Meine erste Begegnung mit Ayahuasca in Deutschland erwies sich für mich als sehr überraschend und tiefgreifend. Ich war so begeistert von der "Pflanzengeistfrau", dass ich mich auf den Weg in den Dschungel von Peru begab, um dort an den traditionellen Ayahuasca-Zeremonien der indigenen Shipibos teilzunehmen. Ich schildere meine Erlebnisse mit der deutschen Reisegruppe und mit den indigenen Shipibos. Außerdem beschreibe ich jede einzelne meiner Ayahuasca-Reisen und freue mich, interessierte Leser daran teilhaben zu lassen. Die "Große Mutter" bewegt die Menschen hin zu sich selbst, zum eigenen Zentrum und sie bewirkt dadurch eine spannende Entdeckungsreise.
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Seitenzahl: 175
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Impressum:
Ayahuasca – Mit Pflanzengeistfrau und Anakonda im Dschungel von Peru
Text: © Copyright by Hima
Covergestaltung: Hima
Druck: epubli - ein Service der Neopubli GmbH, Berlin
Ayahuasca – Mit Pflanzengeistfrau und Anakonda im Dschungel von Peru
Im Jahr 2015 machte ich mich auf den Weg in den
Dschungel von Peru, um bei den indigenen Shipibos tief in die Welt der
Ayahuasca-Zeremonien einzutauchen.
Ich erkundete nicht nur die Gesänge der dortigen Schamanen, sondern auch die Art, wie sie mit „der Medizin“ energetische Heilungsprozesse in Gang setzen.
Die Gesänge und das Wirken des Ayahuasca-Trankes sind dabei nicht voneinander zu trennen.
Auch in Deutschland arbeiten Menschen therapeutisch mit Ayahuasca. Ich habe auch hiervon einige Beispiele beschrieben.
Mag sich der Umgang mit „der großen Mutter“ auch unterscheiden, die Botschaft, die Essenz, bleibt immer gleich:
Komme zu dir selbst, sei du selbst, stehe zu dir selbst…
und nehme dich selbst wahr, als ein Teil der
allesverbindenden, allumfassenden Liebe.
Danke an Akhil-Shaman, der mich ermuntert hat, dieses Buch fertigzustellen.
Hima, geb. 1958 in Berlin-Spandau.
Ihre Neugier gilt den alternativen, energetischen Heilweisender Welt.
Sie absolvierte u.a. eine Ausbildung zur Psychologischen Beraterin
und eine Ausbildung in Neo-Schamanismus an der
Samuel-Hahnemann-Schule in Berlin, bei Andreas Krüger, Heidi Baatz und Donald Guss.
Dort auch Mitarbeit am „Schamanischen Ambulatorium“, ebenfalls geleitet von Heidi und Donald.
Außerdem sammelte sie bei ihrem langjährigen „Lehrer“ Satyamurti
tiefgreifende therapeutische Erfahrungen in Energie- und Atemarbeit (Energetische Heilweisen).
für meine Kinder Amelie und Tino,
für Nora
und
für mein Enkelkind Vincent
DEUTSCHLAND
3 REISEN
AYAHUASCA
Ein Gespräch mit einem Freund über Rauschdrogen und deren Auswirkungen, die wie ich finde auch oftmals destruktiver Art sind, führte dazu mich nach Ayahuasca zu erkundigen.
Ich hatte schon ein wenig darüber gelesen und auch einen Vortrag gehört, der von einem Paar gehalten wurde, das schon mehrere Male jeweils für einige Monate in Peru gelebt und dort Erfahrungen mit Ayahuasca gesammelt hatte.
Mittlerweile sind die beiden von peruanischen Schamanen in die Herstellung und den Umgang mit Ayahuasca eingeweiht worden und sie haben die Erlaubnis, therapeutisch mit Ayahuasca zu arbeiten.
Ich meldete mich also an, für ein Wochenende mit Ayahuasca.
