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LEIDENSCHAFT LIEGT IN DER FAMILIE! von JANICE MAYNARD Ihre sexy Kurven, das Haar, der sinnliche Blick … Als Trent Sinclair seiner Jugendliebe plötzlich gegenübersteht, wird er erneut von Verlangen gepackt. Dem kann er jedoch nicht nachgeben, denn Trent glaubt, dass Bryn sich mit einer Lüge das Vermögen seiner Familie erschleichen will SINNLICHE ÜBERSTUNDEN MIT DEM BOSS von DANI WADE Eine heiße Affäre mit seiner neuen Assistentin würde Sloan den Alltag sehr versüßen. Er macht sich daran, Ziara zu erobern - und freut sich auf erotische Überstunden. Aber Ziara will mehr: Sie wünscht sich eine gemeinsame Zukunft - und Sloan weiß nicht, ob er ihr die bieten kann … LIEBESSKANDAL UM LUCY von RACHEL BAILEY Hayden Blacks Auftrag: Beweise für illegale Machenschaften in Washington finden. Seine Geheimwaffe: Lucy Royall, Society-Girl. Sein Problem: Lucy ist eine Versuchung, der er nicht widerstehen kann … Auch wenn ihre Affäre einen Skandal heraufbeschwört, der ungeahnte Folgen hat!
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Seitenzahl: 609
Janice Maynard, Dani Wade, Rachel Bailey
BACCARA EXKLUSIV BAND 182
IMPRESSUM
BACCARA EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
Erste Neuauflage in der Reihe BACCARA EXKLUSIVBand 182 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
© 2010 by Janice Maynard Originaltitel: „The Secret Child & The Cowboy CEO“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Brigitte Bumke Deutsche Erstausgabe 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1685
© 2013 by Katherine Worsham Originaltitel: „His by Design“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Andrea Greul Deutsche Erstausgabe 2014 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1839
© 2013 by Harlequin Books S. A. Originaltitel: „No Stranger to Scandal“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Kai Lautner Deutsche Erstausgabe 2014 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1808
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733725761
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Sechs Jahre … Und trotzdem genügte ein Blick aus diesen wunderschönen Augen, und er benahm sich wieder wie ein dummer Junge. Trent spürte, wie heftig sein Herz klopfte. Es verschlug ihm den Atem. Gütiger Himmel, Bryn.
Er riss sich zusammen, räusperte sich und tat dabei so, als bemerkte er die Frau gar nicht, die da neben dem Bett seines Vaters stand.
Ihre Anwesenheit ließ ihn in Schweiß ausbrechen. Verlangen, Abscheu und maßloser Zorn machten es ihm unmöglich, normal zu reagieren – besonders, weil er sich nicht sicher war, ob er womöglich allein auf sich zornig war.
Sein Vater Mac beobachtete sie beide neugierig und bedachte ihn mit einem vielsagenden Blick. „Willst du Bryn denn gar nicht begrüßen?“
Trent ließ das Handtuch, mit dem er sich beim Betreten des Zimmers das Haar trocken gerieben hatte, auf einen Stuhl fallen. Dann verschränkte er die Arme vor der nackten Brust, nur um im nächsten Moment die Hände in die Hosentaschen zu schieben. Mit ausdrucksloser Miene – wie er inständig hoffte –, wandte er sich der schweigsamen Frau zu. „Hallo, Bryn. Lange nicht gesehen.“
Sein respektloser Ton brachte sie sichtlich aus der Ruhe, doch sie fing sich schnell. Ihr Blick war so kühl wie ein Herbstmorgen in Wyoming. „Trent.“ Dabei neigte sie kaum merklich den Kopf.
Zum ersten Mal seit Wochen entdeckte Trent eine gewisse Anteilnahme im Gesicht seines Vaters. Der alte Mann war zwar blass und schwach, aber seine Stimme klang kräftig. „Bryn ist hier, um mir einen Monat lang Gesellschaft zu leisten. Bestimmt wird sie mich nicht so aufregen wie all diese anderen Gänse. Ich kann es nämlich nicht ausstehen, wenn Fremde mich bevormunden und herumkommandieren …“ Seine letzten Worte waren kaum noch verständlich.
Besorgt runzelte Trent die Stirn. „Ich dachte, du bist der Meinung, dass du keine Krankenschwester mehr brauchst. Und dein Arzt sieht das genauso.“
„Brauche ich auch nicht. Kann ein Mann nicht einmal eine alte Freundin einladen, ohne ins Kreuzverhör genommen zu werden? Wenn ich mich nicht irre, ist das hier meine Ranch.“
Trent unterdrückte ein Schmunzeln. Selbst an guten Tagen war sein Vater ein alter Griesgram, und in letzter Zeit war das nur noch schlimmer geworden. Drei Krankenschwestern hatten gekündigt, und zwei weitere hatte Mac hinausgeworfen. Körperlich mochte das Familienoberhaupt der Sinclairs auf dem Weg der Genesung sein, aber psychisch war er noch angeschlagen.
Deshalb war es Trent ein Trost, dass Mac, auch wenn er erschöpft wirkte, mürrisch war wie eh und je. Der Herzinfarkt, den er vor zwei Monaten erlitten hatte, als sein jüngster Sohn an einer Überdosis Heroin gestorben war, hätte der Familie beinahe gleich noch einen zweiten Trauerfall beschert.
Bryn Matthews meldete sich zu Wort. „Ich habe mich gefreut, als Mac mich gebeten hat herzukommen. Ich habe euch alle vermisst.“
Trent versteifte sich. Hatte ihre höfliche Bemerkung etwa einen spöttischen Unterton?
Er zwang sich, Bryn anzuschauen. Schon als sie knapp achtzehn gewesen war, hatte ihre Schönheit ihn fast um den Verstand gebracht. Doch damals war er bereits dabei gewesen, Karriere zu machen, und hatte als ehrgeiziger Dreiundzwanzigjähriger keine Zeit für eine Ehefrau gehabt.
Bryn war eine bildhübsche junge Frau geworden. Wie damals war ihre Haut leicht gebräunt. Ihr zartes Gesicht wurde von langem, glänzend schwarzem Haar umrahmt. Und voller Argwohn blickte sie ihn aus ihren veilchenblauen Augen an. Sie schien nicht sonderlich überrascht zu sein, ihn zu sehen, doch er war völlig geschockt. Sein Herz klopfte so heftig, dass er fürchtete, sie würde es ihm ansehen.
Sie trug einen dunklen Hosenanzug und dazu eine schlichte weiße Bluse, die ihre schmale Taille und die weiblich gerundeten Hüften elegant zur Geltung brachten. Zwar verbarg die konservativ geschnittene Jacke ihre Brüste, doch Trent brauchte nicht viel Fantasie, um sie sich vorzustellen.
Er verspürte Bitterkeit. Bryn war hier, um Ärger zu machen. Dessen war er sich sicher. Und er konnte an nichts anderes denken, als dass er unbedingt mit ihr ins Bett gehen wollte.
„Komm mit auf den Flur“, forderte er sie unwirsch auf.
Bryn folgte ihm. Auf dem schmalen Korridor standen sie einander so dicht gegenüber, dass er den Puls an ihrem Hals schlagen sah. Und er nahm einen Hauch ihres blumigen Parfums wahr. Ein zarter Duft … zart wie sie. Sie reichte ihm knapp bis zum Kinn.
Er ignorierte die heftige Erregung, die ihn packte. „Was zum Teufel willst du hier?“
Schockiert riss sie die Augen auf. „Das weißt du doch. Dein Vater hat mich gebeten herzukommen.“
Trent hätte am liebsten frustriert mit der Faust gegen die Wand geschlagen. „Wenn er dich darum gebeten hat, dann hast du doch wohl nachgeholfen, damit er glaubt, es wäre seine Idee gewesen. Jesse ist noch nicht ganz kalt in seinem Grab, und schon bist du hier, um zu sehen, was du abstauben kannst.“
In ihren Augen blitzte es auf, und das erinnerte ihn daran, dass sie schon immer schnell begriffen hatte. „Du bist so ein selbstgerechter Affe“, zischte sie.
„Ganz wie du meinst“, gab Trent zurück. Er verachtete sich selbst. Sie war eine Lügnerin; sie hatte versucht, Jesse die Sünden eines anderen Mannes anzuhängen. Und doch hielt ihn das nicht davon ab, sie zu begehren.
„Anscheinend hattest du keine Lust, zur Beerdigung zu kommen?“
„Mir hat niemand rechtzeitig Bescheid gesagt, dass Jesse gestorben ist.“
„Wie praktisch.“ Er stieß einen verächtlichen Laut aus. Nur wenn er seine Wut weiter anfachte, würde er es schaffen, die Finger von ihr zu lassen.
Als er merkte, dass er sie gekränkt hatte, fühlte er sich, als hätte er einen wehrlosen Welpen getreten. Früher einmal waren er und Bryn gute Freunde gewesen. Und später – tja … da hatte sich angedeutet, dass es mehr war als Freundschaft. Und es hätte sich eine körperliche Beziehung daraus entwickeln können, hätte er es nicht vermasselt.
Bryn war unberührt gewesen, noch nicht ganz achtzehn, und Trent hatte es um den Verstand gebracht, dass er so heftig auf sie reagierte. Wenig galant hatte er ihr einen Korb gegeben, als sie ihn gebeten hatte, sie zum Abschlussball zu begleiten, und sie war todunglücklich gewesen. Ein paar Wochen später hatten sie und Jesse angefangen, miteinander auszugehen.
