Autoimmunerkrankungen heilen - Palmer Kippola - E-Book

Autoimmunerkrankungen heilen E-Book

Palmer Kippola

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Beschreibung

» Basierend auf der inspirierenden, persönlichen Krankheits- und Heilungsgeschichte der Autorin » Die sechs kritischen Faktoren, die die Hauptursachen für Autoimmunerkrankungen und gleichzeitig die Schlüssel zur Heilung sind. » Neue Zugänge zu Ernährung, Infektionen, Darmgesundheit, Hormonstörungen, Umweltgiften und Stress. » Heilungsgeschichten von zahlreichen Ärzten und die Ergebnisse jahrelanger Forschung mit Autoimmun-Experten "Es ist an der Zeit, wieder gesund zu werden! Autoimmunerkrankungen sind heilbar, aber Sie müssen sie an der Wurzel packen. Palmer Kippola hatte selbst MS und will nun allen anderen Betroffenen helfen. Autoimmunerkrankungen heilen ist ein ermächtigender Leitfaden, der Ihnen die Schritte zurück zu einem gesunden Leben vereinfacht. Sehr zu empfehlen!“ - Izabella Wentz, New York Times Bestseller-Autorin

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Für meine Eltern, Ed und Beverly Beyer Rabey,die mich lieben und bedingungslos immer an mich geglaubt haben.

Für Tom, meinen Seelenverwandten,strategischen Berater und größten Unterstützer.

Für alle, bei denen eine „unheilbare“Autoimmunerkrankung diagnostiziert wurde und die gehört haben,dass man nichts dagegen tun könne, außer „Medikamente zu nehmen“.Ihnen widme ich dieses Buch.

PALMER KIPPOLA

AUTOIMMUN-ERKRANKUNGENHEILEN

WIE SIE MIT 6 WERKZEUGENWIEDER GESUND WERDEN

IMPRESSUM

Palmer Kippola

AUTOIMMUNERKRANKUNGEN HEILEN

Wie Sie mit 6 Werkzeugen wieder gesund werden

1. deutsche Auflage 2020

ISBN: 978-3-96257-153-5

© 2020, Narayana Verlag GmbH

Titel der Originalausgabe:

BEAT AUTOIMMUNE

The 6 Keys to Reverse Your Condition and Reclaim Your Health

Copyright © 2019 by Palmer Kippola

Published by Arrangement with KENSINGTON PUBLISHING CORP., NEW YORK, NY 10018 USA

Übersetzung aus dem Englischen: Sabine Rickert

Cover: Anette Ahrendt

Coverabbildung: © shutterstock, Mila Muzyka

Herausgeber:

Unimedica im Narayana Verlag GmbH,

Blumenplatz 2, D-79400 Kandern

Tel.: +49 7626 974 970–0

E-Mail: [email protected]

www.unimedica.de

Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags darf kein Teil dieses Buches in irgendeiner Form – mechanisch, elektronisch, fotografisch – reproduziert, vervielfältigt, übersetzt oder gespeichert werden, mit Ausnahme kurzer Passagen für Buchbesprechungen.

Sofern eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchsnamen verwendet werden, gelten die entsprechenden Schutzbestimmungen (auch wenn diese nicht als solche gekennzeichnet sind).

Die Empfehlungen in diesem Buch wurden von Autor und Verlag nach bestem Wissen erarbeitet und überprüft. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Weder der Autor noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT Der Schlüssel zur Gesundheit liegt in Ihren Händen von Dr. Mark Hyman

EINLEITUNG Meine Geschichte

KAPITEL 1 Auf die Ernährung kommt es an

KAPITEL 2 Heilen Sie Ihren Darm

KAPITEL 3 Räumen Sie mit Infektionen auf

KAPITEL 4 Reduzieren Sie Ihre toxische Belastung

KAPITEL 5 Bauen Sie Stress ab

KAPITEL 6 Halten Sie Ihre Hormone im Gleichgewicht

KAPITEL 7 Bleiben Sie in Bewegung, und zwar nach vorne

ANHANG A Rezepte für 30 Tage Urlaub für den Darm

ANHANG B Der Lebensmittel-Symptome-Tracker

ANHANG C Fragebogen Kindheitstraumata

ANHANG D Weiterführende Gedanken und Therapeuten

ANHANG E Therapeuten und Ausbildungsinstitute

ANHANG F Ressourcen und Literaturempfehlungen nach Kapitel gelistet

Die Therapeuten, über die ich im Buch geschrieben habe

Referenzen

Danksagung

Meinungen zum Buch

Über die Autorin

Index

VORWORT

Der Schlüssel zur Gesundheit liegt in Ihren Händen

von Dr. Mark Hyman

Jeder fünfte Amerikaner, also etwa zehn Prozent der Weltbevölkerung, leidet an einer der über 100 bekannten Autoimmunerkrankungen. Um das Problem genauer zu betrachten: Autoimmunerkrankungen kommen häufiger vor als Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes zusammen und verursachen höhere Kosten. Sie zählen zu den zehn häufigsten Todesursachen bei Frauen unter 64 Jahren.

Die Liste der Autoimmunerkrankungen ist lang und wächst ständig. Dazu gehören Hashimoto-Thyreoiditis (mit Verlauf zur Hypothyreose), Morbus Basedow (Hyperthyreose), Typ-1-Diabetes, entzündliche Darmerkrankungen (Reizdarm), Morbus Crohn, Multiple Sklerose (MS), Zöliakie, rheumatoide Arthritis (RA), Sklerodermie, Sjögren-Syndrom, Lupus, Ekzeme, Psoriasis und Vitiligo. Sogar chronische Borreliose und manche Herzerkrankungen sind kürzlich als autoimmun eingestuft worden. Die Symptome reichen von ‚nur frustrierend‘ bis ‚äußert kräftezehrend‘ und können bereits Jahre vor der eigentlichen Diagnose auftreten. Extreme Müdigkeit, Schlafstörungen, Brain Fog, Muskel- und Gelenkschmerzen, Taubheitsgefühl und Kribbeln, Haarausfall, Schwellungen und hartnäckiges Übergewicht gehören zu den häufigsten Beschwerden.

Angesichts der vielen Umweltgifte, einer zucker- und kohlenhydratlastigen Ernährung, dem übermäßigen Einsatz von Antibiotika und mangelndem Stressabbau ist es kein Wunder, dass wir vor einer Autoimmunepidemie stehen. Heutzutage sind zehnjährige Kinder mit Schilddrüsenunterfunktion oder rheumatoider Arthritis in meiner Praxis keine Seltenheit mehr. Während die Schulmedizin in den westlichen Ländern bei der Versorgung von Akutfällen wie Herzinfarkt, Traumata und gebrochenen Knochen hervorragende Dienste leistet, ist sie zur Behandlung von chronischen und autoimmunen Krankheitszuständen nicht gut geeignet. Glukokortikoide, Immunsuppressiva und starke Schmerzmittel können für vorübergehende Linderung der Symptome sorgen, haben aber langfristig betrachtet verheerende Auswirkungen auf den Körper und können sogar selbst Autoimmunkrankheiten auslösen und Krebs begünstigen!

Vielleicht haben auch Sie es mit mysteriösen Symptomen zu tun oder es wurden eine oder mehrere Autoimmunerkrankungen bei Ihnen diagnostiziert. Ihnen hat die schulmedizinische Behandlung nicht geholfen? Oder man sagte Ihnen, dass Sie nichts tun könnten, um wieder gesund zu werden? In diesem Fall sind Sie vielleicht bereit, einem wirklich funktionierenden natürlichen Ansatz zu folgen.

Zum Glück gibt es diese alternativen Wege. Seit zwei Jahrzehnten gehöre ich zu den Vorreitern einer relativ neuen medizinischen Ausrichtung, die für die Behandlung von Autoimmunkrankheiten wie geschaffen ist. Sie heißt Funktionelle Medizin (FM) und folgt einem ganzheitlichen wissenschaftlichen Ansatz. Dieser zielt darauf ab, die Krankheitsursache unter Einbeziehung des ganzen Menschen ausfindig zu machen und zu heilen.

Wir haben die Wissenschaft, die Informationen und die Methoden, um Autoimmunerkrankungen rückgängig zu machen und zu verhindern. Im Gegensatz zu der bislang gängigen Annahme führen Autoimmunkrankheiten nicht automatisch in eine Einbahnstraße. Dank bahnbrechender Forschung in den letzten zehn Jahren verfügen wir heute über ein Erfolgsrezept zur Behandlung und Prävention von Autoimmunerkrankungen: Finden Sie heraus, warum sich Ihr Darm entzündet, eliminieren Sie die Ursache und heilen Sie Ihren Darm.

Während es zahlreiche unterschiedliche Autoimmunerkrankungen zu geben scheint, handelt es sich im Grunde genommen um unzählige Variationen einer einzigen Krankheit, die aufgrund einer genetischen Schwachstelle entsteht. Jede Autoimmunerkrankung ist eine Herausforderung für das Immunsystem und sie wird durch chronische Entzündungen angefacht. Meine persönlich größte Entzündungsquelle war eine Quecksilbervergiftung; sie war es, die den Weg für meine lähmende chronische Müdigkeit bereitete. Ich wurde wieder gesund, sobald ich die Ursache erkannt hatte, das Quecksilber ausleiten ließ und meinen Darm wieder ins Gleichgewicht brachte. Diese bewährten Prinzipien haben Hunderte von Patienten in meiner Klinik geheilt, darunter auch viele Ärzte und ganzheitliche Therapeuten, die selbst wieder gesund wurden und nun ihre eigenen Klienten auf deren Weg zu Gesundheit anleiten und führen können.

Als bei Palmer im Alter von 19 Jahren MS diagnostiziert wurde, gab sie sich zum Glück nicht mit der Antwort zufrieden, dass „es nichts gibt, was Sie dagegen tun können.“ Sie blieb hartnäckig und entschlossen, die Antwort auf ihre Krankheit zu finden. Sie wollte wissen, warum sie überhaupt an MS erkrankt war, fand die entsprechende Ursache und packte das Übel an der Wurzel.