Die Einnahme von Ayahuasca erfordert einige Vorbereitung.
Bei einem Vorgespräch erfuhr ich, dass ich eine Woche vor Einnahme eine besondere Diät befolgen musste:
keine Milchprodukte, keine Zitrusfrüchte, kein Fleisch, keinen Fisch, kein Öl, möglichst wenig Zucker und Salz ... keinen Alkohol.
Es ist eine Woche in der Körper und Geist sich nach und nach auf Ayahuasca einstellen können.
Beim Vorgespräch wurde gewünscht, dass ich möglichst genau davon berichte, wie es mir zur Zeit geht, was ich erwarte, was ich erfahren möchte und was meine Fragestellung ist.
Das fiel mir leicht.
Mein Thema war seit geraumer Zeit eine mögliche Auswanderung nach Südfrankreich mit den damit verbundenen Unsicherheiten:
Werde ich dort so leben können wie ich es mir wünsche und vorstelle? Werde ich meine Ideen dort verwirklichen können oder sagen mir die anderen, was ich zu tun und zu lassen habe?
Mir wurde deutlich, dass ich ziemlich genau wissen muss, was ich eigentlich wirklich will.
Ich muss für etwas stehen, sonst werde ich womöglich aus mir selbst herausgezogen.
Doch... wer bin ich denn??? Was will ich?
Ich zog drei Karten: Sorgen, Angst, Träume.
Für mich stellten diese drei Themen eine Widerspiegelung meiner jetzigen Situation in Bezug auf Frankreich dar.
Vom Ayahuasca erhoffte ich mir eine Antwort.
DAS KENNENLERNEN
Eine Woche nach dem Vorgespräch ist es endlich soweit!
Ich habe ausreichend geschlafen, um fit zu sein für eine lange und womöglich anstrengende Nacht. Um 14 Uhr nehme ich die letzte Mahlzeit zu mir, dann geht es los.
Zehn Menschen treffen sich etwas außerhalb von Berlin in einem Seminarhaus, umgeben von Natur samt Vogelgezwitscher. Paul und Lisa leiten die Gruppe. Viele kennen sich schon und sind „alte Hasen“.
Im Gruppenraum bekommt jeder einen Platz zugewiesen, an dem er sein Lager aufschlagen kann.
Luftmatratzen werden ausgerollt, Decken ausgebreitet, Kissen bereitgelegt. Ein Kreis von Liege- bzw Schlafstätten entsteht.
Doch der Tag ist noch jung und die Zeremonie beginnt erst am Abend, also kann jeder noch nach Lust und Laune seine Zeit verbringen. Das Wetter ist einigermaßen gut und so wandern die Teilnehmer im Park umher, reden miteinander und lernen sich kennen, während die Seminarleiter den Gruppenraum weiter vorbereiten.
Als die Gruppe um 20.00 Uhr wieder im Seminarhaus eintrudelt, herrscht schon eine angenehme Vertrautheit. Das gemeinsame Chi Gung im Park hat einiges dazu beigetragen.
In der Küche gibt es nun für alle noch eine große Tasse Tee, das letzte Getränk vor der Zeremonie.
Im Gruppenraum nimmt jeder auf seinem Lager Platz.
Paul und Lisa gehen herum und lassen noch einmal drei Karten ziehen.
Meine Karten sind diesmal:
Versprechen, Anhaftung und nochmals Träume.
Ich nehme mir vor diese Karten einfach sein zu lassen und mich nicht weiter darauf zu konzentrieren.
Es ist 22.00 Uhr und endlich dunkel. Jetzt wird es spannend!
Die Zeremonie beginnt mit einigen einleitenden und vorbereitenden Ritualen bei Kerzenlicht.
Der Raum füllt sich langsam mit angenehmer Stille.
Reihum geht nun jeder Einzelne nach vorn und bekommt von Paul ein kleines Glas gereicht, das mit Ayahuasca gefüllt ist.
