Ausländer in der DDR - Daniel Meyer - E-Book

Ausländer in der DDR E-Book

Daniel Meyer

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Geschichte Deutschlands - Nachkriegszeit, Kalter Krieg, Note: 1,3, Friedrich-Schiller-Universität Jena (Historisches Institut), Veranstaltung: Migration und Zwangsmigration im 19./20. Jahrhundert, Sprache: Deutsch, Abstract: Genau wie die junge Bundesrepublik stand die DDR in der unmittelbaren Nachfolgeschaft des Dritten Reiches. Da es jedoch, anders als dies in der BRD der Fall war, in der DDR keine öffentliche Debatte um die Vergangenheit gab, schwelte eine unausgesprochene Feindschaft gegenüber anderen Menschen, anderen Kulturen und anderen Lebensweisen im Habitus der DDR-Bevölkerung mit. 1 Dieser Umstand zeigte sich frühzeitig im Bestehen der jungen sozialistischen Republik, was zu einem gewichtigen Teil das künftige ambivalente Verhältnis zwischen DDR-Deutschen und Ausländern fundierte. Die ersten Ausländer, die sich bis zum Ende der DDR auf deutschem Boden aufhalten sollten, waren die sowjetischen Armee- und Zivilangehörigen. Während des Dritten Reiches war von Seiten der NS-Propaganda stets vor der Bedrohung aus dem Osten gewarnt worden. Kurz nach Ende des Krieges, bzw. schon während der letzten Kriegstage schienen sich die geschürten Befürchtungen zu bewahrheiten. Mit den heranrückenden russischen Truppen kam es zu Vertreibungen der Deutschen aus den Ostgebieten, zu Plünderungen sowie zu Demontagen vorhandener Industrieanlagen. Durch die Gräuel und die unfassbaren Verluste, die Russland während des Krieges erfahren musste, erscheinen in der Rückschau diese Maßnahmen als psychologisch gerechtfertigt und verständlich. Doch die zeitgenössischen Deutschen sahen darin und vor allem in den massenhaften russischen Gräueltaten an der deutschen Zivilbevölkerung die unzähligen Vergewaltigungen deutscher Frauen können hier exemplarisch genannt werden nur ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt.

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Inhaltsverzeichnis
1. Die tradierten Ängste Nachkriegsdeutschlands - Das Bild der
schlechthinnigen Fremden als Grundlage eines ambivalenten Verhältnisses
2. Vom allgemeinen Umgang mit Ausländern in der DDR
2.1. Sowjetbürger - Zivilpersonen und Besatzungstruppen in der DDR- Gesellschaft
2.2. Die DDR als Hort politisch Verfolgter - Asylsuchende und politische
2.3. Zwischen politischer Instrumentalisierung und gesellschaftlicher Abschottung -
2.4. Arbeitskräftekooperation zum Aufbau des internationalen Sozialismus - Die
Situation der Vertragsarbeiter
3. Wie Sand in der Hand - Zusammenfassung, Fazit und Ausblick

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1. Die tradierten Ängste Nachkriegsdeutschlands - Das Bild der

schlechthinnigen Fremden als Grundlage eines ambivalenten VerhältnissesEinleitung

Genau wie die junge Bundesrepublik stand die DDR in der unmittelbaren Nachfolgeschaft des Dritten Reiches. Da es jedoch, anders als dies in der BRD der Fall war, in der DDR keine öffentliche Debatte um die Vergangenheit gab, schwelte eine unausgesprochene Feindschaft gegenüber anderen Menschen, anderen Kulturen und anderen Lebensweisen im Habitus der DDR-Bevölkerung mit.1Dieser Umstand zeigte sich frühzeitig im Bestehen der jungen sozialistischen Republik, was zu einem gewichtigen Teil das künftige ambivalente Verhältnis zwischen DDR-Deutschen und Ausländern fundierte.