Das ist es, was die Funktionelle Medizin uns lehrt. Indem wir uns den Ursachen zuwenden und die Ursache(n) unserer Entzündung suchen, finden wir auch den Schlüssel zu unserer Genesung. Bei mir war es das Quecksilber, bei Palmer Gluten und chronischer Stress. Bei Ihnen kann es ganz anders sein, aber die Chancen stehen gut, dass Ihre Ursachen in eine der sechs Kategorien fallen, die Palmer „F. I. G.H. T. S.“ nennt – Food (Ernährung), Infections (Infektionen), Gut Health (Darmgesundheit), Hormone Balance (Hormonhaushalt), Toxins (Gifte) und Stress (Stress).

Wenn Sie die Reise zur Heilung antreten wollen, ist Palmer die perfekte Reiseleiterin, nicht zuletzt, weil sie einmal genau da war, wo auch Sie jetzt stehen. Sie war auf der Suche nach Antworten und hätte sich sehnlichst das Buch gewünscht, das Sie gerade in Ihren Händen halten. Sie hat es geschafft, ihre MS-Erkrankung aufzulösen, hat zu den Ursachen und Behandlungsstrategien geforscht und sich als Therapeutin für Funktionelle Medizin ausbilden lassen. Nun hat sie es sich zur Lebensaufgabe gemacht, all jenen zu helfen, die immer noch leiden. Und sie möchte den Weg zu Gesundheit und Wohlbefinden so schmerzfrei wie möglich gestalten. In Autoimmunerkrankungen heilen fasst Palmer die wissenschaftlichen Erkenntnisse leicht verständlich zusammen und bietet damit den Rahmen für einen Heilungsprozess, von dem ich immer und immer wieder beobachten konnte, dass er funktioniert.

Sie können die Waagschale der Gesundheit zu Ihren Gunsten beeinflussen, wenn Sie entzündungsfördernde Faktoren in Ihrem Leben reduzieren und Dinge, die Sie nähren, hinzufügen. Wenn Sie das Übel an der Wurzel packen wollen, sind proaktive Entscheidungen gefordert. Palmer teilt diese in einzelne, leicht umzusetzende Schritte auf, denen jeder folgen kann. Ein Beispiel: Sie wollen alles, was schlecht für Sie ist, loswerden. Palmer empfiehlt, Ihre toxische Belastung zu verringern, indem Sie verarbeitete Lebensmittel meiden, auf Chemikalien in Haushalts- und Kosmetikprodukten verzichten und toxischen Stress auf ein Minimum reduzieren. Dafür bringen Sie positive Dinge in Ihr Leben: Essen Sie echte und unbehandelte Lebensmittel, achten Sie auf ausreichend Schlaf und machen Sie täglich einfache, aber effektive Entspannungsübungen. Mit anderen Worten: Geben Sie Ihrem Körper, was er braucht und er wird alles reparieren, wiederherstellen und zu neuem Leben erwachen. Dabei ist es nicht wichtig, ob Sie tatsächlich an einer Autoimmunerkrankung leiden oder einfach nur gesund bleiben wollen.

Der Schlüssel liegt in Ihrer Hand. Nur Sie können Ihre Beschwerden rückgängig machen und Ihre Gesundheit wiederherstellen. Es liegt an Ihnen, für diesen Schlüssel das passende Schloss zu finden. Nur so können Sie wirklich gesund sein.

EINLEITUNG

Meine Geschichte

Nicht alles lässt sich ändern, aber nichts ändert sich von selbst.

—JAMES BALDWIN, amerikanischerSchriftsteller und Bürgerrechtler

Im Juli 1984 war ich eine lebensfrohe, fleißige 19-jährige College-Studentin, die sich in den Sommerferien zu Hause in Los Angeles mit Kellnern etwas Geld dazuverdienen wollte. Mein Studienabschluss in ein paar Jahren war noch in weiter Ferne und ich hatte keine großen Pläne. Ich wusste nur, dass die Zukunft vielversprechend sein würde. Dachte ich zumindest.

Eines Morgens war ich auf dem Weg zur Arbeit, als ich an den Fußsohlen ein Kribbeln spürte. Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie zu lange auf einem Bein gesessen haben, es „eingeschlafen“ ist und es kribbelt, sobald das Bein wieder durchblutet wird? Nun, an diesem Morgen kam das Blut nicht wieder ins Fließen. Ich konnte meine Beine so fest ausschütteln wie ich wollte, das Kribbeln blieb.

Innerhalb weniger Stunden hatte sich das Kribbeln über beide Beine ausgebreitet. Ich rief meine Eltern an, als es an den Knien angekommen war. Noch am selben Tag saßen wir im Wartezimmer einer Neurologin. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Kribbeln schon fest um meinen Unterleib geschlungen. Die Neurologin prüfte meine Reflexe, bat mich, im Fersen-Zehen-Gang durch das Behandlungszimmer zu gehen und schaute mir zu, wie ich mit geschlossenen Augen meinen Zeigefinger an die Nasenspitze führte. Nach wenigen Minuten stand die Diagnose fest. „Ich bin mir zu 99 % sicher, dass Sie Multiple Sklerose haben.“

Multiple was?

Wir waren schockiert und verwirrt. „Wir werden eine NMR (Kernspinresonanztomografie – ein furchterregender Begriff für den Vorgänger der MRT) machen, um die Diagnose zu bestätigen. Aber wenn ich recht behalte, gibt es nicht viel, was Sie dagegen tun können.“ Wir verabschiedeten uns mit sehr wenigen Informationen und einer schlechten Prognose in der Hand.

Am selben Abend wurden meine Füße taub. Ich lag im Bett und die unheimliche Empfindungslosigkeit kroch an mir hoch und umgab mich wie Nebelschwaden. Als ich endlich einschlief, war mein ganzer Körper in Gefühllosigkeit gehüllt. Für die nächsten sechs Wochen war er vom Hals an komplett taub.

Es war eine schreckliche und furchterregende Zeit, aber meine Eltern ließen mich nie spüren, dass auch sie Angst hatten. Im Gegenteil, mein Vater machte mir Mut und feuerte mich an mit dem Spruch „Wir werden dieses Ding besiegen.“ Die meiste Zeit glaubte ich ihm, aber manchmal kamen mir beim Gedanken an die Zukunft die Tränen. Glücklicherweise hatte ich meine Mutter, die mich tröstete und umsorgte. Sie unterstützte mich bei meinen Recherchen und plante mit mir zusammen eine ganz andere Zukunft als die, die wir uns vorgestellt hatten. Gemeinsam malten wir uns aus, wie ich im Rollstuhl an der örtlichen Universität studieren würde.

Ich war so dankbar für die guten Freunde, die sich durch diese mysteriöse Krankheit nicht abschrecken ließen und mich täglich besuchten oder anriefen. Manche waren einfach da und schauten Filme mit mir und andere brachten Bücher vorbei. Eine Freundin machte mir ein ganz besonderes Geschenk, was sich damals aber nicht wie ein Geschenk anfühlte. Sie stellte mir eine Frage: „Weißt du denn, warum du an MS erkrankt bist?“

Das saß. In dieser einen Frage steckten so viele Sinnfragen. Gab es da etwa eine Lektion, die ich zu lernen hatte? Hatte ich vielleicht etwas getan, das diese MS ausgelöst hatte? Wie konnte sie mir nur unterstellen, dass ich dafür verantwortlich war! Aber was, wenn sie recht hatte? Wenn ich unbewusst etwas getan hatte, um die Krankheit auszulösen, dann gäbe es vielleicht etwas, was ich tun könnte, um sie wieder loszuwerden. Sie und ich konnten damals nicht wissen, dass ich mich in den nächsten 30 Jahren an dieser Frage orientieren würde. Sie war mein persönlicher Leitstern.

Eine Frage und vier Experimente

Eine Woche später lag ich auf der Wohnzimmercouch und dachte gerade über diese eine Frage nach, als mir blitzartig die Antwort dazu einfiel. Ich war als Baby von meinen Eltern adoptiert worden. Sie waren sehr liebevoll, aber mein Dad war Kampfpilot gewesen, musste immer „recht haben“ und wusste alles besser. Deswegen gerieten wir ziemlich oft aneinander. Er war sehr von seiner eigenen Meinung überzeugt, kritiksüchtig und wurde oft laut. Meine Mum war eine sanftmütige Frau, die sehr mit ihrem Gewicht zu kämpfen hatte. Mein Vater war wohl der Ansicht, dass sie umso schneller würde abnehmen können, je mehr er herumschrie.

Bezeichnend sind meine ersten Erinnerungen: Mein Vater schreit meine Mutter an und sie versteckt sich weinend hinter der Schlafzimmertür. Ich muss damals vier oder fünf Jahre alt gewesen sein. Ich stand mit geballten Fäustchen im Flur und drohte meinem Vater. An die genauen Worte kann ich mich nicht mehr erinnern, aber die Botschaft, die ich ihm an den Kopf schleuderte, war klar: „Wenn du jetzt nicht sofort von selbst den Mund hältst, werde ich dafür sorgen, dass du es tust!“

Ich war ein sehr verteidigendes Kind, immer bereit, meine Mutter zu beschützen. Als ich auf der Couch lag und über die möglichen Ursachen meiner MS nachdachte, wurde mir klar, dass auch mein Immunsystem übertrieben ‚verteidigend‘ geworden sein musste. Es schien mir, dass die Soldaten meiner Immunabwehr auf Alarmstufe Rot standen und durch jede Kleinigkeit getriggert wurden. Wenn es gerade keine tatsächliche Schlacht gab, die es zu gewinnen galt, erschufen sie sich einen Schauplatz. Auch dann, wenn sie dafür die eigene Truppe – meinen Körper – unter Beschuss nehmen mussten. Es ist tatsächlich so, dass ein hochtouriges und außer Kontrolle geratenes Immunsystem zu Autoimmunerkrankungen wie MS führen kann. Dabei wird körpereigenes Gewebe angegriffen. Im Fall der Multiplen Sklerose greift das Immunsystem die Myelinscheide an. Die Myelinscheide hat die Aufgabe, sich schützend und isolierend um die einzelnen Nervenfasern zu legen.

Meine erste Hypothese im Jahr 1984 – damals auf der Couch liegend – besagte, dass die Ursache meiner MS in chronischem Stress zu finden sein würde. Diese Annahme kann ich auch heute noch bestätigen, obwohl ich mittlerweile weiß, dass das nur eine Seite der Medaille ist.

