: »Wie oben so unten – wie unten so oben.«

Annahmen

Annahme eins: Der Ursprung aller Schöpfungen liegt im Geistigen. Bedingungslose All-Liebe ist der Grundimpuls und damit das alles verbindende Ur-Prinzip.

Annahme zwei: Der Mensch ist ein geistig-seelisches Wesen, ausgestattet mit einem physischen, empfindenden und denkenden Körper.

Annahme drei: Das gleichwertige Zusammenwirken der drei Gehirnteile und der Herzweisheit sind als natürliche Anlage die Basis für die spirituelle Rückverbindung und damit für ein friedvolles und erfülltes irdisches Leben des Menschen.

Annahme vier: Ein Großteil der Menschen lebt entwurzelt und getrennt vom geistigen Ursprung sowie abgekoppelt von den Gefühlen, der Herzweisheit.

Annahme fünf: Trennung bewirkt Entwurzelung, Desorientierung, Sinnentleerung, Unsicherheit, Manipulierbarkeit, Angst, Misstrauen, Abwertungen, Urteile, Ausschluss anderer, Gewalt, Krieg, Terror.

Annahme sechs: Verbundenheit bewirkt Mitgefühl, Anteilnahme, Sorgfalt, Achtsamkeit, Sinnhaftigkeit, Interesse, Vertrauen, Sicherheit, Verantwortungsgefühl, Frieden.

Annahme sieben: Die Menschheit und der Planet Erde sind mitten in einem Prozess eines Bewusstseinswandels. Der alte – materialistisch-mechanistische – Zeitgeist wird von einem all-liebenden, vereinenden, allumfassenden, sich auf den Schöpfungsursprung und seine Ordnungsstrukturen rückbesinnenden Geist abgelöst. Materie und Geist vereinen sich. Der Geistmensch erwacht.

Teil I Alles ist eins

Das »Haupt« als das Ver-Einende und All-Umfassende in der Schöpfungsgeschichte

Das Fundament aller Schöpfung liegt im Schweigen der Stille. Im Verborgenen ruht das noch ungeprägte Potenzial von allem, was sich in der zukünftigen Schöpfung offenbart.

Es ist eine in sich geschlossene Welt, die traditionell symbolisch als Kreis oder Kugel dargestellt wird. Darin sind noch keine Gegensätze, alles ist im Einen eins. Noch ungeteilt ruht das Ganze dort. Der Taoismus spricht in diesem Zusammenhang von »Ursuppe«.

Im Hebräischen erscheint als Erstes der Buchstabe Aleph. Er wird als »Haupt« wie auch als »Herz« beschrieben. In einem anderen Zusammenhang werden wir noch dem griechischen Alpha begegnen.

In der jüdisch-christlichen Schöpfungsgeschichte treffen wir im Alten Testament ebenfalls auf den Begriff »Haupt«. Offensichtlich spielt es eine Hauptrolle. Im »Haupt« nimmt alles seinen Anfang, hier ist der Keim angelegt für alle vorstellbaren und (noch) unvorstellbaren Ideen, Visionen, Formen, Farben, Töne, Leben, Kulturen, Völker, Planeten, Universen... Allen diesen Schöpfungen liegen unumstößliche Prinzipien zugrunde:

Alles hat denselben unsichtbaren, geistigen Ursprung.

Alles was ist, ist ein Spiegelbild dieses Ursprungs.

Alles ist bereits im Keim vollständig und vollkommen angelegt.

Alles ist ein Heraustreten aus dem Unsichtbaren ins Sichtbare.

Alles ist einmalig und unverwechselbar.

Alles hat seinen Raum und seine Zeit.

Alles kehrt zum Ursprung zurück.

Alles ist ein Prozess der Vergeistigung.

Dieses Eine, dieses »Haupt« ist weder der Anfang einer Aufzählung noch ein zeitlicher Hinweis, wann Schöpfung begonnen hat. Deshalb heißt es in der ersten Schöpfungsgeschichte der sechs Tage auch nicht: »Am Anfang...«, sondern »Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde«. Schöpfung ist ein Akt, der immer geschieht ewig und überall. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft werden als Einheit erfahren, die das Ganze im »ewigen Jetzt« ausdrückt.

Mit diesen ersten Worten aus dem Unsichtbaren »Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde« wurde die Zweiheit, die Polarität ins Leben gerufen. Den weiteren Schöpfungstagen und Schöpfungstaten folgten Licht und Finsternis, Sonne, Mond und Sterne, Wasser und Land, Vieh und wilde Tiere, Tiere im Wasser, Tiere in der Luft.

Wenn der Mensch erscheint, ereignet sich das nicht als eine weitere eigene Schöpfungstat in der Welt. Vielmehr erscheint er als das Gesamtwerk der sechs Schöpfungstage. Alles bisher Erschaffene vereint sich im Menschen. Die Vielfalt und die sich ins Äußere ausdehnende Schöpfung vereinen sich im Gesamtwerk »Mensch«. Dieser steht auf materieller Ebene als Einheit der Einheit Gottes auf geistiger Ebene gegenüber.