Hatte Bryn das getan, um ihn zu verletzen?
Seinem kleinen Bruder konnte Trent es nicht verübeln. Jesse und Bryn waren gleichaltrig gewesen und hatten viele Gemeinsamkeiten gehabt.
Jetzt war Bryn blass, und ihre Körpersprache sagte Trent, dass sie an jedem Ort lieber wäre als hier mit ihm auf diesem Flur.
Tja, das interessierte ihn kein bisschen.
Er beugte sich vor, strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr und raunte ihr dabei zu: „Wenn du glaubst, ich würde zulassen, dass du einen kranken alten Mann ausnutzt, dann hast du dich gründlich geirrt.“
Mit erhobenem Kinn machte Bryn einen Schritt zur Seite. „Mir ist egal, was du über mich denkst, Trent. Ich bin hier, um Mac zu helfen. Mehr braucht dich nicht zu interessieren. Und du machst dich doch sicher bald auf den Rückweg nach Denver … oder?“ Bei anderer Gelegenheit hätte ihre hoffnungsvolle Miene ihn amüsiert. Heute nicht.
Er neigte den Kopf zur Seite. Was war der wahre Grund für ihre Rückkehr nach Wyoming?
„Pech für dich, Bryn. Bis auf Weiteres bleibe ich hier … Ich bin nämlich an der Reihe, mich um die Ranch zu kümmern, bis der alte Herr wieder auf den Beinen ist. Du hast mich also am Hals, Sweetheart.“
Sie errötete, und ihre kultivierte Ausstrahlung verflog. Zum ersten Mal erhaschte er einen Blick auf das junge Mädchen, das Bryn mit achtzehn gewesen war. Aufgeregt, wie sie war, hätte er sie am liebsten beruhigt, obwohl er sie hätte des Hauses verweisen sollen.
Doch seine Vernunft kam gegen seine Libido nur schwer an. Er brannte darauf, Bryns Mund zu erobern, ihr den nüchternen Blazer und die schlichte Bluse vom Leib zu reißen und ihre verlockenden Kurven zu erkunden.
Er musste an die Vergangenheit denken … An eines der letzten Male, als er und Bryn zusammen gewesen waren, ehe alles so schrecklich schiefgegangen war. Er war zum Geburtstag seines Dads aus Denver gekommen. Bryn kam ihm entgegengerannt, um ihn zu begrüßen, und redete pausenlos, sobald er aus dem Wagen gestiegen war. Sie war das reinste Energiebündel. Und sie war in ihn verknallt.
Hätte sie gewusst, dass er das längst gemerkt hatte, wäre es ihr peinlich gewesen. Deshalb hatte er sie an jenem Tag damals genauso kumpelhaft behandelt wie eh und je. Und er hatte sich nach Kräften bemüht zu ignorieren, wie sehr er sich zu ihr hingezogen fühlte.
Sie passten überhaupt nicht zusammen.
Zumindest hatte er sich das eingeredet.
Jetzt, auf dem stillen Flur, verlor er sich für einen Moment in der Erinnerung, war gefangen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Nachdenklich berührte er ihre Wange. Sie war weich … warm. Ihre Augen waren so blau wie der Lavendel, den seine Mutter immer in die Schränke hängte. „Bryn.“
Ihr Blick drückte Zurückhaltung aus, ihre Gedanken blieben verborgen. Keine grenzenlose Bewunderung spiegelte sich mehr auf ihrer Miene wider. Er traute ihrer momentanen Sanftmut nicht. Vielleicht versuchte Bryn, ihn zu ihrem Vorteil zu beeinflussen. Doch sie würde schnell merken, dass sie ihm nicht gewachsen war. Er würde alles tun, um seinen Vater zu beschützen. Selbst wenn das hieß, mit der Feindin ins Bett zu gehen, um hinter ihre Geheimnisse zu kommen.
Ohne weiter darüber nachzudenken, senkte er seine Lippen auf ihre. Wie von selbst schienen seine Hände ihre Brüste zu finden, und er begann, sie sanft zu liebkosen. Er glaubte, Bryn erwidere seinen Kuss, aber er war sich nicht sicher. Er war in einer seltsamen Zeitschleife gefangen. Immer mehr erregte ihn der Kuss, und nach Atem ringend riss er sich schließlich los.
Er fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. „Nein.“ Etwas anderes fiel ihm nicht ein. Hatte er das zu ihr gesagt oder zu sich selbst?
Bryn war kreidebleich, abgesehen von zwei roten Flecken auf den Wangen. Mit zitternder Hand fuhr sie sich über den Mund und wich zurück.
In ihren Augen stand Verzweiflung, und sie wirkte zutiefst beschämt. Wortlos drehte sie sich um und eilte zurück in Macs Zimmer.
Trent sah ihr nach, und ihm krampfte sich der Magen zusammen. Falls sie gekommen war, um erneut zu versuchen, ihn und Mac davon zu überzeugen, dass Jesse der Vater ihres Kindes war, dann würde sie kurz abgefertigt werden. Es wäre mehr als geschmacklos, einen Mann zu beschuldigen, der sich nicht verteidigen konnte.
In diesem Augenblick an Jesse zu denken war ein Fehler. Unversehens sah sich Trent wieder der ganzen Qual gegenüber, die er durchlebt hatte, als sein kleiner Bruder angefangen hatte, sich mit der Frau zu verabreden, die er begehrte. Die Situation war unerträglich gewesen. Nur weil er in Denver geblieben war, weit weg von der Versuchung, war es ihm möglich gewesen, damit umzugehen.
Aber in seinen erotischen Fantasien mitten in der Nacht spielte Bryn die Hauptrolle, immer wieder Bryn. Er hatte sich eingeredet, er wäre über sie hinweg. Dass er sie hasste. Doch er hatte sich etwas vorgemacht …
Leider konnte sich Bryn nicht in ihrem Zimmer einschließen und ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Von allen Söhnen, die Mac hatte – warum konnte nicht Gage hier sein … oder Sloan? Sie liebte die beiden wie Brüder und hätte sich über ein Wiedersehen sehr gefreut. Aber Trent … Gütiger Himmel, hatte sie sich verraten? Wusste er jetzt, dass sie nie aufgehört hatte, ihn zu mögen? Dass sie immer noch von ihm fasziniert war?
Sie konnte sich nicht gestatten, über das nachzudenken, was eben passiert war … weigerte sich zuzugeben, wie sehr sie es genossen hatte, seine muskulöse nackte Brust unter ihren Händen zu spüren. Hatte sie ihn weggestoßen oder sich an ihn geschmiegt?
Sei nicht verrückt, Bryn. Wenn du dich auf ihn einlässt, kommt nichts dabei heraus als noch mehr Kummer.
Als Bryn sicher war, dass Mac eingenickt war, ging sie zu ihrem Wagen hinaus, um ihr Gepäck zu holen. Trent war fort, vermutlich kümmerte er sich um die Ranch. Sie war froh, ihn momentan nicht sehen zu müssen.
Sie reckte und streckte sich einen Moment, nach dem langen Flug und der anschließenden Autofahrt fühlte sie sich noch ganz steif. Sie hatte vergessen, wie klar die Luft in Wyoming war, wie strahlend blau der Himmel. In der Ferne waren die Grand Tetons zu sehen, deren Gipfel selbst Mitte Mai noch schneebedeckt waren.
Trotz der stressigen, verwirrenden Situation, in der sie sich befand, hatte sie nach sechs Jahren Abwesenheit das Gefühl gehabt, wieder nach Hause zu kommen. Der Anblick des vertrauten Zeichens der „Crooked S“-Ranch im imposanten schmiedeeisernen Tor am Ende der Auffahrt hatte gutgetan.
Ehe sie wieder hineinging, betrachtete Bryn das Ranchhaus sehnsüchtig. Seit ihrem Abschied damals hatte sich wenig verändert. Das weitläufige eingeschossige Gebäude aus Holz und Stein hatte Millionen gekostet, selbst Mitte der Siebzigerjahre, als Mac es für seine junge Frau hatte bauen lassen.
Das Haus stand auf einer leichten Anhöhe. Alles an ihm sah nach Geld aus, angefangen von der gewaltigen umlaufenden Veranda bis zu den Dachrinnen aus Kupfer, die in der Mittagssonne funkelten. Die Stützpfeiler der Veranda waren dicke, entrindete Baumstämme. Blühende Sträucher am Fuß des Hauses milderten das wuchtige Aussehen zwar ab, aber Bryn ließ sich nicht täuschen.
Es war das Haus einflussreicher, arroganter Männer.
Zurück im Haus, rief sie mit dem Handy ihre Tante an. Auch wenn sich die Ranch der Sinclairs am Ende der Welt befand, hatte Mac schon vor Jahren einen Mobilfunkmast neben dem Haus errichten lassen. Mit genügend Geld konnte man alles kaufen, einschließlich der Segnungen der Zivilisation im elektronischen Zeitalter.
Als Tante Beverly sich meldete, spürte Bryn sofort die beruhigende Wirkung der vertrauten Stimme. Vor sechs Jahren hatte die ältere Schwester ihrer Mutter einen verängstigten, schwangeren Teenager bei sich aufgenommen und Bryn nicht nur geholfen, sich am Gemeinde-College einzuschreiben und einen Teilzeitjob zu finden – sie war Allen auch eine liebevolle Großmutter, seit er auf der Welt war.
