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Chantal schwebt im siebten Himmel: Milliardär Angelos Zouvelekis nimmt sie mit auf seine malerische Privatinsel in Griechenland. Doch während sie bald stürmisch verliebt ist, beschuldigt er sie, eine Mitgiftjägerin zu sein. Kann sie ihn jemals von ihrer Unschuld überzeugen?
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Seitenzahl: 206
IMPRESSUM
Auf der Insel des griechischen Milliardärs erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2008 by Sarah Morgan Originaltitel: „Bought: The Greek’s Innocent Virgin“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA SOMMERLIEBEBand 29 - 2018 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Dorothea Ghasemi
Umschlagsmotive: ABBILGettyImages_minilocDUNGEN
Veröffentlicht im ePub Format in 08/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733749903
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Ich habe sie gefunden, Angelos. Sie ist eine Göttin.“
Als er die Stimme seines Vaters hörte, unterbrach Angelos Zouvelekis seine Unterhaltung mit dem griechischen Botschafter und wandte sich um. „Wen denn?“ Dass sein Vater sich die Mühe gemacht hatte, an diesem Abend zu kommen, war ein gutes Zeichen, denn noch vor wenigen Monaten war er ein gebrochener Mann gewesen. Nachdem innerhalb von sechs Jahren auch seine zweite Ehe gescheitert war, hatte er sich völlig in seine abgeschiedene Villa zurückgezogen.
„Die perfekte Frau für dich.“ Ungläubig schüttelte er den Kopf, lächelte jedoch. „Ich frage mich, ob du wirklich mein Sohn bist. Hier wimmelt es nur so von schönen weiblichen Wesen, und du unterhältst dich mit langweiligen Männern in Anzügen. Was habe ich bloß falsch gemacht?“
Als Angelos den überraschten Blick des Botschafters bemerkte, entschuldigte er sich höflich bei ihm und nahm seinen Vater zur Seite. „Für mich geht es heute Abend ums Geschäft. Schließlich gebe ich diesen Ball jedes Jahr, damit die Reichen und Berühmten etwas von ihrem Vermögen herausrücken.“
Verzweifelt hob sein Vater die Hände. „Dir geht es immer nur darum. Und was hast du von deinen ganzen Milliarden? Du hast doch genug Geld und brauchst wirklich nicht mehr. Was du aber wirklich brauchst, ist eine gute Frau!“
Mehrere Gäste drehten sich in diesem Moment zu ihnen um, doch Angelos lachte nur. „Heute verdiene ich kein Geld, sondern gebe es weg, außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass du alle mit deiner unverblümten Art schockierst. Benimm dich, sonst rufe ich den Sicherheitsdienst“, fügte er augenzwinkernd hinzu. Im Grunde war er jedoch erleichtert, weil sein Vater endlich wieder die Energie aufbrachte, dieses leidige Thema anzuschneiden. „Und du brauchst mir auch keine Frau zu suchen.“
„Warum? Selbst schaffst du es ja nicht. Jedenfalls hast du immer nur Freundinnen, die keine guten Ehefrauen abgeben würden.“
„Gerade danach suche ich sie mir ja aus“, meinte Angelos leise, woraufhin sein Vater missbilligend die Stirn runzelte.
