Ausgewählte Gedichte von Victor Hugo - Victor Hugo - E-Book

Ausgewählte Gedichte von Victor Hugo E-Book

Victor Hugo

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Beschreibung

Victor Hugo, einer der bedeutendsten französischen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, präsentiert in seinem Werk 'Ausgewählte Gedichte von Victor Hugo' eine Sammlung seiner schönsten Gedichte. Hugo, bekannt für seinen epischen Schreibstil und seine tiefgründige poetische Darstellung von Emotionen, nimmt den Leser auf eine Reise durch seine verschiedenen Werke mit. Von politischen Themen bis hin zu persönlichen Erfahrungen, die Gedichte erzählen Geschichten von Liebe, Verlust, Freiheit und Menschlichkeit. Sein literarischer Kontext als führender Vertreter der Romantik in der französischen Literatur hebt Hugos Gedichte als zeitlose Meisterwerke hervor. Victor Hugo selbst war ein leidenschaftlicher Verfechter sozialer Gerechtigkeit und politischer Freiheit, was sich in seinen Gedichten widerspiegelt. Die Sammlung bietet einen umfassenden Einblick in Hugos poetisches Talent und sein Engagement für wichtige gesellschaftliche Themen. 'Ausgewählte Gedichte von Victor Hugo' ist ein unverzichtbares Werk für Liebhaber der Poesie und bietet eine einzigartige Gelegenheit, die kraftvollen Werke dieses literarischen Genies zu entdecken und zu erleben.

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Victor Hugo

Ausgewählte Gedichte von Victor Hugo

Die inneren Stimmen: Oden + Balladen + Die Orientalen

Books

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2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-0804-3

Inhaltsverzeichnis

Die Orientalen
Oden
Balladen

Die Orientalen

Inhaltsverzeichnis

Feuer vom Himmel
Kanaris
Die Köpfe des Serail
Begeisterung
Navarin
Kriegsruf des Mufti
Des Pascha’s Schmerz
Piratenlied
Die Gefangne
Mondschein
Der Schleier
Die Favoritsultane
Der Derwisch
Das feste Schloß
Türkischer Marsch
Die verlorne Schlacht
Die Schlucht
Das Kind
Sarah, die Badende
Erwartung
Lazzara
Wunsch
Die eroberte Stadt
Lebewohl der arabischen Wirthin
Fluch
Die zerhackte Schlange
Nurmahal, die Rothe
Die Djinn’s
Sultan Achmet
Maurische Romanze
Granada
Die Kornblumen
Phantome
An Louis Bonlanger
Der zürnende Danubius
Traum
Ekstase
Der Dichter an den Kalifen
Bunaberdi
Er
November
Epigramme: An ein Weib

I. Feuer vom Himmel

Inhaltsverzeichnis

Da ließ der Herr Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab auf Sodom und Gomorrha .

Und kehrete die Städte um, und die ganze Gegend,
und alle Einwohner der Städte, und was auf dem
Lande gewachsen war.

1 Mos. 19, 24. 25.

I.

Seht ihr die Wolke, schwarz gesäumt, vorüberziehn? Bald grau und blaß, bald roth und glühend schwebt sie hin, Schwül, wie ein Sommer ohne Regen. Ihr meint den Qualm zu sehn, den glühenden, ihr glaubt Den Sturm zu hören, der wild in die Flammen schnaubt, Die eine Stadt in Asche legen.

Wo kommt sie her? – Vom Berg? vom Himmel? Aus der See? Der zu dem nächsten Stern Dämonen in der Höh’ Fortträgt, ist’s wohl der Feuerwagen? Und aus dem Chaos, aus dem schwarzen Wolkenschooß Sprühn Funken, ringen sich Blitzstrahlen glühend los, Gleich Schlangen, die verborgen lagen.

II.

Meer, überall nur Meer, und Wogen ohne Strand, Der Vogel fliegt sich müd und nirgends sieht er Land, Hier Wellenschaum, dort große Wogen, Die Welle stößt zurück die Welle, kreisend rund, Nur Wellen sieht das Aug’, hinunter in den Schlund Des Strudels fort und fort gezogen.

Oft schwimmt ein großer Fisch dahin auf hoher Flut, Der Floßen Silberglanz blinkt in der Sonnenglut, Das lichte Blau am breiten Schwanze, Der Wollenheerde, die sich schüttelt, gleicht die See; Wie ehern zieht ein Kreis sich rings, die blaue Höh’ Eint sich dem blauen Wogenglanze.

– Die Feuerwolke fragt: Soll trocknen dieses Meer? – Nein! – spricht der Hauch des Herrn und jagt sie vor sich her.

III.

Eine Bucht mit steilen Rainen, Spiegelnd sich im Wellenglanz, Heerden, streifend in den Hainen, Auf der Au Gesang und Tanz; Zelte, friedlich stille Sitze; Und der Fischer und der Schütze Lebt hier frei, sein Pfeil, dem Blitze, Der dahinfährt, gleicht er ganz.

Diese Wanderstämme haben Immer frisch die Luft und rein, Junge Mädchen, Krieger, Knaben Drehn sich lustig hier im Reihn. Um die Flammen kreist der Reigen, Die im Wind sich heben, neigen, Geistern gleich, wie sie sich zeigen Nächtlich oft im Mondenschein.

Mitternächtig schwarze Dirnen, Reizend, ohne Tuch und Band, Lachen spiegelnd ihre Stirnen Im Metall und treiben Tand. Andre, schön und ohne Fehle, Singen laut aus frischer Kehle, Die dort melkt aus dem Kameele Weiße Milch mit schwarzer Hand.

Männer, Weiber, Brüder, Schwestern Baden hier im Meer sich nackt. – Wo hat wohl die Horde gestern Aufgepackt und abgepackt? – Pferdewiehern, Cymbalklänge, Mächtig tost die bunte Menge, Rauschend regt sich das Gedränge Mit dem Meer im gleichen Takt.

Die Wolke machte Halt, ward dunkler noch und trüber: – Ist’s hier? – Und eine Stimm’ antwortete: – Vorüber!

IV.

Aegypten! – Aehrengelb, reich dehnt sich aus das Land, Ein Teppich, bunt gestickt und endlos ausgespannt, Und rundum Wüste nur und Leere! Im Nord die kühle See, im Süd der heiße Sand Umziehn Aegypten , und benagen seinen Rand; – Es lacht inmitten zweier Meere.

Drei Berge, die der Mensch erbaut, dreikantig, stehn Zum Himmel ragend, doch ihr Fuß ist nicht zu sehn, Es decken ihn des Sandes Wellen. Und zu der Spitze gehn, gehauen in den Stein, Vom sand’gen Boden aus gewaltge Stufenreihn Für Riesenschritte von sechs Ellen.

Die rothgranitne Sphinx bewacht sie und ein Gott Von grünem Marmor, und, dem Wüstenwind zum Spott, Senkt keines je die Augenlieder. Gewaltge Schiffe ziehn zum weiten Hafen ein, Und eine Riesenstadt wascht ihren Fuß von Stein Im Meer und schaut mit Stolz hernieder.

Mordschnaubend saust heran des Samums heißer Hauch, Auf weißen Kieseln knirscht dahin ein Schuppenbauch, Und Krokodile hört man winseln. Ein grauer Obelisk steigt hoch dem Himmel zu, Bunt wie des Tigers Haut streckt Abends sich zur Ruh Der gelbe Nil , gesteckt mit Inseln.

Des Tages Königsstern versinkt, und langsam rollt Er in die Flut, die strahlt zurück sein flüssig Gold, – Die Welt, der unsern Feuerseele. Am ros’gen Himmel, in der Wogen goldnem Reich Seht ihr zwei Sonnen sich begegnen, Königen gleich, Hinschreitend durch erhellte Säle.

– Ist’s hier? – Die Frage scholl dumpf aus der Wolke Schlund. – Geh! – sprach die Stimm’ und tief erbebte Tabors Grund.

V.

