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Vor 2000 Jahren in Israel: Joel erkrankt an Aussatz – das bedeutet den Ausschluss aus der Gesellschaft. Was wird nun aus seiner geplanten Ehe mit Ruth? Doch dann das Wunder: Ein Mann namens Jesus heilt ihn! Sein Leben ändert sich radikal. Und Joel kann nicht verstehen, warum dieser Jesus plötzlich gekreuzigt wird.
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Seitenzahl: 96
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Heidi Schilling
Ausgestoßen in der Wüste
Impressum
© 2012 by Verlag Bibellesebund Marienheide,
Christliche Literatur-Verbreitung Bielefeld
© 2020 der E-Book-Ausgabe
Bibellesebund Verlag, Marienheide
Alle Rechte vorbehalten
https://shop.bibellesebund.de/
Autor: Heidi Schilling
Coverfoto: Shutterstock
Covergestaltung: Georg Design, Münster
ISBN 978-3-95568-330-6
Hinweise des Verlags
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf - auch teilweise - nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
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Inhalt
Titel
Impressum
Das Urteil
Ausgestoßen
Ein Lamm für Joel
Der Mann im seltsamen Mantel
Ein anderes Lamm
Sie will ihn nicht
Gerüchte
Wer ist er?
Davonfliegen
Nur etwas Öl
Doch nicht mehr frei?
Der König
Wie ein Lamm zur Schlachtbank
Die Krone
Das kann nicht wahr sein
Ein Zeuge?
Die Lampe brennt
Fürchte dich nicht
Stärker als zuvor
Im Feuer
Ein herzliches Willkommen
Hochzeit – doch nicht für Joel!
Das Urteil
Es tut mir leid, Joel! Es tut mir wirklich von Herzen leid, aber es hat sich vergrößert! Du weißt, was das bedeutet. Wir müssen tun, was das Gesetz vorschreibt.«
Ja, Joel wusste es.
Seit vielen Tagen konnte er an nichts anderes mehr denken. Zuerst hatte er gehofft, der Fleck auf seiner Haut würde so verschwinden, wie er gekommen war. Aber das tat er nicht. Seitlich am Hals, unter dem Kinn, da war er und da blieb er. Zuerst hatte Joel versucht, ihn zu verstecken. Aber das war schwierig an dieser Stelle. Es schmerzte nicht, das war ja gerade so verdächtig. Zuerst hatte seine Mutter ihn entdeckt, aber sie hatte geschwiegen. Dennoch schlich sich das schreckliche Wort als ungebetener Gast in ihre Familie: Aussatz! Es war wie ein Gespenst einfach eines Tages da und ließ sich nicht mehr vertreiben. Dann hatte Joels Vater, der ein Rabbi war, den Fleck gesehen. Joel schauderte, wenn er daran dachte. Diese strengen Augen, die unaufhörlich dieselbe Stelle an seinem Hals fixierten! Streng und traurig zugleich.
»Du musst dich dem Priester zeigen!«, hatte er gesagt.
»Es wird bestimmt wieder verschwinden«, wollte Joel beschwichtigen.
Aber sein Vater war unerbittlich.
Man hatte den Fleck genau gemessen und untersucht.
»Nun müssen wir warten«, hatte der Priester gesagt. »In zwei Wochen ist er vielleicht größer, vielleicht auch kleiner. Dann sehen wir weiter.«
Oh, diese zwei schrecklichen Wochen! Er hatte gebetet, er hatte Opfer gebracht und immer wieder die Stelle am Hals befühlt. Er hatte vor Verzweiflung Grasbüschel ausgerissen, Steine in ohnmächtiger Wut fortgeschleudert, sich versteckt und war stundenlang gelaufen. Er hatte heimlich mitten in der Nacht im Fluss gebadet. Wäre doch nur ein Wunder geschehen!
Aber nein, nun war alles aus!
»Wir müssen tun, was das Gesetz vorschreibt.«
Das war das Urteil. Joel hatte es erwartet. Trotzig stand er auf. Nur jetzt nicht schwach werden, dachte er. Weinen konnte er später.
»Somit bist du nun unrein«, erklärte der Priester. »Du darfst kein Haus mehr betreten, auch nicht dein Elternhaus, es würde sonst ebenfalls unrein. Ich werde mit deinen Eltern sprechen. Geh nun zu den anderen Aussätzigen außerhalb der Stadt! Gemeinsam könnt ihr euer Schicksal besser tragen. Wie sie sollst auch du nun zerrissene Kleider tragen. Das Gesetz verlangt es so. Du darfst nie weniger als zwei Meter Abstand zwischen dir und anderen Menschen haben und du musst deinen Mund mit einem Tuch bedecken!«
Während dieser langen Rede hatte Joel zu Boden geschaut. Nun sah er dem Priester direkt in die Augen.
»Ist das alles?«, fragte er.
