Besser als Eden - Nancy Guthrie - E-Book

Besser als Eden E-Book

Nancy Guthrie

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Beschreibung

Nancy Guthrie verfolgt in Besser als Eden neun biblische Motive, die sich wie ein roter Faden durch die gesamte Bibel ziehen. Sie zeigt mit jedem Motiv Biblischer Theologie, wie die neue Schöpfung noch viel herrlicher sein wird als die erste. Aber die Hoffnung auf ein noch besseres Eden ist nicht nur Zukunftsmusik. Guthrie illustriert anhand vieler Beispiele und ihrer eigenen Erfahrung, wie diese Hoffnung schon heute dein gesamtes Leben verändern kann.Das Buch eignet sich für die persönliche Lektüre, aber durch den angehängten Diskussionsleitfaden mit Fragen zu jedem Kapitel auch für Kleingruppen.

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Nancy Guthrie verfolgt in Besser als Eden neun biblische Motive, die sich wie ein roter Faden durch die gesamte Bibel ziehen. Sie zeigt mit jedem Motiv Biblischer Theologie, wie die neue Schöpfung noch viel herrlicher sein wird als die erste. Aber die Hoffnung auf ein noch besseres Eden ist nicht nur Zukunftsmusik. Guthrie illustriert anhand vieler Beispiele und ihrer eigenen Erfahrung, wie diese Hoffnung schon heute dein gesamtes Leben verändern kann.

Das Buch eignet sich für die persönliche Lektüre, aber durch den angehängten Diskussionsleitfaden mit Fragen zu jedem Kapitel auch für Kleingruppen.

Besser als Eden

Nancy Guthrie

IMPRESSUM

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über dnb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

TITEL DES ENGLISCHEN ORIGINALS

Even Better than Eden: Nine Ways the Bible’s

Story Changes Everything about Your Story

© 2018 by Nancy Guthrie

Published by Crossway a publishing ministry of Good News Publishers

Wheaton, Illinois 60187, U.S.A.

This edition published by arrangement with Crossway. All rights reserved.

Wenn nicht anders angegeben, wurde folgende Bibelübersetzung verwendet: Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart Sonstige Bibelübersetzungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Verlage wiedergegeben.

ELB Revidierte Elberfelder Bibel

© 2006 SCM R. Brockhaus im SCM

Verlag GmbH & Co. KG, Witten.

SLT Bibeltext der Schlachter, © 2000 Genfer Bibelgesellschaft.

© 2023 Verbum Medien gGmbH,

Bad Oeynhausen

verbum-medien.de

[email protected]

ÜBERSETZUNG

Christoph Fischbacher

LEKTORAT

Viktoria Schiller

BUCHGESTALTUNG UND SATZ

Annika Felder

DRUCK UND BINDUNG

Finidr

1. Auflage 2023

Best.-Nr. 8652 060

ISBN 978-3-98665-060-5

E-Book 978-3-98665-061-2

DOI: 10.54291/z287739235

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WIE DIE GESCHICHTE DER BIBEL DEINE EIGENE VERÄNDERT

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Einleitung

1 Die Wüste

2 Der Baum

3 Das Ebenbild

4 Die Bekleidung

5 Der Bräutigam

6 Der Sabbat

7 Der Nachkomme

8 Die Wohnung

9 Die Stadt

Fazit

Diskussionsleitfaden

Endnoten

Bibelstellenindex

Einleitung

Würde ich dir meine Lebensgeschichte erzählen, so würde ich dir wahrscheinlich davon berichten, wo mein Leben begann: in Kansas City, Missouri. Ich würde von meinen Eltern Claude und Ella Dee sprechen, von meinem Ehemann David und unseren Kindern Matt, Hope und Gabriel. Ich würde dir von den wichtigen Ereignissen meines Lebens erzählen: wo ich aufgewachsen und wo ich zur Universität gegangen bin, wo meine Karriere begonnen hat, wie ich David kennengelernt und geheiratet habe, wie mein Leben sich verändert hat, als mein Sohn Matt geboren wurde, und wie es sich noch viel mehr verändert hat, als meine Kinder Hope und Gabriel gestorben sind. Ich würde dir erzählen, wo ich lebe – in Nashville – und was ich dort Tag für Tag mache: schreiben und lehren, es vermeiden, in den Supermarkt oder ins Fitnessstudio zu gehen, mit Freunden durch den Park spazieren, die Wäsche machen, E-Mails beantworten, meinen Podcast editieren, in die Gemeinde gehen, Abendessen kochen, mehr fernsehen, als es mir lieb ist zuzugeben, und schließlich ins Bett gehen. Obwohl all diese Dinge echte Aspekte meiner eigenen Geschichte sind, sind sie dennoch nicht die wichtigsten. Sie würden schlicht nicht die tiefgreifendsten Realitäten wiedergeben, die meine Vergangenheit, meine Gegenwart und meine Zukunft geformt haben. Es gibt da eine andere Geschichte, eine Geschichte, die auf den Seiten der Bibel zu finden ist – vom ersten Buch Mose bis hin zum Buch der Offenbarung. Eine Geschichte, die mich prägt und definiert, woher ich komme, warum ich so bin, wie ich bin, was mein alltägliches Leben ausmacht und was in der Zukunft vor mir liegt. Es ist diese Geschichte, die meine größten Freuden erklärt, aber auch die Orte der Leere in mir, wo Zufriedenheit unerreichbar scheint. Es ist die Geschichte, die meinen Drang, jemand Besonderes zu sein, ebenso erklärt, wie meine Geneigtheit, mich wie ein Niemand zu fühlen. Sie erklärt, was mich zum Weinen oder zum Lachen bringt. Diese Geschichte erklärt mein Verlangen, hübsch auszusehen, mein Streben nach einem angenehmen Leben, mein Bedürfnis nach einem Zuhause und Sicherheit und nach so vielem mehr.