Ein Sandmeer ohne Küste, Des Schreckens weites Beet, Die grenzenlose Wüste Mit Knochen übersät; … Die sich dem Winde stellen, Die Berge sind wie Wellen, Sie wanken und zerschellen, Vom Wirbelsturm verweht.

Oft an den Weltlärm mahnen Im heiligen Revier Die Wander-Caravanen Von Mamre und Ophir . Das Auge folgt dann lange Des Zugs gewundnem Gange, Und eine Riesenschlange Scheint er, ein Wunderthier.

Ja, Gottes ist die Wüste, Erhaben, ernst und hehr, Er kennt nur ihre Küste, Und ihren Schooß nur Er. Staubwolken kommen, gehen, Wenn heiß die Lüfte wehen, Sie wogen, bäumen, blähen Wie Schaum sich auf dem Meer.

Die Wolke sprach: »– Soll ich zum See die Wüste machen?« – – Fort! – klang die Stimme, wie des fernen Donners Krachen.

VI.

Ein Riesenfels, um den der Schaum des Meeres fliegt, Ein Trümmerhaufen, hoch aufragend, – wüste liegt Hier Babel , rundum öde Strecken. Es zeugt sein Wunderbau nur für das ird’sche Nichts, Mit seinem Schatten konnt’ im Schein des Mondenlichts Vier Berge leicht es überdecken.

Reich an Gewölben ist die eingestürzte Stadt, Wenn in den Tiefen sich der Sturm verfangen hat, Dann rauschen wundersame Töne. Um seine Mauern schwärmt’ ein ganzes Volk, es schien Die ganze Menschheit sollt’ in ihren Umkreis ziehn Einst Babel ; sie, die Große, Schöne.

Sie hatte Stufenreihn, aufsteigend zum Zenith , Und jede Stufe war ein Hügel von Granit, Wenn man sich auf dem Gipfel glaubte, Fand auf dem hohen Berg man höhre Berge noch, Und staunend sah der Blick von Felsenjoch zu Joch Hinauf zum Pyramiden-Haupte.

Die mächt’ge Boa dort, das grüne Krokodil, Eidechsen gleichen sie, die im Gestein zum Spiel Sich über mächtge Blöcke jagen. Grasbüschel scheinen nur, von unten auf gesehn, Kolosse, die zu höchst auf Trümmerhügeln stehn, Palmbäume, die auf Thürmen ragen.

Die Elephanten ziehn durch ihrer Mauern Spalt, Aus schwarzen Pfeilern wächst hervor ein ganzer Wald Und überschattet die Ruinen. Um die Portale sieht man Riesengeier, Aar’ Und Eule fliegen, Tag und Nacht, in bunter Schaar, Wie um den Bienenstock die Bienen.

– Soll ich’s vollenden? – sprach die Wolke. – Fahre hin!– O Herr, erwiedert sie, wohin denn soll ich ziehn?

VII.

Sieh dort zwei Städte, die sich fremd und seltsam zeigen, Die Stuf’ um Stuf’ empor bis in die Wolken steigen, Mit ihren Göttern ruhn sie still im Schooß der Nacht, Mit ihrem Volk, mit Roß und Wagen, Lärm und Pracht. Zwei Schwestern liegen sie im selben Thal gebettet, Im fahlen Mondenschein, der ihre Thürme glättet, Bald sieht das Auge, das im Dunkeln forschend zuckt, Die Pfeiler, Treppenreihn, den hohen Aquadukt,

Ein Elephantenschwarm sodann erscheint den Blicken, Je einen Riesenthurm auf dem granitnen Rücken. Und um Kolosse, die zum Himmel steigen, reihn Sich Ungethüme, platt am Boden, Stein auf Stein, Dort hängen Gärten, reich an Blumen und Arkaden, Und dunkle Bäum’ am Rand von schäumenden Kaskaden, Stierköpfge Götter, all in Jaspis, an der Zahl Wohl hundert ruhen stolz auf hohem Piedestal, In Sälen, überwölbt von Einem Felsblock, wohnen Erz-Götter, sitzen starr und steif im Kreis auf Thronen, Und schaun einander an, schlaflos und regungslos, Gewaltge Riesen mit den Händen auf dem Schooß, Paläste, Höfe, lang gestreckte düstre Gassen, Gestalten überall von ungeheuern Massen, Die Brücken, Bogen, die Rundthürme, der Kanal, Gar seltsam anzuschaun sind sie, gespenstisch fahl, Gebäude sieht man hoch, wie Vorgebirge, steigen, Und Schatten werfen, die sich in die Ferne neigen, Und Well’ auf Welle wälzt sich drauf die Finsterniß, Nur selten blickt ein Stern matt durch der Wollen Riß, Durch tausend Bogen, wie durch einen schwarzen Schleier, Schlingt kaum ein Strahl sich durch von seinem milden Feuer.

Zwei Höllenstädte, ha, voll sündiger Begier, Wo, schnöder Lüste Knecht, der Mensch verdirbt zum Thier, Und unter jedem Dach geheime Sünden stecken, – Ein doppeltes Geschwür der Welt, die sie beflecken.

Im Schlafe lagen sie. In beiden Städten fuhr Kaum an den Häusern hin noch eines Strahles Spur, Der Orgien fahles Licht, aufflackernd, dann versunken, Und in den Straßen noch der Fackeln letzte Funken.

Der Mauern Schatten, die der Mondschein weiß bemalt, Fällt auf ein Wasser, das sie zitternd widerstrahlt, Geflüster hört man fern, wie Knistern rother Kohlen, Und Küsse, halb erstickt, und heißes Athemholen.

Die Schwesterstädte, müd der Glut des Tages, warm Und lüstern, sinken sich leis murmelnd in den Arm. Der Hauch der Nacht, der seufzt im Laub der Sykomoren, Von Sodom duftend schwimmt er zu Gomorrha’s Thoren, Die schwarze Wolke fliegt dahin, da schallt ein Wort, Wie Donner, und es rief herab vom Himmel: – Dort!

VIII.

Und die Wolke krachte, Und aus ihrem Schachte Fuhr der rothe Brand, Glühend stand sie offen, Schwefelströme troffen Ab von ihrem Rand, … Blutig rothe Helle Um Paläst’ und Ställe, Lehm-und Marmorwand.

Sodoms Prachtpaläste Und Gomorrha’s Veste Frißt der Blitze Wuth; Arge Völker trafen Sie, um streng zu strafen Frevlerübermuth. Und mit rothen Zungen Leckt nach Alt’ und Jungen Grimmig wild die Glut.

Und das Volk erwachte, Das noch gestern dachte Nicht an Reu’ und Buß’; Schaurig sollt’ es tagen; Alles flieht zu Wagen, Flieht zu Roß, zu Fuß. Und es wächst die Masse, Und in jeder Gasse Strömt ein rother Fluß;

Nagt am stolzen Schlosse, Nagt am Steinkolosse, Schont kein Marmorbild; Die im Schlaf sich strecken, Sterben, eh’ sie wecken Mag der Sturm, der brüllt. Ueber morsche Mauern Rennen unter Schauern So Ameisen wild.

Flieht! … Auf allen Wegen Strömt der Feuerregen, Gellt es: Weh und Ach, Und an allen Thoren Schreit’s: »Wir sind verloren!« Brücke stürzt und Dach. Blitzzerschellt, in Flammen Schwimmend rings, zusammen, Erker und Gemach.

Mächtig schwillt das Feuer, Wird zum Ungeheuer, Schnaubend, riesig groß; Jagt durch alle Räume Jäh, wie ohne Zäume Rennt ein tolles Roß. Ehern starre Glieder Krümmt ein Gott, den nieder Wirft des Windes Stoß.

Neue Feuerwogen Kommen angezogen, – Nenn der Himmel will’s, – Marmor bricht zusammen In den Schwefelflammen, Wie ein morscher Pilz, Thürme, Häusergruppen Flimmern wie die Schuppen Eines Krokodils.

Porphyr, Edelsteine Glühn in rothem Scheine Wie Wachskerzen weich.Nebo , Marmorriese, Beuge dich, zerfließe, Stürz’ ins Trümmerreich. Säulen im Zerschellen Flackern, sprühen hellen Riesenfackeln gleich.