„Ich weiß. Und die ganze Welt ist ebenfalls darüber informiert, Angelos, weil man es in jeder Zeitung lesen kann. Alle paar Wochen hast du eine neue Geliebte, und immer sehen sie aus wie magersüchtige Models.“ Costas Zouvelekis stieß einen verächtlichen Laut aus. „Wie kannst du mit einer Partnerin glücklich sein, die nicht gern isst? Kochen diese Mädchen für dich? Nein. Genießen sie das Leben? Natürlich nicht, wenn sie am Hungertuch nagen. Sie sind vielleicht gut im Bett, würden sie sich jedoch um deine Kinder kümmern? Nein. Würden sie …?“
„Ich brauche keine Frau, die mich bekocht. Dafür habe ich Angestellte.“ Angelos überlegte flüchtig, ob es vielleicht doch ein Fehler gewesen war, seinen Vater zu dieser Veranstaltung einzuladen. „Und ich habe auch keine Nachkommen, die umsorgt werden müssen.“
„Bedauerlicherweise.“ Sein Vater stieß einen ärgerlichen Laut aus. „Ich wünsche mir aber Enkelkinder. Du bist vierunddreißig und immer noch Junggeselle, während ich mit meinen dreiundsechzig Jahren schon dreimal verheiratet war. Also, sieh zu, dass du mir Enkel schenkst, Angelos.“
„Ariadne hat dich schon zweimal zum Großvater gemacht.“
„Das ist etwas anderes. Sie ist meine Tochter, und du bist mein Sohn. Ich möchte die Söhne meines Sohnes in den Armen halten.“
„Ich heirate erst, wenn ich die richtige Frau finde.“ Angelos zog seinen Vater auf den Balkon, der den Ballsaal umgab. Auf keinen Fall wollte er denselben Fehler wie dieser machen und eine Ehe eingehen, die von vornherein zum Scheitern verurteilt war.
„So kannst du lange suchen! Und was machen wir überhaupt in Paris? Warum kannst du diesen Ball nicht in Athen geben?“
Angelos unterdrückte ein Gähnen. Auch dies war eins der Lieblingsthemen seines Vaters. „Weil es nicht der Nabel der Welt ist und ich überall Geschäfte mache.“
„Das ist auch etwas, was ich nicht verstehe. Musste ich Griechenland verlassen, um meine erste Million zu verdienen? Nein!“ Costas blickte in den Ballsaal. „Jetzt sehe ich sie nicht mehr.“
Fragend zog Angelos die Brauen hoch. „Wen denn?“
„Die Göttin. Sie war perfekt. Und nun ist sie verschwunden. Sie wirkte so weiblich und sanft und wäre sicher eine tolle Mutter. Ich sehe sie förmlich vor mir, mit deinen Kindern auf dem Schoß und Moussaka auf dem Tisch.“
Angelos’ Augen funkelten amüsiert. „Sag ihr das bloß nicht. Frauen haben heute ganz andere Ambitionen, als Babys zu bekommen und Männer zu bekochen.“
„Deine Freundinnen vielleicht“, bemerkte sein Vater ironisch, während er den Blick durch den Raum schweifen ließ. „Wenn du sie nicht haben willst, wäre ich vielleicht interessiert.“
Sofort wurde Angelos ernst. „Nicht schon wieder!“ Hatte sein Vater denn nichts dazugelernt? „Versprich mir, dass du nur mit ihr schläfst und sie nicht heiratest.“ Er nahm einen Orangensaft von dem Tablett eines vorbeigehenden Obers und tauschte es gegen das Champagnerglas seines Vaters aus.
„Du denkst immer nur an das Eine, aber ich habe mehr Respekt vor den Frauen.“
„Du solltest dir lieber eine etwas zynischere Haltung dem anderen Geschlecht gegenüber aneignen“, riet Angelos ihm. „Tara hat dich nach sechs Monaten verlassen und dann ausgenommen.“
Krampfhaft umklammerte Costas sein Glas. „Wir haben beide einen Fehler gemacht.“
Fehler? Angelos presste die Lippen zusammen. Tara sah das sicher anders, denn sie war jetzt reich.
Plötzlich wirkte sein Vater sehr verletzlich. „Sie wusste einfach nicht, was sie wollte.“
„Das wusste sie sogar ganz genau …“ Angelos verstummte. Sollte er seinen Vater noch weiter aufbringen, indem er ihm vor Augen führte, wie rücksichtslos Tara vorgegangen war? Wenn er es nicht tat, riskierte er womöglich, dass dieser erneut auf eine Frau wie sie hereinfiel.