Und ob du es weißt oder nicht: Dieselbe große Geschichte, die sich in den 66 Büchern der Bibel findet, formt auch die Welt, in der du lebst, wer du bist und wonach du strebst. Darum müssen du und ich diese Geschichte kennen. In ihr finden wir die Antworten auf die Fragen nach dem, was wirklich zählt – für heute und in Ewigkeit. Diese Geschichte hat die Kraft, alles an unseren eigenen Geschichten auf den Kopf zu stellen.

EDEN: WO DEINE GESCHICHTE BEGINNT

Die Geschichte der Bibel beginnt damit, dass Gott in 1. Mose 1 Himmel und Erde erschafft und Adam und Eva in einen Garten namens Eden setzt. Eden war ein heller und schöner Ort. Wir neigen dazu, von ihm als einem Ort der Perfektion und der Endgültigkeit zu denken. Oft formulieren wir unsere Wünsche für die Zukunft als die Wiederherstellung von oder die Rückkehr zu diesem paradiesischen Ort. Es ist jedoch Tatsache, dass der Garten Eden, von dem wir in 1. Mose 1 und 2 lesen, noch nicht alles war, was Gott für seine Schöpfung im Sinn hatte. Er war unbefleckt, aber unvollständig.

Er war voller Potential, aber dennoch nicht alles, was Gott für das Zuhause, das er mit seinem Volk teilen würde, im Sinn hatte. Von Anfang an war der Garten Eden nicht dafür gedacht, statisch zu sein; er war auf etwas hin ausgerichtet.1 Ebenso waren Adam und Eva noch nicht das, was Gott für sein Volk im Sinn hatte. Sie waren sündlos, aber noch nicht herrlich, zumindest nicht so herrlich, wie Gott es für sie vorgesehen hatte. Adam und Eva wurde etwas Besseres verheißen, sollten sie Gottes Wort gehorchen. Doch das Traurige an der Geschichte Edens ist, dass Adam und Eva nicht gehorchten. Alles in Eden lief schrecklich schief. Das ist der Teil der Geschichte der Bibel, der erklärt, warum so viel in unseren Geschichten schiefläuft. Das ist der Teil der Geschichte, der uns die tiefschürfenden Antworten auf die Warum-Fragen in den Verletzungen und Kämpfen unseres Lebens liefert. Glücklicherweise endet die Geschichte, die in Eden ihren Anfang genommen hat, dort noch nicht. Gottes Plan für seine Welt und sein Volk konnte von der menschlichen Sünde nicht durchkreuzt werden. Selbst jetzt arbeitet Gott an seinem Plan, der weit mehr vorsieht, als die bloße Unversehrtheit seiner Schöpfung wiederherzustellen. Christus kam und vollbrachte, was notwendig war, um uns den Weg zu bereiten, und zwar nicht nur zurück in den Garten Eden. Das Ziel ist ein Zuhause, welches noch viel herrlicher sein wird als Eden, und ein Leben, das noch viel besser sein wird als das, was Adam und Eva dort genossen haben.

In welcher Hinsicht wird es besser sein? Genau darum soll sich dieses Buch drehen. Jedes Kapitel wird ein Motiv aufgreifen, das sich von 1. Mose bis hin zur Offenbarung durch die Bibel zieht und uns einen Aspekt der Herrlichkeiten und Vorzüge des neuen Himmels und der neuen Erde (welche wir auch Eden 2.0 oder das neue Eden, die neue Schöpfung, die Stadt, die kommen wird, oder das neue Jerusalem nennen können) zeigen soll. Ein Ort, der nicht nur unserem Leben in dieser mit Sünden belasteten Welt überlegen ist, sondern auch dem, was Adam und Eva im ersten Eden erleben durften.