Ich hatte eine Form der MS, die man als ‚schubförmig remittierend‘ bezeichnet und bedeutet, dass die Symptome kommen und gehen, was auf viele Autoimmunerkrankungen zutrifft (obgleich viele mit der Zeit fortschreiten und sich langsam verschlimmern). So also erwachte mein Körper sechs Wochen nach jenem verhängnisvollen Tag wieder zum Leben. Die Taubheit ließ oben vom Nacken bis unten zu den Füßen nach und allmählich verschwand die Gefühllosigkeit endlich ganz. Es sollte über zwei Jahre dauern. In der Zwischenzeit begann ich mein zweites Jahr an der Universität und war zuversichtlich, dass ich wieder ein normales Leben führen konnte. So kam es dann auch tatsächlich, wobei es viel länger dauerte, als ich es mir hätte träumen lassen.

In den folgenden 26 Jahren sollte ich sechs Neurologen konsultieren, die mich alle wissen ließen, dass ich nichts gegen meine Krankheit tun könne, außer natürlich Medikamente zu nehmen. Aber mein Dad hatte mir eingebläut, dass ich die MS besiegen würde, ich musste nur herausfinden wie. Mit der Zeit begann ich verschiedene Dinge auszuprobieren und führte insgesamt 12 Experimente durch. Vier davon möchte ich Ihnen hier vorstellen.

Experiment Nr. 1: Stressabbau

Nach meiner Eingebung auf der Couch direkt nach der Diagnose lag das erste Experiment auf der Hand: Stressabbau. Zurück an der Uni merkte ich sofort, dass sich meine Symptome mit zunehmendem Stress wieder zuspitzten. Jedes Mal, wenn ich Prüfungen hatte oder sehr viel lernen musste, waren die Symptome in weniger als einer Woche wieder da. Manchmal handelte es sich um gestörte Sinneswahrnehmungen wie Taubheit oder Kribbeln, manchmal hatte ich das Gefühl als seien 100 Gummibänder um meinen Rumpf gespannt. Oder ich war einfach nur unglaublich müde. Ich hatte auch ein sehr beunruhigendes Symptom mit dem Namen Lhermitte-Zeichen, d. h. jedes Mal, wenn ich meinen Kopf nach vorne beugte, schoss wie ein elektrischer Schlag meine Wirbelsäule entlang.

Später, als ich einen sehr stressigen Job bei AT&T Network Systems in New Jersey hatte, verbrachte ich einmal einen sehr entspannten Urlaub in der Karibik. In dem Moment, in dem ich das Firmengebäude mit seinen hellen Neonleuchten wieder betrat, erblindete ich auf dem linken Auge. Zwei lange Wochen litt ich unter extremen Schmerzen und es brauchte zwei Besuche in der Notaufnahme und einen Termin bei einem MS-Spezialisten am John Hopkins Hospital in Baltimore bis eine optische Neuritis, das Leitsymptom der Multiplen Sklerose, diagnostiziert wurde.

Nach den vielen Jahren mit rezidivierenden MS-Symptomen wurde mir schmerzlich klar, dass durch Stress immer wieder neue Symptome ausgelöst wurden und so suchte ich nach Wegen, wie ich mich aktiv entspannen konnte. Ich probierte verschiedene Methoden aus und die, die halfen, behielt ich bei. Meine erste Yogastunde nahm ich 1987 und fand die Stimme meiner Yogalehrerin unglaublich beruhigend, als sie mich ermutigte, einfach „loooszulassen“. Später kam ich über eine Freundin zur Meditation. Damals schloss ich mich einer Meditationsgruppe an, weil ich merkte, dass mir das Meditieren leichter fiel, wenn andere Menschen um mich herum waren. Ich suchte einen Psychologen auf, der mir half, mit meiner Wut und der darunter liegenden Traurigkeit umzugehen. Von ihm lernte ich, auf meine Gedanken zu achten. Ich lernte auch, die Gedanken, die negative Gefühle in mir auslösten, in Frage zu stellen und sie durch passendere und letztendlich weniger stressige zu ersetzen.

Aber selbst nachdem Yoga, Meditation und Achtsamkeit zur zweiten Haut geworden waren, verschwanden die MS-Symptome nie ganz.

Experiment Nr. 2: Die fettreduzierte, vegetarische Ernährung

Als Kind aß ich jeden Morgen große Mengen Cerealien mit fettarmer Milch, mittags Erdnussbutter und Marmeladensandwiches aus Vollkornmehl und abends irgendetwas mit Fleisch und Kartoffeln. Wir ernährten uns nach der Lebensmittelpyramide: viel Vollkorn als Basis und nur ganz wenig Fett oben an der Spitze.

Ich dachte immer, es sei normal, nach dem Essen ein leichtes Unwohlsein zu verspüren und ignorierte die Signale meines Magens. So ernährte ich mich nach der – unserer Meinung nach gesunden – amerikanischen Standarddiät.

Schon sehr früh wusste ich intuitiv, dass mir eine gesunde Ernährung helfen könnte, die MS zu überwinden und so begann ich, in der Bibliothek nach Büchern zu recherchieren. Ich fand Phyllis Balchs Prescription for Nutritional Healing und Multiple Sclerosis Diet Book von Roy Laver Swank. Beide Autoren sind Verfechter einer fettarmen, vegetarischen Ernährung und ich beschloss, diese Empfehlungen auszuprobieren. Ich ersetzte tierisches Protein durch Tofu, Tempeh, Reis und Bohnen. Ich experimentierte mit makrobiotischer Diät und aß tellerweise braunen Reis oder Quinoa, dazu Gemüse und Algen. Ich las The China Study, die einen Zusammenhang herstellt zwischen tierischen Eiweißen und Krebs und ernährte mich eine Zeit lang vegan.

Meine Symptome wurden dadurch nicht besser, sondern das Gegenteil trat ein. Meine Verdauungsstörungen nach den Mahlzeiten wurden schlimmer und ich litt unter Verstopfung. Man sagte mir, die Verstopfung „sei ein Symptom der MS“ und dass ich „lernen müsse, damit zu leben und bei Bedarf Abführmittel zu nehmen“. Mehrere Jahre vergingen, bis ich endlich herausfand, was wirklich die Ursache meiner Verdauungsstörungen war.

Experiment Nr. 3: Medikamente

Jahrelang war ich in neurologischer Behandlung und immer bekam ich zu hören, dass mich nur eine medikamentöse Behandlung vor einer unheilvollen Zukunft mit MS bewahren würde. Ich hatte eine Abneigung gegen Medikamente und Spritzen und schob die Sache so lange vor mir, her wie ich nur konnte. Schließlich geriet ich an einen besonders hartnäckigen Neurologen in Stanford, der darauf bestand, mir eines der besten drei Medikamente für MS zu verschreiben, die umgangssprachlich auch als „ABC-Drugs“ (im Englischen, Anm. d. Ü.) bekannt sind. Er stellte mich vor die Wahl und ich entschied mich für das Medikament mit den wenigsten Nebenwirkungen und spritzte es mir vier Jahre lang jeden Abend.

Ich konnte keine Veränderung meiner Symptome feststellen, wahrscheinlich auch, weil ich zu diesem Zeitpunkt die MS mithilfe meiner Entspannungsübungen gut in den Griff bekommen hatte. Nur kamen drei neue Symptome hinzu, die ich die „drei Streiche“ nannte.

Der erste Streich war die Lipoatrophie – wortwörtlich das Verschwinden von Fett. An jeder Einstichstelle im Fettgewebe meines Körpers erholte sich das Gewebe nicht mehr. Die Injektionen hinterließen tiefe Dellen an Oberschenkeln, Hüfte und Bauch – nicht sehr schön, aber man kann das als Nebenwirkung einer sogenannten lebensverlängernden medikamentösen Behandlung in Kauf nehmen. Der zweite Streich jedoch war deutlich besorgniserregender. Eines Abends begann mein Herz 15 Minuten nach der Injektion unkontrollierbar zu rasen. Ich hatte Schmerzen und Engegefühl in der Brust. Mir wurde kalt und klamm und ich dachte, ich hätte einen Herzinfarkt. Meine zuständige Krankenschwester hatte mich gewarnt, dass der Herzinfarkt eine nicht seltene Nebenwirkung dieses Medikaments sei, aber diese Information war während der Attacke selbst nicht wirklich tröstlich. Der dritte und letzte Streich war eine Infektion an einer Einstichstelle an der Hüfte. Es dauerte sechs Monate und genauso viele Termine in der Wundambulanz plus weitere Monate, die ich mit Wundpflege verbrachte, bis sie endlich vollständig geheilt war. Ich habe immer noch eine Narbe, die mich an diese unangenehme Erfahrung erinnert.

Da ich meine MS mit Stressabbau und Entspannungstechniken so gut im Griff hatte, beschloss ich, auch im Hinblick auf die Nebenwirkungen der Injektionen, das Medikament abzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich, dass ich, wenn ich diese Krankheit wirklich besiegen wollte, eine Lösung außerhalb der modernen Schulmedizin finden musste. Glücklicherweise wartete schon das nächste Experiment auf mich.

Experiment Nr. 4: Den Darm heilen

Das vierte und letzte Experiment war, was ich „den Darm heilen“ nenne. Damals wusste ich nicht, dass mit der Heilung meines Darms auch die MS geheilt werden würde, aber so kam es dann. Im Herbst 2010 waren meine MS-Symptome trotz Entspannungsübungen sehr präsent. Jeden Morgen fühlten sich meine Beine nach dem Erwachen schwer wie Blei an. Selbst der Gang vom Bett in das Badezimmer fühlte sich an, als würde ich durch knietiefes Wasser waten. Und an den meisten Tagen hatte ich das Gefühl, als wäre mein Rumpf mit engen Gummibändern festgezurrt.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich schon intensiv mit Ernährung auseinandergesetzt und ich wusste, dass bestimmte Nahrungsmittel – und dazu können auch sogenannte „gesunde“ Lebensmittel gehören – meine Verdauungsstörungen auslösen können. Ich entschied mich, eine Beraterin für funktionelle Ernährung aufzusuchen. Eine Reihe von Untersuchungen ergab, dass ich sensibel auf Gluten, das ist das Klebereiweiß im Weizen, und auf viele weitere Getreidearten sowie auf Sojasauce reagiere. Meine Ernährungsberaterin klärte mich über die Gefahren des Glutens auf und wie eine durchlässige Darmschleimhaut autoimmune Reaktionen erzeugen kann. Einen Monat lang begleitete sie mich durch eine Ausschlussdiät. Hiermit einher ging die Anfertigung eines Protokolls zur Darmgesundheit. Ab diesem Tag vollzog ich eine radikale Entziehungskur für Gluten und innerhalb einer Woche hatte ich keine Verdauungsbeschwerden mehr.