Das Unsichtbare ist seiner Natur gemäß der Ursprung alles Sichtbaren. Dahinter verborgen zeigt sich ein Wille, verbunden mit Freude und Liebe und einer Portion Lust, sich in das Sichtbare zu veräußern. Durch »Abwenden« von der Innenwelt gibt sich das Unsichtbare auf zugunsten der Außenwelt. Da aus sich selbst geschaffen, geht das Unsichtbare ein in die geschöpfte Form. Eine innige Verbundenheit zwischen dem Unsichtbaren und dem Sichtbargewordenen bleibt bestehen. Wie eine Mutter immer Mutter des Kindes bleibt, egal wie weit weg sich das Kind von ihr entfernt, so bleiben jeder Mensch und jede Schöpfung mit ihrem inneren Ursprung verbunden, auch wenn sie diesen selbst vergessen haben. Das Zuhause bleibt. Nichts und niemand ist allein, nichts und niemand kann verlorengehen. Alles birgt eine Ausstrahlung dieses »Hauptes« und ist innig mit ihm verbunden.

Das Durchschreiten der Grenze vom Unsichtbaren ins Sichtbare gleicht der Geburt eines Kindes, das den Übergang von der Wasserwelt im Mutterleib in die Sauerstoffwelt der Materie passiert. Der aufgebaute Körper ist Träger für das sinngebend Wesenhafte, das Seelisch-Geistige, das aus dem Unsichtbaren sich niederlässt.

Das Geschöpfte trägt einen unverwechselbaren »Stempel«, der sich im Äußeren des Menschen als individueller Fingerabdruck und in seinem Inneren als die Einmaligkeit seiner seelischen Wesenheit zeigt.

Der Prozess der Zweiheit setzt sich im Menschen fort.

Der Körper, die Anatomie,

ist allen Menschen gleich, ist uniform.

Das Geistwesen, die Seele,

ist ein Unikat, einmalig und individuell.

In der Welt des Sichtbaren erscheint die Gestalt des Körpers. In der Welt des Unsichtbaren verbirgt sich die Geist-Seele. Licht und Dunkelheit bekommen ihren je eigenen Ausdruck: Der Tierkörper dient als Grundlage für den Geist in der Materie, die Pflanzenwelt zeigt sich im Stoffwechsel, das Wasser fließt im Blut, die Berge und Mineralien finden sich im Skelett, der Wille Gottes schenkt sich dem Menschen als freier Wille... Ein höchst eindrückliches Gesamtwerk, das durch alle Daseinsebenen (physisch-materiell-kausal-seelisch-geistig) aufs Innigste miteinander verwoben ist, ein Kommunikationsnetzwerk, das von der Zellebene, von der DNA bis zur geistigen Idee und Vision, alles in sich spiegelt. Das Gesamtwerk ist dem Urschöpfer gleich gemäß der Botschaft: »Und Gott schuf den Menschen in Seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf Er ihn, als Mann und Frau schuf Er sie« (Gen 1.27).

Der einzige Sinn der Vermehrung in die Außenwelt liegt darin, alle Gegensätze aufzuheben und das Glück der Wiedervereinigung zu erleben. Es ist dieses Glück der Harmonie, des Friedens, der alles ergreifenden Verbundenheit, das der Schöpfer, Seinem Ebenbild Mensch – jetzt in aller Bewusstheit – ermöglichen will. Diese zurückgefundene Einheit drückt sich im siebten Tag der Schöpfungsgeschichte aus. Nachdem alles erschaffen war, wurde geruht, das Werk gesegnet und geheiligt. Das Werk war gut, es war sehr gut.

Der Weg des Menschen ist genau diese Rückkehr, mit der sich offenbarenden Erkenntnis, dass die Einheit in ihm selbst liegt. In der Stille kann er sich als Ebenbild Gottes erfahren, er kann dies aber auch in seinen Mitmenschen und in allem Geschöpften.

In der Zwei(heit) liegt das Wissen, dass es vor ihr eine Eins, einen Zustand der Einheit gibt. Die Schöpfungsgeschichte ist eine Geschichte, die vom Weg aus der Einheit in die Zweiheit und wieder zurück in die Einheit erzählt.

Das Angebot an den Menschen: zwei Lebenswege

In der zweiten Schöpfungsgeschichte steht der Mensch, nun als Mann und Frau, den zwei Paradiesbäumen gegenüber:

dem »Baum der Erkenntnis von Gut und Böse«, der im Prinzip der Zweiheit verankert ist. Er bringt den Menschen auf die Ebene der Polarität und Materie. Das Handeln ist auf stete Entwicklung und auf das eigene Erschaffen angelegt. Es wird ein Sinn gesucht. Der Mensch folgt vor allem äußeren Impulsen und Werten;

dem »Baum des Lebens«, der im Prinzip der Einheit, der Ganzheit verankert ist. Es gibt nichts zu erreichen. Alles ist da. Der Mensch folgt inneren Impulsen und Werten. Allem, was ist, liegt ein Sinn zugrunde. Der Erschaffende, das Erschaffen und das Erschaffene sind in ein und demselben gegründet.