Ich trinke in drei Schlucken, gehe zurück zu meinem Platz und mache es mir dort gemütlich.
Nach dem Trinken werden die Kerzen gelöscht und alles ist schwarz.
In die Stille hinein bahnen sich nun die Geräusche des peruanischen Dschungels ihren Weg, ausgesendet von einer CD.
Reise 1: Selbst-Besichtigung
Ich liege mit etwas aufgerichtetem Oberkörper auf meiner Luftmatratze, zugedeckt und mit einem Kissen unter meinem Kopf.
„Hmmmm...“, denke ich, „es ist schon spät. Wer weiß, ob hier überhaupt noch was passiert. Ich glaub' ich schlafe einfach! Augen zu!“
Und als ich das so dachte, entstand eine krisselige Fläche vor meinen Augen und plötzlich machte es „Bäng!“ und alles war bunt!
„Hä? Wie geil ist das denn!! Ich weiß nicht genau WO das ist! Ist es IN meinem Augen oder VOR meinen Augen oder in meinem Kopf?“
Ich öffne meine Augen und diese unglaublich schönen Farben und Muster schweben um mich herum, ich schließe meine Augen und in meinem Innern sieht es genauso aus.
Ich bin umgeben und ausgefüllt mit Formen, die sehr symmetrisch sind, fast wie Mandalas oder Fraktale. Alles ist unentwegt in Bewegung, verschiebt sich miteinander, ineinander, dreht sich, umkreist mich, nimmt mich auf und lässt mich ein Teil davon sein.
Wow! Das ist sooooo toll!
Gerade will ich einfach nur genießen, da steht sie vor mir und schaut mich an! Komischerweise weiß ich sofort wer das ist, obwohl ich sie noch nie zuvor gesehen hatte und auch gar nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt.
Es ist die Pflanzengeistin... eine Pflanzengeistfrau... ein weiblicher Pflanzengeist. Das weibliche Wesen einer Pflanze.
Das war total klar für mich und hat mich auch überhaupt nicht gewundert! Sie sieht sie aus wie eine Art Distel und schaut mich einfach nur an.
Ich schaue zurück.
Immer ist sie in Bewegung, schwebt so vor mir herum und betrachtet mich.
„Willst du mitkommen?“, fragt sie.
Ich freue mich riesig, dass sie mit mir redet und sage: „Ja!“
Schon will ich losmarschieren, da stoppt sie mich:
„Halt mal an! Wer geht vor?“
Ich sage: „Ich!“
Sie fragt noch einmal „Wer geht vor?“
Ich sage: „Ich!“
Dann wird es kompliziert. Ich bin verwirrt, denn sie versucht mich nun mit Absicht durcheinander zu bringen:
„ Du gehst vor, ich geh vor, du nach, du vor, ich hinterher du ich du vor ich nach vor nach du oder ich?“
Ich verstehe jetzt gar nichts mehr, doch sie schaut mich ruhig an und fragt nochmals: „Wer geht vor?“
Entschlossen erwidere ich „Du!“
Damit ist die Pflanzengeistfrau nun zufrieden. „Ich gehe vor und du folgst mir!“, belehrt sie mich eindringlich.
Auf einmal macht es huschschsch... und sie verwandelt sich in eine Liane mit Tulpenkopf. Die Tulpenblüte ist geschlossen, ich nehme an wegen der Aerodynamik. So kommt man schneller durch Wurmlöcher hindurch.
„Kommst du?“, fragt die Pflanzengeistfrau und wuschschsch... zischen wir durch mir unbekannte Dimensionen, sie voran, ich hinterher.
Abrupt halten wir an.
