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Diplomarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 2, Universität Kassel (Sozialwesen), Sprache: Deutsch, Abstract: Wie kann autistischen Kindern das Leben in einer für sie fremden Welt, der Welt ohne Autismus, erleichtert werden. Früh einsetzende Unterstützung der betroffenen Kinder beim Hineinwachsen in die normale Welt, soll an dem Fördermodell, dem sogenannten TEACCH Ansatz, beispielhaft aufzeigt werden. Zwar gibt es autismusspezifisch keine Beeinträchtigungen im Bereich der Sensorik, aber dennoch setzen Autisten ihre Sinne anders ein. Um die einzelnen Förderbereiche des TEACCH Ansatzes zu verstehen, ist es wichtig, einen Überblick über die Entwicklung sowie die damit verbundenen Schwierigkeiten von Kindern mit dem Kanner-Syndrom zu haben. Letzlich werden die Effektivität des Modells und auch die Kritik daran dargestellt.
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2. Grundlagen des Autismus
2.1 Die verschiedenen Formen des Autismus
2.2 Die Geschichte des Autismus
2.3 Die Ursachen des Autismus
3 Die Entwicklung von Kindern mit Autismus
3.1 Die Kommunikation
3.1.1 Die normale Sprachentwicklung
3.1.2 Die Sprachentwicklung beim autistischen Kind
3.2 Kognitive Besonderheiten
3.2.1 Der kognitive Stil
3.2.1.1 Aufmerksamkeit
3.2.1.2 Reizverarbeitung
3.2.1.3 Gedächtnis
3.2.1.4 Problemlösungsverhalten
3.3 Besonderheiten im Lernverhalten
3.4 Die soziale und emotionale Entwicklung
3.5 Das Spielverhalten
3.6 Die motorische Entwicklung
4 Der TEACCH Ansatz
4.1 Die TEACCH Philosophie
4.2 Structured Teaching
4.2.1 Strukturierung und Visualisierung
4.2.1.1 1Raum
4.2.1.2 Zeit und Tagesablauf
4.2.1.3 Arbeit
3.2.1.4 Aufgaben und Tätigkeiten
3.2.1.5 Routinen
4.3 Die Förderdiagnostik
4.3.1 Formelle Entwicklungs- und Förderdiagnostik
4.3.2 Informelle Förderdiagnostik
4.3.3 Verfahren zur Erfassung bestimmter Fähigkeiten
4.4 Förderung der Sozialkompetenz
4.5 Förderung der Kommunikationskompetenz
4.6 Effektivität des TEACCH Ansatzes
5 Schlusswort und kritische Punkte
Literaturverzeichnis
„In besonders klaren Nächten kommen die Elfen auf die Erde und betrachten die Menschenkinder. In das schönste verlieben sie sich und entführen es in ihre Welt. Damit die Wiege nicht leer zurückbleibt, legen sie eines der ihren hinein. Für die Menschen aber – so das Märchen – bleiben diese Elfenkinder immer Wesen aus einer fremden Welt“ (Film „Lichtblicke. Haus Bucken – ein Heim für Autisten“, 1993).
Die vorliegende Diplomarbeit zu dem Thema „Autismus – Frühdiagnostik und Frühförderung am Beispiel des TEACCH Ansatzes“ möchte aufzeigen, wie autistischen Kindern das Leben in einer für sie fremden Welt, der Welt ohne Autismus, erleichtert werden kann
Einführend geht es um die Definition des Begriffes Autismus. Eine Darstellung der drei Autismusformen schließt sich an. Weiterhin werden die Forschungsgeschichte und die möglichen Ursachen des Autismus beschrieben. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt bei der Betrachtung des Kanner-Syndroms, dem frühkindlichen Autismus.
Früh einsetzende Unterstützung der betroffenen Kinder beim Hineinwachsen in die normale Welt, soll dann ein Fördermodell, der sogenannte TEACCH Ansatz, beispielhaft aufzeigen.
