Auf Eßers Schneide - Paul Eßer - E-Book

Auf Eßers Schneide E-Book

Paul Eßer

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Beschreibung

LYRIK - Oh Schreck! Ist das wichtig oder kann das weg? "Lyrik ist überflüssig, unnütz, wirkungslos. Das legitimiert sie in einer utilitaristischen Welt", heißt es in einer Veröffentlichung über Lyrik. Darum also dieses Buch! Der Service des Dichters besteht nicht nur in Traumanfertigungen, sondern auch im Entschlüsseldienst. Vom Dichter verlangen die Menschen, dass er ihnen einen Code liefert, mit dessen Hilfe sie die Welt verstehen können. Paul Eßer, dessen Lyrik mehrfach prämiert wurde, seziert in seinen "Gedichten" mit scharfer Klinge in Kapiteln wie "Heimat & Natur", "Liebe & Beziehungen" oder "Krieg & Politik", nicht nur die im Wahnsinn taumelnde Welt, sondern spendet manchmal auch augenzwinkernd und lebenslustig Trost. Ob beißender zeitkritischer Spott oder einfühlsame Poesie, seine Bilder sind klar und ausdrucksstark, die nachvollziehbare Wiedergabe seiner Welterfahrung. In provokanter und nachdenklicher Weise geht er mit Hilfe der Sprache kompromisslos gegen die Oberflächlichkeit unseres Alltags an. "Gedankenlyrik" für die letzten, noch nicht gleichgeschalteten Zeitgenossen. "Paul Eßer ist ein Name, den man sich merken muss, wenn man meint, dass ein Gedicht mit politischer Aussage nicht 'schön' sein kann." (Aalener Volkszeitung)

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mit Kunstwerken von

Rita Blumenthal, Heinz Dohmen, Georg Giesing, Helga Kempe, Maria Lehnen, Martin Lersch, Johanna L’Hoest, Horst Meister, Jürgen Pankarz, Werner Schriefers, Sabine Schunk, Rita Weißleder, Marielouise Zimmer

Paul Eßer (1939-2020), geb. in Mönchengladbach, Studium der Germanistik, Anglistik und Philosophie in Köln, Tätigkeit als Lehrer in NRW und im Ausland, Promotion mit einer sprachphilosophischen Arbeit an der Universität Düsseldorf, Veröffentlichung von Sachbüchern, Romanen, Lyrik, Träger verschiedener Literaturpreise sowie des Rheinlandtalers (2009).

www.paul-esser.de

meine Leser wünschen sich, dass LYRIK

komplex, leicht, ehrlich, durchdringend,

anspruchsvoll, wahr bis zum widerspruch,

bewegend, gedankenerweiternd, bewegt,

gefühlserweiternd, intensiv, bedeutsam,

romantisch, fesselnd, sagenhaft, groß,

existentiell, spielerisch, gegenwärtig, einfühlsam,

bildhaft, klanghaft, kantig, kolibrisant,

elephantasievoll, gipfelpunkt des erlebens,

dicht, unbedingt, hintergründig, verdaulich,

herzerwärmend, interessant, ideenvoll,

warm, sexy, mehrdeutig, kraftvoll, inspirierend,

einprägsam, einfach schön, rhythmisch,

ausdrucksstark, individuell, gefühlvoll,

stimmungsvoll, kopfkinetisch,

so, dass sie mir eine antwort gibt, auf eine frage,

der ich mir vorher nicht bewusst war,

faszinierend, offen, vieldeutig, wortlos, fühlbar,

phänomenal, kurz, perspektivisch, anklingend,

anregend, prägnant, unterhaltsam, ansprechend,

linear, verschwiegen, präzise, pointiert, dramatisch,

dreidimensional, überraschend, treffend,

ist...

Inhalt

Vorwort oder:

eine Kapitulation?