Die ersten Ausländer, die sich bis zum Ende der DDR auf deutschem Boden aufhalten sollten, waren die sowjetischen Armee- und Zivilangehörigen. Während des Dritten Reiches war von Seiten der NS-Propaganda stets vor derBedrohung aus dem Ostengewarnt worden. Kurz nach Ende des Krieges, bzw. schon während der letzten Kriegstage schienen sich die geschürten Befürchtungen zu bewahrheiten. Mit den heranrückenden russischen Truppen kam es zu Vertreibungen der Deutschen aus den Ostgebieten, zu Plünderungen sowie zu Demontagen vorhandener Industrieanlagen. Durch die Gräuel und die unfassbaren Verluste, die Russland während des Krieges erfahren musste, erscheinen in der Rückschau diese Maßnahmen als psychologisch gerechtfertigt und verständlich. Doch die zeitgenössischen Deutschen sahen darin und vor allem in den massenhaften russischen Gräueltaten an der deutschen Zivilbevölkerung - die unzähligen Vergewaltigungen deutscher Frauen können hier exemplarisch genannt werden - nur ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. An dieser Stelle wäre es nun Aufgabe der SED gewesen, über die Vergangenheit zu sprechen und die Menschen über die deutschen Kriegsverbrechen aufzuklären. Somit hätten sie - zumindest zu einem gewissen Teil - das Verhalten der Russen erklären können. Doch anstatt dies zu tun, versuchte die SED die vergangenen deutschen sowie die gegenwärtigen russischen Schrecken mit einem antifaschistischen Mythos zu überdecken. So wurden kommunistische Widerstandskämpfer wie Ernst Thälmann

1Vgl. POUTRUS, Patrice G.: Die DDR, ein anderer deutscher Weg? Zum Umgang mit Ausländern im

SED-Staat. In: Rosmarie BEIER-DE HAAN (Hrsg.): Zuwanderungsland Deutschland, Seite 120-133

<http://www.zeitgeschichte-online.de/zol/portals/_zf/documents/pdf/migrationen_poutrus.pdf>, Seite 2.

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glorifiziert, um die Menschen auf die neue politische Linie einzuschwören.2Aufgrund der antikommunistischen Propaganda während des NS-Regimes sowie aufgrund des sowjetischen Siegergebärens, das synonym zum nationalsozialistisch tradierten Verständnis des Kommunismus ging, entstand eine Erfahrungs- bzw. Wahrnehmungslücke, die sich negativ auf die Entwicklung der DDR auswirkte. Die Russen als die „[…] Fremden schlechthin“3wurden im Zuge des Antifa-Mythos von der SED-Propaganda als Helden und Befreier gepriesen, jedoch von der DDR-Bevölkerung als Besatzungsmacht und Unterdrücker empfunden. Doch nicht nur die Deutschen, sondern auch die Russen brachten ihre vorgefertigten Feindbilder in die SBZ, d.h. in die künftige DDR mit ein. So betrachteten sie die Deutschen durch die Brille des Krieges als „entmenschlichte Bestie[n], mit [denen] man entsprechend umzugehen hatte.“4Diese beidseitigen Vorurteile und Stereotypen mussten jedoch im Alltag in gewisser Weise aktualisiert bzw. verworfen werden. Nicht jeder Deutsche war ein NS-Verbrecher und nicht jeder Russe war ein slawischer Barbar. Durch diese Erkenntnis entstand im alltäglichen Zusammenleben ein Spannungsverhältnis zwischen Deutschen und Russen. Dieses Verhältnis erstreckte sich zwischen Aneignung und Umformung, zwischen Abschottung und Kontakt sowie zwischen propagierter Fortschrittlichkeit des sowjetischen Gesellschaftssystems und erlebter Fremdheit und Rückständigkeit der DDR-Bevölkerung - mit all diesen Formulierungen ließe sich das Verhältnis zu den ausländischen Besatzern kennzeichnen.5Dieses wiederum spiegelte sich dann in der Beziehung zu anderen Ausländergruppen auf dem Boden der DDR wieder.