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**Er ist der perfekte Kandidat für meine Liste der noch unerfüllten Wünsche – solange nur niemand davon erfährt.** Cooper Als ambitionierter College-Eishockeyspieler laufen mir die Puck-Bunnies normalerweise nur so hinterher. Momentan habe ich allerdings eine längere Durststrecke hinter mir, die sich langsam wie ein Fluch anfühlt. Ich bin unausgeglichen und gestresst, was sich auf mein Spiel auswirkt – und genau das darf mir nicht passieren, wenn ich Mannschaftskapitän werden möchte. Doch da kommt Penny Ryder ins Spiel. Sie ist die Tochter meines Trainers und damit absolut tabu. Aber seit sie mich auf der Eisbahn angesprochen hat, bekomme ich sie einfach nicht mehr aus dem Kopf. Sie will, dass ich ihr all die Dinge zeige, die sie im Bett erleben möchte. Wenn ich mich darauf einlasse, kann ich mich auf dem Eis vielleicht endlich wieder auf andere Dinge konzentrieren – doch wenn ihr Vater jemals davon erfährt, kann ich mich von meiner Chance Captain zu werden ein für alle Mal verabschieden ... Penny Mit dem schlimmsten Ex-Freund, den man sich nur vorstellen kann, bin ich weit davon entfernt, für eine Beziehung bereit zu sein. Aber es ist wirklich an der Zeit, ein paar mehr Erfahrungen im Bett zu sammeln. Auftritt Cooper Callahan. Er ist der lässigste und attraktivste Typ, den man sich nur vorstellen kann – und ausgerechnet der Star-Verteidiger im Eishockeyteam meines Vaters. Unsere Vereinbarung ist simpel: Wir führen eine Freundschaft mit, nun ja, gewissen Vorzügen. Nur solange bis er Captain wird und ich all die schlechten Erinnerungen aus meiner letzten Beziehung mit besseren überschreiben konnte. Doch je näher wir uns kommen, desto weniger will ich, dass es endet … Mein Kopf sagt mir, dass mein Herz brechen könnte. Für mein Herz aber ist das Eis schon längst gebrochen. **Spicy Sports-Romance mit viel Gefühl und der perfekten Prise Humor.**
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Grace Reilly
Breakaway
Aus dem Englischen von Heike Holtsch und Fabienne Weuffen
**Er ist der perfekte Kandidat für meine Liste der noch unerfüllten Wünsche – solange nur niemand davon erfährt.**
Cooper
Als ambitionierter College-Eishockeyspieler laufen mir die Puck-Bunnies normalerweise nur so hinterher. Momentan habe ich allerdings eine längere Durststrecke hinter mir, die sich langsam wie ein Fluch anfühlt. Ich bin unausgeglichen und gestresst, was sich auf mein Spiel auswirkt – und genau das darf mir nicht passieren, wenn ich Mannschaftskapitän werden möchte.
Doch da kommt Penny Ryder ins Spiel.
Sie ist die Tochter meines Trainers und damit absolut tabu. Aber seit sie mich auf der Eisbahn angesprochen hat, bekomme ich sie einfach nicht mehr aus dem Kopf. Sie will, dass ich ihr all die Dinge zeige, die sie im Bett erleben möchte. Wenn ich mich darauf einlasse, kann ich mich auf dem Eis vielleicht endlich wieder auf andere Dinge konzentrieren – doch wenn ihr Vater jemals davon erfährt, kann ich mich von meiner Chance Captain zu werden ein für alle Mal verabschieden …
Penny
Mit dem schlimmsten Ex-Freund, den man sich nur vorstellen kann, bin ich weit davon entfernt, für eine Beziehung bereit zu sein. Aber es ist wirklich an der Zeit, ein paar mehr Erfahrungen im Bett zu sammeln.
Auftritt Cooper Callahan.
Er ist der lässigste und attraktivste Typ, den man sich nur vorstellen kann – und ausgerechnet der Star-Verteidiger im Eishockeyteam meines Vaters. Unsere Vereinbarung ist simpel: Wir führen eine Freundschaft mit, nun ja, gewissen Vorzügen. Nur solange bis er Captain wird und ich all die schlechten Erinnerungen aus meiner letzten Beziehung mit besseren überschreiben konnte. Doch je näher wir uns kommen, desto weniger will ich, dass es endet …
Mein Kopf sagt mir, dass mein Herz brechen könnte.
Für mein Herz aber ist das Eis schon längst gebrochen.
**Spicy Sports-Romance mit viel Gefühl und der perfekten Prise Humor.**
WOHIN SOLL ES GEHEN?
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Vorbemerkung
Viten
ANMERKUNG DER AUTORIN
Ich habe darauf geachtet, alles im Zusammenhang mit Eishockey und anderen Sportarten am College wahrheitsgetreu wiederzugeben, aber ein paar Abweichungen kommen dennoch vor, sowohl beabsichtigte als auch unbeabsichtigte. An alle Eishockey-Begeisterten: Ich hoffe, ihr habt Spaß an diesem Buch!
Für Moira, die Cooper von Anfang an geliebt hat.
CONTENT NOTE
Liebe Leser*innen,
dieser Roman enthält potenziell triggernde Inhalte. Aus diesem Grund befindet sich hier eine Triggerwarnung. Am Romanende findest du eine Themenübersicht, die Spoiler enthält. Entscheide bitte für dich selbst, ob du diese Warnung liest. Gehe während des Lesens achtsam mit dir um. Falls du auf Probleme stößt und / oder betroffen bist, bleibe damit nicht allein. Wende dich an deine Familie und an Freund*innen oder suche dir professionelle Hilfe.
Wir wünschen dir alles Gute und das bestmögliche Erlebnis beim Lesen dieser besonderen Geschichte.
Grace und das Carlsen-Team
1
Cooper
MEIN GANZES LEBEN bin ich zu den unmöglichsten Zeiten aufgestanden, um zur Eisbahn zu hetzten, und bereits seit zwei Saisons spiele ich Eishockey an der McKee. Da sollte man doch meinen, dass ich es rechtzeitig zum Testspiel vor dem Saisonauftakt schaffe.
Trotzdem renne ich gerade mit Volldampf zum Markley Center, meine Sporttasche über die Schulter geworfen – so als wäre sie voller Bargeld und ich würde mir auf dem Weg zu meinem Fluchtwagen eine wilde Verfolgungsjagd mit den Cops liefern. Ich sprinte über einen Zebrastreifen, ignoriere das Hupen eines abbremsenden Autos und lege mich fast aufs Maul, als ich an einer Gruppe Studentinnen vorbeihaste, die mit ein paar Bechern Bier für eine Party vorglühen.
Versehentlich ramme ich eine der Studentinnen an der Schulter, woraufhin sie mir hinterherbrüllt: »Pass doch auf, du Arschloch!«
Ich bin nicht schnell genug, um dem Bierbecher auszuweichen, den sie mir hinterherwirft.
Na toll. Während ich weiterrenne, wische ich mir, so gut es geht, die Bierspritzer von den Klamotten. Als ich endlich die Tür des Markley Center erreiche, reiße ich sie auf und schlittere hinein.
Ich betrete genau in dem Moment die Umkleidekabine, in dem Coach Ryder seine Ansprache vor dem Spiel beendet. All meine Teamkollegen tragen unsere lila Heimtrikots, haben schon ihre Schützer und Schlittschuhe an und halten ihre Stöcke und Helme in der Hand. Dieses Spiel gegen die UConn zählt zwar nicht für die Tabelle, aber es bedeutet, dass es jetzt ernst wird. Nach wochenlanger Vorbereitung auf die Saison ist das Spiel gegen die Mannschaft der University of Connecticut unsere erste Chance, dem Coach zu zeigen, wie gut wir die neue Taktik verinnerlicht haben. Und für mich eine Chance, mich als Kapitänsanwärter zu beweisen.
In diesem Moment allerdings … Der Coach wirft mir einen strengen, messerscharfen Blick aus seinen blassblauen Augen zu. Sie erinnern mich an die meines Vaters, wenn sein Blick nichts Gutes verheißt. »Dann mal los«, sagt er. »Zeigt ihnen, was ihr draufhabt, Gentlemen.«
»Wo hast du denn gesteckt?«, fragt mich Evan, mein Verteidigungspartner. Kurz schüttelt er seine Braids, bevor er seinen Helm aufsetzt. »Und warum stinkst du wie eine ganze Bruderschaft?«
»Musste nach dem Unterricht noch was besprechen.« Das ist nicht mal gelogen – eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass ich mehr Zeit für die Sprechstunde bei Professor Morgenstern hätte. Ich musste sie um eine Verlängerung für meinen Macbeth-Essay in ihrem Shakespeare-Seminar bitten, aber wenn sie erst einmal loslegt, ist es schwer, die Unterhaltung zu beenden. Obwohl das Semester seit einem Monat läuft, habe ich noch immer nichts auf die Reihe gekriegt – vor allem nicht für die drei Seminare, die ich belege: Shakespeare, feministische Schauerliteratur und fucking Milton. Seit Wochen komme ich mit dem Lesen nicht hinterher.
Ich ziehe mir mein Sweatshirt über den Kopf und stopfe es zusammen mit meiner Yankees-Glückskappe in meinen Spind.
»Bis gleich auf dem Eis.«
»Callahan«, höre ich Coach Ryder rufen. »Auf ein Wort.«
Mir wird flau im Magen, obwohl ich genau dieses Szenario bereits erwartet habe. Ich ziehe mich weiter um, schlüpfe so schnell wie möglich, aber immerhin richtig, in meine Schützer, schaue aber auf, als ich seine Schritte höre.