Götterbilder tragen Magier mit Zagen Weg vom heil’gen Ort. Mag nach allen Seiten Aus der König breiten Seines Mantels Hort; Mantel, Kron’ und Waffen Wird die Glut entraffen, Alles reißt sie fort.

Eines Schlosses Zinnen Reißt der Strom von hinnen, Wo aus dichtem Kreis Menschliches Gewinsel Schallt; die Häuser-Insel Lodert, sprühend heiß, Muß im Glutstrom rollen, Bis hinab gleich Schollen Sie versinkt von Eis.

Oberpriester, drohe Du der grimmen Lohe! – Dort am Ufer, sieh, Steht er: die Tiare Brennt, und wie vom Haare Er sie reißt mit Müh’, Klebt die Hand am Kopfe, Und zusammt dem Schopfe Steht in Flammen sie.

Männer, Frauen laufen, Ein verworrner Haufen, Vor des Feuer’s Spur; Vor den todten Städten Lagern, die sich retten, Auf verbrannter Flur. Und das Volksgewimmel Sieht entsetzt im Himmel Eine Hölle nur.

IX.

Man sagt von Babel , – wie am Gitter sich gefangen Ein alter Sträfling reckt, wenn einen Kopf man haut Vom Rumpf, – so habe sie, die schwer sich selbst vergangen, Von fern am Horizont dem Feuer zugeschaut. Man hörte, während sich das Strafgericht vollbrachte, Ein Brausen, daß entsetzt auffuhr die ganze Welt, So gräßlich, daß es drang bis zu dem stillen Feld, Wo taube Völker ruhn im tiefen Erdenschachte.

X.

Sie raste schonungslos, die Brunst, und auch nicht Ein Verdammter kam davon, es flammte Bein und Stein. Die Hände rangen, unter Schauern Umarmten sie sich noch, und sahn entsetzt sich an, Und fragten: welcher Gott den speienden Vulkan Geschüttet über ihre Mauern?

Vor diesem Feuer, das vom Himmel sprühte, brach Ob den Bewohnern ein das stärkste Marmordach. So straft der Herr, die ihn nicht ehren. Zu ihren Göttern schrien sie auf, die bebten mit Den Betern, taub und stumm, den Augen von Granit Entströmten heiße Lavazähren.

Schutt Alles, Qualm und Rauch, was kaum noch blühend war, Die Flur mit Saat und Korn, das Volk, das Städtepaar! Der Brand, er war der Rache Scherge. Aufrecht blieb Nichts rundum im Feld und in der Stadt, Der Wind, der diese Nacht geweht, sein Odem hat Verwandelt die Gestalt der Berge.

XI.

Weht dieser Glutenwind, dann siecht im Wüstenstaub Der Palmbaum, plötzlich dorrt der Stamm, es stirbt das Laub, Versiegt der letzte Tropfen Nässe. – Die Städte sind nicht mehr; ein Spiegel alter Zeit, Aus ihren Trümmern dehnt ein glatter See sich breit, Der raucht wie eine Feueresse.

Oktober, 1828.

II. Kanaris

Inhaltsverzeichnis

Faire sans dire.

Alte Devise.

Wenn ein besiegtes Schiff sich wiegt auf hohem Meer, Und von den Segelstangen Die breiten Segel hoch am Mast, durchnäßt und schwer, Zerfetzt von Kugeln hangen;

Wenn Todte man nur sieht, gefallen im Gefecht, Und Trümmer niederfahren, Wenn vom gebrochnen Mast des Takelwerks Geflecht Hinfliegt gleich wilden Haaren;

Und wenn das Schiff voll Rauch und Lärm im Kreis sich dreht Gleich einem Mühlenflügel, Und wenn das Schiffsvolk rennt und hin und wieder geht Und flieht vom Stern zum Spiegel;

Wenn kein Soldat mehr, was die Führer rufen, thut, Die Meerflut eindringt ohne Schonen, Und wenn im Zwischendeck sich stoßen in der Flut Gelöscht die Schiffskanonen;

Wenn der Koloß dem Meer sich länger nicht verschließt, Weit öffnet seine Schwäre, Wenn durch der Rüstung Erz ihr Lebensblut vergießt Die riesige Galeere;

Wenn sie, ein Leichnam, der noch zuckt, mit leckem Kiel Sich dreht bei jedem Hauche, Ein großer todter Fisch, der glänzt, der Wellen Spiel, Mit silberweißem Bauche; –

Dann Heil dem Sieger, Heil! – Sein schwarzer Anker legt Auf’s Schiff sich, das gefallen, Wie nach dem heißen Kampf ein stolzer Adler schlägt In seinen Raub die Krallen.

Dann läßt vom großen Mast er seine Flagge wehn, Wie hoch von Thurmeszinnen, Und ihren goldnen Schein sieht man im Wasser stehn, Sich breiten und zerrinnen.

Die schönsten Farben stellt das Schiffsvolk dann zur Schau, Stolz nach errungnen Siegen, In Falten silberweiß, purpurn und azurblau Die Wimpel läßt es fliegen,

Unsinn’ger Stolz, der so mit eitlem Prunk sich bläht Und Tand von allen Arten; – Als ob die Wellen, durch die Wellen rasch verweht, Davon die Spur bewahrten!

Sein Kreuz pflanzt Malta auf, Venedig’s Löwe streckt Stolz aus den Hintertheilen Sich seiner Schiffe, der lebendge Leu’n erschreckt, Daß brüllend sie enteilen.

Neapels Flagge glänzt entfaltet weit umher, Strahlt sie in schönster Breite, So meint man, daß ein Strom von goldner Seid’ ins Meer Geschlängelt niedergleite.

Auf Spaniens Flagge wehn und spielen mit dem Sturm, Umschwärmt von grauen Möven,Navarra’s Ketten und Kastiliens Silberthurm Und Leons goldne Löwen.

Ihr kennt die Schlüssel Roms , das Kind Mailands , das schreit Im Schlund der Schlange bebend, Auf Frankreichs Schiffen seht ihr über’m Kupferkleid Die goldnen Lilien schwebend.

Das stolze Stambul faßt den Halbmond ein mit drei Schneeweißen Pferdeschwänzen, An goldnem Himmel läßt die blauen Sterne freiAmerika erglänzen.

Den Adler Oestreichs , der empor die Flügel stellt, Seht ihr auf Seide blinken, Und drehn den schwarzen Kopf, bedräuend rings die Welt, Zur Rechten und zur Linken.

Der Czaren Doppelaar, der jenen stets gehaßt, Schaut kühn hinaus ins Blaue, Wie jener, späht er nach zwei Welten, und umfaßt Die Eine mit der Klaue.

Die Oriflamme nennt das stolze England sein, Und läßt sie siegreich strahlen, So reich, so glänzend, daß in ihrem Widerschein Die Wellen roth sich malen.

So lassen Könige vom Mast in lichter Höh’ Ihr stolzes Banner rauschen, Und zwingen jedes Schiff, das sie besiegt zur See, Die Heimath zu vertauschen.

So unterjochen sie die Segel, die einmal Des Schicksals Schläge trafen, Und triumphiren, wenn daheim, vermehrt an Zahl, Sie fahren in den Hafen.

Der Sieger Fahne muß auf jedem Schiffe wehn Nach eitlem Widerstande, Geschrieben auf die Stirn muß dem Besiegten stehnIhr Ruhm und seine Schande. –

Glutfurchen aber zieht das Boot aus seiner Bahn, Das Kanaris bestiegen, Und auf den Schiffen, die er nimmt, den rothen Hahn Als Wimpel läßt er fliegen.

November, 1826.

III. Die Köpfe des Serail

Inhaltsverzeichnis

O horrible! O horrible! most horrible!

Shakespeare , Hamlet.

I.

Der schwarze Dom der Nacht mit seinem Sternenheere Beschaute ruhig sich im spiegelglatten Meere, Das schöne Stambul , mit verschleiertem Gesicht, Schien, schlafend an dem Rand des Golfs, des funkenhellen, Umstrahlt von Sternenglut am Himmel, in den Wellen, Zu ruhn in einem Meer von Licht.