Haltet das Wort! -

Dichten & Schreiben

Mißlungener Paarlauf -

Liebe & Beziehungen

Immer nur das Eine -

Erotik & Sex

Ach Du liebe Scholle! -

Heimat & Natur

Mythogene Nebelschwaden -

Niederrhein & Rheinland

Schönerlandschändung -

Reisen & Orte

Tresenlesen -

Feiern & Saufen

Lacht kaputt, was euch kaputtmacht -

Humor & Limericks

Wörtliche Betäubung -

Bildung & Erziehung

Bilderfluss -

Kunst

Schauerneigung -

Krieg & Politik

So wahr ich Gott helfe -

Kirche & Religion

Gemischtwarendenker -

Weisheit

Wenn das Ende nicht mehr weit ist... -

Alter & Tod

Die Internetionale -

Dunkle Zukunft

Endnoten/ Kunst

Künstler

Vorwort oder: eine Kapitulation?

Fragt man wegen Veröffentlichung eines Lyrikbandes nach, kann der Verleger die Schreckensvision nur mit Mühe unterdrücken, in der er das Werk eigenhändig vertreibt, indem er es auf dem Fahrrad in die Buchhandlungen bringt, wo es in den Ramschkisten vergammelt. Und darum habe ich erst gar nicht gefragt, sondern es selbst herausgebracht. Und dabei missachtet, was Thomas Böhm in Der Zeit schrieb: das nämlich Lyrik als Sammelband nicht funktioniert, sondern Gedicht für Gedicht einzeln veröffentlicht werden sollte, um wertgeschätzt zu werden. Ein schöner Gedanke, den ich mir aber nicht leisten kann. Er schreibt auch: „In einer Welt, die uns beständig abzulenken versucht, ist die wiederholte Lyriklektüre eine einzigartige Form der Konzentration“. Und das unterschreibe ich zu einhundert Prozent, und hoffe, dass das auch mit diesem (Sammel)band gelingt.1

Im Lyriker kann man den klassischen Fall des Arbeitslosen sehen. Sein Produkt ist am Markt nicht mehr gefragt. Die meisten Motive der Menschen, Gedichte und Lieder zu lesen oder gar zu lernen und vorzutragen sind entfallen. Welchen Sinn sollten Merkvers oder Arbeitslied in einer Welt von elektronischen Speichern und Arbeitsabläufen noch haben? Auch Gottesverehrung oder Begeisterung für eine politische Sache gehören als Antriebskräfte lyrischen Sprechens fast der Vergangenheit an. Unmittelbare Gefühls(aus?)brüche, die mit Liebe und Lebensfreude zu tun haben, aber auch die melancholischen Äußerungen des Leides, die wütenden Schreie des Schmerzes und die elegische Klage hat ein rational gesteuertes Gemeinwesen den Menschen ab-erzogen. Es ist kein Boden mehr da für die Lyrik und zum Singen kaum Grund. Den Menschen in den hochtechnisierten Industriegesellschaften, die ja heute, wie die Ironie der Sprache es will, „tonangebend“ sind, wird es immer befremdlicher aus dem Bauch heraus, früher hätte man gesagt - aus vollem Herzen - zu singen oder zu rezitieren, so viel Musik sie auch permanent von außen auf sich einwirken lassen.

Warum also dieses Buch? „Gegen die Strömung, gegen den Wind“ singt Udo Lindenberg und hat Recht. Lyrik muss raus, die gesellschaftlichen Zustände müssen seziert werden, bitter ernst oder mit einem Augenzwinkern. Mit Günter Eich kann man Lyrik als trigonometrische Punkte verstehen, anhand derer man sich in der Wirklichkeit orientiert. Und er schrieb: „Lyrik ist überflüssig, unnütz, wirkungslos. Das legitimiert sie in einer utilitaristischen Welt.“2 Der Service des Dichters besteht nicht nur in Traumanfertigungen, sondern auch im Entschlüsseldienst. Vom Dichter verlangen die Menschen, dass er ihnen einen Code liefert, mit dessen Hilfe sie die Welt verstehen können. Bis heute ungeklärt: Darf der Dichter die Wahrheit schreiben? Darf er denen, die so viel Hoffnung brauchen, das Wissen aufdrängen, dass wir alle verloren sind? Analyse oder Verklärung? Sein oder Schein? Schmerz oder Flucht? Die kollektiven Illusionen zu stärken, den Zerstreuungstrieb zu bedienen, liefert dem Poeten wenig Ruhm in der Fachwelt, doch ein gesichertes Einkommen; bemüht er sich um die Wahrheit, muss er froh sein, mit heiler Haut davonzukommen, schlimmstenfalls riskiert er zum Kragen den Kopf, bestenfalls ignoriert man ihn zu Tode.