Eine Weile plauderte Bryn fröhlich mit ihrer Tante – obwohl sie wirklich nicht fröhlich war –, ehe sie nach ihrem Sohn verlangte. Allens Begeisterung für Telefongespräche hielt sich in Grenzen, aber es war Bryn ein Trost, seine hohe Kinderstimme zu hören. Aufgeregt erzählte er ihr, dass die Nachbarn zwei neue Hundebabys hatten, Tante Beverly morgen mit ihm ins Freibad gehen würde und sein Feuerwehrauto ein Rad verloren hatte. Dann verabschiedete er sich.
Und schon war er weg.
Beverly meldete sich wieder. „Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist, Liebes? Er kann dich nicht zwingen zu bleiben.“
Bryn räusperte sich. „Mir geht’s gut … ehrlich. Mac ist schwächer als erwartet, und sie trauern um Jesse.“
„Und du?“
Bryn schwieg einen Moment, während sie versuchte, ihre chaotischen Empfindungen zu ordnen. „Ich bin noch dabei, mich an den Gedanken zu gewöhnen. Das Herz hat er mir nicht gebrochen. Unsere Beziehung war eher körperlich, das hatte nichts mit der großen Liebe zu tun. Doch er hätte fast mein Leben zerstört. Auch wenn ich ihm das nie verziehen habe, tut es mir leid, dass er tot ist.“ Plötzlich war ihr die Kehle wie zugeschnürt.
Beverlys tröstende Worte spiegelten wider, wie stark sie war. „Wir haben es die ganze Zeit geschafft, ohne das Geld der Sinclairs auszukommen, Bryn. Dieses Vermögen ist es nicht wert, deinen Stolz und deine Selbstachtung zu verlieren. Falls sie Ärger machen, versprich mir, dass du abreist.“
Bryn lächelte, obwohl ihre Tante sie nicht sehen konnte. „Allen hat ein Recht auf einen Anteil an dem Vermögen. Und den werde ich in einem Fonds für seine College-Ausbildung anlegen und für alles, was er später sonst noch so braucht. So ist seine Zukunft gesichert, das ist mir wichtig. Ich komme wie geplant in vier Wochen nach Hause. Mach dir keine Sorgen um mich.“
Sie plauderten noch ein paar Minuten, doch dann musste Tante Beverly sich um Allen kümmern. Bryn beendete das Gespräch und blinzelte ein paar Tränen zurück. Plötzlich fühlte sie sich einsam und traurig. Noch nie war sie länger als ein, zwei Nächte von ihrem Kind getrennt gewesen.
Allen würde die vier Wochen ohne sie auskommen. Das wusste sie. Doch sie selbst hatte das Gefühl, zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden zu sein.
Sie zog sich um, schlüpfte in bequeme Jeans und einen rosafarbenen Pullover. Dann war es Zeit, nach Mac zu sehen.
Auf Zehenspitzen näherte sie sich seinem Zimmer. Er brauchte unbedingt seine Ruhe. Zum Glück war es in diesem Teil des Hauses totenstill, also schlief Mac vielleicht noch. Seine Suite bot ihm jeden Luxus und allen Komfort, wenn also seine Medikamente anschlugen, dann sollte es mit seiner Genesung zügig vorangehen.
Doch ihr war bewusst, wie allen anderen auch, dass Trauer und Schmerz dabei ein ernsthaftes Problem sein konnten.
Gerade, als sie Macs Schlafzimmer betreten wollte, sah sie, dass Trent am Bett seines Vaters saß. Instinktiv zog sie sich zurück.
Leise redete Trent auf seinen schlafenden Vater ein. Bryn konnte nicht verstehen, was er sagte. Dann strich er Mac über die Stirn, und die Geste war so liebevoll, dass sie einen dicken Kloß im Hals verspürte.
Das Familienoberhaupt der Sinclairs wirkte schwach und gebrechlich in seinem großen Bett, sein ältester Sohn dagegen kraftvoll und gesund. Dass Trent so zärtlich sein konnte, schockierte Bryn. Denn er war von jeher ein reservierter Mann gewesen, distanziert und nicht leicht zu verstehen. Gut aussehend und beeindruckend, aber eben ein Mann, der selten lächelte.
Seine stahlgrauen Augen und sein pechschwarzes Haar, das an den Schläfen einen ersten Anflug von Grau zeigte, unterstrichen seinen von der Sonne gebräunten Teint. Auch wenn er seit Jahren nicht mehr in Wyoming lebte, sah er immer noch aus wie jemand, der viel Zeit im Freien verbrachte.
Bryn schluckte und zwang sich, das Zimmer zu betreten. „Wann ist sein nächster Arzttermin?“
Obwohl sie leise gesprochen hatte, zog Trent hastig seine Hand zurück und stand auf, die Miene wieder verschlossen und düster. „Nächsten Dienstag, glaube ich. Es steht im Küchenkalender.“
Sie nickte. „Okay.“ Als sie an ihm vorbeigehen wollte, legte er ihr eine Hand auf den Arm.
Trent trauerte sehr um seinen Bruder. Er mochte gar nicht an die Möglichkeit denken, so kurz nach Jesses Tod auch noch seinen Vater zu verlieren. Wieso konnte Bryn ihn immer noch so stark aus dem Gleichgewicht bringen? Sein Griff um ihren Arm wurde fester. Er wollte ihr nicht wehtun, doch sie sollte wissen, dass er kein leichtes Opfer sein würde.
Langsam beugte er sich vor, bis sein Gesicht ihrem ganz nah war – vielleicht auch, um sich zu beweisen, dass er der Versuchung widerstehen konnte, sie zu küssen. „Komm mir nicht in die Quere, Bryn Matthews. Dann werden wir gut miteinander auskommen.“
Weil er ihr so nah war, sah er die feinen Linien in ihren Augenwinkeln. Bryn war kein junges Mädchen mehr, sondern eine erwachsene Frau. In diesem kurzen Augenblick wurde ihm bewusst, dass auch sie gelitten hatte.
Dann blinzelte sie, und der Moment verflog. „Kein Problem.“ Sie sprach leise, um ihren Patienten nicht aufzuwecken. „Du wirst nicht einmal merken, dass ich hier bin.“
Ihr unbeteiligter Tonfall fühlte sich an wie ein Schlag vor die Brust. Mühsam wahrte Trent die Fassung, wandte sich stumm ab und ging aus dem Zimmer. Er hatte das Gefühl zu ersticken. Nichts außer körperlicher Betätigung würde ihm jetzt helfen, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Eine knappe Stunde später warf er einen schweren Sattel über die Einzäunung der Koppel und wischte sich den Schweiß von der Stirn. In Denver im Fitnessstudio zu trainieren war nicht das Gleiche wie auf einer Ranch zu arbeiten. Die Arbeiten hier waren schwer, schweißtreibend und seltsam befreiend. Es war zwar zehn Jahre her, dass Trent seinen Vater aktiv bei der Führung der „Crooked S“-Ranch unterstützt hatte, aber ganz verlernt hatte er nicht, was zu tun war.
In den letzten Wochen hatte er Zäune repariert, Ställe ausgemistet, verirrte Kälber eingefangen und dem Tierarzt geholfen, zwei Fohlen auf die Welt zu bringen. Bis gestern hatten seine Brüder Gage und Sloan ihren Teil zur Arbeit beigetragen. Aber jetzt waren sie für mindestens einen Monat weg, ehe dann einer zurückkommen würde, um Trent abzulösen.
Ein Monat kam ihm wie eine Ewigkeit vor.
Trents Vater beschäftigte eine ganze Armee von Rancharbeitern, doch auf seine alten Tage war er mürrisch und Fremden gegenüber unduldsam geworden. Er wollte sich von Außenstehenden ungern in die Karten sehen lassen. Kurz vor Jesses Tod hatte er seinen Vorarbeiter gefeuert. Die Tragödie hatte ihnen allen zugesetzt, aber Mac war über Nacht alt geworden.
Selbst jetzt, acht Wochen nach seinem Tod, überfielen Trent noch mindestens einmal am Tag schmerzliche Erinnerungen an seinen jüngsten Bruder. Der Obduktionsbericht ergab noch immer keinen Sinn. Todesursache: Überdosis Heroin. Das war lächerlich. Jesse war ein Eagle Scout gewesen, ein hochdekorierter Pfadfinder, gütiger Himmel. Hatte ihm jemand die Droge ohne sein Wissen verabreicht?
Sobald Trent damit fertig war, sein Pferd abzureiben, schaute er auf seine Armbanduhr. Er hatte es sich angewöhnt, wenigstens einmal pro Stunde nach seinem Vater zu sehen, und seit Bryn hier war, war ihm das wichtiger denn je. Er traute ihr nicht über den Weg. Vor sechs Jahren hatte sie gelogen, um sich in die Familie einzuschleichen. Jetzt war sie zurück, um es erneut zu versuchen. Die nächsten Wochen würden die Hölle sein.
Besonders wenn er seinen verräterischen Körper nicht unter Kontrolle behalten konnte.