Die Gesetze und Prinzipien der Zweiheit / Polarität basieren auf Trennung und Unterscheidung. Sie beinhalten ganz bestimmte Fähigkeiten, die auf das Verhalten des Menschen Einfluss haben. Diese äußern sich in Konkurrenz, Urteilen, Wertungen, Erobern, Ansammeln, unendlicher Entwicklung, Forschung, Spaltung bis ins kleinste Detail, Mangel, Führung von außen, Eigenmacht, Angst. Es ist eine mechanische Welt, in der das Leben zeitlich begrenzt ist. Der Tod schließt das Leben ab.

Der »Baum der Erkenntnis von Gut und Böse« birgt die äußeren, irdischen Maßstäbe. Es ist der »Mitschöpferbaum«, der den Menschen einlädt, selbst zu kreieren, zu erobern, zu erforschen, zu lernen, zu wissen, zu zerlegen, zu erfahren. Der Mensch ist mit dem Geschenk des freien Willens ausgerüstet, mit Fähigkeiten, die ihm erlauben, zu gestalten und zu wirken.

Dieser Weg ist geprägt von der Tat, er beschränkt sich auf die Eroberung der materiellen Welt. Was bleibt, ist die unruhige Sehnsucht, die den Menschen ständig antreibt, das verlorene Paradies, die Ganzheit zurückzuerobern.

Der Mensch fordert: »Ich will etwas vom Leben.«

Die Gesetze und die Prinzipien der Einheit basieren auf Ganzheit, Allwissen, Fülle, Wahrheit, bedingungsloser Liebe, Verbundenheit, Güte, Mitgefühl, Teilen, Gemeinschaft, Führung von Innen, Hingabe. Es ist eine biodynamische Welt, in der sich das Leben jenseits der irdisch-materiellen Realität ewig fortsetzt. Der »Baum des Lebens« setzt die seelisch-geistigen Maßstäbe. Nichts ist getrennt. Wie in einem Samen ist alles angelegt. Er braucht lediglich die richtigen Bedingungen, um sich entfalten zu können und erkannt zu werden. Die Einheit offenbart sich im alltäglichen Leben. Diese Menschen sind in der Lage, ohne Urteile und Wertungen, sich widerstandslos dem, was ist, anzuvertrauen. Ohne begründen zu müssen, weiß der Mensch, dass alles, was ihm begegnet oder geschieht, Sinn hat und Sinn ergibt. Von inneren Werten (Liebe, Mitgefühl, Freude…) motiviert, bringt er das im Außen Erfahrene mit dem Unsichtbaren in Verbindung. Im Alltag unterscheidet er sich nicht von anderen. Er erfüllt seine Aufgaben und nimmt aktiv am Leben teil. Er ist mit sich, seinem Handeln, seiner Umwelt, seinen Mitmenschen und der unsichtbaren Welt verbunden.

Der Mensch nimmt das, was ihm das Leben bietet,

als sinngebend an.

Diese zweite Haltung weiß, dass das Paradies bereits existiert. Das ist für den Eroberer keine Option, denn sie hindert ihn, ein eigenes, seinen Vorstellungen entsprechendes Paradies zu erschaffen.

Polarität: Der Weg des Erkennens durch Unterscheidung des Guten und des Bösen

Einer schöpferischen Logik gemäß wird nun alles, was folgt, dem Prinzip der Zweiheit, der Polarität unterstellt. Die Zweiheit mit den zwei Paradiesbäumen, mit Adam und Eva, mit der verbotenen und der erlaubten Frucht wird in der zweiten Schöpfungsgeschichte noch konkreter. Nichts kann geschehen, bevor nicht der Paradiesmensch (Adam, noch nicht in Männlich und Weiblich getrennt) ein Gegenüber hat. Wenn aus dem Menschen die Frau herausgelöst wird, Mann und Frau sich polar-dual gegenüberstehen, erleben sie die Fülle des Paradieses. Sie dürfen von allem essen, nur nicht vom »Baum der Erkenntnis«, diesem Baum der Zweiheit, der Vielfalt. Das Erschaffen der Vielheit ist Gott vorbehalten. Er kennt das Maß. Der Mensch soll sich in diesem Fall zurückhalten.

Alles andere aber darf der Mensch aufnehmen (essen), von allem den Sinn erkennen, verstehen und in Worten, in Begegnungen und in Handlungen mit dem Ursprung verbinden, ganzmachen, verdauen, integrieren, sodass sich alles in ihm vereint. Nur die Frucht vom »Baum der Erkenntnis von Gut und Böse« soll er lassen. Diese Frucht birgt die Trennung, sie führt ins Äußere, weg vom Einsmachenden.