Trotzdem ist dieses Buch nicht einzig und allein auf das ausgerichtet, was kommen wird, wenn Jesus wiederkommt und den neuen Himmel und die neue Erde aufrichtet. Die Herrlichkeit, das Leben, die Intimität, die Sicherheit und die Neuartigkeit dieser Zukunft sind nicht ausschließlich der Zukunft vorbehalten. Noch erleben wir das Verheißene nicht in der Fülle und Vollkommenheit, wie wir es eines Tages erfahren werden, und doch bricht die verheißene Zukunft heute schon ins Hier und Jetzt hinein. Das Markusevangelium beginnt damit, dass es uns die Gute Nachricht übermittelt, die Jesus zu Beginn seines Dienstes verkündigte. Jesus sagte, »das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen« (Mk 1,15). Mit Christi Menschwerdung kam etwas völlig Neues in diese Welt. Mit Jesu Auferstehung strömte dieses Neue dann in die Welt hinein. Auch heute noch verbreitete es sich überall in der Welt, wann immer das Evangelium verkündet und von Menschen aus allen Nationen angenommen wird. Die Kraft des Evangeliums schafft dort neues Leben, wo Tod herrschte, Hoffnung, wo Verzweiflung sich breitmachte, Schönheit, wo Zerbrochenheit vorherrschte. Wenn das Evangelium in die Welt hinausgeht und durch den Glauben Menschen für den auferstandenen Christus ergreift, verändert die neue Schöpfung diese Welt. Davon spricht Paulus, wenn er schreibt: »Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden« (2 Kor 5,17). Um es anders auszudrücken: Mit dem auferstandenen Christus verbunden zu sein, bedeutet, dass die Neuheit, die Herrlichkeit und das Leben des größeren Eden hier und jetzt in dein Leben bricht. Die Herrlichkeit dieser Zukunft zu erfassen, verändert heute dein Gefühl der Beschämung. Ein Überzeugtsein von einer sicheren Zukunft hilft dir in der Gegenwart, deine Furcht vor dem Tod zu überwinden. Eine wachsende Wahrnehmung deiner Identität als Himmelsbürger verändert, wie du dich heute selbst siehst. Sich wahrhaftig auf die Liebesbeziehung, die wir für alle Ewigkeit genießen werden, einzulassen, erwärmt jetzt unsere Herzen für Christus.

Paulus schreibt, dass wir diejenigen sind, »auf die das Ende der Zeiten gekommen ist« (1 Kor 10,11). Wenn das wahr ist, möchten wir mehr vom Ende der Zeiten verstehen. Wir wollen sehen, was uns der erste Garten über den kommenden Garten zu sagen hat, über einen sichereren, befriedigenderen und herrlicheren Garten, der besser sein wird als das erste Eden und in welchem wir vorherbestimmt sind, auf ewig zu leben.

KAPITEL 1

Die Wüste

Ich verspreche dir: Ich bin die letzte Person auf der Welt, die versuchen sollte, dir ein Wort in einer anderen Sprache beizubringen. Auf der Highschool habe ich zwei Jahre und an der Universität zwei Semester lang Deutsch gelernt. Doch das Einzige, an das ich mich erinnere, ist: »Ich bin.« Mein Deutsch reicht nicht einmal mehr, um einen vollständigen Satz aus diesen Worten zu bilden. Ich habe einmal einen Vortrag in einem Frauengefängnis in Kolumbien gehalten und wollte jeder Frau ein kleines Geschenk überreichen und sie mit den Worten »Der Herr liebt dich« auf Spanisch begrüßen. Aber ich bekam es einfach nicht auf die Reihe. Mein Mann David musste mir den spanischen Satz wieder und wieder zuflüstern, weil ich ihn ständig falsch aussprach. Keiner weiß, was diese Frauen tatsächlich zu hören bekamen.

Und doch gibt es eine hebräische Phrase, die ich erklären möchte, denn sie verleiht der Geschichte der Bibel schon mit dem ersten Satz einen unvergleichlichen Tiefgang. Sie lautet: Tohuwabohu. Deutsche Bibeln geben diesen ersten Satz folgendermaßen wieder: »Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe« (1 Mose 1,1–2).

Die Bibel beginnt mit der Aussage, dass Gott Himmel und Erde schuf und auf der Erde Tohuwabohu war. Die Erde war wüst und leer oder ohne Form. Tohu bedeutet unbewohnte, chaotische Wüste, und bohu bedeutet leer. Damit erzählt uns 1. Mose 1,2, dass die Erde, als Gott sie schuf, ursprünglich ein unbewohnbares Wüstenland, eine karge Steppe, war. Sie hatte weder Form noch Gestalt und war völlig lebensfeindlich.

Ich habe lange geglaubt, dass Gott die Erde so schuf, wie sie ist. Doch offensichtlich war das, was Gott schuf, ursprünglich eine Masse ungeformter Materie, in der nichts leben konnte. Es war der Rohstoff, dem Gott erst noch Form und Fassung geben musste. In der Tat gab es drei wesentliche Probleme mit der Erde, so wie Gott sie laut 1 Mose 1,2 ursprünglich schuf: Sie war formlos, leer und finster, aber sie war nicht ohne Hoffnung, denn »der Geist Gottes schwebte über dem Wasser« (1 Mose 1,2). Der Geist schwebte – oder flatterte – über der tiefen Finsternis der formlosen Erde wie eine Henne über einem ungeschlüpften Kosmos.2 Etwas war im Begriff zu geschehen. Gott würde seine Schöpfung durch seinen Geist und mithilfe seines Wortes erleuchten, ordnen und erfüllen. Daher entdecken wir gleich im ersten Kapitel der Bibel, dass ein Tohuwabohu für Gott kein Problem darstellt. Als sein Wort »Es werde Licht« erschallte und die kreative Energie des Geistes schwebte, wurde das, was dunkel war, mit Licht geflutet. Chaos wich der Ordnung. Die Leere wurde mit Leben, Sinn und Schönheit gefüllt.