All‘ diese Risiken gehe ich gerne ein und sitze zwischen allen Stühlen bequem im Sessel. Ach, in diesem Zusammenhang noch etwas: hier geht es politisch korrekt zu, manchmal deftig und unter die Gürtellinie, aber immer „gerecht“. Aber political correctness im heutigen Sinne, also einen immer strikter - aus meiner Sicht lächerlich - werdenden moralischen Rigorismus dürfen Sie hier nicht erwarten! Inhaltlich nicht, und erst Recht nicht sprachlich. Denn das hat nichts mehr mit linken Idealen von Offenheit und Transgression zu tun, sondern entspricht weit stärker den faschistischen Ansichten der Neuen Rechten.3 Und auch eine einheitliche Neue Rechtschreibung gibt es hier nicht, denn die Text stammen aus verschiedenen Jahrzehnten.4

Mein Dank gilt den vielen Freunden, Künstlerinnen und Künstlern, die meine Texte so wunderbar illustrieren. Und natürlich allen Lyrik-Fans!

Paul Eßer (Nationalität: Schriftsteller)

2019/ Torsten Eßer 2023

Kein Vers hat je einen Panzer gestoppt, vielleicht aber den ein‘ oder anderen Panzer an der Abfahrt gehindert!(P. Eßer)

Haltet das Wort! - Dichten & Schreiben

Zugeflogen

Aus einem betörend

weißen Blatt Papier

- keine Linie,

nicht Rand noch Raster -

falte ich einen Vogel

und werf ihn hoch

in den blauen Wind,

und wie ein Bumerang

schießt er bald schon

aus schmunzelndem Himmel

zu mir zurück.

Ich falte ihn auf

und streich ihn glatt

und les‘ diese Zeilen.

.

Buchmesse

Woh man sang:

der Lenz ist da,

da öffnete sich gleich

das Simmelreich,

da wächst kein Grass mehr

dafür kräht die Hahn,

japst die Wolf

aus den Kojen,

da huschen Leser-Ratten

durch hallende Hallen,

prostet König Marcel

mit Kara Sekt,

mimt witzig den Vitalisten

und bricht plötzlich

vergiftet zusammen,

nachdem er sich

beim Schnelltalkwettbewerb

in die Zunge

gebissen hat.

Hinter Stellwänden

lauern Rohr- und Reißwolf,

die Satten betreten

das stinkende Riff.

Postmoderne

Sie vermengte ein Kuchenrezept

mit einer Todesanzeige,

löschte alle Satzzeichen,

ersetzte Groß- durch Kleinbuchstaben,

fügte nach drei, vier Wörtern

jeweils einen Zeilenumbruch ein,

und gewann

nach diesem Ringen um die Form

den Förderpreis des Landes NRW

für junge Lyrik,

weil sie den Mut bewiesen habe,

sich von abgedroschenen

Schreibformen zu lösen.

Repressive Toleranz

Bunte Sätzchen aufzuschirren,

soliden Alltagssinn zu wirren,

griff er süchtig gern zum Stift,

reimend umzuwandeln

seines Sinnes Gift in Schrift,

ob binnen reimend, hinten oder stabend,

in Trunkenheit, im Traum, im Tran,

das Verordnete stets untergrabend.

Der Senat verbot ihm nicht den Mund,

schnell attestierte man ihm Wahn,

und so lernte besagter Mythoman,

es wird, wie schillernd er auch schreibt,

niemals zu bunt.

Tödliche Themen

Ein Gedicht

wächst aus jeder Brust,

die man nicht

in der Hand hält,

aus Küssen,

die man gern gegeben hätte,

wäre man nicht wieder und wieder

darum gebracht worden,

durch das Schreiben von Gedichten,

das allemal endet

in einem tiefen feuchten Tal

Schriftstehler

Leben gibt

die Dichtung mir und Licht,

doch meine Stärke

ist sie nicht,

hab selten Eigenes parat,

leb stattdessen

vom Zitat.