Man glaubt die Stadt zu sehn, die stille, wo im Blauen Nachtgeister lustige Paläste sich erbauen, Schaut man die Harems, wo Langweil’ und Gram nur wohnt, Die blauen Dome, blau, dem Himmel gleich, dem reinen, All die Halbmonde, die ein leiser Abglanz scheinen Des Halbmonds, der am Himmel thront.

Leicht kann das Auge die scharfkantigen Thürme sehen, Der Häuser plattes Dach, die Spitzen der Moscheen, Den maurischen Balkon mit blumigem Gewind, Und hinterm Gitter wohl versteckt die Fensternischen, die goldnen Schlösser, auf der Stirn, gleich Reiherbüschen, Palmbäume, wiegend sich im Wind;

Die weißen Minarets mit ihren blanken Spitzen; – So mag von Elfenbein wohl eine Lanze blitzen, – Bemalte Kioske , dort Leuchtthürme, strahlend, schlank, Und dort auf dem Serail , das Mauern hoch umkränzen, Die Kuppelreihn von Zinn, die durch das Dunkel glänzen, Wie Riesenhelme, spiegelblank.

II.

Ja, das Serail! … Es schwimmt heut Nacht in wilder Freude; Beim Klang des Tamburins, auf Teppichen von Seide, Drehn die Sultanen sich in Sälen, flammend schier; Wie Fürsten, deren Haupt Gold und Juwelen krönen, So prangt es heute stolz vor des Propheten Söhnen, – Sechstausend Köpfe, – welche Zier!

Erloschnen Auges, bleich, schwarzlockig auf den Zinnen Gereiht sind Köpfe rings, von welchen Tropfen rinnen Auf Rosen und Jasmin, die blühend stehn und dicht; Und traurig, wie ein Freund, ein Tröster, kommt gegangen Der Mond, der Todten-Stern, auf blutig blasse Wangen Wirft er sein mildes blasses Licht.

Hoch vom Serail , vom Thor mit dem arabischen Bogen Herunterschauen Drei, von schwarzen Kräh’n umflogen, Drei Köpfe, die das Schwert des Mörders plötzlich traf, Der Erste, scheint’s, erlag in heißen Kampfesnöthen, Der Zweite, während sich der Mund bewegt’ im Beten, Der Dritte fiel im Todesschlaf.

Indeß die Wachen, starr, wie sie, ans Thor sich lehnen, Mit stieren Blicken um sich schaun und schläfrig gähnen, Thun auf die Lippen die drei Köpfe an der Wand, Es glich ihr Wort dem Sang, den man wohl hört im Traume, Dem Winde, dessen Hauch entschläft am Waldessaume, Der Flut, verhallend leis am Strand.

III.

Erste Stimme.

»Wo bin ich denn? … Wo ist mein Brander? – Fort! – Ans Steuer! Eilt, Missolunghi raucht, eilt, Brüder, schaut das Feuer! Die Türken stehn am Wall, sie stürmen, dringen ein! Zur fernen Heimath jagt die Türkenschiffe wieder, Und meine Fackel soll, ihr Brüder, Ein Leuchtthurm Euch, ein Blitz, der trifft, den Feinden sein!

Stoßt ab! – Lebwohl, Korinth , du Cap, des Sturmes Wiege, Du Meer, wo jeder Fels sich nennt nach einem Siege, Du Archipel , besät mit Klippen, süße Pracht, Ihr schönen Inseln, die des Frühlings Genien hüten, Die ihr bei Tag erscheint wie Körbe, voll von Blüten, Wie duftge Vasen in der Nacht.

Mein stolzes Vaterland, du Sparta , neu erblühend In Freiheit, Hydra , kühn und kühne Lieder sprühend, Matrosenstadt, von Mast und Segeln überragt, Lebwohl, ich liebe dich, du Hoffnung der Hellenen , Du grüner Strand, bethaut von Thränen, Ihr Felsen, die der Blitz zerschlägt, die Flut benagt.

Ist Missolunghi frei, und kehr’ ich in mein Eiland, Dann eine Kirche bau’ ich unserm Herrn und Heiland, Und fall’ ich, sink’ ich in die schwarze Nacht hinab, Eh, theure Heimath, ich gebrochen deine Bande, Bringt meine Asche dann zur Ruh’ im freien Lande, Grabt mir im Sonnenschein mein Grab.

Ha, Missolunghi ! – Jagt hinaus die Türkenrotte, Kamraden, aus den Forts, und aus der Bucht die Flotte, Das Schiff des Admirals verbrenne, wer es trifft. Die Brander rüstet, spitzt ihm seiner Krallen Schärfe; Und wenn ich auf sein Schiff mich werfe, Dann meinen Namen schreib’ ich drauf mit Flammenschrift.

Sieg, Freunde, Sieg! … O Gott, auf meinen leichten Nachen Fällt eine Bombe, Deck und Diel’ und Balken krachen … Er kreist, er bricht, thut auf der salzgen Flut den Schlund! Ich schrei umsonst, indem die Wogen mich umwinden, Lebt wohl, mein Leichentuch werd’ ich im Seegras finden, Mein sandiges Bett im Meeresgrund.

Doch nein! – Wach’ ich denn nicht? – Vor’m Auge welch ein Nebel! Welch grauser Traum! … Es fehlt mein Arm dem krummen Säbel! Welch schwarzes Grau’n um mich? Traf mich ein Donnerkeil? Was hör’ ich? … Lieder? … Kommt der Ton aus Frauenkehlen? Sind’s Stimmen abgeschiedner Seelen? Bin ich im Himmel? … Blut? … Was seh’ich? … Das Serail!«

IV.

Zweite Stimme.

»Ja, Kanaris , das ist’s! – Schau her nach meinem Haupte, Das aus dem Sarg zum Fest die Wuth der Türken raubte, Sie haben bis ins Grab verfolgt den Botzaris , Sieh diese Knochen, die sie nahmen weg gleich Dieben, Den Rest, der noch von ihm dem Sultan überblieben, Den ihm der Wurm des Grabes ließ.

Ich schlief in meinem Grab, als mich der Ruf erweckte: »Helft! Missolunghi fällt!« – Ich hob mich halb, ich reckte Mein Ohr, ein wilder Lärm drang bis in meine Nacht, Von Ferne hört’ ich der Kanonen dumpfes Grollen, Verworrnes Rufen, Wagenrollen, Gestampf und Waffenklang und wilden Lärm der Schlacht.

Ich hör’ im Kampf, der tobt um Wall und Kasematten, In allen Straßen schrein: »Erschein’, o edler Schatten Des Botzaris und steh’ den armen Griechen bei!« Um zu entkommen, hab’ ich meine armen Knochen An meinem Leichenstein vergebens mir zerbrochen, Und dennoch rang ich mich nicht frei.

Da glühte plötzlich, ein Vulkan, der Grund und bebte … Dann Alles still … Vor’m Aug’, ins Jenseits schauend, schwebte Mir sichtbar, was noch nie lebendige Augen sahn; Aus Erd’ und Meer und Glut in Schwärmen, nicht zu zählen, Entflohn auf einmal arme Seelen, Und stürzten tief hinab und flogen himmelan.

Die Türken plünderten mein Grab, ihr Haß gesellte Zu Euren Häuptern auch das meine, das entstellte, In des Tartaren Sack warf man sie ohne Wahl. Und mein geköpfter Leib empfand ein süßes Beben, Ich glaubte für das Kreuz und Griechenland mein Leben Zu opfern noch ein zweites Mal.

Verlassen nun einmal hat uns das Glück der Waffen! Des Schwertes Ernte will der Türke sich begaffen, Der feige Sklav, drum rührt ganz Stambul sich und kreist. Und unsre Köpfe, hier verhöhnt am ekeln Hause Der Sünde, dienen nur zum Schmause Dem Sultan ohne Scham, der mit den Raben speist.