Nach vier Wochen glutenfreier Ernährung waren auch alle MS-Symptome verschwunden. Meine schweren Beine wurden wieder leicht und mein Rumpf von den Gummibändern befreit. Ich nenne diese Erfahrung mein „Heureka“-Experiment.

Zuerst war ich nur vorsichtig optimistisch. Wie konnte eine einfache Umstellung der Ernährung und eine Darmsanierung eine „unheilbare“ Krankheit aufhalten, wenn ein halbes Dutzend Neurologen mir immer und immer wieder versicherten, ich könne absolut nichts dagegen tun? Ich wurde sehr nachdenklich und kam wieder zu der ursprünglichen Frage zurück, die am Anfang dieser fast 30-jährigen Reise stand: Weißt du denn, warum du an MS erkrankt bist?

Je mehr ich lerne, desto komplexer, aber auch klarer wird die Antwort auf diese Frage. Es war nicht nur das Resultat meiner schwierigen Kindheit, wie ich all die Jahre zuvor dachte. Auch war das Gluten nicht allein verantwortlich für meinen Zustand. Heute glaube ich, dass die MS viele verschiedene Ursachen hat, die – alle zusammengenommen – mein Mikrobiom aus dem Gleichgewicht brachten, meine Darmschleimhaut beschädigten und eine autoimmune Reaktion auslösten, die erst dann aufhörte, als ich die entzündungsauslösenden Faktoren beseitigte.

Haben Sie von dem Begriff „toxische Belastung“ gehört? Damit ist die Summe aller Giftstoffe gemeint, die sich in unserem Körper ansammeln. Stellen Sie sich vor, jeder von uns trüge ein Fass mit sich herum, in dem sich Giftstoffe schneller ansammeln, als sie entsorgt werden können. Entzündungsfördernde Faktoren wie industriell verarbeitete Lebensmittel, Infektionen, Metalle, Plastik und chronischer Stress füllen das Fass so lange, bis es irgendwann einmal überläuft. In diesem Moment sind die Ausscheidungsorgane unseres Körpers überfordert, unser Immunsystem wird gestört und unsere Darmschleimhaut wird durchlässig. Diese pathologische Störung ist auch unter Leaky-Gut-Syndrom oder ‚pathologisch durchlässige Darmwand‘ bekannt. Wenn große Proteine und andere Moleküle die natürliche Barriere durchbrechen, reagiert das kranke Immunsystem mit dem Angreifen der Nahrungsbestandteile und anderer Eindringlinge. Dieser Vorgang geht stets zuungunsten unseres körpereigenen Gewebes aus. Das ist jetzt eine vereinfachte Erklärung der autoimmunen Kaskade. Meine Gene machen mich empfänglich für MS und genau das zeigte sich, als mein persönliches Fass überfloss.

Was war in meinem toxischen Fass? Neben den Klassikern Stress und Gluten waren eine ordentliche Portion Quecksilber und ein Candida-Befall des Darmes die Übeltäter. Das hatte ich meiner Vorliebe für Süßigkeiten, extra Impfungen auf Auslandsreisen, einer hormonellen Störung (zu viel Cortisol), einem Vitamin-D-Mangel und einer Insulinresistenz zu verdanken.

Wie wurde ich wieder heil? Indem ich mein Giftfass leerte und meine Darmschleimhaut heilte. Ich fand heraus, auf welche Dinge ich mit Entzündungen reagiere und bemühte mich, so gut es ging, diese zu meiden. So konnte ich die selbstgewählte Ausdrucksweise meiner Gene ändern und den autoimmunen Schüben Einhalt gebieten.

Vorher und Nachher

Zwischen 1984 und 2010 hatte ich ein halbes Dutzend MRTs, die mehrere Läsionen der weißen Substanz meines Gehirns zeigten, einschließlich scharf umgrenzter Läsionen, den sogenannten Dawson Fingern. Ich hatte eine ganze Reihe an unterschiedlichen Symptomen, einschließlich Taubheit und Gefühllosigkeit am ganzen Körper, das Lhermitte-Zeichen, optische Neuritis und Sensibilitätsstörungen an Rumpf und Gliedmaßen. Meine Symptome kamen und gingen, besonders starke Schübe traten nach stressigen Ereignissen auf. Während meine Symptome zunahmen und wieder zurückgingen, fühlte ich mich durchgehend, als sei ich an eine Steckdose angeschlossen, die verheerende Stromschläge durch meinen Körper jagt.

Seit 2010 habe ich keine Symptome mehr und fühle mich nicht mehr ständig wie unter Strom. Moderne Untersuchungsmethoden haben meine Intoleranz für Gluten und meine durchlässige Darmwand bestätigt. Heutzutage kann man sich auf Antikörper testen lassen, um zu sehen, ob das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift oder nicht. Im Fall der Multiplen Sklerose richten sich die Angriffe gegen die Myelinscheide, die schützende Hülle der Nervenfasern. Ein 2014 durchgeführter Bluttest bestätigte, dass meine Antikörper gegen die Myelinscheide im „normalen“ Bereich lagen, d. h. mein Immunsystem wandte sich nicht mehr länger gegen die Myelinscheide meiner Nerven. 2017 bestätigte ein MRT meines Gehirns, dass nicht nur keine neuen Läsionen dazugekommen waren, sondern alte sich zurückgezogen hatten und kleiner geworden waren. Heute bin ich kerngesund. Wie mein Neurologe sagte: „Die Geschichte könnte besser nicht sein.“

Wie endet meine Geschichte? Es stellte sich heraus, dass die Umkehrung meiner MS erst der Anfang war. 2012 gab ich meinen Beruf auf, weil ich wissen wollte, wie eine unheilbare Krankheit geheilt werden kann. Seitdem habe ich herausgefunden, dass es wissenschaftliche Studien und zahlreiche Erfolgsgeschichten gibt, die belegen, dass Autoimmunerkrankungen reversibel sein können. Ich startete die Onlineplattform www.Beatautoimmune.com (jetzt: www.palmerkippola.com; Anm. d. Verlags), um meine Herzensangelegenheit, Erfahrungsberichte und wissenschaftliche Erkenntnisse zur natürlichen Behandlung autoimmuner Erkrankungen zu teilen. Inzwischen bin ich zertifizierte Therapeutin für funktionelle Gesundheitsberatung und arbeite mit derselben Ernährungsberaterin zusammen, die mich 2010 auf meinem Weg zur Heilung begleitete. Gemeinsam unterstützen wir Klienten, die aktiv an ihrem Heilungsprozess von autoimmunen Beschwerden arbeiten möchten.

Dieses Buch ist eine Zusammenfassung all dessen, was ich auf meiner eigenen Reise gelernt habe und in der Arbeit mit meinen Klienten umsetzen kann. Anders gesagt geht es um all das, was ich im Alter von 19 Jahren gern gewusst hätte. Ich hoffe, dass dieses Buch auch Ihnen auf dem Weg zur Heilung helfen wird und dass sie schneller Ihr Ziel erreichen als ich es tun konnte.

Überblick

Eine Krankheit passiert nicht einfach so; für jede Krankheit gibt es eine Ursache, die es herauszufinden gilt, wenn man sie heilen möchte.

—W. LEE COWDEN, ganzheitlicher Arzt,Kardiologe und Gesundheitsberater

Sobald meine Symptome verschwunden waren und auch die Laborbefunde bestätigten, dass meine Krankheit geheilt war, machte ich mich daran, so viel wie möglich über MS und andere Autoimmunerkrankungen herauszufinden. Ich verbrachte meine Tage damit, alle möglichen biomedizinischen Studien zu durchforsten und vertiefte mich besonders in PubMed.gov (textbasierte Meta-Datenbank referierend auf medizinische Artikel; Anm. d. Verlags), dessen Wissensfundus fast endlos erscheint. Ich wälzte dicke wissenschaftliche Publikationen wie z. B. das Journal of Autoimmunity. Ich las Donna Jackson Nakazawas wichtiges Buch Autoimmune Epidemic, eine faszinierende Lektüre über die Bedeutung von Umweltgiften als mögliche Hauptursache für den massiven Anstieg dieser Krankheiten. Ich verschlang Dr. David Perlmutters Dumm wie Brot: Wie Weizen schleichend Ihr Gehirn zerstört und lernte, wie Getreide unser Gehirn und unseren Körper kaputt machen kann. Und ich erfuhr aus Dr. Bruce Liptons bahnbrechendem Werk Intelligente Zellen etwas über die erste von drei äußerst aufregenden wissenschaftlichen Entdeckungen, nämlich der Epigenetik.

Gute Nachricht Nr. 1: Epigenetik überholt Genetik

Zwei Jahrzehnte lang brachte der Professor und Zellbiologe Dr. Bruce Lipton an der medizinischen Fakultät der Universität Wisconsin seinen Studenten bei, was er als das „zentrale Dogma“ bezeichnete – dass unser Schicksal von unseren Genen bestimmt wird. In anderen Worten: Der Glaube, dass alles, was unsere Eltern hatten, auch uns befallen wird. Im Jahr 1985, während er Gastdozent an einer medizinischen Hochschule in der Karibik war, hatte Dr. Lipton eine grundlegende Einsicht: Während er Forschungsergebnisse zu Zellstudien überarbeitete, kam ihm der Gedanke, dass das Leben einer Zelle nicht von Genen, sondern dem physischen und energetischen Umfeld bestimmt wird.

Während diese Perspektive von all jenen misstrauisch beäugt werden würde, die den neuen biologischen Erkenntnissen skeptisch gegenüberstanden, sollten Dr. Liptons eigene Forschungen an der Universität von Stanford diese Hypothese einige Jahre später bestätigen. Dr. Lipton legte drei identische Stammzellen in drei getrennten Petrischalen und mit unterschiedlichen Nährmedien an, es war die einzige Variable in seinem Experiment. Diejenigen, die an der herkömmlichen Theorie der genetischen Lehre festhalten würden, hätten davon ausgehen müssen, dass sich in den drei Petrischalen identische Zellen entwickeln würden. Die Resultate aber waren verblüffend: in jeder Petrischale hatten sich unterschiedliche Zellen entwickelt. In der ersten wuchsen Knochenzellen heran, in der zweiten Fettzellen und in der dritten Muskelzellen. Es stellte sich heraus, dass nicht der Zellkern (also das „Gehirn“ der Zelle, in dem die genetische Information angelegt ist) das Schicksal dieser Zellen bestimmte, sondern es kam auf das Medium – also die Umgebung – an.