Das sind wirklich gute Nachrichten, denn auch wenn dir der Begriff Tohuwabohu bisher unbekannt war, mag dir die Realität dessen vielleicht schmerzlich vertraut sein. Womöglich empfindest du die tiefsten und ehrlichsten Gefilde deiner Seele als Tohuwabohu, als finstere und grüblerische Leere. Vielleicht ist diese Leere auf einen Verlust zurückzuführen. Wo es einst etwas gegeben hat, das diesen Raum in deinem Leben erfüllte, sehnt sich dein Herz nun nach dem, was einmal war. Jetzt ist dort nur noch ein leerer Platz am Küchentisch, ein leeres Zimmer im Haus oder ein leeres Bett, in dem du schläfst. Du siehst deinen Alltag und deine Zukunft nur mit gähnender Leere anstatt mit Sinn erfüllt. Vielleicht zeugt diese Leere weniger von dem, was war und nicht mehr ist, als vielmehr von dem, was niemals sein durfte. Vielleicht war da nie ein Ring an deinem Finger, nie ein Baby in deinem Bauch oder nie ein Titel vor deinem Namen. Vielleicht hast du deine Träume immer für dich behalten – aus Angst, sie auszusprechen, könnte sie zunichtemachen. Nun scheinen sie außer Reichweite oder völlig fern der Realität. Vielleicht kannst du aber auch gar nicht genau sagen, warum du dieses Gefühl der Leere eigentlich empfindest. Du erkennst, dass es dir im Vergleich zu anderen um dich herum gut geht, doch deine Seele beherbergt ein nagendes Gefühl der Enttäuschung und der Unzufriedenheit. Manchmal erscheint es dir, als wäre das Leben der anderen um dich herum voll von Sinn und Bedeutung, Leben und Liebe, schönen Zeiten und Zukunftsplänen, und das unterstreicht dein Empfinden der Leere in deinem Leben nur noch. Manchmal verfolgt dich diese Leere wie ein stechender Schmerz. Ein anderes Mal überwältigt sie dich wie unnachgiebiges Leid. Vielleicht betrachtest du deine Leere als das größte deiner Probleme. Ich muss dir sagen, dass Gott dich nicht so sieht! Gott sieht die Leere in deinem Leben als seine größte Chance, denn Gott arbeitet am besten mit der Leere, die er mit sich selbst füllen möchte.

UNZUFRIEDENHEIT IM GARTEN

Adam und Eva hatten keinerlei Grund, sich leer zu fühlen. Ihre Welt quoll vor Güte über. Wo auch immer ihr Blick hinfiel, sahen sie etwas, das Gott in die Existenz gesprochen und für gut erklärt hatte. Er hatte sie in einen Garten gesetzt, in den er jeden Baum gepflanzt hatte, dessen Früchte sich zur Nahrung eigneten. Gott hatte einfach gesprochen: »Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringe, und fruchtbare Bäume, die ein jeder nach seiner Art Früchte tragen, in denen ihr Same ist auf der Erde« (1 Mose 1,11). Dann geschah es so, und Gott sah, dass es gut war.

Jeder, der schon einmal versucht hat, einen Baum oder Busch im harten Boden einzupflanzen, wer einen Tag damit verbracht hat, Unkraut zu jäten, nur um mitansehen zu müssen, wie es die süßen Erdbeeren erstickt, oder sich bemüht hat, die Maulwürfe in den Garten des Nachbarn zu vertreiben (wer macht denn so etwas?), kann es sich kaum vorstellen, wie es im Garten Eden war. Dort wurde nichts braun, nichts verwelkte oder vertrocknete. Kein Dorn brachte Adam je dazu, zu einem Pflaster zu greifen. Adam und Eva wurde die Aufgabe übertragen, die Erde zu füllen, sie sich untertan zu machen und Herrschaft über sie auszuüben. Auf die gleiche Art und Weise, wie Gott das anfängliche Tohuwabohu geordnet hatte, sollte Adam die Ordnung Edens auf die Erde ausweiten. Gemeinsam sollten Adam und Eva fruchtbar sein und sich vermehren, damit ihre Nachkommen die Grenzen Edens ausdehnen und ihn mit Männern und Frauen füllen, die wie Adam und Eva das Ebenbild ihres Schöpfers tragen, um die Erde von der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes zu erfüllen, »wie Wasser das Meer bedeckt« (Hab 2,14).

Im Leben von Adam und Eva gab es keinen Mangel; sie hatten allen Grund, vollkommen zufrieden zu sein. Dann aber behauptete die Schlange, dass es etwas gibt, das Eva nicht hatte, etwas, das sie wirklich brauchte, um glücklich zu sein: das Geschmackserlebnis und die Weisheit, die das Essen dieser köstlichen Frucht des verbotenen Baumes versprach. Als die Schlange ihr dies einflüsterte, ließ Eva zu, dass die Perspektive der Schlange ihre eigene Sichtweise formte. Anstatt sich mit all der Güte zufriedenzugeben, mit der sie überschüttet worden war und die sie ringsum umgab, begann Eva eine Leere in ihrem Leben zu sehen, in ihrer Ernährung, in ihrem Wissen, in ihrer Erfahrung. Ihr Verlangen nach mehr, nach etwas anderem als Gottes Versorgung, gepaart mit ihren wachsenden Zweifeln an Gottes Güte, führte sie dazu, sich nach etwas auszustrecken, von dem sie dachte, es würde sie glücklich, erfüllt und zufrieden machen.