„Warte!“, stoppt sie mich. „Willst du wissen wer du bist?“
Ich antworte “Ja! Klar!“
„Gut. Aber geh erst noch einmal zurück in deinen Körper, schau, ob es ihm gut geht, ob er gut liegt, ob er gut zugedeckt ist. Schau, ob er warm ist. Schau, ob du schlucken kannst und ob du deine Hände und deine Füße bewegen kannst!“
Und wuschschsch... bin ich zurück in meinem Körper. Ich fühle mich auf der Matte liegen, decke meine Schulter besser zu, schlucke einmal (funktioniert), bewege meine Hände und meine Füße... und huschschsch... bin ich wieder bei der Pflanzengeistin.
„Sag „Du gehst vor, ich folge!“, befielt sie mir.
Ich gehorche: „Du gehst vor, ich folge!“
„Sag es drei Mal!“
Wenn ich es nicht drei Mal sage, dann läuft hier gar nichts mehr. Dann geht es hier einfach nicht vorwärts.
Ich wiederhole also: „Du vor, ich nach! Du vor, ich nach! Du vor, ich nach!“
„Gut!“, sagt das Pflanzenwesen. „Nun komm!“
Vor uns sehe ich eine ziemlich hohe, weiße Treppe. Ganz oben ist eine Tür... ohne Tür. Alles offen. Ein Raum ohne Tür.
„Komm' mit!“, sagt meine Anführerin.
Wir schweben die Stufen hinauf. In einiger Entfernung sehe ich diesen Türrahmen ohne Tür... und darin ein gleißendes, weiß-gelbliches Licht... unglaublich hell.
„Das bist du selbst! Dein Selbst!“, sagt die Pflanzengeistin.
Ich stehe wie angewurzelt da und bin einfach nur baff! So etwas habe ich noch nie gesehen!
„Willst du näher herangehen?“, fragt sie?
Sie steht hinter mir und wartet auf meine Entscheidung. Ich wage mich nicht näher an das Licht heran, denn ich befürchte, ich werde verbrennen oder zumindest erblinden.
„Ist gut!“, sagt die Pflanzengeistfrau.
„Dann schau mal dort rüber!“
Sie deutet in eine Richtung und ich sehe mein Herz.
Es ist blassrosa, ganz schön groß und es besitzt eine Tür, in der ein goldener Schlüssel steckt.
„Nun geh zurück und schau, ob es deinem Körper gut geht und komm dann wieder hierher. Schau, ob dein Körper warm ist, ob du schlucken kannst, ob du Hände und Füße bewegen kannst und ob du bequem liegst.“
Als ich wieder in meinem Körper bin, spüre ich einige Unruhe um mich herum. Ich öffne ein wenig die Augen und blinzele in die Dunkelheit hinein.
Der Mann neben mir macht unglaubliche Verrenkungen. Dann liegt er ganz starr. Mal sieht er aus wie eine Mumie und mal wie Jesus Christus. Wirklich ein wenig gruselig. Eine Frau kotzt gerade und schräg gegenüber findet ein tobsüchtiger Kampf statt. Ich will mich gerade aufrappeln, um einzugreifen, um zu helfen, um mich einzumischen, da höre ich die Stimme der Pflanzengeistfrau:
„Lass dich nicht ablenken!“, ruft sie aus unendlicher Ferne.
„Das ist nicht deins! Das geht dich nichts an! Komm zurück zu dir selbst!“
Sofort bin ich wieder an ihrer Seite. Vor uns die weiße Treppe, neben uns mein Herz, schwebend in einem raumlosen Raum.
„Sorge für dich selbst!“, sagt die Pflanzengeistfrau.
„Du musst nicht für die anderen sorgen! Gib dir selbst ein Versprechen. Sorge für dich selbst! Mehr musst du nicht machen. Alles was ist, ist einfach so, wie es ist. Du musst dich darum nicht sorgen. Sorge einfach gut für dich selbst, das reicht!“
Jetzt werde ich ein wenig störrisch, fühle, wie ich aus meinem Gefühl herausgehe und mein Verstand nach Argumenten sucht.