In meinem Leben hatte ich schon viele Trainer, aber niemand schreit so sehr »Eishockey-Coach« wie Lawrence Ryder. Er trägt ausnahmslos Hemden – nicht nur bei offiziellen Spielen, sondern auch beim Training. Obwohl er seit seinem letzten Studienjahr in Harvard nicht mehr selbst gespielt hat – damals führte er sein Team zu einem glorreichen Sieg im NCAA-Finale der Frozen Four –, hat er die krumme Nase und knallharte Einstellung, die beweisen, wie viel Zeit er auf dem Eis verbracht hat. Dank ihm hab ich mich in den ersten beiden Saisons unheimlich verbessert und wir haben gemeinsam über meine Zukunft gesprochen – die einzige Zukunft, die ich für mich persönlich akzeptiere. Alles in einer Art und Weise, wie ich es mit meinem Vater niemals könnte.
Ich weiß, dass Dad es nie zugeben würde (wahrscheinlich, weil Mom es nicht zulässt), aber ich bin überzeugt, dass er immer noch enttäuscht ist, weil ich Football nicht so sehr liebe wie er oder mein Bruder James. Stattdessen habe ich Stollen- gegen Schlittschuhe getauscht und es nie bereut.
»Warum warst du zu spät?«, fragt der Coach.
Ich knie mich hin, um mir die Schlittschuhe zuzuschnüren. »Hab die Zeit aus den Augen verloren, Sir.«
»Riechst du deshalb nach billigem Bier?«
»Eine Studentin hat ihr Bier verschüttet und mich dabei getroffen. Draußen vor der Halle.« Ich sehe ihn an, während ich mich wieder aufrichte und auf meinen Kufen balanciere. »Wird nicht wieder vorkommen.«
»Warum hast du die Zeit aus den Augen verloren?« Seine eigentliche Frage bleibt unausgesprochen im Raum stehen. Nicht, dass ich jemals mit dem Coach über mein Privatleben gesprochen hätte, aber es ist kein Geheimnis, dass ich meine Freizeit normalerweise damit verbringe, in den Wohnheimen des Campus ein Mädchen nach dem anderen zu vernaschen.
»Ich war bei einer Professorin in der Sprechstunde.«
Er nickt. »Gut. Aber ich will nicht, dass du noch mal zu spät kommst, Callahan. Schon gar nicht zu einem richtigen Match. Vorbereitung …«
»… ist das halbe Spiel«, beende ich den Satz, den ich schon so viele Male von ihm gehört habe. Er erwartet von uns allen, dass wir unser Bestes geben, ganz besonders von Spielern wie mir – die eine realistische Zukunft im Eishockey haben.
Coach Ryder ist ein College-Coach, und wir sind bloß Studenten, keine bezahlten Profis. So wichtig der Sport auch für das Gesamtprofil der Universität sein mag, sind wir vor allem hier, um zu studieren. Die akademischen Leistungen sollten an erster Stelle stehen. Aber der Coach weiß seit meinem ersten Studienjahr, dass ich, wenn es nach mir gegangen wäre, nach meinem achtzehnten Geburtstag sofort am Auswahlverfahren der National Hockey League teilgenommen hätte. Den Uni-Abschluss mache ich hauptsächlich für meine Eltern. Dad hat uns immer dazu gedrängt, unsere Sportlerkarriere auch mit dem Rest unseres Lebens zu vereinbaren. Ursprünglich wollte ich in einer der Juniorenligen spielen, am NHL-Draft teilnehmen und nebenbei ein Fernstudium absolvieren, aber das war ihm und Mom nicht genug. Der einzige Trost? Ich wurde an der McKee bisher hervorragend auf die NHL vorbereitet, sodass ich hoffentlich nach meinem Abschluss direkt in die Profi-Liga einsteigen kann, statt bei einer Mannschaft irgendwo im Nirgendwo anfangen zu müssen.
Nur noch zwei Jahre. Noch zwei Saisons. Seit ich im vorletzten Studienjahr bin, ist der Druck sogar noch größer geworden. Die Spieler des letzten Abschlussjahrgangs sind nicht mehr da, und das hat unsere Mannschaft in eine prekäre Lage gebracht. Wenn es also etwas gibt, das meine Pläne für die Zeit nach dem Studium voranbringen würde, dann wären es zwei volle Spielzeiten als Team-Captain, in denen ich beweisen könnte, dass ich nicht nur gut spielen, sondern auch anführen kann. Ich weiß nicht, ob Coach Ryder mich schon in Betracht zieht, aber ich hoffe es.
»Genau. Vorbereitung ist das halbe Spiel«, wiederholt er und mustert mich mit ernstem Blick. »Und ich dachte, wir hätten deine Probleme letzte Saison bereits geklärt.«
Ich recke das Kinn, trotz des Schmerzes, der sich in meinem Bauch festkrallt und an meinem Inneren zerrt wie ein Fisch an der Angel. In der letzten Saison sind wir aus vielen Gründen haarscharf an der Regionalmeisterschaft gescheitert. Eventuell hat die Strafe wegen einer Schlägerei sowie meine darauf folgende Sperre für das letzte Spiel dabei eine nicht allzu kleine Rolle ausgemacht. Ich hätte in diesem Match auf dem Eis sein sollen. »Haben wir.«
»Na schön«, sagt er und klopft mir auf die Schulter. »Und jetzt los, schnell aufwärmen. Zeig mir, was du draufhast.«
Nach den schnellsten Dehnübungen meines Lebens stakse ich schließlich zur Eisfläche. Obwohl es nur ein Testspiel ist, sind viele Studis und sogar ein paar UConn-Fans anwesend. Das Football-Programm ist zwar das Aushängeschild der McKee, aber auch die Eishockey-Spiele sind immer gut besucht.
Coach Ryder beendet sein Gespräch mit dem Cheftrainer der UConn, als der Schiedsrichter das erste Anspiel signalisiert. Bis zum ersten Wechsel der Formation sind Evan und ich Verteidiger und stehen bereits auf dem Eis in Position, um unseren Torwart Remmy sowie unsere Zone zu schützen. Ich finde mich schnell ins Spiel ein und genieße das Tempo, obwohl es im Prinzip um nichts geht. Wenn die Saison diesen Freitag offiziell beginnt, wird es endlich wieder ernst. Seit dem Frühjahr habe ich mich über das Fiasko der letzten Saison geärgert, doch jetzt bin ich endlich kurz davor, das Vergangene hinter mir zu lassen.
Der Puck saust über das Eis, gefolgt von einem der UConn-Spieler. Ich stelle ihn am Rand der Verteidigungszone und versuche, ihm den Puck abzuluchsen, aber offenbar habe ich seinen Pass falsch gedeutet. Denn der Puck landet auf unserer Seite des Spielfelds und wird von einem anderen UConn-Spieler gekonnt ins Tor befördert. Er knallt ihn direkt zwischen Remmys Beine hindurch ins Netz.
Scheiße. Solche blöden Fehler passieren mir normalerweise nicht.
Nach abgelaufener Eiszeit verlasse ich das Spielfeld, trinke einen Schluck Wasser und schaue den eingewechselten Spielern von der Bank aus zu. Trotz des Trainings, das ich abseits der Saison absolviert habe, um in Form zu bleiben, bin ich von dem fast zweiminütigen Sprint aus der Puste. Ich reibe mir über die Brust. Hinter meinem Brustschützer pulsiert ein merkwürdiger Druck, der mir das Schlucken erschwert. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich spät dran war und keine lange Konzentrationsphase vor dem Spiel hatte oder dass wir ein Tor kassiert haben. Nein, das Ganze geht tiefer. Es fühlt sich an, als würde ein Vulkan in meiner Brust brodeln, der vor lauter Druck bald auszubrechen droht.
Dem Druck, gute Leistungen zu bringen, damit die NHL mich nach meinem Abschluss haben will.
Dem Druck, es in dieser Saison ins Finale zu schaffen, anstatt das ganze Unterfangen zu sabotieren.
Dem Druck, mich um meine kleine Schwester Izzy kümmern zu müssen, die dieses Jahr ihr Studium an der McKee beginnt – ganz so, wie es meine Eltern von mir erwarten, nachdem James seinen Abschluss geschafft hat und jetzt Karriere in der NFL macht.
Normalerweise ist das Eis der einzige Ort, an dem ich sein möchte. Hier bin ich konzentriert. Ruhig. Aber während des Trainings der letzten Wochen und auch jetzt sowie im letzten Frühjahr, als ich bei einem Spiel Nikolai Abney-Volkov aufs Maul gehauen habe und wir beide aus dem Spiel genommen wurden, habe ich diese Konzentration verloren. Zusammen mit scheinbar allem anderen.
Wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, gibt es noch einen anderen Grund. Etwas, das ich bislang nicht benennen wollte, weil es bescheuert klingt, selbst in meinem Kopf.
Es ist eine Sache, Spaß an Sex zu haben, aber eine andere, nervös zu werden, wenn man eine ganze Zeit lang keinen hatte.
Und ich hatte seit Monaten keinen Sex mehr. Seit Monaten.
