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Konditor Eddy stolpert durch einen unglücklichen Zufall in die Fänge einer kriminellen Organisation. Dort trifft er auf den berüchtigten Kyrios – einen schwergewichtigen Gangsterboss, der von Eddys Torten nicht genug bekommen kann. Gemeinsam mit Lin, einer ehemaligen Prostituierten mit Putzfimmel und einem geschwätzigen Koch mit einem Axolotl als Haustier, muss Eddy für die Organisation nun Kuchen backen. Gefährlichen Kuchen. Und als wäre das der Absurditäten nicht genug, ist ihnen auch noch ein Polizist auf den Fersen, der glaubt, ein Untoter zu sein. Marien Loha kredenzt uns hier eine bitterböse, blutige Verbrechersyndikatsgeschichtenparodie, in der ein Dalmatinerpony in Turnschuhen das einzige Wesen zu sein scheint, das keine psychischen Probleme hat.
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Seitenzahl: 496
periplaneta
Marien Loha: „Baking Bad – In roten Pfützen spielt man nicht“ 1. Auflage, September 2017, Periplaneta Berlin, Edition Totengräber
© 2017 Periplaneta - Verlag und Mediengruppe Inh. Marion Alexa Müller, Bornholmer Str. 81a, 10439 Berlin www.periplaneta.com
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Übersetzung, Vortrag und Übertragung, Vertonung, Verfilmung, Vervielfältigung, Digitalisierung, kommerzielle Verwertung des Inhaltes, gleich welcher Art, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Die Handlung und alle handelnden Personen sind erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit realen Personen oder Ereignissen wäre rein zufällig.
Lektorat: Thomas Manegold Schlusskorrektur: Vanessa Franke Cover: Marion Alexa Müller Satz & Layout: Thomas Manegold
print ISBN: 978-3-95996-061-8 epub ISBN: 978-3-95996-062-5
E-Book-Version: 1.1
Marien Loha
periplaneta
Die Beine angezogen, der Oberkörper gekrümmt, den Kopf in einem unmenschlichen Winkel auf die rechte Brust gedrückt. Seine Brustwarze könnte fast in seine Wange stechen. Aber das Hemd hat er ja noch an, im Gegensatz zu seiner Hose. Die Wirbel am Nacken treten stark hervor, als wollten sie die blasse Haut durchstoßen. Bei dem Anblick meint man fast, ein lautes Knacken zu hören. Eines von diesen Geräuschen, die so ein unangenehmes Kribbeln den Rücken rauf und runter wandern lassen. Die fettigen Haare kleben an seinem feisten Kopf. Mit dem Rücken liegt er auf einem Verbandskasten. Eine dreckverkrustete rostige Bohrmaschine liegt in seinem Schritt
(Eddy) Ich renne, was das Zeug hält. Na ja … besser gesagt renne ich, wie der, der die Hose hält. Genau genommen hab ich sie sogar an. Sitzt super! Wie maßgeschneidert. Nicht zu eng im Schritt, nicht zu lang an den Beinen und auch am Bund genau richtig. Sie scheuert auch kein bisschen beim Rennen.
Plötzlich springt mir ein kleiner Körper auf den Rücken. Zwei Arme kreuzen sich vor meinem Hals, sie würgen und ziehen mich nach hinten. Gleichzeitig spüre ich, wie zwei Beine meinen Bauch umschlingen, etwas trifft mich empfindlich in die Weichteile.
Wie unfair! So ein unfreiwilliger Huckepacklauf während einer Flucht ist nicht gerecht! Ähh … o.k. … ich tu jetzt einfach mal so, als wenn nix wär, und renne weiter. Aber irgendwie wollen meine Beine nicht so recht mitmachen. Verdammt, ich werde langsamer! Weiter, weiter, weiter! Ein Schritt vor den andern. Und noch einen.
Ich knicke mit dem linken Fuß um und breche zusammen. Das Pack springt von meiner Hucke. Huckepacklauf beendet. Meine Flucht damit leider auch.
Der dreckige Asphalt ist das Letzte, was ich sehe. Ich spüre genau, wie sich kleine Steinchen und vermutlich auch ein paar Glassplitter in meine Wange drücken.
„Ohh Mann … wenigstens bin ich nicht mit der Nase aufgekommen“, denke ich noch und verliere das Bewusstsein.
Dabei hatte mein Tag so gut begonnen. Ich hab nämlich einen neuen Postboten, bis jetzt ganz sympathisch. Endlich hatte die Post meine zahllosen Briefe erhört! Der alte trachtete mir doch schon seit Jahren nach dem morgendlichen Frieden. Viele Briefe stellte er mir einfach nicht zu, las sie wahrscheinlich noch und verbrannte sie dann lachend in seinem Kamin. Ja! Mit Sicherheit hat er einen Kamin, der hinterhältige Sack, oder mindestens einen von diesen feuerfesten Mülleimern, die so sauschwer zu bekommen sind.
Bei meinem Ex-Schwiegervater dachte ich kurz, er besäße so einen feuerfesten Mülleimer. Jedoch schmolz der metallisch anmutende Eimer gleich beim ersten Versuch, etwas darin zu verbrennen, innerhalb weniger Sekunden in sich zusammen und hinterließ eine qualmende Pfütze auf dem Parkett, die sich als hässlicher Fleck darauf verewigte. Und mir wurde damals natürlich die Schuld daran gegeben. Sogar von Klara. Unverschämtheit! Was kann ich dafür, wenn sich ihr Vater so ein billiges Imitat andrehen lässt? Er brüllte mich sogar an‚ ich sei ein armer Irrer, solle mich bloß von seiner Tochter fernhalten und überhaupt hätte er sofort gewusst, dass ich zu nix tauge! Frechheit!
Dabei bin ich wirklich sehr vorausschauend. Ich hab mir letztens beim Zahnarzt extra so einen kleinen Mundspiegel geklaut. Diesen Spiegel hab ich seitdem immer bei mir, auch wenn ich unterwegs bin. Man kann nie wissen, wann man mal um eine Ecke lunzen muss, um potentielle zwielichtige Gestalten auszumachen oder so. Vor einer Ecke zu wissen, was dahinter auf einen wartet, hat viele Vorteile.
Auf meinem Nachhauseweg hat mir das heute allerdings gar nichts genutzt.
Zwischen meiner Wohnung und meiner Arbeitsstätte liegt ein verlassenes Fabrikgelände. Es ist nicht nur der kürzeste Weg, sondern auch der sicherste. Auch wenn das unglaubwürdig erscheinen mag. Es ist sicher – denn dort sind keine Menschen. Ein Gebäude kann mir nix tun. Auf der Hauptstraße kann ich dagegen nie alle Leute gleichzeitig im Auge behalten, irgendwas entgeht einem da immer.
Als ich vorsichtig um eine der wenigen Ecken guckte, entdeckte ich nur ein Auto, der Platz zwischen den Hallen war menschenleer. Auf dem Fahrersitz schlief ein Mann. Mhm … was genau mich geritten hat, näher ranzugehen, weiß ich auch nicht, Neugier vermutlich.
Ich klopfte vorsichtig an die Scheibe. Keine Reaktion. Seine Hose war offen. Wieso war seine Hose offen? Hatte er sich hier einen runtergeholt und war danach eingeschlafen?
Aber sein Ding war eingepackt und ich konnte nirgendwo ein Taschentuch sehen. Er war sogar noch angeschnallt. Sehr vorbildlich. Safety first! Auch beim Onanieren.
Vorsichtig öffnete ich die Tür. Nichts passierte. Ich stupste ihn an. Er schlief wie ein Stein. Seine Hose sah neu aus … im Gegensatz zu meiner. Ja, vielleicht … Ich stellte mich seitlich neben die offene Fahrertür, ging in die Hocke und tat so, als würde ich auf einem imaginären Sitz neben ihm Platz nehmen.
Ganz schön anstrengend. Meine Oberschenkel begannen, bereits nach ein paar Sekunden zu brennen. Wie halten Frauen das nur aus, wenn sie so auf Klo gehen und die verkeimte Brille nicht berühren wollen? Ich erhob mich wieder und rieb meine Schenkel. Gut, wir hatten ungefähr die gleiche Größe. Sein Oberkörper war zwar viel kräftiger als meiner, aber der Hosenbund saß unterhalb seiner kleinen Wampe. Müsste passen.
Ich schaute mich um. Niemand zu seh’n. Na denn! Vorsichtig zog ich an seiner Hose und hielt immer wieder inne, um zu gucken, ob er nicht doch aufwachte. So wird das nix.
Ich hievte erst das eine, dann das andere Bein aus dem Wagen. Sein Oberkörper rutschte Richtung Beifahrersitz, wurde aber auf halber Strecke abrupt vom Gurt gestoppt. Sah ganz schön unbequem aus, wie er da so hing. Also ich könnte so nicht schlafen.
Seine Schuhe waren im Weg. Wie kann man nur doppelte Knoten in seine Schnürsenkel machen? Nach einigem Knibbeln brach mir auch noch ein Fingernagel ab. Scheiße verdammt!
Ich zog ihm die Schuhe aus. Saßen ganz schön fest. Dass er bei dem Gerüttel nicht wach wurde … der musste voll wie ’n Eimer sein. Ah, geschafft!
Dann die Hose. Sie roch sogar noch neu. Ich zog meine Hose aus und seine an. Passte super. Ich hatte nur noch mein Zeug aus meinen alten Taschen gekramt. Naja, o.k., die Taschentücher und die Kaugummis konnte er haben.