„Komm her!“, sagt die Pflanzengeistin. „Hör zu! Wenn du schon denkst, dann denke groß und weit. Das Universum ist groß und weit. Sei nicht so kleinkariert! Komm mit!“
Wir umrunden noch etliche Male mein Herz. Ich finde die Tür mit dem Schlüssel nicht mehr, gebe mir allerdings auch keine große Mühe danach zu suchen. Vielleicht bin ich sogar schon drin in meinem Herzen.
In einiger Entfernung tauchen plötzlich Linien auf, angeordnet wie die Saiten einer Gitarre… oder wie Notenlinien. Die Linien fangen an zu schwingen und scheinen miteinander zu kommunizieren.
„Das Universum besteht aus Schwingung und Resonanz!“, erklärt mir die Pflanzengeistfrau.
Es folgt eine „Bildstörung“ und die Linien geraten aus den Fugen. Nach einem Knisternentsteht eine „Sendepause“. Ganz kurz nur. Dann sind wir in einer anderen Dimension und es gibt nur noch eine einzige Linie.
Rot und seeeeeeeeeeeehr lang ist sie.
„Das ist die Zeit.“, erklärt mir die Pflanzengeistin.
Sie nimmt einen Teil der Zeitlinie zwischen beide Hände und faltet ihn, schiebt ihn wie eine Ziehharmonika zusammen.
„Das hier ist nicht alle Zeit der Welt“, erläutert sie „doch es ist eine lange Zeit! Nun geh sehr schnell durch diese Zeit hindurch, halte dich nirgendwo fest... und weine. Lass die Tränen fließen, durch diese lange Zeit hindurch. Du musst nicht wissen warum du weinst. Geh so schnell du kannst hindurch, bleib nicht stehen... und weine. Ich bin hier und warte auf dich.“
Ich sehe diese zusammengefaltete Zeit, überlege keine Sekunde und rase durch diese Zeit hindurch, schaue nicht links und nicht rechts, halte mich nirgendwo fest, fühle wie meine Augen weinen, fühle das nasse Kopfkissen unter mir.
Es ist eine Befreiung. Keine Trauer mehr, kein Schmerz, alles wird einfach herausgeschwemmt und verschwindet.
Schon stehe ich wieder neben der Pflanzengeistfrau.
„Das hast du gut gemacht!“, lobt sie mich.
„Jetzt darfst du es wissen:
Du warst traurig, durch lange Zeiten hindurch, weil du dachtest, du hättest dich selbst verloren. Jetzt schau hin!“ und sie deutet zu dem hellen, gleißenden Licht.
„Merke dir eins: Dein Selbst kann nie verloren gehen. Niemals! Sorge für dich selbst, versprich dir das, dann kann das Leid vorbei sein. Und nun geh zurück in deinen Körper!“
Ich spüre wie die Distanz zwischen der Pflanzengeistfrau und mir selbst langsam größer wird. Sie verschwindet im Universum,
zurück ins All-Wissen, zurück in alle Zeiten und in alle Dimensionen.
Meine übergroße Dankbarkeit folgt ihr, während ich mich wieder in meinem Körper einfinde.
Ich will nichts vergessen, will alles behalten, formuliere Sätze, zwinge mich zu erinnern, nichts darf verloren gehen, auch nicht das Gefühl von vertrauensvoller Hingabe an das Geführtwerden.
Ich öffne meine Augen. Niemand ist da.
Aus der Küche, die im unteren Stockwerk liegt, höre ich Stimmen und Gelächter. Noch etwas unsicher auf den Beinen, gelingt es mir irgendwie die Treppe herunter zu staksen und bis zum Küchentisch vorzudringen. Alles ist sehr laut. Sehr lustig. Sehr anstrengend.
Also beschließe ich meinem Körper ein paar Stunden Schlaf zu gönnen und ziehe mich wieder zurück.
Paul weckt mich. Ich fühle mich erholt!
„Willst du Porridge zum Frühstück?“, fragt er.
„Sehr gerne!“
Beim Frühstück wurde von den Erlebnissen der Nacht berichtet:
Jemand war im Innern aller anderen und hat dort das Schwarze besiegt.