Dem Priester fiel es sichtlich schwer, weiterzusprechen. Doch dann sagte er: »Wenn du dich in die Nähe von gesunden Menschen begibst, bist du verpflichtet zu rufen: ›Unrein! Unrein!‹ Das Gesetz, du weißt doch!«
»Ist das nun alles?«, fragte Joel wieder.
»Nein, noch nicht. Vielleicht gefällt es dem Höchsten, dich gesund zu machen. Vielleicht merkst du eines Tages, dass der Fleck verschwunden ist. Dann komm wieder her und zeige dich!«
»Vielleicht, vielleicht, vielleicht …«, stöhnte Joel, drehte sich abrupt um und ließ den Priester stehen, der ihm besorgt nachsah.
Ausgestoßen
Das Stadttor hatte Joel hinter sich gelassen. Den Menschen war er aus dem Weg gegangen. Nun saß er an den Stamm eines Ölbaums gelehnt – allein. Er war jetzt ein Ausgestoßener, wie ein abgeschnittener Zweig. Das Verdorren hatte schon begonnen. Er fühlte sich kräftig, hatte keine Schmerzen – und war doch lebendig tot. Der Schmerz in seinem Innern wollte ihn zerreißen. Als er es nicht mehr aushielt, fasste er in den Ausschnitt seines Gewandes und zerriss es.
»So will es das Gesetz.«
Diesen Satz würde er nun nie mehr loswerden. In zerrissenen Kleidern gehen, den Mund verhüllen und »Unrein! Unrein!« rufen. Das war nun sein Schicksal. Dabei war er ein gut aussehender Junge. Und Ruth? Was sollte nun werden mit Ruth?
Joel und Ruth waren einander versprochen seit ihren Kindertagen. Heiraten konnten sie noch nicht. Sie waren beide noch zu jung. Sie kannten sich kaum. Die Eltern hatten für sie entschieden. Ab und zu hatte er sie in der Synagoge gesehen, zusammen mit ihrer Mutter. Sie gefiel ihm. Er hatte sich auf sie gefreut, er fand sie sehr hübsch.
Aber jetzt? Kein Vater würde seine Tochter einem Aussätzigen geben.
»Oh du Mächtiger da oben! Was tust du mir an?«
Joel sprang auf, ergriff einen Stein und holte weit aus, um ihn gegen den Himmel zu schleudern.
»Lass das, es nützt dir nichts!«
Joel erschrak. Er hatte geglaubt, er wäre allein. Aber da war ein Mann gekommen, der ihn am Arm packte und ihm den Stein aus der Hand nahm.
»Lass das«, sagte der Mann nochmals ganz ruhig. »Was du brauchst, ist seine Gnade, nicht seinen Zorn. Komm mit mir!«
Joel folgte dem Mann. Auch der trug zerrissene Kleider, hatte lange herunterhängende Haare und sein Bart war verhüllt. Joel wusste: Das war Jakob, der Aussätzige, der sich draußen vor der Stadt eine kleine Hütte gebaut hatte und dort auch ein paar Schafe hielt. Er war viel älter als Joel. Er hätte gut sein Vater sein können. Ein schmaler Fußweg führte zu Jakobs Unterkunft.
»Willkommen in meinem Palast«, sagte er, indem er die Tür mit dem Fuß aufstieß. »So, so, hat es dich also auch erwischt!«
Das war keine Frage, nur eine Feststellung. Er nahm einen Eimer vom Haken, drückte ihn Joel in die Hand und meinte: »Du könntest Wasser holen. Hinter dem Haus gibt es eine Zisterne!«
Joel staunte. Da hatte sich dieser Ausgestoßene so etwas wie ein kleines Heim eingerichtet und sogar einen Brunnen gegraben. Es gab also doch noch ein Leben als Aussätziger. Nun wusste Joel wenigstens, wo er sich in der nächsten Nacht hinlegen konnte.
Er blieb allerdings nicht nur eine Nacht. Die beiden gewöhnten sich aneinander und teilten, was sie hatten.
Joels Mutter fand bald heraus, wo sich ihr Sohn befand, und brachte ihm gelegentlich ein Brot oder andere Nahrungsmittel. Als sie Joel einmal anfassen wollte, trat er zurück und schrie: »Unrein! Unrein!«
Da zuckte seine Mutter zusammen und ging weinend davon. Seither wich Joel ihr aus. Sein eigenes Leid zu ertragen, war schwer genug. Er wollte nicht auch noch den Kummer seiner Mutter mit ansehen.
Ein Lamm für Joel
Was Joel in den folgenden Wochen erlebte, war sehr schmerzlich. Einmal war er durch die Stadt gegangen, immer mit dem vorgeschriebenen Abstand zu den Menschen. Einer seiner ehemaligen Spielkameraden hatte ihn erkannt und blieb stehen, um ihn neugierig zu mustern. Joel grüßte ihn mit einem freundlichen »Schalom« und hob die Hand, um ihm zu winken. Der andere aber bückte sich, nahm einen Stein auf und warf ihn nach Joel. Der Stein traf ihn nicht, aber dafür war der Schmerz in seinem Herzen umso größer.