Costas seufzte. „In einer Beziehung sollte man den Partner lieben und für ihn sorgen.“
Angelos war entsetzt. „Hast du in deinen letzten beiden Ehen überhaupt nichts gelernt?“
„Doch. Und zwar, dass man einer dünnen Frau nicht vertrauen kann.“ Das Temperament seines Vaters kam nun wieder durch. „Wenn ich das nächste Mal heirate, dann ein Vollweib.“
„Nach allem, was in den letzten sechs Jahren passiert ist, glaubst du noch immer an die Liebe?“
„Natürlich“, erwiderte Costas. „Ich habe deine Mutter vierzig Jahre lang geliebt.“
Angelos verfluchte sich für sein mangelndes Taktgefühl und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Sie lässt sich nicht ersetzen“, sagte er rau. „Was euch miteinander verbunden hat, war etwas ganz Besonderes.“ Ein solches Glück war so selten, dass er die Hoffnung aufgegeben hatte, es auch zu finden. Und mit weniger wollte er sich nicht zufriedengeben.
„Ich werde es wieder finden.“
Angelos konnte den Optimismus seines Vaters überhaupt nicht nachvollziehen. Frustriert strich er sich über den Nacken. „Bleib lieber allein. Es ist nicht so kompliziert.“
„Das werde ich nicht. Ich hasse es, allein zu sein. Und du solltest dir auch eine richtige Partnerin suchen.“
Angelos reichte es nun. „Mach dir um mich keine Gedanken. Ich habe eine Freundin.“
Argwöhnisch blickte Costas ihn an. „Hat sie eine gute Figur?“
„Sie ist perfekt.“ Angelos dachte an die attraktive Hollywoodschauspielerin, mit der er in der Vorwoche zwei aufregende Nächte verbracht hatte. Würde er sie wiedersehen? Wahrscheinlich schon. Aber heiraten? Ganz bestimmt nicht. In weniger als vier Wochen würden sie sich gegenseitig zu Tode langweilen.
Doch sein Vater blickte ihn schon hoffungsvoll an. „Und wann lerne ich sie kennen? Du stellst mir deine Freundinnen nie vor.“
Aus gutem Grund. „Wenn mir eine etwas bedeutet, werde ich dich mit ihr bekannt machen“, erwiderte Angelos besänftigend. „Jetzt möchte ich dir jedenfalls Nicole vorstellen. Sie leitet meine PR-Abteilung hier in Paris und isst für ihr Leben gern. Ihr beide habt euch bestimmt eine Menge zu erzählen.“ Dann führte er seinen Vater zu seiner Mitarbeiterin, machte die beiden miteinander bekannt und wollte sich dem nächsten Geschäftspartner zuwenden.
Und blieb beim Anblick der Frau vor ihm unvermittelt stehen.
Sie bewegte sich so, als würde das Haus ihr gehören. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre glänzenden Lippen, als hätte irgendetwas oder – jemand sie amüsiert. Ihr blondes Haar war hochgesteckt, und ihr rotes Kleid fiel unter den vorwiegend schwarz gekleideten Leuten besonders auf.
Angelos dachte keinen Moment länger mehr an die Schauspielerin, sondern betrachtete die Fremde einen Moment lang und lächelte dann voller Genugtuung. Mein Vater würde sich freuen, dachte er, als er sich ihr näherte. Denn sie hatte verführerische Kurven und würde ihn gleich alles Geschäftliche vergessen lassen.
Ihm ging es allerdings nur ums Vergnügen, und die Unbekannte sah aus, als wäre sie dafür wie geschaffen.
Lächeln, gehen, lächeln, nur keine Panik …
Sie fühlte sich wieder wie damals auf dem Schulhof. Die Raufbolde umkreisten sie, während die Mädchen, die sie nicht mochten, hämisch und fasziniert zugleich zusahen und warteten, bis es passierte.
