Beziehungskiste - Constanze Behrends - E-Book

Beziehungskiste E-Book

Constanze Behrends

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Beschreibung

In diesem Stück haben fast alle miteinander zu tun. Und fast immer, ohne es zunächst zu wissen. Ein modernes Gesellschaftskarussell beginnt sich zu drehen wie ein moderner "Reigen", der einen Gruß von Arthur Schnitzler in die Großstadt von heute schickt. Daniela ist die Therapeutin von Andrea, die früher ein Mann war. Und Sven, Danielas Ehemann, ist der Vater von Andrea, als sie noch Andreas hieß. Doch als sie sich begegnen, glaubt Daniela, die beiden könnten ein Verhältnis miteinander haben. Das aber hat Sven mit Ceylan, der jungen Rechtsanwaltgehilfin. Auch Moritz, der Tierpfleger und Drogendealer, hatte als Jugendlicher mit Andreas zu tun. Seitdem weiß er nicht so genau, warum er eigentlich auf Jungs steht. Aber vielleicht kann ihm das Daniela, die Therapeutin, der er regelmäßig kleine Glücksmacher verkauft, erklären. Als er nach einem missglückten Tinder-Date in der Untersuchungshaft landet, will es der Zufall, dass ausgerechtet Sven, Danielas Ehemann, ihm als Pflichtverteidiger zur Seite gestellt wird. In einem kurzen Verhör wird Sven manches klar – und das hat Folgen…

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Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Theatertexte finden Sie auf unserer Websitewww.kiepenheuer-medien.de

© 2017 Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH

Schweinfurthstraße 60, 14195 Berlin

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Sämtliche Rechte der öffentlichen Wiedergabe (u. a. Aufführungsrecht, Vortragsrecht, Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und Senderecht) können ausschließlich von der Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH erworben werden und bedürfen der ausdrücklichen vorherigen schriftlichen Zustimmung. Nicht genehmigte Verwertungen verletzen das Urheberrecht und können zivilrechtliche und ggf. auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

BESETZUNG 2 Damen, 2 Herren

ROLLEN

Moritz 24, Tierpfleger und Drogendealer

Andrea(s) 24, transsexuelle Frau (war früher ein Mann)

Daniela 40, Psychologin

Sven 45, Rechtsanwalt, Danielas Mann

Mutter von Andrea 44, Krebspatientin

Leif 33, Life-Coach und Yogalehrer

Ceylan 30, Rechtsanwaltsgehilfin

Peter 32, Kindergärtner, Vater

Steffi 25, Peters Schwester

Bogdan (im Off) 28, Tinder-Date

Kind (im Off) 6, der Sohn von Daniela und Sven

BÜHNENBILD

Ein Doppel-Bett, das durch verschiedene Auflagen jeweils einen anderen Raum kennzeichnet.

EINSPIELER STRASSENUMFRAGEN

In der Uraufführungsinszenierung des Stückes im Theater Heimathafen Neukölln, Berlin, wurden während der Szenen dokumentarische Umfragen zu bestimmten Themen eingespielt. Die jeweiligen Stellen sind im Text gekennzeichnet.

SZENE 1 Bett in einer Jugendherberge, Nacht

Moritz liegt wach mit nacktem Oberkörper. Andreas unter einer Decke.

MORITZ Hey, schläfste schon?

ANDREAS Blöde Frage!

MORITZ Wieso?

ANDREAS Weil man die nur mit nein beantworten kann.

MORITZ Ach so, wennde schon pennst…klar! lacht Sorry!…Warum ziehstn dir eigentlich die Decke so übbern Kopp?

ANDREAS Wegen den Mücken. Nervt dich das nich?

MORITZ Nee, ick warte uff die Mistviecher, weeßte. Ick hab mir extra ausjezogen. Schön anlocken! Hier lecker, lecker, frischet Blut! Und wenn se kommen und denn mach ick se platt. haut sich auf den Arm Ha!

ANDREAS Erwischt?

MORITZ Nee. Aber haste ma ins Bad jekiekt?

ANDREAS Wieso?

MORITZ Ja, musste ma kieken! Ein Jemetzel is det! Mindestens zwölf, vierzehn Mistviecher hab ick jekillt. Kannste anner Tapete nachzählen.

ANDREAS Na, die Herbergsmutter wird sich freuen.

MORITZ Die soll ma schön die Fresse halten. 30 Euro für die Bruchbude? Und denne ooch noch in eenem Bett pennen?

ANDREAS Das is normal für Spanien.

MORITZ Dat zwee Kerle in eem Bett schlafen? Allet Schwuppen oder wat? Wehe, du schnarchst, Alter! Schnarchst du?

ANDREAS Nee. Du?

MORITZ Weeß nich! haut sich auf die Brust Ha! Erwischt!

ANDREAS Du weißt schon, dass Tiere töten eine frühe Stufe von Sadismus is?