Das letzte Mal war im Frühling, nachdem ich mich während des Wintersemesters unter meiner Pflichtlektüre begraben und daneben für nichts anderes als Eishockey Zeit hatte. Jetzt ist es fast Oktober und ich kassiere eine Abfuhr nach der anderen. Normalerweise führt mein Status als Star-Eishockey-Spieler der McKee dazu, dass ich mir meine Puck-Bunnys aussuchen kann, aber neuerdings sieht mich keine einzige mehr mit dem Arsch an. Ich weiß nicht, was mit mir los ist, warum es sich anfühlt, als hätte ich Läuse oder irgendeinen ansteckenden Kindergartenscheiß. Ich sehe genauso aus wie immer, verhalte mich genauso, spreche genauso – aber der berühmte Callahan-Charme, der mir früher jeden Abend mehrere Handynummern eingebracht hat, lässt mich derzeit fett im Stich.
Sex wäre sicher nicht die Lösung all meiner Probleme, aber es wäre schön, wenn ich mal wieder weibliche Schenkel statt meiner eigenen Hand spüren könnte, so erbärmlich das auch klingen mag.
Da es sich heute um ein Trainingsspiel handelt, gibt es lediglich ein paar Zehn-Minuten-Phasen. Die Zeit vergeht also wie im Flug, und schon bald steht es in den letzten Minuten 1:1.
»Callahan«, ruft der Coach. »Du und Bell wieder rein.«
Evan und ich springen über die Bande und sind direkt mitten im Getümmel. Keine dreißig Sekunden vergehen, bis einer unserer Neulinge, Lars Halvorsen, mit einem Prachtschuss den Puck im Tor der UConn-Mannschaft versenkt. Wir schlittern zu ihm hinüber, um zu gratulieren. Der Junge hat Talent, und ich bin sicher, dass er bald sein erstes Tor in einem offiziellen Spiel schießen wird. Dank ihm steht es jedenfalls nicht mehr unentschieden und wir müssen nicht in die Verlängerung. Noch eine Minute, dann können wir duschen und nach Hause gehen.
Zwar gewinnen wir das Anspiel, werden aber recht schnell unter Druck gesetzt und in unsere eigene Zone zurückgedrängt. Ein UConn-Spieler stößt Evan in die Bande hinter dem Tor. Ich flitze zu ihm und schlage den Puck weg, um eine Verfolgungsjagd zu erzwingen, bis die Zeit abgelaufen ist.
»Deine Mutter war ’n heißer Fick«, sagt der UConn-Spieler kackfreundlich und presst Evan mit der Schulter an die Bande. »Wann hat sie dich bekommen? Mit fünfzehn?«
Evan erstarrt. Einen Moment lang denke ich, dass er vielleicht eine Verletzung abbekommen hat, doch dann bemerke ich, dass er mit den Tränen kämpft. Mein ganzer Körper verkrampft sich und mein Herz schlägt so heftig, dass ich das Blut in meinen Ohren rauschen höre.
Evan ist nicht nur mein Teamkollege, sondern einer meiner besten Freunde.
Und seine Mutter ist letzten Sommer an Krebs gestorben.
Mit einem befriedigenden Knirschen trifft meine Faust den Kiefer des UConn-Spielers.
2
Cooper
WIE VON WEIT ENTFERNT höre ich die Pfeife des Schiedsrichters. Spüre, wie jemandes Arme mich wegzerren. Der Typ von der UConn landet einen Treffer, der meinen Helm verrutschen lässt. Dann werden wir auseinandergerissen. Ich taste mit der Zunge über meine Mundwinkel und schmecke sofort etwas Metallisches.
Eishockey-Spieler provozieren sich ständig mit allen möglichen Seitenhieben weit unter der Gürtellinie und der Typ konnte unmöglich wissen, dass er einen so wunden Punkt trifft. Aber ich weiß es und kann es verdammt noch mal nicht zulassen. Selbst wenn das bedeutet, Coach Ryder zu verärgern.
Dessen Augen funkeln vor Wut, als ich an der Bank ankomme. Er fährt sich mit der Hand übers glatt rasierte Kinn, die Knöpfe an seinem Hemd sehen aus, als würden sie jeden Moment aufplatzen. Für eine Millisekunde bin ich davon überzeugt, dass er mich gleich hier zur Schnecke machen wird, doch dann schüttelt er den Kopf. »Ab in mein Büro mit dir.«
Ich nicke. »Ja, Sir.«
Erhobenen Hauptes mache ich mich auf den Weg zur Umkleidekabine. Ich reiße mich sogar zusammen, als ich meine Schlittschuhe aufschnüre und meine Schutzkleidung ausziehe – ein verschwitztes Teil nach dem anderen. Der Rest der Mannschaft trudelt ebenfalls allmählich ein. Alle sprechen in gedämpftem Ton, obwohl wir gewonnen haben. Ein paar der Jungs gehen duschen, aber ich weiß, dass der Coach mich sofort sprechen will und nicht erst, wenn ich mir den Schweiß abgewaschen habe.
Im Spiegel erhasche ich einen Blick auf mich selbst. Ich sehe absolut abgewrackt aus. Meine Haare hängen mir in die Augen und Blut tropft von meiner Lippe in meinen Bart.
Ich hebe meinen Hockeyschläger hoch und zerbreche ihn über meinem Knie in zwei Hälften, dann werfe ich die Stücke auf den Boden. Hinter mir hustet jemand.
Fuck.
Ich bereue es kein Stück, Evan verteidigt zu haben, aber ich könnte mich selbst dafür ohrfeigen, dass dieses »Deine Mutter«-Arschloch mich doch tatsächlich dazu gebracht hat, ihm so richtig eine reinzuhauen.
Aus purer Gewohnheit klopfe ich an die Tür des Coachs, obwohl er noch draußen bei der Mannschaft ist. Also gehe ich einfach rein und lasse mich in den Stuhl vor seinem Schreibtisch fallen.
Als sich die Tür irgendwann öffnet, blicke ich nicht auf. Das enttäuschte Gesicht des Trainers erinnert mich immer an das meines Vaters und das sehe ich oft genug.
Am Ächzen seines Schreibtischstuhls höre ich, dass er sich setzt und zurücklehnt. Er räuspert sich.
»Callahan«, setzt er an.
Daraufhin hebe ich dann doch den Kopf. Das hier ist anders. Dad spricht mich immer mit meinem Vornamen an, aber hier bin ich Callahan. Ich bin der Name, der auf der Rückseite meines lila-weißen McKee-Trikots prangt. Zumindest auf dem Eis. Sonst verbindet man den Namen Callahan immer mit unserer Familie. Dad hat ihn auf dem Football-Feld getragen, so wie jetzt James, aber dort habe ich mich sowieso nie wohlgefühlt.
Mein Adoptivbruder und bester Freund Sebastian trägt ihn auf seinem Baseball-Trikot. Aber auf dem Eis gehört er mir allein.
Der Coach seufzt. »Unpünktlich, schlampig und hitzköpfig. Du hattest mir eigentlich etwas anderes versprochen.«
Ich schlucke schwer. Auch wenn ich diese Standpauke verdient habe, tun seine Worte trotzdem weh. »Ich weiß, Sir.«
»Kannst du mir erklären, was passiert ist?«, fragt er. »Ich mag Bell, aber so aufgebracht, wie er ist, werde ich aus seinem Gestammel nicht schlau.«
Ich beiße mir auf die Unterlippe und komme dabei versehentlich an meine Wunde. Nur mit Mühe unterdrücke ich ein Zucken, als ich den Coach ansehe. »Der Typ hat Scheiße über seine Mutter erzählt.«
Der Coach verzieht den Mund. »Scheiße?«
»Ich weiß, die Vereinbarung lautete ›keine Schlägereien‹, aber –«
»Das war keine Vereinbarung«, unterbricht er mich, »sondern eine Anweisung, die du hättest befolgen sollen. Und das hast du nicht.«
»Ich konnte den Typen nicht damit davonkommen lassen.«
»Dann revanchiere dich gefälligst in einer Art und Weise, die keine Strafen nach sich zieht.« Er kneift sich in den Nasenrücken und schließt kopfschüttelnd für einen Moment die Augen. »Du hast Glück, dass das heute nur ein Trainingsspiel war. Ich habe es so gerade eben geschafft, dich für den Saisonauftakt aufstellen zu dürfen.« Mit mahlendem Kiefer sieht er mich an. Als er eine Augenbraue hebt, starre ich bloß ausdruckslos zurück.
Ich weiß, dass er eine Entschuldigung erwartet, aber die werde ich ihm nicht geben. Nicht dafür, dass ich meinen Teamkollegen verteidigt habe. Ehrlich gesagt habe ich bis zu diesem Moment nicht einmal darüber nachgedacht, ob diese Handgreiflichkeit zu einer Sperre hätte führen können oder nicht.
Ein weiterer Fehler meinerseits. Ein weiterer Ausrutscher in die falsche Richtung, den Abhang hinunter statt den Gipfel hinauf.
»Irgendjemand musste den Kerl zum Schweigen bringen«, sage ich dann.
Der Coach steht auf, dreht sich um und betrachtet ein Bild an der Wand hinter seinem Schreibtisch. Der Fotograf konnte genau den Moment einfangen, in dem die Mannschaft realisierte, dass sie die Frozen Four, die Finalserie der NCAA, gewonnen hatte. Die Aufregung, die Freude, die gottverdammte Erleichterung darüber, dass sie es auf den Gipfel dieses beschwerlichen Berges geschafft hatten, war beinahe greifbar.
Eines Tages möchte ich den Pokal auch jubelnd in die Höhe recken – allerdings in königlichem McKee-Lila statt in Scharlachrot.
Und natürlich, bevor ich in der NHL spiele und den Stanley Cup in den Händen halte.
»Ich möchte, dass du Team-Captain wirst«, sagt der Coach schließlich.
Von allen Dingen, die ich in diesem Moment von ihm erwartet hätte, stand das ganz sicher nicht oben auf der Liste. Bis eben war ich mir nicht einmal sicher, ob das überhaupt noch zur Debatte stand.