Die Frau übernimmt nun die Initiative. Sie kann der Schlange, ihren schillernden Versprechungen, nicht widerstehen und beißt in den Apfel vom verbotenen Baum. Da Mann und Frau eine einander bedingende Einheit bilden und dadurch aufs Innigste verbunden sind, kann der Mann nicht anders, als der Frau folgen. Die Frau wird nun zur Toröffnerin in die Welt der Materie (Mater, Mutter), das ist die Welt der Entwicklung, der Erschaffung, der Erfahrung und Unterscheidung. (Es darf hier natürlich keine Rede von Schuldzuweisung an die Frau als Verführerin geben. Die Kirche spricht von »Erbsünde«, die, nur zu oft sträflich missinterpretiert, den Menschen mit einer Schuld belädt und ihn damit klein, unwissend und abhängig hält. Und es ist auch keine List Gottes, die den Menschen in eine Falle stolpern lässt. Vielmehr folgt die Geschichte der Logik der Schöpfung, sie beschreibt lediglich, wie der Mensch funktioniert, entscheidet, lebt und nicht, wie er sein sollte, wie er leben müsste.) Mit andern Worten: Es war die Tat einer mutigen, wissbegierigen Frau, die in den »süß-sauren« Apfel gebissen hat und so das Paradies, die Einheit, zugunsten der Zweiheit in der Welt der Materie aufgab. Hierin liegen alles Leiden, die Ent-Täuschungen, Illusionen, Abgründe, die Erfahrung von Recht und Unrecht, Frieden und Krieg, aber auch der beglückende Zauber des Erschaffens und Erforschens mitsamt den Freuden über das Entdeckte und Erkannte.

Von der Schwerkraft der Materie angezogen, hat dieser Prozess mit der Geburt des Menschen auf diesem Planeten zu tun. Das Kind wird einem Naturgesetz folgend unwiderstehlich von der Welt der Materie, der Erde, angezogen. Die ganze Tragikomik der Menschwerdung beginnt an diesem Punkt.

Die Schlange (das Tierische, das Körperliche, das Instinkthafte, der Materie/Erde am nächsten) bringt aber gleichzeitig mit der Versuchung auch die Er-Lösung mit sich. Durch die Erfahrung der Doppelheit des Trennungsschmerzes und durch die Sehnsucht nach dem Verlorenen kann das Paradies, das glückmachende Einssein, kann der Baum des Lebens erkannt werden. Es brauchte die Doppelheit der Schlange, ihre List und ihre verborgene Weisheit, damit der Mensch durch die Erfahrung des Gegensatzes ins Bewusstsein seiner Göttlichkeit zu Allverbundenheit und Ganzheit erwachen und seinen Ursprung erkennen und schätzen lernen kann. Die Sehnsucht nach der Wiedervereinigung wird zu einem Liebesspiel mit allen Höhen und Tiefen. Diese Sehnsucht spricht, wenn Mann und Frau, wenn Körper und Seele, Mensch und Gott eins werden, wenn tief angenommen wird, dass der Ursprung von allem, was ist, was war und sein wird, im »Haupt« liegt, wenn die Seele dem »Haupt« folgt und der Körpermensch der Seele dient.

Der Weg der Zweiheit und der Entwicklung führt durch Materie, Raum und Zeit. Im Alltag wie in der Wissenschaft ist die Ausgestaltung der Zweiheit Schritt für Schritt erfahrbar. Es wird gemessen zwischen hoch und tief, lang und breit, es wird geurteilt zwischen gut und schlecht, richtig und falsch, gezählt zwischen teuer und billig, viel und wenig. Es gelten Extreme wie Mann und Frau, Körper und Seele, Mensch und Tier, Feuer und Wasser, Arm und Reich, Frieden und Krieg, Liebe und Hass, Lüge und Wahrheit, Physik und Psychologie, Gefühle und Gedanken, Gesetz und Gnade, Ordnung und Chaos.

Und doch will der Mensch Einheit erfahren, die Gegensätze wieder vereinen. Friedrich Weinreb beschreibt diesen Weg in Schöpfung im Wort:

Und daher empfindet er [der Mensch] auch stets Freude, wenn er etwas entdeckt hat; es ist die Freude des Wiederfindens. Er will das Geheimnis des Lebens, das Geheimnis der Seele, das Geheimnis der Gesellschaft finden. Er will es finden, indem er beobachtet, indem er durch Mikroskope und Fernrohre blickt, indem er die Menschen zählt und das zu messen sucht, was sie erzeugen, indem er das Verhalten der Menschen beobachtet und ihr Denken durchleuchtet. Es ist der Weg, der – wie in der Geschichte von der Schlange – mit der Entdeckung beginnt, dass der »Baum gut war zum Essen und dass er eine Lust für die Augen und begehrenswert, um verständig zu werden« (Gen 3.6).

Eine ahnende Erinnerung an den Ursprung, an die inneliegende Einheit, an das Ver-eint-Sein hält den Menschen mehr oder weniger bewusst dazu an, Antworten auf die Totalität des Lebens, des Sinns zu suchen. Dem Menschen ist dabei nicht bewusst, dass dieses Ahnen nicht mit den äußeren Sinnen von Auge und Ohr erfasst werden kann, und nicht weniger kommen hier Wissenschaft und Forschung an ihre Grenzen.

Der Mensch ist ausgerüstet mit der Schöpferkraft, durch die er selbst erschaffen wurde, in die Welt gekommen. Nicht erkennend, dass er selbst das Gesamtwerk der Schöpfung ist, will er mit der Gabe der Schöpferkraft ein eigenes Gesamtwerk bauen. Dass er dadurch die Schöpfung weder neu erfinden noch weiterentwickeln kann, entgeht seinem Blick. Was bleibt, ist die Fragmentierung, das Erforschen immer kleinerer Teile, das Aufsplitten der Ganzheit, wodurch er sich in der Vielheit verliert. Immer mehr wurden dadurch die physischen Augen geöffnet, die staunten, die mehr sehen, mehr wissen, mehr in die Geheimnisse des Unbekannten vordringen wollten. Das Öffnen der physischen Augen hatte das Schließen des inneren Auges, das Sich-Abwenden von der unsichtbaren Welt, zur Folge. Durch die Entwicklung und Fragmentierung in Detailwissen ging der Blick für das Ganze verloren.