Jemand hat die Religionen der Welt vereint.
Jemand hat die Völker vor dem Untergang gerettet.
Und ich bin mir selbst ein kleines Stückchen näher gekommen.
WEITER GEHT‘S
Zwei Monate nach dem ersten Zusammentreffen mit der
Pflanzengeistfraumöchte ich unbedingt meine zweite Reise antreten und schon bin ich wieder beim Vorgespräch bei Paul und Lisa zu hause.
Wir lassen noch einmal kurz die Geschehnisse der ersten Session Revue passieren und mir wird klar, dass ich unbedingt die Tür zu meinem Herzen, die mit dem goldenen Schlüssel, wiederfinden will.
Hierzu ziehe ich drei Karten: Ursprung, Verwicklungen, Hoffnung
Ich bin begeistert! Eindeutige Sache und eigentlich ganz einfach:
Ich gehe davon aus, dass Kinder, wenn sie geboren werden, ein offenes Herz haben. Ihre ursprüngliche Seins-Form ist Offenheit. Im Laufe ihres Lebens werden sie aber in Erziehung verwickelt, zurechtgerückt, bewertet, entwertet und passend gemacht für eine nicht-offene Gesellschaft, an der sie sich so manche Wunde zuziehen.
Ein verletzender Prozess... und um sich zu schützen geht die Tür zu ihrem Herzen immer weiter zu, bis sie irgendwann ganz und gar ins Schloss fällt.
Wenn ich also zurück zu meinem Ursprung will, zurück zur Offenheit, muss ich zunächst durch alle Verwicklungen in die ich verstrickt bin nochmals hindurch, um sie zu ent-wickeln, damit mein Lebensfaden wieder geradlinigverläuft, ohne Knoten, Schlaufen und Verdrehungen.
Ich erhoffe mir, dass dies möglich sein wird und ich die Tür mit dem goldenen Schlüssel wiederfinden werde.
Eine Woche später, ich konnte es kaum erwarten, ist es wieder soweit:
Die nächste Reise beginnt.
Alle sind bereits wieder im Sessionraum versammelt, jeder hat sich sein Lager bereitet und wartet, bis es endlich losgeht.
Die Pflanzengeistfrau hatte mir geraten immer gut für mich zu sorgen, also habe ich nun eine Luftmatratze „Marke Deluxe“, einen neuen Schlafsack und ein super bequemes Kissen mitgebracht.
Besser kann ich für meinen Körper in diesem Moment nicht sorgen!
Paul und Lisa gehen noch mit den Karten herum, und wer möchte, kann ziehen.
Ich entscheide mich, nur eine Karte zu nehmen, die ich als Katalysator für meine Ent-Wicklung benutzen kann:
Zärtlichkeit
Hmmmm, ich weiß nicht, fühlt sich irgendwie nicht so gut an.
Gefällt mir nicht so. Macht mir ein wenig Angst und ich weiß auch nicht, wofür das gut sein soll. Egal! Die Pflanzengeistfrau wird mir schon helfen!
Reise 2: Persönlichkeits-ent-wicklung
Nachdem ich „die Medizin“ zu mir genommen und mich auf meiner
„Deluxe-Matratze“ ausgestreckt hatte, fühlte ich, dass mir etwas unbehaglich zumute war.
Beim letzten Mal war alles so schön... könnte es diesmal vielleicht anders werden?
Sollte ich nicht besser ein wenig Kontrolle walten lassen?
Aber da kommen sie auch schon, die bunten Farben... und ich stehe innerlich da und warte auf die Pflanzengeistfrau.
Und stehe und stehe... und warte und warte, wie bestellt und nicht abgeholt.
Ich rufe „Hallo?“, aber niemand antwortet.
Hier gibt es mindestens eintausend Wege... woher soll ich nun ganz alleine wissen, wohin ich gehen muss??