Sieh unsre Helden all: Kostas , den Palikaren;Christo , vom Berg Olymp ; Hellas mit seinen Schaaren;Kitzos , einst Byron’s Freund, der sang so kühn, so hell; Der Sohn des Hochgebirgs, der unsres Volkes Stöhnen Vernommen, Mayer , der des Thrasybulos’ Söhnen Gebracht den Pfeil des Wilhelm Tell .

Doch diese Todten hier, die Niemand kennt, die rohen Plattschädel, angereiht den Stirnen der Heroen, Sind Türken, sind der Brut des Eblis zugezählt, Gesindel, das vorm Schwert sich bückt, und dem das Leben, Das hündische, man nimmt, wenn eben Noch an der blut’gen Zahl ein Kopf dem Sultan fehlt.

Dem Minotaurus gleich in unsern alten Sagen Ist nur ein Einz’ger, der sich läßt das Mahl behagen, Das Mahl, vom Volk begafft, – von uns die Reste hier; Die andern Zeugen, die das Gräuelfest besuchen, Die stummen Henker dort, die häßlichen Eunuchen, – Die, Freunde, die sind todt wie wir.

Welch ein Geschrei? … Es ist die Stunde, wo, – o Grauen! – Er unsre Töchter raubt, die Schwestern und die Frauen, Die frische Blüthe welkt, weht sie sein Gifthauch an; Der Kaisertiger brüllt vor Lust, und seine Beute, Dort unsre Jungfrau’n zählt er heute, – Nachts, – unsre Köpfe zählt am Tag er morgen dann.«

V.

Dritte Stimme.

Joseph , der Bischof, grüßt Euch, meine lieben Brüder!

Ja, Missolunghi fiel! Durch Hunger wollt’ es nieder Nicht sinken, fallen nicht entwürdigt und geschwächt; Und fiel es, sollten auch die Türken nicht entlaufen, Die Fackel legt’ es selbst an seinen Scheiterhaufen, Und sterbend hat es sich gerächt.

Schon zwanzig Tage war die Stadt in schweren Nöthen, Ich rief: »Kommt Alle, Volk und Heer, und laßt uns beten, Wir sagen uns Lebwohl beim Brot, das Gott bescheert, Empfangt aus meiner Hand die höchste aller Gaben, Die einz’ge Kost, die wir noch haben, Die unsre Seelen speist und heiligt und verklärt.

O welch ein Abendmahl! Da kamen sie, die Blassen, Und suchten mit dem Mund die Hostie zu erfassen, Soldaten, muthig noch, doch abgezehrt, gebeugt, Frau’n, Greise, Mädchen, die zum letzten Mal sich grüßten, Und Mütter, wund und siech, mit Kindern an den Brüsten, Mit Blut, ach, statt mit Milch gesäugt.

So kam die Nacht. Man ging. Doch drangen bei dem Schimmer Des Monds die Türken ein auf Leichen und auf Trümmer, Und meine Kirche that sich aus dem wilden Zug; An dem Altar, den sie zertrümmert, abgeschlagen Ward mir das Haupt … ich kann nicht sagen, Wer mit dem Schwert, indem ich betete, mich schlug.

O Brüder, Mahmud , – schenkt ihm eine Mitleidszähre! – Ist Gott und Menschen Feind durch seine blutge Lehre, Verschlossen ist sein Blick dem milden Himmelslicht. Mit blut’gen Schädeln ist umkränzt des Sultans Krone, Und sicher darum sitzt er doch nicht auf dem Throne: – Vielleicht er ist so grausam nicht.

Der Unglückselge! – Stets von Schrecken rings umgeben, Zum Fluche macht er sich sein ödes Erdenleben, Kaum, daß der Abend sich für ihn vom Morgen trennt; Langweile kennt er nur! … Als Götzen auf der Erde Verehrt ihn seine Sklavenheerde, Des Spahi’s Peitsche sorgt, daß stets der Weihrauch brennt.

Euch blüht die höchste Lust, Ihr strahlt im hellsten Lichte, Besiegt hienieden nennt Euch Sieger die Geschichte, Gott sieht auch am Serail auf Euch mit Huld herab, Nie, selbst in fernster Zeit, wird Euer Ruhm erbleichen, Ein Siegesmonument, ein Denkmal ohne Gleichen Sind Eure Häupter ohne Grab.

Beneiden müssen uns die Apostaten! – Schande Dem Christen, der zerriß der Taufe heilge Bande, Vergeblich schrieb man einst ihn in das Lebensbuch. Er darf zum Himmel nicht, in dem wir wohnen, ziehen, Ein Gift ist, aus dem Mund gespieen, Sein Name, und man nennt ihn nur mit einem Fluch.

Und du, o christliches Europa , unsre Klagen Erhöre! Haben nicht für uns sich einst geschlagen Der heilge Ludwig und der Ritter tapfre Reihn? – Wähl’ endlich, wem die Welt sich soll zu Füßen legen, Dem Heiland und dem Kreuz, – dem Omar und dem Degen, Dem Turban oder Heilgenschein?«

VI.

Ja, Bozaris , Joseph und Kanaris , vernehmen Wird Eure Stimme sie, ihr tapfern, heilgen Schemen, Sie wird das Zeichen sehn, das an der Stirn Euch glänzt. Anstimmend einen Sang des Sieges und der Reue Zur Laut’ und Harfe singt Hellas , das alt’ und neue, Von Eurem Doppelruhm, der Euer Haupt umkränzt:

»Ja, Ihr seid Heilige, Halbgötter und Bekenner, Erhabne Dulder und die Tapfersten der Männer, Vor Allen glänztet Ihr im Kampf durch hohen Muth. Geschändet haben sie Euch noch im Todtenbette! Einst bei Thermopylä , dann auf der Schädelstätte, – Ja Euer Blut, so oft es floß, war Opferblut.

Ha, wenn Europa nicht, anstatt zu wimmern, handelt, Bis zum Serail den Pfad, den Ihr ihm zeigt, nicht wandelt, Nur Fluch und Unheil ist’s, was sie sich selbst dann sät. Du Seemann, Priester und Soldat, ihr Tapfern, Frommen, Im Himmel seid Ihr, im Olymp seid Ihr willkommen, Du Helden-Dreigestirn, Märtyrer-Trinität!

Juni, 1826.

IV. Begeisterung

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V. Navarin

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Ç ç ç ç ç ô ñéó÷áëìïéïéí Ç ç ç ç ç âáñéóéí ïëïìåíïé

Aeschylos, Perser.

I.

O weine, Kanaris ! – Der Maste waren’s viel, – Einhundertzwanzig! – Wo triebst Du Dein kühnes Spiel Fern dem gewalt’gen Abenteuer? Besiegt ist ohne Dich der Türke? Höll’ und Tod! O weine, wie Crillon , dem man den Kampf verbot! Gefehlt hast Du bei diesem Feuer!

Wenn Deiner Meere Flut blutroth sich je und je Gefärbt, und weit im Kreis sich, wie ein Höllensee, Ausbreitete, verderbensprühend, Wenn oft ein schwarzes Schiff vor unsrem Blick zersprang, Und dann ein Feuerkranz um seinen Bord sich schlang, Wie ein Vulkan, im Wasser glühend;

Wenn Zelte, Segel man, Turbane, Maste, ganz Geknickt, Krummsäbel sah, Halbmonde sich im Tanz Der Wogen drehn beim Windeshauche, Matrosenjacken und Festkleider, pelzverbrämt, Den Auswurf, dessen sich so Flut wie Feuer schämt, Grauweiß vom Schaum, geschwärzt vom Rauche;

Wenn von Aegina , wenn von Jolkos fern daher Ein mächt’ger Knall erscholl, sich wälzend über’s Meer, Wild prasselnd, donnernd durcheinander: – Dann wandt’ Europa sich dem rothen Osten zu, Und ein Matros am Bord still lächelnd sprach mit Ruh: »Held Kanaris ! Das ist sein Brander!«

Bisher, wenn in die Luft aufflog im Flammengraus Ein Kapudan-Pascha mit Schiff und Mann und Maus, Glut streuend über Meer’ und Lande, Am schrecklich schönen Spiel wer hätt’ erkannt dich nicht? Die Schiffe flammend all, dir danken sie ihr Licht, Dein Brander leuchtete dem Brande.