Die Reise des Entwickelns und Eroberns geht ins Unendliche weiter. Selbst im Sich-Leerlaufen bleibt der Mensch überzeugt, dass er das Paradies selbst erschaffen kann. Die ursprüngliche Harmonie zwischen Schöpfer und Geschöpftem geht dadurch verloren. An die Stelle des All-Wissens tritt das unendliche Vielwissen.

Die Geschichte von den Göttern, die die Weisheit versteckten, beschreibt das auf andere Art:

Vor langer Zeit überlegten die Götter, dass es sehr schlecht wäre, wenn die Menschen die Weisheit des Universums finden würden, bevor sie tatsächlich reif genug dafür wären. Also entschieden die Götter, die Weisheit des Universums so lange an einem Ort zu verstecken, wo die Menschen sie nicht finden würden, bis sie reif genug dafür sein würden.

Einer der Götter schlug vor, die Weisheit auf dem höchsten Berg der Erde zu verstecken. Aber schnell erkannten die Götter, dass der Mensch bald alle Berge erklimmen würde und die Weisheit dort nicht sicher genug versteckt wäre.

Ein anderer schlug vor, die Weisheit an der tiefsten Stelle im Meer zu versenken. Aber auch da sahen die Götter die Gefahr, dass die Menschen die Weisheit zu früh finden würden.

Dann äußerte der weiseste aller Götter seinen Vorschlag: »Ich weiß, was zu tun ist. Lasst uns die Weisheit des Universums im Menschen selbst verstecken. Er wird dort erst dann danach suchen, wenn er reif genug ist, denn er muss dazu den Weg in sein Inneres gehen.«

Die anderen Götter waren von diesem Vorschlag begeistert und so versteckten sie die Weisheit des Universums im Menschen selbst.

Autor unbekannt

Verlegt der Mensch das Ziel der Erfüllung in die Außenwelt, will er die Welt bis ins Unendliche erobern, versucht sogar gottgleich das Zepter in die Hand zu nehmen, dann entfernt er sich immer mehr vom eigentlichen Ziel. Selbstbewusst erschafft er die Welt nach eigenen Maßstäben und Ideen. Kulturen, Gesellschaften, Völker entstehen, Philosophien, Kunstwerke, technische Errungenschaften erblühen. Großartiges und Miserables. Der Mensch aber, der sich ganz auf das Sicht- und Fassbare verlässt, ist stolz auf das Selbsterschaffene.

Das bringt ihn mit den schöpferischen Gesetzen, Prinzipien, Ordnungsstrukturen und ihren Wirkungen in Kontakt. Nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung trägt der Mensch die Folgen für sein Denken und Handeln. Oft nimmt er auf diesem Weg zu einem fast unbezahlbaren Preis alles in Kauf und geht durch höchste Höhen und tiefste Tiefen. Im Alltag sieht das so aus: Wenn wir uns etwas »in den Kopf gesetzt« haben und dies unbedingt erreichen wollen, treffen wir nur zu oft auf Widerstand oder Schwierigkeiten oder der Erfolg hat einen unangenehmen Beigeschmack.

Der Mensch macht so lange Erfahrungen des Sich-Ver-einens, Sich-Befriedens, bis er erkennt, dass dieses Streben zum Einen, zum Ganzen bereits ein ewiges ungetrenntes Einssein in sich selbst enthält, das immer ist, immer war und immer bleibt.

Das Wesen des Menschen will sich vereinen.

Der Körper will sich vermehren.

Der Mensch macht es wie der Königssohn im Märchen, der seinen Vater verlässt, sich von seinem Ursprung abnabelt und in die Welt hinauszieht, um sie zu erobern. Er sammelt Erfahrungen, überwindet Herausforderungen und Gefahren, macht neue Entdeckungen und kehrt wieder an seinen Ursprungsort zurück – reifer, bewusster, demütiger. Unterwegs hat er durch eine besondere Erfahrung die Prinzessin gefunden und befreit. Durch die Vereinigung vom Männlichen und Weiblichen ist er nun fähig, sein Land zu regieren, respektive sich selbst zu meistern. Dieses Bild von einem Ursprung, des Hinausgehens und Zurückkehrens, des Ganzwerdens zieht sich nicht nur durch die Schöpfungsgeschichte, sondern auch durch Märchen und Volksweisheiten. Die dem Menschen innewohnende Unruhe und Sehnsucht ist ein Widerhall des »Paradieses«. Die innere Weisheit kennt den Weg.