Oh, wie muss dieser Bissen ihr im Magen gelegen haben, als sie sich der Realität dessen, was sie soeben getan hatte, bewusst wurde. Oh, wie töricht muss ihr dieser Griff nach der Weisheit im Nachhinein erschienen sein. Als Gott sich nach dem Verfluchen der Schlange Adam und Eva zuwandte und ihnen erklärte, wie sich dieser Fluch auf sie auswirken wird, muss ihr klar geworden sein, dass die vermeintliche Köstlichkeit sich als Katastrophe entpuppte. Genau das, was ihnen so viel Freude hätte bringen sollen, brachte nun Schmerz und Verderben. Kinder gebären und sie in einer von Sünde infizierten Welt zu erziehen, würde schmerzhaft werden und ihre Ein-Fleisch-Ehe mit Adam von Spannung erfüllt sein. Adams Tagwerk sollte nun frustrierend und nicht mehr erfüllend sein. Adam war dazu bestimmt, den Erdboden zu bestellen, eine nunmehr leidige Aufgabe. Der Boden sollte Früchte, aber auch Dornen hervorbringen, welche sich tief in Adams Fleisch graben. Das Aufflackern der Unzufriedenheit, das Eva im Garten empfunden hatte, muss zu einem lodernden Feuer geworden sein, als sie und Adam in die umliegende Wildnis hinaus verbannt wurden.3Doch die chronische Unzufriedenheit, die sie fortan quälen sollte, erwies sich auch als Gnade. Sie erwies sich als stetige Erinnerung daran, dass völlige und andauernde Zufriedenheit nur in dem Leben zu finden ist, das ihnen verheißen worden war, hätten sie gehorcht und ewig vom Baum des Lebens essen dürfen. Doch wie sollten sie nun dorthin zurückkehren, da der Weg zurück in den Garten doch von Engeln bewacht wurde?

Gott selbst würde seinem Volk einen Weg hinein in einen Garten wie Eden bahnen, der noch besser als Eden ist. Er begann damit, dass er einen Mann, der im Land Ur lebte – Abraham – dazu berief, in dem Land zu leben, das Gott ihm geben sollte. Kein Engel bewachte die Grenze zu diesem Land, als Abraham es betrat. Interessanterweise rang jedoch sein Enkel Jakob, als er das Land verlassen hatte, um eine Frau zu finden, auf dem Rückweg mit einem Engel. Nach dem Tod Jakobs und seiner Söhne lebte das Volk Israel in der Knechtschaft Ägyptens. Also sandte Gott seinem Volk einen Befreier, der ihm verkündete, dass er herniedergefahren war, sodass »ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie aus diesem Lande hinaufführe in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt« (2 Mose 3,8). Klingt doch schon wie ein neues Eden, nicht wahr?

UNZUFRIEDENHEIT IN DER WÜSTE

Unglücklicherweise machten die Israeliten auf der Reise zum neuen Garten Eden einen vierzigjährigen Umweg durch die Wüste. Dort zeigte die dem Leben in der Wüste innewohnende Unzufriedenheit ihr hässliches Gesicht. Wir lesen davon in dem Buch, das wir als Numeri oder 4. Mose kennen, das aber ursprünglich den Titel »In der Wildnis« trug. Hierin erzählt uns Mose:

Das fremde Volk aber unter ihnen war lüstern geworden. Da fingen auch die Israeliten wieder an zu weinen und sprachen: Wer wird uns Fleisch zu essen geben? Wir denken an die Fische, die wir in Ägypten umsonst aßen, und an die Kürbisse, die Melonen, den Lauch, die Zwiebeln und den Knoblauch. Nun aber ist unsere Seele matt, denn unsere Augen sehen nichts als das Manna.

4 Mose 11,4–6

Es war nicht so, dass sie nichts zu essen gehabt hätten. Nein, sie wollten etwas anderes als das Manna, das Gott jeden Tag vom Himmel fallen ließ. Tatsächlich waren ihre Mägen nicht leer. Dennoch empfanden sie ein Gefühl der Leere. Das klingt ein wenig vertraut, nicht wahr? Ist es nicht wie bei Adam und Eva, denen es offenstand, von jedem Baum im Garten außer einem zu essen, und die sich doch fühlten, als würde ihnen etwas fehlen? (Oder wie ich, wenn ich eine Cola Light bestelle und der Kellner mich fragt, ob Pepsi Light auch OK ist?)

Vierzig Jahre, nachdem es die Israeliten ihren Gelüsten erlaubt hatten, dem Murren einen Weg zu bahnen, bereiteten sich ihre Kinder darauf vor, aus der Wildnis heraus ins verheißene Land zu ziehen. Hier erklärte Mose, warum Gott es überhaupt zugelassen hatte, dass sie mit leeren Mägen umherziehen mussten:

Er demütigte dich und ließ dich hungern und speiste dich mit Manna, das du und deine Väter nie gekannt hatten, auf dass er dir kundtäte, dass der Mensch nicht lebt vom Brot allein, sondern von allem, was aus dem Mund des Herrn geht.