Der neue Wissenschaftszweig, der dieses Phänomen der Umwelteinflüsse zu erklären versucht, wird Epigenetik genannt. Der Begriff Epigenetikbedeutet wörtlich „zusätzlich zu den Genen“. Stellen Sie sich Ihr Genom (die Summe all Ihrer Gene) als Computerhardware vor, dann ist das Epigenom das Softwareprogramm, das die Funktionen des Computers steuert.

Im Jahr 2014 trat ich dem Institute for Functional Medicine (IFM) bei, welches ich über die Ernährungsberaterin kennengelernt hatte, die meinen Weg zur Heilung begleitete. Wir nahmen beide an der Jahreshauptversammlung des Verbandes teil, an der der Biologe Dr. Randy Jirtle den Linus Pauling-Preis für seine Verdienste als „Vater der umweltbedingten Epigenomik“ entgegennahm.

In einer der faszinierendsten Demonstrationen von Epigenetik in Aktion, dem Agouti-Mäuse-Experiment, zeigten Dr. Jirtle und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Robert Waterland, dass sich die Ernährung bei genetisch identischen, trächtigen Mäusen auf den Körperbau und die Anfälligkeit für Krankheiten des neugeborenen Nachwuchses auswirkt. Agouti ist auch der Name eines Gens, das Mäuse fett, gelb und anfällig für chronische Krankheiten machen kann. In ihrem Versuch fütterten Jirtle und Waterland die trächtigen Mäuse mit Vitaminen, einschließlich Vitamin B12, Cholin und SAMe. Die Kontrollgruppe der Mäuse, denen keine Vitamine gefüttert wurden, gebaren übergewichtige und diabetische Jungmäuse, die aufgrund des Agouti-Gens anfällig waren für andere Krankheiten. Der Nachwuchs der mit Vitaminen gefütterten Mäuse dagegen waren schlank, braun und weniger anfällig für Übergewicht und Krankheiten. Es stellte sich heraus, dass die Nährstoffe das schädliche Agouti-Gen in der Nachwuchsgeneration abgeschaltet hatten, und zwar lebenslang!

Das ist die Macht der Epigenetik. Es bedeutet, dass wir selbst durch unseren Lebensstil beeinflussen können, welche Gene aktiviert werden oder nicht. Dazu gehören die Entscheidungen, die wir tagtäglich in Bezug auf unsere Ernährung treffen – wir werden es im nächsten Kapitel ausführlich besprechen.

Meine Begegnung mit der Funktionellen Medizin

Als ich erst einmal auf den Geschmack der Funktionellen Medizin gekommen war, wollte ich unbedingt mehr darüber erfahren. Ich meldete mich für einen Lehrgang über Immun-Entgleisungen am IFM an (wie mir das als Laie gelang, ist mir heute noch nicht klar). Als der Dozent wissen wollte, wieviel Ärzte, ganzheitliche Therapeuten, Osteopathen, Pflegepersonal, Chiropraktiker und Ernährungsberater anwesend seien, schossen die Hände der mehreren hundert Teilnehmer reihenweise hoch. Nur ich saß still wie eine Kirchenmaus in der hintersten Reihe und rührte mich nicht. Der Ärztin zu meiner Linken wollte wissen, wer ich denn sei und ich antwortete ihr, dass ich meine MS überwunden hatte und nun so viel wie möglich darüber erfahren wolle. Sie lachte und stellte mich einer ganzen Reihe von Menschen vor, die mir ihre Ressourcen zur Verfügung stellten und mein Projekt unterstützten. Ich hatte zwar keinen Doktortitel, wurde aber sehr herzlich in der Szene willkommen geheißen. Auf diesem IFM-Lehrgang lernte ich die zweite aufregende wissenschaftliche Entdeckung kennen.

Gute Nachricht Nr. 2: Unsere Umgebung zählt mehr als unser Genom

Zu Beginn erklärte Dr. Mark Hymann uns, was Funktionelle Medizin überhaupt ist – die Wissenschaft, durch eine gesunde Lebensweise Gesundheit soweit herzustellen, dass die Krankheit quasi als Nebenwirkung verschwindet. Er beschrieb Gesundheit als einen Zustand der Ausgeglichenheit, der im einfachsten Fall hergestellt werden kann, indem man die Ursache des Ungleichgewichts entfernt und zudem etwas hinzufügt, was das Gleichgewicht wiederherstellen kann. Er zeigte anhand einer PowerPoint, dass 90 % aller chronischen Krankheiten nicht auf das Genom, sondern auf das Exposom unserer Umwelt zurückzuführen sind, also die Summe aller krankmachenden Faktoren in unserer Umgebung. Ha! Innerlich jubelte ich, weil meine Annahme, dass wir unsere Gesundheit in unseren Händen halten, bestätigt wurde und das mehr als wir es uns je vorstellen konnten.

In meinen fünf Jahren am IFM habe ich zusätzliche Beweise gesehen, die die These: 90 % Umwelt und 10 % Gene bestätigen, einschließlich einer überarbeiteten Studie zur Krebsforschung namens Cancer Is a Preventable Disease That Requires Major Lifestyle Changes, laut der nur 5 bis 10 % des Krebsrisikos auf defekte Gene und 90 bis 95 % auf Umweltfaktoren und Lebensstil zurückgeführt werden können.1 Selbst die CDC (= Centers for Disease Control and Prevention sind eine US-Bundesbehörde des amerikanischen Gesundheitsministeriums; Anm. d. Verlags) erkennt die Bedeutung der Umweltfaktoren an: „Leider mussten wir feststellen, dass Genetik nur etwa für 10 % aller Krankheiten verantwortlich ist. Die verbleibenden Ursachen sind aller Wahrscheinlichkeit nach in der Umwelt zu finden. Um diese Ursachen und letztendlich die Prävention von Krankheiten verstehen zu können, müssen wir auch Umweltfaktoren untersuchen.“2

Stellt sich die Frage, welche Umweltfaktoren dazu führen, dass immer mehr Menschen an Autoimmunerkrankungen leiden. Diese Frage motivierte mich, noch tiefer zu gehen und „Gute Nachricht Nr. 3“ zu erforschen: Die Autoimmun-Gleichung.

Gute Nachricht Nr. 3: In der Autoimmun-Gleichung liegt die Antwort, die wir brauchen, um Autoimmunerkrankungen umzukehren

Bis zu den 2000er Jahren galten Gene und Umweltfaktoren als die entscheidenden Ursachen für Autoimmunerkrankungen. Die Frage aber, die niemand beantworten konnte, war: Wie treffen diese zwei Welten aufeinander, um autoimmune Reaktionen zu entfesseln? 2008 veröffentlichte Dr. Alessio Fasano, ein renommierter Gastroenterologe und Forscher am Massachusetts General Hospital for Children, eine Studie, die eine dritte Komponente in der Autoimmun-Gleichung nachweisen konnte: eine pathologische Durchlässigkeit der Darmwand, auch Leaky-Gut-Syndrom genannt.

Schon die Zusammenfassung der Studie räumt mit existierenden Mythen auf und bringt gute Neuigkeiten: „Dieses neue Paradigma zerschlägt tradierte Theorien zur Entstehung von Autoimmunität … und geht davon aus, dass das autoimmune Geschehen angehalten werden kann, wenn das Zusammenspiel von Genen und umweltbedingten Triggern durch die Wiederherstellung einer kompetenten Darmschleimhaut untergraben werden kann.“3

Dr. Fasanos Erkenntnisse bringen Hoffnung und Anhaltspunkte für alle, die ihre autoimmune Krankheit mithilfe einer einfachen Gleichung heilen wollen:

Von diesen aufregenden wissenschaftlichen Erkenntnissen beflügelt, verbrachte ich meine Tage damit, nach den auslösenden Umweltfaktoren zu fahnden. Ich dachte, wenn es einen einfachen Weg gäbe, den Menschen zu erklären, was ihre Darmwand kaputt macht und autoimmune Vorgänge auslöst, dann könnten sie besser verstehen, worum es geht und schneller und einfacher den Weg der Heilung gehen. Ich arbeitete eine Tabelle der schädlichen Umwelteinflüsse aus und stellte jedem Faktor eine passende, ernährungsorientierte Lösung gegenüber. Mit meiner Ursachen-Umkehrungs-Checkliste für Autoimmunerkrankungen gewappnet, bat ich zahlreiche Autoimmunexperten, darunter Ärzte für Funktionelle Medizin, Therapeuten und Wissenschaftler, um ein Feedback. Sie stellten mir großzügig ihre Zeit zur Verfügung und unterstützten meine Mission.

Damit die zahlreichen umweltbedingten Trigger besser im Gedächtnis hängen bleiben, dachte ich mir eine Eselbrücke aus, damit keines der sechs Hauptgebiete vergessen wird, die für eine vollständige Heilung ins Gleichgewicht gebracht werden müssen: Food (Ernährung), Infections (Infektionen), Gut Health (Darmgesundheit), Hormone Balance (Hormonhaushalt), Toxins (Gifte) und Stress (Stress) – F. I. G.H.T.S TM. Ich wünschte, es würde PEACE heißen, aber das Universum schickte mir ein Wort, das mit der „Ich schaffe das“-Einstellung in Resonanz ging. Diese hatte mein Vater in mir geweckt, als er mir sagte, ich könne „die MS besiegen“.

Ich führte Gespräche mit und sammelte Erfahrungsberichte von mehr als einem Dutzend Autoimmunexperten – Ärzten, Autoren und Therapeuten für Funktionelle Medizin – die selbst von als nicht reversibel bezeichneten Autoimmunkrankheiten und entzündlichen Vorgängen betroffen waren: Zöliakie, Morbus Crohn, Morbus Basedow, Hashimoto-Thyreoiditis, Lupus, Lyme-Borelliose, Chronisches Erschöpfungssyndrom, Fibromyalgie und progrediente MS. Jeder meiner Gesprächspartner konnte von medizinischen Fehlinformationen berichten. Dazu gehörten:

„Es gibt nichts, was Sie dagegen tun können.“

„Es ist alles nur in Ihrem Kopf.“

„Sie werden lebenslang Medikamente einnehmen müssen.“

„Sie sind einfach nur depressiv.“

„Ernährung hat damit überhaupt nichts zu tun.“

„Ich möchte Sie gern an einen Psychiater überweisen.“

Glücklicherweise gelang es jedem Einzelnen, sich aus der Kurzsichtigkeit der modernen Medizin zu befreien und sie wurden mithilfe verschiedener naturheilkundlicher Ansätze geheilt. Obwohl die individuellen Umstände variierten, gelang es den Betroffenen, sich selbst zu heilen, indem sie die Ursachen direkt angingen, entzündungsfördernde Faktoren beseitigten und auf die richtige Ernährung achteten.