Die Erinnerung daran war so deutlich, dass die Gefühle der Angst und der Erniedrigung sie erneut überkamen. Auch nach all den Jahren holte die Vergangenheit sie immer wieder ein.
Sie versuchte, die ihr so vertraute Unsicherheit abzuschütteln, zumal dieser Teil ihres Lebens schon lange hinter ihr lag und es geradezu lächerlich war, jetzt daran zu denken.
Hier befand sie sich auch nicht auf dem Schulhof. Die streitlustigen Jungen mochten immer noch da sein, doch sie konnten sie nicht mehr sehen. Ihre Tarnung war perfekt. Oder etwa nicht? Sie hätte kein Rot tragen sollen, denn damit fiel sie zu sehr auf. Und wenn sie nicht bald etwas zu essen bekam, würde sie umfallen.
Betont lässig durchquerte Chantal den Raum. Selbstvertrauen ist alles, rief sie sich ins Gedächtnis. Mit Rot liegst du genau richtig. Lass dich nicht von ihnen einschüchtern. Sie kennen dich überhaupt nicht. Du siehst aus wie eine von ihnen, und niemand kann in dich hineinsehen.
Um sich abzulenken, spielte sie ihr übliches Spiel. Sie hatte es damals erfunden, um zu überleben. Ihr Leben war einem bestimmten Muster gefolgt. Ein neuer Schauplatz, neue Lügen. Wer würde sie an diesem Abend sein? Eine reiche Erbin vielleicht? Oder Schauspielerin? Ein Model? Nein, das nicht. Dafür war sie nicht dünn genug.
Chantal blieb stehen, um ihre Möglichkeiten zu überdenken. Es durfte nicht zu kompliziert sein. Allerdings hatte sie keine Angst davor, durchschaut zu werden, denn sie würde keinen der Anwesenden je wiedersehen.
Am besten war es, wenn sie sich als reiche Erbin ausgab, die unerkannt bleiben wollte, weil sie Angst vor Mitgiftjägern hatte. Sie wollte keine Aufmerksamkeit erregen und würde deshalb auch nicht in die Verlegenheit kommen, auf diesem Wohltätigkeitsball Geld spenden zu müssen.
Chantal ließ den Blick durch den wunderschönen Ballsaal mit der hohen Decke und den funkelnden Kronleuchtern schweifen. Exquisite Gemälde und kunstvolle Statuen setzten eindrucksvolle Akzente, doch sie bemühte sich um eine betont gleichgültige Miene, als würde sie derartige Dinge jeden Tag sehen.
„Champagner?“, fragte plötzlich jemand hinter ihr und riss sie damit aus ihren Gedanken.
Schnell wandte Chantal sich um. Vor ihr stand ein so umwerfend attraktiver Mann, dass sie augenblicklich weiche Knie bekam. „Arrogant“ war das erste Wort, was ihr einfiel. „Unwiderstehlich“ das zweite.
Seine dunklen Augen funkelten, während er sie interessiert betrachtete und ihr ein Glas reichte.
Unwillkürlich fragte sie sich, woran es lag, dass Männer im Smoking immer wie Götter anmuteten. Allerdings hätte dieser in jedem Aufzug gut ausgesehen. Er gehörte zu der Spezies, die sie unter anderen Umständen keines Blickes gewürdigt hätte.
Plötzlich verspürte Chantal ein erregendes Prickeln, das ihren ganzen Körper erfasste. Er hatte sie nicht berührt, ihr nicht einmal die Hand gegeben. Und dennoch … Er war gefährlich. Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück.
„Ich dachte, ich kenne jeden auf der Gästeliste, doch offenbar habe ich mich geirrt.“ Seine Art zu sprechen verriet das lässige Selbstvertrauen, das für die Reichen und Mächtigen so typisch war. Seine Stimme klang sanft und verführerisch.
