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Magisterarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Anglistik - Literatur, Note: 2,0, Philipps-Universität Marburg (Institut für Anglistik und Amerikanistik / FB 10), Sprache: Deutsch, Abstract: In dieser Arbeit werden Strategien der Kontrolle und Überwachung in drei klassischen Dystopien der englischen Literatur erforscht. Am ergiebigsten wird die Überwachung in den modernen englischen Dystopien thematisiert. Der Erforschung der Kontrollstrategien in dieser Arbeit liegen Herbert George Wells’ The Time Machine (1895), Aldous Leonard Huxleys Brave New World (1932) und George Orwells Nineteen Eighty-Four (1949) zugrunde da sie die Überwachungsthematik besonders prägnant illustrieren und sich von der utopischen Tradition abgrenzen. Meine These lautet, dass die ausgewählten Dystopien als Archetypen der Dystopie bezeichnet werden können, da sie gattungshistorisch bedeutsam sind. Bezüglich der Überwachung wird die These untersucht, dass BNW eine latente Kontrolle thematisiert, mittels derer der Weltstaat eine bessere Welt vortäuscht, die faktisch die Bürger versklavt, wohingegen die Partei in 1984 eine terroristische und sichtbare Überwachung illustriert und Macht zum Selbstzweck ausübt. Bezüglich TM wird die These diskutiert, dass TM keine vorsätzliche Kontrolle wie in BNW und 1984, sondern eine auf evolutionärer Basis fußende Überwachung veranschaulicht, demzufolge der Mensch nicht die Krone der Schöpfung bleiben muss. Bezüglich der Sexualität wird die These untersucht, dass in BNW und 1984 Sexualität als Unterdrückungsmittel beansprucht wird, wohingegen Sexualität in TM nicht als Kontrollinstanz, sondern der natürlichen Selektion dient. Im zweiten Kapitel dieser Arbeit wird die Utopie als Gattung definiert und die Dystopie als auch die SF von der Utopie abgegrenzt, wobei erklärt wird, warum BNW und 1984 als Dystopien und TM dagegen sowohl als SF als auch als Dystopie gelten kann. Im 3., 4. und 5. Kapitel werden die Kontrollstrategien in TM, BNW und 1984 diskutiert, wobei eine Zusammenfassung des Werkes, eine Rezeption des Forschungsstandes sowie die Sexualitätsthematik berücksichtigt werden. In der Forschungsliteratur sind vor allem BNW und 1984, aber auch Wells’ Werke, bedingt durch ihre Analogien oft Gegenstand eines Vergleichs. Im sechsten Kapitel werden die Resultate bezüglich der Untersuchung der Kontrollstrategien und der Sexualitätsthematik kontrastiert. Abschließend werden im siebenten Kapitel die Ergebnisse dieser Arbeit kritisch rekapituliert, gefolgt von einer persönlichen Evaluation.
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A Inhaltsverzeichnis
A Inhaltsverzeichnis i
B Abkürzungsverzeichnis iv
1. Einleitung 1
2. Die Dystopie im Kontext der utopischen Tradition 6
2.1. Die Quintessenz der Utopie 6
2.2. Die Fortschrittsskepsis als Motiv der Dystopie 7
2.3. Die Science Fiction als technologiebetonte Abenteuergeschichte 9
3. Herbert George Wells:The Time Machine(1895) 11
3.1. Synopsis vonThe Time Machine12
3.2. Der Forschungsstand zu Kontrolle und Sexualität inThe Time Machine13
3.3. Kontrolle und Überwachung der Eloi durch die Morlocks 16
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4. Aldous Huxley:Brave New World(1932) 37
4.1. Synopsis vonBrave New World38
4.2. Der Forschungsstand zu Kontrolle und Sexualität
4.3. Kontrolle und Überwachung durch Hypnopädie
4.4. Liebe und Sexualität inBrave New World58
5. George Orwell:Nineteen Eighty-Four(1949) 67
5.1. Synopsis vonNineteen Eighty-Four68
5.2. Der Forschungsstand zu Überwachung und Sexualität inNineteen Eighty-Four70