Alle hatten auch eine Darmsanierung gemacht. Warum? Weil die Einbeziehung der Darmwand im Kampf um die Gesundheit und gegen Krankheit an vorderster Front steht – die verletzliche Membran, die den Körper vor der Außenwelt schützt. Es hat sich herausgestellt, dass entzündungsauslösende Faktoren wie toxische Nahrungsmittel, Chemikalien, Medikamente und selbst Stress die Darmschleimhaut schädigen, sie durchlässig werden lassen und die autoimmunen Reaktionen auf die Überholspur katapultieren. Mit der Zeit bleiben die entzündlichen Vorgänge nicht mehr lokal begrenzt, sondern werden für den ganzen Organismus zum Problem und überlasten das Immunsystem – genau das System, das eigentlich für die Heilung des Körpers verantwortlich ist.

Welcher entzündungsauslösende Faktor richtet an der Darmwand den größten Schaden an? Das, was wir immer, ständig und jeden Tag mehrmals zu uns nehmen – die industriell verarbeiteten und mit Chemikalien belasteten Lebensmittel. Jeder der von mir befragten Experten antwortete auf meine Frage nach der wichtigsten Veränderung, die bei einem autoimmunen Geschehen notwendig sei, mit „Fangen Sie bei der Ernährung an“. Ganz spezifisch betonten alle die Bedeutung, Zucker, Gluten und Milchprodukte vom Speiseplan zu streichen. Das wird auch unser Ausgangspunkt sein, aber zuerst möchte ich noch ein paar Hinweise geben.

Wie Sie das Beste aus diesem Buch herausholen

• Ihnen ist vielleicht aufgefallen, dass die Kapitel 1–6 nicht der Buchstabenfolge in F. I. G.H. T. S. entsprechen. Der Grund dafür ist, dass das Kapitel „Heilen Sie Ihren Darm“ natürlich an das Kapitel „Fangen Sie bei der Ernährung an“ anschließen muss. Auch das Kapitel „Der gesunde Hormonhaushalt“ steht an letzter Stelle, weil die Hormone in Bezug auf alle anderen Themen ganz zum Schluss aufgeführt werden müssen. Während jedes Kapitel auch einzeln für sich gelesen und bearbeitet werden kann, empfehle ich Ihnen trotzdem, die Reihenfolge der Kapitel einzuhalten.

• Dieses Buch ist als Handlungsleitfaden gedacht. Nehmen Sie einen Stift zur Hand und machen Sie sich Notizen. Sie dürfen Randbemerkungen, Eselsohren und Textmarker überall dort ansetzen, wo Sie sich von Konzepten oder Beschreibungen angesprochen fühlen. Führen Sie Tagebuch und notieren Sie das, was Sie in den Erfahrungsberichten, den wissenschaftlichen Beiträgen oder der praktischen Umsetzung besonders interessant finden. Schreiben Sie auf, was Sie umgesetzt haben und welche Ergebnisse Sie damit erzielen konnten.

• Vielleicht lesen Sie das Buch in einem Stück und lesen dann einzelne Kapitel noch einmal nach und nach. Vielleicht treten Sie auch sofort in Aktion und setzen das Gelesene gleich um. Alles ist erlaubt!

• Ich habe besondere Toolkits ausgearbeitet, die Ihnen „Werkzeuge“ für die praktische Umsetzung an die Hand geben sollen. Sie sollen Ihnen als Orientierung dienen und Ihnen verschiedene Handlungsoptionen aufzeigen. Wenn Ihnen bestimmte Vorschläge besonders gut gefallen, versuchen Sie es einfach. Das Ausprobieren ist hier wichtig. Sie sind auf der Suche nach Ihren persönlichen Ursachen und Triggern.

• Während Sie viel für sich selbst tun können, werde ich immer wieder darauf hinweisen, dass es wichtig ist, mit einem funktionellen/ganzheitlichen/naturheilkundlichen Therapeuten zusammenzuarbeiten. Natürlich wäre es von Vorteil, die Kosten für eine Behandlung von den Krankenversicherungen übernehmen zu lassen. Leider passt eine kompetente und fachkundige Begleitung auf diesem Gebiet nicht in das Paradigma der modernen Medizin mit ihren 10 bis 15-minütigen Beratungszeitfenstern. Ganzheitlich arbeitende Experten nehmen sich für eine Beratung 1 bis 1,5 Stunde Zeit und können dies oft nicht mit den Krankenkassen abrechnen. Sie werden einen Eigenanteil leisten müssen. Machen Sie so viel wie möglich selbst, gönnen Sie sich aber genauso viel professionelle Unterstützung.

• Manche Empfehlungen in diesem Buch überlappen sich, z. B. bestimmte Nahrungsergänzungsmittel, die Empfehlung, viele Ballaststoffe zu essen und die Hinweise auf Entspannungstechniken. Das ist absichtlich so gedacht, heißt aber nicht, dass diese Dinge zusätzlich geleistet werden sollen. Ein Beispiel: In dem Kapitel über Ernährung empfehle ich eine tägliche Dosis von 4000 mg Omega-3-Fettsäuren als reguläre Einnahme bei einer Autoimmunerkrankung. Omega- 3-Fettsäuren werden auch unter „Heilen Sie Ihren Darm“ und „Fangen Sie mit Ernährung an“ erörtert. Behandeln Sie die zusätzlichen Empfehlungen als Variante einer schon bekannten Idee und nicht als Hinweis, zusätzlich 8000 mg an Omega-3-Fettsäuren einzunehmen.

• Vielleicht überlegen Sie, wie lange es wohl dauern wird, bis Sie wieder gesund sind. Die beste Einschätzung, die ich geben kann, ist, wenn Sie sich an die Empfehlungen in den Kapiteln über Ernährung und Darmgesundheit halten, sich in den ersten drei Monaten eine leichte Besserung und vielleicht sogar eine deutliche Besserung einstellen wird. Es gibt Menschen, die sich innerhalb von wenigen Wochen nachdem Sie aufhören, Zucker zu essen, deutlicher besser und leichter fühlen. Wie Sie wahrscheinlich wissen, treten Autoimmunkrankheiten nicht über Nacht auf. Es kann fünf oder zehn Jahre, manchmal auch Jahrzehnte dauern, bis sich schädliche Umweltfaktoren so weit aufgebaut haben, dass die Autoimmunität zum Ausdruck kommt. Tatsächlich entwickeln sich autoimmune Krankheiten entlang eines Spektrums: von der stillen Autoimmunität (hier steigt der Antikörperspiegel, es sind aber keine Symptome vorhanden), über den autoimmunen Ausdruck (hier beginnen Sie, Symptome zu spüren), bis hin zur eigentlichen Autoimmunerkrankung (die Symptome spitzen sich zu, es kann zu Gewebsschädigungen kommen). Wie lange es letztendlich dauert, bis Sie geheilt sind, hängt von mehreren Variablen ab. Es stellt sich die Frage, an welcher Stelle des Autoimmunspektrums Sie sich befinden, wie viel Gewebe – wenn überhaupt – bereits geschädigt ist, und auch Ihre eigene Einstellung zu dem Geschehen sowie vor allem Ihre Entschlossenheit, gesund zu werden und sich wieder wohlzufühlen, zählt. Mein Mentor in Sachen Biochemie, Steve Fowkes, hat die Faustregel erstellt, dass ein autoimmunes Geschehen in etwa einem Zehntel der Zeit wieder rückgängig gemacht werden kann, in der es entstanden ist. Wenn sich zum Beispiel über zehn Jahre hinweg etwas zusammengebraut hat, dann wird es circa ein Jahr dauern, bis Sie geheilt sind.

• Wenn Sie bereits mit den Toolkits für Ernährung und Darmgesundheit arbeiten und es Ihnen immer noch nicht besser geht, dann schlage ich vor, dass Sie sich auf Infektionen und Schwermetalle untersuchen lassen. Diese toxische Last zu reduzieren braucht Zeit. Entgiftungsexperten sind der Ansicht, dass es bis zu mehreren Jahren dauern kann, bis Blei und Quecksilber vollständig ausgeschieden sind. Wenn Sie alle F. I. G.H. T. S.-Punkte durchgearbeitet haben und selbst dann keine Besserung spüren, lesen Sie bitte im Anhang unter „Weiterführende Betrachtungen“ nach.

Wenn Sie schon seit geraumer Zeit mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben, dann ist es normal, skeptisch zu sein oder sich entmutigt zu fühlen. Aber bevor wir beginnen, möchte ich Sie bitten, die Möglichkeit der Hoffnung wieder in Ihr Leben zu lassen. Wenn Sie glauben, dass es eine Heilung geben kann, dann öffnen Sie die Tür nicht nur für Wellness und Wohlbefinden, sondern für ein anderes und oftmals besseres Leben. Es mag kitschig klingen, aber auf meine Frage, ob es in Ihrer Krankheit einen Hoffnungsschimmer gäbe, sprachen fast alle Interviewpartner davon, wieder „aufgewacht“ zu sein. Für jede/n war der Weg zurück in die Gesundheit eine Einladung, ganzheitlich zu denken und das wahre Selbst zu entdecken. Das ist das Geschenk.

Stress kann einen positiven Effekt haben, wenn man glaubt, dass man dadurch stärker werden kann. Ihre Einstellung ist vielleicht der wichtigste Einfluss auf Ihre Heilungschancen. Wenn Sie davon überzeugt sind, dass Sie es schaffen können, dann sind die Chancen sehr hoch, dass Ihnen das auch gelingen wird!