Chantal, die noch immer nicht verstand, warum sie derart heftig auf diesen Mann reagierte, ignorierte den fragenden Ausdruck in seinen Augen. Sie würde ihm ihren Namen nicht nennen, denn sie stand nicht auf der Gästeliste und würde auch sicher nie zu einem Ereignis wie diesem eingeladen werden.
Fasziniert betrachtete sie seine perfekten Züge. Seine dunklen Augen funkelten jetzt amüsiert, und er sah sie an, als würde er gern mit ihr schlafen. Einen Moment lang stockte ihr der Atem.
Er war wirklich gefährlich. Zwischen ihnen knisterte es so stark, dass ihr ganz heiß wurde.
Chantal rief sich zur Vernunft. Mit einem Mann zu flirten war für sie tabu, weil sie niemanden an sich heranlassen durfte. „Offenbar haben Sie gern alles unter Kontrolle“, erwiderte sie.
„Ach ja?“
„Wenn Sie erwarten, dass Sie jeden Gast kennen müssten, schon.“
„Vielleicht bin ich auch nur wählerisch, wenn es darum geht, mit wem ich meine Zeit verbringe.“
„Nimmt man sich damit nicht die Chance, angenehm überrascht zu werden?“
Ein anerkennender Ausdruck trat in seine Augen. „Mich kann man nicht so leicht überraschen. Außerdem sind die Menschen sehr berechenbar.“ Seine Lippen waren sehr sinnlich, und bestimmt wusste er genau, wie man eine Frau mit einem Kuss verführte.
Sekundenlang verschlug es ihr die Sprache, und der Fremde ließ den Blick zu ihrem Mund schweifen, als würde er sich ähnlichen Fantasien hingeben.
„Sie widersprechen mir gar nicht?“ Nun glitt sein Blick zu ihrem Ausschnitt und dann zu ihrer Taille. „Erzählen Sie mir von sich. Vielleicht gelingt es Ihnen ja, mich in Erstaunen zu versetzen.“
Er wäre verblüfft gewesen, hätte sie ihm eröffnet, wer sie war und woher sie kam.
„Ich bin am Verhungern!“, sagte Chantal wahrheitsgemäß, woraufhin er lachte.
Einige Gäste wandten den Kopf, doch es kümmerte ihn anscheinend nicht. „Ist das alles?“
Sie blickte sich um und betrachtete die superschlanken Frauen in ihrer Nähe. „Es ist schon ein Knalleffekt, wenn man in dieser Gesellschaft zugibt, dass man gern isst. Ich sehe hier jedenfalls kein weibliches Wesen, das zugeben würde, dass es mit einer Schwäche für Schokotrüffel zu kämpfen hat.“
„Das sind doch alles keine richtigen Frauen. Wenn Sie Hunger haben, müssen Sie etwas essen.“ Neidisch verfolgte Chantal, wie der Fremde lässig die Hand hob, um einen Ober auf sich aufmerksam zu machen, und sie wünschte, sie wäre auch nur annähernd so selbstsicher wie er.
„Ich dachte, die Appetithäppchen seien nur Dekoration.“
„Um die Selbstbeherrschung der Gäste auf die Probe zu stellen?“
„Wenn das so ist, werde ich den Test nicht bestehen.“ Lächelnd reichte sie dem Ober ihr Glas und legte einige Kanapees auf ihre Serviette. „Danke. Die sehen köstlich aus.“ Nachdem der Ober sich verneigt hatte, ging er weiter.
„Und, warum sind Sie so hungrig?“ Der Blick des Fremden ruhte auf ihrem Haar. „Haben Sie den ganzen Tag nichts gegessen, weil Sie beim Friseur waren?“
Sie hatte den ganzen Tag nichts zu sich genommen, weil sie eine Doppelschicht als Kellnerin hinter sich hatte. Und weil sie gewusst hatte, dass sie bald etwas umsonst bekommen würde.