Als Trent das Zimmer verließ, hätte Bryn nicht sagen können, ob sie enttäuscht oder erleichtert darüber war. Er machte sie wütend, doch gleichzeitig fühlte sie sich in seiner Gegenwart so unglaublich lebendig. Sechs Jahre hatten daran nichts geändert.
Eine halbe Stunde lang saß sie neben Macs Bett und sah einfach nur zu, wie sich sein Brustkorb hob und senkte. Irgendwie kam es ihr vor, als wäre überhaupt keine Zeit vergangen. Dieser Mann hatte ihr einmal alles bedeutet.
Als er schließlich aufwachte, reichte sie ihm ein Glas Wasser, das er durstig austrank. Mit ernster Miene schaute er sie an. „Hasst du mich, mein Mädchen?“
Sie entschied sich dafür, ehrlich zu sein. „Eine Zeit lang habe ich das getan. Du hast das Versprechen gebrochen, das du mir einmal gegeben hast.“ Als ihre Eltern, Macs Köchin und sein Vorarbeiter, vor Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, hatte Mac der vierzehnjährigen Bryn versprochen, sie würde auf seiner riesigen Ranch, wo sie aufgewachsen war, immer ein Zuhause haben.
Vier Jahre später war dieses Versprechen jedoch keinen Pfifferling mehr wert gewesen. Jesse, der verzogene Lieblingssohn und ein dreister Lügner, hatte in einem einzigen verrückten, unwirklichen Moment alle gegen sie aufgehetzt.
Mac setzte sich in seinem Bett anders hin. „Ich habe getan, was ich tun musste.“ Das klang beleidigt … Ganz der sture Mac. Doch da Bryn wusste, wie sehr er gelitten hatte, nahm sie es ihm nicht allzu übel.
Trotz allem würde sie es schaffen, ihm zu verzeihen. Mac hatte einen Fehler gemacht … Sie alle hatten Fehler gemacht, sie eingeschlossen. Aber Mac hatte sein Bestes getan, um nach dem Tod ihrer Eltern für sie zu sorgen. Bis alles in die Brüche gegangen war.
Dann hatte er sie zu Tante Beverly geschickt. Bestrafung durch Exil. Bryn war am Boden zerstört gewesen. Doch sechs Jahre waren eine lange Zeit, um mit dem Ärger und der Enttäuschung fertig zu werden. Sie seufzte. „Es tut mir leid, dass Jesse gestorben ist. Ich weiß, wie sehr du ihn geliebt hast.“
„Dich habe ich auch geliebt“, sagte er schroff, ohne sie anzusehen.
Und sein Verhalten hatte das immer bestätigt. Sechs Jahre lang hatte er ihr regelmäßig Geschenke zum Geburtstag und zu Weihnachten geschickt. Doch in ihrem gekränkten Stolz hatte sie sie jedes Mal ungeöffnet zurückgeschickt.
Jetzt schämte sie sich dafür. Löschte der eine Moment der Schwäche all die Jahre aus, in denen Mac wie ein Großvater für sie gewesen war?
Bryn holte tief Luft. „Ich bin nach Wyoming zurückgekehrt, weil du mich darum gebeten hast. Aber auch wenn du das nicht getan hättest, wäre ich gekommen, nachdem ich erfahren hatte, dass Jesse tot ist. Wir müssen über vieles reden, Mac.“ Zum Beispiel über einen Vaterschaftstest, um zu beweisen, dass Jesse Allens Vater war. Und darüber, dass ihr Sohn ein Anrecht auf den Anteil seines verstorbenen Vaters am Sinclair-Imperium hatte.
Mac zog seine Decke höher. „Dazu ist noch genug Zeit. Dräng mich nicht, mein Mädchen.“ Er schloss die Augen und beendete damit wirkungsvoll das Gespräch.
Bryn trat auf den Flur, ließ jedoch die Schlafzimmertür offen, damit sie Mac rufen hörte, falls er sie brauchte. Das Arbeitszimmer war gleich nebenan. Sie konnte nicht anders, sie ging hinein.
Der Raum sah freundlich aus, längst nicht so bedrohlich wie in ihren Albträumen. Jener schreckliche Tag, an dem sie so tief verletzt und all ihrer Illusionen beraubt worden war, hatte sich ihr schmerzlich ins Gedächtnis eingeprägt. Eigentlich hatte sie sich als Familienmitglied der Sinclairs betrachtet, doch alle hatten sich auf Jesses Seite gestellt.
„Was willst du hier?“
Bei Trents scharfem Tonfall zuckte sie zusammen. Sie biss sich auf die Lippe. „Du hast mich erschreckt.“
Seine Miene verfinsterte sich noch mehr. „Ich habe dich etwas gefragt, Bryn.“
„Ich wollte meinem Sohn eine E-Mail schicken.“
Trents Miene wurde ausdruckslos, doch Bryn sah, wie er die Hände zu Fäusten ballte. „Erwähne niemals in meiner Gegenwart deinen Sohn.“ Er sprach leise, doch mit schneidendem Unterton. „Nicht, wenn du weißt, was gut für dich ist.“
Bryn selbst konnte die Schläge einstecken, die ihr das Leben zugedacht hatte. Aber niemand würde schlecht von ihrem Kind sprechen, solange sie noch atmete. Sie straffte die Schultern. „Er heißt Allen. Und er ist Jesses Sohn. Ich weiß das, und ich denke, tief im Inneren wisst ihr das auch, du und Mac und Gage und Sloan. Warum um alles in der Welt sollte ich lügen?“
Trent zuckte mit den Schultern, sein Blick war wachsam. „Frauen lügen“, sagte er absichtlich provozierend, „ständig … nur um zu bekommen, was sie wollen.“
Zum ersten Mal begriff Bryn etwas, das ihr nie zuvor klar gewesen war, schon gar nicht als unreifer Teenager. Als Macs flatterhafte junge Frau vor vielen Jahren ihre Familie im Stich gelassen hatte, hatte der Verlust großen Schaden angerichtet.
Die Matthews’ waren auf die Ranch gekommen, um die Lücken zu schließen. Mehr als zehn Jahre lang waren Bryn und ihre Mutter die einzigen weiblichen Wesen im Männerhaushalt der Sinclairs gewesen. Und Bryn hatte geglaubt, nach all der Zeit würden sie ihr vertrauen. Doch als Jesse geschworen hatte, nie mit Bryn geschlafen zu haben, hatten Mac und Trent ihm geglaubt. So einfach war das.
Bryn wählte ihre Worte mit Bedacht. „Ich lüge nicht. Vielleicht hattest du Pech mit den Frauen in deinem Leben, aber dafür kann ich nichts. Ich habe vor sechs Jahren die Wahrheit gesagt, und ich sage jetzt die Wahrheit.“
„Das kannst du leicht behaupten. Jesse ist nicht mehr hier, um sich zu verteidigen.“
Sie bezwang ihre Wut, weil sie unbedingt zu ihm durchdringen wollte. „Jesse war ein Junge mit Problemen, und die hatte er auch als Mann. Ihr alle habt ihn verzogen und verhätschelt, und er hat eure Liebe als Waffe benutzt. Die Narben, die ich davongetragen habe, sind der Beweis dafür. Aber Jesse ist fort, und ich bin noch hier. Genau wie mein Sohn. Er verdient es zu erfahren, was ihm von Geburt an zusteht … wer seine Familie ist.“
Trent lehnte sich gegen die Wand, seine Miene verriet keinerlei Gewissensbisse. „Wie viel willst du?“, fragte er unverblümt. „Wie hoch muss der Scheck sein, den ich dir ausstelle, damit du abreist und nie wiederkommst?“
Ihr blieb der Mund offen stehen. „Scher dich zum Teufel“, brachte sie nach ein paar Sekunden bebend heraus.
Auf ihrem Weg zur Tür packte er sie am Handgelenk. „Vielleicht sollte ich dich mitnehmen“, murmelte er und zog sie heftig an sich.
Ihre Lippen fanden sich zu einem ungestümen Kampf, er griff in ihr Haar, sie krallte sich an seine Schultern. Diesmal war nicht der leiseste Anflug von Zärtlichkeit im Spiel. Er war wütend, und das war seinem Kuss anzumerken.
Mit achtzehn hatte sie geglaubt zu wissen, was Sex und Begierde waren. Nach Jesses Verrat hatte sie begriffen, dass seine Liebe eine Illusion gewesen war. Genau wie die von Mac … und Trent. Jetzt, nachdem sie sechs Jahre lang enthaltsam gelebt hatte und tief im Herzen erkannte, dass sie nie aufgehört hatte, Trent Sinclair zu lieben, war sie verloren.
Im Bruchteil einer Sekunde änderte sich der Kuss. Bryn strich Trent mit der Hand den Nacken entlang, streichelte sein kurzes, weiches Haar. Seine Haut fühlte sich wunderbar warm an.
Sie ergab sich seiner Umarmung, sie war es müde, sich länger gegen ihn zu wehren. Fest waren ihre Brüste gegen seine muskulöse Brust gepresst. Ihre Lippen verschmolzen förmlich mit seinen. Es war überwältigend, ihm erneut so nah zu sein. Auch wenn dieses Hochgefühl getrübt wurde – er glaubte, sie wäre eine Lügnerin. Hätte versucht, die Sinclairs zu manipulieren.
Langsam lösten sie sich voneinander, bevor sie den gefährlichen Punkt erreichten, an dem es kein Zurück mehr gäbe. Trents Miene war verschlossen, die Arme verschränkte er abwehrend vor der Brust.