Irish Pub (in Eire!)

Er nimmt Platz

im äußersten Winkel der Kneipe,

und ab sofort

ist dort die Mitte.

Verstummen. Dann Gemurmel.

Der Ober eilt.

Niemand kennt ihn. Also jeder.

Er isst. Er trinkt. Er schreibt.

In der Ferne eine Sirene.

Die Engländer.

Er löst sich auf. Gespräche.

Die Arbeit am Mythos

setzt sich fort.

Kneipenpoet

Hoppe, hoppe, writer,

trinkt er nicht, dann schreibt er,

doch schon bald da schreit er

nach Ballentine und Apfelwein,

und schreibt dann einfach weiter,

ordert Grappa, Deinhard Lila,

Calvados, Tequila,

denn die kluge Muse sprach:

Mein Sohn, der Klügere, so merk es dir,

- Herr Ober, schnell noch mal zwei Bier -

der Klügere kippt nach!

Charles B.5

Sein Pegasus schwebte

auf Kotflügeln ein

und kotzte ihm

die entknebelten Fickphantasien

seiner Nachbarn

in die Schreibmaschine,

und Charles schlug die Tasten,

bis er die Monatsmiete

zusammen hatte.

Und dann mit Presseheinis und Dollarscheinen

ab zu den Huren

und den Säufern!

Jonathan Swift6

Aus jedem deiner Gedankengänge

drehten dir Zwerge

einen Strick,

daran sie dich

auf den platten Boden nagelten,

die Statthalter seit je

der Plätze

und Parlamente.

Für Peter Rühmkorf (am 08.06.2008 gestorben

in seiner norddeutschen Bauernkate)7

Sein stets präsentes Über-Ich

mäßig gedeckt unterm Kneipentisch;

hat in Luftsprüngen er verhagelt,

woran uns der Alltag nagelt;

stapfte durchs Lexikon erfinderisch.

Fernando Pessoa8

Schreibend schuf er sich zum Echo,

das von Gipfeln schlug,

aus tiefsten Gründen,

das durch alle

Masken hallte,

die er lange Jahre trug.

Lange Jahre,

bis die Droge seines Daseins

das Gefäß zerfraß,

das von Anfang an

zu zart war.

Eine Stadt hast du gedichtet,

eine Welt erwärmt dein Wahn,

nie verloschen deine Lichter,

wo der Tejo trifft den Ozean.

Zum Tode Jorge Amados9

Er war kein Lehrer,

war kein Richter,

den Fragenden

gab er Fragen

und wagte zu sagen:

Ihr seid die Dichter.

B. Brecht

Als räuberischer Nomade

durchzog er die Gedankenwelten

lebender und überlebender

Sprachproduzenten,

nahm von Kollegen,

was er brauchte,

und baute seine eigenen

kühnen Konstruktionen daraus,

deren große Zahl sich nicht allein

durch die große Zahl

seiner Mitarbeiter erklärt,

sondern vor allem

durch die unablässig kreative Geilheit

und die Spielsucht

eines kaum erwachsenen Egomanen,

der mit Wörtern und Menschen

jonglierend,

was ihm einfiel, durchspielte.

Sandsymbolik

Mein Lieblingsbuch

ist der Strand,

er schreibt sich

und schreibt sich fort,

in einem fort,

ein Buch aus Stäben

und Tauen

und den schrägen

Zügen der Krabben

und den Abzählversen

des Windes,

Rippel, Rinne,

Schnitt und Brise,

und der Mond

zieht das Wasser

über alles

und löscht es aus

bis zur Neuerscheinung.

Spottdrossel

Hier bin ich,

niedrig fliegend

über Trog und Trott.

Daheim in der Häme.

Davor und dahinter

nichts als das Nichts.

Ich brauche die Entrüstung

der Lebensklugen und Alltagsbeständigen,

der pausbäckigen Sammler.