Heut aber, – weine! – schlug man sich, und, Kanaris , Du fehltest, als man los dem Krieg die Zügel ließ Und eine Flotte gab zum Besten. Bist Du nicht Gottes Arm, der Hellas schirmt und rächt? Dein harren mußten sie. Bist Du mit Fug und Recht Nicht Gast bei allen solchen Festen?

II.

Doch tröste Dich: es ist gebrochen Der Henker Macht, Hellas ist frei,Europa hat ein Wort gesprochen, Zertrümmert ist die Tyrannei. Wenn Frankreich kämpft, dann muß sich wenden Dein Schicksal, seinen Rächerhänden Magst Du vertraun, und gern ihm spenden Aus Deinem Kranz ein Lorbeerblatt.Hellas , sei froh und guter Dinge, Land Byron’s und Homers , umschlinge Als Schwester, Mutter, uns, und singe, Ist Deine Stimme nicht zu matt.

Zu schön warst Du, zu tief im Leide,Hellas , um schon zu ruhn im Grab. Ein jeder Pascha riß vom Kleide Dir einen heil’gen Fetzen ab. Hier, wo geschwärmt einst die Mänaden, Vernahm, statt Liebesserenaden, Man Jahre lang nur Kanonaden, Und Gottes Tempel stürzten ein. Am Himmel des geliebten Landes, So weit das Auge spähte, fand es Nicht Wolken, nur den Rauch des Brandes Und deiner Städte Feuerschein.

Sechs Jahre hausten sie im Lande, Sechs Jahre wilder Kämpfe sahHellas , und Bande kam auf Bande Aus Asien und Afrika . Nicht vor Apoll noch Christus scheute Sich Ibrahim , der sie entweihte, Und wie ein Geier zog auf Beute Er aus, ein Wolf in gier’ger Eil, Und was sich in den Weg ihm stellte, Schlug er und schleppt’ es heim zum Zelte, Die Köpfe hängt’ er, die er fällte, Rings aufgespießt an das Serail.

III.

Nun endlich! – Navarin , die Stadt mit bunten Dächern, Die Stadt mit goldnem Dom, das weiße Navarin , Das Terebinthen rings umwehn mit grünen Fächern, Leiht seinen schönen Golf heut Hellas’ muth’gen Rächern, Zwei Flotten sind’s, die sich zum Kampf entgegenziehn.

Zwei Flotten: – Seht ihr nicht des Meeres Rachen gähnen? Des Feuers Qualm ist ihm, des Blutes Strom ein Schmaus. Von ihrem Gotte mag man sie geordnet wähnen, Die Flotte seht ihr weit in Kreuzesform sich dehnen, Die andre Flotte streckt die Arm’ im Halbmond aus.

Hier ist Europa , das dir endlich hilft, Hellene , Das endlich Feuer spei’n die Seekolosse läßt;Aegypten , Asien hier, schwerfällge Schiff’ und Kähne, Piraten, die nicht todt genug einst schlug Duquesne , Und nicht zertreten ganz, zerstört ihr Geiernest.

IV.

Hört ihr die Kanonen knallen? – Mächtig soll die Antwort schallen, Die dem Feinde nicht gefällt. Seht die Flotte dort, die zage, Gebt ihr eine volle Lage, Ihr Fregatten, daß es gellt! Vor dem Hauch aus eurem Munde Soll zerstäuben sie zur Stunde, An dem Hafenfels zerschellt!

Alles kracht und zischt zusammen, Blitz und Schlag, und Rauch und Flammen, Und die Mordlust hält nicht Rast, Alles lodert durcheinander; Feurig jagt dahin der Brander, Wirft die Hacken nach dem Mast, Wie der Schakal Elephanten Beißt, so wird vom wohlbemannten Boot das Kriegsschiff keck gefaßt.

– Entert, entert, werft die Brücke! – Und sie fassen rasch die Stricke, Klettern, schwingen sich hinan, Bord an Bord! Sie hau’n und stoßen, Ruderknechte und Matrosen, Truppen mit gespanntem Hahn, Durcheinander, wie im Nebel, Fahren Messer, Degen, Säbel, Helm und Tschako und Turban.

Segel reißen sammt den Tauen, Fackeln zünden, Beile hauen, Todte, wo ein Stahl nur blinkt, Trümmer überall und Fetzen, Leichenhaufen zum Entsetzen, Die der Schlund des Meeres trinkt … Ha, ein Schlachtfeld, auf den Fluten Schwimmend, das in hellen Gluten Sammt den Kämpfern untersinkt.

V.

Welch grause Schlacht! … Wenn nun der Mensch, dem allzu enge Das Land, ins Meer hinaus verlegt das Handgemenge, Dann zittert unter ihm der Boden, wankt und kracht. Mit seinen Flotten spielt der Ocean, der große, Ob Sieger, ob besiegt, er birgt sie all im Schooße, Der Schiffbruch endet jede Schlacht.

Indeß aus Afrika die Barbareskenrotte Um unsre Schiffe tobt mit ihrer schlechten Flotte, Und in ohnmächt’ger Wuth die Türken matt sich schrei’n, Klafft jedem Riesenschiff der feuerrothe Rachen, Auf die Barbaren wirft sich rasch ein Heer von Drachen, Die in gemessnem Takt auf sie Verderben spei’n.

Rings Mord und Brand, das Meer ist überstreut mit Asche. Vom Mast in Flammen reißt den Rauch der Wind, der rasche; Bewegte Brücken schlägt von Deck zu Deck die Glut, Die Balken brennen, und die schwarzen Wände brechen Zusammen, Wasser stürzt hinein in vollen Bächen, Das Feuer überspringt die Flut;

Das Admiralsschiff faßt es plötzlich, Mast und Stangen Umringelt hoch hinauf die Glut mit rothen Schlangen, Und der Matrose heult, ins Feuernetz gebannt, Hoch springt der rothe Strahl und fährt dahin im Bogen, Und triumphirend wirft er auf den Schaum der Wogen, Die weite Kreise ziehn, den lichten Purpurschein.

VI.

Wo ist, Cairo’s Söhne. Die Flotte nun, die schöne, Die hoffend, daß sie kröne Der Sieg, von Stapel lief? Wo sind die Segel alle, In die mit lautem Schalle Die scharfe Eisenkralle Der Brander schlug so tief?

Wo sind die stolzen Schwäne, Die Nachen all und Kähne, Die stolzen Kapitäne, Armada Mahmuds, wo? Wie Leviathan, prächtig Schwamm sie und übermächtig Daher, bis niederträchtig Sie sank, verbrannt wie Stroh.

Der Kapudan mit Schrecken Sieht rings die Flammen lecken Nach alle den Schebecken Von Algier und Tetuan; Wie andre Galeassen Sieht er die Flamme fassen Sein Schiff, das breite Gassen Einst zog im Ocean.

Auf wilden Fluten schwanken Mit angebrannten Planken Die Klipper all, die schlanken, Die Yachten bunt geschmückt, Kaïken und Tartanen, Die Köpfe den Sultanen Einst brachten, Siegesfahnen Und Blumen, fern gepflückt.

Fahrt wohl, ihr Sloops, ihr schnellen, Ihr Jonken, die in hellen Mondnächten auf den Wellen Ihr wiegt die Jcoglans, Fahr wohl, du Goëlette, Verkohlt bis zum Skelette Verschwindest du im Bette Des tiefen Oceans.

Die Barcarolen liegen In Trümmern, die sich wiegen Im Meer, und nicht mehr fliegen Sie aufgeschreckt dahin, Wenn bei des Windes Tosen Des Linienschiffs Matrosen Die Segel rasch, die losen, Empor am Maste ziehn.

Fahrt wohl, ihr Caravellen, Mit Segeln, schneeig hellen, Hingleitend auf den Wellen, Ihr Doggers, leicht beschwingt, Ihr Bricks mit Taun, die schwirren, Wie lautes Waffenklirren, Wenn Stürme sie verwirren, Mit welchen kühn ihr ringt.