Bryn machte eine Kopfbewegung Richtung Schreibtisch. „Den Computer benutze ich später. Du hast sicher zu arbeiten.“
Als Trent nichts erwiderte, verließ sie fluchtartig das Arbeitszimmer.
Trent war es nicht gewohnt, an sich zu zweifeln. Selbstvertrauen und Entschlossenheit hatten ihn in der rasant wachsenden Branche der Solar- und Windenergie schnell zum Erfolg geführt. Als der Anruf gekommen war, dass sein Vater einen Herzinfarkt erlitten habe, hatte er mitten in den Verhandlungen zu einem bedeutenden Geschäftsabschluss gesteckt. Es war darum gegangen, ein halbes Dutzend kleinerer Firmen aufzukaufen und sie in die bereits gut etablierte Firma „Sinclair Synergies“ zu integrieren.
Abgesehen von einem gewissen Startkapital, das längst zurückgezahlt war, hatte er sich nie auf das Vermögen seines Vaters verlassen. Trent war verdammt gut in seinem Job. Warum also stand sich der Geschäftsführer von „Sinclair Synergies“ in Wyoming die Beine in den Bauch und schlug sich im wahrsten Sinne des Wortes mit Mist herum?
Und warum zum Teufel konnte er nicht die Wahrheit in den Augen einer Frau erkennen? Einer Frau, der nach all den Jahren immer noch sein Herz gehörte.
Hatte Jesse gelogen? Und wenn ja, warum? Mac, Sloan, Gage und Trent hatten den kleinen Jungen vergöttert, der drei Jahre nach den dicht hintereinander geborenen Brüdern auf die Welt gekommen war. Jesse hatte unter schweren Asthmaanfällen gelitten, und jedes Mal war die ganze Familie zusammengelaufen, um ihm irgendwie zu helfen. Also, ja … vielleicht hatte Bryn recht. Vielleicht hatten sie seinen Launen nachgegeben, besonders nachdem ihre Mutter sie verlassen hatte. Aber das hieß nicht, dass Jesse ein schlechter Mensch war.
Überdosis Heroin. Unbehaglich änderte Trent auf Macs Bürostuhl seine Position. Die Bücher durchzusehen erwies sich als schwieriger, als er erwartet hatte. Da Jesse nie ein Ass in Mathe gewesen war, wusste der Himmel, warum Mac ihm die Finanzen anvertraut hatte. Allein dass er so jung gewesen war, hätte Mac davon abhalten sollen. Und seine Unerfahrenheit.
Trent hatte bereits bei einigen Transaktionen von einem Konto auf ein anderes ein ungutes Gefühl. Er musste offen mit Mac reden, aber bevor es seinem Vater nicht besser ging, würde er ihm keine Fragen stellen.
Was ihn zu Bryn zurückführte. Was hatte sich Mac dabei gedacht? Warum hatte er Bryn nach Wyoming zurückgeholt?
Trent stand auf, um sich zu strecken, und dabei schweifte sein Blick auf die wunderschöne Landschaft vor dem Fenster hinaus. Wyoming war seine Heimat, und er liebte es. Aber es hatte ihn nicht halten können … genauso wenig wie Gage oder Sloan.
Gage hatte in jungen Jahren eine rastlose Wanderlust gepackt. Und Sloan – tja – für Sloans Intelligenz würde Rancharbeit niemals Herausforderung genug sein. Hatte Jesse sich verpflichtet gefühlt, den Erben zu spielen? Das passte nicht zum Charakter seines jüngsten Bruders, aber wie sonst war Jesses Rolle in der Leitung der Ranch zu erklären?
Früher war die „Crooked S“-Ranch einmal die größte Rinderfarm weit und breit gewesen – damals, als Mac in den Vierzigern gewesen war und ihm seine energiegeladene zwanzigjährige Frau zur Seite gestanden hatte. Jetzt war es nichts weiter als hektarweise wirklich wertvolles Land. Was würde aus der Ranch werden, wenn Mac nicht mehr war?
Trent wartete, bis er Bryn in ihrem Zimmer telefonieren hörte, ehe er erneut nach seinem Dad sehen ging. Mac saß im Bett, und sein Blick erschien Trent schon lebhafter, sein Teint eine Spur gesünder. Hatte etwas so Simples wie Bryns Rückkehr diese Veränderung bewirkt?
Trent setzte sich auf einen Stuhl am Fußende des Bettes. „Du siehst besser aus.“
Mac brummte unwirsch. „Ich werde es überleben.“
„Hast du Lust auf eine Autofahrt? Ich muss einiges in der Stadt besorgen. Könnte dir guttun, mal für ein paar Stunden rauszukommen.“
Sein Vater schien plötzlich in sich zusammenzufallen, als sei es mit seinem Energieschub schon wieder vorbei. „Ich glaube, ich sollte es noch nicht riskieren. Aber vielleicht möchte Bryn mitkommen.“
Trent versteifte sich. Er war nicht bereit, die eineinhalb Stunden, die die Fahrt nach Jackson Hole und zurück dauerte, in einem engen Wagen mit einer Frau zu verbringen, neben der er zum Nervenbündel wurde. „Sie ist bestimmt noch müde von der Anreise. Und ich bin im Handumdrehen zurück.“
In Macs dunklen Augen – die gleichen, die sein Sohn hatte – blitzte es auf. „Bryn hat mir versprochen, eine neue Decke für mein Bett im Geschäft der Pendletons auszusuchen. Du weißt ja, wie Frauen sind … Immer wollen sie irgendetwas einkaufen. Ich möchte sie nicht enttäuschen. Und ihr könnt zusammen essen, ehe ihr zurückfahrt. Julio und ich spielen heute Abend Poker.“
Julio war einer der Rancharbeiter. Trent seufzte. Er wusste, wann man ihn für dumm verkaufte. Aber er würde nicht mit seinem Dad streiten. Noch nicht.
Gleich darauf klopfte Trent an Bryns Zimmertür. Sie stand einen Spalt offen, und ungeduldig wartete er, bis Bryn ihr Telefonat beendete.
Bryn biss die Zähne zusammen, als sie merkte, dass Trent an der Tür stand. „Was willst du?“ Das klang schroff und unhöflich, doch sie hatte sich noch nicht von ihrer letzten Begegnung erholt.
Trent schaute nicht begeisterter drein als sie. „Ich soll dich für ein paar Besorgungen mit in die Stadt nehmen. Mein Vater hat was von einer Decke gesagt. Und er möchte, dass ich dich zum Abendessen ausführe.“
Eingehend betrachtete sie ihn. Ihr entging nicht, wie angespannt er war. „Und du würdest dich lieber mit einer Klapperschlange anlegen … Richtig?“
Er zuckte mit den Schultern und lehnte sich an den Türrahmen. „Ich bin diesen Monat über hier, um meinem Vater das Leben angenehmer zu machen. Und wenn das heißt, mich von ihm herumkommandieren zu lassen, dann ist das in Ordnung.“
„Was für ein pflichtbewusster Sohn du bist.“
Seine Miene wurde entschlossen. „Sei in zwanzig Minuten draußen vor dem Haus.“
Bryn wurde wütend, als er sich abwandte und die Tür hinter sich schloss, ohne ihre Antwort abzuwarten. Doch dann schlüpfte sie aus ihrer Jeans in eine hübsche Stoffhose und zog dazu einen leichten Pullover über. Sie verstand Trent nicht im Geringsten, aber seine Feindseligkeit war absolut nicht zu übersehen. Von jetzt an würde es keine Küsse mehr geben, keine Träume mehr von der Vergangenheit. Sie war hier, um vergangenes Unrecht gutzumachen, und Trent war nicht mehr als eine kleine Unannehmlichkeit.
Sie schaffte es auch, fest daran zu glauben – bis sie auf dem Beifahrersitz seines schicken silberfarbenen Mercedes Platz nahm und ihr der Duft nach frisch geduschtem Mann und exklusivem Aftershave in die Nase stieg. Oh mein Gott. Ihr wurde ganz anders. Ohne einen Seitenblick zu wagen, verschränkte sie die Hände im Schoß und setzte sich kerzengerade hin.
Die Atmosphäre im Wagen war so frostig wie ein Januarmorgen in Wyoming. Trent stellte im Radio einen Nachrichtensender ein, und sie schafften es, die ganze Fahrt über kein einziges Wort zu wechseln.
Vor dem Geschäft der Pendletons setzte Trent sie ab. „Ich hab was zu erledigen. Kannst du dich eine Stunde lang allein beschäftigen?“
Sie tat, als würde sie salutieren. „Ja, Sir. Punkt sechs bin ich hier zur Stelle.“
Seine Miene verfinsterte sich noch mehr. Wenig später fuhr er mit quietschenden Reifen davon.
Mit Bryns Anflug von Trotz war es schnell vorbei. Warum konnte Trent die Vergangenheit nicht ruhen lassen? Warum konnten sie nicht als Freunde neu anfangen?
Im Handumdrehen hatte sie eine wunderschöne Decke mit indianischem Muster für Mac ausgesucht und ging dann noch in ein paar andere Läden, um Geschenke für ihre Tante und Allen zu kaufen. Eine freundliche Verkäuferin bot ihr an, ihre sperrigen Einkäufe im Hinterzimmer abzustellen, bis Trent zurückkam, und so nutzte Bryn die Gelegenheit, sich die Beine zu vertreten.