„So ungefähr.“ Chantal biss in ein Appetithäppchen. „Die sind wirklich lecker. Wollen Sie nicht auch eins probieren?“
Der Mann betrachtete ihre Lippen, und sofort durchfluteten heiße Wellen der Erregung ihren Schoß. Warum nur hatte sie trotz des überfüllten Ballsaals das Gefühl, dass nur sie und der Fremde sich dort befanden? Sie musste wirklich so schnell wie möglich von hier verschwinden.
Im nächsten Moment nahm er sich jedoch ein Kanapee von ihrer Serviette – eine seltsam intime Geste – und lächelte dabei so verführerisch, dass Chantal sein Lächeln unwillkürlich erwiderte.
„Sie haben recht. Die schmecken wirklich hervorragend.“ Nun hob er die Hand, um ihr sanft einen Krümel aus dem Mundwinkel zu entfernen. „Wollen Sie mir nicht Ihren Namen verraten?“
Sofort setzte ihr Herz einen Schlag aus. „Wenn ich das tue, müssen Sie mir Ihren auch verraten. Ich würde es jedoch viel spannender finden, wenn wir Fremde bleiben.“
Ihr Gegenüber schwieg einen Moment. „Sie wissen nicht, wie ich heiße?“
„Natürlich nicht.“
Das schwache Funkeln in seinen Augen verriet, dass er mit dieser Antwort nicht gerechnet hatte. „Also gut“, meinte er leise, „keine Namen. Wie würden Sie sich denn beschreiben?“
Als Hochstaplerin, Lügnerin und Betrügerin?
„Das Selbstbild weicht immer von dem Bild ab, das andere von einem haben“, wich Chantal aus. „Ich glaube aber, ich bin sehr … anpassungsfähig.“
„Sie wollen mir also nicht verraten, wer Sie wirklich sind?“
Daran wollte sie lieber nicht denken. Sie unterdrückte einen Schauder und setzte ein geheimnisvolles Lächeln auf. „Spielt es denn eine Rolle? Vielleicht bin ich ja eine Prinzessin. Oder Geschäftsführerin eines Unternehmens. Oder eine reiche Erbin, die inkognito bleiben möchte.“
„Diese Leute stehen alle auf der Gästeliste. Also, wer sind Sie? Eine Prinzessin, eine reiche Erbin oder Geschäftsführerin?“ Sein Tonfall war ironisch, sein Blick hingegen forschend. Es war höchste Zeit für sie, die Unterhaltung zu beenden und die Party zu verlassen. Dieser Mann war sehr scharfsinnig und würde bald merken, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte.
Ihre Vergangenheit lag wie ein Schatten über ihr und erinnerte sie ständig daran, dass sie nur eine Rolle spielte.
„Ich bin eine Frau, die sich nicht gern in irgendwelche Schubladen stecken lässt. Jeder ist selbst dafür verantwortlich, seinen Horizont zu erweitern.“
„Sie glauben also, ich würde Frauen kategorisieren?“
„Ja. Das tut doch jeder.“ Chantal tat so, als würde sie einem Gast auf der anderen Seite des Raumes zunicken. Leider wandte dieser ausgerechnet in dem Moment den Kopf und lächelte ihr zu. Verlegen drehte sie sich um. Sie musste so schnell wie möglich von hier verschwinden. „Ich lasse mich nicht gern abstempeln. Ich bin einfach … ich selbst.“
Inzwischen hatten sie die Appetithäppchen aufgegessen. Ihr Gesprächspartner nahm noch zwei Gläser Champagner von dem Tablett eines vorbeigehenden Obers und reichte ihr eins. „Allein die Tatsache, dass Sie hier sind, sagt eine Menge über Sie aus.“
„Wirklich?“ Entsetzt über die Vorstellung, dass er auch nur irgendetwas über sie wusste, trank Chantal einen Schluck.
„Ja.“ Gedankenverloren betrachtete er sie aus zusammengekniffenen Augen. „Die Eintrittskarten für diesen Ball sind sehr begehrt, und man muss sehr wohlhabend sein, um eine zu bekommen.“
Unwillkürlich musste sie an das schäbige Zimmer denken, das sie wenige Stunden zuvor verlassen hatte. Ihr Vermieter hatte die Miete erhöht, und in zwei Wochen würde sie obdachlos sein.