Fahrt wohl, ihr Brigantinen, Jetzt Trümmer und Ruinen, Zum letzten Mal erschienen Ist euch des Tages Glut; Ihr tanzt nun auf den Wellen Nicht mehr, ihr Balancellen, Ihr glänzt nicht mehr gleich hellen Lichtfunken auf der Flut.

Ihr Lugger sollt, ihr schweren Fregatten und Galeeren, Nicht Städte mehr verheeren, Ihr Schiffe, groß und klein, Masonnen, Prahmen, schlucken Müßt Wasser ihr, Felucken, Polaken, durch die Lucken In Strömen dringt es ein.

Schaluppen mit Kanonen, Bombarden, ohne Schonen Gesprengt, aus allen Zonen Ihr Schiffe, hoch am Mast Des Pascha’s stolze Fahnen, Die auf den feuchten Bahnen Ihr treibt, gleich wunden Schwanen, Bis euch der Wirbel faßt!

Wie euch die Glieder knacken, Gabarren und Karacken, Ihr sitzt nun auf dem Nacken Dem Griechenvolk nicht mehr. Wo blieb im Schlachtgetümmel Der Flotte bunt Gewimmel? – Das Meer wirft sie dem Himmel, Der Himmel zu dem Meer.

VII.

Vorbei ist’s! Alles ruht im stillen Meeresraume! Der Masten Spitze deckt die Flut mit weißem Schaume, Des Sultans Schiffe sind der Wogen Spiel und Tand, Hier eine Brick, und dort ein Kahn, geknickt, zerrieben, Schwimmt, Seetang gleich, dahin, und von der Flut getrieben Zerschellen ächzend sie am schwarzen Felsenstrand.

Das ist ein Sieg! Versenkt der Afrikaner Flotte, Zertreten der Prophet des Trugs vom wahren Gotte, Der Henker, der Tyrann gebeugt vom schweren Schlag,Hellas, das sterbende, hat Rettung noch gefunden, Es wascht sich aus die blut’gen Wunden, Sechs Jahre rächt ein einz’ger Tag.

Die Völker seufzten längst: – »Muß Hellas denn verderben? Du armes Griechenvolk, im Elend mußt du sterben? Roth ist dein Himmel, du erblassest mehr und mehr. Du edles, theures Volk, um dich zu retten, riefen Wir auf die Priester, die in ihren Stühlen schliefen, An Thronen bettelten umsonst wir um ein Heer.

Taub blieb Altar und Thron, kein König hat gesprochen. Nur Dichterherzen noch macht Hellas’ Name pochen! Ihr lauter Hülferuf brach endlich doch sich Bahn. Dem Griechenkreuz vertraut Hellas seit alten Tagen … Ein Volk ist hier ans Kreuz geschlagen, An welches? ach, was liegt daran?

Auch deine Götter flohn! Und aus den Propyläen, Dem stolzen Parthenon, den Mauern, die noch stehen, Wird eine Waffe, die der Türke schießt mit Hohn Auf Griechen schiffe hoch vom Thurm der Dardanellen, Und jedes Denkmal wird zu Kugeln, Feuerbällen Aus Marmor, die das Volk der Griechen selbst bedrohn.«

Statt solcher Klage schallt vom Isthmus bis herunter Zum Cap ein Jubelruf, das Volk ist froh und munter, Dem schöner als das Blau des Himmels Schwärze schien, Der türkische Koloß stürzt nun auf Asien wieder, Auf Hellas’ Freiheit klingen Lieder Aus Byrons Grab, – auf Navarin!

Sei, Albion, gegrüßt, du Königin der Meere, Zweiköpfiger Adler du des Czaren! Ruhm und Ehre Den Lilien Frankreichs, die so stolz, so herrlich blühn!

VI. Kriegsruf des Mufti

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Hiero, despierta te!
Kriegsruf der Almogavaren.
Eisen, wach auf!

Krieg! Krieg und Mahomed! Vorwärts! Die Hunde nahn, Die Meute, ha, den Leu’n im Schlafe fällt sie an! Seht ihr daher die Frechen traben? Volk des Propheten, haut zusammen sie, zermalmt Die Krieger, deren Hirn vom Wein entzündet qualmt, Die Männer, die Ein Weib nur haben.

Dem Stamm der Franken Tod! Und ihren Kön’gen Tod! Kommt alle, kommt herbei, Spahi, Timariot, Werft euch mit Säbeln und Geschossen Ins Kampfgewühl, mit Horn und Turban stolz geschmückt, Mit goldnem Bügel, der sich an die Seite drückt Den stolzen, langbemähnten Rossen.

Othman, Sohn Ortogruls, sei Hort und Vorbild Euch! Du, sei an Stolz; und Du, an wildem Blick ihm gleich! Von Kampflust sollt ihr Führer brennen! Wir nehmen dich, du Stadt, mit Kuppeln azurblau,Setiniah, Süße, dich, die die Barbaren rauhAthen in ihrer Sprache nennen.

Oktober, 1828.

VII. Des Pascha’s Schmerz

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Getrennt von Allem, was mir theuer war,
Verzehr’ ich mich verlassen, ohne Trost.

Byron.

Der Derwisch sprach: – Was mag der Schatten Allah’s haben? – Sein Seckel ist so reich, so arm sind seine Gaben. Starr, geizig, finster blickt er, bitter lächelnd, drein. Hieb eine Schart’ er wohl in seines Vaters Degen? Brüllt’, ein empörtes Meer, ihm wohl sein Heer entgegen? Hört’ er’s bis in sein Schloß hinein? –

– Was hat der Pascha doch, der Kühnste der Beziere? – Mit rothen Lunten sprach’s die Schaar der Bombardiere. – Hat diesen Eisenkopf ein Iman wohl gebeugt? Hat er im Ramazan vielleicht versäumt zu fasten? Und hat man ihm, indeß er ruhen wollt’ und rasten, Den Engel Azraël am Höllenthor gezeigt?

– Was hat er? – fragten leis verdutzt die Ikoglane; Ging wohl ein Weihrauchschiff ihm unter, das die Fahne Des Pascha trug, gefüllt mit duft’gem Oel ein Kahn? Will seinen Ruhm man ihm in Stambul nicht verzeihen? Durft’ ein ägyptisch Weib ihm Arges prophezeihen? Sah er den stummen Noten nahn?

– Was fehlt dem Sultan wohl? – So fragten die Sultanen, Traf er sein braunes Lieb im Schatten der Platanen, Die Favoritin wohl, die ros’ge, bei dem Sohn? Hat man das Bad gewürzt ihm mit gemeinen Oelen? Im Sack des Fellah hat er wohl vermißt beim Zählen Ein Haupt, das im Serail man längst erwartet schon?

– Was hat doch unser Herr? – Die Sklaven all, die Thoren, Sie täuschen sich! – Wenn er, für Hof und Heer verloren, Dasitzt, dem Greise gleich, den schwer das Alter beugt, Dem Krieger, der sich Ruhm geholt einst im Gefechte, Und der drei Tage schon und schon drei lange Nächte Die Stirn in seine Hände neigt; –

Nicht darum ist’s, weil er gesehn, wie die Revolte In seinem Harem ihn belagernd tobt’ und grollte, Weil bis zu seinem Bett die Fackel zündend fuhr, Des Vaters altes Schwert hat Scharten nicht empfangen, Nicht Azraël erschien, kein Stummer kam gegangen, Zu überreichen ihm die schwarze seidne Schnur.

Der Schatten Allah’s hat gefastet, die Sultane Ist wohlbewacht, sein Sohn zu jung noch, keinem Kahne Noch Schiff des Pascha ward das Meer zur feuchten Gruft. Auch des Tataren Sack war voll, nicht zu erschöpfen, Im süßen Kerker, im Serail, hat’s nicht an Köpfen Gefehlt und nicht an würz’gem Duft.