Boah, jetzt ihm die Hose wieder anziehen?! Gar kein Bock drauf. Sollte er sich doch fragen, wie er es im Suff geschafft hatte, seine Hose zu verlieren und eine andere zu besorgen, die er aber dann offenbar nicht mehr anziehen konnte.
Ich richtete ihn wieder etwas in seinem Sitz auf, legte ihm meine alte Hose auf den Schoß und machte die Tür zu. Ich war schon um die Ecke, da blieb ich abrupt stehen und ging noch mal zurück. Die Kaugummis hatten immerhin einen Euro gekostet!
„Ey! Was machst’n du da?!“, brüllte mich jemand von hinten an, als ich grade in meiner alten Hose nach den Kaugummis wühlte. Augenblicklich brach mir der kalte Schweiß aus und ohne mich umzusehen, begann ich zu rennen. Rennen. Weglaufen. Wenn ich etwas konnte, dann das.
Ich sehe Licht. Zwar nur verschwommen, aber immerhin. Wo bin ich? Zwei Schatten schieben sich ins Bild. Ich versuche die Lippen zu öffnen, aber sie sind wie zugeklebt. Oh Mann … was ist passiert? Der weiche, fremde Stoff, der sich an meine Beine schmiegt, lässt die Erinnerung zurückkehren. Die Hose. Die Kaugummis. Scheiße! Was hat mich nur geritten, mit diesem Mann die Hosen zu tauschen?
Ich blinzele. Aus den Schatten werden zwei völlig identische Gestalten. Ich sehe wohl doppelt. Ich verdrehe die Augen, probiere alles Mögliche, aber die beiden Gestalten bleiben. O.k., dann sieht das die Realität anscheinend wirklich so vor. Zwillinge.
Bin ich in den Siebzigern aufgewacht? Sie haben schwarze, stark lockige Haare, aber kurz, vielleicht Dauerwellen – erinnern mich an Monchhichis, bis auf die buschigen Schnauzbärte. Ihre Gesichter sehen irgendwie seltsam aus. Verhärmt, leicht eingefallen und ihre Köpfe erscheinen zu groß für ihre Körper. Oder liegt das nur an meiner Perspektive?
„Aufgewacht, Schlafmütze!“, näselt der eine Monchhichi mit einer viel zu hohen Stimme und begrüßt mich mit einem werbespotreifen Lächeln.
Ich versuche, mich aufzusetzen. Aus den Zwillingen werden Vierlinge und ich kippe erneut um. In meinem Kopf scheint irgendwas gegen irgendwas Krieg zu führen. Explosionen, Feuer, Lichtblitze, immer wieder Explosionen. Ich weiß zwar nicht, wie sich ein gespaltener Schädel anfühlt, aber so ähnlich stelle ich es mir vor.
„Was ist passiert?“, will ich fragen. Heraus kommt aber mehr so was wie: „Whspse?“
Sie verstehen mich trotzdem. „Du bist auf den Kopf gefallen“, sagt der andere. Seine Stimme ist auch hoch, aber er näselt nicht.
„Und du blutest aus dem Ohr, aber ich glaub, das ist nicht so schlimm“, sagt der mit der näselnden Stimme.
Schön, dass er glaubt, es sei nicht so schlimm, wenn mir mein Gehirn aus den Ohren läuft. Ich probiere noch mal, mich aufzurichten. Klappt ganz gut. Nachdem die Umgebung aufgehört hat, sich zu drehen, stelle ich fest, dass ich im Sitzen den beiden auf den Bauchnabel gucken kann.
„Gott, seid ihr klein!“, rufe ich immer noch nuschelnd aus. Aber immerhin, ich hab meine Stimme wieder.
Dafür fange ich mir einen Tritt in den Bauch von dem einen und eine schallende Ohrfeige von dem anderen ein. Nachdem Ohr, Wange und Bauch eine Wartenummer gezogen und sich brav in die Schmerzensschlange hinter den gespaltenen Schädel eingereiht haben, fangen die Zwillinge an, vor mir hin und her zu gehen.
„Einfach so hier rumzuschleichen …“, sagt der Rechte.
„… und ganz frech rumzuschnüffeln“, sagt der Linke.
Nee, der Rechte … quatsch, der Linke … ach verdammt, hört doch mal auf, hin- und herzulaufen! Taufe den einen Nase, wegen seiner näselnden Stimme und den anderen Zwille, wegen … ja, keine Ahnung, wegen Zwilling, denk ich.
„Mischst dich einfach so ein …“, sagt Nase.
„… und klaust unserm Herb da drüben die Hose …“, sagt Zwille.
Mann, geht ihr mir auf’n Keks mit eurem wechselseitigen Geschwafel.
„Gar nicht nett von dir.“
„Wir sollten dich dafür bestrafen.“
Wo denn eigentlich einmischen? Für was bestrafen? „Wa… was wollt ihr von mir? Die Hose könnt ihr wieder haben, kein Problem“, versuche ich, sie zu beschwichtigen.
„Was sollen wir denn mit der scheiß Hose, Mann?!“, keift Nase.
Ich schaue sie abschätzend an und sage zu meinem eigenen Bedauern: „Stimmt. Würde vermutlich eh nicht passen.“
Ich hebe die Hände, um mich vor etwaigen Attacken zu schützen, aber es kommen keine.
„Mann, Mann, Mann. Wird auch noch frech. Was machen wir bloß mit ihm? Das wird dem Boss gar nicht gefallen, oder Zipp?“
„Ganz bestimmt nicht Flipp! Ganz bestimmt nicht.“
O.k., also, Nase heißt eigentlich Flipp und Zwille heißt Zipp. Ach kommt schon! Zwei Zwillingszwerge mit schwarzem Lockenkopf und Riesenschnauzer namens Zipp und Flipp, das kann doch nicht euer Ernst sein, oder?! Ich glaub, ich belasse es lieber bei Nase und Zwille, sonst lach’ ich die beiden noch aus und mich damit direkt ins Grab.
„Er ist Zeuge“, sagt Nase.
„Und der Boss mag keine Zeugen“, ergänzt Zwille.
Mein gemartertes Gehirn wacht nun doch auf, von einer Panikwelle getrieben. In wahnsinniger Geschwindigkeit stammele ich: „Ähh … ich … ich hab nix gesehen, ich schwör’s! Nur ein Auto und einen besoffenen Typen. Naja … und da … da hab ich mir in einer Kurzschlussreaktion seine Hose gekrallt und bin abgehauen. Mehr war da nicht, ehrlich! Dass er euer Kumpel ist, wusste ich nicht. Aber ich … ich hab ihm doch auch meine Hose dagelassen. Sogar die Taschentücher hab ich dringelassen und die Kaugummis. Tut mir leid, echt lei…“
„Schnauze!“, bellt mich Nase an. Die beiden gucken sich an und jeder zieht die jeweils dem anderen zugewandte Augenbraue hoch.
„Wie war das? Du hast dem … ‚Besoffenen‘ … die Hose geklaut?“, fragt Zwille und kommt einen Schritt auf mich zu.
„Ja, ja! Nur die Hose. Ich schwör’s! Ich geb sie ihm wieder, er kann auch meine behalten, wenn er will. Ich hab’s nicht weit. Ach … so ‚n bisschen in Unterhose spazieren gehen, hat bestimmt was Erfrischendes. Hehe!“
Diese Zwerge machen mir Angst. Zwille kommt noch einen Schritt näher.
„Auch die Kaugummis!!! Wenn er will, kann er auch die Kaugummis behalten. Gegen den schlechten Alkoholatem. Hilft bei Verkehrskontrollen und auch ge…“
Zwille legt mir einen Finger auf die Lippen. „Pssst. Du plapperst zu viel. Die Hose is’ uns scheißegal, ehrlich. Aber du hättest unsern Herb einfach nicht so sehen dürfen.“
„Isch dosch nisch schlimm, isch dosch jeda ma beschoffen“, nuschel ich unter seinem Finger hervor.
Nase fängt an, unterdrückt zu kichern. Zwille dreht sich kurz zu ihm um, sie grinsen sich an und er wendet sich wieder mir zu. „Nun, die Sache ist die: Herb ist nicht besoffen.“ Er kommt ganz nah an mein Ohr und flüstert hinein: „Er ist tot.“ Dann lacht er leise und richtet sich wieder auf.
„Ach nein … quatsch, das hätt ich doch gemerkt.“
„Überzeug dich selbst“, sagt Zwille und zuckt mit den Schultern.
Vorsichtig stehe ich auf und gehe schwankend zum Auto. Meine Fresse, sind die beiden klein. Ich bin selbst kein Riese, aber mindestens eineinhalb Köpfe größer als sie.
Ich schaue mir den schlafenden Herb an. „Nein … der ist doch nicht tot“, sage ich bestimmt.
„Ach, und woher hat er dann die schicke Halskette?“, fragt Zwille.
Ich schaue mir seinen Hals an. „Was für ’ne …?“ Ein Schauder überkommt mich. Seinen Hals ziert ein feiner blauer Strich, an einigen Stellen ist er sogar blutig aufgerissen. Oh mein Gott! Ich hab die Hose eines Toten an! Ich taumle ein paar Schritte rückwärts. Das laute Lachen der beiden hallt zwischen den Wänden der Lagerhallen.
„Ach du Scheiße! Er hat’s echt nicht gecheckt“, feixt Nase.
Ich renne los.
„Stehen bleiben oder deine neue Hose kriegt einen rötlichen Used Look!“, ruft Zwille.