»Sir«, stammele ich und glätte mein Trikot, während ich mich etwas gerader aufrichte. »Ich …«
»Aber das geht natürlich nicht, wenn du wegen tätlichen Angriffs aus dem Team fliegst«, fährt er fort. »Oder wenn du wie ein Idiot spielst. Du hast das Potenzial, der Anführer dieser Mannschaft zu sein, Callahan. Ich will, dass du das wirst. In dir steckt dieser Hunger, der nötige Ehrgeiz.« Er deutet auf das Foto. Auch nach zwanzig Jahren ist Coach Ryder noch zu erkennen, der mitten im Pulk der Harvard-Spieler steht, das »C« für Captain strahlend wie ein Leuchtfeuer auf seinem Trikot. »Wenn wir es diese Saison irgendwohin schaffen, dann deinetwegen.«
Ich versuche, die aufkommenden Emotionen zu verbergen. Es ist eine Sache, zu wissen, dass man talentiert ist, und eine andere, es so deutlich zu hören. Team-Captain. Selbstverständlich habe ich versucht, mich zu profilieren, aber ich hätte nie gedacht, dass es dieses Jahr passieren würde. Dass die erfahrenen Spieler, die jetzt ihren Uni-Abschluss haben, nicht mehr im Team sind, hat uns enorm geschwächt, aber es gibt immer noch ein paar talentierte Studenten, die jetzt in ihrem letzten Studienjahr sind.
»Aber ich bin doch erst im dritten Jahr«, wende ich ein. »Warum nicht jemand aus den höheren Semestern? Brandon oder Mickey? Brandon ist immerhin Mittelstürmer.«
Er schüttelt den Kopf. »Wenn irgendwer Captain wird, dann du. Aber du musst es dir verdienen, klar? Keine Schlägereien mehr. Zieh den Kopf ein und konzentriere dich aufs Spiel.«
»Verstanden.«
Ich würde alles für das »C« auf meinem Trikot tun. James war letztes Jahr als Quarterback de facto der Captain des College-Football-Teams und jetzt führt er die Offense bei den Philadelphia Eagles an. Das ist zwar nicht direkt miteinander vergleichbar, wenn man bedenkt, wie unterschiedlich Football und Eishockey sind. Aber zwei Spielzeiten als Captain eines Teams, das es hoffentlich ins NCAA-Finale schafft, werden mir sicher dabei helfen, mich für die NHL zu qualifizieren und einen hübschen Einstiegsvertrag einzusacken.
»Ich habe auch schon eine Idee, von der ich glaube, dass sie dir helfen wird«, sagt er. »Kennst du die Eishalle in der Stadt?«
Ich brauche einen Moment, aber dann fällt es mir ein: das Moorbridge Skating Center. Es liegt in der Innenstadt, in der Nähe der Arcade-Halle.
James und ich waren da letztes Jahr mit seiner Freundin Bex – inzwischen seine Verlobte –, um ihr das Schlittschuhlaufen beizubringen. »Ja.«
»Die Besitzerin Nikki Rodriguez braucht Unterstützung. Sie bieten dort Eislaufunterricht und all so etwas an.«
Sofort schwindet meine Freude. Ich ahne schon, worauf das hinausläuft. Bei Coach Ryder gibt es nichts umsonst.
»Und?«, frage ich unschuldig.
»Und ich finde, du wärst der perfekte Kandidat für etwas ehrenamtliche Unterstützung. Du gehst ab Mittwoch dahin und hilfst beim Unterricht. Es gibt einen Eissportkurs für Kinder, der jede Woche dort stattfindet.«
Ich beiße mir auf die Zunge und unterdrücke den Drang, ihm zu sagen, dass mir eindeutig etwas Besseres zum Stressabbau einfallen würde. »Um … den Kids zu helfen?«
»Du warst auch einmal so jung wie sie und hast deine Begeisterung fürs Schlittschuhlaufen und Eishockey entdeckt. Bring ihnen bei, wie sie diese Leidenschaft entfachen können. Das täte außerdem deinem Geduldsfaden gut.« Er klopft mir auf die Schulter. »Den brauchst du schließlich als Captain.«
»Das kann ich nicht«, stammele ich. »Ich hab doch gar keine …«
»Hör mal, mein Junge.« Er lehnt sich an die Schreibtischkante und verschränkt die Arme vor der Brust. Sein Blick ist wohlwollend, aber immer noch streng. »Eigentlich wollte ich diese Metapher vermeiden, aber du bewegst dich gerade auf sehr dünnem Eis. Entweder du hilfst in der Eishalle und bekommst den Kopf frei oder ich schicke dich auf die Strafbank, sobald du das nächste Mal die Beherrschung verlierst – ganz egal, wie gerechtfertigt es deiner Meinung nach war. Dann bleibt mir nämlich gar nichts anderes mehr übrig.«
3
Penny
ICH KRALLE MICH mit den Zehen in die Laken, während ich meine Schenkel spreize und ein leises Keuchen ausstoße, als ich endlich den richtigen Winkel treffe. Das Teil ist zwar kein echter, warmer Schwanz, aber mindestens genauso dick – zumindest wird meine Fantasie dadurch ordentlich angeheizt. Ich bewege ihn rein und raus, drehe den Kopf aufs Kissen, während mein Verstand die passenden Bilder heraufbeschwört: Starke, tätowierte Arme halten meine Beine, die sich um einen straffen Bauch schlingen. Er dreht mich um, gibt mir einen Klaps auf den Hintern und drückt meine Schenkel auseinander. Ein Biss in den Hals. Seine raue Stimme flüstert mir ins Ohr, wie gut ich bin, dass ich rieche wie …
Nein. Nicht das. Alles, bloß nicht das.
Ich schüttele den Kopf, während die Fantasie verblasst. Wölbe den Rücken, suche nach Stimulation, aber es bringt nichts. Ich öffne die Augen und die schöne Vorstellung verpufft, als plötzlich Bilder der schlechten Art meinen Kopf fluten. Keuchend beiße ich mir auf die Lippe. Eine halbe Stunde lang habe ich jetzt geackert, nur um wieder gegen eine Wand zu stoßen. Mit der Hand fahre ich mir übers Gesicht.
Das ist jetzt schon das dritte Mal in Folge. Ich habe jahrelang hart daran gearbeitet, Preston – und alle zukünftigen Prestons – aus meinem Leben zu verbannen, aber in letzter Zeit hat er offenbar wieder einen Weg in meine Gedanken gefunden. In meinen Zufluchtsort. Es gibt zwei Dinge, zu denen er niemals Zugang hatte: meine Fantasie und die Geschichten, die ich in meine Notizbücher kritzele. Aber heute scheint Ersteres kontaminiert worden zu sein.
Früher konnte ich problemlos alle möglichen Szenarien heraufbeschwören. Manche Frauen mögen es vielleicht nicht, sich selbst zu befriedigen, aber ich genieße es umso mehr, seit ich weiß, wie gut ich mich dabei fühlen kann. Ein paar Minuten, in denen ich an Mat Barzal oder Tyler Seguin denke oder, wenn ich in eher übernatürlicher Stimmung bin, an einen sexy Werwolf oder Ork, und schon geht es los. Aber in letzter Zeit komme ich nicht weiter als bis zu dem Moment, in dem mein Traummann in mich eindringt. Ganz egal, wie ich es mir vorstelle, versinkt mein Orgasmus wie ein Stein in einem tiefen See. Selbst die heißesten Erotikromane helfen nicht. Die Eishockey-Highlights auch nicht. Nicht einmal das erneute Lesen der heißen Stellen meines halb fertigen Romans hat etwas gebracht. Irgendetwas erinnert mich immer wieder an jene Februarnacht. An ihn. Und die aufkommende Panik vergiftet alles.
Ich presse mir die Hand auf die Brust, um mein rasendes Herz zu beruhigen, und schlucke die Dosis Gift hinunter, um es irgendwie zu neutralisieren. Jahrelang habe ich mit Dr. Faber daran gearbeitet, mich vom Abgrund loszureißen, bevor die Angst mich übermannt und ich durchdrehe.
Dreimal hat es nun schon nicht geklappt.
Von jetzt auf gleich ist meine Erregung dahin. Stattdessen flackert in mir Unbehagen auf, das mir den Magen zuschnürt. Ich versuche, meine Schultern zu entspannen, starre auf den blauen Vibrator in meiner Hand und eine Welle des Ekels überrollt mich. »Verfickte Scheiße!«
Ich werfe das Teil quer durchs Zimmer.
Und treffe damit meine Mitbewohnerin, die genau in dem Augenblick reinkommt.
In ein Handtuch gewickelt steht sie in der Tür. Das dunkle Haar fällt ihr wild über eine Schulter und Panik steht ihr ins Gesicht geschrieben. Ist das ein Rasierer in ihrer Hand?
»Was ist denn hier los?«
Wie war das noch gleich? Wenn etwas Schreckliches passiert, fühlt es sich manchmal an wie in Zeitlupe? In diesem Fall trifft das voll zu, als mein Vibrator Mia wie ein verdammter Eishockey-Puck im Gesicht trifft.
Er prallt gegen ihre Wange und landet mit einem feuchten Klatschen auf dem Boden.
Wir starren uns einen Moment lang an, der sich ungefähr eine Million Jahre in die Länge zieht. Ihr Griff um den Rasierer verkrampft sich, während sie sich langsam über die Wange wischt.