5.3. Kontrolle und Überwachung inNineteen Eighty-Four- Leben
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5.4. Liebe und Sexualität inNineteen Eighty-Four87
6. Synopse 97
7. Fazit 103
8. Anhang 105
8.1. Graphische Darstellung der Kastenhierarchie inBrave New World105
8.2. Geographische Übersicht über die drei Superstaaten inNineteen Eighty-Four106
8.3. Schematische Darstellung der Sozialstruktur und Kontrollstrategien inNineteen Eighty-Four107
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B Abkürzungsverzeichnis
1984 Nineteen Eighty-FourA.D. anno domini BB Big Brother Bd. BandBNW Brave New World BNW Rev. Brave New World RevisitedBzw. beziehungsweise ca. circa Co. Company d.h. das heißt Ebd. ebenda Ed., eds. Editor Et al. Und andere GB Großbritannien Gestapo Geheime Staatspolizei Hg., Hrsg. Herausgeber Ingsoc English Socialism IP Inner Party Jh. Jahrhundert Kap. Kapitel Kap. I.1 Part Eins, Kapitel 1 (dies gilt für1984)Kap. 4.2. Kapitel Vier, Abschnitt Zwei (dies gilt fürBNW)KZ Konzentrationslager L.A. Los Angeles Nr. Nummer NS Nationalsozialismus N.Y. New York o.J. ohne Jahr o.O. ohne Ort OP Outer Party
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P Press Proles ProletariatR&J Romeo and Juliets. siehe S. Seite SF Science Fiction Sic lat. so, ebenso; wirklich so SU SowjetunionTM The Time MachineTP Thought Police u.a. unter anderem Übers. Übersetzt UP University Press USA United States of America v. Chr. vor Christus Vgl. Vergleiche z.B. zum Beispiel
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1. Einleitung
In dieser Arbeit werden Strategien der Kontrolle und Überwachung in drei klassischen Dystopien der englischen Literatur erforscht. Die Überwachungsthematik reicht bis in die griechische Mythologie zurück, in der Übeltäter von dem mehräugigen Argus beobachtet werden, und entwickelt sich im christlichen Weltbild des omnipotenten Gottes fort. Im einundzwanzigsten Jahrhundert ist die Furcht vor dem Überwachungsstaat berechtigt. Allein in Großbritannien (GB) wird das Ausmaß der Videoüberwachung auf vier Millionen Videokameras geschätzt, demzufolge die Tendenz alarmierend ist. Zudem sind Real-Fernseh-Projekte wie “Big Brother” längst kein Novum mehr. Auch der Lidl-Skandal, bei welchem Mitarbeiter bespitzelt und in ihrer Privatsphäre verletzt wurden, sowie die geplante Einführung des elektronischen Personalausweises verdeutlichen, dass die Überwachung tendenziell alle Lebensbereiche affektiert und aktueller ist als je zuvor.1Am ergiebigsten wird die Überwachung in den modernen englischen Dystopien thematisiert. Der Erforschung der Kontrollstrategien in dieser Arbeit liegen Herbert George Wells’ (1866-1946)The Time Machine(1895) (TM), Aldous Leonard Huxleys (1894-1963)Brave New World(1932) (BNW) und George Orwells (Eric Blair) (1903-1950)Nineteen Eighty-Four(1949) (1984) zugrunde,2da sie die bekanntesten “erstmalig in deutlich negativer Form in Erscheinung tretende[n] literarische[n] Utopie[n]” sind,3welche die Überwachungsthematik besonders prägnant illustrieren und sich von der utopischen Tradition abgrenzen.BNWkann aufgrund der Parodierung von Wells’ Fortschrittsoptimismus als Reaktion auf Wells’Men Like Gods(1923) gedeutet werden, was anhand von Huxleys Wortspiel “All ends well that ends Wells” evident wird.4Auch wenn1984aufgrund von Orwells angeblichem Pessimismus als “flawed” kritisiert wurde, ist1984eine der renommiertesten Dystopien, die zum Überwachungssymbol wurde.5
1Vgl. Markus Grill et al., “Die Lidl-Stasi”,Stern,ed. Andreas Petzold, Nr. 14. ([o. A.], 27.03.2008) 44-56.