Wie angewurzelt bleibe ich stehen. Nicht wegen dem, was er gesagt hat, der Sinn erschließt sich mir grade nicht. Aber dieses Geräusch. Langsam drehe ich mich um. Die beiden zielen auf mich.
Ich hab noch nie Waffen in echt gesehen. Und dann auch noch so nahe. Eine neue Angstwelle überrollt mich. Mir wird schwindelig und ich kippe seitwärts auf den Asphalt. Schon wieder.
„Mann, Mann, Mann, zwei Aufschläge innerhalb von ’ner halben Stunde. Du musst ja ‚nen ganz schön dicken Schädel haben“, drängt sich eine Stimme in mein Bewusstsein.
Fuck! Mein Kopf! Ich stöhne, werde gepackt und über den Asphalt geschleift. Oh Mann, meine schöne neue Hose.
Ich werde gegen eine Wand gelehnt und an der Schulter festgehalten, damit ich nicht seitlich wegkippe. Jemand verpasst mir drei Ohrfeigen. Jedes Mal zündet eine kleine Napalmbombe in meinem Schädel und die entsprechenden Lichteffekte auf der Netzhaut gibt’s gleich gratis dazu.
„Nisch!“, nuschel ich gequält, versuche schwach die Ohrfeigen mit den Armen abzuwehren und öffne die Augen.
„Ahh, bist ja schon wieder wach“, sagt Nase vergnügt. „Wir haben immer noch ein Problem.“
„Du hast den toten Herb gesehen.“
„Du hast uns gesehen.“
„Und das können wir leider nicht zulassen.“
Mein Verstand funktioniert zwar noch nicht richtig, aber ich vermute, die beiden haben was gegen mich. „Eigentlich hab ich den besoffenen Herb gesehen. Auf den toten Herb habt ihr mich erst aufmerksam gemacht.“
„Sei’s drum. Das ändert nichts“, sagt Zwille.
„Komm, machen wir ihn kalt, beseitigen alles und hauen ab. Ich hab Hunger“, quengelt Nase.
„Gut, gut. Hast recht. Wir sollten dem Boss sowieso schon längst seinen Nachmittagskuchen gebracht haben.“
Beide ziehen ihre Waffen, gehen ein paar Schritte rückwärts und legen auf mich an. Auf einen Schlag werde ich wieder klar. Die Todesangst kriecht mir wie eine schwere Schlange auf die Schultern und umschlingt mich. Würgt mich. Schneidet mir die Luft ab. Tu was! Irgendwas!!!
„Ohh, Moment“, sagt Zwille und nimmt die Waffe runter.
Meine Lunge presst mit einem Mal die Luft raus. Mir war gar nicht bewusst, dass ich die Luft angehalten habe. Ich atme. Zwille nimmt zwei Schalldämpfer aus der Jackentasche und reicht einen Nase. Sich selbst schraubt er auch einen auf.
„Ich nehm sein linkes, du sein rechtes Auge. O.k.?“ Nase lacht.
Augenblicklich schnürt mir die Angst wieder die Luft ab. Ähh … was machen die im Fernsehen immer? Denk nach, verdammt! Der Held befreit sich doch immer irgendwie.
Aber ich bin kein Held. Trotzdem! Was macht der Held? Wirft mit irgendwas, zieht ihnen die Beine weg oder ist schneller, als die Waffen schießen können, zur Seite und in Deckung gesprungen.
Es liegt nichts in der Nähe, die beiden stehen viel zu weit weg, um sie zu erreichen und die nächste Deckung ist die Ecke der Halle fünfzig Meter entfernt. Sieht schlecht aus. Scheiß Wirklichkeit!
„Warte mal“, sagt Nase, nimmt die Waffe runter und dreht sich zu Zwille um.
Meine Chance! Aber ich kann mich kein Stück rühren.
„Wenn wir jetzt sein Gehirn hier verteilen, müssen wir das alles noch saubermachen“, gibt er zu bedenken.
„Ähhm … dann erschießt mich doch einfach nicht“, werfe ich versuchshalber ein.
„Schnauze“, sagen beide wie aus einem Mund. Sie überlegen. Zwille tippt sich mit dem Lauf der Waffe an die Stirn und ruft: „Ich hab’s!“
Leider ist das nicht der Moment, wo sich ein Schuss aus seiner Kanone löst und ihm ein blutiges Facelifting verpasst. Wäre ja auch zu schön gewesen. Er zielt wieder auf mich und fuchtelt mit seiner Waffe. „Los, ins Auto!“
Wozu, wenn ich eh gleich sterbe? Nur, weil ihr putzfaul seid!? Als ich mich nicht bewege, gibt Nase seine Waffe an Zwille und schleift mich ins Auto auf den Beifahrersitz. Er schmeißt die Tür zu und bleibt davor stehen. Seine Waffe nimmt er wieder an sich und zielt erneut auf mich. Ich mache das Radio an.
„Ey, Finger weg da!“
Ich ignoriere ihn und suche weiter nach passender Sterbemusik. Etwas Episches wäre schön oder so ein richtig guter alter Rocksong. Ich zappe die Sender durch. War ja klar, wenn man mal die passende Musik braucht, läuft im Radio nur Grütze.
Die Tür hinter mir öffnet sich. Ich drehe mich um und blicke Nase ins Gesicht. „Wir haben beschlossen …“
Mich nicht umzubringen!
„… dich doch lieber mit dem Draht zu erwürgen, wie den guten, alten Herb da neben dir.“
Mist.
„Das macht keinen Krach, weniger Spuren, keine Hülsen und nicht zuletzt sparen wir uns Munition. Kostet ja schließlich alles Geld“, erklärt er mit einem sanften Lächeln, als würde er mir grade erzählen, dass er aus ökologischem Bewusstsein lieber mit dem Fahrrad als mit dem Auto zur Arbeit fährt und jetzt auch nur noch Stoffbeutel und Glasflaschen benutzt. In aller Seelenruhe schlingt er sich den Draht um die behandschuhte Hand.
Ausweg … Ich brauche einen Ausweg! Meine Gedanken rasen, aber sie ergeben keinen Sinn. Da ist keine Leere im Angesicht des nahenden Todes oder eine nie dagewesene Klarheit, sondern einfach nur ein heilloses Durcheinander.
Ich schalte noch einmal durch die Sender und bleibe bei den Nachrichten hängen. Naja, wenigstens eine beruhigende Stimme zum Abschied. Auch wenn sie nur Schlechtes berichtet. Nachrichten halt. Ich schließe die Augen und lehne mich zurück.
Nein, Moment mal! Warum ergebe ich mich hier so einfach? Ist Ersticken nicht viel schlimmer, als erschossen zu werden? Das dauert doch ewig. O.k., bei „drei“ stoße ich die Tür auf und renne los. Und wenn nur eine 0,001-prozentige Wahrscheinlichkeit besteht, dass ich fliehen kann, weil die Waffen der beiden klemmen, weil ihre Magazine aus derselben kleinen Charge stammen, wo die Patronen nur um einige Mikrometer unpassend sind, weil ein unkonzentrierter Fabrikarbeiter die Patronenmaschine falsch eingestellt hat, weil er am Morgen rausgefunden hat, dass seine Frau mit dem Nachbarn vögelt, weil sie ausbrechen wollte aus ihrem langweiligen Alltagsleben, weil ihr Mann ein starker Trinker ist, ihr acht Jahre alter Sohn zurückgeblieben ist, da er ja auch schon vor der Zeugung stark trank und beide auch während der Schwangerschaft geraucht haben, sogar in der Wohnung … oder was weiß ich, dann muss ich das nutzen.
Und naja … wenn sie mich dann doch abknallen, so hab ich wenigstens einen schnellen Tod und die beiden müssen meine Überreste vom Asphalt kratzen. Ha! Und ich schwöre, dass ich richtig schwer weggehe! Frei nach dem Fußballermotto: „Wenn wir schon nicht gewinnen können, so treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt!“
Eins … Meine Hand gleitet langsam zum Türgriff.
Zwei … Ich umschließe den Türgriff. Meine Augen sind immer noch geschlossen. Ich spanne jeden Muskel. Ein Handy klingelt.
…
Jetzt steckt er im Kofferraum. Wie klassisch. Die Kofferraumklappe schlägt zu.
Die Finger sind noch dazwischen.
(Jafar) Ich klopfe an die schwere lila Holztür. Zweimal, Pause. Einmal, Pause. Dreimal. Von drinnen brüllt Kyrios abgehackt: „Gott … verdammte … Scheiße … Jafar … was … ist?!“
Das erstickte Gejammer und Schnaufen ist bis hier draußen zu hören. Die Männer unten am Eingang berichteten schon, dass einer der Botenjungen Mist gebaut hat.
„Jetzt wird ihn sich der Boss so richtig vornehmen“, haben sie sich zwinkernd zugerufen, dabei eindeutige Beckenbewegungen gemacht und derbe gelacht.
Ich entgegnete ruhig: „Schluss mit dem Gegacker. Oder wollt ihr, dass ich ihm erzähle, was ihr hier plappert?“ Augenblicklich war Stille. Die Angst vor Kyrios ist hier ständig existent, sie lässt sich nicht weglachen.
Angst. Sie kriecht in die Köpfe und bleibt dort. Und wer sie vergisst, den erinnere ich daran. Nicht weil es mir Spaß macht, sondern weil Angst praktisch ist. Sie ist ein Werkzeug. Und Werkzeuge setzt man ein.