Das erinnert mich an etwas wirklich Schreckliches: Meine beste Freundin war zu Schulzeiten eine hervorragende Softball-Pitcherin.
»Penny!«, kreischt sie und gestikuliert mit dem Rasierer. Ich zucke zusammen und ducke mich reflexartig, aber sie behält den Rasierer in der Hand. »Ich dachte, du stirbst oder so! Was zum Teufel sollte das?«
Eilig werfe ich mir die Decke über den Kopf. Diese Demütigung überrollt mich wie eine Lawine und wenn ich Mia auch nur eine halbe Sekunde länger ansehe, muss ich mich vermutlich übergeben. Meine Wangen leuchten garantiert noch röter als meine Haare. »Es tut mir so leid!«
»Verdammt noch mal, du hast Igor nach mir geworfen? Ich bring dich um!«
Ihre Worte ersticken meine angehende Panikattacke sogleich im Keim. Ich rolle mich unter der Decke zusammen und schwanke zwischen erneutem Frustschrei und hysterischem Gelächter. Wenn ich jetzt lache, könnte Mia mich tatsächlich mit ihrer Rasierklinge aufschlitzen. Sie gibt all meinen Sexspielzeugen Namen und bis gerade hatte ich den Namen des großen blauen Plastikschwanzes vollkommen verdrängt: Igor.
Sie reißt mir die Decke vom Kopf, doch ich schnappe sie mir sofort wieder und bedecke damit meine Brüste. Warum musste ich mich auch komplett ausziehen? Ihr mordlustiger Gesichtsausdruck sollte mich eigentlich beunruhigen, stattdessen öffnet er alle Schleusen. Das Lachen platzt nur so aus mir heraus und treibt mir glatt ein paar Tränen in die Augen. Mia zieht mich an den Haaren, doch ich lache bloß schnaubend weiter.
»Igor«, ich pruste, »hatte einen echten Höhenflug!«
»Und ich bin jetzt für immer traumatisiert.«
Ich schiele über meine Bettdecke zu Mia hinauf, die sich noch einmal das Gesicht abwischt. Das kann ich ihr nicht verdenken. Ich hatte vielleicht keinen Orgasmus, aber gespürt habe ich trotzdem so einiges. Schon öfter habe ich ihr beim Kotzen die Haare hochgehalten, aber das bedeutet nicht, dass sie meine Ergüsse überall in ihrem Gesicht haben will.
»Du solltest lieber noch mal duschen.«
»Du hast Glück, dass ich dich nicht auf der Stelle umgebracht habe.« Sie schmunzelt und ihre Gesichtszüge entspannen sich sichtlich. »Immer noch kein Erfolgserlebnis?«
»Nein. Und jetzt kann ich nicht mehr aufhören, an ihn zu denken. Igitt.« Ich presse mir die Hände auf die Augen und spüre, wie meine Freude verblasst. »Elende Scheiße. Ich habe das alles so satt.«
Mittlerweile sitzt Mia auf meiner Bettkante und schaut mich aus ihren braunen Augen mitfühlend an. Dann streicht sie liebevoll mit einer Hand über mein Schienbein. »Er ist nur noch eine Erinnerung, mehr nicht.«
Ich atme tief ein und nicke. Sie hat ja recht. Seit Jahren habe ich Preston nicht mehr gesehen und wenn das bedeutet, dass ich nie wieder einen Fuß nach Arizona setzen kann, dann sei es so. Aber hierbei geht es nicht einmal um ihn. Es geht um mich. Ich mag die meiste Zeit gut mit meinen Fantasien und Geschichten über die Runden kommen, aber manchmal braucht eine Frau eben mehr als das.
Mittlerweile könnte ich schreien, wenn ich mal wieder nicht zum Orgasmus komme. Scheiß auf Preston Biller. Scheiß auf die Liebe, von der ich dachte, wir würden sie beide empfinden. Ich ziehe meine Beine noch enger an meinen Oberkörper. »Ich hasse es, kaputt zu sein. Ich kann das alles nicht mehr.«
»Sag doch so was nicht.« Mia nimmt meine Hand. Unsere Nägel glänzen im Partnerlook. Gestern waren wir in dem schicken Nagelstudio in der Moorbridge Mall. Ihre Nägel leuchten grün mit schwarzen Spitzen und kleinen Geisterstickern, während meine weiß lackiert wurden mit orangen Spitzen und Kürbisstickern – perfekt für den Oktober, der kurz vor der Tür steht. Ermutigend drückt Mia meine Hand. »Vielleicht musst du das Ganze ja bloß etwas aufpeppen.«
»Ich habe die Liste meiner sexy Fantasiewesen doch schon um Orks erweitert«, gebe ich hilflos zu.
Sie rollt die Augen. »Du weißt, was ich meine. Vielleicht ist es endlich an der Zeit.«
In meinem Magen tut sich ein riesiges Loch auf, in das mein Herz sogleich hineinzufallen droht. »Ich weiß nicht.«
»Du bist an einer großen Universität. Bestimmt gibt es hier auf dem Campus jemanden, den du gerne mal abschleppen würdest.«
Damit hat sie nicht unrecht. Theoretisch laufen hier eine Menge Kandidaten für so ein Date herum. An der McKee University studieren immerhin Tausende und es ist nicht so, als hätten diverse Typen noch nicht versucht, mich ins Bett zu kriegen. Für gewöhnlich laufen solche Flirts eher derbe ab. Wegen meiner roten Haare werde ich gefragt, ob mein Teppich zu den Vorhängen passt und all so etwas. College-Jungs brauchen bekanntlich nicht viel Ermutigung. Ein Zwinkern und sie sind den ganzen Abend hinter einem her.
»Du weißt, dass es nicht daran liegt.«
»Ja, ich weiß«, sagt sie sanft. »Aber so kannst du doch nicht weitermachen.« Sie wühlt kurz in meinem Nachttisch, kramt mein Tagebuch hervor und wedelt damit vor meiner Nase herum.
»Hey«, sage ich und nehme es ihr weg. Ich drücke den hellrosa Einband an meine Brust. »Sei nett zu ihm, hörst du?«
Als ich zum ersten Mal bei Dr. Faber war, riet sie mir, ein Tagebuch zu führen, und obwohl ich jetzt schon drei Jahre lang Tagebuch schreibe, fange ich immer mit derselben Liste an. Mit einer Liste von all den Dingen, die ich gerne mit jemandem im Bett anstellen würde. Alles, was ich mir sehnlichst wünsche, aber noch nicht bekommen habe. Preston hat sich den größten Punkt auf meiner Liste vorgenommen und das Ganze ruiniert, also wollte ich alles in meiner Macht Stehende tun, die Kontrolle zurückgewinnen. Mittlerweile habe ich die Liste verfeinert, ein paar Dinge gestrichen und andere hinzugefügt. Zu meinem Studienbeginn letztes Jahr habe ich beschlossen, sie endlich in die Tat umzusetzen. Ich wollte mir einen oder vielleicht auch mehrere Typen als Fuckbuddy suchen, um die Liste Punkt für Punkt abzuarbeiten. Aber jedes Mal, wenn ich fast am Ziel war, konnte ich es einfach nicht durchziehen. Stattdessen habe ich mich in meine Bücher und Fantasien zurückgezogen, ganz egal, wie heiß der Typ auch war oder wie nett er sich verhielt. Wie um alles in der Welt könnte ich denn irgendeinem dahergelaufenen Fremden vertrauen? Was, wenn er sich erst nett gibt, nur um dann sein wahres Gesicht zu zeigen, sobald wir allein miteinander wären und er die Kontrolle über mich hätte?
Inzwischen bin ich im dritten Semester und habe immer noch nichts auf der Liste abgehakt. Gedankenverloren fahre ich mit dem Finger über die Seite, auf der Dinge wie Oralsex, Bondage oder Tease and Denial stehen.
Der letzte Punkt auf der Liste – Vaginalsex – ist jedoch immer gleich geblieben. Falls ich diese Liste je durchziehe, wird das meine allergrößte Hürde. Der größte Vertrauensbeweis.
Ich suche Mias Blick. »Was, wenn alles wieder schiefgeht?«
Sie zieht eine Augenbraue hoch. »Wenn du noch länger wartest, erfindest du bloß noch mehr Ausreden.«
»Du hast recht. Du hast recht. Ich weiß, dass du recht hast.«
»Dir scheint es ja doch ganz gut zu gehen, wenn du schon wieder aus Harry & Sally zitierst.«
Wir grinsen uns an. Mia wäre fast alles lieber, als eine Liebeskomödie zu schauen, aber von Zeit zu Zeit lässt sie sich von mir dazu breitschlagen. Selbst sie kann Nora Ephrons Talent als Regisseurin nicht leugnen.
»Und falls du das alles gar nicht wirklich willst, dann würde ich mich an deiner Stelle nicht so daran aufhängen.«
Sie steht auf, strafft ihr Handtuch und nimmt ihren Rasierer wieder in die Hand. »Aber ich weiß, dass du das willst, Pen. Du verdienst es, Sex zu haben. Oder eine Beziehung. Oder beides. Aber das wird nicht passieren, wenn du dich weiter mit Igor in deinem Zimmer verkriechst. Die Liste ruft.«
»Ich sollte meine Hoffnung auf einen Bella-Swan-Moment wohl aufgeben, hm?«, entgegne ich halb im Scherz.