MORITZ Doch nich Mücken, Alter! Det is Selbstverteidigung!… Jib mir ooch mal wat von der Decke! zieht sie sich über den Kopf Is janz schön heiß hier drunter. Ey, wie hältstn du det aus?

ANDREAS Ich hab nix an.

MORITZ Jar nischt?

ANDREAS Nee.

MORITZ Denn bleib ma schön uff deiner Seite, Alter! taucht wieder auf … Jar nischt?

Andreas antwortet nicht.

MORITZ Jetzt pennste, oder?

ANDREAS Nee.

MORITZ Sorry. haut sich auf den Arm Mann! … Ick kann nich pennen, Alter.

ANDREASstreckt Hand aus der Decke, streichelt Moritz durch die Haare Entspann dich!

MORITZ Bin ick…Wieso hastn du nischt an, Alter? …Echt jetzt? seine Hand wandert unter der Decke zu Andreas Po und haut drauf Mücke!

ANDREASHand wandert über Moritz’ Brust Und du?

MORITZirritiert Watn?

ANDREAS Wieso hast du noch was an?

MORITZ Na ja…

ANDREASHand haut auf Moritz’ Bauch Mücke!

MORITZhaut auf Andreas’ Rücken Mücke!

Moritz schlüpft unter die Decke. Sie hauen fünf bis sechs imaginäre Mücken auf dem Körper des anderen tot und lachen.

ANDREASHand wandert unter der Decke zu Moritz´ Hose und beginnt, an seinem Penis zu spielen Da sind ganz viele Mücken!

MORITZerregt Wat machstn da?

ANDREAS Soll ich aufhören?

MORITZkeine Antwort, Hand macht weiter, Moritz genießt es, kommt, reißt die Augen auf und brüllt Lass die Finger von mir, du Schwuchtel!

Moritz schubst Andreas unsanft aus dem Bett und rennt weg. Andreas bleibt in der Decke eingewickelt.

SZENE 2 Therapieraum

Andrea früher Andreas und Daniela die Psychologin in der Therapie. Andrea liegt auf der Bett-Couch.

DANIELA Und das macht sie wütend?

ANDREA Ja, klar! steht auf Ich war gestern in der Klinik und der Arzt hat gesagt, ich soll ihre Angelegenheiten in Ordnung bringen…was für Scheiß-Angelegenheiten denn? Soll ich nen Grabstein meißeln lassen oder was? Wir beschäftigen uns seit fünf Jahren mit nichts anderem als ihren „Angelegenheiten“. Sie stirbt an Krebs! Die verfickten Chemos haben nix gebracht! Die OPs - fürn Arsch. Sie hat fünf Jahre gelitten! Vollkommen umsonst, verdammt noch mal! weint Das ist so unfair!

Daniela reicht ihr ein Taschentuch.

ANDREAnach einer Pause Wieso hat´s ihn nich erwischt?

DANIELA Wen?

ANDREA Mein… Erzeuger! Der hätte das verdient.

DANIELA Wieso?

ANDREA Der hat uns im Stich gelassen. Ey, meine Mutter war noch nicht mal 20! Noch nicht mal! Hatte keine Familie in Berlin. War ungewollt schwanger und der Arsch verpisst sich einfach.

DANIELA Er war auch noch sehr jung, oder?

ANDREA Ja und? Sie war für mich da - er hat sich verpisst. Ganz klare Sache!

DANIELA Haben Sie gar keinen Kontakt mehr zu ihm?

ANDREA Nee. Irgendwann hat ihn das Jugendamt gefunden und dann kam Unterhalt, aber das war’s auch! Ich kenn nur die alten Fotos. denkt nach Dieses Grinsen! Meine Mutter war so verliebt in dieses Grinsen. Ich find’s einfach nur pervers! Wie son Clown im Horrorfilm, der grinst, während er einem die Kehle durchschneidet.

DANIELA Haben Sie schon mal drüber nachgedacht, dass Ihr Vater sich auch schlecht fühlt, weil er damals gegangen ist?

Andrea lacht abfällig.

DANIELA Wie würde er reagieren, wenn Sie ihm von der Krankheit Ihrer Mutter erzählen?

ANDREA Keine Ahnung. Warum sollte ihn das interessieren?

DANIELA Er hat Ihre Mutter doch mal geliebt.

ANDREA Ja, weiß nich. Die waren noch fast Teenys, haben nich aufgepasst, dann is sie schwanger geworden und er hat sich verpisst. Ende der Geschichte.

DANIELA Wissen Sie denn, wo ihr Vater lebt?

ANDREA Selbst wenn! Was soll ich denn machen? An seiner Tür klingeln und sagen: Hey hallo, ich bin dein Kind, für das du mal ungewollt Unterhalt gezahlt hast und übrigens liegt meine Mutter, die du ungewollt geschwängert hast, im Sterben. Haste nich Lust auf´n Familienpicknick?

DANIELA