2Der Originaltitel lautetThe Time Machine: An Invention(vgl. The H. G. Wells Society,H. G. Wells, A
Comprehensive Bibliography,London: Lowe and Brydone, 1966 [2nded. 1968], 2). Der deutsche Titel von
BNWlautete zunächst “Welt - wohin?” und “Wackere neue Welt” (1950), bis er 1953 in “Schöne neue Welt”
übersetzt wurde (vgl. Hans Joachim Alpers, Werner Fuchs, und Ronald M. Hahn, eds.,Reclams Science
Fiction Führer,Stuttgart: Reclam, 1982, 215).
3Frank Veddermann,Von der ambivalenten Utopie zur utopischen Ambivalenz, Auf dem Wege zur ‘kritisch-
konstruktiven Dystopie’,Diss. (Bochum: Ruhr-Universität Bochum, 1998) 9.
4Theo Schumacher,Aldous Huxley mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten(Reinbek: Rowohlt, 1987) 49.
5Erika Gottlieb,The Orwell Conundrum, A Cry of Despair or Faith in the Spirit of Man?(Ottawa: Carleton
UP, 1992) 1-3. Vgl. Brian Ash,Who’s Who in Science Fiction(London: Elm Tree Books, 1976) 122.
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Meine These lautet, dass die ausgewählten Dystopien als Archetypen der Dystopie bezeichnet werden können, da sie gattungshistorisch bedeutsam sind. Bezüglich der Überwachung wird die These untersucht, dassBNWeine sublime und latente Kontrolle thematisiert, mittels derer der Weltstaat eine bessere Welt vortäuscht, die faktisch die Bürger versklavt, wohingegen die Partei in1984eine terroristische und sichtbare Überwachung illustriert und Macht zum Selbstzweck ausübt.1984hat aufgrund der diktaturreichen Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts sowie der derzeitigen terroristischen Bedrohungen nichts an Relevanz verloren, wohingegenBNWdie gegenwärtige latente Manipulation wie z.B. mittels Werbetrends reflektiert. BezüglichTMwird die These diskutiert, dassTMkeine vorsätzliche Kontrolle wie inBNWund1984,sondern eine auf evolutionärer Basis fußende Überwachung veranschaulicht, demzufolge der Mensch nicht die Krone der Schöpfung bleiben muss. Bezüglich der Sexualität wird die These untersucht, dass inBNWund1984Sexualität als Unterdrückungsmittel beansprucht wird, wohingegen Sexualität inTMnicht als Kontrollinstanz, sondern der natürlichen Selektion dient.
Die Utopieforschung tangiert aufgrund der Interdisziplinarität der Utopie viele Wissenschaftszweige, wobei sich die Literaturwissenschaft erst seit den 1980er Jahren zunehmend mit der Utopie beschäftigt. Trotz der flexiblen Deutung des Utopiebegriffs, ist die literarische Utopie von philosophischen Modellen und Alltagsverwendungen zu differenzieren. Suvins (1979) Kategorisierung der Utopie als Subgattung der Science Fiction (SF) erklärt, dass die Utopie häufig synonym mit der SF verwendet wird.6Im zweiten Kapitel dieser Arbeit wird die Utopie als Gattung in 2.1. definiert und die Dystopie
Kathleen Ellenrieder,Lektüreschlüssel, George Orwell 1984(Suttgart: Reclam, 2005) 61. Willi Erzgräber,
Utopie und Antiutopie in der englischen Literature,Bd. 1 (München: Wilhelm Fink, 1980) 134. Hiltrud
Gnüg,Utopie und utopischer Roman(Stuttgart: Reclam, 1999) 10. Francisco Reto Klauser,Die
Videoüberwachung öffentlicher Räume, Zur Ambivalenz eines Instruments sozialer Kontrolle(Frankfurt,
N.Y.: Campus, 2006) 14, 87. Bernd-Peter Lange,George Orwell: “1984”(München: Fink, 1982) 20, 25,
95, 100. Wulf Randhahn,Polizeiliche Videoüberwachung: Mittel der Kriminalprävention für die staatliche
Sicherheitsgewähr auf öffentlichen Straßen und Plätzen,Diss., (Hennef: Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn, 2006) 4, 6, 243. Michael Sherborne,York Notes Advanced, Nineteen Eighty-Four, George Orwell,rev.
ed. (London: York Press, 2005 [2001]) 6, 8. Ronald T. Sion,Aldous Huxley: Literary Prophet, A study of six
of his novels(S.I.: XLibris, 2000) 85.