Mias Gesicht bleibt ernst. Seit die Uni uns letztes Jahr als Mitbewohnerinnen auserkoren hat, sind wir beste Freundinnen. Dad war nervös wegen des Wohnheims, aber ich hatte ein gutes Gefühl, und das hat sich voll ausgezahlt. Mia ist mir eine bessere Freundin als alle Leute, die ich in der Highschool kannte, selbst vor der ganzen Sache mit Preston. Manchmal irritiert mich ihre Ehrlichkeit, aber für gewöhnlich bewundere ich sie dafür. Sie sagt, was sie denkt, ganz egal, mit wem sie spricht oder wo sie ist. Wenn sie an meiner Stelle wäre, würde sie sich auf irgendeiner Party einen Typen schnappen und innerhalb einer Stunde Punkt eins auf der Liste abhaken.
»Du hast es dir verdient«, wiederholt sie. »Lass dir nicht weiterhin dein Leben von ihm ruinieren. Das ist er nicht wert.«
Tief atme ich ein.
Ich kann für immer auf der Stelle treten oder versuchen, diesen elenden Teufelskreis zu durchbrechen. Ich kann mein Leben lang über die Sache mit Preston sinnieren oder die Erinnerungen an ihn mit neuen Erfahrungen begraben. Erneut werfe ich einen Blick auf die Liste. Der erste Punkt, Oralsex (für mich), springt mir in meiner fein säuberlichen Handschrift geradezu entgegen.
Dieser erste Punkt auf der Liste soll mir ein Gefühl der Kontrolle vermitteln. Denn was nutzt mir die Kontrolle, wenn ich nie etwas damit anfange? Was nutzt mir anderer Leute Verlangen, wenn ich mein eigenes nicht würdige?
Ein Punkt nach dem anderen. Eine Erfahrung nach der anderen. Ich kann das.
Also nicke ich Mia zu und schlage mir erneut die Hände vor die Augen, um die Tränen aufzuhalten, die zu fließen drohen. »Okay.«
Sie zieht mich in eine jähe Umarmung. »Okay?«
»Okay.« Ich schlucke ein paar Mal. Mein Herz rast und mein Körper kribbelt, aber ich fühle mich gut. Schon viel ruhiger. Ich will nie wieder dieses Mädchen sein, das auf dem Eis liegt, gefangen wie ein Schmetterling im Glas. Schön anzusehen und doch gebrochen. Kritisch unter die Lupe genommen von allen, die ich je kannte. Meine gesamte Schule und die halbe Stadt haben das Muttermal an meinem Bauchnabel gesehen. Immer wenn ich länger als eine halbe Sekunde darüber nachdenke, muss ich mich sehr anstrengen, mir mein Hier und Jetzt bewusst zu machen, um nicht wieder abzudriften.
Ich bin es leid, diese Geschichte so enden zu lassen. Ich bin keine sechzehn mehr. Ich bin erwachsen und verdiene es, die Kontrolle über mein eigenes Leben zu haben. Die Fantasien, die ich habe, und die Geschichten, die ich schreibe, haben nun mal ihre Grenzen. Mia hat recht. Wenn meine Zukunft so werden soll, wie ich sie mir wünsche, muss ich das Risiko wohl eingehen.
Schließlich löse ich mich aus ihrer Umarmung und setze mich aufrecht hin. »Ich will keine Angst mehr haben.«
Mia schenkt mir ihr strahlendstes Lächeln, während sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr klemmt. »Du bist knallhart. Betrachte die Liste einfach als Recherche für dein Buch.«
Als sie die Tür hinter sich schließt, springe ich aus dem Bett und hebe Igor auf. Ich fühle mich nicht gerade knallhart, aber definitiv besser als noch vorhin, und das muss vorerst reichen. Ich mache Igor sauber und da meine Lust den absoluten Tiefpunkt für heute erreicht hat, schlüpfe ich kurz darauf in meine Klamotten, kämme mir die Haare und packe meinen Laptop und mein Chemiebuch in meine Tasche.
Kurz sehe ich auf meinem Handy nach, wie spät es ist. Ich hatte geplant, früh im Purple Kettle zu sein, um vielleicht ein paar Zeilen zu schreiben, bevor ich mich mit Dad zu unserem wöchentlichen Kaffee treffe. Seit Semesterstart schlummert mein halb fertiger Roman auf meinem Laptop wie eine vernachlässigte Zimmerpflanze. Heute kann ich allerdings von Glück reden, wenn ich es rechtzeitig zu unserer Verabredung schaffe. Dad beim Schimpfen über seine Lieblings-Eishockey-Mannschaft zuzuhören, ist immerhin eine willkommene Ablenkung. Außerdem bin ich der Grund, warum er hier und nicht an der Arizona State arbeitet, und da ich Eishockey auf den Tod nicht ausstehen kann, ist das die beste Alternative für uns beide.
4
Penny
ICH NEHME MEINE Getränke vom Tresen und bedanke mich bei Will, der mir zuwinkt, bevor der Barista den nächsten Kunden bedient. Ich kenne nicht alle von Mias Kollegen mit Namen, aber er ist einer der wenigen, über die sie ohne jedwede Abneigung spricht. Normalerweise stört sie so eine jungenhafte Ausstrahlung – sie bevorzugt Typen, deren Hände nicht zittern, wenn sie ihr das Shirt ausziehen –, aber ich glaube, Will erinnert sie auf gewisse Art an ihren Bruder und ihre vielen Cousins.
Ich trinke einen großen Schluck meines Kürbis-Chai, als ich nach draußen in die kühle Luft trete. Als ehemalige Eiskunstläuferin, die noch dazu einen Eishockey-Coach zum Vater hat, bin ich zwar auf dem Eis aufgewachsen, aber ich ziehe warme Temperaturen definitiv vor. Beim Schlittschuhlaufen kommt wenigstens mein Blut in Wallung. Aber wie ich hier so stehe und auf die Ahornbäume schaue, deren Blätter sich allmählich verfärben, spüre ich die Kälte durch meine Jacke bis auf die Knochen.
»Penelope.«
Mit einem Lächeln drehe ich mich um, als mein Dad auf mich zukommt. Er zieht mich in eine Umarmung, wobei er darauf achtet, die Getränke nicht zu verschütten, und nimmt mir anschließend seinen schwarzen Kaffee ab.
»Danke dir, Motte.«
Jedes Mal, wenn ich den Kosenamen höre, den mir mein Vater gab, als ich gerade einmal vier Jahre alt war, wird mein Lächeln noch breiter. Manche Leute würden vermutlich nicht an derselben Uni studieren wollen, an der ihr Vater arbeitet, aber ich bin dankbar dafür, dass ich ihn besuchen kann, wann immer ich will. Seit Moms Tod haben wir nur noch uns beide, also versuche ich, seine Anwesenheit nicht als selbstverständlich abzutun. Dass wir uns überhaupt wöchentlich zum Kaffee treffen, ist sowieso ein Wunder, wenn man bedenkt, was ich damals mit sechzehn angerichtet habe und wie distanziert wir vor dieser ganzen Sache waren. Unsere Beziehung ist zwar längst nicht mehr so wie ganz früher einmal, selbst Jahre nach Moms Tod und allem, was mit Preston passiert ist. Aber er bemüht sich, also bemühe ich mich ebenfalls.
Ich wünschte nur, das alles würde an der Arizona State passieren und nicht hier an der McKee.
»Wie geht es dir?«, fragt er, als wir die Campuswiese entlangspazieren. Ihm hat die Kälte noch nie etwas ausgemacht. Er trägt eine leichte Jacke mit dem Logo der McKee, obwohl seine schiefe Nase, die er sich in seiner Zeit als Eishockey-Spieler einmal gebrochen hat, knallrot leuchtet. »Hast du in Mikrobiologie gut abgeschnitten?«
»Äh, ja, der MiBi-Test war ganz okay.« Nachdenklich fummle ich am Deckel meines Bechers herum. Ich würde ihm zu gerne sagen, dass es mir eigentlich scheißegal ist, Physiotherapeutin zu werden, wie er es will. Aber das mache ich nicht, weil das bloß wieder zu einer Diskussion führen würde, zu der ich gerade nicht bereit bin. Mit Wünschen kommt man bei meinem Vater nicht weit, sondern nur mit Plänen und konkreten Maßnahmen. Ihm zu sagen, dass ich mein Hauptfach wechseln und lieber schlüpfrige Liebesromane schreiben möchte, würde zu nichts führen. »Zumindest glaube ich das. Mia hat mir beim Lernen geholfen.«
»Und wie geht’s Mia?«
Sofort muss ich an die Situation mit Igor denken und verkneife mir ein Lachen. Irgendwie muss ich das bei ihr wiedergutmachen. »Es geht ihr gut.«
»Sehr schön.« Er trinkt einen Schluck von seinem Kaffee. »Übrigens, Motte. Einer meiner Jungs wird dir bald in der Eishalle helfen.«
An ein paar Nachmittagen unter der Woche arbeite ich in der Eishalle der Stadt und helfe beim Eislaufunterricht. Da ich nicht mehr selbst an Wettkämpfen teilnehmen kann, ist das meine einzige Möglichkeit, mich dem Eis nahe zu fühlen. Ich habe mich bewusst gegen das Stadion der McKee entschieden – lieber würde ich meine Lieblingsschlittschuhe verschenken, als Dads Spielern über den Weg zu laufen. Ich verziehe das Gesicht, während ich an meinem Chai nippe. Die Jungs halten sich von mir fern, weil sie wissen, dass ich die Tochter des Coachs bin, aber ich habe genug über sie gehört, um mir jeden einzelnen von ihnen genau vorstellen zu können. Wie die meisten männlichen Athleten der Uni denken sie, dass sich angesichts ihrer sportlichen Leistungen jedes Mädchen automatisch glücklich schätzen sollte, auch nur eine halbe Sekunde ihrer Aufmerksamkeit zu bekommen. Hoffentlich ist es nicht Callahan. Ich bin überrascht, dass das Eis nicht jedes Mal unter dem Gewicht seines übergroßen Egos zusammenbricht.