„Ich muss mit dir reden. Es ist wichtig“, sage ich durch die Tür. Früher hätte ich nicht einfach anklopfen und so einen Satz sagen können, erst recht nicht während Kyrios‘ momentaner Beschäftigung. Vermutlich hätte die Tür ein paar Löcher bekommen und ich gleich mit. Heute hagelt es lediglich Flüche und übelste Verwünschungen.
„Warte! … Gleich!“
Vor auf den Tag genau drei Jahren stand ich zum ersten Mal vor dieser Tür. Heute schätzt mich Kyrios sehr und ich bin empfindlichst darauf bedacht, dass es so bleibt.
Anfänglich war einiges an Arschkriecharbeit nötig, aber ich bin schon immer geschickt im Umgang mit Worten gewesen. Zudem gefielen ihm meine Ideen – beziehungsweise meine Gabe, ihn glauben zu lassen, es wären seine. Hierarchie und Struktur waren damals quasi nicht vorhanden. Es gab wenige, die sich zu behaupten wussten und noch weniger kluge Köpfe. Insofern war mein Aufstieg nicht schwer.
Kyrios. Im Altgriechischen bedeutete das Wort nicht nur „Herr“, sondern wurde manchmal sogar als Synonym für „Gott“ verwendet. Kyrios. Lächerlich. Aber in gewisser Weise verstehe ich, warum er seinen richtigen Namen abgelegt hat. Mit so einem Namen lässt sich kein solches Netzwerk aus Angst aufbauen. Zumindest hätte man einige Startschwierigkeiten und müsste mehr Leuten weh tun. Es war nicht leicht, etwas über Kyrios’ Vergangenheit herauszufinden. Aber notwendig. Hauptsache, er erfährt es nie.
„Komm endlich rein!“, ruft er stark schnaufend von drinnen.
Sein riesiger Oberkörper gleicht einem stark beanspruchten Blasebalg, so heftig atmet er. Seine Hände, mit denen er grade sein Hemd zuknöpft, sind hingegen völlig ruhig. Es stört ihn nicht, dass sein Teil immer noch steil aufgerichtet aus seiner Hose herausragt.
Der Botenjunge liegt starr über den Schreibtisch gebeugt, das Gesicht in den Händen vergraben und schluchzt. Das passiert, wenn man sich mit den falschen Leuten einlässt und dann versagt. Es war sein Fehler und vorher war es seine Entscheidung, hier zu arbeiten. Das Leben ist grausam und niemand hilft einem, außer man selbst. Wenn mich mein Leben eins gelehrt hat, dann das. Meine Geschichte als Film würde alle Zuschauer im Kino tief betroffen machen, während sie ihr Popcorn fressen. Aber unverfilmt beweint niemand das schlimme Schicksal eines armen schwarzen Jungen.
Nun bin ich hier, er ist hier, er hat einen Fehler gemacht und Kyrios hat ihn gefickt.
„Verpiss dich, Bursche!“, blafft Kyrios.
Der Junge richtet sich langsam und unter schmerzhaftem Stöhnen auf, zieht seine Hose hoch und humpelt gesenkten Blickes nach draußen. Er wird die nächsten Tage nicht sitzen oder lange laufen können. Ich werde anweisen, ihn nicht für Botengänge einzusetzen, soll er irgendwo anders aushelfen, wo er sich nicht so häufig bücken muss.
Vor zwei Jahren habe ich durchsetzt, dass keine Minderjährigen mehr aufgenommen werden. Es ist praktischer, wenn sie volljährig sind. Dann sind sie schon mit der Regelschule fertig. Vorher sind uns die Behörden manchmal gefährlich nahegekommen, wenn sie wissen wollten, was die Jungs und Mädels so treiben, statt im Unterricht zu sitzen. Und es gibt auch so schon genug Stellen, die bestochen oder eingeschüchtert werden müssen, damit sie nicht genauer hinschauen.
Ich warte, bis Kyrios eingepackt hat und mich zum Reden auffordert. Solange er die Sache nicht gefährdet, kann Kyrios meinetwegen ficken, wen oder was er will. Don’t fuck Kyrios! He fucks you! Ob er auch Tiere ficken würde, weiß ich nicht, ich hab so was weder gesehen noch gehört. Denkbar wäre es aber. Beim Menschen ist ihm das Geschlecht egal. Das, zusammen mit seiner massigen Statur und seiner überall hier präsenten Lieblingsfarbe, haben ihm diesen Spitznamen eingebracht. Ich selbst habe die Saat dafür in die Welt gesetzt und zugesehen, wie sie wuchs, blühte und sich neu weitertrug. Der Name hat sich verbreitet wie Unkraut und heute ist er in jedermanns Kopf. Eine gewisse Freude hat es mir schon bereitet, aber hauptsächlich war es ein weiterer Zug, um Kyrios zu diffamieren. Es ist nicht erbaulich, wenn man als Schreckgespenst, das man sein will, den Namen „Die dicke lila Tunte“ trägt.
Es soll ihn wurmen, ihn provozieren, ihm peinlich sein. Der Name wird aus Angst vor Kyrios selten ausgesprochen, doch es reicht, dass ihn fast jeder kennt und in Gedanken benutzt. Seine Empfindsamkeit, was seinen Namen betrifft, hat sich damit noch potenziert. Gewalttaten und sogar Morde wurden verübt, nur weil ihn jemand nicht als Kyrios betitelte. Selbst „Boss“ ist ihm zuwider. Es gibt Gerüchte um blutrünstige Vergeltungsmaßnahmen. Nicht mal die Hälfte davon ist wahr, aber es hat einige gegeben. Ein vorhersehbarer Nebeneffekt der Verleumdungskampagne. Die, die ihn dicke lila Tunte nennen, wissen, was ihnen blüht, wenn er es erfahren würde und die, die es in nicht wussten, hätten es besser wissen sollen.
Inzwischen sitzt er noch immer stark schnaufend hinter seinem massiven dunklen Schreibtisch. „Der Herr“, „Gott“.
„Was ist so wichtig?!“
„Es gibt Entwicklungen im Westen, die unserer sofortigen Aufmerksamkeit bedürfen.“
Er haut mit der flachen Hand auf den Tisch. „Kacke, Jafar! Sag mir einfach, was Sache ist!!!“
„Zwei unserer Männer wurden platt gemacht.“
„Wie platt?“
„Der eine krankenhausplatt, der andere würmchenplatt.“
„Würmchenplatt?“
„Spielt mit den Würmern. Guckt sich das Gras von unten an.“
Er zieht die Schultern nach oben und schaut mich verärgert an. „Dann sag doch einfach tot, Jafar! Was ist daran so schwer? Tot!“
Ich senke meinen Blick, sage „Entschuldigung“ und denke etwas ganz anderes. Manchmal kann ich es mir nicht verkneifen, ihn zu reizen.
„Wer?“ Es interessiert ihn nicht, wen es erwischt hat.
„Das weiß ich noch nicht. Hab aber schon Leute auf der Straße, die das rausfinden sollen. Sobald wir etwas hören, müssen wir sofort handeln. Das ist schon der dritte Vorfall im Westen innerhalb von zwei Wochen. Absolut inakzeptabel!“, erörtere ich.
Er überlegt und massiert sich die Schläfen. Ich schaue den wabernden Bewegungen seiner Stirnfalten zu.
„Mhh … ich hab keine direkten Feinde im Westen. Mit allen Gangs dort hab ich Duldungsvereinbarungen, solange wir uns nicht in die Quere kommen. Fickst du mich nicht, fick ich dich nicht. Warum jetzt diese Übergriffe? Was haben die Jungs dort gemacht?“
Immer wieder interessant, wie schnell dieser Mann vom absolut Wahnsinnigen zum kühlen Denker wechseln kann. Sein zweites Ich ist jedoch nicht minder gefährlich und grausam. Nur mit diesem Ich konnte er die Organisation aufbauen und sich so lange behaupten.
„Nur die üblichen kleinen Drogendeals im nicht zugeordneten Verkaufsgebiet.“
„Einfacher Raub? Oder irgendein Junkie, der kaputt genug ist, Dealer zu überfallen?“, gibt er zu bedenken.
„Denke ich nicht. Zu brutal. Sogar dann, wenn sie sich gegen den Überfall gewehrt hätten. Was ich, die Loyalität der Männer in allen Ehren, für unwahrscheinlich halte. Wenn die ’ne kalte Kanone am Sack spüren, lassen die sich nicht auf einen Kampf ein.“
„Seltsam … die Handschrift einer Gang ist das aber auch nicht … Was denkst du?“
Wenn Kyrios einen nach seiner Meinung fragt, hat man es innerhalb der Organisation geschafft. Schnell kämpfe ich die unterschwellige Rührung nieder, die ich dabei immer wieder empfinde. Solche Gefühle dürfen nicht aufkommen. Stolz ja, Dankbarkeit nein.
„Ausreißer vielleicht?“
„Aber aus welchem Bereich? Polizei?“
„Vielleicht. Wäre zumindest die naheliegendste Variante. Ich prüfe das.“
„Aber warum im Westen? Und warum so brutal?“ Wenn er so nachdenkt, ist seine Feindseligkeit meist wie weggeblasen. Kann aber ebenso schnell wieder ausbrechen.
„Gute Frage“, rutscht es mir raus.
„Das weiß ich selbst, du …!“ Er hält einen Fluch zurück. Wie verschreckt er mich anschaut.
So was darf dir nicht passieren. Du kennst ihn doch! Ich nicke und will gehen, bevor seine Laune wieder komplett umschlägt.