Einheit: Der Weg der Offenbarung durch Hingabe und Empfangen

Immer wieder hat der Mensch auf einen Er-Löser gewartet – bis heute. Auf einen, der ihm zeigt, wie er Befreiung erreichen kann, wie er ins Paradies kommt. Das ist nicht nur im Geistig-Religiösen so. Auch in der Politik, in der Wirtschaft, in der Familie, in Beziehungen, im Beruf wollen viele die Verantwortung für das eigene Wohl am liebsten anderen übergeben.

Im »Baums des Lebens« ist der Mensch jedoch zentral mit der ursprünglichen Führung verbunden, ist eins mit ihr. Es gibt nichts hinzuzufügen, nichts wegzunehmen. Die Führung kommt von innen. Der Mensch ist unabhängig von äußeren Bedingungen, lebt aber aktiv mitten im Weltgeschehen.

In der Menschheitsgeschichte gibt es die uns bekannten mündlichen und schriftlichen Überlieferungen sowie Weisheitslehrer und Ein geweihte (Propheten, Buddha, Jesus Christus, Mohammed, Krishna u.a., aber auch Menschen aus der heutigen Zeit wie Nelson Mandela, Mutter Teresa, Gandhi, Dalai Lama und es kann auch der Nachbar nebenan sein), die diesen Weg der Er-Lösung und der Bewusstwerdung zeigten, selbst gingen oder gehen. In verschiedenen Zeitaltern säten sie Bewusstseinssamen in die Menschheit, die die Erinnerung an das Einssein mit der unsichtbaren Heimat und ihrer Ordnung wachhielten und nährten.

Die Menschen erhielten konkrete Anweisungen und Hinweise zur Lebensführung und Informationen über die Wirkung der Schöpfungsgesetze. Nur wenige verstanden jeweils, um was es dabei wirklich ging. Die Strahlkraft dieser Weisheitslehrer, der Weisheitsschriften und die Initiationen in den Mysterienschulen und in einzelnen Menschen haben nicht aufgehört, bis in die heutige Zeit hineinzuwirken.

Ihre Wirkung ist unvergänglich, widerspruchslos, einend und allgemeingültig. Im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende entfaltete sich ihre Saat fast unmerklich. Es wäre nicht auszudenken, wo die Menschheit heute stünde, hätten diese Sämänner und -frauen nicht immer wieder das Feuer der Erinnerung an den Ursprung gehütet und genährt. Heute kann hoffnungsvoll auf die gesäten Samen geschaut werden. Wir können aber auch beobachten, dass je mehr der Samen eines bewussten, ganzheitlichen, allen dienenden Lebens erblüht, desto heftiger Licht und Dunkelheit, mit andern Worten Bewusstsein und Unbewusstsein, sich gegenüberstehen und um ihren Platz kämpfen.

Heute zeigen sich diese Inspiratoren nicht mehr unbedingt in der Außenwelt. Es brauchte Jahrtausende, bis der Mensch so weit gereift war, dass die innere Führung in seinem zeitlichen Leben zum Tragen kommt, ein Bewusstseinsprozess, der weltumspannend – nicht nur in wenigen Einzelnen – geschieht. In der Verbundenheit mit der inneren Führung gehen Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstverantwortung, Selbstbestimmung und Selbstbewusstheit einher.

Auf dem Offenbarungsweg ist der Mensch mit der Kraft und Macht des »Ohnmächtigen«, des »Sich-Hingebenden« ausgestattet. Kann sich der Mensch »ohnmächtig« der Führungsmacht von »Haupt«, Geist und Seele hingeben, erwacht eine ganz andere Macht in ihm.

Eine solche Macht ist klar, nicht korrumpierbar, gerecht, verbindend, mitfühlend und unkonventionell. Im Annehmen von dem »Was ist, wie es ist« offenbaren sich ihm die höheren Gesetze und Prinzipien, die Schönheit und Logik der Schöpfungsordnung und der Sinn jeder Erfahrung. Er weiß, dass er in eine Ordnung eingegliedert ist, die über der irdisch-weltlichen Ordnung steht und durch alle Raumzeiten wirkt. Das Leben steht in einer steten Verbindung und im Zusammenhang mit dem Ursprung, mit dem »Haupt«-sächlichen. Im Gespräch mit der Inneren Weisheit erfährt der Mensch Gelassenheit und Frieden. Auch wenn er tiefes Leid erfährt, ist er im Sturm biegsam wie ein Schilf, das nicht zerbricht. Zufälle kennt er nicht, denn er weiß, dass in allem eine Ursache verborgen liegt.

Die innere Verbundenheit stattet ihn mit einer Macht aus, die ihn unbestechlich in der äußeren Welt existieren lässt. Er hat eine klare Ausrichtung, ist mitfühlend, friedvoll und erfüllt, wertet und urteilt nicht.

Der Er-Löser (die Führung) liegt im Innen und nicht im Außen.

Das Paradies offenbart sich in jedem Einzelnen.

Das Jenseits und das Diesseits sind im Menschen verankert. Die Füße berühren die Erde, der Kopf ist dem Himmel zugewandt. Es ist der Mensch selbst, der Vermittler und Träger dieser beiden Welten ist. Er ist empfänglich für die bewegende Schönheit dieses Geschenks, im Hier und im Dort zugleich zu sein. Momente der Ergriffenheit, die uns im Einssein mit dem Ursprung berühren, können sich in Meditation, in Natur, im Tanz oder einem schmerzhaften Verlust, einer erschütternden Krise, in einem Traum, einer Begegnung, ereignen... Es sind dies die erleuchtenden Erfahrungen, die den kleinen Alltag an seine richtige Stelle rücken.

