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Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Philosophie - Philosophie des 19. Jahrhunderts, Note: 2.0, Freie Universität Berlin, Veranstaltung: „Politik und Philosophie von 1860 - 1914“, Sprache: Deutsch, Abstract: Natürlich gibt es Geschichtsschreibung nicht erst seit dem 19. Jahrhundert. Kommentierte Herrscherlisten, astronomische Kalender, landwirtschaftliche Aufzeichnungen gab es schon in der Antike – auch das war Geschichtsschreibung. Doch war sie hier rein pragmatischer Natur, ohne methodischen oder theoretischen Hintergrund. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts begann man schließlich, die Vergangenheit unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten und eine systematische Methodik zu entwickeln. Auch begann nun die Geschichte sich als akademisches Fach zu etablieren, anfangs noch als Hilfswissenschaft anderer Bereiche, letzten Endes aber als autonome Disziplin. Ihren Ausgang nahm diese Entwicklung mit den preußischen Reformen Anfang des Jahrhunderts unter Wilhelm von Humboldt mit der Einführung eines wissenschaftlich-methodischen Konzeptes für die Geschichtsschreibung – dem Historismus. In Niebuhrs „Römische Geschichte bis 241 v. Chr.“ wurde 1812 dieses Konzept zum ersten Mal angewendet, und etwas später stellte Leopold von Ranke seine quellenkritische Methode vor. Ende des 19. Jahrhunderts kommt es dann allerdings zu einem heftigen Methodenstreit innerhalb der noch jungen Geschichtswissenschaft, deren deskriptive Methode ganz eklatant infrage gestellt wird – der Historismus gerät in eine Krise, in deren Folge man sich gezwungen sieht, sich auf die Suche nach einer neuen Historik zu begeben. Aber warum ist das eigentlich so wichtig? Warum spielen Theorie und Methodik in der Geschichtswissenschaft eine so große Rolle, besonders in der politisch unruhigen und beinah instabilen Zeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert herum? Die Antwort findet sich in den Funktionen, welche Geschichte in der menschlichen Gesellschaft einnimmt. Da wäre an erster Stelle der Beitrag der Geschichte zum Verständnis und zur praktischen Behandlung der Gegenwartsphänomene zu nennen. Manche Dinge können nur im Kontext ihrer geschichtlichen Entwicklung verstanden werden (wie beispielsweise der deutsche Föderalismus). Vernünftiges politisches Handeln setzt historische Kenntnis voraus (ist aber keine zwingende Konsequenz). Des Weiteren übt Geschichte eine nicht zu vernachlässigende soziale und politische Orientierungsfunktion aus, sie nimmt eine paradigmatische Rolle ein. Vereinfacht könnte man sagen: Die Vergangenheit dient als Beispielsammlung für die Gegenwart. (...)
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Inhaltsverzeichnis
01: Einleitung
02: Die Zeitgeschichtlichen Grundlagen des Historismus
03: Der Historismus als empirische Wissenschaft und seine Krise
03.1: Der Historismus als empirische Wissenschaft
03.2: Die Aufgabe des Geschichtsschreibers nach Humboldt
03.3: Die Krise des Historismus
04: Fazit - Die Suche nach einer neuen Historik
Literaturverzeichnis
Natürlich gibt es Geschichtsschreibung nicht erst seit dem 19. Jahrhundert. Kommentierte Herrscherlisten, astronomische Kalender, landwirtschaftliche Aufzeichnungen gab es schon in der Antike – auch das war Geschichtsschreibung. Doch war sie hier rein pragmatischer Natur, ohne methodischen oder theoretischen Hintergrund. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts begann man schließlich, die Vergangenheit unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten und eine systematische Methodik zu entwickeln. Auch begann nun die Geschichte sich als akademisches Fach zu etablieren, anfangs noch als Hilfswissenschaft anderer Bereiche, letzten Endes aber als autonome Disziplin.
Ihren Ausgang nahm diese Entwicklung mit den preußischen Reformen Anfang des Jahrhunderts unter Wilhelm von Humboldt mit der Einführung eines wissenschaftlich-methodischen Konzeptes für die Geschichtsschreibung – dem Historismus. In Niebuhrs „Römische Geschichte bis 241 v. Chr.“ wurde 1812 dieses Konzept zum ersten Mal angewendet, und etwas später stellte Leopold von Ranke seine quellenkritische Methode vor. Ende des 19. Jahrhunderts kommt es dann allerdings zu einem heftigen Methodenstreit innerhalb der noch jungen Geschichtswissenschaft, deren deskriptive Methode ganz eklatant infrage gestellt wird – der Historismus gerät in eine Krise, in deren Folge man sich gezwungen sieht, sich auf die Suche nach einer neuen Historik zu begeben.
Aber warum ist das eigentlich so wichtig? Warum spielen Theorie und Methodik in der Geschichtswissenschaft eine so große Rolle, besonders in der politisch unruhigen und beinah instabilen Zeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert herum?
Die Antwort findet sich in den Funktionen, welche Geschichte in der menschlichen Gesellschaft einnimmt.
Da wäre an erster Stelle der Beitrag der Geschichte zum Verständnis und zur praktischen Behandlung der Gegenwartsphänomene zu nennen. Manche Dinge können nur im Kontext ihrer geschichtlichen Entwicklung verstanden werden (wie beispielsweise der deutsche Föderalismus). Vernünftiges politisches Handeln setzt historische Kenntnis voraus (ist aber keine zwingende Konsequenz).
Des Weiteren übt Geschichte eine nicht zu vernachlässigende soziale und politische Orientierungsfunktion aus, sie nimmt eine paradigmatische Rolle ein. Vereinfacht könnte man sagen: Die Vergangenheit dient als Beispielsammlung für die Gegenwart.
Und zuletzt geht es um Legitimation und Kritik bestehender Verhältnisse. In diesem Sinne wird Geschichte benutzt als Instrument für ökonomische und politische Zwecke, was einerseits aufklärende Funktion haben – aber auch in Missbrauch enden kann.
Aus all diesen Gründen wird ersichtlich, warum Methodik für die Geschichtswissenschaft von so großer Relevanz war: Nur sie garantierte die notwendige Distanzgewinnung, und nur so kann verhindert werden, dass Geschichte zu einem reinen Instrument der zeitgenössischen Politik wird.