„Schick mir die Putzschlampe her! Der Botenjunge hat meinen ganzen Tisch voll getropft mit seinem Geheule und Gesabber.“
Bin ich deine Sekretärin oder was? Siehst du irgendwo ein Minirock und angeklebte Fingernägel, du … Ruhig … das bringt nix. Ich zücke mein Handy.
„Benutz das verdammte Ding auf meinem Tisch, war teuer genug!“, blafft er und zeigt auf seine Konferenztelefonanlage. Ich rufe unten an und frage nach Lin. Zum Glück ist sie grade im Gebäude. Klar kann auch jeder andere, der halbwegs bei Verstand ist, einen Schreibtisch abwischen, aber wenn der dann eine winzige Stelle übersieht, Schlieren macht oder Kyrios sonst was daran missfällt, wird der Tisch auf die eine oder andere Weise gleich wieder besudelt und nicht, dass ihm dann schlussendlich noch einfällt, mich den Tisch saubermachen zu lassen. Lin ist da die allererste Wahl. Am besten, er bindet sie gleich hier oben fest, so oft, wie er hier alles geputzt haben will. Er hat einen fast fanatischen Sauberkeitsfimmel, der in letzter Zeit immer schlimmer wird. In diesem Punkt passen die beiden also perfekt zueinander.
„Wo bleiben eigentlich die Zwillinge mit meinem Kuchen?“ Er schaut auf seine Uhr. „Sie hätten schon vor zwei Minuten hier sein sollen!“ Sein Gesicht nimmt eine rötliche Färbung an.
Schnell wähle ich die Nummer der Zwillinge auf dem Konferenztelefon. „Ist bestimmt nur was dazwischen gekommen, Stau, Verkehrskontrolle oder so.“
Du weißt, man kann ihn in dieser Phase nicht beruhigen, warum versuchst du es also? Das kann böse enden. Sehr böse. Sein Zorn könnte sich auf dich richten. Du bist zwar nicht schuld, aber nun mal grade da, das reicht schon.
Ich stelle auf Lautsprecher, damit er seine Wut direkt verbal an den beiden auslassen kann. Während es tutet, hole ich aus meiner Tasche ein einzeln eingeschweißtes Minitörtchen, das ich für solche Fälle immer bei mir habe. So wie Postboten immer Leckerlis für die aggressiven Kampfhunde dabei haben sollten, habe ich Minitörtchen.
Ich reiche es ihm, bevor hier gleich noch jemand vergewaltigt wird. Sofort reißt er hektisch die Folie auf und stopft es sich in einem Stück in den Mund, wie ein Junkie, der endlich seinen nächsten Schuss bekommt.
Vier Finger ragen aus dem schmalen Schlitz zwischen Kofferraumklappe und Karosserie. Zeige-, Mittel- und Ringfinger zeigen im Fünfundsiebzig-Grad-Winkel nach oben. Worauf sie wohl deuten? Nur der kleine Finger hängt etwas schlaff da. Sein mittleres Fingergelenk ist zertrümmert. Bei den andern drei hat die Klappe lediglich das untere Fingerglied gebrochen. Haut und Fleisch sind bei allen bis auf den Knochen aufgerissen. Aber das stört den Besitzer wohl nicht mehr.
(Lin) Schweißgebadet wache ich auf. Dreck! Was hab ich grade geträumt? Schemen, einzelne Bilder und ein dumpfer Schmerz – weit weg. Ich versuche, mich zu erinnern, doch es klappt nicht. Zwecklos. Immer dieselbe Pupu. Wie in Trance wanke ich ins Bad. Aus dem Spiegelschrank nehme ich ein paar Tabletten, werfe sie ein und schlucke sie trocken hinunter. Viele können das nicht. Jahrelange Übung.
Ich mache den Schrank zu und betrachte mein Spiegelbild. Du warst mal schön. So schön. Dreck! Bist eigentlich viel zu jung, um wie der eigene Geist auszusehen. Die Haut spannt sich über meinen Schädel. Trocken, rissig. Blass, fleckig. Die Augen scheinen sich in meinen Höhlen zu verkriechen, erst recht, wenn das Licht so fällt wie jetzt grade. Wenn es dunkel ist, kann man den Übergang zwischen Schatten und Augenringen kaum ausmachen. Pupu! Das bin doch nicht ich! Oder? Ich fasse mir in die Haare. Es sind so wenig und sie … sie sind dünn, so dünn. Sie waren mal füllig und stark, doch jetzt … Ich wende meinen Blick ab und drehe den Wasserhahn auf.
Ich zögere. Meine Hände. Die Hände einer uralten Frau. Voller Altersflecken. Ignorieren. Ich greife in den Wasserstrahl, beuge mein Gesicht nach unten und spritze mir Wasser ins Gesicht.
Ich wache erneut auf. Was zur Hölle?!
„Hey Putzi, aufsteh’n!“ Ein Typ steht vor meinem Bett und hält ein leeres Wasserglas in der Hand.
„Dreck! Musste das sein?“, frage ich schlaftrunken und wische mein nasses Gesicht an meinem T-Shirt ab. Erst langsam klärt sich mein Geist und kriegt sofort eine Stinkwut auf den Mistkerl.
„Hab probiert, dich wachzurütteln, hast nicht reagiert. Voll weggetreten. Hast was gefaselt von ‚so hässlich, so dünn, so hässlich‘.“ Er äfft eine hohe weibliche Stimme nach. Gelingt ihm erstaunlich gut. Würde ihn ja gerne damit aufziehen, aber ich hab grad keine Lust auf das Echo. Pipi! Ich sollte wirklich nicht mehr so oft in der Organisation schlafen. Mein Schlaf ist teilweise so tief, dass ich nur schwer wach werde. Wer weiß, wie oft sie mich schon im Schlaf befummelt haben und nicht, dass ihnen irgendwann noch mehr einfällt. Aber wo soll ich sonst hin? In meine alte Wohnung, in der ich im Traum aufgewacht bin … es war doch ein Traum oder? Dreck! Nicht drüber nachdenken, Lin! Nicht drüber nachdenken! Die Wohnung habe ich schon lange nicht mehr. Ich schlief mal hier und mal dort, an mal mehr und mal weniger sicheren Orten. So bin ich auch hier gelandet. Man darf hier schlafen. Die Frage ist nur, was man als Gegenleistung erbringt. Aber verdammte Pupu, in mein altes Gewerbe wollte ich nach dem Entzug auf keinen Fall zurück. Ich könnte natürlich, immerhin sehe ich noch gut genug aus. Aber es ist so … so schmutzig, so widerlich. Mir läuft es kalt den Rücken runter. Dreck! Dann doch lieber Hilfsarbeiten und Putzen. Und zu putzen gibt es hier ’ne Menge. Man kann hier rund um die Uhr bis in alle Ewigkeit mit den aggressivsten Putz- und Desinfektionsmitteln durchrennen und wird trotzdem nie fertig.
Der Typ versperrt die Tür der Besenkammer, die sie hier Schlafzimmer nennen.
„Gehst du bitte aus dem Weg, ich will ins Bad, verdammt“, sage ich müde. Müde, ein Zustand, der mein Leben prägt. Kurz nach dem Aufstehen ist noch eine vergleichsweise angenehme Zeit. Die restliche Zeit geht ohne meine Tabletten gar nichts mehr.
„Die Tunte will dich sehen und du sollst dein ‚Handwerkszeug‘ mitbringen.“ Er feixt über diesen „grandiosen“ Witz. Pipi! Hier markierst du den Dicken, aber wenn Kyrios wüsste, dass du ihn Tunte nennst, wärst du am Arsch. Oder besser gesagt, er wäre am Arsch. Und zwar an deinem. Ich lächele grimmig. Vermutlich denkt er, dass ich seinem Witz etwas geheuchelte Anerkennung schenke. Denk doch, was du willst, du hirnloser Affe!
„Mann, Pupu noch mal! Darf ich trotzdem kurz ins Bad?“, frage ich genervt.
„Nein! Sofort hat er gesagt!“ Er packt mich am Arm und zerrt mich nach draußen. Dreck! Jetzt auch noch ’ne kleine Machtdemonstration — wird sicher ein toller Tag. Eigentlich gibt es so gut wie keine Übergriffe. Jafar hat ein Auge darauf, dass die Männer nicht freidrehen. Jeder kann sich einmal im Monat umsonst bei den Huren auslassen. Aber alle anderen sind tabu.
Erst als wir vorm Büro stehen, lässt er mich los. Ich richte meine Kleidung, so gut es eben geht. Kleidung, in der man vor zehn Minuten noch geschlafen hat. Dann löse ich einen Haargummi von meinem Handgelenk, um meine Haare zusammenzubinden. Meine Hände greifen ins Leere. Mist verdammt! Ich kann mich einfach nicht an die kurzen Haare gewöhnen. Für mich sind sie immer noch da, so wie Phantomschmerzen. Nachdem mich letzte Woche einer dieser Macker an meinen Haaren durch den Flur gezerrt hat, hab ich sie mir sofort danach geschoren. Kurze Zeit später habe ich es natürlich bereut, aber währenddessen war ich einfach nur wütend. Danach habe ich geweint, fast die ganze Nacht. Dreck! Auch jetzt schmerzt es noch. Auf meine Haare war ich immer sehr stolz. Lang, voll und so rot, dass sie jedem den Kopf verdrehen konnten. Sie waren etwas blasser geworden, aber immer noch schön, trotz der Medikamente. Ich fahre mir über die Stoppeln. Es fühlt sich an, als würde ich jemand anderem über den Kopf streichen. Der Kopf meines Bruders hat sich so angefühlt. Er hatte fast immer kurz geschorene Haare, denn sobald sie länger wurden, hatte er ständig Zeug aus dem Wald in den Haaren, Kleber darin oder schnitt sich selbst Muster rein. Also schor Mutter sie oft. Ich mochte das Gefühl. Wie ein Igel fühlte es sich an, das dachte ich, obwohl ich noch nie einen gestreichelt hatte. Ich rieb oft einfach nur meine Wange an seinem Kopf und schloss die Augen. Das kribbelte so schön.