5 Mose 8,3

Er ließ sie hungern. Warum ließ er zu, dass sie ihre Leere spürten? Damit der Hunger und ihre Unzufriedenheit sie dazu treiben würde, genau zu überlegen, was sie eigentlich befriedigt und erfüllt. Und das war nicht einfach nur schmackhaftes Essen, sondern ein göttliches Wort, eine göttliche Verheißung, eine göttliche Kraft, die sie dazu befähigte, mit weniger, als es ihnen lieb war, in dieser Wüste der Welt zu leben. Hast du die Leere, die du fühlst, schon einmal in diesem Licht betrachtet? Hast du dir schon einmal überlegt, dass Gott dich vielleicht hungern lässt, damit es dich noch mehr nach ihm verlangt? Damit du noch mehr erkennst, dass er die Quelle von allem ist, was dich erfüllt? Hast du dir schon einmal überlegt, dass er vielleicht dein Verlangen umformt, weg von dieser Welt, weg von diesem Leben, sogar weg von diesem gegenwärtigen Zeitalter, damit deine Erwartung des kommenden Zeitalters damit beginnt, deine Perspektive auf deinen Mangel zu verändern?

Während sie sich also aufmachten, in das Land zu ziehen, übermittelte Mose ihnen folgende Verheißung Gottes:

Werdet ihr nun auf meine Gebote hören, die ich euch heute gebiete, dass ihr den Herrn, euren Gott, liebt und ihm dient von ganzem Herzen und von ganzer Seele, so will ich eurem Lande Regen geben zu seiner Zeit, Frühregen und Spätregen, dass du einsammelst dein Getreide, deinen Wein und dein Öl, und will deinem Vieh Gras geben auf deinem Felde, dass du isst und satt wirst. Hütet euch aber, dass sich euer Herz nicht betören lasse, dass ihr abfallt und dient andern Göttern und betet sie an, sodass der Zorn des Herrn entbrenne über euch und schließe den Himmel zu, sodass kein Regen kommt und die Erde ihr Gewächs nicht gibt und ihr bald ausgetilgt werdet aus dem guten Lande, das euch der Herr gegeben hat.

5 Mose 11,13–17

Oh, wie sehr wünschen wir uns, sie hätten ihre Lektion während der vierzig Jahre in der Wüste gelernt. Aber offensichtlich hatten sie es nicht. Anstatt von einem jeden Wort zu leben, das aus dem Mund des Herrn hervorgeht, verschlangen sie alles, was ihnen von den im Land wohnenden Kanaanitern serviert wurde. Alles, wovor Mose sie gewarnt hatte, falls sie Gott nicht gehorchen sollten, wurde ihnen bittere Realität. Gott gebrauchte das Heer der Babylonier, um sein Volk zu richten. Im Zuge der Zerstörung wurde das Land, in dem Milch und Honig fließt, zur Wüste. Der Prophet Jeremia beschreibt den Zustand Israels, nachdem es von den Scharen der Babylonier verheert worden war:

Ich sah das Land, und siehe, es war wüst und leer, sah zum Himmel, und er war finster.

Ich sah, und siehe, das Fruchtland war eine Wüste, und alle seine Städte waren zerstört vor dem Herrn und vor seinem grimmigen Zorn.

Jer 4,23, 26

Ist dir die Formulierung in Vers 23 aufgefallen, über die wir schon nachgedacht haben? Jeremia bedient sich der Sprache von 1. Mose 1,2, um den Zustand Judas nach der Zerstörung durch die Babylonier zu beschreiben. Das Land war wieder »wüst und leer« – Tohuwabohu – geworden. Das Land voll Milch und Honig, das Gott ihnen gegeben hatte, war zum kargen Ödland verkommen. Ohne Schönheit. Ohne Leben. Ohne Freude. Doch das war nicht das Ende der Geschichte. In einer Vision wurde Jeremia gezeigt, was kommen würde, wenn Gottes Volk sein Wüstendasein in Babylon hinter sich lassen und nach Hause zurückkehren würde. So sagte Jeremia voraus:

Sie werden kommen und auf der Höhe des Zion jauchzen und vor Freude strahlen über die Gaben des Herrn, über Getreide, Wein, Öl und junge Schafe und Rinder, dass ihre Seele sein wird wie ein wasserreicher Garten und sie nicht mehr verschmachten sollen.

Jer 31,12

Ein »wasserreicher Garten«? Wie sollte so etwas geschehen? Wann sollte so etwas geschehen?

ZUFRIEDENHEIT IN DER WÜSTE

Jahrhunderte später begann die Wiederherstellung mit dem Erklingen einer einzelnen Stimme, der Stimme eines Rufenden in der Wüste, der Stimme Johannes des Täufers: »Bereitet dem Herrn den Weg und macht eben seine Steige!« (Mt 3,3).

So wie der Geist bei der Schöpfung über den Wassern schwebte und die finstere Leere von Licht und Leben erfüllt wurde, so schwebte derselbe Geist über der finsteren Leere des Leibes einer Jungfrau. Maria wurde verheißen: »Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden« (Lk 1,35). Wieder einmal ging das Wort aus, doch dieses Mal nicht als schöpferische Kraft, sondern in menschlicher Form. »Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns« (Joh 1,14). Gott überschwemmte die Welt mit seiner Güte, als er sie in der Person Jesu Christi betrat.