Meditation

Dein Erdenkleid und dein Lichtkleid

Verbinde dich mit deinem Atem. Er ist dein Freund, der immer mit dir ist. Nimm wahr, wie er dich sanft berührt, wenn er durch deine Nase ein- und ausströmt, wie er deinen Körper beim Ein- und Ausatmen leicht bewegt, wie er einen eigenen Rhythmus hat.

Lass dich atmen. Lass deine Gedanken vorüberziehen wie Wolken am Himmel, erlaube deinen Emotionen zu ruhen und entspanne deinen Körper immer tiefer. Dein Atem bewegt dich in die Stille.

Spüre, wie deine Füße die Erde berühren. Nimm wahr, wie die Erde dich berührt. Dein Körper und die Erde sind innig miteinander verbunden. Die Kraft der Erde stärkt dein Becken, deine Beine und Füße.

Gib nun auch deinen anderen Körperteilen deine Aufmerksamkeit. Berühre sie liebevoll mit deinem Atem und mit deinem inneren Blick: deinen Rücken, deine Schultern, Bauch und Brust, deine Arme und Hände, Hals und Nacken, deinen Kopf und dein Gesicht.

Nimm wahr, wie dein Körper von deiner Haut schützend eingehüllt ist. Vielleicht kannst du die schützende Grenze empfinden, die deine Haut zur Außenwelt und zur physischen Innenwelt zieht. Vielleicht spürst du, wie sie sich wärmer anfühlt, vielleicht ein wenig kräuselt, kribbelt, dir zeigt, dass sie es schätzt, wahrgenommen zu werden.

Dein Körper ist dein irdisches Kleid. Nimm deinen Körper dreidimensional wahr als eine Ganzheit, eine Einheit. Spüre den Raum, den er einnimmt. Verankere dich in diesem deinen Raum. Nimm ihn ganz in Anspruch, hier und jetzt. Über all, wo du mit deinem Körper bist, ist auch sein Ort, ist dein Ort. Es ist dein angeborenes Recht, diesen Platz einzunehmen. Dein Körper ist die irdische Heimat und das Arbeitskleid deiner Seele. Sei still, gib deinem Körper deine ganze Aufmerksamkeit, empfinde und schenk im all deine Liebe.

Wende deine Aufmerksamkeit wieder deinem Atem zu. Deinen inneren Blick lass in die Unendlichkeit schweifen. In deinem Kopf und über ihm öffnet sich eine Sphäre der Leichtigkeit, der Unendlichkeit.

Unter deiner Lungenatmung fließt der Lebensatem, die Stille und Liebe des Odem Gottes. Er kommt aus der Unendlichkeit, berührt dich, fließt durch dich und kehrt in die Unendlichkeit zurück. Lass dich aufnehmen in dieses unendliche Wiegen. Ein und aus, hin und zurück. Ohne dein Zutun atmet dein Körper mit. Lass dich berühren, beatmen, beleben.

Ununterbrochen nährt dich der göttliche Lebensatem mit der Ur-Essenz, dem Nektar der schöpferischen Liebe. Er verbindet dich mit allen Schöpfungen, mit allen deinen Mitmenschen, mit aller Weisheit. Reine Liebe, reine Freude, nähren dich. Lass dich tragen von der Stille und Liebe des Lebensatems.

Bring jetzt deine Aufmerksamkeit zu deinem Herzzentrum. Eine strahlende Lichtflamme leuchtet in seinem Inneren. Sie ist innig verbunden mit dem Urlicht. Sie erinnert dich an deine göttliche Herkunft, nährt dich mit göttlicher Liebe, Weisheit und Kraft. Auf unzähligen Lichtstrahlen reist deine Herzflamme erneuernd, heilend in deinen Körper. Warm und licht durchstrahlt sie jede deiner Körperzellen. Dein Körper badet im Licht und in Liebe. Ganz natürlich dehnt sich das Licht über deinen Körper hinaus und umhüllt ihn sanft.

Du erwachst in deinem göttlichen Lichtkleid. Erlaube dir, dich in die Strahlkraft deines Lichtkleides auszudehnen. Du darfst jetzt deine Unversehrtheit, deine Schönheit und Fülle empfinden. Öffne dich noch mehr für die Liebe und Weisheit, für den Frieden, die dich ständig nähren.

Nimm wahr, wie dein Körperkleid und dein Lichtkleid untrennbar miteinander verbunden sind, einander bedingen und zusammenwirken.

Genieße dieses Einssein.

Beende diese Meditation.