Einmal war er über einen Platz gegangen, wo ein Gemüsehändler seine Waren verkaufte. Plötzlich hörte er hinter sich einen heftigen Streit. Er blieb stehen, um zu hören, worum es ging.
»Was bildest du dir eigentlich ein«, brüllte einer den Händler an. »Von deinen Zwiebeln kaufe ich keine. Da ist ein Unreiner dran vorbeigegangen. Iss du deine Dreckzwiebeln selber!«
So war das also! Jeder Straßenköter war eher geduldet als er, der einst so beliebte Joel. Und das nur wegen des dummen Flecks an seinem Hals. Der war allerdings weiter gewachsen und an der Oberfläche weiß geworden. Jetzt war Joel froh um das Tuch, mit dem er ihn zudecken konnte. Aber das Schlimmste kam nach ein paar Monaten.
Seine Mutter brachte ihm frisch gebackene Fladenbrote, aber gleichzeitig auch eine schlechte Nachricht.
»Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll«, begann sie, »und doch glaube ich, dass du es wissen solltest. Die Eltern von Ruth haben die Geschenke zurückbringen lassen.«
Joel wusste, was das bedeutete. Er nickte nur und verschwand in Jakobs Hütte. Alles, alles wurde ihm genommen, nun auch die versprochene Braut. Er hatte es erwartet, aber doch noch auf ein Wunder gehofft. Jetzt war auch dieses letzte Licht in seinem Herzen erloschen.
Sehr nachdenklich saß er nun in der dunklen Hütte. Draußen blökte eines von Jakobs Schafen. Immer wieder, ohne aufzuhören. Was hatte es nur?
Joel ging hin, um nachzusehen. Er musste nicht lange suchen. In einer Mulde lag eines der Mutterschafe und hob erschöpft den Kopf. Und daneben, dicht daneben, versuchte ein kleines neugeborenes Lamm aufzustehen. Gebannt schaute Joel zu. Das Kleine hielt sich nun auf zittrigen Beinen und stupste seine Mutter an. Diese erhob sich wie neu belebt und drängte das Lamm an ihr Euter, damit es trinken konnte.
»Ein schönes Böcklein«, bemerkte Jakob, der auch dazugekommen war, »ich schenke es dir!«
Da kam zum ersten Mal seit seinem Einzug bei Jakob ein Leuchten auf Joels Gesicht.
»Hey Kleines!«, flüsterte er und berührte das Lämmchen vorsichtig.
Es war noch nass und so beschäftigt mit Saugen, dass es den Menschen keine Beachtung schenkte. Joel lächelte. Jetzt gehörte ihm ein Lebewesen, das ihn nicht verachtete. Er wollte dafür sorgen, dass es ihn kennenlernte.
An diesem Abend war er noch lange draußen. So glücklich war er schon lange nicht mehr.
Der Mann im seltsamen Mantel
Nun war Joel beschäftigt. Er verbrachte seine Tage bei den Schafen. Von seiner Mutter hatte er sich etwas Salz bringen lassen. Damit war es leicht, das Vertrauen des Mutterschafs zu gewinnen. Und wo die Schafmutter war, da war auch das kleine Lamm. Es wurde immer schöner. Mittlerweile kannte es Joels Stimme und kam herbei, wenn er rief.
Es kam vor, dass alle drei – Joel, das Mutterschaf und das Lämmchen – dicht beieinander im Schatten eines großen Steines lagen und schliefen. Darüber freute sich Jakob. Er hatte den Jungen lieb gewonnen. Für ihn zu sorgen, tat ihm gut.
Doch Jakob hatte sich seit einiger Zeit sehr verändert. Er blieb oft tagelang weg, und wenn er da war, wirkte er sehr nachdenklich. Er redete auch unverständliches Zeug vom Propheten Elia und von einem Mantel. Joel gefiel das nicht, und am liebsten hätte er sich einen anderen Platz gesucht. Aber sein Lamm wollte er auf keinen Fall verlassen. Darum blieb er.
Eines Abends war es wieder ganz schlimm. Jakob saß vor dem Feuer, auf dem die Suppe im Topf kochte. Wieder redete er wie zu sich selbst:
»Die Axt ist schon den Bäumen an die Wurzel gelegt und jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt …«
»Nun hör doch endlich auf«, unterbrach ihn Joel ungeduldig. »Kein Mensch versteht, was du da redest! Wer setzt dir eigentlich diese Flausen in den Kopf? Du gehst doch nicht etwa in die Synagoge?«
»O nein, da dürfen wir doch nicht hin!«
Nachdenklich schüttelte Jakob den Kopf. »Nein, in der Synagoge habe ich so etwas nie gehört.«
»Wo hörst du es denn, wenn nicht dort?«
Joels Neugierde war geweckt.