Jesus, der zweite Adam, das wahre Israel, verließ das himmlische Land voll Milch und Honig und ging hinein in die Wüste dieser Welt mit all ihren Dornen und Disteln. Dies soll uns gleich zu Beginn des Dienstes Jesu gezeigt werden: »Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde« (Mt 4,1). Wie sich Satan in den Garten geschlichen hatte, um Adam und Eva zu verführen, so schlich er sich auch in die Wildnis, um Jesus zu versuchen. Damals verdrehte er Gottes Wort, säte damit unseren Ureltern Unzufriedenheit bezüglich Gottes Versorgung ins Herz und redete ihnen ein, selbst nach der Herrlichkeit, die Gott verheißen hatte, zu greifen, anstatt sie vertrauensvoll zu empfangen. Genau so verdrehte er hier Gottes Wort für seine bösen Zwecke und versuchte Jesus, seine Kraft dafür zu gebrauchen, sich selbst zu versorgen und nicht auf Gottes Fürsorge zu vertrauen. Er versuchte Jesus dazu, nach Herrlichkeit zu streben, indem er sich fleischlichen Freuden hingab, und nicht auf eine Herrlichkeit zu warten, die ihm durch Gehorsam bis zum Kreuz gegeben werden würde. Doch anstatt darauf einzugehen, hielt Jesus dem Versucher die Worte entgegen, die Gott durch Mose zu seinem Volk in der Wüste gesprochen hatte: »Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht« (Mt 4,4; vgl. 5 Mose 8,3).

Matthäus berichtet uns davon, dass nach Jesu bestandener Prüfung in der Wüste Engel hinzutraten und ihm dienten (vgl. Mt 4,11) . Eine gänzlich andere Erfahrung als die des ersten Adams. Die Engel waren Adam als seine Widersacher entgegengetreten und hatten seine Rückkehr in den Garten verhindert. Und zudem ein gänzlich anderes Ergebnis: Wegen des Versagens des ersten Adams im Garten wurde die gesamte Menschheit in die Wildnis verbannt, doch wegen der Bereitschaft des zweiten Adams, in der Wildnis zu gehorchen, wurde uns ein Weg in einen noch besseren Garten gebahnt.

Die Echtheit dieser Verheißung versicherte Jesus denjenigen, die ihren Glauben auf ihn setzten, noch während er am Kreuz hing und zum Verbrecher, der neben ihm gekreuzigt worden war, sprach: »Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein« (Lk 23,43). Dort am Kreuz trat Jesus, an unserer statt, in die ultimative Wüste des Todes ein, in das ultimative Tohuwabohu, damit wir das Leben in Fülle betreten dürfen, das Gott versprochen hat.

Unmittelbar nach der Auferstehung Jesu erhalten wir einen Ausblick auf das Leben des neuen Gartens, der sich einen Weg hinein in die Wildnis der Welt bahnt. Johannes schreibt hierzu: »Es war aber an der Stätte, wo er gekreuzigt wurde, ein Garten und im Garten ein neues Grab, in das noch nie jemand gelegt worden war« (Joh 19,41). Er fährt fort:

Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, beugte sie sich in das Grab hinein und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo der Leichnam Jesu gelegen hatte.

Joh 20,11–12

Es scheint, als wäre dieses Grab zu einem Tor hinein in den neuen Garten geworden. Zwei Engel waren dort zugegen, um jene willkommen zu heißen, die bereit waren, sich mit Jesus in seinem Tod und seiner Auferstehung zu identifizieren. Wir lesen dort, Maria »sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner«. »Sie meint, es sei der Gärtner«, und natürlich war – und ist – er tatsächlich der Gärtner! Dies war der Anbruch einer neuen Schöpfung. Der Gärtner war zum Morgengrauen aufgewacht, um die Arbeit zu verrichten, an der der erste Adam gescheitert war – die Grenzen des Paradieses in die Wüste dieser Welt hinein auszuweiten.4

Sogar jetzt dringt die neue Schöpfung noch in die Wüsten unserer Leben ein. Es passiert, wenn wir uns zu Jesus bekennen und mit ihm in seinem Tod und seiner Auferstehung vereint werden. Das meint Paulus, wenn er schreibt: »Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden« (2 Kor 5,17). Die neue Schöpfung dringt in unser Leben und macht aus geistlich toten Menschen geistlich lebendige Menschen. Menschen, die zum Teil jetzt und zur Gänze in der Ewigkeit das unendliche, überreiche, völlig erfüllende Leben erfahren, das Adam und Eva genossen hätten, hätten sie die Prüfung im Garten bestanden.5

Trotzdem denkst du dir vielleicht immer noch: »Das klingt ja alles schön und gut, aber mein Leben ist noch immer von Wüste, Enttäuschung, Unzufriedenheit und Leere gekennzeichnet.« Ich verstehe das. Meines ist es auch. Es lässt uns daran zweifeln, ob es wirklich möglich ist, in der Wüste dieser Welt mit irgendeinem Sinn für das Eindringen der neuen Schöpfung ins Hier und Jetzt zu leben. Die Erfahrungen des Apostels sowohl mit den Stacheln der Wüste als auch mit der Zufriedenheit des kommenden Gartens legen nahe, dass dies durchaus miteinander vereinbar ist.

Paulus redet von diesem Schmerz in seinem Leben, wenn er schreibt, »damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch« (2 Kor 12,7). Was genau dieser Dorn oder Stachel im Fleisch war, wissen wir nicht. Wir wissen jedoch, dass es sich um weit mehr als eine einfache Unannehmlichkeit handelte. Das griechische Wort, das er gebraucht, bezieht sich auf ein angespitztes Stück Holz, das sich dafür eignet, jemanden aufzuspießen. Was auch immer dieser Pfahl demnach war, Paulus musste sich davon durchstoßen, davon festgenagelt gefühlt haben. Er berichtet von seinem Flehen zu Gott, den Pfahl fortzunehmen. Offensichtlich brachte er ihm, was auch immer er gewesen sein mag, bittere Schmerzen. Wenn wir leiden, fragen die meisten von uns nach dem Warum. Nicht so Paulus. Er schien genau zu wissen, warum und von wo bzw. von wem ihm dieser Pfahl gegeben worden war.