»Einer deiner Spieler? Wer?«
Er kratzt sich am Rücken und schüttelt leicht seufzend den Kopf. »Callahan.«
Verflucht.
»Cooper Callahan? Ernsthaft?«
Cooper gilt als vielversprechendster Eishockey-Spieler der McKee, und wenn man Mias Quellen glauben darf, ist er beim gestrigen Testspiel gegen die UConn in eine Schlägerei geraten. Aus den Highlights der allgegenwärtigen Sportberichte unserer Uni weiß ich, dass er mit seinen Schlittschuhen praktisch über das Eis fliegt, sich vor den Puck wirft, um das Tor zu verteidigen, und in jedes einzelne Spiel voll reinhängt. Er ist fast bereit für die NHL. Aber laut meinem Dad hat er nicht am NHL-Draft teilgenommen, obwohl er die Zulassung dafür hatte, was bedeutet, dass er bis zum Ende seiner College-Laufbahn für die McKee spielt.
Es bedeutet außerdem, dass er keine Prügeleien anzetteln sollte. Auf dem College werden solche Dinge anders gehandhabt als in der NHL, und er sollte es wirklich besser wissen. Beinahe lachhaft, dass so ein ruppiger Kerl dabei helfen soll, kleinen Kindern das Schlittschuhlaufen beizubringen.
»Er muss lernen, seine Frustration zu zügeln«, erklärt Dad. »Ich weiß nicht, was mit ihm los ist, aber er lässt sich dauernd ablenken. Ich dachte, die letzte Saison gehört der Vergangenheit an, aber jetzt … Vielleicht kann er sich wieder konzentrieren, wenn er etwas Zeit mit den Kindern verbringt und sich daran erinnert, warum er sich vor all den Jahren in diesen Sport verliebt hat.«
»Du kennst ihn doch, Dad. Er ist nichts weiter als ein arroganter Spieler.«
Mein Vater hebt nur eine Augenbraue. »Er soll dir bloß aushelfen, Pen. Morgen ist er zum ersten Mal in der Eishalle, also heiße ihn bitte willkommen.«
Wenn Dad etwas beschließt, ist es fast unmöglich, ihn umzustimmen, also seufze ich bloß. »Na schön. Aber wenn das nicht klappt, ist es nicht meine Schuld.«
»Nein«, stimmt er mir zu. »Es wäre seine. Er weiß, dass er die Sache durchziehen und sich zusammenreißen muss, wenn er nicht den Rest der Saison auf der Bank sitzen will.«
Mir sinkt das Herz in die Hose. Zumindest ein klitzekleines bisschen. Man kann über Eishockey-Spieler sagen, was man will – und da hätte ich eine Menge zu sagen –, aber ihr ganzes Leben dreht sich um nichts anderes als den Sport. Wenn man den Erzählungen glauben darf, tobt Cooper sich abseits des Eises gerne mal aus, aber auf der Bank sitzen zu müssen, wäre sicher ein schwerer Schlag.
Als ich zum letzten Mal kompetitiv im Eiskunstlaufen angetreten bin, hat es mir das Herz gebrochen, und auch Jahre später ist diese Schmach noch nicht ganz verheilt.
»Das ist hart.«
Dad reibt sich die Nase. »Er muss sich auf seine Zukunft konzentrieren. Genau wie du, Motte. Also, sag mir, wie der Mikrobiologie-Test wirklich gelaufen ist.«
5
Cooper
AM NÄCHSTEN MORGEN quäle ich mich noch vor Sonnenaufgang aus dem Bett und mache mich fürs Training fertig. Seit James’ Auszug wohnt Izzy bei uns und weil wir durchaus nette große Brüder sein können, wenn wir es denn wollen, haben Sebastian und ich ihr das Zimmer mit eigenem Bad überlassen. Das bedeutet allerdings auch, dass ich mir immer noch ein Badezimmer mit Seb teilen muss. Gnädigerweise ignoriert er es, wenn ich mal wieder Handtücher auf dem Boden liegen lasse, sodass ich im Gegenzug versuche, mich nicht zu sehr über seine exorbitanten Duschzeiten zu beschweren. Aber wir sind daran gewöhnt. Auch wenn wir keine echten Zwillinge sind, tun unsere Eltern so, als wären wir es. Wir sind quasi unzertrennlich, seit Sebs Eltern – sein Vater war der beste Freund meines Vaters – bei einem Autounfall ums Leben kamen. Deshalb wurde Seb Teil unserer Familie, als wir beide elf Jahre alt waren. James und ich haben ihn in der ersten Woche an seiner neuen Schule bei einer Schlägerei verteidigt und der Rest ist Geschichte.
Ich mache mir nicht die Mühe, an der Badezimmertür zu klopfen. Es ist gerade einmal fünf Uhr morgens und Izzy ist mit ihrem Volleyball-Team auf Reisen. Seb geht manchmal mit mir ins Fitnessstudio, aber gerade hat er ein kürzeres Trainingsprogramm, weil für sein Baseball-Team Nebensaison ist, also gehe ich diesmal allein. Ich gähne, während ich versuche, meine Kopfschmerzen loszuwerden. Warum habe ich mich gestern Abend bloß an Izzys Weinvorrat vergriffen? Von Wein bekomme ich immer Kopfweh. Stattdessen hätte ich mit einem Sixpack Bier schmollen sollen.
Als ich die Badezimmertür aufstoße und mir den Schlaf aus den Augen reibe, ertönt ein schriller Schrei.
»Was soll das denn?«, ruft eine Stimme.
Ich knipse das Licht an und blinzle, als das Deckenlicht den kleinen Raum erhellt. Da steht ein Mädchen in meinem Badezimmer. Ein sehr nacktes Mädchen. Sie kreischt noch einmal und schnappt sich das nächste Handtuch vom Haken an der Wand. Schnell schlage ich mir die Hand vor die Augen und weiche zurück.
»Wer bist du?«, will ich wissen.
»Sebastian meinte, es wäre noch niemand wach!«
Ich stoße einen Seufzer aus. »Du hast mit ihm geschlafen?«
»Hab das Handtuch umgelegt«, sagt sie und klingt schon viel gefasster. »Du musst dir nicht mehr die Augen zuhalten.«
Langsam lasse ich meine Hand sinken. Jetzt, da ich sie ansehen kann, ohne mich wie ein Perverser zu fühlen, stelle ich fest, dass sie verdammt heiß ist – trotz des halb abgewaschenen Make-ups im Gesicht. Durch ihr dunkles Haar ziehen sich rosa Strähnen und ihr rechter Arm ist zur Hälfte tätowiert. Ich hätte sie nicht gerade für Sebbys Typ gehalten, aber im Gegensatz zu mir hat er seit dem Sommer eine wahre Glückssträhne. Supernervig. Klar, er war gestern Abend aus, wahrscheinlich im Red’s oder auf irgendeiner Wohnheimparty, während ich zu Hause gehockt und wegen meiner neuen Rolle als Eislauflehrer für Kleinkinder in Selbstmitleid gebadet habe.
»Sorry, hab nicht damit gerechnet, dass jemand wach ist.«
Seb taucht neben mir auf, mit schläfrigem Gesicht und – sehr zu meiner Genugtuung – etwas getrocknetem Sabber am Mund. »Alles in Ordnung?«
Ich schnaube. »Alter, du sollst mir doch Bescheid sagen, wenn du Besuch hast.«
Immerhin hat er den Anstand, zu erröten. »Du hast schon gepennt, als wir nach Hause gekommen sind. Ich hatte dir doch getextet.«
Mist. Mein Handy liegt noch ausgeschaltet auf meinem Nachttisch und lädt, weil ich das gestern Abend vergessen hatte. Nach dem Gespräch mit dem Coach bin ich direkt nach Hause und habe Dark Souls gezockt, bis ich irgendwann eingeschlafen bin.