Um die einzelnen Förderbereiche des TEACCH Ansatzes zu verstehen, ist es wichtig, einen Überblick über die Entwicklung sowie die damit verbundenen Schwierigkeiten von Kindern mit dem Kanner-Syndrom zu haben. Diese Darstellung beginnt mit dem Bereich der Kommunikation und umfasst sowohl die verbale als auch die nonverbale Kommunikation. Zur Verdeutlichung soll der Vergleich der Sprachentwicklung von gesunden und autistischen Kindern beitragen. Der zweite Bereich behandelt die kognitiven Besonderheiten von Autisten. Die Auffälligkeiten bei der Sammlung und Verarbeitung von Informationen sowie die der Sensorik werden hier erläutert. Zwar gibt es autismusspezifisch keine Beeinträchtigungen im Bereich der Sensorik, aber dennoch setzen Autisten ihre Sinne anders ein. Sie präferieren die Nahsinne auch dann noch, wenn gesunde Kinder bereits eine Umkehrung zu den Fernsinnen vorgenommen haben. In Bezug auf die Wahrnehmung, sowie im weiteren Verlauf der Arbeit auf die Reizverarbeitung, werden nun die Besonderheiten bei den verschiedenen Sinnen aufgezeigt. Die Beschreibung des sogenannten kognitiven Stils schließt sich an. Sie umfasst die speziellen Merkmale von Informationsverarbeitung, Aufmerksamkeit, Reizverarbeitung und Gedächtnisleistung sowie das Problemlösungsverhalten autistischer Kinder. Es folgen die Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten, die Autisten beim Lernen haben, und daraus resultierende Konsequenzen für die Förderung. Daran schließen sich die Beeinträchtigungen der sozialen und emotionalen Entwicklung an. Hierbei werden die Problematiken von der Interaktion, über den Beziehungs- und Bindungsaufbau, sowie den Gefühlsausdruck, die fehlende Empathie und Verhaltensdefizite aufgezeigt. Abschließend behandelt dieser Teil der Arbeit noch das auffällige Spielverhalten autistischer Kinder.
Laut Bernd Tschöpe (2005) hat kaum ein Störungsbild so viele Theorien, Therapieansätze und Erklärungsversuche, aber auch Mythen und Geschichten produziert wie der Autismus. Aus diesem Grund sollen in diesem ersten Teil der Arbeit die theoretischen Grundlagen des Autismus dargestellt werden.
Unter dem Begriff Autismus versteht man eine vielfältige und komplexe Entwicklungsstörung. Abgeleitet wird er von dem griechischen Wort „autos“, das übersetzt „selbst“ bedeutet und sich auf die Selbstbezogenheit oder die Abkapselung der Autisten von der Umwelt bezieht. Da es verschiedene Formen vom Autismus gibt, werden diese im Folgenden näher beschrieben.
Der Autismus wird in drei Erscheinungsformen unterteilt. Alle drei Formen gehören, der internationalen Klassifikation psychischer Störungen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und auch den Diagnostischen Kriterien der AmericanPsychiatric Association nach, zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. „Diese Gruppe von Störungen ist gekennzeichnet durch qualitative Beeinträchtigungen in den wechselseitigen sozialen Interaktionen und Kommunikationsmustern und durch ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten. Diese qualitativen Auffälligkeiten sind in allen Situationen ein grundlegendes Funktionsmerkmal des betroffenen Kindes, (Jugendlichen oder Erwachsenen)" (ICD-10, S.358). Die einzelnen Störungsformen sowie ihre Diagnosekriterien sind:
·das Asperger-Syndrom,
·der Atypische Autismus und
·der frühkindliche Autismus (Kanner-Syndrom).