Zu Hause in Minnesota gingen sie und Beverly jeden Abend mit Allen spazieren, wenn das Wetter gut war. Sie vermisste ihren kleinen Sohn. Er war jetzt fünf und würde im Herbst in den Kindergarten kommen. Viel zu früh, wenn es nach ihr ging. Vielleicht, weil es ihr bewusst machte, dass er sie nicht ewig brauchen würde. Irgendwann würde er aufs College gehen und eine Freundin haben, die ihn ihr dann endgültig wegnehmen würde.
Über diese rührseligen Gedanken musste sie lachen. Sie war vierundzwanzig. Noch zwei Semester, dann hatte sie ihren Abschluss in Publizistik. Und sobald sie wieder zu Hause war, würde sie ihren gewohnten, vertrauten Tagesablauf aufnehmen. Ihr ganzes Leben lag noch vor ihr.
Warum also fühlte sie sich so verzagt?
Die Antwort war einfach. Sie wollte, dass Trent ihr vertraute. Um Allens Zukunft zu sichern, blieb ihr keine andere Wahl, als auf einem Vaterschaftstest zu bestehen. Doch alles in ihr sträubte sich gegen diese Vorstellung. Sie wollte keine juristische Auseinandersetzung mit den Sinclairs.
Sie wollte, dass Mac, Trent, Gage und Sloan eingestanden, dass sie zu ihnen gehörte, blutsverwandt oder nicht. Sie wollte eine Entschuldigung. Sie wollte andere Gefühlsregungen auf Trents Miene sehen als Argwohn und Wut.
Wenig später saß sie mit ihren Einkaufstüten auf einer Bank, als Trent zurückkam. Wortlos stieg er aus, öffnete den Kofferraum und wartete, während sie ihre Einkäufe verstaute.
Dann fragte er sie mit gleichgültiger Miene über das Wagendach hinweg: „Wo möchtest du zu Abend essen?“
Bryn wurde nicht leicht zornig, aber sein Benehmen war einfach beleidigend. „An der Ecke gibt es einen Sandwich-Laden. Da können wir uns schnell was kaufen und auf der Rückfahrt essen. Dann verschwenden wir keine Zeit.“
Ihre zynische Antwort saß. Trent setzte zu einer Antwort an und schloss den Mund dann wieder. Auf seinem Gesicht zeichnete sich Unwille ab. „Schön.“
Zwanzig Minuten später waren sie auf dem Rückweg. Bryn aß ein Puten-Sandwich, das nicht sonderlich schmeckte. Schließlich gab sie auf, wickelte den Rest wieder ein und steckte ihn in ihre Tasche.
Trent hatte sein Sandwich aufgegessen und sah starr geradeaus durch die Windschutzscheibe, während er an seinem Kaffee nippte. In der Dämmerung großen Wildtieren auf der Straße zu begegnen, stellte immer eine Gefahr dar, aber Trent war ein vorsichtiger Autofahrer, und Bryn fühlte sich mit ihm absolut sicher.
Sie wünschte, sie könnte die Zeit zurückdrehen und alle früheren Dummheiten ungeschehen machen. Einschließlich ihrer Bitte an Trent, sie zum Abschlussball zu begleiten. Trent hatte natürlich abgelehnt. Hinter der Scheune hatte sich Bryn die Augen ausgeweint, und Jesse war vorbeigekommen, um sie zu trösten.
Aus jetziger Sicht war Jesses Motiv wahrscheinlich von Anfang an gewesen, Unfrieden zu stiften.
Als das Schweigen im Wagen unerträglich wurde, legte Bryn Trent eine Hand auf den Arm. „Es tut mir wirklich furchtbar leid, dass Jesse tot ist. Ich weiß, du hast ihn sehr geliebt.“ Als sie spürte, dass er die Muskeln anspannte, zog sie die Hand weg. Anscheinend widerte es ihn sogar an, wenn sie ihn bloß kurz berührte.
Trent trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. „Ich kann es immer noch nicht glauben. Er war ein so guter Junge.“
„In den letzten Jahren warst du nicht oft mit ihm zusammen. Er hat sich sehr verändert.“
„Wie meinst du das?“
„Hast du dich nie gefragt, warum er keinen College-Abschluss gemacht hat?“
„Dad sagte, er habe Schwierigkeiten gehabt, sich auf ein Hauptfach festzulegen. Er war unruhig und irgendwie durcheinander. Deshalb hat er mehrmals die Uni gewechselt. Offenbar hat er sich entschieden, sich stärker auf der Ranch zu engagieren.“
Im Stillen seufzte Bryn. Es war schlimmer als vermutet. Mac musste von Jesses Problemen gewusst haben, hatte seinen anderen drei Söhnen aber anscheinend nichts davon gesagt. Hatte sie das Recht, den Mythos zu entzaubern?
Als sie an Allen dachte, war die Antwort klar. „Trent … Jesse ist von vier Unis geflogen, weil er getrunken und Drogen genommen hat. Euer Vater hat ihn schließlich nach Hause geholt, um ein Auge auf ihn zu haben.“
Mit gefährlich quietschenden Reifen brachte Trent den Wagen abrupt zum Stehen. Er schaltete die Innenbeleuchtung ein und wandte sich Bryn zu. „Wie kannst du es wagen, das Andenken an meinen Bruder zu beschmutzen“, sagte er gefährlich leise. „Dazu hast du kein Recht.“ Seine dunklen Augen blitzten, die sinnlichen Lippen hatte er zusammengepresst.
Sie würde nicht zurückweichen, nicht jetzt. „Tut mir leid“, erwiderte sie leise. „Wirklich. Aber Mac hat euch einen Bärendienst erwiesen. Vielleicht hättet ihr helfen können, wenn ihr Bescheid gewusst hättet.“
Trents durchdringender Blick hätte Bryn als zitterndes Häufchen Elend zurückgelassen, wäre sie nicht im Herzen überzeugt gewesen, das Richtige zu tun. Auf seiner Miene spiegelte sich tiefer Schmerz wider, sie verriet Verwirrung und Gewissensbisse und eine – zumindest für Bryn – selten sichtbare Verletzlichkeit.
Mit einer Hand fuhr er sich durchs Haar. „Du lügst doch schon wieder. Woher willst du irgendetwas über Jesse wissen?“
„Ich lüge nicht“, erwiderte sie ruhig. „Jesse hat mich ein paarmal im Jahr angerufen. Und jedes Mal war es dasselbe. Er war entweder betrunken oder high und hat mir in den Ohren gelegen, doch nach Wyoming zurückzukommen.“
„Wenn du die Wahrheit sagst, dann ist es ja noch schlimmer. Vielleicht wollte er mit dir und dem Baby eine Familie gründen, selbst wenn es nicht seins war.“
„Sei realistisch, Trent. Die meiste Zeit über hat er nicht gewusst, was er gesagt hat. Wenn überhaupt, dann wollte er mich und Allen benutzen, um bei Mac zu punkten … um seinen Hintern zu retten, wenn er wieder mal in Schwierigkeiten gesteckt hat.“
„Jesse hat Kinder geliebt.“
„Jesse hat mir Geld für eine Abtreibung angeboten“, erklärte sie rundheraus. „Er hat behauptet, er habe große Pläne für sein Leben, und ein Baby kam darin nicht vor … Ich auch nicht. Deshalb kam ich damals so aufgebracht in Macs Arbeitszimmer gerannt. Ich dachte, Mac würde ihn zur Vernunft bringen.“
Trent war kreidebleich. Er sagte kein Wort.
„Und stattdessen“, endete sie mit bebender Stimme, „hat Mac mich in ein Flugzeug nach Minnesota gesetzt.“
Bitte, bitte, bitte glaub mir.
Er hob das Kinn. „Mit deinem schauspielerischen Talent könntest du glatt beim Film Karriere machen.“
Seine schnippische Bemerkung tat weh, aber etwas anderes hatte Bryn auch nicht erwartet. Er hatte eine Menge Lügen aufgetischt bekommen, schön. Aber nicht von ihr. Sie seufzte. „Frag Mac. Lass dir von ihm die Wahrheit erzählen.“
Langsam schüttelte Trent den Kopf. „Mein Vater wäre beinah gestorben. Er trauert um seinen Sohn. Da werde ich ihn ganz sicher nicht mit deinen wilden Beschuldigungen aufregen.“
Bryn sank in ihren Sitz zurück und wandte sich ab, damit Trent nicht sah, dass ihr die Tränen kamen. „Tja, dann … sind wir in einer Sackgasse gelandet. Fahr mich nach Hause. Ich möchte nach Mac sehen.“
Sie wusste nicht, was sie eigentlich von Trent erwartete. Aber er gab ihr nichts, absolut nichts. Seine Miene war undurchdringlich. Wortlos startete er den Wagen.
Trent war entsetzt von dem Bild, das Bryn von Jesse zeichnete. Der kleine Bruder, an den er sich erinnerte, war fröhlich, vielleicht ein wenig unreif für sein Alter, aber nicht unmoralisch, nicht ohne Grundsätze.
Bryn hatte unwissentlich an Trents eigene Schuldgefühle gerührt. In den letzten Jahren hatte Trent die Rolle des großen Bruders schleifen lassen. Abgesehen von Macs Geburtstag im Herbst, Thanksgiving und Weihnachten war er selten aus Colorado nach Wyoming heimgekommen.