Ich rufe: „Pflaaaaanzengeistfrauuuuuuuuu, Pflanzengeistfrauuuuuuuu!“
Keine Antwort.
Hmmmm... ich fühle mich verraten und verkauft. Ich hatte mich auf Führung verlassen und jetzt bin ich hier ganz allein, fühle mich verloren und hilflos, bin maßlos enttäuscht von der Pflanzengeistfrau.
Ich beginnemich zu beklagen:
„Immer muss ich alles ganz alleine machen, nie kümmert sich jemand um mich, ich hab keine Ahnung, wo ich jetzt hin muss!“
Die Muster sind auch nicht mehr so schön symmetrisch, sehen jetzt eher aus wie Wellenberge und -täler, die farbige, blumige Röhren formen und mich in sich hineinsaugen, ganz sanft und zärtlich.
Na gut. Das ist okay für mich, dann werde ich wenigstens auf den richtigen Weg gebracht!
Leider, leider... endet der Weg vor einem Ei! Und nun?
Ich stehe vor diesem Ei und werde langsam etwas ungeduldig.
Was soll ich jetzt machen mit diesem Ei?
„Pflanzengeistfrauuuuuuuu! Pflanzengeist... Mamaaaaaa... Pflanzen.... Mamaaaa.... Pflanzengeistfrauuuuuuuu... wo bist duuuuuu????“
Da meldet sich eine Stimme, die ich noch nicht kenne und sie sagt:
„Willst du nicht zurück zu deinem Ursprung?“
„Ja. Schon!?????“, antworte ich.
„Hier ist dein Ursprung! Lass dich hineinziehen!“, befielt die Stimme
und ich denke: „Bitte nicht!! Was soll ich in diesem schrecklichen Ei????!“
„Kann ich mir nicht wenigstens das Ei selbst aussuchen?!“ flehe ich und werdeetwas ungehalten.
Die Stimme antwortet sanft: „Hast du schon mal etwas von Ziehkräften gehört?“
„Ja!“, erwidereich trotzig. „Ich lass mich aber nicht in jedenMist hineinziehen!“ Ich stemme mich mit Händen und Füßen gegen das Ei, um nicht in dessen Sog zu geraten.
„Ich protestieeeeeere!!“, schreie ich so laut ich kann. „Das ist eine verdammte Ungerechtigkeit. Komplett unfair!!!“
„Aha!“, sagt die Stimme. Du leistest also Widerstand. Willst nicht die universellen Gesetze anerkennen, nein?“
„Ich will nur einfach nicht in dieses Ei hinein!“ , schimpfe ich.
Jetzt fangen auch noch meine Augen an zu weinen. Ich weiß nicht einmal warum und es kostet jede Menge Kraft, gegen dieses Ziehen anzukämpfen.
Da hat die Stimme erbarmen mit mir: „Du musst ja nicht, du wolltest aber, falls du dich erinnerst!?“
Dann bleibst du eben der totale Widerstand gegen die Liebe.
Ein einziger Widerstand!“
Boah! Das ist so übel! Jetzt fühle ich mich schlecht und schuldig und gar nichts mehr wert. Ich will von diesem Durcheinander auch gar nichts mehr wissen, stelle mich einfach tot, dann muss ich ja wohl auf keinen Fall in dieses fürchterliche Ei hinein.
Als ich mich so tot stelle, sehe ich mich in einem schwarzen Sarg liegen, bin auf meiner eigenen Beerdigung und niemand sonst ist anwesend.
Jetzt liege ich da... und liege... und liege... und denke, wenn ich jetzt wieder aufstehe, dann ist das Ei bestimmt weg. Ich stehe auf... und stehe... vor dem Ei!
Vor dem Ei ist nach dem Ei! Mist!
Erneut höre ich die Stimme und sie fragt: „Na? Wieder da?“
„Also, ich dachte eigentlich mehr an diesen Gesamt-Ursprung. An dieses ganz Große. An den Beginn des Universums... und so.“