»Klopf nächstes Mal einfach an oder so.«
»Cooles Tattoo«, sagt das Mädchen und deutet auf besagtes Kunstwerk an meinem Oberarm. »Ist das Andúril?«
»Ein Herr der Ringe-Fan?«
»Meine größte Obsession, als ich jünger war.«
Sebastian stupst mir in den Rücken. »Vanessa ist außerdem ein riesengroßer Led Zeppelin-Fan. Sie moderiert eine Classic-Rock-Sendung im Uni-Radio.«
Ich lehne mich lässig in den Türrahmen und verschränke die Arme, um ihre Aufmerksamkeit auf meine Brustmuskeln zu lenken. Das Tattoo über meinem Herzen hat nichts mit Herr der Ringe zu tun, sondern zeigt einen keltischen Knoten (das Markenzeichen von uns Brüdern), aber wenn sie Tattoos mag, können wir das Gespräch vielleicht fortsetzen. Zwar ist sie nicht mein Typ, aber momentan wäre mir alles recht. »Du hast eindeutig einen guten Geschmack.«
Sie lacht kurz auf und fährt sich mit der Hand durch die Haare. »Ach, na ja. Gut, ich sollte wohl besser gehen.«
»Warum bleibst du nicht zum Frühstück?«, fragt Seb. »Es ist zwar noch früh, aber ich könnte uns Kaffee besorgen, während du dich mit Cooper über Tattoos unterhältst oder so.«
Sie mustert mich, jedoch ohne den geringsten Funken in den Augen. »Sorry, aber ich lasse mich nicht mit Brüdern ein. Mit Sportlern auch nicht. Zumindest für gewöhnlich. Du warst eine spannende Ausnahme, Sebastian.« Sie drängt sich an mir vorbei und gibt Seb einen Kuss auf die Wange. »Man sieht sich, Callahans.«
Dann verschwindet sie in Sebs Zimmer. Dieser zuckt bloß mit den Schultern und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu. »Tut mir leid. Ich hab mein Bestes versucht.«
Ärger macht sich in mir breit. »Ich brauche ganz sicher nicht deine Hilfe, um Frauen aufzureißen.«
»Darum ging’s mir gar nicht«, entgegnet er. »Ich dachte wirklich, ihr würdet euch vielleicht ganz gut verstehen.«
»Nachdem du sie gefickt hast? Wow, danke.« Ich trete ans Waschbecken und spritze mir etwas Wasser ins Gesicht. »Ich war sowieso nicht in Stimmung für Almösen.«
»Was hast du denn?«, fragt er. »Sie ist doch ein nettes Mädchen.«
Ich schnaube. »Scheiße, ich weiß doch auch nicht. Ich hab doch bloß …«
Sebs Stimme ist so trocken wie die Wüste, als er meinen Satz beendet. »Druck auf der Leitung?«
»Ich schwör dir, Izzy hat mich letztes Jahr verflucht oder so. Seit Bex’ Ausstellung habe ich keinen Erfolg mehr bei Frauen.« Geschweige denn beim Eishockey. Vielleicht bringen mich ja meine Fehler auf dem Eis aus dem Gleichgewicht, wenn es um mein Sexleben geht. Oder vielleicht hat mein nicht vorhandenes Sexleben zu meiner schlechten Performance auf dem Eis geführt. Was auch immer es ist, ich muss es in den Griff bekommen – ganz besonders jetzt, da ich tatsächlich die Chance habe, Team-Captain zu werden. Selbst wenn ich alle Anweisungen des Coachs befolge, wird er mich garantiert nicht ernennen, wenn ich weiterhin so miserabel spiele.
Seb hebt bloß eine Augenbraue. »Sag mir bitte, dass du das nicht ernsthaft glaubst.«
»Du bist wirklich der am wenigsten abergläubische Baseball-Spieler der Welt, hm?«, grummele ich. »Wir reden später, ich muss jetzt zum Work-out.«
Mein Bruder sieht aus, als wolle er noch etwas sagen, aber ich klopfe ihm bloß auf die Schulter, bevor ich ihn aus dem Bad in den Flur schiebe. »Sag Izzy, ich wünsche ihr viel Glück für ihr Spiel heute.«
———
Mit einem Handtuch wische ich mir über mein verschwitztes Gesicht und lehne mich erschöpft an eine Wand des Fitnessstudios. Ich bin kurz davor, vor Überanstrengung auf den Boden zu kotzen. Wenigstens sehe ich besser aus als Evan, der seine Sets mit der Energie eines Zombies absolviert. Als er mich vorhin gesehen hat, hat er versucht, sich zu entschuldigen, aber es ist nicht seine Schuld, dass ich dem Typen eine reingehauen habe. Der Coach hat recht, ich hätte ihn im nächsten Spiel einfach unter Druck setzen und versuchen sollen, ihn zu einem Fehler auf dem Eis zu bewegen, anstatt direkt auf ihn loszugehen. Es gibt durchaus Möglichkeiten, jemandem im Eishockey Botschaften zukommen zu lassen, ohne sich zu prügeln, aber an die konnte ich mich beim besten Willen nicht erinnern. Vielleicht wollte ich das auch gar nicht. Meine Wut in Gewalt umschlagen zu lassen, schien mir zu jenem Zeitpunkt eine gute Idee zu sein.
Ich pausiere meine Musik und durchquere die Halle. Evan macht sich gerade für etwas Bankdrücken fertig, aber hat noch keinen Spotter. »Hey, Evan.«
Er zieht einen seiner Ohrstöpsel heraus. »Hey.«
»Brauchst du ’nen Spotter?«
Seine Stimme ist belegt, als er antwortet. »Ja, danke.«
Ich stelle mich in Position und beobachte, wie er das Gewicht anpasst, bevor er sich auf den Rücken legt und die Füße fest auf dem Boden platziert. Für einen Verteidiger ist er sehr schmal, also will er ein bisschen mehr Muskelmasse aufbauen. Seit unserer ersten gemeinsamen Saison sind wir Verteidigungspartner. Er hat es verdient, dass Eishockey für ihn im Moment eine willkommene Ablenkung und keine Last darstellt.
Ich räuspere mich, nachdem er ein paar Wiederholungen gemacht hat. »Hör mal. Du musst dir keine Sorgen wegen der Sache gestern machen. Ich hab’s verdient.«
Seine braunen Augen sind tränenunterlaufen. Scheiße. Seine Mutter war schon krank, als ich ihn kennengelernt habe, aber in gewisser Weise macht es das nur noch schlimmer. »Wenigstens wurdest du nicht gesperrt.«
Ich nehme ihm die Stange ab, während er sich ein paar Takte lang ausruht und sich den Schweiß vom Gesicht wischt. »Dieser Typ ist ein Arsch. Den musste mal jemand zum Schweigen bringen.«
Er setzt sich auf und schaut sich um, bevor er sich etwas zu mir vorbeugt. »Jean meinte, dass der Coach dich zum Captain machen will, aber du dir gestern Abend vielleicht die Tour vermasselt hast.«
Ich beiße mir von innen in die Wangen. »Ich kriege das schon irgendwie wieder hin.«
»Brandon will auch Captain werden.«
»Tja, Brandon ist aber kein Anführer. Der Coach wird das schon einsehen.«
Evan legt sich wieder in Position. »Aber er ist im Abschlussjahrgang.«
Ich lasse meinen Blick durch die Halle schweifen und erspähe Brandon, der sich in einer Ecke mit ein paar anderen Jungs aus den höheren Semestern unterhält. Er ist ein guter Eishockey-Spieler, aber bei Weitem kein Ausnahmetalent. Schließlich hat es einen Grund, warum er nicht am Draft teilnimmt, sondern nach dem Studium in der Investmentfirma seines Vaters anfangen will, anstatt weiter Eishockey zu spielen. Den Sport zum Beruf zu machen, ist nicht jedermanns Sache, aber es ist alles, was ich will. Seit ich ein kleiner Junge war, habe ich davon geträumt, eines Tages in der NHL zu spielen. Teil einer ganz besonderen Gemeinschaft zu sein, unabhängig davon, für welche Mannschaft ich spiele. Ich möchte den Rausch des Spiels so lange spüren, wie mein Körper es zulässt. Nicht Brandon sollte Captain werden, sondern ich. Ich bin talentiert, die Jungs hören auf mich, und ich arbeite hart dafür, mit jedem Match besser zu werden.
Ich zwinge mich, wieder auf Evan zu achten, für den Fall, dass er das Gewicht nicht stemmen kann, aber meine Gedanken driften in eine Million verschiedene Richtungen ab. Irgendwie paradox, denn auf dem Eis die Fassung verloren zu haben, hat überhaupt erst zu diesem Schlamassel geführt. Und ich wünschte, ich könnte mich irgendwie konzentrieren und etwas von dem Druck ablassen, der immer noch in meiner Brust feststeckt. Die Work-outs haben leider nicht geholfen; vielleicht sollte ich joggen gehen. Am liebsten wäre mir natürlich ein One-Night-Stand. Nichts bringt mich schneller wieder auf Kurs als eine hübsche Frau, die ihre Hand – oder besser noch ihre Lippen – um meinen Schwanz legt.
»Jedenfalls habe ich einen Deal mit dem Coach gemacht«, sage ich dann. »Ich arbeite ein bisschen ehrenamtlich für ihn, um zu beweisen, dass ich wirklich bereit bin, Team-Captain zu werden.«
»Hey, das ist ja super.«
»Ja.« Ich mache mir nicht die Mühe zu erklären, dass es sich im Grunde um nichts anderes als Babysitten handelt.
Als Evan mit seinen Wiederholungen durch ist, schaue ich auf mein Handy – ein verpasster Videoanruf von meinem Vater, also verlasse ich rasch die Halle und rufe ihn zurück.
Als er meinen annimmt, ist sein Gesicht so rot, wie sich mein eigenes anfühlt. Er wischt sich mit dem Unterarm übers Gesicht und streicht sich dabei das von Silbersträhnen durchzogene Haar aus der Stirn. Selbst auf meinem Handy-Display kann ich seine Augenfarbe erkennen: ein klares Blau, derselbe Farbton wie bei mir und meinen Geschwistern, mit Ausnahme von Sebastian.
Ich freue mich nicht gerade über Dads vor Enttäuschung düsteren Blick, aber sei’s drum. Ich bin daran gewöhnt. Wenn er schon anruft, dann nur, weil er weiß, was gestern Abend passiert ist.
»Na, wie steht es?«, fragt er.
»Wo bist du?«
»Bei James. Bex brauchte Hilfe in ihrem Studio und er ist schon in London für das Spiel gegen die Saints. Ich bin froh, dass wir zu meiner Zeit keine Spiele auf anderen Kontinenten hatten.«
»Du bist den ganzen Weg nach Philadelphia hochgefahren?«, frage ich ungläubig.
»Hi, Coop!«, höre ich Bex im Hintergrund rufen.
»Deine Mutter ist auch hier, aber du hast sie gerade verpasst. Sie ist unterwegs und holt Frühstück. Alles in Ordnung, mein Sohn?«