Paulus hatte eine Führung durch das Paradies erhalten, durch den Ort, an dem Gott wohnt. Derartige Erfahrungen können dazu führen, dass einem Menschen die Brust mit geistlichem Hochmut anschwillt. »Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch« (2 Kor 12,7). Wenn Paulus seinen Pfahl im Fleisch betrachtete, erkannte er die Hand Gottes in seinem Leben am Werk, die ihn davor bewahrte, seine unglaublichen geistlichen Erfahrungen zu gebrauchen, um sich selbst gut dastehen zu lassen. Aber das ist noch nicht alles, was er in dem Pfahl sah.

Er beschrieb ihn darüber hinaus auch als »des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll«. Satan quälte Paulus mit der Versuchung, Gott dafür zu grollen, dass er es dem Pfahl erlaubt hatte, sein sowieso schon vom Schmerz heimgesuchtes Leben zu durchstoßen. Er versuchte Paulus, Gott anzuklagen und voller Bitterkeit zu werden. Doch Paulus war klar, dass es letztendlich nicht Satan war, dem die Verfügungsgewalt über den Pfahl zu eigen war. Gott, in seiner souveränen Macht, wirkte das, was Satan zum Bösen gedacht hatte, zum Guten. Paulus verstand, dass Gott den Pfahl zur Heiligung seines Lebens gebrauchen würde. Dennoch flehte er, der Pfahl möge von ihm genommen werden, der Schmerz möge ein Ende finden. Und ich finde das gut. Selbst wenn wir erkennen, wie Gott das Leid in unserem Leben dazu gebraucht, Gutes in uns zu wirken, wollen wir trotzdem, dass der Schmerz aufhört. Paulus hatte Gott angefleht, ihn hinwegzunehmen. Wieder und wieder. Und dann hörte er Jesus selbst zu ihm sprechen: »Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit« (2 Kor 12,9).

Jesu Antwort auf Paulus’ gerechtes, unnachgiebiges, wiederholtes Gebet bestand nicht darin, den Pfahl zu entfernen, sondern Paulus genügend Gnade zu schenken, ein Leben mit dem Pfahl zu ertragen. Paulus erfuhr die Gnade nicht in der Entfernung des Pfahls, sondern in der Einberufung desselben in den Dienst der Herrlichkeit Christi. »Darum«, schreibt Paulus, »will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne« (2 Kor 12,9). Ganz offensichtlich hat die Verheißung der »Kraft Christi« – derselben Kraft, die es Jesus ermöglicht hatte, das Kreuz zu ertragen und von den Toten wiederaufzuerstehen – es ihm ermöglicht, seine Sicht auf den Pfahl, der ihm wohl bleiben würde, zu verändern. Diese neue Perspektive befähigte ihn, zu sagen: »Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark« (2 Kor 12,10). Guten Mutes in der Wüste. Guten Mutes im Hier und Jetzt, wo Pfähle Schmerz bereiten.

Klingt das für dich plausibel? Scheint es dir möglich, guten Mutes zu sein, selbst wenn sich deine Umstände nicht ändern? Scheint es dir möglich, dich dem Empfang göttlicher Kraft zu öffnen, die verändern kann, wie du über die leeren Orte in deinem Leben denkst?

Meine Liebe, wenn du dich schwach fühlst, wenn deine Arbeit, Kritik, Erwartungen oder Enttäuschungen an dir zehren, wenn du an einem Punkt angelangt bist, an dem du das Trugbild deiner eigenen Stärke hast fallen lassen, dann stehst du genau richtig, um dich mit Gottes Güte erfüllen zu lassen. Endlich bist du befüllbar. Du bist völlig abhängig. Es gibt Raum für die Kraft Christi, auf dir zu ruhen und dich dazu zu befähigen, in deinem Leben in der Wüste dieser Welt guten Mutes zu sein.

»In meiner Schwäche bin ich stark.« Das war die Realität, die Paulus’ Leben kennzeichnete. Im Grunde wurde sein Leben jedoch nur an das Vorbild von Jesu Leben angepasst. Jesus, der Zimmermann, der die Welt gezimmert hatte, trat in Schwäche, als Embryo im Bauch seiner Mutter, in die Wüste dieser Welt ein. »Er war der Allerverachtetste …, voller Schmerzen und Krankheit« (Jes 53,3). Er wurde beleidigt: »Was kann aus Nazareth Gutes kommen!« (Joh 1,46). Er hatte mit Entbehrungen zu kämpfen: »Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege« (Lk 9,58). Er erlitt Verfolgung: »Da spien sie ihm ins Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Einige aber schlugen ihn ins Angesicht« (Mt 26,67). Er blieb von Schicksalsschlägen nicht verschont: »[Herodes] schickte hin und ließ Johannes im Gefängnis enthaupten. … Als das Jesus hörte, entwich er von dort in einem Boot in eine einsame Gegend allein« (Mt 14,10.13).