„Mit Reichtum kann man verschiedenste Dinge verbinden“, meinte sie leise, während sie unwillkürlich den Griff um den Stiel ihres Glases verstärkte. „Ist es Geld oder Gesundheit? Oder eine Familie, in der man geliebt wird und geborgen ist? Wenn man Reichtum als Privileg der Leute mit Geld betrachtet, riskiert man es, das Leben nicht in vollen Zügen zu genießen, oder?“
Sein Lachen klang zynisch. „Wenn Sie das wirklich glauben, sind Sie eine sehr ungewöhnliche Frau. Für die meisten Ihrer Geschlechtsgenossinnen ist Geld nämlich die Grundvoraussetzung für ein erfülltes Leben.“
Als Chantal merkte, dass viele Gäste sie beide nun unverhohlen musterten, verspürte sie einen Anflug von Panik. Hatte der Fremde sie etwa durchschaut? Mit zittrigen Fingern hob sie ihr Glas wieder an die Lippen. „Sie tun es schon wieder. Offenbar scheren Sie alle Frauen über einen Kamm.“
„Die meisten, die ich kenne, sind so“, erwiderte er trocken, und für einen Moment vergaß sie die Umstehenden und sah ihn neugierig an. Wie kam er zu dieser Einstellung?
Er war attraktiv, strahlte aber auch eine gewisse Härte aus, als würde er niemanden an sich heranlassen.
„Vielleicht verkehren Sie in den falschen Kreisen. Oder Sie haben etwas an sich, das einen bestimmten Frauentyp anzieht.“
„Ja, meine Brieftasche.“ Sein Lächeln war unglaublich sexy, und sein Humor faszinierte sie.
Tatsächlich machte die Unterhaltung ihr so viel Spaß, dass Chantal sich nicht dazu durchringen konnte, sie zu beenden. Dieser Fremde vermittelte ihr Selbstvertrauen, denn anscheinend fand er sie schön. Außerdem hatte es noch nie so zwischen ihr und einem Mann geknistert.
„Deswegen also starren die Leute uns schon an“, scherzte sie. „Sie fragen sich wohl, ob ich Sie gleich ausnehme.“
Daraufhin hob er unvermittelt die Hand und strich sich langsam übers Kinn. „Die Männer tun das, weil Sie die schönste Frau in diesem Raum sind.“
Das unerwartete Kompliment raubte ihr den Atem. „Wirklich?“, fragte sie betont lässig. „Und warum stehen sie dann nicht Schlange, um mit mir zu tanzen?“
„Weil Sie mit mir reden“, erwiderte er locker, aber mit einem besitzergreifenden Unterton.
Chantal versuchte das erregende Prickeln zu ignorieren, das sie überlief. Noch nie war sie einem so selbstsicheren Mann wie ihm begegnet, doch er war unerreichbar für sie. Sie spielte ein gefährliches Spiel, das sie so schnell wie möglich beenden musste.
Trotzdem fühlte sie sich dazu nicht in der Lage. Niemals zuvor hatte sie sich so lebendig gefühlt. „Das erklärt nicht, warum die Frauen mich anstarren.“
Das Funkeln in seinen dunklen Augen deutete darauf hin, dass er ihre Frage naiv fand. „Weil sie eifersüchtig sind und sich fragen, welcher Designer Ihr hinreißendes Kleid entworfen hat.“
Chantal wusste nicht, ob es seine verführerischen Handbewegungen oder seine Worte waren, die heiße Erregung in ihr aufflammen ließen.