Mehr als jemals zuvor haben wir die Möglichkeit, die bislang als „unheilbar“ geltenden Autoimmungeschehen zu verhindern und zu heilen. Den Begriff Krankheit ersetze ich öfter durch das Wort Geschehen. Das ist Absicht, weil ich damit betonen will, dass diese Störungen nicht unabwendbar sind und viel mit unserem Lebensstil zu tun haben – mit unserem ganz persönlichen Umfeld. Wir haben die Wissenschaft, die Inspiration, die Laborbefunde und eine wachsende Anzahl an funktionellen/ganzheitlichen/naturheilkundlichen Therapeuten zu unserer Verfügung, die uns auf unserem Weg zurück zur Gesundheit begleiten können. Wir haben die Möglichkeit, unsere Gesundheit auf schnellstem Wege wiederherzustellen. Die Vorkämpfer, die ich in diesem Buch vorstellen werde, mussten viele Jahre und viel Geld in ihre Heilung investieren, insgesamt mehr als eine halbe Million Dollar. Dieser Weg bleibt Ihnen zum großen Teil erspart.

Großartig! Aber wie soll das funktionieren?

Fangen wir mit Ihrer nächsten Mahlzeit an.

KAPITEL 1

Auf die Ernährung kommt es an

Unsere Nahrung kann uns furchtbar krank machen – oder uns zu großer Gesundheit verhelfen.

— Dr. TERRY WAHLS

Die Bedeutung, die Nahrungsmittel für die Entstehung von Autoimmunerkrankungen haben, kann nicht oft genug betont werden und ist dennoch für die meisten Menschen schwer zu verstehen. Wie kann es sein, dass etwas so Gewöhnliches, Allgegenwärtiges, etwas so Einfaches und Grundlegendes solch drastische und kräftezehrenden Beschwerden auslösen oder gar heilen kann? Wenn Sie darin keinen Sinn erkennen können, dann sind Sie nicht allein. Ich hatte keine Ahnung, dass meine „ziemlich gesunde“ Ernährung – fettarm und reich an Vollkornprodukten – ein wichtiger Faktor in der Entstehung meiner MS gewesen sein könnte. Aber es ist genau dieses „tägliche Brot“, das ein destruktives autoimmunes Geschehen verursachen und im Umkehrschluss auch heilen kann. Glücklicherweise fand ich heraus, dass ich eine Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensitivität habe. Was ich aber nicht so leicht verstehen konnte, war die Tatsache, dass ich die 26 Jahre mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose in eine andere Richtung lenken konnte und das nur, weil ich einen einzigen Übeltäter aus meinem Speiseplan verbannte und mich anders ernährte.

Kann es so einfach sein? Diese komplexen, chronischen und oftmals lähmenden autoimmunen Beschwerden können rückgängig gemacht oder gar weitgehend geheilt werden, indem man auf ein paar Lebensmittel verzichtet? Die kurze Antwort lautet „ja“, auf viele Menschen trifft das zu. Von Dutzenden Therapeuten und durch die Beobachtungen meiner eigenen Klienten habe ich gelernt, dass bei Menschen mit Autoimmungeschehen eine 60- bis 100 % ige Heilung allein durch Ernährungsumstellung erreicht werden kann. Manche – und ich gehöre dazu – können so zu 100 % gesund werden.

Vielleicht hält Sie der Gedanke, auf die eine oder andere Lieblingsspeise verzichten zu müssen, davon ab, es einfach mal zu versuchen. Aber jede Reise ist machbar, wenn man Schritt für Schritt vorgeht, und so wird man mit der Zeit jede noch so steile Hürde nehmen können. Hier kommen meine heilenden Toolkits zum Einsatz. Meine Schritt-für-Schritt-Anleitung wird Ihnen helfen, den Weg in für Sie überschaubare Abschnitte aufzuteilen. Muss ich Sie noch mehr überreden? Schauen wir uns einmal an, welche Rolle die Ernährung für unsere Gesundheit spielt.

Was stimmt mit unserem Essen nicht?

Die Antwort auf diese scheinbar einfache Frage erfordert einen kurzen Überblick über die Evolution des Menschen und das Aufkommen chronischer Krankheiten. Für die meiste Zeit, die wir Menschen auf dem Planeten Erde verbracht haben, waren wir Jäger und Sammler. Wir verzehrten frische, vollwertige Lebensmittel, die in der Natur gesammelt oder gejagt wurden. Es gab nur wenig Getreide, keine Pestizide, keine Unkrautvernichtungsmittel und keine gentechnisch veränderte Nahrung. Im Mutterboden wimmelte es von Nützlingen, die Pflanzen wuchsen in ihrem natürlichen Tempo und in jeder Saison wurden dem Boden natürliche Spurenelemente in Vorbereitung für die nächste Jahreszeit zugeführt. Pflanzen und Tiere lieferten nahrhafte, nährstoffreiche und vollwertige Lebensmittel. Chronische Krankheiten gab es praktisch nicht.

Unsere Vorfahren lebten zwar nicht lange (dafür sorgten Infektionskrankheiten und Traumata), hatten aber auch so gut wie keine entzündlichen und degenerativen Krankheiten. Dieses Phänomen wurde von Anthropologen wie dem kanadischen Zahnarzt Weston A. Price dokumentiert, der herausfinden wollte, warum es in traditionellen Kulturen kaum Zahnkaries oder chronische Erkrankungen gab. Es stellte sich heraus, dass Menschen aus traditionellen Kulturen, die sich von regionalen Nahrungsmitteln ernährten, von Natur aus gesund und fit waren. Wären sie nicht an Tuberkulose erkrankt oder den Naturgewalten zum Opfer gefallen, hätten sie gut 70 Jahre oder älter werden können.

Moderne Ernährung und die Biologie des Menschen: eine evolutionstechnische Fehlpaarung

Lassen Sie uns bis zur industriellen Revolution vorspulen. Um die wachsende Bevölkerung Amerikas nach dem Zweiten Weltkrieg zu ernähren, führte man industrielle Landwirtschaft und Maschinen für die Massenproduktion ein. Riesige Mengen Getreide wie Weizen, Mais, Reis und Soja wurden verarbeitet und waren eine kostengünstige und einfache Energiequelle. Schließlich ist es einfacher und effizienter, tiefgekühlte und fertig verpackte Lebensmittel zu besorgen als umständlich nach Essbarem zu suchen.

Aber diese Bequemlichkeit hat ihren Preis.

Unsere Massenproduktion von Getreide, Öl und Tieren hat uns krank gemacht. Fast die Hälfte aller Erwachsenen ist heute von chronischen Krankheiten betroffen. In den Vereinigten Staaten sind diese Krankheiten für den Großteil der Todesfälle und Behinderungen verantwortlich und treiben die Gesundheitskosten in die Höhe. Einer der tragischsten Aspekte dabei ist, dass diese Krankheiten – die früher eher selten waren und wenn überhaupt, dann im hohen Lebensalter auftraten – heute Kinder und insbesondere junge Frauen betreffen. Nahrungsmittelintoleranzen, mysteriöse und oftmals lähmende Symptome, Insulinresistenz, Übergewicht und chronische Krankheiten werden zur Norm.

Es stellt sich heraus, dass unser moderner Lebensstil die Ursache des autoimmunen Geschehens ist und moderne Lebensmittel gehören zu den größten Übeltätern überhaupt. Mit der Umstellung von einer abwechslungsreichen, selbst gesammelten Ernährung zu nur einigen wenigen Grundnahrungsmitteln hin, nehmen auch Lebenserwartung und Gesundheit ab. Wir haben uns auch von einer entbehrungsvollen zu einer ständigen Nahrungsmittelverfügbarkeit bewegt (verpackte und konservierte Lebensmittel) und essen nun nicht mehr saisonale, sondern ganzjährig erhältliche Lebensmittel (importiert oder in Gewächshäusern angebaut). Die Abkürzungen, die uns diese billigen und schnell erhältlichen Nahrungsmittel bieten, passen aber nicht zur Biologie des Menschen. Unser Körper rebelliert gegen diese unnatürlichen Lebensmittel mit modernen und chronischen Krankheiten, die vor dem Zeitalter der intensiven Landwirtschaft extrem selten waren oder überhaupt nicht existierten. Manche bezeichnen diese modernen, chronischen Erkrankungen auch als „Mismatch-Erkrankungen“. In anderen Worten ausgedrückt: Die mit Zucker und chemisch hergestellten Produkten belastete amerikanische Standarddiät (SAD) – synonym „westliche Diät“ – führt uns auf direktem Wege zu Insulinresistenz, Übergewicht, Krebs und Autoimmunität.

Zurück zur Gesundheit

Die gute Nachricht ist, dass wir wieder gesund und vital werden können, wenn wir uns einer traditionelleren Ernährungsweise zuwenden. Oft geschieht das in relativ kurzer Zeit.

Wir wissen, dass Menschen, die aus traditionellen Kulturen stammen und westliche Ernährungsgewohnheiten übernehmen, unter den gleichen gesundheitlichen Problemen leiden, wie Menschen, die von Anfang an mit dieser Form der Ernährung aufgewachsen sind. Eine SAD kann selbst vorübergehend zu Diabetes, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, den größten Risikofaktoren für autoimmune Beschwerden. Die Ernährungsforscherin Kerin O’Dea stellte Untersuchungen mit australischen Aborigines an, die ihre Heimat im australischen Busch verlassen hatten und in die westlich geprägte Stadt Derby gezogen waren. Da sie nun Zugang zu raffinierten Kohlenhydraten hatten und sich dem bewegungsarmen Lebensstil anpassten, dauerte es nicht lange, bis sie übergewichtig wurden und Diabetes entwickelten. O’Dea führte eine siebenwöchige Studie durch, um zu sehen, was passiert, wenn diese Aborigines in ihre alte Umgebung im australischen Busch zurückkehrten und sich wieder von Fisch, Meeresfrüchten, Geflügel, Känguru, Knollengemüse und Buschhonig ernährten. Tatsächlich wurden die Aborigines mit ihren alten Ernährungsgewohnheiten nicht nur schlanker, sondern bemerkenswert gesünder. Entzündungswerte und Blutzucker besserten sich oder gingen vollständig zurück – in nur sieben Wochen!