Ein Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht, eins von der herzlichen Sorte, selten in diesen Tagen. Ich verdränge die Gedanken an meine Familie. Dreck! Ich weiß, wo sie enden würden.
Der Kerl schubst mich ins Büro und verschwindet wortlos wieder. Jafar blickt kurz auf und bedeutet mir zu warten. Der Boss und er führen grade ein Telefongespräch über Lautsprecher. Klingt nach Zipp, einem der Zwillinge. Schmierige Mistkerle, aber leider hoch angesehen in der Organisation.
Zipp sagt grade: „… verstanden, so machen wir’s. In einer Dreiviertelstunde müssten wir dann da sein. Entschuldigt nochmals die Verzögerung, aber dieser Typ hat ein …“
„Ja, ja, beeilt euch!“, fährt ihn der Boss an und legt auf. Pipi! Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hätte er vermutlich am liebsten mit einem Hörer das Telefon zertrümmert. Aber das ist bei diesem spacigen Ding wohl nur schwer möglich. Es ist als Konferenztelefon konzipiert und zum einfachen Telefonieren gibt es nur ein kleines Headset. Eigentlich hätte ich ja gerne gesehen, wie er mit dem fiebsligen Ding probiert, das Telefon zu zertrümmern. Das Beängstigende ist, dass er es vermutlich geschafft hätte.
Dreck! Es ist nicht gut, jetzt hier zu sein. Als schwächstes Wesen im Raum würde ich bei einem Ausbruch dran glauben müssen. Das schwächste Glied bekommt das Glied von Kyrios zu spüren. Ich muss bitter auflachen bei diesem Wortwitz.
„Was?!“, schreit Kyrios, meinen Gluckser offenbar für eine Wortmeldung haltend.
„Sie wollten mich sprechen“, sage ich leise und betrachte meine Schuhe. Mist!
„Seit wann will ich mit dir reden? Du sollst hier putzen! Aber beeil dich gefälligst!“
Verdammtes Kuttelgesicht! Ich renne raus und hole den Putzwagen aus der Kammer am Ende des Flurs. Ich liebe zwar ihren Effekt, aber ich hasse den Geruch von Putzmitteln. Denn ich weiß, wie es ist, den ganzen Tag nur die beißenden Dämpfe in der Nase zu haben und auch noch mehrere Stunden nach der Arbeit nichts anderes zu riechen. Wortlos mache ich mich an die Arbeit. Jafar gibt mir dankenswerterweise mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass ich mit dem Schreibtisch anfangen soll.
Die beiden setzen sich in die Sofaecke an der rechten Wand und reden über irgendwas. Ich blende es komplett aus. Nicht nur, dass es mich nicht interessiert und ich wahrscheinlich nicht mal die Hälfte verstehen würde, es ist auch hilfreich während der Arbeit. Pupu! Wenn mich der Straßenstrich eins gelehrt hat, dann, mich vollkommen zurückzuziehen. Eine feindselige Umwelt ist leichter zu ertragen, indem man sie ausblendet.
Wenn man an der Finsternis sowieso nix ändern kann, bringt es verdammt noch mal nichts, nach einem Lichtstrahl Ausschau zu halten. Lieber gleich die Augen zumachen. Die Mädchen, die den Sonnenstrahl suchten, den strahlenden weißen Ritter auf dem Einhorn unterm Regenbogen, hatten definitiv zu oft Pretty Woman gesehen. Wer sich an Träumen festkrallt, überlebt nicht lange. Bevor man sich etwas so sehr wünscht und dann daran zerbricht, dass man es nicht bekommt, wünsche ich mir lieber gar nichts.
Dreck! Ich will gar nicht wissen, wovon die Schlieren auf Kyrios Schreibtisch kommen. Ich mache einfach sauber und arbeite mich routiniert durchs Zimmer. Stupide. Einfach nichts denken, nur machen. Wie eine verdammte Putzmaschine.
Ich bin so vertieft, dass ich gar nicht checke, wie die beiden aufhören zu reden und mich ansehen. Erst als der Boss zum wiederholten Male „Verschwinde jetzt!“ in meine Richtung brüllt, erwache ich aus meiner Trance. Ohh, verdammt! Drecksmist, verdammter! Ich hab gar nicht mitgekriegt, dass es längst losgegangen ist. Mir ist schwindelig.
„Was ist? Bist du taub?! Verpiss dich endlich!“ Er steht auf. Jafar bleibt ruhig sitzen. Er kann oder will offenbar nicht eingreifen. Kyrios packt mich am Arm und schüttelt mich.
„Hast du mich verstanden? Genug geputzt!“ Als er mich wieder loslässt, sprühe ich meinen Arm an der Stelle mit Reiniger ein und rubbele daran herum. Dreckskerl!
Einen Moment ist er verdutzt, dann bekommt sein Gesicht eine dunkelrote Färbung. „Hältst du meine Berührungen etwa für schmutzig?! Ich zeig dir gleich mal …“
Sein Mund bewegt sich weiter, aber seine Stimme geht in ein lautes Piepen über. Ich sehe den Geifer, der in meine Richtung fliegt, und gucke weg. Einfach ignorieren. Plötzlich packt er mein Gesicht und dreht es wieder zu sich. Ich höre ihn immer noch nicht. Dieser Fussel auf seinem Jackett. Ich nehme ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und schnipse ihn weg. Dreck! Ich verliere völlig die Kontrolle, kann aber nichts dagegen machen. Wo sind meine Tabletten? Warum hab ich heute keine genommen? Hab ich welche bei? Wie kann man nur so viele Fusseln auf seiner Kleidung haben? Und dann noch so große, die sich so deutlich vom Stoff abheben. Dass ihn das nicht selber stört. Diesmal schlägt er meine Hand weg und schreit weiter auf mich ein, unhörbar für mich.
Verdammte Pipi! Ich muss die Tabletten unten gelassen haben. Na klar, dieser Strunzer hat mich ja auch aus dem Bett direkt hierher geschleppt.
Der Boss riecht nach Schweiß, so stark nach Schweiß. Capo kommt ins Zimmer getapst, vermutlich angelockt vom Geschrei seines Herrchens. Dieses dreckige Vieh. Verdammt! Nicht dran denken, Lin, nicht dran denken! Kämpf dagegen an!
Capo hinterlässt lauter Tapsen auf dem Parkett. Wo treibt sich dieses Tier nur immer rum? Ich lasse Kyrios stehen, schnappe mir den Wischmopp, schubse Capo beiseite und wische hastig die Spuren weg. Triumphierend drehe ich mich um und sehe grade noch, dass Kyrios dicht hinter mir steht, dann wird alles schwarz.
Die Beule an seinem Kopf wächst in Zeitlupe.
Seitlich, circa drei Zentimeter über dem Ohr
(Monto) Kein Mucks. Bewegungslos. Muss mich ja auch nicht mehr bewegen. Einige Notwendigkeiten sind gegangen, andere gekommen. Ich hasse Observationen! Todeslangweilig, diese Mauer anzustarren. Ich könnte ja die Einschusslöcher zählen …
Fertig. Jetzt ist mir wieder langweilig. Wehe, wenn das hier wieder nix … Kommt die Ratte da etwa zu mir? „Xxxsss!!!“ Oh verdammt! Nicht bewegen … keinen Laut … nicht atmen. Ach ja … die nicht mehr vorhandenen Notwendigkeiten. Tot ist man echt besser dran. Die Mauer wird nicht grade spannender … Ich hasse Observationen!
Die Spitze des Metalls bohrt sich in das weiche Fleisch.
Als wäre der Stoff dazwischen nicht existent. Wie unangenehm.
... Drei!
(Eddy) Ich stoße die Tür auf und rolle mich aus dem Wagen. Gut, o.k. ... da ich die Tür so schwungvoll aufgestoßen hab und meine, vom Am-Türgriff-Festkrallen starren Finger sich da irgendwie verhakt haben, werde ich zurückgerissen und kippe einfach nur seitlich aus dem Auto.
So behände wie möglich springe ich auf und knicke gleich wieder zusammen. Zwille hat mir von hinten in die Kniekehle getreten. Mit der Pieke. Ein Schmerz durchzuckt mich, als stünde mein Bein in Flammen, dann kribbelt es eklig.
„Ich würd ja gern sagen ‚guter Versuch‘, aber das wäre gelogen“, lacht er und führt sein klingelndes Handy zum Ohr. Sofort verkriecht sich sein Lächeln in seinem Schnauzer. Seine Stimme hat ihren überheblichen Tonfall verloren und er stammelt unsicher vor sich hin. Offenbar wird er immer wieder von der Gegenstelle unterbrochen, manchmal kann ich so was wie Geschrei hören, aber was das Gegenüber sagt, verstehe ich nicht.
„Ja, wir … wir sind gleich da versprochen! Es gab … unerwartete Komplikation. Aber wir können das erklären, wir … ja den Auftrag haben wir erledigt … naja es … es gab einen Zeugen … wir sind grad dabei, das zu klären … Was für? ... Ja, normaler Typ halt, Mitte dreißig, würd ich sagen …“ Zwille mustert mich und beschreibt mein Aussehen.