Brauch sie wie Salz aufs Brot.

Ihre Leere, meine Fülle,

Stoff, der mich treibt.

Nachwort

Meine Worte

wie von Hand gemacht,

aus Geröll, Rinde und Tränen,

Kiesel und Gedankenblitzen,

der Schliff fehlt ihnen,

aber den kann ich mir sparen,

da sie ohnehin

den Bach runtergehn.

Das Wasser

wird sie rund machen.

Wie das Klischee

die Gedanken.

Wie Poesie entsteht

Mein Kopf schwärmt aus ins Abendrot,

ich sitz allein zuhaus,

die Kumpane alle tot.

Sie hinterließen mir

nichts als Geschichten,

was bleibt mir da

als auch zu dichten?

Altersvorsorge

Dich bewegen der Erinnerung Wogen,

dein Boot ist auf den Strand gezogen.

Vorbei das Horten fremder Orte.

Dieses Spiel, es war dein Glück,

denn zu allen deinen Orten

kehrt dein Körper nicht zurück.

Wohl dir, wenn viele Schätze

du einst geplündert hast.

Sie leben fort in deinem Werk,

als Reime, Bilder, Sätze.

Verlorener Ruhm

Reimlos wollte er, in freien Rhythmen,

sich Ruhm erschreiben wie einst Whitman,

doch ob Hauptwort, Verb, ob Partizip,

am Ende reimte sich, was er auch schrieb,

er schrie voll Wut: ich bin verlorn

für den Kulturbetrieb

und warf die Feder in den Korn.

Dichten

Nach langer Nacht

ein Papierkorb

voll Liebesmüh.

Zitat

Ich bin ein Plagiat,

ich klau mir ein Gesicht

und bau dir ein Gedicht,

doch verlang vom Imitat

was Originelles nicht:

Zitat gebiert Zitat!

Die weiße Weite

Ein Stück Land

wird zur Insel

durch das Wasser drumherum,

ein Stück Text

wird zum Gedicht

durch die Papierfläche drumherum.

Meine Verehrung

Könnte ich schreiben wie

POE

ich umarmte

SIE

und das

ALL

bin zum großen

BUM

Forschung

Beispielhaft

sammelten und sortierten

Humboldt

beispielsweise

und Linné

das Vorkommende.

Dieses hinter sich lassend

arbeiten andere

in der Arktis

der reinen Abstraktion,

verliebt

in Worte.

Darunter

beispielsweise

Kosmos

oder endlos

oder ewiges Eis

oder du.

Fado-Saudade

Der Portugiesen Lieder

sind wie ihre alten Karavellen:

von Seele zu Seele segelnd

kehren sie irgendwann nicht wieder,

müssen an ragenden Riffs zerschellen.

Widerstand

Gern hätt ich

die sapphische Form

der Strophe genutzt,

das elegante Sonett

oder die nordische Helle

im englischen Blankvers,

doch meine Sprache

braucht Hammer und Meißel,

damit ich sagen kann,

was ich will.

Vielseitig

Meine Leben hat viele Seiten,

zu viele sind‘s vielleicht;

wenn sie vorübergleiten,

keine einer andren gleicht.

So werd ich in allen Sätteln

weiterhin mich verzetteln,

bis mich der Reißwolf erreicht.

Musensporn

Laß klappern, mein Dichter,

mach mir den Hof!

Wo bleiben die herzschmerzigen Lieder,

die Lieder zu Wein und Schwoof?

Mach deinen Volksmund auf,

schenkst du mir goldene Ringe nicht,

schreib wenigstens ein Liedchen darauf,

maulfauler Wicht!

Komm, mach‘ mir ‚nen Ohrenwurm,

ich laß auch brav die Haare vom Turm,

wenn dich mein Hafer sticht.

Heimwege

Mit dem Dichter Hackenbrock

reden wir schonmal nachts,

immer mitten auf der Straße,

und er immer betrunken

auf dem Weg zur Kneipe,

und immer sagt er:

„Ich bin zu spät

auf dem Wege dahin,

wo ihr zu früh seid.“

Und dann lacht er.