6Vgl. Sonja Fielitz,Roman: Text & Kontext(Berlin: Cornelsen, 2001) 162. Gnüg 10. Richard Saage,
Utopieforschung, Eine Bilanz,Erträge der Forschung, Bd. 289 (Darmstadt: Wissenschaftliche
Buchgesellschaft, 1997) 2, 5, 37. Hans Ulrich Seeber, Walter Bachem, “Aspekte und Probleme der neueren
Utopiediskussion in der Anglistik”,Utopieforschung, Interdisziplinäre Studien zur neuzeitlichen Utopie1,
ed. Wilhelm Voßkamp, et al. (Stuttgart: Metzler, 1982) 143, 148, 149, 179. Bernd Schulte-Middelich,
“Möglichkeiten Utopischen Denkens - Das Erbe Platons”,Alternative Welten,ed. Manfred Pfister, et al.
(München: Fink, 1982) 42. Wolfgang Weiß, “Verkehrte Welt, Schlaraffenland und Tausendjähriges Reich.
Utopische Entwürfe in der englischen Literatur des Mittelalters”, ed. Pfister 81.
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in 2.2. als auch die SF in 2.3. von der Utopie abgegrenzt, wobei erklärt wird, warumBNWund1984als Dystopien undTMdagegen sowohl als SF als auch als Dystopie gelten kann. Das dritte Kapitel, das die Kontrollstrategien inTMdiskutiert, beginnt in 3.1. mit einer Synopsis vonTM,gefolgt vom Forschungsstand zur Überwachungsthematik inTMin 3.2.7TMfiktionalisiert Sujets wie Entropie8und Zeitreisen, die nebst gattungsspezifischen Attributen ausgiebig in der Forschungsliteratur diskutiert wurden. Bezüglich der Überwachungsstrategien sind Wells’ Radikalisierung von Charles Darwins (1809-1882) Evolutionstheorie, Thomas Henry Huxleys (1825-1895) Auslegung dieser Theorie sowie der Marxismus relevant.9Ferner wird die Forschung bezüglich der Überwachungsthematik am Beispiel der Beziehung zwischen dem Zeitreisenden und der Eloi-Dame Weena reflektiert.10
In 3.3.1. werden die Kontrollstrategien der Morlocks bezüglich der Eloi untersucht, wobei die in dieser Arbeit aufgestellte These verifiziert wird, dass die Überwachung der Eloi auf einer konträren Hegemonie basiert, die aus darwinistischen und marxistischen Tendenzen hervorgeht. Wells’ Abkehr vom Fortschrittsoptimismus des neunzehnten Jahrhunderts evoziert die Möglichkeit der Evolution des neuen Menschen. Ferner wird in 3.3.2. die These diskutiert, dass die Sphinx und die Antinomien, welche das Verhältnis zwischen den Morlocks und Eloi definieren, die Überwachung der Eloi begünstigen. Populäre inTMentrierte SF-Sujets wie Zeitreisen können nicht diskutiert werden, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. In 3.4. wird die These diskutiert, dass die Beziehung zwischen dem Zeitreisenden und Weena die Überwachungsstrategien reflektiert.
Im vierten Kapitel werden die Kontrollstrategien inBNWerörtert.BNWfiktionalisiert Thematiken wie Fordismus11und Eugenik, die aufgrund des gesetzten
71960 wurde die “H. G. Wells Society” gegründet, die sich jährlich versammelt und seitdem Beiträge zum
aktuellen Forschungsstand liefert (vgl. The H. G. Wells Society 70).
8Die Entropie bezeichnet den Wärme- bzw. Kältetod der Erde und das zweite Gesetz der Thermodynamik
(vgl. Peter Freese, Hg.,Vom apokalyptischen zum entropischen Ende: Thermodynamik, Informatik und
Literatur,Paderborner Universitätsreden, Paderborn: Universität Paderborn, 2006, 10, 27; André Thess,Das
Entropieprinzip, Thermodynamik für Unzufriedene,München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, 63).