Was spielt das denn für eine Rolle? Leiche ist Leiche. Na toll, jetzt bin ich schon so weit, mich selbst als Leiche zu bezeichnen. Versuche unauffällig, mein Bein zu belasten. Nein, Stehen ist immer noch nicht drin.
„… ist ziemlich nervös, aber gut, wir sind halt auch furchterregend“, sagt Zwille und lächelt mich wölfisch an.
Zwei Witzfiguren seid ihr! Ohne eure Waffen wärt ihr nix!
„Was der …? Keine Ahnung, ist das … ja, ich frag’ ihn. Hey du! Kannst du irgendwas?“
Ich schaue ihn verdattert an.
„Na los, nicht so schüchtern, spuck’s aus! Bist du zu irgendwas zu gebrauchen? Bist irgendwo einflussreich, hast gute Kontakte? Kannst du was besonders gut? Autos reparieren, mit Computern umgehen, Meth kochen …“
„Backen!“, platzt es spontan aus mir raus.
„Du kannst Meth backen?“ Zwille verzieht ungläubig sein Gesicht.
„Nein … ähh … nein, ich kann backen. Ich bin Bäcker, genauer gesagt: Konditormeister. Kuchen, Torten und so‘n Zeug. Ich arbeite …“ Warum erzähle ich denen das eigentlich?
„Ja, er sagt, er ist Konditormeister, macht Kuchen, Torten und so.“
Scheinbar kommt vom anderen Ende lange nix. Was soll das werden?
„Ja … ja, o.k., verstanden. Dann dauert’s noch ‚n bisschen länger, aber in einer Dreiviertelstunde müssten wir dann da sein. Bitte entschuldigt nochmals die Verzögerung, aber dieser Typ hat ein …“ Offenbar hat sein Gesprächspartner aufgelegt. Zwille steckt das Handy zurück in die Tasche und schaut mich an, als hätte ich ihm grade die Ballpartnerin ausgespannt.
„Was ‚n los?“, fragt Nase.
„Kyrios sagt, wir sollen ihn mitnehmen.“
„Tja, das heißt dann wohl, du bleibst am Leben. Vorerst. Ob das besser für dich ist, wirst du später noch sehen.“ Nase grinst mich an. Offenbar gewinnt er irgendeinem Gedanken eine Menge Freude ab. Zwille scheint diesen Gedanken zu erraten und zu teilen. Na toll ... etwas, was den beiden solche Vorfreude bereitet, kann nicht gesund für mich sein.
„Wer ist Kyrios?“, stammele ich nur, um mit irgendwas ihr beängstigendes Gedankenschwelgen zu unterbrechen.
„Das wirst du bald erfahren. Aber jetzt ist keine Zeit zum Trödeln, wir müssen los.“
Zwille tritt mir in die Seite. Stöhnend stehe ich auf.
„Steck den guten Herb in den Kofferraum.“
„Bitte was?“
„Du hast schon verstanden und jetzt los!“ Mit seinem Pistolenlauf tippt er auf die imaginäre Uhr an seinem Handgelenk. Leider löst sich wieder kein zufälliger Schuss.
Ich ... die Leiche anfassen? Obwohl, vorhin hab ich sie ja auch schon angefasst. Nase tritt mir in den Arsch und mich damit Richtung Fahrertür.
„Wow, dass du mit dem Bein überhaupt so hoch kommst“, entfährt es mir und ich ohrfeige mich innerlich sofort für meine schnelle Zunge.
„Jetzt werd nicht frech! Der Boss hat nicht gesagt, in welchem Zustand wir dich abliefern sollen“, zischt er mich an. „Und jetzt zack zack!“
Ich schnalle Herb ab und ziehe ihn aus dem Wagen. Er entgleitet mir und fällt wie ein nasser Sack auf den Boden. Uhh … ich schlucke und fasse ihm unter die Achseln. Plötzlich fängt er an zu kichern und schlägt die Augen auf. „Hihi, das kitzelt.“ Dann starrt er mich entgeistert an. „Hey, was ‚n hier los?! Alta, was machst ‚n du hier mit mir? Und wieso hab ich keine Hose an?“
Ich schüttele die Bilder aus meinem Kopf. Mhh, irgendwie ein seltsames Gefühl, mit so einem kalten, schlaffen Körper zu hantieren. So schleife ich ihn bis zum Kofferraum, den Nase schon aufhält.
„Da passt er doch niemals rein“, stelle ich fest. Der Kofferraum ist nicht sonderlich groß und noch dazu voller Kram. Hauptsächlich Werkzeug, aber auch ein nur halb versenkter Pannenreifen, Verbandskasten, Warndreieck …
„Ach, das geht schon, dann räum halt erst mal das Zeug raus.“
Ich leere den Kofferraum und hebe Herb hinein, gnädigerweise fassen Nase und Zwille jetzt doch mal mit an. Seine Beine gucken ab den Knien an der Seite raus.
„Sag ich ja.“
„Ach du hast doch keine Ahnung. Lass mich mal“, erwidert Nase und schiebt mich beiseite.
Ich rechne fast damit, dass er eine Kettensäge aus der Hosentasche zieht, um Herb einzukürzen. So martialisch wird’s dann aber doch nicht. Er klappt ihm die Beine etwas ein, den Nacken auch und quetscht den Körper dermaßen seltsam verdreht in den Kofferraum, dass man schon vom Hingucken einen Termin beim Orthopäden machen will. Vermutlich wird Herb dauerhafte Haltungsschäden davontragen.
Nase klatscht sich die Hände ab und ist offenbar hochzufrieden. „Siehste, so macht man das! Und nun pack den ganzen Scheiß da wieder rein.“
„Wie soll das denn jetzt noch gehen?“
„Du gehst mir echt auf die Eier! Hör auf, ständig alles in Frage zu stellen. Mach einfach!“
Ich fange an, jede Lücke mit Zeug zu füllen. Manchmal muss ich Herbs Gliedmaßen noch etwas verrücken. Hochkonzentriert verstaue ich verschiedene Lineale, Zirkel und anderen Kleinkram, der vorher in einer Tüte war. Da, hinterm Nacken, ist noch eine freie Stelle und den Verbandskasten krieg ich hier unters Hohlkreuz geschoben, als wäre es dafür gemacht. Dass ich heute noch Leichentetris spielen würde, hätte ich heute Morgen beim Aufstehen echt nicht gedacht. Ich bin richtig stolz, alles untergekriegt zu haben. Sogar die Zwillinge nicken anerkennend.
Ich lächele zufrieden. Das Lächeln verschwindet jedoch sofort wieder, als die Erkenntnis durchsickert, was für einer Aufgabe ich mich da grade so akribisch gewidmet habe. Das Bild von dem verdrehten Körper mit all dem Kleinkram dort im Kofferraum brennt sich tief in mein Gedächtnis und verursacht ein äußerst schlechtes Gefühl in meiner Magengegend. Schnell schlage ich die Klappe zu. Ein unangenehmes Knacken ertönt, die Klappe schwingt wieder auf. Das Geräusch brechender Finger hallt in meinen Ohren nach und mir läuft ein furchtbares Kribbeln über den Rücken. Die beiden lachen sich einen ab, während ich angeekelt mit dem Schuh die abgeknickten Finger zurück in die Krimskramsmenschmasse im Kofferraum schiebe. Klappe zu, Herb tot.
Der kalte Schauer hat sich auf meinem Rücken festgesetzt. Genau in der Mitte und will einfach nicht verschwinden. Ein widerliches Gefühl. Jetzt lauf doch endlich mal weiter!
„Los ab! Genug Zeit verplempert, der Boss is’ ohnehin schon stinksauer“, sagt Zwille.
„Wenn wir Glück haben, lässt er es an ihm aus.“
Wir fahren los. Ich sitze auf dem Rücksitz, starre aus dem Fenster und versuche mir nix anmerken zu lassen und meine Gedanken zu ordnen. Wir halten vor der Bäckerei. Nein … wie haben sie das nur rausgefunden?!
„Was wollt ihr hier?! Meine Kollegen haben mit der Sache nichts zu tun! Sie wissen von nix, das verspreche ich euch! Hoch und heilig! Wie … wie sollte ich denn mit ihnen Kontakt aufgenommen haben? Ich hatte doch mein Handy nie … bitte, das müsst ihr mir glauben!!!“
Die beiden schauen mich nur verständnislos an.
„Hä?!“, bringt Nase hervor. Dann zieht er die Augenbrauen hoch und ruft überrascht: „Ach, du arbeitest hier!“
Jetzt war es an mir „Hä?!“ zu sagen.
„Na dann bringen wir dem Boss doch gleich mal was mit, was du gebacken hast, dann kann er es an dir auslassen, wenn es ihm nicht schmeckt.“ Nase grinst. „Na, was hast du denn heute kredenzt?“
„Wir haben heute frische Walnusskaramelltorte, Schokoingwerkuchen, Rumkugeln, Spritzkuchen und verschiedene Obstkuchen mit Butterstreuseln“, bete ich runter. Verdammt! Nase lacht und steigt aus. Zwille bleibt bei mir auf der Rückbank sitzen.
„Ach … ihr wusstet gar nicht, dass ich hier arbeite?“
„Nee, wir holen fast immer von hier was Süßes für den Boss.“ Dann setzt er noch verbittert hinzu: „Nahezu jeden verschissenen Nachmittag.“
Irgendwas scheint ihm daran nicht zu behagen. Also, ich würd ja lieber Kuchen holen, als Leute umbringen und in Kofferräume stopfen, aber gut, jedem das Seine. Komisch, dass ich die beiden noch nie im Laden gesehen hab. Obwohl, an der Theke helfe ich ja nur aus, wenn ich hinten fertig bin und nachmittags hab ich schon Feierabend.