Seine Firma war sehr erfolgreich. In kürzester Zeit hatte er unglaublich viel Geld verdient, aber es war die Herausforderung, die ihn antrieb. Er hatte solchen Erfolg, weil er der Beste in der Branche war.
Aber um welchen Preis? Hatte er irgendwelche Anzeichen übersehen, dass Jesse Probleme hatte? Oder war die Wahrheit absichtlich von ihm ferngehalten worden? Gage würde nicht Bescheid wissen. Er war meistens irgendwo in der Welt unterwegs. Und Sloan beschäftigte sich mehr mit der Welt der Zahlen und Formeln als mit Emotionen und persönlichen Angelegenheiten. Nein … Trent war derjenige, der etwas hätte merken müssen, und er war zu beschäftigt gewesen, um zu helfen.
Natürlich war es auch möglich, dass Bryn übertrieb … oder das ganze Szenario sogar erfunden hatte. Doch obwohl er weit davon entfernt war, ihr zu trauen, hätte sie wirklich eine sehr gute Schauspielerin sein müssen, um die leidenschaftliche Aufrichtigkeit in ihrem Blick und ihren Worten vorzutäuschen.
Als Trent vor dem Haus hielt, stieg Bryn aus und holte ihre Einkaufstüten aus dem Kofferraum, ehe er ihr helfen konnte. Es war nicht schwer zu deuten, sie war wütend.
Warnend ergriff er ihren Arm. „Ich möchte nicht, dass du mit Mac über Jesse redest. Nicht bis auf Weiteres. Weiß der Himmel, was du dir von diesem plötzlichen mitleidsvollen Besuch erhoffst, aber ich werde dich im Auge behalten. Du solltest vermeiden, Mac aufzuregen, sonst bekommst du es mit mir zu tun.“
Sie bedachte ihn mit einem spöttischen Lächeln, als sie zur Veranda ging. „Ich liebe Mac. Und deine Drohungen schüchtern mich nicht ein. Ich denke, deine ursprüngliche Idee war die beste … ich werde dir nicht in die Quere kommen.“
In den nächsten drei Tagen sah Bryn Trent kaum, und das war gut so. Ihre jüngste Auseinandersetzung schmerzte sie immer noch. Jedes Mal, wenn er zu seinem Vater kam, um mit ihm zu reden, verließ sie das Zimmer, damit die beiden ungestört waren.
Mac war sich bewusst, welches Arbeitspensum Trent zu bewältigen hatte, und beklagte sich bei Bryn. „Kannst du ihn nicht bremsen? Der Junge arbeitet praktisch rund um die Uhr. Wenn er nicht auf der Ranch ist, dann hält er Telefonkonferenzen mit seinen Mitarbeitern und bleibt die halbe Nacht auf, um weiß der Himmel was zu erledigen.“
„Wie soll ich ihn denn bremsen? Deine Söhne würden alles für dich tun, Mac, aber für einen Mann wie Trent muss es schrecklich schwierig sein, sein Leben einen Monat lang anzuhalten.“ Trent hatte aus dem Nichts eine überaus erfolgreiche Firma aufgebaut und seine erste Million verdient, ehe er fünfundzwanzig war. Auch ohne das Vermögen, das er eines Tages von seinem Vater erben würde, war Trent ein reicher Mann.
„Er würde auf dich hören, Brynnie.“
„Das glaube ich nicht. Du weißt doch, dass er mir nicht traut. Fast täglich lässt er Anwälte mit dem Hubschrauber einfliegen, um Verträge zu unterschreiben. Er ist ein bedeutender, hochkarätiger Geschäftsmann. Früher waren wir vielleicht Freunde, aber jetzt kenne ich ihn nicht mehr.“ Der etwas ältere Junge, an den sie sich erinnerte, und auch der junge Mann, für den sie geschwärmt hatte, hatten längst aufgehört zu existieren. Der Trent von heute bewegte sich in einer anspruchsvollen, geschäftigen Welt, die ihr völlig fremd war.
Die Veränderung dieses Mannes, dem sie einmal so nah gewesen war, machte sie traurig.
Es hätte Bryn nichts ausgemacht, im Haushalt mitzuhelfen, aber mit Macs im Schichtdienst arbeitenden Köchinnen und Haushälterinnen fühlte sie sich wie im First-Class-Hotel. Wie von Zauberhand wurde ihre schmutzige Wäsche gewaschen, und ihr luxuriöses Bad und Schlafzimmer waren immer tipptopp.
Da sie es gewohnt war, sich um ihren Sohn zu kümmern, halbtags zu arbeiten und im Studium am Ball zu bleiben, kam sie sich richtig überflüssig vor, wenn Mac schlief.
Am dritten Abend nach der unerfreulichen Fahrt nach Jackson Hole lief ihr Trent in der Küche über den Weg, wo sie mit der Köchin plauderte.
Er wirkte nachdenklich. „Ich hab mir überlegt, Mac könnte heute Abend vielleicht am Tisch essen. Was meinst du dazu?“
Sie nickte und wünschte, sie würde sich in Trents Gegenwart nicht so unwohl fühlen. „Gute Idee. Es wird ihm guttun, sein Zimmer zur Abwechslung mal zu verlassen.“ Es war zwar eher eine Luxussuite, aber auch die konnte einem wie ein Gefängnis vorkommen.
Als Mac wenig später am Tisch saß, stocherte er zunächst nur in seinem Essen herum, doch schließlich aß er mit großem Appetit. Erfreut sah Bryn zu, wie er seinen Teller leerte.
Die Unterhaltung lief schleppend, doch Bryn tat ihr Bestes. „Morgen ist dein nächster Arzttermin, richtig?“
Da Mac gerade kaute, antwortete Trent. „Ja. Um elf. Ich fahre Dad hin. Du kannst hierbleiben und dir ein paar Stunden freinehmen.“
Bryn runzelte die Stirn. Das hörte sich an, als wäre sie eine bezahlte Krankenschwester. „Aber ich würde gern mitfahren.“
Trent schüttelte den Kopf, verriet mit keiner Miene, was er dachte. „Nicht nötig.“
Und das war’s. Das Orakel hatte gesprochen.
Nach dem Abendessen spielten Mac und Trent Schach mit einem Spiel aus Jade und Onyx, das Gage von einer seiner Asienreisen mitgebracht hatte. Das Schachspiel war mit Sicherheit teuer gewesen, und Bryn fragte sich, wie es sein mochte, sich um Geld keine Sorgen machen zu müssen.
Unbemerkt stand sie ein paar Minuten an der Tür und beobachtete die beiden Männer. Die Sinclairs hatten ihr Herz nie auf der Zunge getragen, aber Bryn wusste, dass sie einander innig liebten. Sie waren eine Familie, die eng miteinander verbunden war.
Leider gehörte sie nach wie vor nicht dazu.
Am nächsten Morgen wurde Bryn aus dem Krankenzimmer verscheucht, damit Trent seinem Vater beim Anziehen helfen konnte, ehe sie zum Arzt fuhren. Erst auf halbem Weg nach oben bemerkte sie, wohin ihre Füße sie trugen – in Jesses Zimmer. Es lag so weit von Macs Zimmer entfernt, wie es in dem weitläufigen Haus nur möglich war. Absichtlich? Vielleicht. Jesse hatte sich dem Blick seines wachsamen Vaters sicher entziehen wollen.
Auf allem lag eine dünne Staubschicht. Der Reinigungsdienst, der wöchentlich ins Haus kam, musste Anweisung erhalten haben, dieses Zimmer nicht zu betreten. Nichts schien angerührt worden zu sein seit dem Tag, an dem Jesse gestorben war. Selbst das Bett war noch ungemacht.
Auch wenn es ihr regelrecht das Herz zusammenschnürte, sammelte Bryn als Erstes einige Dinge ein, die für einen Vaterschaftstest verwendet werden konnten … einen Kamm mit ein paar ausgegangenen Haaren, eine Zahnbürste, einen Rasierapparat. Sie konnte es sich nicht leisten, zimperlich zu sein. Deshalb war sie ja hergekommen.
Bryn schaffte ein wenig Ordnung, während ihr eine Menge Fragen durch den Kopf gingen. Sie hatte den Obduktionsbericht gesehen. Mac hatte ihn mitten auf der Kommode in seinem Schlafzimmer liegen. Vermutlich wollte er, dass sie ihn selbst las, damit er die schrecklichen Worte nicht aussprechen musste: Mein Sohn war drogenabhängig.
Was für ein sinnlos verlorenes junges Leben. Sie nahm einen iPod zur Hand und sah die Titelauswahl durch. Wehmut und Trauer übermannten sie, als sie einen bekannten Titel entdeckte, „Jessie’s Girl.“ Wie oft hatten sie beide diesen Oldie laut aufgedreht und mitgesungen, während sie in rasantem Tempo über eine der Landstraßen hier in Wyoming fuhren?
Sie hatte es aus ganzem Herzen geglaubt. Sie war Jesses Mädchen gewesen, und auch wenn er nicht Trent war, hatte er ihr das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein. Die meiste Zeit war sie glücklich gewesen – erleichtert zu wissen, dass sie für immer zu den Sinclairs gehören würde.
Doch es war alles eine Illusion gewesen.