Soll das womöglich heißen, wir alle sollten unsere Speere wetzen und auf der Suche nach Nahrung die Wildnis durchstreifen? Metaphorisch gesprochen würde das in die richtige Richtung gehen. Praktisch betrachtet genügt es, wenn wir zu versierten und modernen „Jägern und Sammlern“ werden, die sich auf die Suche nach den Nahrungsmitteln machen, die zu ihnen passen. Sobald Sie sich für Nahrungsmittel entscheiden, die ihrem biologischen Rhythmus entsprechen, passieren erstaunliche Dinge: Die Symptome chronischer Krankheiten verblassen und werden durch die ersten vitalen Triebe blühender Gesundheit ersetzt. Je weiter Sie auf Ihrem Weg zur Heilung voranschreiten, desto leichter wird es Ihnen fallen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, bis es wie eine zweite Haut sitzt.

Ernährung und die drei mächtigen Kräfte, die in Ihnen schlummern

Um die Bedeutung der Ernährung besser zu verstehen, hilft es zu wissen, was in Ihrem Körper vor sich geht. An Ihren alltäglichen Entscheidungen – was Sie essen, trinken, denken und tun – macht sich der Unterschied bemerkbar, ob Sie sich auf dem Weg zu Gesundheit oder Krankheit befinden. Drei der wichtigsten Faktoren in Sachen Gesundheit oder Krankheit finden in jedem von uns auf mikroskopischer Ebene statt und werden viele Male am Tag aktiv. Diese drei unsichtbaren und dennoch mächtigen Kräfte heißen Epigenetik, Mikrobiom und Mitochondrien. Jede dieser Kräfte reagiert in Echtzeit auf die Nahrungsmittel, die Sie täglich zu sich nehmen. Sich bewusst zu machen, was sie für uns bedeuten, ist ein erster, wichtiger Schritt. Schauen wir uns jede „Kraft“ einmal einzeln an, bevor wir das größere Bild betrachten.

Sie kennen sicherlich das Klischee „Du bist, was du isst“. Die moderne Wissenschaft hat bewiesen, dass diese Redewendung absolut der Wahrheit entspricht. Die Nahrungsmittel, die wir zu uns nehmen, sind nicht nur die Bausteine neuer Zellen, sondern bestimmen Biss für Biss unsere persönliche Gesundheitsgeschichte. Um den epigenetischen Aspekt der Ernährung besser zu verstehen, stellen Sie sich bitte vor, Sie würden zu Mittag einen Burger mit einer Hand essen. Stellen Sie sich nun vor, Ihre andere Hand ruht auf einem Lichtschalter. Wenn der Burger aus konventionell genetisch verändertem und mit Antibiotika belastetem Fleisch hergestellt, dann unter großer Hitze in raffiniertem Öl gebraten und in ein industriell gebackenes Burger-Brötchen geklemmt wurde, schalten Sie das Licht ein. Sie haben gerade Ihre krankmachenden Gene aktiviert. Und wenn Sie stattdessen einen Burger essen, der aus 100 % unbelastetem Fleisch besteht, in Ghee (geklärte Butter) bei mittlerer Hitze gebraten und in ein schönes, knackiges Salatblatt aus biologischem Anbau gewickelt wurde? Dann bleibt das Licht aus. Herzlichen Glückwunsch – Sie haben gerade Ihren gesundheitsfördernden Genen auf die Sprünge geholfen.

Das, was Sie essen, hat direkte Auswirkungen auf die Zusammensetzung und Funktion Ihres Mikrobioms. Zucker und industriell verarbeitete Lebensmittel füttern schädliche Fungi (Pilze), die Mykotoxine (Pilzgifte) produzieren und Hefebesiedelungen (Candida) begünstigen. Probiotische Lebensmittel wie zum Beispiel fermentiertes Gemüse fördern dagegen gute Bakterien, die unsere Darmflora gesund und im Gleichgewicht halten. Mit jeder Entscheidung, die Sie in Bezug auf Ihre Mahlzeiten treffen, geben Sie direkte Befehle an Ihre Gene („Zerstöre oder Heile“) und entscheiden, welchen Bakterien Sie Treibstoff liefern – denen, die Sie krank machen oder denen, die Ihnen zu Gesundheit verhelfen.

Sie wissen ja, dass unsere Nahrung gewissermaßen unser Treibstoff ist und ich möchte Ihnen erklären, wie es funktioniert: Die sogenannten Mitochondrien sind die winzigen, aber gleichzeitig mächtigen Kraftwerke unserer Zellen. Sie verwandeln das, was wir essen, in Energie. Man kann sie als wahre Kraftpakete bezeichnen, denn sie produzieren ganze 90 % davon! Die Anzahl und Effizienz Ihrer Mitochondrien sind wie ein Mikrokosmos, der Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden widerspiegelt. Wenn es Ihren Mitochondrien gut geht, dann fühlen auch Sie sich wohl und strotzen nur so vor Energie. Aber auch das Gegenteil trifft zu: Wenn die Mitochondrien durch Stress, Infekte, Giftstoffe und ungesunde Lebensmittel geschädigt werden, stellen sie die Energieproduktion ein.

SCHLÜSSELKONZEPT:Mit jeder Mahlzeit entscheiden SIE, ob Ihre gesunden oder Ihre krankmachenden Gene unterstützt werden.

Laut Mitochondrien-Experte und Neurologe Dr. Bruce H. Cohen ist einer der wichtigsten Gründe für die zunehmend schlechte Verfassung unserer Mitochondrien, dass wir zu viele minderwertige Lebensmittel essen und nicht genügend gesunde. Er warnt davor, dass unser Körper nur mit den wichtigen Bausteinen des Lebens und der Gesundheit versorgt werden kann, wenn wir ausreichend Phytonährstoffe, Antioxidantien, gesunde Fette, Proteine und Ballaststoffe essen.

Jetzt, wo Sie wissen, welche unsichtbaren Kräfte in Ihnen schlummern, werden Sie verstehen können, welche Folgen Ihre Entscheidungen in Bezug auf die Ernährung haben. Sie essen buchstäblich für Billionen von Mikroben! Für einige von Ihnen wird die Aussicht, die eigene Gesundheit in diesem Maße beeinflussen zu können, große Erleichterung bringen. Für andere wiederum wird der Druck der alltäglichen Entscheidung als Belastung empfunden werden. Wenn Sie zu den Letzteren gehören, dürfen Sie nicht vergessen, dass Sie nicht bei null anfangen oder den ganzen Weg allein gehen müssen. Die Nahrungsmittel aus meinem Toolkit Nahrung, die heilt werden Ihnen als Wegweiser dienen und Sie Schritt für Schritt auf den Pfad zu Wohlbefinden führen. Was jetzt in diesem Moment am meisten zählt, ist Ihre Bereitschaft, Ihre Ernährungsgewohnheiten unter die Lupe zu nehmen und bei Bedarf zu optimieren.

Nahrung, die heilt – eine Gebrauchsanweisung

Wo fängt man am besten an? Wie finden Sie heraus, welche Nahrungsmittel Sie meiden sollten und welche Sie benötigen, um die eigene Gesundheit zu optimieren? Ich hatte das große Glück, auf meinem Weg zur Gesundheit von einer Ernährungsberaterin für Funktionelle Medizin unterstützt zu werden. Sie klärte mich über toxische Lebensmittel auf, half mir herauszufinden, welche Lebensmittel ich nicht vertrage und erstellte mit mir zusammen ein Protokoll zur Darmgesundheit. Innerhalb von 30 Tagen hatte ich nicht nur meine persönlichen Trigger-Nahrungsmittel identifiziert und aus meinem Speiseplan entfernt, sondern hatte auch keine Verdauungsstörungen oder Autoimmunsymptome mehr.

Den Behandlungsablauf, der mir nach vielen Jahren autoimmuner Symptome wieder zu strahlender Gesundheit verhalf, wende ich in der Arbeit mit meinen Klienten an. Es ist dieser Ablauf, den ich Ihnen in diesem Buch Schritt für Schritt nahebringen möchte. Zuerst möchte ich Ihnen helfen, den Zusammenhang zwischen Ernährung und autoimmunem Geschehen zu verstehen. Wir werden spezifische Beispiele untersuchen, wie bestimmte Lebensmittel ein autoimmunes Geschehen auslösen und über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg aufrechterhalten können. Wir werden auch sehen, wie die Nahrung ein großer Heiler sein kann, auch wenn es sich nicht um einen primären Auslöser handelt. (In den folgenden Kapiteln werden wir auch andere, weit verbreitete Trigger unter die Lupe nehmen.) Viele Menschen können allein durch eine Ernährungsumstellung geheilt werden. Wenn ich es kann, können Sie es auch.

Bevor wir uns mit den Lösungen beschäftigen, sollten wir uns anschauen, wie Lebensmittel autoimmune Geschehen in Gang setzen können. Wenn Sie diese Zusammenhänge verstanden haben, werden Sie hochmotiviert sein, die Übeltäter aus Ihrem Speiseplan zu verbannen, die Ihnen so viel Schaden zufügen können.

Wie Lebensmittel uns schaden können

Wie ich bereits erwähnte, spielt die amerikanische Standarddiät (SAD) – oder „westliche“ Ernährungsweise – in der Entstehung der aktuellen autoimmunen Epidemie eine wesentliche Rolle. Industriell verarbeitete Lebensmittel, raffinierter Zucker, Gluten, Getreide, tierische Produkte aus Massenhaltung und ungesunde Fette (z. B. gehärtete, also chemisch veränderte Fette) und dazu die Mehrzahl der Pflanzenöle sind die Hauptübeltäter, was die Entstehung und Verfestigung autoimmuner Krankheiten betrifft. Ich will Ihnen erklären, wieso:

Ungefähr 75 % Ihres Immunsystems ist in Ihrem Darm – um genau zu sein: in der Schleimhaut Ihres Dünndarms – angesiedelt. Bei der Autoimmunität handelt es sich um eine Störung des Immunsystems. Auf die Hintergründe und Bedeutung entzündlicher Veränderungen im Darm werde ich in dem Kapitel über Darmgesundheit näher eingehen. An dieser Stelle ist es nur wichtig zu wissen, dass alles, was Entzündungen im Darm verursacht oder den Darm beschädigt, automatisch auch dem Immunsystem Schaden zufügt. Entzündungsfördernde SAD-Nahrungsmittel bringen die Darmflora aus dem Gleichgewicht (auch Mikrobiom-Dysbiose oder kurz: Dysbiose genannt), führen zu ernährungsbedingten Mangelzuständen und lassen die Darmwand porös werden (Leaky-Gut-Syndrom). Der Autoimmunität wird so Tür und Tor geöffnet.

Nahrungsmittelintoleranz und durchlässige Darmwand