„Mein Kleid ist ein Einzelstück, das speziell für mich entworfen wurde“, sagte sie wahrheitsgemäß. „Und ich habe das Gefühl, dass die Frauen mich ansehen, weil ich mit Ihnen rede.“
Das konnte sie ihnen auch nicht verdenken. Er war wirklich atemberaubend attraktiv. Sie fragte sich, aus welchem Land er wohl kam. Franzose war er jedenfalls nicht, und wie ein Engländer sah er nicht aus. Allerdings sprach er perfekt Englisch. Offenbar war er nur auf Eliteschulen gegangen.
Bei diesem Gedanken erwachte ihre alte Unsicherheit wieder. Deshalb machte Chantal sich klar, dass er zumindest in diesem Moment ihre Gesellschaft gesucht hatte. Ja, sie waren von atemberaubend attraktiven Frauen mit Modelfiguren umgeben, aber nur sie lächelt er an.
Vielleicht hatte es sich doch gelohnt hierherzukommen, und sei es nur, um diesen einen perfekten Augenblick zu erleben. In einer Gesellschaft, in der nur die Elite vertreten war, hatte er sie angesprochen. Wurde es daher nicht Zeit, ihre Unsicherheit zu überwinden?
„Sie sehen nicht mich, sondern meine Brieftasche.“ Der Fremde ließ die Hand sinken. Seine Augen funkelten zynisch.
Chantal lachte. Selbst wenn er völlig mittellos gewesen wäre, hätten die Frauen ihn angestarrt. „Die Lösung liegt auf der Hand.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihm ins Ohr: „Verschenken Sie Ihr Geld.“
Er wandte ein wenig den Kopf, sodass seine Lippen ihre Wange streiften. „Ist das Ihr Ernst?“
Er riecht wundervoll, dachte sie benommen, während sie ihm die Hand auf die Schulter legte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. „Dann würden die Frauen Sie nicht als reichen Mann abstempeln, der noch zu haben ist.“
„Woher wissen Sie, dass ich noch zu haben bin?“
Chantal wich einen Schritt zurück. Sie fühlte sich herrlich beschwingt. Doch es war höchste Zeit, diesen Ball zu verlassen, sonst vergaß sie noch, wer sie war. „Wenn Sie es nicht wären, hätte mich Ihre Partnerin längst mit ihrem Besteck erdolcht.“
Wieder ruhte sein Blick auf ihrem Mund. „Sie finden also, ich sollte mein ganzes Geld verschenken?“
„Unbedingt. Erst dann wissen Sie, ob eine Frau sich wirklich für Sie interessiert.“
Als die Band einen Tango anstimmte, schloss sie für einen Moment die Augen. Es erinnerte sie an Buenos Aires.
Sie war zwei Monate durch Argentinien gereist und liebte die südamerikanische Musik. Instinktiv begann sie, sich leicht zu dem vertrauten Rhythmus zu bewegen. Daraufhin nahm der geheimnisvolle Fremde ihr das Glas aus der Hand, legte ihr die Hand auf den Rücken und zog sie an sich.
Sofort öffnete sie die Lider. „Was tun Sie da?“
„Ich tanze. Mit Ihnen.“
„Sie haben mich nicht gefragt.“
„Das mache ich nie, wenn ich die Antwort kenne. Pure Zeitverschwendung.“
„Ganz schön arrogant“, stellte Chantal leise fest und entlockte ihm damit ein Lächeln.
„Ich nenne es selbstsicher.“
„Übertrieben selbstbewusst.“ Lachend beugte sie den Kopf zurück, um ihren Tanzpartner anzublicken. „Ich hätte Nein sagen können.“ Sie spürte die Wärme seiner Hand, die auf ihrem bloßen Rücken lag. Hitzewellen durchfluteten sie.
„Das hätten Sie nicht getan.“
Er hatte recht. Sie hätte es nicht gekonnt.
Selbstvergessen gab sie sich den heißen Rhythmen dieses erotischen Tanzes hin und war sich überdeutlich der Kraft bewusst, die ihr Partner ausstrahlte. Der intime Körperkontakt machte sie ganz atemlos.