9Wells gilt als einer der ersten, der den Darwinismus in die Literatur einführte und wurde durch T. H.
Huxley, dem Verfechter der Evolutionstheorie, beeinflusst (vgl. Robert Scholes, Eric S. Rabkin, eds.,Science
Fiction, History, Science, Vision,N.Y., Oxford UP, 1977, 17, 20).
10Die Eloi werden in Kapitel 3.1., der Synopse vonTM,definiert (S. 12).
11Der “Fordismus,” standardisierte Massenproduktion, geht auf Henry Ford (1863-1947) zurück, der 1908
das T-Modell und 1914 das automatische Fließband einführte (vgl. Robert Southwick, ed., introduction,
Brave New World,von Aldous Huxley, 11thed., Harlow: Longman, 1998 [1991], viii-ix; “Fordism”, David
Macey,The Penguin Dictionary of Critical Theory,London: Penguin Books, 2000, 132-133).
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Rahmens dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden können. Nach einer Synopsis in 4.1. wird in 4.2.1. der Forschungsstand bezüglich der Überwachung mittels Verhaltenskonditionierung und Hypnopädie konturiert, den emphatischsten
Manipulationsmethoden inBNW.12Da der Weltstaat Sexualität als Kontrollmittel einsetzt, wird in 4.2.2. der Forschungsstand zu Liebe und Sexualität inBNWreflektiert, wobei die Kontrolle von Sexualität ein zentraler Aspekt vieler Dystopien ist.13Huxley illustriert anhand von Hypnopädie, welche in 4.3.1. im Kontext des Weltstaates analysiert wird, dass “man is […] psychologically conditionable”.14Im Anschluss daran wird in 4.3.2. die These untersucht, dass Hypnopädie ein effizientes Kontrollinstrument ist, welches jedoch alleine nicht ausreicht, um die Staatsstabilität zu garantieren. Diesbezüglich soll anhand von Lenina Crowne nachgewiesen werden, dass diese als systemkonforme Bürgerin die Manipulation mittels Hypnopädie veranschaulicht. Ferner wird anhand von Bernard Marx und Helmholtz Watson erforscht, dass Alpha-Kasten das Potential zur Revolte aufweisen, jedoch in ihrem konformen Verhalten gefangen bleiben. In 4.3.3. wird untersucht, inwiefern John durch das Lesen von William Shakespeare (1564-1616), so wie die Kasten mittels Hypnopädie, konditioniert ist. Zudem wird Johns Rebellion gegen den Staat analysiert, da diese das Scheitern des Individuums am Staat und die Unterdrückung der Kasten belegt.BNWthematisiert die “euphemistische Erotik” der Moderne,15weshalb in 4.4.1. erläutert wird, dass der Weltstaat Promiskuität zwecks Manipulation vorschreibt. Diesbezüglich wird in 4.4.2. verifiziert, dass Lenina aufgrund ihrer Vorliebe für lange Bindungen und Bernard bedingt durch seine Romantik vom Staat abweichen, jedoch in ihrer Konformität gefangen bleiben. Ebenso wird gezeigt, dass Johns Liebe zu Lenina die Hypnopädie-Kontrolle reflektiert. Im fünften Kapitel werden die Kontrollstrategien in1984erörtert. Nach einer Synopse in 5.1. wird in 5.2. der Forschungsstand zu Überwachung und Sexualität in1984
12Vgl. Ludwig Borinski,Meister des modernen englischen Romans(Heidelberg: Meyer, 1963) 255.
13Vgl. Schulte-Middelich, ed. Pfister 40. Dieter Hamblock, Hg., “Nachwort”,The Time Machine,von H. G.
Wells (Stuttgart: Reclam, 1984) 158. Ferdinand Seibt,Utopica, Modelle Totaler Sozialplanung,1. Aufl.
(Düsseldorf: Schwann, 1972) 296.
14Peter Edgerly Firchow,The End of Utopia, A Study of Aldous Huxley’s Brave New World(London,
Toronto: Associated UP, 1984) 39.
15Borinski 230. Vgl. E. F. Bleiler, ed.,Science Fiction Writers, Critical Studies of the Major Authors from
the Early Nineteenth Century to the Present Day(New York: Charles Scribner’s Sons, 1982) 104. Hannelore
Ploog,Im Netz der Manipulierung, Aldous Huxley und seine “Brave New World”.,ed. Manfred Buhr
(Frankfurt [Main]: Marxistische Blätter, 1979) 91.