I. Das Asperger-Syndrom ist eine der beiden klassischen Formen von Autismus. Neben Beeinträchtigungen der gegenseitigen sozialen Interaktion sind „eingeschränkte, stereotype, sich wiederholende Interessen und Aktivitäten“ (Dilling/Mombour/Schmidt, 2008: 312) typisch. Ein normaler Entwicklungsstand bzgl. der Sprache und der kognitiven Entwicklung, jedoch eine motorische Ungeschicktheit zeichnen sich bei dem Syndrom ab. Die American Psychiatric Association führt folgende diagnostische Kriterien auf:
II. Qualitative Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion fallen auf. Entweder in Form eingeschränkter nonverbaler Verhaltensweisen oder aber der Unfähigkeit des Beziehungsaufbaus zu Gleichaltrigen. Auch der Mangel an spontaner Freudens-, Interessens- und Erfolgsteilung mit anderen Personen oder der Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit sind mögliche Formen dieser Beeinträchtigung. Zwei der genannten Bereiche aus dieser Gruppe müssen betroffen sein, um die Asperger-Störung diagnostizieren zu können (vgl. Saß/Wittchen/Zaudig/Houben, 2003: 60/61).
·Es gibt eingeschränkte repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessenund Aktivitäten. Dies kann die umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessen sein, wobei die Inhalte und Interessen abnorm sind. Die Einschränkung zeigt sich manchmal aber auch in Form von auffälligem starren Festhalten an bestimmten nicht-funktionalen Gewohnheiten und Ritualen oder auch stereotypen und repetitiven motorischen Manierismen sowie ständiger Beschäftigung mit Teilen von Objekten. Hinsichtlich der Diagnostik muss mindestens einer dieser Bereiche betroffen sein (vgl. Saß/Wittchen/Zaudig/Houben, 2003: 61).
·„Die Störung verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen“ (Saß/Wittchen/Zaudig/Houben, 2003: 61).
·Es darf kein Sprachentwicklungsdefizit vorliegen.
·Ein Rückstand der kognitiven Entwicklung sowie bei altersgemäßen Selbsthilfefertigkeiten, im Anpassungsverhalten und Interesse an der Umgebung schließt die Diagnose „Asperger-Störung“ aus.
·Kriterien für andere tiefgreifende Entwicklungsverzögerungen oder die Schizophrenie dürfen nicht erfüllt sein (vgl. Saß/Wittchen/Zaudig/Houben, 2003: 61).
III. Beim Atypischen Autismus sind nach Saß u.a (2008) die Kriterien der autistischen Störung aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Betroffenen bei Störungsbeginn, der atypischen oder nicht voll ausgeprägten Symptomatik oder dem Zusammenspiel aller dieser Punkte nicht erfüllt (Saß/Wittchen/Zaudig/Houben, 2003: 62).
IV. Auch der frühkindliche Autismus gehört zu den beiden klassischen Formen der autistischen Störung. Dilling u.a. (2008) bezeichnen den frühkindlichen Autismus als „eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die durch eine abnorme oder beeinträchtigte Entwicklung definiert ist und sich vor dem 3. Lebensjahr manifestiert“ (Dilling/Mombour/Schmidt, 2008: 306). Im Gegensatz zum Asperger-Syndrom, bei dem sich die Krankheit erst nach dem dritten Lebensjahr zeigt, betrifft der frühkindliche Autismus also bereits den Zeitraum davor. Charakteristisch für das Kanner-Syndrom sind gestörte Funktionsfähigkeiten in den Bereichen der sozialen Interaktion, der Kommunikation und des eingeschränkten repetitiven Verhaltens (vgl. Dilling/Mombour/Schmidt, 2008: 306). Die diagnostischen Kriterien gleichen, nach Saß u.a. (2003), den Maßstäben für das Asperger-Syndrom. Zusätzlich müssen Verzögerungen oder abnorme Funktionsfähigkeiten in den Bereichen soziale Interaktion, Sprache als soziales Kommunikationsmittel oder Symbolischem- bzw. Phantasiespiel vorliegen. Die Diagnose setzt voraus, dass im Bereich der Kommunikation entweder eine verzögerte oder gar ausbleibende Sprachentwicklung oder aber bei Personen mit Sprachvermögen die mangelnde Fähigkeit, ein Gespräch zu führen, gegeben ist. Die Kommunikationsbeeinträchtigung kann sich jedoch auch durch stereotypen oder repetitiven Gebrauch der Sprache oder idiosynkratrische Sprache sowie durch den Mangel an entwicklungsgemäßen Rollenspielen oder sozialen Imitationsspielen äußern (vgl. Saß/Wittchen/Zaudig/Houben, 2003: 58).