Der »Kopf« als Diener in der polaren Welt

Seit jeher forscht der Mensch nach der letztendlichen Wahrheit und versucht, auf seine Weise die innere und die äußere Welt zu erklären, Sinn zu finden und Zusammenhänge zu erahnen. Spätestens seit der Aufklärung baut das menschliche Streben nach Wissen und Erkenntnis auf der quantifizierenden Wissenschaft auf. Die Meinung hat sich durchgesetzt, dass das, was nicht beweisbar ist, nicht real existieren kann. Das Unsichtbare, nicht Beweisbare ist in den Bereich der Religionen und der Metaphysik verwiesen. Damit ist es, zumindest vorläufig, für die Wissenschaft »erledigt«. Wahrheit beruft sich auf Fakten und Tatsachen, die auf einer materiell-mentalen Sicht gründen. Nun verändern sich diese »Wahrheiten« ständig, entpuppen sich als Teilwahrheiten, Irrtümer, Lügen oder Interessen. Nie kann die ganze Wahrheit auf diese Weise erfasst werden. Die Unruhe bleibt.

Wenn wir die Quelle betrachten, aus der das heutige Weltbild und die Weltsituation resultieren, ist klar: Sie liegt im menschlichen »Kopf«. (Wenn im Nachfolgenden vereinfachend von »Kopf« gesprochen wird, so ist damit der rationale, unterscheidende Verstand gemeint als Gegenüber zum »Haupt« als alles-in-sich-vereinende, nicht unterscheidende Instanz.)

Der »Kopf« hat die Fähigkeit, mit seinem Denkvermögen die Welt zu erklären, zu analysieren, zu erforschen und zu reflektieren. Er weiß zu organisieren, zu planen, zu unterscheiden, zu messen, zu entscheiden, abzuwägen und zu zählen. Der Kopf bildet Meinungen und initiiert Veränderungen in der Gestaltung des Lebens. Er trennt das Gute vom Bösen, glaubt zu wissen, was richtig und was falsch ist.

Einschränkend für den »Kopf« ist, dass er zwischen einem »Entweder-oder« wählen muss. Ständig unterscheidet, prüft, wertet und wählt er. Unmöglich, dass zwei verschiedene Dinge gleichzeitig oder gleichwertig existieren können. Damit schließt er andere Möglichkeiten aus; das jedoch hindert ihn, das Ganze zu sehen. Mit dieser einschränkenden Ausrüstung schreitet der Mensch mutig in die Welt, will sie erobern, beherrschen und das Paradies erschaffen. Um den Alltag einigermaßen ungestört leben zu können, muss der Mensch natürlich wählen, ob er Fleisch isst oder Vegetarier ist, ob er Physiotherapeut oder Physiker wird, ob er zu Fuß oder mit dem Auto zur Arbeit geht usw.

Vorerst entspricht dieses Unterscheiden und Wählen der Logik des zweiteilig angelegten Gehirns. Es gibt die rechte und die linke Gehirn hälfte. Beide haben eine einander entgegengesetzte, jedoch ergänzende Funktion. Die rechte Seite steht u. a. für Gefühle, Kreatiität, das Intuitive, Weibliche, Träumen, vernetztes Denken, das Visionäre... die linke Seite u. a. für das Rationale, Logische, Mathematische, Männliche, das lineare, pragmatische Denken, das Handeln. In unserem Alltag agieren und reagieren wir mehr links- oder rechtspolarisiert, entsprechend einem »Entweder-Oder«-Schema.

Selbst die Technik arbeitet mit dieser beschränkten Denkweise. Nach dem »Entweder-oder«-Mechanismus funktioniert auch der Computer. Er reagiert nur auf Ja oder Nein; ist auf 0/1 programmiert. Seine Reparatur- und Zusammenbruchanfälligkeit ist deshalb so hoch, weil er nur zwischen diesen zwei Varianten wählen kann. Im Kapitel »Die Dreiheit als Schöpfungsprinzip« (Seite →) gibt es ein Beispiel für andere Möglichkeiten.

Die Wissenschaft kommt tatsächlich an eine Grenze, die sie lange geflissentlich umgangen hat, auch wenn bereits im Altertum, in den mündlichen und schriftlichen Überlieferungen und in den Mysterienschulen immer von einem »Jenseits der Grenze« gesprochen und entsprechende Erfahrungen gemacht wurden. Die Materie-Raum-Zeit-Theorie steht für sich allein auf wackligen Füssen. Der Faktor »Bewusstsein« muss mit einbezogen werden. Es ist denn auch das »Bewusstsein«, das die Wissenschaft der Gegenwart revolutioniert. Seit den Erkenntnissen aus der Quantenphysik in den 1920er Jahren wird es immer unmöglicher, sich in der Wissenschaft nur auf das »Sicht-und-Messbare« zu beschränken.

Es war die Materie selbst, die zu einer Überraschung geführt hat. Die Annahme, dass Atome die kleinsten Bausteine der Welt, respektive der Materie seien, erwies sich als ein Irrtum. Atome sind spaltbar und nochmals spaltbar und nochmals spaltbar, mit der erstaunlichen Erkenntnis, dass es letztendlich keinen Kern gibt. Materie offenbart sich als höchst differenzierte, ineinandergreifende Matrix, die aus nicht-materiellen Kräften besteht.

Der Raum, in dem sich die Materie bewegt, ist wiederum nicht einfach fassbar, denn der Raum krümmt und streckt sich. Er ist aufs Intimste mit der Zeit verbunden. Mit den neuen Erkenntnissen aus der Physik hat der Faktor Bewusstsein