Die Städte sind es nicht, die rollen ins Verderben, Die Menschenleichen nicht, die schwarz die Thäler färben,Hellas in Flammen nicht, zerstört durch Omar’s Sohn. Die Wittwen, Waisen sind es nicht, die ihn erschüttern, Die Kinder nicht, erwürgt vor ihren armen Müttern, Jungfrau’n im Bazar nicht, verkauft um schnöden Lohn; –

Nein, nein, die sind es nicht, die klagenden Gestalten, Die Töne nicht, die grell ins Ohr ihm mahnend schallten, Der Strahl nicht, der die Nacht durchfurchte blutig roth. Was hat der Pascha denn, der jedem Zeitvertreibe Entsagt und sinnt und träumt und weint gleich einem Weibe? … – Sein nubisch Tigerthier ist todt.

December, 1827.

VIII. Piratenlied

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Paßt auf! paßt auf!
Das sind die Piraten vonOchali, die fahren durch den Sund.

Der Gefangne von Ochali.

Korallenfischer, hundert Christen, – Wir machen Sklaven aus den Frei’n, Wir plündern Klöster und Abtei’n Für das Serail an allen Küsten. Von Fetz bis zum Guadalquivir Füllt der Pirat des Beutels Leere … An Ruderern auf der Galeere Des Hauptmanns achtzig waren wir.

»Ein Kloster!« ruft’s vom Mast; wir eilen, Wir werfen Anker, gehn ans Land, Und sehn sogleich am schatt’gen Strand Ein schönes Klosterfräulein weilen. Die Nonne schlief, ein Kind noch schier, Als ob sie hier geborgen wäre … An Ruderern auf der Galeere Des Hauptmanns achtzig waren wir.

– Still, schönes Kind, Du mußt nicht trauern, Komm nur mit uns, der Wind ist gut; Folg’ uns zum Harem, – besser ruht Sich’s dort als hinter Klostermauern. Er liebt die Knospen, der Vezier, Und Dich beglückt des Korans Lehre … An Ruderern aus der Galeere Des Hauptmanns achtzig waren wir.

Sie eilte zu des Klosters Stufen. – Verruchter, wagst Du hier zu stehn? – Wir wagen’s! sprach der Kapitän. Mögt fluchen, beten ihr und rufen! Nicht so viel helfen wird es ihr! Vergeblich setzt ihr euch zur Wehre … An Ruderern auf der Galeere Des Hauptmanns achtzig waren wir.

Wie schön war sie in ihrem Zagen! Ihr Auge strahlt’, ein Talisman; Wir boten sie der Hoheit an: Zweitausend Tlomans! – Eingeschlagen! Die Nonne wird – das Schrei’n ist hier Umsonst – Sultane! Hohe Ehre! … An Ruderern auf der Galeere Des Hauptmanns achtzig waren wir.

März, 1828.

IX. Die Gefangne

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Man hörte den Gesang der Vögel, melodisch süß wie Poesie.

Saadi, Gulistan.

O wär’ ich nicht gefangen, Ich liebte dieses Land, Wo reich die Fluren prangen, Das Meer, den grünen Strand, Der Wellen leises Munkeln, – Ja, säh’ ich nicht im Dunkeln Der Spahis Schwerter funkeln An düstrer Mauerwand.

Die Zither der Tatarin, Den Spiegel, bringst Du, Mohr; Doch ich bin nicht Barbarin, Mir hältst Du ihn nicht vor. Dem Sodom fern, dem neuen, Dort ist’s, im Land der Freien, Wo Knab’ und Mädchen leihen In Unschuld sich das Ohr.

Doch laß ich’s mir behagen, Daß Winterflocken hier Nicht an die Fenster schlagen, Mir lacht des Lenzes Zier, – Der warme Sommerregen, Die Käfer, die entgegen Mir leuchtend sich bewegen, Im blühenden Revier.

Schön in der Blumenkrone Ist Smyrna, ohne Fehl, Den Lenz an ihrem Throne Stets fesselt ihr Befehl. Gleich bunten Festguirlanden, Schmiegt gern sich ihren Banden Von blühenden Eilanden Ein ganzer Archipel.

Schön von den Thürmen hangen Die Fahnen, bunt und reich, Die goldnen Häuser prangen, Dem Kinderspielzeug gleich. Ich träume mit Entzücken In Zelten, welche drücken Der Elephanten Rücken, Gebettet süß und weich.

In Feenschlössern lauschen Den Tönen mag ich gern, Die aus der Wüste rauschen, Und klingen nah und fern, Wie holder Genien Lieder, Jetzt leis, dann lauter wieder, Als tönten sie hernieder Von einem lichten Stern.

Von Düften überquellen Hier Flur und Gartenbeet, Wie schön das Grün die hellen Schloßfenster überweht! Ich sehe Quellen schäumen Am Fuß von Palmenbäumen, Die weißen Störche träumen Auf weißem Minaret.

Im Moos gelagert singen Mag ich ein spanisch Lied, Wenn die Gespielen springen, Und Lust mich rings umsprüht, Und wenn sie froh im Freien Sich drehn im Ringelreihen, Und lachen und sich freuen Der Stunde, die entflieht.

Vor Allem träum’ ich gerne, Wenn kühl der Abend winkt, Und wenn das Licht der Sterne Mein feuchtes Auge trinkt, Und wenn des Mondes Bogen, Am Himmel aufgezogen, Ein Fächer, in den Wogen Des Meers silbern blinkt.

Juli, 1828.

X. Mondschein

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Per amica silentia lunae.

Virg.

Hell auf dem Meere spielt der Mond, ein lichter Traum, Das Fenster öffnet sich, schon weht des Abends Fahne, Sie schaut hinaus aufs Meer, die blühende Sultane, Auf dunkle Inseln, weiß umschäumt vom Wellenschaum.

Und ihrer Hand entsinkt die Zither, schaurig klingend. Sie horcht … ein dumpfer Ton … Was rauscht? – Ist’s, plump und groß, Ein Türkenschiff, das sacht herüber schwimmt von Kos, Peitscht ein Tartarenboot das Meer, die Ruder schwingend?

Ist’s wohl ein Kormoran, der taucht und steigt zur Höh’ Und theilt die Wogen, die von ihm, wie Perlen, rinnen? Ein luft’ger Djinn vielleicht, der wirft des Thurmes Zinnen Mit gellendem Gezisch hinunter in die See?

Was stört die Flut so nah bei dem Serail der Frauen? – Kein schwarzer Kormoran, der jäh nach Fischen hackt, Nicht Mauersteine sind’s, die fallen, nicht der Takt Des Ruders, wenn ein Schiff durchfurcht die feuchten Auen.

Nein, Säcke sind es … Dumpf aufstöhnt’s in ihrem Raum … Wer niedertauchte, säh’ im Sack es hin und wieder Sich recken unterm Meer und drehn, wie Menschenglieder … Hell aus dem Meere spielt der Mond, ein lichter Traum.

September, 1828.

XI. Der Schleier

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Hast Du heut Nacht gebetet, Desdemona?

Shakespeare

Die Schwester.

Was ist, was ist Euch, meine Brüder? So düster Euer Angesicht, Die Augen senkt ihr grollend nieder, Wie Todesfackeln brennt ihr Licht. Mein Auge hat mich nicht betrogen: – Zerrissen Euer Gürtelshawl, Und dreimal blitzte, halbgezogen, In Eurer Hand des Dolches Stahl.

Der älteste Bruder.

Den Schleier … schlugst Du heut ihn nicht zurück einmal?

Die Schwester.

Ich, Brüder, … war im Bad gewesen, Ich kam, ihr Herrn, vom Bad zurück, Geborgen vor der Albanesen Und der Giaur’s verwegnem Blick, Im Palankin, als schwül von oben Auf’s Haupt mir fiel des Mittags Licht, Bei der Moschee vielleicht verschoben Hat sich mein Schleier vom Gesicht.

Der zweite Bruder.

Dort ging ein Mann vorbei … in grünem Kaftan … nicht?

Die Schwester.

Ein Mann? … Vielleicht … Doch Nichts gesehen Hat im Vorbeigehn er von mir. Doch Ihr, – wie soll ich das verstehen? – Leis mit einander redet Ihr. Ihr fordert Blut? – O meine Brüder,