Bryn öffnete den Schrank, um die Sportsachen auf eines der oberen Borde zu legen. Dabei stieß sie gegen einen alten Schuhkarton, den ein Gummiband zusammenhielt. Er fiel ihr vor die Füße. Irgendetwas daran ließ sie frösteln. Den Karton auf dem Schoß, setzte sie sich aufs Bett und nahm den Deckel ab. Sie hatte erwartet, Drogen zu finden, womöglich einen Revolver.
Doch in der Schachtel lagen Briefe, insgesamt vielleicht zwei Dutzend. Beim Durchsehen fiel ihr auf, dass die ältesten aus dem Jahr stammten, als Jesse sechzehn gewesen war. Der Absender war immer gleich … die Buchstaben PKC. Abgestempelt waren sie alle in Cheyenne.
Hatte niemand Jesse wegen der Briefe befragt, oder waren sie in so großen zeitlichen Abständen eingetroffen, dass sie niemandem aufgefallen waren? Oder hatte Mac davon gewusst? Die drei älteren Jungen mussten schon auf dem College gewesen sein, als die ersten Briefe angekommen waren.
Bryn nahm wahllos einen aus seinem Umschlag und begann zu lesen. Entsetzt las sie sie schließlich alle. Ihr krampfte sich der Magen zusammen. Was für eine Mutter würde auf diese Art und Weise die Seele ihres jungen Sohnes vergiften, den sie mit sechs Jahren im Stich gelassen hatte?
Der Schaden hinter diesen Briefen war schleichend. Ein Kind mochte die Bosheit, die hinter den Worten steckte, vielleicht nicht wahrnehmen. Aber was war mit Jesse? Hatte er sich gefreut, dass seine Mutter Kontakt zu ihm aufnahm? So sehr, dass er die Briefe nicht hinterfragte? Oder war er als junger Erwachsener in der Lage gewesen, die tiefere Bedeutung der weinerlichen, einschmeichelnden Sätze zu erfassen?
Jesse, du warst immer mein Liebling.
Jesse, Mac war ein Tyrann. Ich war so unglücklich. Er hat mich dich nicht mitnehmen lassen.
Jesse, ich vermisse dich.
Jesse: Trent und Gage und Sloan haben mich nie so geliebt, wie sie es hätten tun sollen.
Jesse, du hast meinen Verstand. Muskeln sind nicht alles.
Jesse, du verdienst mehr.
Jesse … Jesse … Jesse …
Bryn konnte sich nicht vorstellen, warum Macs Frau so grausam gewesen war. Um ihren Exmann zu bestrafen? Um Zwietracht in die Familie zu tragen? Warum? Sie hatte sie doch verlassen, nicht umgekehrt.
Die jüngsten Briefe waren die schlimmsten. Etta Sinclair schrieb von ihren vielen Männern. Sie ließ durchblicken, dass sie während ihrer Ehe mit Mac Affären gehabt hatte. Und sie deutete an, dass Mac womöglich gar nicht Jesses Vater war.
Bryn wurden die Knie weich, und wenn sie nicht schon gesessen hätte, wäre sie bestimmt zu Boden gesunken. Es würde keine Rolle spielen, ob Trent und Mac ihr je glaubten, dass Jesse Allens Vater war. Jesse war womöglich gar kein Sinclair, und wenn er keiner war, dann war sein kleiner Sohn es auch nicht.
Mit zitternden Händen legte Bryn die Briefe in den Karton zurück und ging nach unten in ihr Zimmer.
Hatte es Sinn, sie Mac zu zeigen? Es war wohl am besten, sie zu verstecken, bis sie sich entschieden hatte, was sie damit machen sollte. Sicher hatte er die Treulosigkeit seiner Frau längst verkraftet.
Je mehr sie über die Briefe nachdachte, desto unsicherer wurde sie. Sie hatte einige wenige Fotos von Etta gesehen. Trent, Gage und Sloan waren alle die reinsten Ebenbilder ihres Dads – groß, kräftig, dunkel.
Jesse war blond und schlank, ganz wie seine Mutter. War es einfach eine Laune der Natur, oder war an den Andeutungen in den Briefen doch etwas dran?
Bis Trent und Mac am späten Nachmittag zurückkamen, war Bryn fast krank vom vielen Grübeln. Nach dem Abendessen zog sie sich in ihr Zimmer zurück. Nachdem sie geduscht und lange mit Tante Beverly telefoniert hatte, ging sie zu Bett und las stundenlang, ehe sie in einen unruhigen Schlaf fiel.
Trent war nach der Besprechung mit dem Arzt sehr beruhigt, was Macs Genesung betraf. Auch wenn es ein schwerer Herzinfarkt gewesen war, so hatten Macs allgemeiner Gesundheitszustand und seine Fitness den bleibenden Schaden minimiert. Mac Sinclair war ein zäher alter Knochen.
Und das ermutigte Trent, auf der Rückfahrt behutsam ein paar Fragen zu stellen. „War es wirklich nötig, Bryn auf die Ranch einzuladen? Sie macht bestimmt Ärger. Du weißt, was sie vor sechs Jahren getan hat. Ich bezweifle, dass sie sich geändert hat.“
Mac blickte nachdenklich geradeaus durch die Windschutzscheibe. „Ich habe damals alles falsch gemacht. Sie verdient es, angehört zu werden. Deshalb wollte ich, dass sie herkommt.“
Trent war verblüfft. „Aber sie hat gelogen.“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber es tut meinem Herzen trotzdem gut, sie wiederzusehen.“
Trent wollte protestieren, hielt sich jedoch gerade noch zurück. Sein pragmatischer Vater war nie anfällig für Sentimentalitäten gewesen. Jetzt fürchtete Trent, dass er in seinem noch nicht vollständig genesenen Zustand womöglich zum Narren gehalten wurde von einer Frau, die hübsch, charmant und zu allem entschlossen war.
Er wählte seine Worte mit Bedacht. „Es wäre nur natürlich, wenn Bryn ein Stück vom Kuchen abhaben will.“ Sein Job war es, die Wahrheit herauszufinden und seinen Vater von übereilten Aktionen abzuhalten.
„Bryn ist keine Bedrohung. Sie ist das gleiche Mädchen, das sie immer war.“
„Da bin ich mir nicht so sicher. Ich kann nicht vergessen, was sie Jesse anzuhängen versucht hat.“ Auch Trent war von Bryns Ausstrahlung angetan, und er musste zugeben, dass alte Erinnerungen und Gefühle im Spiel waren. Aber so leicht ließ er sich nicht von einem lieben Lächeln und netten Worten beeinflussen. Er war lange genug Geschäftsmann, um zu wissen, dass Menschen nicht immer das waren, was sie zu sein schienen.
„Jesse hatte etwas mit dem zu tun, was vor sechs Jahren passiert ist.“
„Dad, ich bitte dich ja nur, dass du ihr nichts versprichst. Bryn mag ja wie ein dunkelhaariger Engel aussehen, aber das heißt noch lange nicht, dass sie ihre Ziele nicht durch unfaire Methoden zu erreichen versucht.“ Und er selbst sollte das auch beherzigen, wenn er das nächste Mal den Drang verspürte, ihre sinnlichen Lippen zu küssen.
Mac rutschte unruhig auf dem Beifahrersitz hin und her, sichtlich erschöpft vom langen Tag. „Du bist verrückt, mein Junge. Sei nicht so argwöhnisch.“
„Ich werd’s versuchen, Dad. Für dich.“ Trents Devise war „Bleib dicht bei deinen Freunden und noch dichter bei deinen Feinden“. Ob Bryn eine Feindin war oder nicht, blieb abzuwarten, aber bis dahin würde er sie im Auge behalten. Nicht nur sie konnte etwas vortäuschen. Er würde den zuvorkommenden Gastgeber spielen, und wenn ihre Wachsamkeit nachließ, würde er in der Lage sein, das Unheil abzuwenden, das sie womöglich heraufbeschwor.
Anspannung und Stress drohten Bryn auf Dauer schlaflos zu machen. Nach einer besonders unruhigen Nacht klopfte es an ihrer Tür, und ärgerlich stellte sie fest, dass längst die Sonne am Himmel stand.
Statt der Putzfrau, die sie erwartet hatte, trat auf ihre Aufforderung hin Trent ein – ein üppig beladenes Tablett in Händen.
Die Grimasse, die er schnitt, konnte fast als schiefes Lächeln durchgehen. „Ich schulde dir noch ein Dankeschön, dass du Macs Bitte so schnell gefolgt und sofort hergekommen bist.“
Bryn setzte sich im Bett auf, zog die Decke vor die Brust und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Trent war frisch rasiert, das Haar noch feucht vom Duschen. Bryn kam sich dagegen richtig zerzaust vor.
Er hatte ihr Rühreier und Toast gebracht. Außerdem standen Kaffee und Marmelade auf dem Tablett, daneben lagen Besteck und eine Serviette. Ohne weitere Umstände stellte er das Frühstück auf die Kommode und blieb daneben stehen.
Sie räusperte sich. „Danke.“
„Mac bekommt heute Besuch von einem alten Studienfreund. Da dachte ich, du und ich sollten dabei nicht im Weg sein. Es ist ein herrlicher Tag. Wir könnten eine Wanderung machen … wie früher.“
„Eine Wanderung?“ Bryn, noch leicht verschlafen, begriff nicht gleich.