Kurze Zeit später kommt Nase mit einer mittelgroßen braunen Papiertüte zurück.
„Was hast du geholt?“, frage ich. Nase schaut mich im Rückspiegel an wie ein Bauer, den das Schwein grade gefragt hat, wie viel Zeit ihm denn noch bleibt. Seine Gesichtsmuskeln zucken wild durcheinander. Plötzlich dreht er sich ruckartig um, zückt seine Waffe und presst sie mir an die Stirn. „Alter! Noch eine dumme Frage und ich schieß dir die Zehen einzeln ab!“
Zwei Minuten später fahren wir weiter. Mann ... in der Welt der beiden scheint zum Bäcker gehen so was wie die Höchststrafe zu sein. Ich halte die Klappe und schaue wieder aus dem Fenster. Meine Gedanken kreisen, aber ich lande immer wieder bei dem Warum. Warum ich? Warum musste ich es sein?
Da bin ich nun schon immer so vorsichtig und trotzdem passiert ausgerechnet mir so was. Beschließe, wenn ich hier irgendwie wieder rauskommen sollte, nie wieder einen Fuß vor die Tür zu setzten. Naaah … das ist auch keine Lösung. Vielleicht doch ein Auto kaufen, um sicherer von A nach B zu kommen?
Wenn ich es gegen Laufen abwäge, könnte das tatsächlich sicherer sein. Obwohl, ich könnte natürlich auch überfallen werden. Zack, einfach an der Ampel aus dem Auto gezerrt. Oder, wenn ich eine Panne habe, weil irgendjemand direkt vor mir Krähenfüße auf die Straße gelegt hat. Dann muss ich beim Auto bleiben, bis der Pannendienst kommt, und bin ein leichtes Opfer. Und die Bomben erst. Wie konnte ich die Autobomben vergessen?! Jedes Mal beim Anlassen dieses Spiel mit dem Tod. Bei jeder Schlüsseldrehung setzt sich das Glücksrad erneut in Bewegung. Dreht und dreht. Klack, klack, klack, klack, klack. Es wird immer langsamer. Jetzt bloß nicht auf ‚BUMM!‘ stehenbleiben!
Aber was könnte ich tun? Von Zuhause arbeiten? Damit hätte ich aber auch irgendwie arge Probleme. Backen, Torten verzieren, Cremes anrühren sind die einzigen Sachen, die mir wirklich richtig Spaß machen. Es sind die einzigen Momente, in denen ich meine Umwelt mal voll und ganz vergessen kann. Das will ich nicht aufgeben. Eine eigene Backstube aufmachen und direkt darüber wohnen, das wär’s! Aber denk mal nicht so viel nach, Eddy! Noch bist du aus dem Schlamassel hier nicht raus. Ähh ... Schlamassel? Ein verfluchter dampfender Haufen Scheiße! Das ist das!
Die Straßen, auf denen wir fahren, werden immer leerer. Wir nähern uns der Innenstadt. In anderen Städten oft ein schöner Ort. Eine Altstadt mit Touristenzentrum, Fußgängerzonen, Einkaufscenter und so Zeug. Unsere Innenstadt könnte man eher als Eingeweide der Stadt bezeichnen. Zumindest dem Aussehen und Geruch nach zu urteilen. Die Häuser sind heruntergekommen, die Straßen schäbig und verdreckt. Gerüchten zufolge kommt in bestimmte Teile der Innenstadt nicht mal die Müllabfuhr – und auch keine Polizei oder sonstige Beamte. Natürlich nicht offiziell, aber man munkelt, es gäbe fast so was wie autarke Gebiete. Ich war hier nur ein paarmal in meiner Jugend. Damals kamen wir uns ganz groß vor, hier abzuhängen. Bis wir irgendwann für unser Abhängen ganz groß vermöbelt wurden. Seit dem bin ich nicht mehr hier gewesen. Vermöbeln lassen kann ich mich ja überall.
Wir halten vor einem massiven Eisentor in einer hohen, roten Backsteinmauer.
„Warum dauert das so lange?“, regt sich Nase auf.
Ich schaue links und rechts die Straße entlang. Niemand zu sehen. Zumindest nicht für meine ungeübten Augen, die Lebenszeichen nur auf dem Bürgersteig und der Straße suchen, nicht zwischen Mülltonnen, in Gassen und im Schatten liegenden Hauseingängen. Alles ist voller Graffiti. Keine Hauswand ist unbeschmiert. In mehreren Lagen klebt sich wellende Farbe an den Fassaden, sogar an den oberen Stockwerken.
Umso erstaunlicher ist die rote Backsteinmauer. Kein einziger Klecks Farbe. Sie präsentiert sich blitzeblank. Sieht lediglich etwas mitgenommen aus – oder rustikal, wie man heute sagen würde. Hier und da sind ein paar bröckelige Steine. Mhh … wer weiß, vielleicht sind es auch Einschusslöcher. Nicht dran denken!
Endlich schiebt sich das Tor auf und wir fahren hindurch auf einen kleinen Platz mit mehreren Garagen.
Ein riesiges, klobiges Gebäude vor uns dominiert das Bild. Es ist auch aus rotem Backstein, in ähnlichem Zustand wie die Mauer, nur sieht es noch viel düsterer aus. Wie hoch es ist, lässt sich schwer schätzen. Fensterreihen gibt es nur zwei, aber die liegen weit auseinander und für zwei Stockwerke ist der Bau viel zu hoch. Noch überragt wird der Klotz von einem gemauerten runden Schornstein, der entweder aus dem hinteren Teil des Gebäudes kommt oder direkt dahinter steht, das lässt sich von hier aus nicht genau ausmachen. Der Situation angemessen also ein sehr bedrohlicher Bau.
„Um Herb kümmern wir uns später, lass erst mal zu Kyrios hochgehen.“
„Gut, endlich den Ballast loswerden“, lacht Nase.
Naja … so viel Kuchen hat er nun auch nicht gekauft. Von der Eingangstür bin ich etwas enttäuscht. Sie ist grade mal so groß wie eine normale Tür und ganz unscheinbar an der linken Ecke des Gebäudes. Eigentlich hatte ich eine riesige Doppeltür genau mittig erwartet. Aus altem Holz mit Eisenbeschlägen. Oder wenigstens ein ordentlich quietschendes Stahltor, das unter großem Getöse vor mir auf- und direkt hinter mir wieder zugeht. Mhh … vielleicht gibt es ja eins an der Seite, was mir später noch vorgeführt wird.
Wir kommen in einen kleinen Raum, in dem nix weiter steht als zwei Stühle, ein winziger Klapptisch, einige Monitore und ein Pult mit ein paar Knöpfen an der Wand. Zwei finster dreinblickende Gestalten schauen von ihren Karten auf, einer von ihnen hat die Hand an der Waffe. Na, immerhin die beiden Wachen sind so, wie man das aus den Krimis kennt.
„Sind wieder da“, sagt Zwille überflüssigerweise.
Die beiden Typen glotzen uns an. Man sieht die Frage auf ihren Gesichtern, aber scheinbar trauen sie sich nicht, sie auszusprechen.
„Guten Tag“, sage ich um die Stimmung etwas aufzulockern und fange mir sofort einen Ellenbogenstoß in die Rippen ein.
„Weiter! Los!“, bellt mich Nase an.
Ich werde durch den Vorraum in eine große, hohe Halle geführt. Hier und da stehen Sofas, Sessel, Stühle und Tische herum, einige Schränke an den Wänden. Alles wild durcheinandergewürfelt, was offenbar der Sperrmüll so hergab. Eine Handvoll Leute scheint sich hier zu langweilen. Zwei schauen interessiert, die anderen ignorieren uns. Wir gehen an mehreren Türen vorbei, dann einen Gang entlang, der in den hinteren Teil des Gebäudes führt, hin zu einer Metalltreppe auf einen kleinen Steg, der an einer Tür in der Wand endet. Nase öffnet die Stahltür und schubst mich in einen Gang mit weiteren Türen. Vor einer davon bleiben wir stehen.
Also, wenn ich mir eine Tür in diesem Gang hätte aussuchen dürfen, hätte ich, allein schon aus purer Neugier, auch die hier genommen. An sich unterscheidet sie sich nicht von den anderen, außer, dass sie in einem dunklen, kräftigen Lila gestrichen ist. Hochglanzlack. Zwille bewegt grade seine Fingerknöchel Richtung Holz, als die Tür unvermittelt aufschwingt. Ein schwarzer Mann steht dahinter, eine Frau an der Hand.
Mhh … Hand in Hand mit einer Frau, die allerdings bewusstlos auf dem Boden liegt. Die Frau hat fast eine Glatze und sieht auch sonst ziemlich mitgenommen aus. Mitgenommen, aber irgendwie auch … schön, soweit erkennbar. Vielleicht ist es aber auch nur der Dornröscheneffekt.
Die Zwillinge werden auf einmal spürbar nervös. Der Mann schaut beide abwechselnd an und verharrt bei jedem ein paar Sekunden. Ich war noch nie ein Meister im Lesen von Menschen, nicht mal Lehrling, aber dieser Kerl macht mir Angst. Die Zwillinge halten zwar seinem Blick stand, fühlen sich aber auch sichtlich unwohl.