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konturiert. Da1984vor dem totalitären Überwachungsstaat warnt,16wird auch der Totalitarismus erläutert. In “Literature and Totalitarianism” (1941) bezeichnet Orwell das zwanzigste Jahrhundert als “age of the totalitarian state”,17demzufolge Orwell in “Why I Write” (1946) annonciert, “every line […] that I have written since 1936 has been written […]againsttotalitarianism” (Emphase des Autors),18woran die politische Relevanz von Orwells Position als Autor deutlich wird.19Vor allem wird der Forschungsstand zu Big Brother (BB), den Telescreens und der Thought Police (TP) skizziert, den prägnantesten Überwachungsmitteln, gefolgt von der Sexualitätsthematik.1984behandelt Sujets wie die Pervertierung der Realität und permanente Kriegsführung als Kontrollstrategien.20Meine Untersuchung stützt sich aufgrund des gesetzten Rahmens dieser Arbeit auf die Erforschung von BB als Überwachungssymbol in 5.3.1. und den Telescreens und der TP als Kontrollinstanzen in 5.3.2. und 5.3.3., demzufolge die These diskutiert wird, dass die Telescreens die Privatsphäre annullieren und die TP die Bürger gezielt auf Devianzen kontrolliert, wobei die Familie als Extension der TP fungiert. In 5.4.1. wird die Sexualität als Kontrollinstanz analysiert, woraufhin in 5.4.2. anhand der Liebesaffäre zwischen Winston und Julia veranschaulicht wird, dass diese die Überwachung verdeutlicht und Winston Sexualität als Rebellionsakt verfolgt, wohingegen Julia diese für ihr persönliches Wohl anstrebt. In der Forschungsliteratur sind vor allemBNWund1984,aber auch Wells’ Werke, bedingt durch ihre Analogien oft Gegenstand eines Vergleichs.21Im sechsten Kapitel werden die Resultate bezüglich der Untersuchung der Kontrollstrategien und der Sexualitätsthematik kontrastiert. Abschließend werden im siebenten Kapitel die Ergebnisse dieser Arbeit kritisch rekapituliert, gefolgt von einer persönlichen Evaluation.
16Vgl. Gottlieb 11. Lange 8. Roger Fowler,The Language of George Orwell,(Houndmills et al.: MacMillan
Press, 1995) 185. Peter Davison,George Orwell, A Literary Life(Houndmills et al.: MacMillan, 1996) 138.
17George Orwell, “Literature and Totalitarianism”,The Collected Essays, Journalism and Letters of George
Orwell,eds. Sonia Orwell and Ian Angus, Vol. II., 1940-1943, (London: Secker & Warburg, 1968) 135.
18J. R. Hammond,A George Orwell Companion, A guide to the novels, documentaries and essays(London:
MacMillan P, 1982) 75. Maria-Felicitas Herforth,Königs Erläuterungen und Materialien zu George Orwell
1984,Bd. 108, 3. Aufl. (Hollfeld: Bange, 2007) 21.
19Vgl. Stephen Greenblatt, ed., et al.,The Norton Anthology of English Literature,8thed., 2 vols. (New
York, London: Norton & Company, 2006) 2: 1840. Lange 31, 34, 92. Ansgar Nünning,Der englische Roman
des 20. Jahrhunderts,1. Aufl. (Stuttgart et al.: Klett, 1998) 69-71. Hans Ulrich Seeber, ed.,Die englische
Literatur in Text und Darstellung, 20. Jahrhundert I,Bd. 9 (Stuttgart: Reclam, 1984) 412.
20Vgl. Ellenrieder 48. Hans-Joachim Lang,George Orwell Eine Einführung(München: Artemis, 1983) 118.
21Vgl. Ronald Carter, John McRae,The Routledge History of Literature in English, Britain and Ireland
(London and N.Y.: Routledge, 1997) 433. Herforth 109. Michael Sherborne,York Notes Advanced, Brave
New World, Aldous Huxley,rev. ed. (London: York Press, 2005 [2000]) 6.